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Alfred Böge Technische Mechanik - PP99

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<strong>Alfred</strong> <strong>Böge</strong><br />

<strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong>


Lehr- und Lernsystem<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong><br />

•<strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong> (Lehrbuch)<br />

von A. <strong>Böge</strong><br />

•Aufgabensammlung <strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong><br />

von A. <strong>Böge</strong> und W. Schlemmer<br />

•Lösungen zur Aufgabensammlung <strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong><br />

von A. <strong>Böge</strong> und W. Schlemmer<br />

•Formeln und Tabellen zur <strong>Technische</strong>n <strong>Mechanik</strong><br />

von A. <strong>Böge</strong>


<strong>Alfred</strong> <strong>Böge</strong><br />

<strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong><br />

Statik – Dynamik – Fluidmechanik – Festigkeitslehre<br />

28., verbesserte Auflage<br />

Mit 569 Abbildungen, 15 Tabellen, 22 Arbeitsplänen,<br />

15 Lehrbeispielen und 40 Übungseinheiten<br />

Unter Mitarbeit von Gert <strong>Böge</strong>, Wolfgang <strong>Böge</strong>,<br />

Walter Schlemmer und Wolfgang Weißbach<br />

STUDIUM


Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der<br />

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<br />

abrufbar.<br />

Das Lehrbuch <strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong> erschien bis zur 22. Auflage<br />

unter dem Titel <strong>Mechanik</strong> und Festigkeitslehre.<br />

Die Liste der Auflagen seit 1970 zeigt die intensive Weiterentwicklung des Werkes:<br />

12., überarbeitete Auflage 1970<br />

13., überarbeitete Auflage 1971<br />

14., unveränderte Auflage 1972<br />

15., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage 1974<br />

16., durchgesehene Auflage 1975<br />

17., überarbeitete Auflage 1979<br />

18., überarbeitete Auflage 1981<br />

19., überarbeitete Auflage1983<br />

20., überarbeitete Auflage 1984<br />

21., verbesserte Auflage 1990<br />

22., überarbeitete und erweiterte Auflage 1992<br />

23., neu bearbeitete Auflage 1995<br />

24., überarbeitete Auflage 1999<br />

25., überarbeitete Auflage 2001<br />

26., überarbeitete und erweiterte Auflage 2003<br />

27., überarbeitete Auflage 2006<br />

28., verbesserte Auflage 2009<br />

Alle Rechte vorbehalten<br />

© Vieweg+Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009<br />

Lektorat: Thomas Zipsner | Imke Zander<br />

Vieweg+Teubner ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.<br />

www.viewegteubner.de<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge schützt. Jede<br />

Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Ur heber rechts ge set zes ist ohne<br />

Zustimmung des Verlags unzuläs sig und straf bar. Das gilt ins be sondere für<br />

Vervielfältigungen, Über setzun gen, Mikro verfil mungen und die Ein speiche rung<br />

und Ver ar beitung in elek tro nischen Syste men.<br />

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk<br />

berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im<br />

Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher<br />

von jedermann benutzt werden dürften.<br />

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg<br />

Satz: Druckhaus Thomas Müntzer, Bad Langensalza<br />

Druck und buchbinderische Verarbeitung: Těˇsínská Tiskárna, a. s., Tschechien<br />

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier.<br />

Printed in Czech Republic<br />

ISBN 978-3-8348-0747-2


Vorwort zur 28. Auflage<br />

Dieses Lehrbuch für Studierende an Fach- und Fachhochschulen ist Hauptteil des Lehr- und<br />

Lernsystems TECHNISCHE MECHANIK von A. <strong>Böge</strong> mit der umfangreichen Aufgabensammlung,<br />

dem Lösungsbuch und der Formelsammlung mit Mathematik-Anhang.<br />

Der Lehrbuchtext ist zweispaltig gesetzt und blockweise in Lernschritte unterteilt. Die linke<br />

Buchseite enthält den ausführlichen Lehrtext mit hervorgehobenen Sätzen und Regeln. Daneben<br />

in der rechten Spalte wird das Problem durch Zeichnungen, mathematische Entwicklungen<br />

und Beispiele erläutert.<br />

Ûbungen schließen jeden größeren Lernabschnitt ab. Lehrbeispiele zeigen die Form schriftlicher<br />

Arbeiten in Schule und Beruf.<br />

Arbeitspläne machen die erarbeiteten Lösungsverfahren durchschaubar und erleichtern ihre<br />

Anwendung.<br />

Die am Ende eines Lernabschnitts im Raster angegebenen Aufgabennummern beziehen sich<br />

auf das Buch „Aufgabensammlung <strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong>“. Im Abschnitt Festigkeitslehre<br />

(Kapitel 5.12) wird in die Berechnungsmethoden für Maschinenelemente eingeführt.<br />

Das Lehr- und Lernsystem <strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong> hat sich auch an Fachgymnasien, Fachoberschulen<br />

und Bundeswehrfachschulen bewährt.<br />

In Ústerreich wird damit an den Höheren <strong>Technische</strong>n Lehranstalten gearbeitet.<br />

Für Zuschriften steht die E-Mail-Adresse aboege@t-online.de zur Verfügung.<br />

Braunschweig, Januar 2009 <strong>Alfred</strong> <strong>Böge</strong><br />

V


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Statik in der Ebene ............................................. 1<br />

1.1 Grundlagen ................................................... 2<br />

1.1.1 Die Aufgaben der Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

1.1.2 Physikalische Größen in der Statik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2<br />

1.1.2.1 Die Kraft F ...................................... 3<br />

1.1.2.2 Das Kraftmoment oder Drehmoment M ............... 4<br />

1.1.2.3 Das Kräftepaar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

1.1.3 Ûbungen zur Berechnung von Drehmomenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

1.1.4 Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade) eines Körpers . . . . . . . . . 6<br />

1.1.4.1 Freiheitsgrade im Raum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

1.1.4.2 Freiheitsgrade in der Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

1.1.5 Gleichgewicht des Körpers in der Ebene<br />

(Gleichgewichtsbedingungen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />

1.1.6 Der Parallelogrammsatz für Kräfte ........................... 8<br />

1.1.6.1 Zusammensetzen von zwei nichtparallelen Kräften<br />

(Kräftereduktion) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8<br />

1.1.6.2 Zerlegen einer Kraft F in zwei nichtparallele Kräfte<br />

F 1 und F 2 ....................................... 9<br />

1.1.6.3 Zerlegen einer Kraft F in zwei parallele Kräfte.......... 9<br />

1.1.6.4 Ûbungen zum Parallelogrammsatz für Kräfte........... 10<br />

1.1.7 Das Freimachen der Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

1.1.7.1 Zweck und Beschreibung des Verfahrens,<br />

Oberflächen- und Volumenkräfte..................... 11<br />

1.1.7.2 Seile, Ketten, Riemen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

1.1.7.3 Zweigelenkstäbe.................................. 13<br />

1.1.7.4 Berührungsflächen (ebene Stützflächen). . . . . . . . . . . . . . . 13<br />

1.1.7.5 Rollkörper (gewölbte Stützflächen)................... 14<br />

1.1.7.6 Einwertige Lager (Loslager) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

1.1.7.7 Zweiwertige Lager (Festlager) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

1.1.7.8 Dreiwertige Lager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

1.1.8 Ûbungen zum Freimachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

1.2 Die Grundaufgaben der Statik .................................... 21<br />

1.2.1 Zentrales und allgemeines Kräftesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

1.2.2 Die zwei Hauptaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

1.2.3 Die zwei Lösungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

1.2.4 Die vier Grundaufgaben der Statik im zentralen ebenen<br />

Kräftesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

1.2.4.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden<br />

(erste Grundaufgabe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

VII


VIII<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1.2.4.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden<br />

(zweite Grundaufgabe). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

1.2.4.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Kräfte<br />

(dritte Grundaufgabe), die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

1.2.4.4 Zeichnerische Ermittlung unbekannter Kräfte<br />

(vierte Grundaufgabe), die zeichnerische<br />

Gleichgewichtsbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

1.2.4.5 Ûbungen zur dritten und vierten Grundaufgabe . . . . . . . . . 35<br />

1.2.5 Die vier Grundaufgaben der Statik im allgemeinen ebenen<br />

Kräftesystem. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38<br />

1.2.5.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden<br />

(fünfte Grundaufgabe), der Momentensatz . . . . . . . . . . . . . 38<br />

1.2.5.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden<br />

(sechste Grundaufgabe), das Seileckverfahren . . . . . . . . . . 40<br />

1.2.5.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Kräfte<br />

(siebte Grundaufgabe), die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

1.2.5.4 Ûbung zur Stützkraftberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

1.2.5.5 Zeichnerische Ermittlung unbekannter Kräfte<br />

(achte Grundaufgabe), die zeichnerischen Gleichgewichtsbedingungen.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

1.2.6 Systemanalytisches Lösungsverfahren zur Stützkraftberechnung<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

1.2.6.1 Herleitung der Systemgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

1.2.6.2 Zusammenstellung der Systemgleichungen . . . . . . . . . . . . 60<br />

1.2.6.3 Beschreibung des Programmlaufs zur Stützkraftberechnung.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

1.2.6.4 Ûbung zum systemanalytischen Lösungsverfahren<br />

zur Stützkraftberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

1.2.7 Stützkraftermittlung beim räumlichen Kräftesystem<br />

(Getriebewelle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

1.3 Statik der ebenen Fachwerke ..................................... 68<br />

1.3.1 Gestaltung von Fachwerkträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

1.3.2 Die Gleichgewichtsbedingungen am statisch bestimmten<br />

Fachwerkträger........................................... 69<br />

1.3.3 Ermittlung der Stabkräfte im Fachwerkträger................... 70<br />

1.3.3.1 Das Knotenschnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

1.3.3.2 Das Ritter’sche Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

1.3.3.3 Der Cremonaplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74


Inhaltsverzeichnis IX<br />

2 Schwerpunktslehre ............................................. 76<br />

2.1 Begriffsbestimmung für Schwerlinie, Schwerebene und Schwerpunkt 76<br />

2.2 Der Flächenschwerpunkt ........................................ 77<br />

2.2.1 Flächen haben einen Schwerpunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

2.2.2 Schwerpunkte einfacher Flächen............................. 78<br />

2.2.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Flächen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

2.2.3.1 Rechnerische Bestimmung des Flächenschwerpunkts . . . . 79<br />

2.2.3.2 Ûbungen zur Bestimmung des Flächenschwerpunkts. . . . . 81<br />

2.3 Der Linienschwerpunkt.......................................... 83<br />

2.3.1 Linien haben einen Schwerpunkt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

2.3.2 Schwerpunkte einfacher Linien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

2.3.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Linien (Linienzüge)........... 84<br />

2.3.3.1 Rechnerische Bestimmung des Linienschwerpunkts . . . . . 84<br />

2.4 Guldin’sche Regeln ............................................. 86<br />

2.4.1 Volumenberechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

2.4.2 Oberflächenberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86<br />

2.4.3 Ûbungen mit den Guldin’schen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit .......................... 87<br />

2.5.1 Gleichgewichtslagen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

2.5.1.1 Stabiles Gleichgewicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

2.5.1.2 Labiles Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

2.5.1.3 Indifferentes Gleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

2.5.2 Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

2.5.2.1 Kippmoment, Standmoment, Standsicherheit . . . . . . . . . . . 88<br />

2.5.2.2 Ûbung zur Standsicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

3 Reibung ......................................................... 90<br />

3.1 Grunderkenntnisse über die Reibung .............................. 90<br />

3.2 Gleitreibung und Haftreibung .................................... 91<br />

3.2.1 Reibungswinkel, Reibungszahl und Reibungskraft . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />

3.2.2 Ermittlung der Reibungszahlen m, undm 0 ...................... 92<br />

3.2.3 Der Reibungskegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />

3.2.4 Ûbungen zur Lösung von Reibungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene................................... 100<br />

3.3.1 Verschieben des Körpers nach oben (1. Grundfall) . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

3.3.1.1 Zugkraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel . . . . . . . . . . 100<br />

3.3.1.2 Zugkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene . . . . . . . . . . . 101<br />

3.3.1.3 Zugkraft F wirkt waagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103


X<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

3.3.2 Halten des Körpers auf der schiefen Ebene (2. Grundfall) . . . . . . . . . 105<br />

3.3.2.1 Haltekraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel . . . . . . . . . 105<br />

3.3.2.2 Haltekraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene . . . . . . . . . . 106<br />

3.3.2.3 Haltekraft F wirkt waagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108<br />

3.3.3 Verschieben des Körpers nach unten (3. Grundfall) . . . . . . . . . . . . . . 110<br />

3.3.3.1 Schubkraft F wirkt unter beliebigem Schubwinkel. . . . . . . 110<br />

3.3.3.2 Schubkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene . . . . . . . . . 111<br />

3.3.3.3 Schubkraft F wirkt waagerecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112<br />

3.3.4 Ûbungen zur Reibung auf der schiefen Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

3.4 Reibung an Maschinenteilen ..................................... 114<br />

3.4.1 Prismenführung und Keilnut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

3.4.2 Zylinderführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115<br />

3.4.3 Lager. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116<br />

3.4.3.1 Reibung am Tragzapfen (Querlager) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116<br />

3.4.3.2 Reibung am Spurzapfen (Längslager) . . . . . . . . . . . . . . . . . 117<br />

3.4.3.3 Ûbungen zur Trag- und Spurzapfenreibung . . . . . . . . . . . . 118<br />

3.4.4 Schraube und Schraubgetriebe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119<br />

3.4.4.1 Bewegungsschraube mit Flachgewinde. . . . . . . . . . . . . . . . 119<br />

3.4.4.2 Bewegungsschraube mit Spitz- oder Trapezgewinde . . . . . 120<br />

3.4.4.3 Befestigungsschraube mit Spitzgewinde. . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

3.4.4.4 Ûbungen zur Schraube. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122<br />

3.4.5 Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124<br />

3.4.5.1 Grundgleichung der Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124<br />

3.4.5.2 Aufgabenarten und Lösungsansätze.................. 124<br />

3.4.5.3 Ûbungen zur Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125<br />

3.4.6 Bremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128<br />

3.4.6.1 Backen- oder Klotzbremsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128<br />

3.4.6.2 Bandbremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132<br />

3.4.6.3 Scheiben- und Kegelbremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133<br />

3.4.7 Rollwiderstand (Rollreibung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />

3.4.8 Fahrwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />

3.4.9 Ûbungen zum Rollwiderstand und Fahrwiderstand . . . . . . . . . . . . . . 135<br />

3.4.10 Rolle und Rollenzug. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138<br />

3.4.10.1 Feste Rolle (Leit- oder Umlenkrolle) . . . . . . . . . . . . . . . . . 138<br />

3.4.10.2 Lose Rolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139<br />

3.4.10.3 Rollenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141<br />

3.4.10.4 Ûbung zum Rollenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142


Inhaltsverzeichnis XI<br />

4 Dynamik ........................................................ 143<br />

4.1 Allgemeine Bewegungslehre ...................................... 144<br />

4.1.1 Größen und v; t-Diagramm, Ordnung der Bewegungen . . . . . . . . . . . 144<br />

4.1.2 Ûbungen mit dem v; t-Diagramm. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146<br />

4.1.3 Gesetze und Diagramme der gleichförmigen Bewegung,<br />

Geschwindigkeitsbegriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148<br />

4.1.4 Gesetze und Diagramme der gleichmäßig beschleunigten<br />

(verzögerten) Bewegung, Beschleunigungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . 150<br />

4.1.5 Arbeitsplan zur gleichmäßig beschleunigten oder verzögerten<br />

Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153<br />

4.1.6 Freier Fall und Luftwiderstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157<br />

4.1.6.1 Freier Fall ohne Luftwiderstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157<br />

4.1.6.2 Luftwiderstand F ................................. 157<br />

4.1.6.3 Freier Fall mit Luftwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158<br />

4.1.7 Ûbungen zur gleichmäßig beschleunigten und verzögerten<br />

Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160<br />

4.1.8 Zusammengesetzte Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164<br />

4.1.8.1 Kennzeichen der zusammengesetzten Bewegung . . . . . . . . 164<br />

4.1.8.2 Ûberlagerungsprinzip. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165<br />

4.1.8.3 Zusammensetzen und Zerlegen von Wegen,<br />

Geschwindigkeiten und Beschleunigungen. . . . . . . . . . . . . 165<br />

4.1.9 Ûbungen zur zusammengesetzten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166<br />

