Alfred Böge Technische Mechanik - PP99

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03.06.2013 Aufrufe

114 3.4 Reibung an Maschinenteilen 3.4.1 Prismenführung und Keilnut Der Bettschlitten einer Werkzeugmaschine wird durch die vertikal wirkende Belastung F in eine unsymmetrische Prismenführung gedrückt und von der Verschiebekraft FV auf den Führungsflächen gleichförmig verschoben. Es wird hier davon ausgegangen, dass zwischen den beiden Führungsflächen unterschiedliche Reibungszahlen auftreten. Es soll eine Gleichung zur Berechnung der Verschiebekraft FV entwickelt werden. Man bringt an einer beliebigen Querschnittsscheibe des Schlittens alle wirkenden Kräfte an und schreibt dazu die Gleichgewichtsbedingungen in Richtung der drei Achsen eines räumlichen Achsenkreuzes auf. Gleichung II löst man nach FN2 auf und schreibt damit Gleichung I um. In gleicher Weise wird mit Gleichung III verfahren. Dort erweitert man sin a1 mit cos a2=cos a2. Man löst nun Gleichung III nach FN1 auf und setzt diesen Ausdruck in die Gleichung I ein. Daraus erhält man die gesuchte Gleichung für die Verschiebekraft FV. Die symmetrische Prismenführung ist ein Sonderfall mit a1 ¼ a2 ¼ a. Da man auch gleiche Reibungszahlen für beide Gleitflächen annehmen kann, erhält man eine einfache Beziehung für die Verschiebekraft FV. Nach den Gesetzen der Trigonometrie ist sin 2a ¼ 2 sin a cos a. In diesem Fall ist es üblich, mit der Keilreibungszahl m 0 ¼ m=sin a zu arbeiten. Darin ist a der halbe Keilwinkel. Die Gleichung für die Keilreibungszahl zeigt, dass Keilnuten größere Reibungskräfte übertragen können als Ebenen (m 0 > m). Daher können Keilriemen größere Umfangskräfte (Drehmomente) übertragen als Flachriemen. Gegeben: Belastung F Reibungszahlen m1, m2 Winkel a1, a2 Gesucht: FV ¼ f ðF, m1 , m2 , a1, a2Þ I: SFz ¼ 0 ¼ FN1m 1 |fflffl{zfflffl} FR1 þ FN2m 2 |fflffl{zfflffl} FR2 FV II. SFx ¼ 0 ¼ FN1 cos a1 FN2 cos a2 III.SFy ¼ 0 ¼ FN1 sin a1 þ FN2 sin a2 cos a1 II. FN2 ¼ FN1 cos a2 F I. FV ¼ FN1 cos a1 m1 þ m2 cos a2 III.F ¼ FN1 cos a2 cos a1 sin a1 þ sin a2 cos a2 cos a2 sin a1cos a2 þ cos a1sin a2 F ¼ FN1 cos a2 sin ða1 þ a2Þ ¼ FN1 cos a2 I. Fcos a2 FV ¼ sin ða1 þ a2Þ m1 þ m cos a1 2 cos a2 FV ¼ F m 1 cos a2 þ m 2 cos a1 sin ða1 þ a2Þ FV ¼ f ðF, m1 , m2 , a1, a2Þ für a1 ¼ a2 und m1 ¼ m2 wird FV ¼ F 3 Reibung 2m cos a 2m cos a m ¼ F ¼ F sin 2a 2 sin a cos a sin a FV ¼ Fm0 ¼ FR m 0 ¼ m sin a Keilreibungskraft Keilreibungszahl Beachte: Kleiner Winkel a ergibt große Keilreibungszahl, großer Winkel a kleine Keilreibungszahl. Beispiel: Normalkeilriemen haben Keilwinkel (Rillenwinkel) von 32 ,34 ,36 und 38 .

