Alfred Böge Technische Mechanik - PP99

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03.06.2013 Aufrufe

88 2.5.2 Standsicherheit 2.5.2.1 Kippmoment, Standmoment, Standsicherheit Das Kippen eines Körpers soll untersucht werden: Der skizzierte Körper steht frei beweglich auf einer rauen horizontalen Standfläche. Die waagerecht wirkende Kraft F greift im Abstand a so hoch von der Standfläche an, dass der Körper nicht nach rechts wegrutscht. Bei genügend großer Kraft F wird der Körper eine Drehbewegung um die Körperkante K (Kippkante) ausführen: Der Körper kippt. Im Augenblick des Ankippens wirkt das (rechtsdrehende) Kippmoment Mk ¼ Fa um die Kippkante K. Mk ¼ Fa Kippmoment Zugleich wirkt dem Kippmoment Mk entgegengerichtet (linksdrehend) das Standmoment Ms ¼ FGb, das den Körper in der Ruhelage zu halten sucht. Der Körper wird nicht kippen, solange das Standmoment Ms größer ist als das Kippmoment Mk. Der Sicherheitsgrad gegen das Kippen wird durch das Verhältnis beider Momente ausgedrückt. Dieses Momentenverhältnis nennt man die Standsicherheit S. Ist S ¼ 1, also FGb ¼ Fa, so geht die Resultierende Fr der beiden Kräfte durch die Kippkante K (keine Drehung). Der Körper befindet sich gerade noch im Gleichgewicht. Je mehr sich Punkt B dem Punkt A nähert, umso größer ist die Standsicherheit (S > 1). Fällt B mit A zusammen, ist die Standsicherheit unendlich groß. Wandert Punkt B über die Kippkante K hinaus auf Punkt C, so ist S < 1 und der Körper kippt um. Es kann notwendig sein, die Untersuchung zur Standsicherheit für mehrere Kippkanten durchzuführen, z. B. bei beladenen Fahrzeugen und Kränen (siehe Ûbung). Beim Berechnen von Ms und Mk addiert man die Kraftmomente jeweils mit positivem Vorzeichen, im Gegensatz zur sonst üblichen Vorzeichenregel (siehe Ûbung). Ms ¼ FG b Standmoment S ¼ Ms ¼ Mk FG b Fa Standsicherheit S > 1 sicherer Stand S ¼ 1 Kippgrenze S < 1 kippen Eine Betrachtung der geometrischen Verhältnisse zeigt: Die Abstände f und a verhalten sich zueinander wie die Kräfte F und FG. f F ¼ und daraus a ¼ a FG fFG F Diesen Ausdruck in die Standsicherheitsgleichung eingesetzt, ergibt: S ¼ Ms Mk ¼ FG b b ¼ Fa f 2 Schwerpunktslehre Standsicherheit Beachte: Die Standsicherheit S hat immer das positive Vorzeichen.

2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit 89 2.5.2.2 Ûbung zur Standsicherheit Die Skizze zeigt einen drehbaren Mobilkran mit den Längen l1 ¼ 1,8 m, l2 ¼ 2,5 m, l3 ¼ 7 m und l4 ¼ 0,9 m, gemessen von der vertikalen Bezugsachse durch den Kippkantenpunkt A. Die Standsicherheit für den unbelasteten Kran um den Kippkantenpunkt A und für den belasteten Kran um B soll in beiden Fällen mindestens 1,5 betragen. Die Gewichtskräfte FG1 und FG2 sind bekannt, die erforderliche Gewichtskraft FG3 soll ermittelt werden: FG1 ¼ 100 kN, FG2 ¼ 50 kN. Außerdem sind die Achslasten FA und FB für beide Fälle zu berechnen. Lösung: Für den unbelasteten Mobildrehkran ist die Gewichtskraft FG2 ¼ 0. Der Kran kann um die Hinterachse (A) kippen mit dem Kippmoment FG3l4. Standmoment ist dann das rechtsdrehend wirkende Kraftmoment FG1l1. Im umbelasteten Zustand darf FG3 höchstens 133,3 kN betragen, jede größere Gewichtskraft FG3 führt zu einer kleineren Standsicherheit S. Für den belasteten Mobildrehkran enthält die Standsicherheitsgleichung die Kraftmomente für alle drei Gewichtskräfte. Der Kran kann um die Vorderachse (B) kippen durch das rechtsdrehend wirkende Kippmoment Mk ¼ FG2ðl3 l2Þ. Im belasteten Zustand muss die Gewichtskraft FG3 mindestens 78,7 kN betragen, wenn die Standsicherheit S mindestens 1,5 betragen soll. Jede größere Gewichtskraft FG3 > 78,7 kN führt zu einer größeren Standsicherheit S. Die Gewichtskraft FG3 darf also zwischen 78,7 kN und 133,3 kN betragen. Aufgaben Nr. 265–279 Gegeben: l1 ¼ 1,8 m, l2 ¼ 2,5 m, l3 ¼ 7m,l4 ¼ 0,9 m FG1 ¼ 100 kN, FG2 ¼ 50 kN Smin ¼ 1,5 Gesucht: Erforderliche Gewichtskraft FG3, Achslasten FA und FB. S ¼ Ms ¼ Mk FG1 l1 FG3 l4 FG3 ¼ FG1 l1 Sl4 ¼ 100 kN 1,8 m ¼ 133,3 kN 1,5 0,9 m S ¼ Ms ¼ Mk FG1ðl2 l1ÞþFG3ðl2 þ l4Þ FG2ðl3 l2Þ SFG2ðl3 l2Þ ¼FG1ðl2 l1ÞþFG3ðl2 þ l4Þ FG3 ¼ SFG2ðl3 l2Þ FG1ðl2 l2 þ l4 l1Þ 1,5 50 kN ð7 2,5Þ m 100 kN ð2,5 1,8Þ m FG3 ¼ ð2,5 þ 0,9Þ m FG3 ¼ 78,7 kN