4.1.9.1 Ûberlagerung von zwei gleichförmig geradlinigen<br />

Bewegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166<br />

4.1.9.2 Ûberlagerung von gleichförmiger und gleichmäßig<br />

beschleunigter Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167<br />

4.2 Gleichförmige Drehbewegung (Kreisbewegung) ..................... 176<br />

4.2.1 Die Drehzahl n ........................................... 176<br />

4.2.2 Die Umfangsgeschwindigkeit vu ............................. 177<br />

4.2.3 Richtung der Umfangsgeschwindigkeit vu ..................... 177<br />

4.2.4 Umfangsgeschwindigkeit vu und Drehzahl n ................... 177<br />

4.2.4.1 Zahlenwertgleichungen für die Umfangsgeschwindigkeit<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178<br />

4.2.5 Umfangsgeschwindigkeit und Mittelpunktsgeschwindigkeit . . . . . . . 178<br />

4.2.6 Die Winkelgeschwindigkeit w ............................... 179<br />

4.2.7 Winkelgeschwindigkeit und Umfangsgeschwindigkeit. . . . . . . . . . . . 179<br />

4.2.7.1 Zahlenwertgleichung für die Winkelgeschwindigkeit. . . . . 180<br />

4.2.8 Baugrößen und Größen der Bewegung in Getrieben. . . . . . . . . . . . . . 180<br />

4.2.9 Ûbersetzung i (Ûbersetzungsverhältnis) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181<br />

4.3 Gleichmäßig beschleunigte (verzögerte) Drehbewegung .............. 182<br />

4.3.1 Gegenüberstellung der allgemeinen Größen mit den<br />

entsprechenden Kreisgrößen ................................ 182


XII<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

4.3.2 Winkelbeschleunigung a ................................... 183<br />

4.3.3 Der Drehwinkel im w; t-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183<br />

4.3.4 Die Tangentialbeschleunigung aT ............................ 184<br />

4.3.5 Arbeitsplan zur Kreisbewegung<br />

(Vergleiche mit Abschnitt 4.1.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184<br />

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) .................. 188<br />

4.4.1 Das Trägheitsgesetz (Beharrungsgesetz),<br />

erstes Newton’sches Axiom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188<br />

4.4.2 Masse, Gewichtskraft und Dichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189<br />

4.4.3 Das dynamische Grundgesetz, zweites Newton’sches Axiom . . . . . . 191<br />

4.4.4 Die gesetzliche und internationale Einheit für die Kraft . . . . . . . . . . . 193<br />

4.4.5 Ûbungen zum dynamischen Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193<br />

4.4.6 Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195<br />

4.4.7 Arbeitsplan zum Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

4.4.8 Ûbungen zum Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

4.4.9 Impuls (Bewegungsgröße) und Impulserhaltungssatz. . . . . . . . . . . . . 202<br />

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad .................................. 203<br />

4.5.1 Arbeit W einer konstanten Kraft F ............................ 203<br />

4.5.2 Zeichnerische Darstellung der Arbeit W ....................... 204<br />

4.5.3 Federarbeit W f (Formänderungsarbeit) als Arbeit einer<br />

veränderlichen Kraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205<br />

4.5.4 Ûbungen mit der Größe Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206<br />

4.5.5 Leistung P............................................... 209<br />

4.5.6 Wirkungsgrad h .......................................... 210<br />

4.5.7 Ûbungen mit den Größen Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad . . . . . . . . 212<br />

4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung<br />

(Kreisbewegung) ............................................... 213<br />

4.6.1 Gegenüberstellung der allgemeinen Größen mit den<br />

entsprechenden Kreisgrößen ................................ 213<br />

4.6.2 Dreharbeit W rot (Rotationsarbeit). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214<br />

4.6.3 Drehleistung P rot (Rotationsleistung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215<br />

4.6.4 Zahlenwertgleichung für die Drehleistung Prot .................. 215<br />

4.6.5 Wirkungsgrad, Drehmoment und Ûbersetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216<br />

4.6.6 Ûbungen zu Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad und Ûbersetzung bei<br />

Drehbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216<br />

4.7 Energie ....................................................... 218<br />

4.7.1 Energie, Begriffsbestimmung und Einheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218<br />

4.7.2 Potenzielle Energie E pot und Hubarbeit W h .................... 219<br />

4.7.3 Kinetische Energie E kin und Beschleunigungsarbeit W a .......... 220<br />

4.7.4 Spannungsenergie Es und Formänderungsarbeit Wf .............. 220<br />

4.7.5 Energieerhaltungssatz für technische Vorgänge ................. 221<br />

4.7.6 Ûbungen zum Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222


Inhaltsverzeichnis XIII<br />

4.8 Gerader zentrischer Stoß ........................................ 224<br />

4.8.1 Stoßbegriff, Kräfte und Geschwindigkeiten beim Stoß. . . . . . . . . . . . 224<br />

4.8.2 Merkmale des geraden zentrischen Stoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224<br />

4.8.3 Elastischer Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225<br />

4.8.4 Unelastischer Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227<br />

4.8.4.1 Schmieden und Nieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227<br />

4.8.4.2 Rammen von Pfählen, Eintreiben von Keilen . . . . . . . . . . . 228<br />

4.8.5 Wirklicher Stoß. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228<br />

4.8.6 Ûbungen zum geraden zentrischen Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230<br />

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) ............................ 232<br />

4.9.1 Das dynamische Grundgesetz für die Drehbewegung. . . . . . . . . . . . . 232<br />

4.9.2 Trägheitsmoment J und Trägheitsradius i ...................... 233<br />

4.9.2.1 Definition des Trägheitsmoments . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233<br />

4.9.2.2 Ûbung zum Trägheitsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234<br />

4.9.2.3 Verschiebesatz (Steiner’scher Satz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236<br />

4.9.2.4 Reduzierte Masse m red und Trägheitsradius i ........... 238<br />

4.9.3 Ûbung zum dynamischen Grundgesetz für die Drehung. . . . . . . . . . . 239<br />

4.9.4 Drehimpuls (Drall) und Impulserhaltungssatz für die Drehung . . . . . 239<br />

4.9.5 Kinetische Energie E rot (Rotationsenergie) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240<br />

4.9.6 Energieerhaltungssatz für Drehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241<br />

4.9.7 Fliehkraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242<br />

4.9.7.1 Zentripetalbeschleunigung und Zentripetalkraft . . . . . . . . . 242<br />

4.9.7.2 Ûbungen zur Fliehkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243<br />

4.9.8 Gegenüberstellung der translatorischen und rotatorischen<br />

Größen ................................................. 245<br />

4.10 Mechanische Schwingungen ...................................... 246<br />

4.10.1 Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246<br />

4.10.2 Ordnungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246<br />

4.10.3 Die harmonische Schwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246<br />

4.10.3.1 Die Bewegungsgesetze der harmonischen<br />

Schwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246<br />

4.10.3.1.1 Auslenkung-Zeit-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247<br />

4.10.3.1.2 Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . 247<br />

4.10.3.1.3 Beschleunigung-Zeit-Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . 247<br />

4.10.3.2 Die Graphen der harmonischen Schwingung . . . . . . . . . . . 248<br />

4.10.3.3 Zusammenstellung der wichtigsten Größen und<br />

Gleichungen der harmonischen Schwingung . . . . . . . . . . . 249<br />

4.10.3.4 Rückstellkraft F R, Richtgröße D und lineares Kraftgesetz<br />

bei der harmonischen Schwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250<br />

4.10.4 Das Schraubenfederpendel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251<br />

4.10.4.1 Rückstellkraft F R und Federrate R.................... 251<br />

4.10.4.2 Periodendauer T des Schraubenfederpendels . . . . . . . . . . . 253<br />

4.10.5 Das Torsionsfederpendel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254<br />

4.10.5.1 Federrate R, Rückstellmoment M R und Periodendauer<br />

T ......................................... 254


XIV<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

4.10.5.2 Experimentelle Bestimmung von Trägheitsmomenten<br />

J aus der Periodendauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255<br />

4.10.6 Das Schwerependel (Fadenpendel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256<br />

4.10.7 Schwingung einer Flüssigkeitssäule .......................... 257<br />

4.10.8 Analogiebetrachtung zum Schraubenfederpendel,<br />

Torsionsfederpendel, Schwerependel und zur schwingenden<br />

Flüssigkeitssäule.......................................... 258<br />

4.10.9 Dämpfung, Energiezufuhr, erzwungene Schwingung, Resonanz . . . . 258<br />

4.10.9.1 Dämpfung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258<br />

4.10.9.2 Energieminderung durch Dämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259<br />

4.10.9.3 Energiezufuhr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259<br />

4.10.9.4 Die erzwungene Schwingung und Resonanz . . . . . . . . . . . 260<br />

4.10.9.5 Das Amplituden-Frequenz-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . 261<br />

5 Festigkeitslehre ................................................. 262<br />

5.1 Grundbegriffe ................................................. 264<br />

5.1.1 Die Aufgabe der Festigkeitslehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264<br />

5.1.2 Das Schnittverfahren zur Bestimmung des inneren<br />

Kräftesystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265<br />

5.1.3 Spannung und Beanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266<br />

5.1.4 Die beiden Spannungsarten<br />

(Normalspannung s und Schubspannung t).................... 267<br />

5.1.5 Die fünf Grundbeanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268<br />

5.1.5.1 Zugbeanspruchung (Zug). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268<br />

5.1.5.2 Druckbeanspruchung (Druck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269<br />

5.1.5.3 Abscherbeanspruchung (Abscheren). . . . . . . . . . . . . . . . . . 269<br />

5.1.5.4 Biegebeanspruchung (Biegung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269<br />

5.1.5.5 Torsionsbeanspruchung (Torsion, Verdrehung). . . . . . . . . . 270<br />

5.1.5.6 Kurzzeichen für Spannung und Beanspruchung. . . . . . . . . 270<br />

5.1.6 Die zusammengesetzte Beanspruchung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270<br />

5.1.7 Bestimmen des inneren Kräftesystems (Schnittverfahren) und<br />

der Beanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271<br />

5.1.7.1 Das allgemeine innere Kräftesystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271<br />

5.1.7.2 Arbeitsplan zur Bestimmung des inneren Kräftesystems<br />

und der Beanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272<br />

5.1.7.3 Ûbungen zum Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272<br />

5.2 Beanspruchung auf Zug ......................................... 278<br />

5.2.1 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278<br />

5.2.2 Erkennen des gefährdeten Querschnitts in zugbeanspruchten<br />

Bauteilen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278<br />

5.2.2.1 Profilstäbe mit Querbohrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279<br />

5.2.2.2 Zuglaschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279<br />

5.2.2.3 Zugschrauben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279


Inhaltsverzeichnis XV<br />

5.2.2.4 Herabhängende Stäbe oder Seile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280<br />

5.2.2.5 Ketten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280<br />

5.2.3 Elastische Formänderung (Hooke’sches Gesetz). . . . . . . . . . . . . . . . . 280<br />

5.2.3.1 Verlängerung Dl und Dehnung e ..................... 281<br />

5.2.3.2 Querdehnung eq .................................. 281<br />

5.2.3.3 Poisson-Zahl m ................................... 282<br />

5.2.3.4 Das Hooke’sche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282<br />

5.2.3.5 Wärmespannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283<br />

5.2.3.6 Formänderungsarbeit Wf ........................... 283<br />

5.2.4 Reißlänge ............................................... 284<br />

5.3 Beanspruchung auf Druck ....................................... 285<br />

5.4 Ûbungen zur Zug- und Druckbeanspruchung ....................... 286<br />

5.5 Flächenpressung................................................ 288<br />

5.5.1 Begriff und Hauptgleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288<br />

5.5.2 Flächenpressung an geneigten Flächen........................ 288<br />

5.5.3 Flächenpressung am Gewinde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290<br />

5.5.4 Flächenpressung in Gleitlagern, Niet- und Bolzenverbindungen . . . . 291<br />

5.5.5 Flächenpressung an gewölbten Flächen<br />

(Hertz’sche Gleichungen). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292<br />

5.5.5.1 Pressung zwischen Kugel und Ebene oder zwischen<br />

zwei Kugeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292<br />

5.5.5.2 Pressung zwischen Zylinder und Ebene oder<br />

zwischen zwei Zylindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292<br />

5.5.6 Ûbungen zur Flächenpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293<br />

5.6 Beanspruchung auf Abscheren ................................... 295<br />

5.6.1 Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295<br />

5.6.2 Elastische Formänderung (Hooke’sches Gesetz für Schub) . . . . . . . . 297<br />

5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W ........... 303<br />

5.7.1 Gleichmäßige und lineare Spannungsverteilung<br />

(Gegenüberstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303<br />

5.7.2 Definition der Flächenmomente 2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304<br />

5.7.3 Herleitungsübung......................................... 305<br />

5.7.4 Ûbungen mit Flächen- und Widerstandsmomenten einfacher<br />

Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306<br />

5.7.5 Axiale Flächenmomente 2. Grades symmetrischer<br />

Querschnitte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312<br />

5.7.6 Axiale Flächenmomente 2. Grades unsymmetrischer<br />

Querschnitte (Steiner’scher Verschiebesatz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313<br />

5.7.6.1 Erste Herleitung des Steiner’schen Satzes . . . . . . . . . . . . . . 314<br />

5.7.6.2 Zweite Herleitung des Steiner’schen Satzes . . . . . . . . . . . . 315


XVI<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

5.7.6.3 Arbeitsplan zur Berechnung axialer Flächenmomente<br />

2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316<br />

5.7.7 Ûbungen mit Flächen- und Widerstandsmomenten<br />

zusammengesetzter Querschnitte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316<br />

5.8 Beanspruchung auf Torsion ...................................... 321<br />

5.8.1 Spannungsverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321<br />

5.8.2 Herleitung der Torsions-Hauptgleichung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322<br />

5.8.3 Formänderung bei Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324<br />

5.8.4 Formänderungsarbeit Wf ................................... 325<br />

5.9 Beanspruchung auf Biegung ..................................... 328<br />

5.9.1 Spannungsarten und inneres Kräftesystem bei Biegeträgern . . . . . . . 328<br />

5.9.2 Bestimmung der Biegemomente und Querkräfte an beliebigen<br />

Trägerstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329<br />

5.9.3 Spannungsverteilung im Trägerquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329<br />

5.9.4 Herleitung der Biege-Hauptgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330<br />

5.9.5 Spannungsverteilung im unsymmetrischen Querschnitt . . . . . . . . . . . 332<br />

5.9.6 Gültigkeitsbedingungen für die Biege-Hauptgleichung . . . . . . . . . . . 332<br />

5.9.7 Ûbungen zur Berechnung des Biegemomenten- und Querkraftverlaufs<br />

bei den wichtigsten Trägerarten und Belastungen. . . . . . . . . 333<br />

5.9.7.1 Freiträger mit Einzellast. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333<br />

5.9.7.2 Freiträger mit mehreren Einzellasten . . . . . . . . . . . . . . . . . 334<br />

5.9.7.3 Freiträger mit konstanter Streckenlast<br />

(gleichmäßig verteilte Streckenlast) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335<br />

5.9.7.4 Freiträger mit Mischlast<br />

(Einzellast und konstante Streckenlast). . . . . . . . . . . . . . . . 336<br />

5.9.7.5 Stützträger mit Einzellast. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337<br />

5.9.7.6 Stützträger (Kragträger) mit mehreren Einzellasten . . . . . . 338<br />

5.9.7.7 Stützträger (Kragträger) mit konstanter Streckenlast . . . . . 340<br />

5.9.7.8 Stützträger mit Mischlast<br />

(Einzellast und konstante Streckenlast). . . . . . . . . . . . . . . . 342<br />

5.9.8 Träger gleicher Biegespannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343<br />

5.9.8.1 Allgemeine Anformungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343<br />

5.9.8.2 Achsen und Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343<br />

5.9.8.3 Biegefeder mit Rechteckquerschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344<br />

5.9.8.4 Konsolträger mit Einzellast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345<br />

5.9.8.5 Konsolträger mit Streckenlast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345<br />

5.9.9 Formänderung bei Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346<br />

5.9.9.1 Krümmungsradius, Krümmung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346<br />

5.9.9.2 Allgemeine Durchbiegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 347<br />

5.9.9.3 Neigungswinkel der Biegelinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348<br />

5.9.10 Ûbungen zur Durchbiegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349<br />