3.4 Reibung an Maschinenteilen 115 3.4.2 Zylinderführung Zylinderführungen an bewegten Maschinenteilen (Pressenstößel, Ziehschlitten) sollen reibungsarm führen und nicht klemmen. In manchen Fällen wird aber verlangt, dass die Führung klemmt, z. B. bei Bohrmaschinentischen, um auch im ungeklemmten Zustand sicheren Halt zu gewährleisten. Man muss also wissen, unter welchen Bedingungen eine Zylinderführungsbuchse klemmt. Aufgabe: Eine im Abstand l1 von der Führungsmitte wirkende Kraft F versucht, eine Führungsbuchse von der Länge l zu verschieben. Unter welcher Bedingung klemmt die Buchse? Zeichnerische Untersuchung: Man zeichnet einen Lageplan und trägt zuerst die Kraft F auf ihrer Wirklinie ein. Die Buchse wird rechtsherum kippen und legt sich links oben im Punkt 1 und rechts unten im Punkt 2 an den Zylinder an. Dort zeichnet man die Normalkräfte FN1 und FN2 (auf die Buchse zu gerichtet) ein. Die Kraft F versucht, die Buchse nach unten zu verschieben. Die Reibungskräfte FR1 und FR2 werden mit entgegengesetztem Richtungssinn eingezeichnet (nach oben gerichtet). Man fasst gedanklich die Normal- und Reibungskräfte zu ihren Ersatzkräften zusammen. Ihre Wirklinien können nach 3.2.3 (Seite 93) nur innerhalb des Reibungskegels liegen, weil die Reibungskraft nie über den Betrag FN tan r anwachsen kann. Nun ist Gleichgewicht (Klemmen) nur möglich, wenn sich die beiden Ersatzkräfte mit der Kraft F in einem Punkt schneiden (siehe Seite 28, 3-Kräfte-Verfahren). Dieser Punkt kann aber nur in der Ûberdeckungsfläche A der beiden Reibungskegel liegen, weil die Wirklinien der Ersatzkräfte nicht außerhalb der Reibungskegel liegen können. Folglich lautet die zeichnerische Klemmbedingung: Eine Zylinderführung klemmt, wenn die Wirklinie der Resultierenden aller Verschiebekräfte durch die Ûberdeckungsfläche der beiden Reibungskegel geht. Zylinderführungen haben immer ein Passungsspiel. Bei exzentrisch angreifender Verschiebekraft kippt (verkantet) die Buchse gegen den Führungszylinder. Betrachtet man beide als absolut starre Körper (keine Verformung), dann legt sich die Buchse an zwei im Längsschnitt diagonal gegenüberliegenden Punkten des Zylinders an. Dort treten Normal- und Reibungskräfte auf. Lageplan Im Lageplan sind die Reibungskegel für die Gleitreibung eingezeichnet. Die Reibungskegel für die Haftreibung haben einen größeren Kegelwinkel, nämlich 2 r0. Ihre Ûberdeckungsfläche A reicht also noch weiter nach links. Man kann dann bei klemmender Buchse die Wirklinie der Kraft F bis an die Grenze der Ûberdeckungsfläche nach links verschieben, ohne dass die Buchse zu gleiten beginnt. Wird sie aber durch irgendeinen Umstand in Bewegung gesetzt, dann verklemmt sie sich nicht wieder, denn jetzt treten wieder die Reibungskegel für Gleitreibung auf, und die Wirklinie der Kraft F liegt dann im weißen Feld außerhalb der Ûberdeckungsfläche. Hinweis: Diese Klemmbedingung gilt auch für andere Führungsquerschnitte mit gegenüberliegenden Führungsflächen, z. B. für die Flachführung mit seitlichen Führungsflächen.