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2.5.2 Standsicherheit<br />

2.5.2.1 Kippmoment, Standmoment, Standsicherheit<br />

Das Kippen eines Körpers soll untersucht werden:<br />

Der skizzierte Körper steht frei beweglich auf einer<br />

rauen horizontalen Standfläche. Die waagerecht<br />

wirkende Kraft F greift im Abstand a so hoch von<br />

der Standfläche an, dass der Körper nicht nach<br />

rechts wegrutscht. Bei genügend großer Kraft F<br />

wird der Körper eine Drehbewegung um die Körperkante<br />

K (Kippkante) ausführen: Der Körper<br />

kippt.<br />

Im Augenblick des Ankippens wirkt das (rechtsdrehende)<br />

Kippmoment Mk ¼ Fa um die Kippkante<br />

K.<br />

Mk ¼ Fa Kippmoment<br />

Zugleich wirkt dem Kippmoment Mk entgegengerichtet<br />

(linksdrehend) das Standmoment<br />

Ms ¼ FGb, das den Körper in der Ruhelage zu halten<br />

sucht.<br />

Der Körper wird nicht kippen, solange das Standmoment<br />

Ms größer ist als das Kippmoment Mk.<br />

Der Sicherheitsgrad gegen das Kippen wird durch<br />

das Verhältnis beider Momente ausgedrückt. Dieses<br />

Momentenverhältnis nennt man die Standsicherheit<br />

S.<br />

Ist S ¼ 1, also FGb ¼ Fa, so geht die Resultierende<br />

Fr der beiden Kräfte durch die Kippkante K<br />

(keine Drehung). Der Körper befindet sich gerade<br />

noch im Gleichgewicht. Je mehr sich Punkt B dem<br />

Punkt A nähert, umso größer ist die Standsicherheit<br />

(S > 1). Fällt B mit A zusammen, ist die<br />

Standsicherheit unendlich groß.<br />

Wandert Punkt B über die Kippkante K hinaus auf<br />

Punkt C, so ist S < 1 und der Körper kippt um.<br />

Es kann notwendig sein, die Untersuchung zur<br />

Standsicherheit für mehrere Kippkanten durchzuführen,<br />

z. B. bei beladenen Fahrzeugen und Kränen<br />

(siehe Ûbung).<br />

Beim Berechnen von Ms und Mk addiert man die<br />

Kraftmomente jeweils mit positivem Vorzeichen,<br />

im Gegensatz zur sonst üblichen Vorzeichenregel<br />

(siehe Ûbung).<br />

Ms ¼ FG b Standmoment<br />

S ¼ Ms<br />

¼<br />

Mk<br />

FG b<br />

Fa<br />

Standsicherheit<br />

S > 1 sicherer Stand<br />

S ¼ 1 Kippgrenze<br />

S < 1 kippen<br />

Eine Betrachtung der geometrischen Verhältnisse<br />

zeigt:<br />

Die Abstände f und a verhalten sich zueinander<br />

wie die Kräfte F und FG.<br />

f F<br />

¼ und daraus a ¼<br />

a FG<br />

fFG<br />

F<br />

Diesen Ausdruck in die Standsicherheitsgleichung<br />

eingesetzt, ergibt:<br />

S ¼ Ms<br />

Mk<br />

¼ FG b b<br />

¼<br />

Fa f<br />

2 Schwerpunktslehre<br />

Standsicherheit<br />

Beachte: Die Standsicherheit S hat immer<br />

das positive Vorzeichen.

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