5.10 Beanspruchung auf Knickung .................................... 351<br />

5.10.1 Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351<br />

5.10.2 Elastische Knickung (Eulerfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352


Inhaltsverzeichnis XVII<br />

5.10.3 Unelastische Knickung (Tetmajerfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355<br />

5.10.4 Arbeitsplan für Knickungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356<br />

5.10.5 Knickung im Stahlbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359<br />

5.10.5.1 Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359<br />

5.10.5.2 Tragsicherheitsnachweis bei einteiligen Knickstäben. . . . . 359<br />

5.10.5.3 Herleitung einer Entwurfsformel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359<br />

5.10.5.4 Arbeitsplan (AP) zum Tragsicherheitsnachweis . . . . . . . . . 359<br />

5.10.5.5 Zusammengesetzte Knickstäbe...................... 362<br />

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung................................ 365<br />

5.11.1 Zug und Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365<br />

5.11.2 Druck und Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366<br />

5.11.3 Ûbung zur zusammengesetzten Beanspruchung durch<br />

Normalspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367<br />

5.11.4 Biegung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368<br />

5.11.4.1 Festigkeitshypothesen und Vergleichsspannung s v ...... 368<br />

5.11.4.2 Vergleichsmoment Mv ............................. 369<br />

5.11.4.3 Ûbung zu Biegung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370<br />

5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit .......................... 375<br />

5.12.1 Festigkeitswerte im Spannungs-Dehnungs-Diagramm . . . . . . . . . . . . 375<br />

5.12.2 Einflüsse auf die Festigkeit des Bauteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376<br />

5.12.2.1 Beanspruchungsart und Festigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376<br />

5.12.2.2 Temperatur und Festigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376<br />

5.12.2.3 Belastungsart und Festigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376<br />

5.12.2.4 Gestalt und Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378<br />

5.12.3 Spannungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380<br />

5.12.3.1 Nennspannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380<br />

5.12.3.2 Úrtliche Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380<br />

5.12.3.3 Zulässige Spannung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380<br />

5.12.3.4 Berechnungen im Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381<br />

5.12.3.5 Praktische Festigkeitsberechnungen im Maschinenbau . . . 381<br />

5.12.4 Dauerbruchsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382<br />

5.12.4.1 Sicherheit SD bei ruhender Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . 382<br />

5.12.4.2 Sicherheit SD bei dynamischer Belastung . . . . . . . . . . . . . . 382<br />

5.12.5 Ûbungen zur Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik).................................... 386<br />

6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) ............................. 386<br />

6.1.1 Eigenschaften der Flüssigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386<br />

6.1.2 Hydrostatischer Druck<br />

(Flüssigkeitsdruck, hydraulische Pressung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387<br />

6.1.3 Druckverteilung in einer Flüssigkeit ohne Berücksichtigung<br />

der Schwerkraft, das Druck-Ausbreitungsgesetz. . . . . . . . . . . . . . . . . 387


XVIII<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

6.1.4 Anwendungen des Druck-Ausbreitungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 388<br />

6.1.4.1 Hydraulischer Hebebock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 388<br />

6.1.4.2 Druckkraft auf gewölbte Böden...................... 390<br />

6.1.4.3 Beanspruchung einer Kessel- oder Rohrlängsnaht . . . . . . . 390<br />

6.1.4.4 Hydraulische Presse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391<br />

6.1.5 Druckverteilung in einer Flüssigkeit unter Berücksichtigung<br />

der Schwerkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 392<br />

6.1.6 Kommunizierende Röhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394<br />

6.1.7 Bodenkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394<br />

6.1.8 Seitenkraft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395<br />

6.1.9 Auftriebskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397<br />

6.1.10 Schwimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398<br />

6.1.11 Gleichgewichtslagen schwimmender Körper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399<br />

6.1.12 Stabilität eines Schiffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 400<br />

6.2 Dynamik der Fluide (Strömungsmechanik) ......................... 402<br />

6.2.1 Kontinuitätsgleichung (Stetigkeitsgleichung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402<br />

6.2.2 Bernoulli’sche Gleichung<br />

(Energieerhaltungssatz der Strömung). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402<br />

6.2.2.1 Horizontale Strömung<br />

(Strömung ohne Höhenunterschied) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402<br />

6.2.2.2 Nichthorizontale Strömung<br />

(Strömung mit Höhenunterschied) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403<br />

6.2.3 Anwendung der Bernoulligleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405<br />

6.2.3.1 Druck in einer Leitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405<br />

6.2.3.2 Ausfluss aus einem Gefäß.......................... 406<br />

6.2.3.3 Ausfluss unter dem Fluidspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407<br />

6.2.3.4 Ausfluss bei Ûberdruck im Gefäß.................... 407<br />

6.2.3.5 Ausfluss bei sinkendem Fluidspiegel . . . . . . . . . . . . . . . . . 408<br />

6.2.4 Strömung in Rohrleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410<br />

Sachwortverzeichnis ..................................................... 411


Inhaltsverzeichnis XIX<br />

Arbeitspläne<br />

Arbeitsplan zum Freimachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung der Resultierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung der Resultierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung der unbekannten Kräfte ................. 29<br />

Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung der unbekannten Kräfte................. 34<br />

Arbeitsplan zum Momentensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

Arbeitsplan zum Seileckverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung unbekannter Kräfte..................... 45<br />

Arbeitsplan zum 3-Kräfte-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

Arbeitsplan zum 4-Kräfte-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

Arbeitsplan zum Ritter’schen Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73<br />

Arbeitsplan zur Aufzeichnung des Cremonaplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Flächenschwerpunkts . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Linienschwerpunkts . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

Arbeitsplan zur gleichmäßig beschleunigten oder verzögerten Bewegung . . . . . . . . . . . 153<br />

Arbeitsplan zur Kreisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184<br />

Arbeitsplan zum Prinzip von d’Alembert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

Arbeitsplan zur Bestimmung des inneren Kräftesystems und der<br />

Beanspruchungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272<br />

Arbeitsplan zur Berechnung axialer Flächenmomente 2. Grades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316<br />

Arbeitsplan zur Biegemomenten- und Querkraftbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329<br />

Arbeitsplan für Knickungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356<br />

Arbeitsplan zum Tragsicherheitsnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359<br />

Lehrbeispiele<br />

Rechnerische Bestimmung der Resultierenden F r eines zentralen Kräftesystems . . . . . . 30<br />

Zeichnerische Bestimmung der Resultierenden F r eines zentralen Kräftesystems . . . . . . 31<br />

Seileckverfahren, Zusammensetzen zweier Parallelkräfte......................... 43<br />

Reibung in Ruhe und Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

v; t-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156<br />

Prinzip von d’Alembert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198<br />

Wirkungsgrad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217<br />

Nietverbindung im Stahlhochbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298<br />

Nietverbindung im Stahlbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300<br />

Zugbolzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302<br />

Torsionsstabfeder. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326<br />

Verdrehwinkel (Drehmomentschlüssel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327<br />

Knickung im elastischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357<br />

Knickung im unelastischen Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358<br />

Berechnung einer Getriebewelle. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371


XX<br />

Ûbungen<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Ûbungen zur Berechnung von Drehmomenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

Ûbungen zum Parallelogrammsatz für Kräfte .................................. 10<br />

Ûbungen zum Freimachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Ûbung zur dritten und vierten Grundaufgabe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

Ûbung zur Stützkraftberechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />

Ûbung zum systemanalytischen Lösungsverfahren zur Stützkraftberechnung . . . . . . . . 62<br />

Ûbungen zur Bestimmung des Flächenschwerpunkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

Ûbungen mit den Guldin’schen Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87<br />

Ûbung zur Standsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89<br />

Ûbungen zur Lösung von Reibungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95<br />

Ûbungen zur Reibung auf der schiefen Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

Ûbungen zur Trag- und Spurzapfenreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118<br />

Ûbungen zur Schraube . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122<br />

Ûbungen zur Seilreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125<br />

Ûbungen zum Roll- und Fahrwiderstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135<br />

Ûbung zum Rollenzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142<br />

Ûbungen mit dem v; t-Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146<br />

Ûbungen zur gleichmäßig beschleunigten und verzögerten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . 160<br />

Ûbungen zur zusammengesetzten Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166<br />

Ûbungen zum dynamischen Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193<br />

Ûbungen zum Prinzip von d’Alembert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197<br />

Ûbungen mit der Größe Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206<br />

Ûbungen mit den Größen Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212<br />

Ûbungen zum Energieerhaltungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222<br />

Ûbungen zum geraden zentrischen Stoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230<br />

Ûbung zum Trägheitsmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234<br />

Ûbungen zum dynamischen Grundgesetz für die Drehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239<br />

Ûbungen zur Fliehkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243<br />

Ûbungen zum Schnittverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272<br />

Ûbungen zur Zug- und Druckbeanspruchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286<br />

Ûbungen zur Flächenpressung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293<br />

Ûbungen mit Flächen- und Widerstandsmomenten einfacher Querschnitte . . . . . . . . . . . 306<br />

Ûbungen mit Flächen- und Widerstandsmomenten zusammengesetzter Querschnitte 316<br />

Ûbungen zur Berechnung des Biegemomenten- und Querkraftverlaufs bei den<br />

wichtigsten Trägerarten und Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333<br />

Ûbungen zur Durchbiegungsgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349<br />

Ûbung zur zusammengesetzten Beanspruchung durch Normalspannungen . . . . . . . . . . 367<br />

Ûbung zu Biegung und Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370<br />

Ûbungen zur Dauerfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383


Inhaltsverzeichnis XXI<br />

Tabellen<br />

Tabelle 3.1 Reibzahlen m 0 und m ......................................... 92<br />

Tabelle 4.1 Gleichmäßig beschleunigte geradlinige Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . 154<br />

Tabelle 4.2 Gleichmäßig verzögerte geradlinige Bewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155<br />

Tabelle 4.3 Gleichmäßig beschleunigte Kreisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186<br />

Tabelle 4.4 Gleichmäßig verzögerte Kreisbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187<br />

Tabelle 4.5 Gleichungen für Trägheitsmomente J (Massenmoment 2. Grades) . . . . 235<br />

Tabelle 5.1 Axiale Flächenmomente I, Widerstandsmomente W und<br />

Trägheitsradius i für Biegung und Knickung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309<br />

Tabelle 5.2 Polare Flächenmomente 2. Grades Ip und Widerstandsmomente Wp<br />

für Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311<br />

Tabelle 5.3 Grenzschlankheitsgrad l 0 für Euler’sche Knickung und<br />

Tetmajergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355<br />

Tabelle 5.4 Zuordnung der Knickspannungslinien zu den Stab-Querschnittsformen<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363<br />

Tabelle 5.5 Zulässige Spannungen im Stahlhochbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364<br />

Tabelle 5.6 Zulässige Spannungen im Kranbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364<br />

Tabelle 5.7 Richtwerte für die Kerbwirkungszahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385<br />

Tabelle 5.8 Festigkeitswerte für Stähle.................................... 385<br />

Tabelle 5.9 Festigkeitswerte für Gusseisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385<br />

Das griechische Alphabet<br />

Alpha A a<br />

Beta B b<br />

Gamma G g<br />

Delta D d<br />

Epsilon E e<br />

Zeta Z z<br />

Eta H h<br />

Theta Q J<br />

Jota I i<br />

Kappa K j<br />

Lambda L l<br />

My M m<br />

Ny N n<br />

Xi X x<br />

Omikron O o<br />

Pi P p<br />

Rho R r<br />

Sigma S s<br />

Tau T t<br />

Ypsilon Y u<br />

Phi F j<br />

Chi C c<br />

Psi Y w<br />

Omega W w


1 Statik in der Ebene<br />

Formelzeichen und Einheiten 1)<br />

A m 2 ,cm 2 ,mm 2<br />

Flächeninhalt, Fläche, Oberfläche<br />

b m, cm, mm Breite<br />

d, D m, cm, mm Durchmesser<br />

e l Euler’sche Zahl (2,718 28 ...)<br />

F N ¼ kgm<br />

s2 , kN Kraft. Bestimmte Kräfte werden durch Indizes unterschieden, z. B. Fr resultierende<br />

Kraft ¼ Resultierende, FR Reibungskraft, FN Normalkraft, Fq Querkraft,<br />

FA Stützkraft im Lagerpunkt A usw.<br />

FG N ¼ kgm<br />

s2 ,kN<br />

Gewichtskraft. FG ist das nach DIN 1304 genormte Formelzeichen für die<br />

Gewichtskraft<br />

g<br />

m<br />

s2 Fallbeschleunigung Normfallbeschleunigung gn ¼ 9,80665 m<br />

s2 h m, cm, mm Höhe, Tiefe<br />

l m, cm, mm Länge jeder Art, Abstände<br />

M Nm Kraftmoment, Drehmoment<br />

MT, T Nm Torsionsmoment; auch das Formelzeichen T ist zulässig<br />

m kg, g Masse<br />

n<br />

1<br />

1<br />

¼ min<br />

min<br />

Drehzahl, Umdrehungsfrequenz<br />

P W, kW Leistung<br />

r m, cm, mm Radius, Halbmesser, Abstand<br />

A, q m 2 ,cm 2 ,mm 2 Querschnittsfläche, Querschnitt<br />

s m, cm, mm Weglänge, Kurvenlänge, Wanddicke<br />

V m 3 ,cm 3 ,mm 3 Volumen, Rauminhalt<br />

v<br />

m km m<br />

, ,<br />

s h min<br />

Geschwindigkeit<br />

W J ¼ Nm Arbeit<br />

x, y m, cm, mm Wirkabstände der Einzelkräfte (und -flächen oder -linien), Koordinaten<br />

x0, y0, z0 m, cm, mm Schwerpunktabstände<br />

a, b, g rad, ebener Winkel<br />

h l Wirkungsgrad<br />

m l Reibungszahl<br />

r Reibungswinkel<br />

1) Alle in diesem Buch verwendeten Einheiten für physikalische Größen sind Einheiten des „Système International<br />

d’Unités“ (Internationales Einheitensystem), kurz: SI-Einheiten. Es gelten die Normen: DIN 1301<br />

(Einheiten, Einheitennamen, Einheitenzeichen), DIN 1304 (Formelzeichen).<br />

1


2<br />

1.1 Grundlagen<br />

1.1.1 Die Aufgaben der Statik<br />

An technischen Bauteilen greifen Belastungskräfte<br />

an, hervorgerufen durch Lasten, Eigengewicht,<br />

Winddruck, Gasdruck, Zahnkräfte, Riemenkräfte,<br />

Zerspanungswiderstände, Reibungswiderstände<br />

usw.<br />

Mit den Verfahren der Statik werden die Stützkräfte<br />

ermittelt, die den Körper im Gleichgewicht<br />

halten. Man sagt auch: Das angreifende Kräftesystem<br />

befindet sich im Gleichgewicht.<br />

Die Ermittlung der Stützkräfte, auch Auflagerkräfte<br />

genannt, ist der erste Schritt zur Konstruktion<br />

eines Maschinenteils. Sind alle angreifenden<br />

Kräfte bekannt, können die Abmessungen der<br />

Bauteile nach den Regeln der Festigkeitslehre festgelegt<br />

werden:<br />

Die Ergebnisse der Statik sind die Grundlage<br />

der Festigkeitsrechnung.<br />

Bei allen folgenden Untersuchungen in der Statik<br />

werden die Körper als unverformbar angesehen<br />

(Statik der starren Körper).<br />

1.1.2 Physikalische Größen in der Statik<br />

Die wichtigsten Größen der Statik sind<br />

die Kraft F (Kurzzeichen F von engl. force), die in<br />

Newton (N), Dekanewton (daN), Kilonewton (kN)<br />

oder Meganewton (MN) gemessen und angegeben<br />

wird;<br />

das Kraftmoment M der Kraft F, das in Newtonmeter<br />

(Nm) oder Newtonmillimeter (Nmm) angegeben<br />

wird.<br />

Bewirkt das Kraftmoment eine Drehung des Bauteils,<br />

dann nennt man es Drehmoment M, z. B. bei<br />

Wellen. In der Festigkeitslehre wird ein biegendes<br />

Kraftmoment als Biegemoment M b, ein tordierendes<br />

(verdrehendes) Kraftmoment als Torsionsmoment<br />

MT bezeichnet.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Belastungskräfte und Stützkräfte<br />