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3.4 Reibung an Maschinenteilen<br />

3.4.1 Prismenführung und Keilnut<br />

Der Bettschlitten einer Werkzeugmaschine wird<br />

durch die vertikal wirkende Belastung F in eine<br />

unsymmetrische Prismenführung gedrückt und<br />

von der Verschiebekraft FV auf den Führungsflächen<br />

gleichförmig verschoben. Es wird hier davon<br />

ausgegangen, dass zwischen den beiden Führungsflächen<br />

unterschiedliche Reibungszahlen auftreten.<br />

Es soll eine Gleichung zur Berechnung der Verschiebekraft<br />

FV entwickelt werden.<br />

Man bringt an einer beliebigen Querschnittsscheibe<br />

des Schlittens alle wirkenden Kräfte an<br />

und schreibt dazu die Gleichgewichtsbedingungen<br />

in Richtung der drei Achsen eines räumlichen<br />

Achsenkreuzes auf.<br />

Gleichung II löst man nach FN2 auf und schreibt<br />

damit Gleichung I um.<br />

In gleicher Weise wird mit Gleichung III verfahren.<br />

Dort erweitert man sin a1 mit cos a2=cos a2.<br />

Man löst nun Gleichung III nach FN1 auf und setzt<br />

diesen Ausdruck in die Gleichung I ein. Daraus erhält<br />

man die gesuchte Gleichung für die Verschiebekraft<br />

FV.<br />

Die symmetrische Prismenführung ist ein Sonderfall<br />

mit a1 ¼ a2 ¼ a. Da man auch gleiche Reibungszahlen<br />

für beide Gleitflächen annehmen<br />

kann, erhält man eine einfache Beziehung für die<br />

Verschiebekraft FV. Nach den Gesetzen der Trigonometrie<br />

ist sin 2a ¼ 2 sin a cos a.<br />

In diesem Fall ist es üblich, mit der Keilreibungszahl<br />

m 0 ¼ m=sin a zu arbeiten. Darin ist a der halbe<br />

Keilwinkel.<br />

Die Gleichung für die Keilreibungszahl zeigt, dass<br />

Keilnuten größere Reibungskräfte übertragen<br />

können als Ebenen (m 0 > m). Daher können Keilriemen<br />

größere Umfangskräfte (Drehmomente)<br />

übertragen als Flachriemen.<br />

Gegeben: Belastung F<br />

Reibungszahlen m1, m2<br />

Winkel a1, a2<br />

Gesucht: FV ¼ f ðF, m1 , m2 , a1, a2Þ<br />

I: SFz ¼ 0 ¼ FN1m 1<br />

|fflffl{zfflffl}<br />

FR1<br />

þ FN2m 2<br />

|fflffl{zfflffl}<br />

FR2<br />

FV<br />

II. SFx ¼ 0 ¼ FN1 cos a1 FN2 cos a2<br />

III.SFy ¼ 0 ¼ FN1 sin a1 þ FN2 sin a2<br />

cos a1<br />

II. FN2 ¼ FN1<br />

cos a2<br />

F<br />

I. FV ¼ FN1<br />

cos a1<br />

m1 þ m2 cos a2<br />

III.F ¼ FN1<br />

cos a2 cos a1<br />

sin a1 þ sin a2<br />

cos a2 cos a2<br />

sin a1cos a2 þ cos a1sin a2<br />

F ¼ FN1<br />

cos a2<br />

sin ða1 þ a2Þ<br />

¼ FN1<br />

cos a2<br />

I.<br />

Fcos a2<br />

FV ¼<br />

sin ða1 þ a2Þ m1 þ m cos a1<br />

2<br />

cos a2<br />

FV ¼ F m 1 cos a2 þ m 2 cos a1<br />

sin ða1 þ a2Þ<br />

FV ¼ f ðF, m1 , m2 , a1, a2Þ<br />

für a1 ¼ a2 und m1 ¼ m2 wird<br />

FV ¼ F<br />

3 Reibung<br />

2m cos a 2m cos a m<br />

¼ F ¼ F<br />

sin 2a 2 sin a cos a sin a<br />

FV ¼ Fm0 ¼ FR m 0 ¼ m<br />

sin a<br />

Keilreibungskraft Keilreibungszahl<br />

Beachte: Kleiner Winkel a ergibt große Keilreibungszahl,<br />

großer Winkel a kleine Keilreibungszahl.<br />

Beispiel: Normalkeilriemen haben Keilwinkel<br />

(Rillenwinkel) von 32 ,34 ,36 und 38 .

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