Gegeben: F 1, F 2, F G, l, l 1, l 2<br />

Gesucht: FA, FB<br />

Hinweis: Die Begriffe Los- und Festlager<br />

werden auf Seite 15 erläutert.<br />

Beispiel:<br />

Erst wenn alle an einer Getriebewelle angreifenden<br />

Kräfte bekannt sind, können Wellenund<br />

Lagerdurchmesser bestimmt werden.<br />

Das Newton ist die gesetzliche und internationale<br />

Einheit (SI-Einheit) für die Kraft F:<br />

1 daN ¼ 10 N; 1 kN ¼ 10 3 N ¼ 1000 N<br />

1MN¼ 10 6 N ¼ 1000000 N<br />

Das Kraftmoment M ist das Produkt aus einer<br />

Kraft F und einer Länge l. Daher ist die SI-<br />

Einheit des Kraftmoments das Newtonmeter<br />

(Nm):<br />

1Nm ¼ 10 3 Nmm<br />

1 kNm ¼ 10 3 Nm<br />

1 MNm ¼ 10 6 Nm


1.1 Grundlagen 3<br />

1.1.2.1 Die Kraft F<br />

Kräfte sind Vektoren. Ihre Wirkung auf einen Körper<br />

lässt sich nur dann genau angeben, wenn drei<br />

Bestimmungsstücke bekannt sind:<br />

der Betrag der Kraft, z. B. F ¼ 18 N,<br />

die Wirklinie WL und<br />

der Richtungssinn.<br />

Wie alle Vektoren wird auch die Kraft zeichnerisch<br />

durch einen Pfeil dargestellt. Die Länge des Pfeils<br />

gibt über den festgelegten Kräftemaßstab MK den<br />

Betrag (die Größe) der Kraft an. Die Wirklinie<br />

zeigt, wo und unter welchem Winkel zu einer festgelegten<br />

Bezugsachse die Kraft wirkt (Richtungswinkel).<br />

Die Pfeilspitze bestimmt den Richtungssinn.<br />

Eine Kraft, die auf einen Körper dieselbe Wirkung<br />

ausübt wie zwei (oder mehrere) gleichzeitig wirkende<br />

Kräfte F1 und F2, nennt man die Resultierende<br />

Fr dieser Kräfte:<br />

Die Resultierende F r ist eine gedachte Ersatzkraft<br />

für mehrere Einzelkräfte.<br />

Will man eine genaue Angabe über die Wirkung<br />

mehrerer Kräfte auf einen Körper machen, z. B.<br />

darüber, in welche Richtung er sich verschiebt,<br />

muss die Resultierende des Kräftesystems bekannt<br />

sein.<br />

Die Schubkraft F s mit dem Angriffspunkt A s bewegt<br />

den skizzierten Wagen mit der Geschwindigkeit<br />

v nach rechts oben. Die gleiche Wirkung wird<br />

durch die auf der selben Wirklinie WL liegende<br />

gleich große Zugkraft F z ¼ F s (Angriffspunkt A z)<br />

erzielt: Kräfte sind linienflüchtige Vektoren. Für<br />

sie gilt der<br />

Längsverschiebungssatz<br />

Kräfte dürfen auf ihrer Wirklinie beliebig verschoben<br />

werden, ohne dass sich ihre Wirkung<br />

auf den starren Körper ändert.<br />

Größen, die erst durch ihren Betrag und ihre<br />

Richtung eindeutig bestimmt sind (gerichtete<br />

Größen), heißen Vektoren, z. B. Kräfte, Wege,<br />

Geschwindigkeiten, Beschleunigungen.<br />

Größen, bei denen zur eindeutigen Bestimmung<br />

die Angabe ihres Betrags genügt, heißen<br />

Skalare (nicht gerichtete Größen), z. B.<br />

Wärme, Temperatur, Masse, Arbeit, Leistung.<br />

Die Kraft Fs (Schubkraft) ¼ Fz (Zugkraft)<br />

kann auf der gemeinsamen Wirklinie WL<br />

von As nach Az verschoben werden, ohne<br />

dass sich die Wirkung auf den Körper ändert<br />

(Längsverschiebungssatz).


4<br />

1.1.2.2 Das Kraftmoment oder Drehmoment M<br />

Das Produkt aus einer Einzelkraft F und ihrem<br />

Wirkabstand l von einem beliebigen Bezugspunkt<br />

D heißt Kraftmoment M ¼ Fl.<br />

Die Bezeichnungen Kraftmoment und Drehmoment<br />

sind statisch gleichwertig.<br />

Der Betrag des Kraft- oder Drehmoments ist das<br />

Produkt aus der Kraft F (z. B. in N) und dem Wirkabstand<br />

l (z. B. in m). Der Wirkabstand l ist der<br />

rechtwinklig zur Wirklinie (WL) gemessene Abstand.<br />

Kraftmoment M ¼ Kraft F Wirkabstand l M ¼ Fl<br />

Der Drehsinn des Kraftmoments wird durch das<br />

Vorzeichen angegeben.<br />

1.1.2.3 Das Kräftepaar<br />

Wirken zwei gleich große, gegensinnige Kräfte<br />

auf parallelen Wirklinien mit dem Wirkabstand l<br />

(? zu den Wirklinien gemessen), so erzeugen sie<br />

ein Drehmoment M. Man nennt die beiden Kräfte<br />

ein Kräftepaar.<br />

Ist der Körper frei beweglich, so dreht ihn das<br />

Kräftepaar auf der Stelle, ohne ihn zu verschieben<br />

(Welle, Handrad, Tretkurbel, Handkurbel, Drehstabfeder),<br />

denn die Resultierende des Kräftepaars<br />

ist gleich null.<br />

Die Drehwirkung eines Kräftepaares bezeichnet<br />

man als sein Drehmoment M.<br />

Der Betrag des Drehmoments ist das Produkt aus<br />

der Kraft F (z. B. in N) und dem Wirkabstand l<br />

(z. B. in m). Der Wirkabstand ist der senkrecht zu<br />

den Wirklinien gemessene Abstand.<br />

Drehmoment M ¼ Kraft F Wirkabstand l M ¼ Fl<br />

Der Drehsinn des Drehmoments wird durch das<br />

Vorzeichen angegeben.<br />

Kraftmoment der Kraft F bezogen auf den<br />

Punkt D: M ¼ Fl<br />

(þ) ¼ Linksdrehsinn<br />

( ) ¼ Rechtsdrehsinn<br />

Das Kräftepaar erzeugt ein Drehmoment M,<br />

die Resultierende ist Fr ¼ 0.<br />

(þ) ¼ Linksdrehsinn<br />

( ) ¼ Rechtsdrehsinn<br />

1 Statik in der Ebene<br />

M F l<br />

Nm N m<br />

M F l<br />

Nm N m<br />

Kräftepaar am<br />

Fahrradlenker


1.1 Grundlagen 5<br />

1.1.3 Ûbungen zur Berechnung von Drehmomenten<br />

1. Ûbung: Für die Tretkurbelwelle eines Fahrrads<br />

sollen die Drehmomente M 1, M 2, M 3 in den drei<br />

skizzierten Stellungen berechnet werden. In allen<br />

Stellungen wirkt die Kraft F 1 rechtwinklig nach unten.<br />

In Stellung 1 steht die Tretkurbel horizontal,<br />

in Stellung 3 vertikal. Stellung 2 liegt zwischen<br />

beiden Stellungen.<br />

Wie verändert sich das Drehmoment mit fortschreitender<br />

Kurbeldrehung?<br />

Lösung: Als Folge der Kraft F 1 an der Tretkurbel<br />

tritt im Tretkurbellager eine gleich große, entgegengesetzt<br />

gerichtete Kraft F 2 auf. Beide bilden<br />

ein Kräftepaar, das ein Drehmoment M erzeugt. Es<br />

ergibt sich als Produkt aus der Kraft F1 und ihrem<br />

jeweiligen Wirkabstand von der Kraft F 2. Die<br />

Drehmomente M 1 und M 2 haben Rechtsdrehsinn.<br />

Sie erhalten daher das negative Vorzeichen.<br />

2. Ûbung: Die Kraft F1 wirkt jetzt unter dem Winkel<br />

a ¼ 45 auf die horizontal liegende Tretkurbel.<br />

Wie groß ist nun das Drehmoment M an der Tretkurbelwelle?<br />

Lösung: Der Wirkabstand l2 zwischen den Wirklinien<br />

der Kräfte F1 und F2 ist jetzt kleiner geworden<br />

als vorher in der Stellung 1.<br />

Dadurch ergibt sich auch ein kleineres Drehmoment<br />

M. Es erhält das negative Vorzeichen, weil es<br />

Rechtsdrehsinn besitzt.<br />

Aufgaben Nr. 1–8<br />

M1 ¼ F1l1 ¼ 150 N 0,2 m ¼ 30 Nm<br />

M2 ¼ F1l2 ¼ 150 N 0,08 m ¼ 12 Nm<br />

M3 ¼ F1l3 ¼ 150 N 0m¼ 0<br />

Das Drehmoment fällt von seinem Maximalwert<br />

in der horizontalen Stellung bis auf null<br />

in der vertikalen Stellung der Tretkurbel.<br />

l2 ¼ l1sin a<br />

l2 ¼ 0,2 m sin 45<br />

l2 ¼ 0,141 m<br />

M ¼ F1l2 ¼ 150 N 0,141 m<br />

M ¼ 21,15 Nm


6<br />

1.1.4 Bewegungsmöglichkeiten (Freiheitsgrade) eines Körpers<br />

Jeder frei bewegliche starre Körper kann eine andere Lage erhalten, indem man ihn verschiebt<br />

oder dreht. Diese Bewegungen heißen Translation (Verschiebung) und Rotation (Drehung).<br />

Die Bewegungsmöglichkeiten, die ein Körper hat, nennt man seine Freiheitsgrade.<br />

1.1.4.1 Freiheitsgrade im Raum<br />

Ein Körper, der im Raum frei beweglich ist, kann<br />

sich in Richtung der drei Achsen x, y, z eines<br />

räumlichen Koordinatensystems verschieben (T (x),<br />

T (y), T (z)). Er kann sich außerdem um jede der drei<br />

Achsen drehen (R (x), R (y), R (z)). Daraus folgt:<br />

Ein im Raum frei beweglicher starrer Körper<br />

hat sechs Freiheitsgrade.<br />

Jede beliebige Bewegung im Raum lässt sich auf<br />

diese sechs Freiheitsgrade zurückführen.<br />

1.1.4.2 Freiheitsgrade in der Ebene<br />

Ein Körper, der nur in einer Ebene frei beweglich<br />

ist, z. B. auf einer Richtplatte, kann sich nur in<br />

Richtung der zwei Achsen x, z eines ebenen Koordinatensystems<br />

verschieben (T(x), T(z)) und um die<br />

Achse y drehen (R (y)). Daraus folgt:<br />

Ein in der Ebene frei beweglicher starrer Körper<br />

hat drei Freiheitsgrade.<br />

Jede beliebige Bewegung in der Ebene lässt sich<br />

auf diese drei Freiheitsgrade zurückführen.<br />

1.1.5 Gleichgewicht des Körpers in der Ebene (Gleichgewichtsbedingungen)<br />

Die Ursache einer Verschiebung ist eine Einzelkraft,<br />

die Ursache einer Drehung ist ein Kräftepaar.<br />

Daraus folgt:<br />

Wird ein Körper verschoben, muss eine Kraft F<br />

wirken,<br />

wird er gedreht, muss ein Kraftmoment M wirken,<br />

wird er verschoben und gedreht, müssen eine<br />

Kraft F und ein Kraftmoment M wirken.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Beachte: Die Drehwirkung eines Kräftepaars<br />

ist sein Kraftmoment M. Es wird auch als<br />

Drehmoment bezeichnet.


1.1 Grundlagen 7<br />

Umgekehrt lässt sich auch schließen, dass dann<br />

keine Kraft F wirkt, wenn sich ein Körper nicht<br />

verschiebt, und dass kein Kraftmoment M vorhanden<br />

ist, wenn er sich nicht dreht.<br />

Körper, die mit anderen fest verbunden sind, lassen<br />

sich auch durch Kräfte und Kraftmomente<br />

nicht gegeneinander bewegen. Hier werden durch<br />

die Verbindungen (wie Verschraubung, Lagerung,<br />

Klebung) Gegenkräfte und Gegenkraftmomente<br />

erzeugt.<br />

Alle Kräfte und alle Kraftmomente heben sich in<br />

solchen Fällen in ihrer Wirkung auf, und man sagt:<br />

Kräfte und Kraftmomente stehen miteinander im<br />

Gleichgewicht. Dann muss die Summe aller Kräfte<br />

gleich null und die Summe aller Kraftmomente<br />

gleich null sein, weil sich der Körper so verhält,<br />

als wirkten keine Kraft und kein Kraftmoment.<br />

Diese Erkenntnis auf die drei Freiheitsgrade des<br />

Körpers in der Ebene bezogen ergibt:<br />

Ein Körper ist dann im Gleichgewicht, wenn<br />

die Summe aller Kräfte in Richtung der<br />

x-Achse gleich null ist,<br />

die Summe aller Kräfte in Richtung der<br />

y-Achse gleich null ist,<br />

und die Summe aller Kraftmomente um die<br />

z-Achse gleich null ist.<br />

Nach dem Trägheitsgesetz gilt das für alle Körper,<br />

deren Bewegungszustand sich nicht ändert. Demnach<br />

ist ein Körper in drei Fällen im Gleichgewicht:<br />

wenn er ruht (Geschwindigkeit v ¼ 0),<br />

wenn er sich auf gerader Bahn mit gleich bleibender<br />

Geschwindigkeit bewegt (v ¼ konstant)<br />

und wenn er mit konstanter Drehzahl n (Umdrehungsfrequenz)<br />

umläuft (n ¼ konstant).<br />

Keine Verschiebung: F ¼ 0<br />

Keine Drehung: M ¼ 0<br />

Beispiel:<br />

Fräsmaschinentisch und darauf befestigter<br />

Schraubstock bewegen sich nicht gegeneinander,<br />

obwohl über das Werkstück Kräfte<br />

in den Schraubstock eingeleitet werden.<br />

Keine Verschiebung: SF ¼ 0<br />

Keine Drehung: SM ¼ 0<br />

S (Sigma) bedeutet:<br />

Summe aller ..., d. h. die Summe aller Kräfte<br />

und die Summe aller Kraftmomente ist gleich<br />

null.<br />

SFx ¼ 0<br />

SFy ¼ 0<br />

SM ðzÞ ¼ 0<br />

Mit Hilfe dieser drei Gleichgewichtsbedingungen<br />

berechnet man unbekannte Kräfte<br />

und Kraftmomente.<br />

Beachte: Ruhelage und gleichförmig geradlinige<br />

oder rotierende Bewegung sind gleichwertige<br />

Zustände, d. h. es gelten die Gleichgewichtsbedingungen.<br />

Die Ûberlegungen zum Trägheitsgesetz stammen<br />

von dem italienischen Physiker Galileo<br />

Galilei (1564 –1642).


8<br />

1.1.6 Der Parallelogrammsatz für Kräfte<br />

Der Parallelogrammsatz 1) ist die wichtigste statische Grundoperation für das Zusammensetzen<br />

und Zerlegen von gerichteten Größen (Vektoren). Dazu gehören neben Geschwindigkeiten v,<br />

Beschleunigungen a und Wegen s auch Kräfte F.<br />

1.1.6.1 Zusammensetzen von zwei nichtparallelen Kräften (Kräftereduktion)<br />

Kräfte sind linienflüchtige Vektoren, d. h. zwei<br />

Kräfte F 1 und F 2 können auf ihrer Wirklinie in den<br />

Zentralpunkt A verschoben und dort mit dem<br />

Parallelogrammsatz zur Resultierenden F r zusammengesetzt<br />

werden. Man nennt dies eine geometrische<br />

(zeichnerische) Addition und das Verfahren<br />

eine Kräftereduktion.<br />

Parallelogrammsatz<br />

Die Resultierende F r (Ersatzkraft) zweier in<br />

einem Punkt A angreifender Kräfte F 1 und F 2<br />

ist die Diagonale des Kräfteparallelogramms.<br />

Einfacher ist es, die Kräfte nach Betrag und Richtungssinn<br />

maßstabsgerecht in beliebiger Reihenfolge<br />

aneinander zu setzen. Es ergibt sich das<br />

Kräftedreieck (Krafteck, Kräftezug).<br />

Im Krafteck ist die Resultierende F r die Verbindungslinie<br />

vom Anfangspunkt A der zuerst<br />

gezeichneten Kraft zum Endpunkt E der zuletzt<br />

gezeichneten Kraft.<br />

Der Betrag der Resultierenden F r zweier Kräfte F 1<br />

und F 2, die den Winkel a einschließen, lässt sich<br />

mit Hilfe des Kosinussatzes, der Winkel b mit dem<br />

Sinussatz berechnen. Die beiden Sätze werden in<br />

der Mathematik (Trigonometrie) hergeleitet.<br />

Beachte: Skalare wie Masse m, Volumen V,<br />

Flächen A usw. sind keine gerichteten Größen.<br />

Ihre Beträge können algebraisch addiert<br />

und subtrahiert werden. Kräfte dagegen sind<br />

als Vektoren geometrisch (zeichnerisch) zu<br />

behandeln.<br />

Geometrische Addition der Kräfte F 1 und F 2<br />

zur Resultierenden Fr<br />

Kräftedreiecke als Ersatz für das<br />

Kräfteparallelogramm<br />

Fr ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

F1 2 þ F2 2 p<br />

þ 2F1F2 cos a<br />

b ¼ arcsin F1 sin a<br />

1) <strong>Böge</strong>, A.; J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Lösungen; Vieweg þ Teubner 2008<br />

Fr<br />

1 Statik in der Ebene


1.1 Grundlagen 9<br />

1.1.6.2 Zerlegen einer Kraft F in zwei nichtparallele Kräfte F 1 und F 2<br />

Das Kräfteparallelogramm lässt sich auch aus<br />

einer gegebenen Kraft F und den Wirklinien WL1,<br />

WL2 zweier gesuchter Kräfte F 1, F 2 zeichnen.<br />

Dazu werden die gegebenen Wirklinien WL1 und<br />

WL2 der gesuchten Kräfte F 1, F 2 parallel zu sich<br />

selbst in den Endpunkt E der maßstäblich aufgezeichneten<br />

gegebenen Kraft F verschoben.<br />

Damit entsteht das Kräfteparallelogramm.<br />

Die Beträge der beiden Komponenten der Kraft F<br />

lassen sich auch berechnen: Für F 1 gilt der Sinussatz;<br />

die Gleichung für F2 lässt sich aus dem gestrichelt<br />

gezeichneten Kräftezug ablesen.<br />

Die Aufgabe, eine Kraft F in mehr als zwei Komponenten<br />

zu zerlegen, ist statisch unbestimmt, d. h.<br />

es sind unendlich viele Lösungen möglich.<br />

Bei vielen Aufgaben der Statik ist es erforderlich,<br />

mit den beiden rechtwinklig aufeinander stehenden<br />

Komponenten Fx und Fy einer Kraft F zu<br />

rechnen. Dazu legt man die Kraft F unter Angabe<br />

des Richtungswinkels a in ein rechtwinkliges<br />

Achsenkreuz und beschreibt die Komponenten mit<br />

Hilfe der Kreisfunktionen Sinus und Kosinus.<br />

F = F sin α<br />

F1 ¼ F<br />

y<br />

sin b<br />

sin a<br />

F x = F cos α<br />

1.1.6.3 Zerlegen einer Kraft F in zwei parallele Kräfte F 1 und F 2<br />

Für die gegebene Kraft F sollen die beiden parallelen<br />

Kräfte F 1 und F 2 ermittelt werden, die auf<br />

ihren Wirklinien mit den Abständen l 1 und l 2 die<br />

gleiche Wirkung haben wie die Einzelkraft F.<br />

Zum Verständnis für die Lösung dieser Aufgaben<br />

ist der später erläuterte Momentensatz erforderlich<br />

(1.2.5.1, Seite 38):<br />

Fl1 ¼ F2ðl1 þ l2Þ und Fl2 ¼ F1ðl1 þ l2Þ<br />

Daraus ergeben sich die beiden Gleichungen für<br />

die Beträge der Kräfte F 1 und F 2.<br />

y<br />

F<br />

Zerlegen einer<br />

Kraft F in zwei<br />

Komponenten<br />

F1, F2<br />

F2 ¼ F cos b F1 cos a<br />

Zerlegen einer Kraft F in zwei parallele<br />

Komponenten<br />

F1 ¼ F<br />

l2<br />

l1 þ l2<br />

F y<br />

F2 ¼ F<br />

α<br />

x<br />

l1<br />

l1 þ l2


10<br />

1.1.6.4 Ûbungen zum Parallelogrammsatz für Kräfte<br />

1. Ûbung: Zwei Kräfte F1 ¼ 2 kN und F2 ¼ 3kN<br />

wirken im Angriffspunkt A unter dem Winkel<br />

a ¼ 120 zueinander.<br />

Gesucht:<br />

a) der Betrag der Resultierenden Fr, b) der Winkel b zwischen den Wirklinien von F1 und Fr. Lösung:<br />

a) der Betrag der Resultierenden lässt sich zeichnerisch<br />

durch maßstäbliches Aufzeichnen des<br />

Kräfteparallelogramms und rechnerisch mit<br />

dem Kosinussatz ermitteln.<br />

b) der Winkel b zwischen den Wirklinien von F1 und Fr wird mit dem Sinussatz berechnet:<br />

sin b<br />

sin ð180 aÞ<br />

¼ F2<br />

Fr<br />

Fr ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

F1 2 þ F2 2 p<br />

þ 2F1F2 cos a<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Fr ¼ ð2 kNÞ 2 þð3kNÞ 2 q<br />

þ2 2kN3kNcos 120<br />

Fr ¼ 2,646 kN<br />

; sin ð180 aÞ ¼sin a b ¼ arcsin F2 sin ð180 aÞ<br />

¼ 79,1<br />

2. Ûbung: Für das skizzierte Lager einer Getriebewelle<br />

wurden mit Hilfe der statischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

die Stützkraftkomponenten<br />

F Ax ¼ 5089 N und F Ay ¼ 471 N berechnet. Zur<br />

Bestimmung der Lagerabmessungen soll die Stützkraft<br />

(Lagerkraft) F A berechnet werden.<br />

Beachte: Die Stützkraftkomponenten können in<br />

den Lagermittelpunkt verschoben werden.<br />

Gesucht:<br />

a) Skizze des Quadranten eines rechtwinkligen<br />

Koordinatensystems mit den in den Lagerpunkt<br />

A verschobenen Lagerkraftkomponenten F Ax<br />

und F Ay (Längsverschiebungssatz von Seite 3),<br />

b) Betrag der Lagerkraft F A,<br />

c) Richtungswinkel a zwischen der positiven<br />

x-Achse des Koordinatensystems und der<br />

Wirklinie der Lagerkraft FA.<br />

Lösung:<br />

FA ¼<br />

Fr<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FAx 2 þ FAy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

¼ ð50892 þ 4712Þ N2 q<br />

FA ¼ 5111 N<br />

Aufgaben Nr. 29–31 a ¼ arctan FAy 471 N<br />

¼ arctan ¼ 5,29<br />

5089 N<br />

FAx<br />

1 Statik in der Ebene


1.1 Grundlagen 11<br />

1.1.7 Das Freimachen der Bauteile<br />

1.1.7.1 Zweck und Beschreibung des<br />

Verfahrens, Oberflächen- und<br />

Volumenkräfte<br />

Mit Hilfe der Statik werden unbekannte Kräfte<br />

zeichnerisch und rechnerisch bestimmt, z. B. die<br />

Stützkräfte (Lagerkräfte), die eine Getriebewelle<br />

oder einen Drehkran im Gleichgewicht halten.<br />

Die Lösungen solcher Aufgaben können nur dann<br />

richtig sein, wenn tatsächlich alle am Bauteil (Getriebewelle,<br />

Drehkran, Winkelhebel, Schraube usw.)<br />

angreifenden Kräfte in die Untersuchung einbezogen<br />

wurden.<br />

Jedes Bauteil wirkt auf die angrenzenden Bauteile<br />

mit Oberflächenkräften, die man sich im Mittelpunkt<br />

M der Berührungsfläche angreifend denkt,<br />

wie im Fall der beiden zusammengepressten<br />

Bauteile 1 und 2. Oberflächenkräfte heißen auch<br />

äußere Kräfte.<br />

Tatsächlich verteilt sich jede Oberflächenkraft<br />

mehr oder weniger gleichmäßig auf die Flächenteilchen<br />

der Berührungsfläche (siehe Abschnitt 5.5,<br />

Seite 288 Flächenpressung).<br />

Auf jede Berührungsfläche eines Körpers wirkt die<br />

von ihr ausgeübte Oberflächenkraft von dem anderen<br />

Körper zurück (Aktion ¼ Reaktion). Es ist also<br />

F1,2 (Kraft F von 1 auf 2) gleich F2,1 (Kraft F von<br />

2 auf 1).<br />

Außer den Oberflächenkräften können noch Volumenkräfte<br />

wirken, die man sich im Massenschwerpunkt<br />

(Massenmittelpunkt) M des homogenen<br />

Körpers angreifend denkt.<br />

Die wichtigste und immer wirkende Volumenkraft<br />

ist die Gewichtskraft FG. Eine andere Volumenkraft<br />

ist die durch Magnete erzeugte Kraft.<br />

Gemeinsames Kennzeichen von Volumenkräften<br />

ist das Vorhandensein eines „Feldes“, z. B. des<br />

Schwerefeldes der Erde oder eines Magnetfeldes.<br />

Volumenkräfte heißen daher auch Feldkräfte.<br />

Beispiel:<br />

F1, F2 bekannte Kräfte,<br />

FAx, FAy, FB gesuchte Stützkräfte<br />

Hinweis: Wird etwa die tatsächlich wirkende<br />

Stützkraftkomponente FAx nicht in die rechnerischen<br />

Gleichgewichtsbedingungen aufgenommen<br />

(SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ¼ 0),<br />

dann wird die Lösung falsch.<br />

Hinweis: Ob die Gewichtskraft FG beim Freimachen<br />

berücksichtigt wird, hängt davon ab,<br />

ob ihre Wirkung im Verhältnis zu den Wirkungen<br />

der anderen Kräfte groß oder klein ist.


12<br />

Um sicherzugehen, alle am Bauteil angreifenden<br />

Kräfte richtig erfasst zu haben, geht jeder statischen<br />

Untersuchung das Freimachen voraus.<br />

Freimachen heißt:<br />

Man nimmt die Nachbarbauteile, die das freizumachende<br />

Bauteil berühren, Stück für Stück<br />

weg und bringt dafür an den Berührungsstellen<br />

diejenigen Kräfte an, die von den weggenommenen<br />

Bauteilen auf das freigemachte Bauteil<br />

wirken.<br />

Eine Anleitung zum richtigen und sicheren Freimachen<br />

geben die folgenden Beispiele.<br />

1.1.7.2 Seile, Ketten, Riemen<br />

Seile und ähnliche flexible Bauteile können<br />

nur Zugkräfte in Seilrichtung ausüben oder<br />

aufnehmen.<br />

Zugkräfte wirken stets weg vom Angriffspunkt<br />

am freigemachten Bauteil. (Regel 1)<br />

Die Erfahrung lehrt, dass man mit einem flexiblen<br />

Bauteil keine Druckkraft auf einen anderen Körper<br />

ausüben kann.<br />

Es ist gleichgültig, ob das Seil durch eine Rolle<br />

umgelenkt wird: In jedem Querschnitt des Seils<br />

wirkt die gleiche Zugkraft.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Hinweis: Statt „Freimachen“ wird auch die<br />

Bezeichnung „Freischneiden“ verwendet,<br />

weil man das Bauteil mit einem gedachten<br />

Schnitt von den angrenzenden Bauteilen<br />

trennt.<br />

Arbeitsplan zum Freimachen:<br />

1. Das Bauteil schematisiert ohne die angrenzenden<br />

Teile aufzeichnen.<br />

2. Die Angriffspunkte aller Kräfte und die<br />

Wirklinien dieser Kräfte festlegen.<br />

3. Den Richtungssinn in Bezug auf den freigemachten<br />

Körper eintragen.<br />

Für die zeichnerische Lösung maßstäblich<br />

zeichnen (Lageplan), für die rechnerische<br />

Lösung genügt die Lageskizze.<br />

Beispiel:<br />

Der Kranhaken soll freigemacht werden.<br />

Man nimmt den angehängten Zylinder weg<br />

und ersetzt ihn im Berührungspunkt durch<br />

die Gewichtskraft FG. Ebenso nimmt man<br />

das Seil weg (abschneiden) und ersetzt es<br />

durch die Zugkraft F ¼ FG.


1.1 Grundlagen 13<br />

1.1.7.3 Zweigelenkstäbe<br />

Zweigelenkstäbe können Zug- oder Druckkräfte<br />

aufnehmen, deren Wirklinie die Verbindungsgerade<br />

der Gelenkpunkte ist. Die<br />

Gelenke werden als reibungsfrei angesehen.<br />

(Regel 2)<br />

Die Form des Zweigelenkstabs hat keinen Einfluss;<br />

er kann gerade oder gekrümmt sein oder<br />

jede beliebige andere Form haben. Zweigelenkstäbe<br />

dürfen nur an zwei Punkten mit Nachbarbauteilen<br />

verbunden sein und keine Kräfte an<br />

anderen Stellen aufnehmen. Zwei Kräfte können<br />

nur dann im Gleichgewicht sein, wenn sie eine<br />

gemeinsame Wirklinie haben, die durch die beiden<br />

Gelenkpunkte (Kraftangriffspunkte) verlaufen<br />

muss.<br />

1.1.7.4 Berührungsflächen (ebene Stützflächen)<br />

Berührungsflächen können Normalkräfte und<br />

Tangentialkräfte aufnehmen.<br />

Normalkräfte wirken stets hin auf die Berührungsfläche<br />

am freigemachten Bauteil.<br />

(Regel 3)<br />

Berühren sich zwei Bauteile, so wirkt in jedem<br />

Fall zwischen beiden eine Normalkraft FN. Ihre<br />

Wirklinie steht immer rechtwinklig auf der Berührungsfläche.<br />

Die Tangentialkraft F T wird durch Reibung (Reibkraft<br />

F R) oder durch einen Rollwiderstand hervorgerufen.<br />

Ihre Wirklinie liegt immer in der Berührungsebene,<br />

also rechtwinklig zur Wirklinie der<br />

Normalkraft F N. Den Richtungssinn kann man in<br />

den meisten Fällen erkennen, wenn alle übrigen<br />

Kräfte am freigemachten Bauteil eingezeichnet<br />

wurden. Die Tangentialkraft F T ¼ Reibkraft F R<br />

wirkt der Bewegung entgegen, die durch die übrigen<br />

Kräfte verursacht wird oder verursacht werden<br />

könnte.<br />

Beispiel:<br />

Der Zweigelenkstab (Pendelstütze) stützt eine<br />

Plattform ab.<br />

Hier nimmt der Zweigelenkstab Druckkräfte<br />

auf. Er könnte aber auch Zugkräfte aufnehmen,<br />

z. B. wenn der Wind unter die Plattform<br />

fasst.<br />

Beispiel 1:<br />

Ein prismatischer Körper liegt auf einer waagerechten<br />

Unterlage (z. B. Richtplatte) in<br />

Ruhe.<br />

Gewichtskraft FG und Normalkraft FN haben<br />

gleiche Wirklinie und sind im Gleichgewicht.<br />

Beispiel 2:<br />

Der gleiche Körper liegt auf einer schiefen<br />

Ebene in Ruhe.<br />

Gewichtskraft FG und Normalkraft FN allein<br />

können nicht im Gleichgewicht sein. Der<br />

Körper würde abwärts gleiten, wenn ihn nicht<br />

die Tangentialkraft FT ¼ Reibkraft FR daran<br />

hindern würde.


14<br />

Auch wenn zwei Bauteile auf ihrer Berührungsfläche<br />

gegeneinander gleiten oder das eine auf<br />

dem anderen abrollt, wirkt immer eine Tangentialkraft<br />

F T ¼ Reibkraft F R. Der Richtungssinn ist in<br />

diesem Fall sicher zu erkennen: Auf das schnellere<br />

Bauteil wirkt die Reibkraft FR entgegen seiner<br />

Bewegungsrichtung, auf das langsamere wirkt sie<br />

in Bewegungsrichtung des schnelleren Bauteils. In<br />

vielen Fällen ist das „langsamere“ Bauteil eine<br />

ruhende Unterlage.<br />

Gleiten zwei Bauteile in entgegengesetzter Richtung<br />

aufeinander, so wirkt an beiden die Reibkraft<br />

entgegen der jeweiligen Bewegungsrichtung.<br />

Bleibt ein Bauteil in Ruhe, obwohl eine Verschiebekraft<br />

F versucht, es auf seiner Unterlage zu verschieben,<br />

so tritt auch bei waagerechter Berührungsfläche<br />

eine Reibkraft FR auf. Diese ist zur<br />

Aufrechterhaltung des Gleichgewichts erforderlich.<br />

1.1.7.5 Rollkörper (gewölbte Stützflächen)<br />

Rollkörper können Radialkräfte und Tangentialkräfte<br />

aufnehmen.<br />

Die Radialkräfte wirken immer auf den Berührungspunkt<br />

am freigemachten Körper.<br />

(Regel 4)<br />

Zwischen Rollkörper und Unterlage wirkt eine<br />

Radialkraft F r. Ihre Wirklinie verläuft durch den<br />

Berührungspunkt und den Rollkörpermittelpunkt.<br />

Die Bezeichnungen „Radialkraft“ und „Normalkraft“<br />

sind gleichwertig, denn die Wirklinie der<br />

Radialkraft steht immer rechtwinklig (in Normalenrichtung)<br />

auf der Berührungstangente.<br />

Eine Tangentialkraft FT tritt am ruhenden Rollkörper<br />

nur unter den gleichen Bedingungen auf wie<br />

an Berührungsflächen (siehe Regel 3, Seite 13).<br />

Ihre Wirklinie ist die Tangente an den Rollkörper<br />

im Berührungspunkt und steht darum immer rechtwinklig<br />

zur Wirklinie der Radialkraft.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Beispiel 3:<br />

Der Körper wird durch die Verschiebekraft F<br />

auf der Unterlage verschoben.<br />

Im Beispiel 1, ohne Verschiebekraft F, hatten<br />

Gewichtskraft FG und Normalkraft FN eine<br />

gemeinsame Wirklinie. Das ist hier im Beispiel<br />

3 anders: F und FT ¼ FR bilden ein<br />

rechtsdrehendes Kräftepaar. Bei Gleichgewicht<br />

stellt sich dann das linksdrehende<br />

Kräftepaar aus FG und FN ein. Die Kraftmomente<br />

M beider Kräftepaare sind gleich<br />

groß und gegensinnig (SM ¼ 0).<br />

Beispiel:<br />

Eine Rolle ruht auf einer waagerechten Ebene<br />

und stützt eine waagerecht liegende Platte ab.<br />

Die Berührungspunkte A und B liegen rechtwinklig<br />

übereinander. Die Radialkräfte FrA<br />

und F rB haben eine gemeinsame Wirklinie<br />

und sind im Gleichgewicht. Es wirkt keine<br />

Tangentialkraft.


1.1 Grundlagen 15<br />

1.1.7.6 Einwertige Lager (Loslager)<br />

Einwertige Lager (Loslager) können nur eine<br />

rechtwinklig zur Stützfläche wirkende Kraft<br />

aufnehmen (Normalkraft).<br />

Sie wirkt auf den freigemachten Lagerpunkt<br />

zu.<br />

Wirkungsanalyse: Wirklinie der Lagerkraft<br />

bekannt, Betrag unbekannt (eine Unbekannte).<br />

(Regel 5)<br />

Einwertige Lager werden für Träger auf zwei Stützen<br />

verwendet, um die Wärmeausdehnung in<br />

Längsrichtung nicht zu behindern, z. B. an Brückenträgern<br />

und Wellen. Bei zweifach gelagerten<br />

Trägern muss ein Lager ein Loslager sein.<br />

1.1.7.7 Zweiwertige Lager (Festlager)<br />

Zweiwertige Lager (Festlager) können eine<br />

beliebig gerichtete Kraft aufnehmen.<br />

Beim Freimachen ersetzt man die noch unbekannte<br />

Lagerkraft durch zwei rechtwinklig aufeinander<br />

stehende Komponenten F x und F y.<br />

Wirkungsanalyse: Wirklinie der Lagerkraft unbekannt,<br />

Betrag unbekannt (zwei Unbekannte).<br />

(Regel 6)<br />

Träger auf zwei Stützen, Wellen und Achsen erhalten<br />

ein zweiwertiges Lager (Festlager), um eine<br />

unzulässige Längsverschiebung zu verhindern.<br />

Zweiwertige Lager erkennt man am sichersten<br />

durch die Bewegungsprobe:<br />

Verschiebt man die Stützfläche des einwertigen<br />

Lagers in tangentialer Richtung, bleibt das<br />

gelagerte Bauteil in Ruhe.<br />

Beim zweiwertigen Lager bewegt sich das<br />

gelagerte Bauteil bei jeder Verschiebung der<br />

Unterlage mit.<br />

Beispiel 1:<br />

Träger auf zwei Stützen<br />

Lager B ist einwertig, wie die Bewegungsprobe<br />

ergibt. Also wirkt eine Normalkraft FB<br />

rechtwinklig zur Stützfläche.<br />

Lager A ist zweiwertig (Bewegungsprobe).<br />

Die dort wirkende noch unbekannte Lagerkraft<br />

FA ersetzt man durch zwei rechtwinklig<br />

aufeinander stehende Komponenten Fx und<br />

Fy und legt den Richtungssinn für die spätere<br />

Rechnung nach Augenschein fest.<br />

Der zunächst angenommene Richtungssinn<br />

der Lagerkraftkomponenten Fx und Fy wird<br />

bei der späteren Berechnung durch ein positives<br />

Vorzeichen bestätigt. Ein negatives Vorzeichen<br />

für Fx oder Fy zeigt den entgegengesetzten<br />

Richtungssinn an.


16<br />

Beim einwertigen Lager wirkt in der Verschiebeebene<br />

(hier vertikal) offenbar keine Kraft; wohl<br />

aber wirkt immer eine Normalkraft (hier horizontal).<br />

Das zweiwertige Lager dagegen nimmt Kräfte<br />

aus jeder beliebigen Richtung auf, so dass hier im<br />

Gegensatz zu den Regeln 1 bis 5 beim Freimachen<br />

die Wirklinie der Lagerkraft nicht eindeutig festliegt.<br />

Da aber nach dem Parallelogrammsatz jede<br />

Kraft in zwei Komponenten zerlegt werden kann,<br />

hilft man sich wie bereits auf Seite 15 (1.1.7.7)<br />

erläutert: Man zeichnet auf zwei rechtwinklig<br />

zueinander stehenden Wirklinien die beiden Komponenten<br />

ein. Dabei wird versucht, deren Richtungssinn<br />

unter Berücksichtigung der übrigen<br />

Kräfte zu bestimmen. Darum empfiehlt es sich,<br />

das zweiwertige Lager zuletzt freizumachen.<br />

Wellen sollen Drehmomente weiterleiten und die<br />

Zahnrad- oder Riemenkräfte über Wälz- oder<br />

Gleitlager auf das Gehäuse übertragen. Eines der<br />

Lager ist konstruktiv als Festlager, das andere als<br />

Loslager ausgebildet.<br />

Beispiel 2:<br />

Tür mit Halslager A und Spurlager B<br />

Bewegungsprobe: B ist zweiwertig, A ist einwertig.<br />

Den Stützhaken bei A wegnehmen: Die Tür<br />

dreht nach rechts. Folglich muss FA nach<br />

links wirken. Den Stützhaken bei B wegnehmen:<br />

Die Tür dreht nach links. F Bx wirkt also<br />

nach rechts.<br />

Beispiel 3:<br />

Getriebewelle mit Loslager A, Festlager B<br />

Auf das Zahnrad der skizzierten Getriebewelle<br />

wirken die beiden Zahnkraftkomponenten F x und<br />

F y. Zahnrad und Welle sind drehfest miteinander<br />

verbunden, z. B. durch eine Passfeder. Die waagerechte<br />

Komponente Fx wird allein vom Festlager B<br />

aufgenommen (F x ¼ F Bx), denn das Loslager A ist<br />

in waagerechter Richtung im Gehäuse verschiebbar.<br />

Es kann nur Normalkräfte aufnehmen, hier die<br />

Lagerkraft F A. Beachte: Außer Fx und Fy wirkt noch die<br />

Umfangskraft Fz in Normalenrichtung zur<br />

Die Stützkräfte FA, FBx und FBy werden später mit<br />

Hilfe der drei statischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ¼ 0 (siehe Abschnitt<br />

1.2.5.3, Seite 44) berechnet.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Zeichenebene. Sie bewirkt die Drehung der<br />

Getriebewelle (siehe Lehrbeispiel Seite 371).


1.1 Grundlagen 17<br />

1.1.7.8 Dreiwertige Lager<br />

Dreiwertige Lager können eine beliebig gerichtete<br />

Kraft und ein Kraftmoment aufnehmen.<br />

Beim Freimachen ersetzt man die Lagerkraft<br />

durch zwei rechtwinklig aufeinander stehende<br />

Komponenten, das Kraftmoment durch den<br />

Momentendrehpfeil.<br />

Wirkungsanalyse: Wirklinie und Betrag der<br />

Lagerkraft unbekannt, Betrag des Kraftmoments<br />

(Einspannmoment) unbekannt (drei<br />

Unbekannte). (Regel 7)<br />

Beispiel:<br />

Eingespannter Freiträger<br />

Richtiges Freimachen ist die Voraussetzung für die richtige zeichnerische und rechnerische<br />

Lösung aller Statikaufgaben.<br />

Dabei hilft das systematische Vorgehen nach folgendem Arbeitsplan:<br />

Arbeitsplan zum Freimachen:<br />

Lageskizze des freizumachenden Bauteils zeichnen. 1. Schritt<br />

Kraftangriffspunkte (Berührungspunkte mit den Nachbarbauteilen) festlegen. 2. Schritt<br />

Wirklinien aller Kräfte nach den Regeln 1 bis 7 für das Freimachen einzeichnen. 3. Schritt<br />

Richtungssinn für alle Kraftpfeile nach den Regeln 1 bis 7 festlegen. 4. Schritt


18<br />

1.1.8 Ûbungen zum Freimachen<br />

1. Ûbung: Die skizzierte Leiter lehnt in A reibungsfrei<br />

am Mauerwerk und ist am Boden rutschfest<br />

gestützt. Beim Besteigen wird die Leiter mit<br />

der Gewichtskraft F G belastet. Die Leiter soll nach<br />

den besprochenen Regeln freigemacht werden,<br />

eine Aufgabe, die häufig Schwierigkeiten macht.<br />

Lösung: Nach dem Arbeitsplan wird zuerst die<br />

Lageskizze der Leiter gezeichnet und die Lagerpunkte<br />

A und B markiert. Das sind die Berührungsstellen<br />

derjenigen Mauerteile, die gedanklich<br />

weggenommen sind. Außerdem wird sofort die<br />

bekannte Gewichtskraft F G eingezeichnet.<br />

Nach dem Arbeitsplan sind nun die Wirklinien der<br />

Stützkräfte F A und F B einzuzeichnen. Bei zweifach<br />

gelagerten Bauteilen muss eines der beiden Lager<br />

einwertig sein. Das andere ist dann zweiwertig.<br />

Die Bewegungsprobe mit dem Mauerwerk um<br />

Punkt A zeigt, dass in einer Richtung keine Kräfte<br />

übertragen werden. Das ist das Kennzeichen eines<br />

einwertigen Lagers: Bei Verschiebungen parallel<br />

zur Leiter wird zwischen Mauer und Leiter keine<br />

Kraft übertragen, wenn die Reibung nicht berücksichtigt<br />

wird.<br />

Die Bewegungsprobe mit dem Mauerstück um B<br />

ergibt Lageveränderungen der Leiter in jeder Richtung.<br />

Das Lager ist zweiwertig und überträgt eine<br />

beliebig gerichtete Stützkraft mit x- und y-Komponenten.<br />

Das Ergebnis der Untersuchungen zeigt die vollständige<br />

Lageskizze der freigemachten Leiter. Die<br />

Wirklinie der Stützkraft F B an der zweiwertigen<br />

Lagerstelle ist nicht bekannt. Es können nur ihre<br />

x- und y-Komponenten eingetragen werden. Das<br />

ist für die zeichnerische oder rechnerische Lösung<br />

solcher Aufgaben ausreichend.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Aufgabenskizze<br />

Beachte: Immer zuerst die einwertige Lagerstelle<br />

suchen. Dort ist die Wirklinie der Stützkraft<br />

bekannt. Diese ist eine Normalkraft.<br />

Bewegungsprobe:<br />

keine Lageveränderung<br />

bei Parallelverschiebung<br />

des<br />

einwertigen Lagers.<br />

Lageveränderung bei<br />

beliebiger Verschiebung<br />

des zweiwertigen<br />

Lagers.


1.1 Grundlagen 19<br />

2. Ûbung: Der skizzierte Wanddrehkran ist in dem<br />

oberen Halslager A und dem unteren Spurlager B<br />

drehbar. An seinem Lastseil trägt er ein Werkstück,<br />

das ihn auf der eingezeichneten Wirklinie mit der<br />

Gewichtskraft F G belastet. Der Schwenkarm des<br />

Kranes soll nach dem Arbeitsplan von Seite 17<br />

freigemacht werden.<br />

Lösung: Man skizziert den Schwenkarm in der<br />

vorgegebenen Lage zunächst wieder ohne Kraftangriffspunkte,<br />

Wirklinien und Kraftpfeile.<br />

In diesem Fall ist die von dem Werkstück hervorgerufene<br />

Gewichtskraft F G bereits mit Angriffspunkt,<br />

Wirklinie und Richtungssinn bekannt. Man<br />

zeichnet darum den Kraftpfeil bereits ein, bevor<br />

nach dem Arbeitsplan weitergegangen wird.<br />

Nachbarbauteile des Schwenkarms sind Lager A<br />

(Loslager) und Lager B (Festlager).<br />

Die Bewegungsprobe für beide Lager ergibt: Das<br />

Halslager A ist einwertig (Regel 5, Seite 15), denn<br />

es kann mit seiner Unterlage nach oben und unten<br />

verschoben werden, ohne dass sich der Schwenkarm<br />

bewegt. Verschiebt man dagegen das Spurlager<br />

B, so bewegt sich der Schwenkarm bei jeder<br />

beliebigen Verschiebung mit; das Spurlager B ist<br />

zweiwertig und wird nach Regel 6 freigemacht.<br />

Bei zweifach gelagerten Bauteilen bestimmt man<br />

den Richtungssinn der Lagerkräfte auf folgende<br />

Weise: Wird das obere Lager weggenommen,<br />

dreht der Schwenkarm oben nach rechts. Die<br />

Lagerkraft FA verhindert dies.<br />

Wird aber nur das untere Lager weggenommen,<br />

dann dreht der Schwenkarm unten nach links und<br />

fällt außerdem nach unten. Beides müssen die<br />

Lagerkraftkomponenten F Bx und F By verhindern.<br />

Aufgabenskizze<br />

Die Kraftangriffspunkte A<br />

und B einzeichnen.<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

Die Wirklinie der Halslagerkraft FA liegt<br />

horizontal (Normalkraft), weil die Lagerfläche<br />

vertikal steht. Die Wirklinien der Komponenten<br />

der Spurlagerkraft FB werden in Richtung<br />

der Lagerachse und rechtwinklig dazu eingezeichnet.<br />

4. Schritt<br />

Auf der Wirklinie der Halslagerkraft FA einen<br />

nach links gerichteten Kraftpfeil einzeichnen,<br />

weil nur dann der Schwenkarm am Wegdrehen<br />

nach rechts gehindert werden kann.<br />

Auf der horizontalen Wirklinie von FBx einen<br />

nach rechts gerichteten und auf der vertikalen<br />

Wirklinie von FBy einen nach oben gerichteten<br />

Kraftpfeil einzeichnen.


20<br />

3. Ûbung: Der aufwärts fahrende Wagen eines<br />

Schrägaufzugs soll freigemacht werden.<br />

Hierbei ist zu beachten, dass der Wagen mitsamt<br />

seiner Ladung als Ganzes freizumachen ist und<br />

nicht seine Einzelteile. Sonst müsste es z. B.<br />

heißen: Der Tragrahmen des Wagens ist freizumachen.<br />

Lösung: Man skizziert den Wagen in seiner<br />

augenblicklichen, schräg stehenden Betriebslage,<br />

und zwar zunächst wieder ohne Festlegung der<br />

Kraftangriffspunkte, Wirklinien und Kraftpfeile.<br />

Hier muss die Gewichtskraft F G berücksichtigt<br />

werden, sonst könnten zwischen dem Wagen und<br />

seinen Nachbarbauteilen keine Kräfte wirken.<br />

Im Zughaken ist das Seil eingehängt, die Räder<br />

berühren die Fahrbahn. Seil und Fahrbahn sind die<br />

Nachbarbauteile des Wagens.<br />

Die Gewichtskraft F G wirkt immer auf der Lotrechten.<br />

Am Zughaken wird nach Regel 1 freigemacht,<br />

denn dort ist ein Seil weggenommen. Die<br />

Räder werden nach Regel 4 (Seite 14) für Rollkörper<br />

freigemacht. Da der Wagen rollt, wirken an<br />

beiden Rädern Radial- und Tangentialkräfte.<br />

Die Gewichtskraft F G wirkt immer nach unten.<br />

Die Seilkraft F zieht am Zughaken. Die Radialkräfte<br />

Fr sind auf die Räder zu gerichtet. Die Tangentialkräfte<br />

F T versuchen den Wagen zu bremsen,<br />

weil er schneller ist als die ruhende Fahrbahn.<br />

Aufgaben Nr. 9–28<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Aufgabenskizze<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

In der Skizze den Schwerpunkt S des Wagens,<br />

den Zughaken und die Auflagepunkte A und B<br />

der beiden Räder als Kraftangriffspunkte<br />

kennzeichnen.<br />

3. Schritt<br />

Durch den Schwerpunkt S die lotrechte Wirklinie<br />

der Gewichtskraft FG zeichnen. Die<br />

Wirklinie der Seilkraft liegt in Seilrichtung.<br />

Die Wirklinien der Radialkräfte verlaufen<br />

durch die Berührungs- und Radmittelpunkte,<br />

die der Tangentialkräfte rechtwinklig dazu.<br />

4. Schritt<br />

Die Kraftpfeile einzeichnen:<br />

FG nach unten, F als Zugkraft vom Zughaken<br />

weg, Fr nach links oben und FT der Bewegung<br />

des Wagens entgegen nach links unten.


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 21<br />

1.2 Die Grundaufgaben der Statik<br />

1.2.1 Zentrales und allgemeines Kräftesystem<br />

Unter einem Kräftesystem versteht man beliebig<br />

viele Kräfte, die gleichzeitig an einem Bauteil wirken.<br />

Ein zentrales Kräftesystem liegt vor, wenn sich die<br />

Wirklinien aller Kräfte in einem gemeinsamen<br />

Punkt schneiden. Man nennt diesen Schnittpunkt<br />

den Zentralpunkt A des Kräftesystems. Nach dem<br />

Längsverschiebungssatz können alle Kräfte des<br />

Systems auf ihren Wirklinien in diesen Zentralpunkt<br />

verschoben werden. Ein zentrales Kräftesystem<br />

kann einen Körper nur verschieben, aber nicht<br />

drehen.<br />

Ein allgemeines Kräftesystem besteht aus Kräften,<br />

deren Wirklinien mehr als einen Schnittpunkt miteinander<br />

haben.<br />

Allgemeine Kräftesysteme können genauso wie<br />

zentrale Kräftesysteme einen Körper verschieben.<br />

Sie können ihn aber außerdem drehen oder beide<br />

Bewegungen gleichzeitig hervorrufen.<br />

1.2.2 Die zwei Hauptaufgaben<br />

1. Hauptaufgabe: In einem Kräftesystem sind alle<br />

Kräfte nach Betrag, Lage und Richtungssinn bekannt.<br />

Um eine Aussage über die Wirkung des Kräftesystems<br />

auf ein Bauteil machen zu können<br />

(z. B. Verschiebung), müssen die resultierende<br />

Kraft F r und das resultierende Kraftmoment M r<br />

ermittelt werden.<br />

2. Hauptaufgabe: In einem Kräftesystem, das<br />

sich im Gleichgewicht befindet, ist nur ein Teil der<br />

Kräfte bekannt.<br />

Um eine Festigkeitsrechnung an einem Bauteil<br />

ausführen zu können, müssen die noch unbekannten<br />

Kräfte ermittelt werden.<br />

Zentrales Kräftesystem<br />

Allgemeines Kräftesystem<br />

bekannt: F 1, F 2, F 3<br />

gesucht: Fr, Mr<br />

bekannt: F1, F2, F3<br />

gesucht: FAx, FAy, FB


22<br />

1.2.3 Die zwei Lösungsmethoden<br />

Jede der beiden Hauptaufgaben ist auf zweierlei<br />

Weise lösbar: rechnerisch und zeichnerisch.<br />

Die rechnerische Lösung erfordert<br />

a) eine unmaßstäbliche Lageskizze, die alle Kräfte<br />

als Kraftpfeile sowie alle erforderlichen Längenmaße<br />

und Winkel – insbesondere die zwischen<br />

den Wirklinien der Kräfte und einer Bezugsachse<br />

– enthalten muss, und<br />

b) den rechnerischen Ansatz in Form einer Gleichung<br />

oder eines Gleichungssystems, das aus<br />

der Lageskizze entwickelt wird.<br />

Die zeichnerische Lösung erfordert<br />

a) einen maßstäblich aufgezeichneten Lageplan,<br />

der das Bauteil (meist in vereinfachter Darstellung)<br />

mit allen, ebenfalls maßstäblich eingezeichneten<br />

Wirklinien darstellt, und<br />

b) einen Kräfteplan, der alle Kräfte maßstabs- und<br />

richtungsgerecht enthält.<br />

Hinweis: Bei der rechnerischen Lösung kann<br />

man „analytisch“ vorgehen (analytische Methode)<br />

oder Kraftecke „trigonometrisch“ auswerten.<br />

Zur analytischen Lösung legt man<br />

die Kraftpfeile in ein rechtwinkliges Achsenkreuz<br />

und arbeitet mit ihren Komponenten<br />

(x- und y-Komponenten). Meist wird das<br />

Gleichungssystem aus den drei Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0, SFy ¼ 0,<br />

SM ¼ 0für ebene Kräftesysteme entwickelt.<br />

Hinweis: Lageplan und Kräfteplan werden<br />

stets auf einem Blatt aufgezeichnet.<br />

Längen- und Kräftemaßstab werden so gewählt,<br />

dass die Pläne nicht zu klein werden.<br />

Der Lageplan wird zuerst gezeichnet, und<br />

daraus wird der Kräfteplan durch Parallelverschiebung<br />

der Wirklinien aus dem Lageplan<br />

in den Kräfteplan entwickelt.<br />

Zeichnen Sie immer zwei getrennte Pläne!<br />

1.2.4 Die vier Grundaufgaben der Statik im zentralen ebenen Kräftesystem<br />

1.2.4.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden (erste Grundaufgabe)<br />

Aufgabe: Ein zentrales Kräftesystem besteht aus<br />

den Kräften F1 ¼ 15 N, F2 ¼ 40 N und<br />

F 3 ¼ 30 N. Die zugehörigen Richtungswinkel sind<br />

a1 ¼ 30 , a2 ¼ 135 und a3 ¼ 280 .<br />

Zu berechnen sind der Betrag der Resultierenden<br />

F r und ihr Richtungswinkel ar nach der analytischen<br />

Methode, d. h. durch Kräftezerlegung im<br />

rechtwinkligen Koordinatensystem mit den vier<br />

Quadranten I, II, III und IV.<br />

Vorüberlegung: Der rechnerischen Lösung dieser<br />

Aufgabe liegen folgende Gedanken zugrunde:<br />

Jede Kraft wird in die beiden rechtwinklig aufeinander<br />

stehenden Komponenten in Richtung der<br />

Achsen des rechtwinkligen Achsenkreuzes zerlegt.<br />

Als Bezugswinkel für die Wirklinie der Kräfte<br />

wird stets der Winkel a verwendet, den die Kraft<br />

Aufgabenskizze<br />

1 Statik in der Ebene


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 23<br />

mit der positiven x-Achse einschließt, und zwar im<br />

positiven Linksdrehsinn von 0 bis þ360 (Richtungswinkel).<br />

Man erhält dann Berechnungsgleichungen,<br />

die immer wieder in derselben Form gebraucht<br />

werden können.<br />

Den Richtungssinn der Kraftkomponenten F x und<br />

F y zeigt der Rechner durch das Vorzeichen im<br />

Ergebnis an. Das negative Vorzeichen für eine<br />

x-Komponente zeigt den Richtungssinn „nach<br />

links“, für eine y-Komponente „nach unten“ an.<br />

Die Gleichungen zur Berechnung der rechtwinklig<br />

aufeinander stehenden Komponenten werden in<br />

der allgemeinen Form geschrieben. Der Buchstabe<br />

n steht für den Index 1, 2, 3, ... der Kräfte F und<br />

ihrer Richtungswinkel a.<br />

Die x-Komponenten F nx sind die Produkte aus den<br />

Kraftbeträgen F n und dem Kosinus der Richtungswinkel<br />

an. Bei den y-Komponenten tritt an die<br />

Stelle der Kosinusfunktion die Sinusfunktion.<br />

Die Summe der x-Komponenten der Einzelkräfte<br />

ist die x-Komponente F rx der gesuchten Resultierenden<br />

(Frx ¼ SFnx). Gleiches gilt für die y-Komponente<br />

F ry der Resultierenden (Fry ¼ SFny).<br />

Wird immer der Richtungswinkel eingesetzt, zum<br />

Beispiel a2 ¼ 135 , braucht man sich nicht um<br />

den Richtungssinn der Komponenten zu kümmern.<br />

Der Rechner nimmt das jeweilige Vorzeichen bei<br />

der Addition mit.<br />

Weil die beiden Komponenten F rx und F ry rechtwinklig<br />

aufeinander stehen, kann mit dem Lehrsatz<br />

des Pythagoras der Betrag F r der Resultierenden<br />

berechnet werden, denn F r ist die Diagonale<br />

des rechtwinkligen Kraftecks aus F rx, F ry und F r.<br />

Die Komponenten einer unter dem Richtungswinkel<br />

a geneigten Kraft sind:<br />

Fx ¼ F cos a Fy ¼ F sin a<br />

Beispiel: Nach der Aufgabenskizze schließt<br />

die Kraft F 2 ¼ 40 N mit der positiven x-Achse<br />

den Richtungswinkel a2 ¼ 135 ein. Dazu<br />

liefert der Rechner:<br />

F2x ¼ F2 cos a2 ¼ 40 N cos 135 ¼ 28,28 N<br />

F2y ¼ F2 sin a2 ¼ 40 N sin 135 ¼þ28,28 N<br />

Die Kraftkomponente F2x wirkt nach links,<br />

F2y wirkt nach oben.<br />

Fnx ¼ Fn cos an<br />

Berechnung der x-Komponenten<br />

Fny ¼ Fn sin an<br />

Berechnung der y-Komponenten<br />

Frx ¼ SFnx<br />

Frx ¼ F1 cos a1 þF2 cos a2 þ...þFn cos an<br />

x-Komponente der Resultierenden F r<br />

Fry ¼ SFny<br />

Fry ¼ F1 sin a1 þF2 sin a2 þ...þFn sin an<br />

y-Komponente der Resultierenden Fr<br />

Fr ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Frx 2 þ Fry 2<br />

q<br />

Betrag der Resultierenden Fr


24<br />

Der Richtungswinkel ar der Resultierenden kann<br />

nicht auf direktem Weg ermittelt werden. Man<br />

braucht erst den spitzen Winkel b r, den die Wirklinie<br />

der Resultierenden F r mit der x-Achse einschließt.<br />

Es ist gleichgültig, in welchem Quadranten<br />

die Resultierende liegt. Dieser spitze Winkel b r<br />

kann im rechtwinkligen Dreieck mit der Tangensfunktion<br />

ermittelt werden, denn die beiden Katheten<br />

F rx und F ry sind jetzt bekannt.<br />

Damit sich keine negativen Winkel ergeben, darf<br />

nur mit den Beträgen gerechnet werden.<br />

Je nach Lage der Resultierenden Fr im rechtwinkligen<br />

Achsenkreuz ergeben sich folgende Gleichungen<br />

zur Berechnung des Richtungswinkels ar.<br />

F r liegt im I. Quadranten:<br />

In diesem Fall ist der Richtungswinkel ar gleich<br />

dem spitzen Winkel b r zwischen der positiven<br />

x-Achse und der Wirklinie der Resultierenden. Die<br />

Resultierende Fr liegt nur dann im I. Quadranten,<br />

wenn die Komponentenberechnung ergibt:<br />

Frx ! positives Vorzeichen ðFrx 0Þ<br />

Fry ! positives Vorzeichen ðFry 0Þ<br />

Fr liegt im II. Quadranten:<br />

Der spitze Winkel br liegt zwischen der negativen<br />

x-Achse und der Wirklinie der Resultierenden. Die<br />

Resultierende Fr liegt nur dann im II. Quadranten,<br />

wenn die Komponentenberechnung ergibt:<br />

Frx ! negatives Vorzeichen ðFrx < 0Þ<br />

Fry ! positives Vorzeichen ðFry 0Þ<br />

Fr liegt im III. Quadranten:<br />

Der spitze Winkel br liegt zwischen der negativen<br />

x-Achse und der wirklinie der Resultierenden.<br />

Die Resultierende Fr liegt nur dann im III. Quadranten,<br />

wenn die Komponentenberechnung ergibt:<br />

Frx ! negatives Vorzeichen ðFrx < 0Þ<br />

Fry ! negatives Vorzeichen ðFry < 0Þ<br />

tan b r ¼ jFryj<br />

jFrxj<br />

b r ¼ arctan jFryj<br />

jFrxj<br />

ar ¼ b r<br />

ar ¼ arctan jFryj<br />

jFrxj<br />

ar ¼ 180 b r<br />

ar ¼ 180 arctan jFryj<br />

jFrxj<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Hinweis: Die Größen<br />

Fry und Frx stehen in<br />

sogenannten Betragsstrichen,<br />

d. h. es sind<br />

nur die Beträge (ohne<br />

Vorzeichen) einzusetzen.<br />

ar ¼ 180 þ b r<br />

ar ¼ 180 þ arctan jFryj<br />

jFrxj


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 25<br />

F r liegt im IV. Quadranten:<br />

Der spitze Winkel b r liegt zwischen der positiven<br />

x-Achse und der Wirklinie der Resultierenden.<br />

Die Resultierende F r liegt nur dann im IV. Quadranten,<br />

wenn die Komponentenberechnung ergibt:<br />

Frx ! positives Vorzeichen ðFrx 0Þ<br />

Fry ! negatives Vorzeichen ðFry < 0Þ<br />

Lösung: Zu berechnen ist die Resultierende Fr des<br />

gegebenen Kräftesystems. Zuerst werden die gegebenen<br />

Beträge der Kräfte F 1, F 2 und F 3 und ihre<br />

Richtungswinkel a 1, a 2 und a 3 aufgeschrieben.<br />

Zur Berechnung der Komponenten F rx und F ry der<br />

Resultierenden F r werden die Produktsummen gebildet.<br />

Die gegebenen und berechneten Größen können<br />

auch in eine Tabelle eingetragen werden. Durch<br />

Addition der Spalten für F nx und F ny erhält man<br />

die beiden Komponenten F rx und F ry der Resultierenden<br />

F r.<br />

n Fn an Fnx ¼ Fn cos an Fny ¼ Fn sin an<br />

1 15N 30 þ12,99 N þ 7,50 N<br />

2 40 N 135 28,28 N þ28,28 N<br />

3 30 N 280 þ 5,21 N 29,54 N<br />

Frx ¼ 10,08 N Fry ¼þ 6,24 N<br />

Der Betrag der Resultierenden wird mit dem Lehrsatz<br />

des Pythagoras berechnet.<br />

ar ¼ 360 b r<br />

ar ¼ 360 arctan jFryj<br />

jFrxj<br />

Gegeben:<br />

F1 ¼ 15 N a1 ¼ 30<br />

F2 ¼ 40 N a2 ¼ 135<br />

F3 ¼ 30 N a3 ¼ 280<br />

Frx ¼ð15 cos 30 þ 40 cos 135 þ<br />

þ 30 cos 280 Þ N<br />

Frx ¼ 10,08 N<br />

Fry ¼ð15 sin 30 þ 40 sin 135 þ<br />

þ 30 sin 280 Þ N<br />

Fry ¼þ6,24 N<br />

Fr ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Frx 2 þ Fry 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

¼ ð 10,08 NÞ 2 þð6,24 NÞ 2<br />

q<br />

Fr ¼ 11,855 N


26<br />

Die x-Komponente F rx der Resultierenden hat das<br />

negative Vorzeichen, die y-Komponente F ry hat<br />

das positive Vorzeichen. Die Resultierende Fr liegt<br />

also im II. Quadranten. Damit liegt die Gleichung<br />

zur Berechnung des Richtungswinkels ar der<br />

Resultierenden fest.<br />

ar ¼ 180 arctan jFryj<br />

jFrxj<br />

ar ¼ 180<br />

6,24 N<br />

arctan<br />

10,08 N<br />

ar ¼ 180 31,76<br />

ar ¼ 148,24<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung der Resultierenden:<br />

Lageskizze mit allen gegebenen Kräften unmaßstäblich in ein rechtwinkliges<br />

Koordinatensystem eintragen.<br />

Gegebene Kraftbeträge F1; F2; F3 ...und Richtungswinkel a1; a2; a3 ...aufschreiben.<br />

Richtungswinkel von der positiven x-Achse von 0<br />

Linksdrehsinn festlegen.<br />

bis 360 im<br />

Mit den Kraftbeträgen und Richtungswinkeln die Komponenten Frx und Fry<br />

der Resultierenden Fr berechnen.<br />

Betrag der Resultierenden Fr aus den Komponenten Frx und Fry berechnen<br />

(Pythagoras).<br />

Aus den Vorzeichen für die Komponenten F rx und F ry den Quadranten für<br />

die Resultierende F r feststellen.<br />

1.2.4.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden (zweite Grundaufgabe)<br />

Aufgabe: Das gleiche zentrale Kräftesystem wie<br />

in der vorhergehenden Aufgabe soll nun zeichnerisch<br />

reduziert werden. Zur Ermittlung der Resultierenden<br />

F r und ihres Richtungswinkels ar muss<br />

maßstäblich in einem Lageplan und in einem Kräfteplan<br />

gearbeitet werden.<br />

Die Aufgabenskizze zeigt die gegebenen Kräfte,<br />

nachdem sie auf ihren Wirklinien in den gemeinsamen<br />

Zentralpunkt A verschoben wurden.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

5. Schritt<br />

Richtungswinkel ar der Resultierenden F r berechnen. 6. Schritt<br />

Aufgabenskizze


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 27<br />

Lösung: Zuerst wird ein Lageplan gezeichnet.<br />

Grundlage dafür ist ein rechtwinkliges Achsenkreuz,<br />

dessen Schnittpunkt der Zentralpunkt A des<br />

Kräftesystems ist. Durch diesen Zentralpunkt<br />

werden mit den gegebenen Richtungswinkeln<br />

a1 ¼ 30 , a2 ¼ 135 und a3 ¼ 280 die Wirklinien<br />

aller gegebenen Kräfte gelegt.<br />

Je genauer im Lageplan die Winkel angetragen<br />

sind, desto genauer wird das Ergebnis.<br />

Für den Kräfteplan wird ein Anfangspunkt A festgelegt<br />

und durch ihn eine Parallele zu einer der<br />

drei Kräfte (hier F 3) gezeichnet. Der Kräfteplan<br />

wird weiterentwickelt, indem in gleicher Weise<br />

durch Parallelverschiebung die übrigen Kräfte in<br />

beliebiger Reihenfolge maßstabsgerecht und richtungsgemäß<br />

sich so aneinander reihen, dass sich<br />

ein fortlaufender, offener Kräftezug mit dem Endpunkt<br />

E ergibt.<br />

Die Resultierende F r ist die Verbindungslinie<br />

zwischen Anfangspunkt A und Endpunkt E des<br />

Kräftezugs. Ihr Richtungssinn weist vom Anfangspunkt<br />

zum Endpunkt.<br />

Aus der Länge der Verbindungslinie von A nach E<br />

kann mit Hilfe des festgelegten Kräftemaßstabs<br />

der Betrag der Resultierenden berechnet werden.<br />

Die Resultierende wird nun aus dem Kräfteplan<br />

parallel in den Zentralpunkt A des Lageplans verschoben<br />

und der Richtungswinkel ar abgelesen.<br />

Jetzt steht fest, wie sich der Körper unter der Einwirkung<br />

der gegebenen Kräfte verhält, d. h. ob<br />

und in welcher Richtung er sich verschiebt. Zugleich<br />

erkennt man, welche zusätzliche Kraft (hier<br />

F4) im Zentralpunkt A wirken müsste, wenn<br />

Gleichgewicht hergestellt werden soll.<br />

Aufgaben Nr. 29–48<br />

Lageplan<br />

Gemessen wird für Fr: Lr ¼ 1,2 cm<br />

Damit wird<br />

Fr ¼ L rMK ¼ 1,2 cm 10 N<br />

cm<br />

Fr ¼ 12 N.<br />

Kräfteplan<br />

Kräftemaßstab:<br />

MK ¼ 10 N<br />

cm<br />

ð1 cm¼b 10 NÞ<br />

Im Lageplan wird der Richtungswinkel gemessen:<br />

ar ¼ 148 .<br />

Ergebnis:<br />

Die Resultierende wirkt mit 12 N unter einem<br />

Winkel von 148 zur positiven x-Achse nach<br />

links oben.<br />

Unter der Wirkung der Kräfte F1, F2 und F3<br />

verschiebt sich der Körper unter 148 zur<br />

positiven x-Achse so nach links oben, als ob<br />

eine Kraft von 12 N allein auf ihn einwirken<br />

würde.<br />

Um den Körper im Gleichgewicht zu halten,<br />

müsste man auf der Wirklinie von Fr mit<br />

12 N nach rechts unten ziehen (im Lageplan<br />

gestrichelt eingezeichnete Gleichgewichtskraft<br />

F4).


28<br />

Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung der Resultierenden:<br />

Lageplan mit den Wirklinien aller Kräfte winkelgetreu in ein rechtwinkliges 1. Schritt<br />

Achsenkreuz einzeichnen.<br />

Im Kräfteplan die gegebenen Kräfte entsprechend dem gewählten Kräfte- 2. Schritt<br />

maßstab MK in beliebiger Reihenfolge maßstäblich aneinander reihen.<br />

Anfangs- und Endpunkt des Kräftezuges verbinden, Richtungssinn eintra- 3. Schritt<br />

gen.<br />

Resultierende Fr in den Zentralpunkt des Lageplans übertragen. 4. Schritt<br />

Ergebnisse abmessen (Betrag und Richtungswinkel). 5. Schritt<br />

1.2.4.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Kräfte (dritte Grundaufgabe),<br />

die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

Aufgabe: Dasselbe Kräftesystem wie in der ersten<br />

und zweiten Grundaufgabe mit den bekannten<br />

Kräften F1, F2 und F3 soll jetzt durch zwei Kräfte<br />

(F4 und F5) ins Gleichgewicht gesetzt werden. Die<br />

Kräfte F4 und F5 sind nach der analytischen<br />

Methode zu ermitteln.<br />

Lösung: Man zeichnet eine unmaßstäbliche Lageskizze<br />

mit allen Kräften. Für die Kräfte F 4 und F 5<br />

ist nur die Lage ihrer Wirklinien im rechtwinkligen<br />

Achsenkreuz (a4 ¼ 15 , a5 ¼ 60 ) bekannt. Für<br />

den Richtungssinn der beiden Kräfte F 4 und F 5<br />

wird folgende Richtungsannahme festgelegt (Richtungsregel):<br />

Der Richtungssinn einer gesuchten Kraft wird<br />

beliebig festgelegt.<br />

Ob die Richtungsannahme richtig oder falsch war,<br />

stellt sich bei der späteren Rechnung heraus:<br />

Haben die gesuchten Kräfte ein positives Vorzeichen,<br />

war die Richtungsannahme richtig. Das<br />

negative Vorzeichen zeigt, dass die Richtungsannahme<br />

falsch war. Diese Kraft wirkt in Wirklichkeit<br />

in entgegengesetzter Richtung.<br />

Aufgabenskizze<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Lageskizze zur rechnerischen Lösung<br />

(angenommener Richtungssinn für<br />

F4 und F5 im I. Quadrant)


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 29<br />

Die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

sind:<br />

Ein zentrales Kräftesystem ist im Gleichgewicht,<br />

wenn<br />

die Summe aller Kräfte in x-Richtung<br />

und<br />

die Summe aller Kräfte in y-Richtung gleich<br />

null ist.<br />

Setzt man die Summe aller Kräfte oder Kraftkomponenten<br />

in beiden Richtungen des rechtwinkligen<br />

Koordinatensystems gleich null, erhält man ein<br />

Gleichungssystem (I und II), das nach den beiden<br />

Unbekannten F 4 und F 5 aufgelöst werden kann.<br />

Der Betrag für F 5 hat ein negatives Vorzeichen,<br />

das heißt, der angenommene Richtungssinn war<br />

falsch. Der errechnete Betrag ist richtig, nur wirkt<br />

die Kraft im entgegengesetzten Sinn als angenommen.<br />

(Pfeilrichtung im Lageplan umkehren)<br />

Hat die zuerst errechnete Kraft ein Minus-Vorzeichen<br />

(hier F 5), muss es in der weiteren Rechnung<br />

mitgeführt werden.<br />

Um Gleichgewicht zu erreichen, muss auf den vorgegebenen<br />

Wirklinien die Kraft F4 mit 16,76 N<br />

nach rechts oben, die Kraft F 5 mit 12,21 N nach<br />

links unten wirken.<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ SFnx þ F4 cos a4 þ F5 cos a5<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ SFny þ F4 sin a4 þ F5 sin a5<br />

Beide Gleichungen nach F4 aufgelöst und<br />

gleichgesetzt ergibt eine Gleichung für F5:<br />

I. F4 ¼ SFnx F5 cos a5<br />

cos a4<br />

II. F4 ¼ SFny F5 sin a5<br />

sin a4<br />

SFnx sin a4 F5 cos a5 sin a4 ¼<br />

¼ SFny cos a4 F5 sin a5 cos a4<br />

F5ðcos a5 sin a4 sin a5 cos a4Þ ¼<br />

¼ SFny cos a4 SFnx sin a4<br />

F5 ¼ SFny cos a4 SFnx sin a4<br />

cos a5 sin a4 sin a5 cos a4<br />

(SFny ¼ 6,24 N von Seite 25)<br />

6,24 N cos 15 ð 10,08 NÞ sin 15<br />

F5 ¼<br />

cos 60 sin 15 sin 60 cos 15<br />

F5 ¼ 12,21 N<br />

Mit F5 kann nun F4 nach Gleichung I bestimmt<br />

werden (Minus-Vorzeichen mitnehmen):<br />

F4 ¼ SFnx F5 cos a5<br />

cos a4<br />

(SFnx ¼ 10,08 N von Seite 25)<br />

F4 ¼<br />

ð 10,08 NÞ ð 12,21 NÞ cos 60<br />

cos 15<br />

F4 ¼ 16,76 N<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung unbekannter Kräfte:<br />

Lageskizze mit allen gegebenen und gesuchten Kräften zeichnen, dabei den 1. Schritt<br />

Richtungssinn der gesuchten Kräfte nach der Richtungsregel annehmen.<br />

Gleichgewichtsbedingungen ansetzen (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0). 2. Schritt<br />

Gleichungssystem auflösen und unbekannte Kräfte berechnen. 3. Schritt<br />

Bei negativem Betrag für eine berechnete Kraft zum Schluss den angenommenen<br />

Richtungssinn umkehren.<br />

4. Schritt


30<br />

Lehrbeispiel: Rechnerische Bestimmung der Resultierenden Fr eines zentralen<br />

Kräftesystems<br />

Gegebene Kräfte und Winkel nach Tabelle.<br />

–x<br />

II<br />

III<br />

n Fn an Fnx ¼ Fn cos an Fny ¼ Fn sin an<br />

1 20N 20 þ18,794 N þ 6,840 N<br />

2 40N 75 þ10,353 N þ38,637 N<br />

3 50 N 150 43,301 N þ25,0 N<br />

4 80 N 270 80,0 N<br />

5 45 N 290 þ15,391 N 42,286 N<br />

6 35 N 350 þ34,468 N 6,078 N<br />

F 3<br />

Lageskizze<br />

α r<br />

F 4<br />

+y<br />

–y<br />

F 5<br />

F 2<br />

F 6<br />

F r<br />

Frx ¼þ35,705 N Fry ¼ 57,886 N<br />

F 1<br />

Nun kann Fr berechnet werden:<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Fr ¼ Frx 2 þ Fry 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

¼ ðþ35,705 NÞ 2 þð 57,886 NÞ 2<br />

q<br />

¼ 68,01 N<br />

I<br />

IV<br />

+x<br />

Frx ¼ SFnx ¼ F1x þ F2x þ F3x þ ...þ F6x ¼þ35,705 N<br />

Fry ¼ SFny ¼ F1y þ F2y þ F3y þ ...þ F6y ¼ 57,886 N<br />

F rx hat ein positives Vorzeichen, F ry ein negatives Vorzeichen. Damit liegt die Gleichung zur Berechnung<br />

des Richtungswinkels ar fest:<br />

ar ¼ 360 arctan jFry j<br />

jFrx j<br />

57,866 N<br />

¼ 360 arctan ¼ 301,7<br />

35,705 N<br />

1 Statik in der Ebene


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 31<br />

Lehrbeispiel: Zeichnerische Bestimmung der Resultierenden Fr eines zentralen<br />

F 3<br />

Lösung:<br />

Kräftesystems<br />

F 1<br />

–x +x<br />

F6 Gegebene Kräfte und Winkel wie im<br />

vorhergehenden Lehrbeispiel:<br />

Kräfte Richtungs- spitzer Winkel<br />

winkel a zur x-Achse<br />

F1 ¼ 20 N a1 ¼ 20 b 1 ¼ 20<br />

F2 ¼ 40 N a2 ¼ 75 b 2 ¼ 75<br />

F3 ¼ 50 N a3 ¼ 150 b 3 ¼ 30<br />

F4 ¼ 80 N a4 ¼ 270 b 4 ¼ 90<br />

F5 ¼ 45 N a5 ¼ 290 b 5 ¼ 70<br />

F6 ¼ 35 N a6 ¼ 350 b 6 ¼ 10<br />

Die Wirklinien der Kräfte F1 ...F6 werden unter den gegebenen Winkeln in den Lageplan eingezeichnet.<br />

Anschließend werden im Kräfteplan durch Parallelverschiebung der Wirklinien die Kräfte F1 ...F6 in beliebiger<br />

Reihenfolge maßstabsgerecht aneinander gereiht. Die Resultierende Fr ist dann der Pfeil vom Anfangspunkt<br />

A der ersten Kraft zum Endpunkt E der letzten Kraft.<br />

+y<br />

Lageplan Kräfteplan<br />

WL 3<br />

β 3<br />

F g<br />

α5<br />

α 4<br />

α 6<br />

+y<br />

α 3<br />

–y<br />

–y<br />

F 4<br />

F 2<br />

F 5<br />

α 2<br />

α 1<br />

–x +x<br />

β 4<br />

WL 4<br />

WL 2<br />

β 5<br />

WL 5<br />

βr<br />

β 2<br />

β 6<br />

WL 1<br />

F r<br />

β 1<br />

WL 6<br />

Kräftemaßstab:<br />

MK ¼ 25 N<br />

cm<br />

ð1 cm¼b 25 NÞ<br />

Ergebnis:<br />

Fr ¼ 2,7 cm 25 N<br />

cm<br />

br ¼ 58<br />

¼ 67,5 N<br />

Damit sind die Resultierende Fr ¼ 67,5 N und br ¼ 58 bestimmt und Fr kann in den Lageplan übertragen<br />

werden.<br />

(Die Gleichgewichtskraft Fg ist gleich Fr, nur entgegengesetzt gerichtet.)<br />

F 4<br />

F 5<br />

F 3<br />

A<br />

β r<br />

F 1<br />

F 6<br />

F 2<br />

F r<br />

E


32<br />

1.2.4.4 Zeichnerische Ermittlung unbekannter Kräfte (vierte Grundaufgabe),<br />

die zeichnerische Gleichgewichtsbedingung<br />

Aufgabe: Dieselben Gleichgewichtskräfte F 4 und<br />

F 5 wie in der vorhergehenden Aufgabe (dritte<br />

Grundaufgabe) sollen nun zeichnerisch ermittelt<br />

werden (Betrag und Richtungssinn). Auch hier<br />

sind die Wirklinien bekannt: F 4 und F 5 schließen<br />

mit der positiven x-Achse die Winkel a4 ¼ 15<br />

und a5 ¼ 60 ein.<br />

Vorüberlegung: Ein Körper kann nur dann im<br />

Gleichgewicht sein, wenn die Resultierende aller<br />

an ihm wirkenden Kräfte gleich null ist. Das bedeutet,<br />

dass im Kräfteplan Anfangspunkt und Endpunkt<br />

des Kräftezuges zusammenfallen. Es ergibt<br />

sich ein geschlossener Kräftezug.<br />

Lösung: Wie in der zweiten Grundaufgabe wird<br />

ein Lageplan gezeichnet. Grundlage ist auch hier<br />

wieder ein rechtwinkliges Achsenkreuz, dessen<br />

Schnittpunkt der Zentralpunkt A des Kräftesystems<br />

ist. Durch diesen Punkt legt man die Wirklinien<br />

aller Kräfte, also auch die Wirklinien der noch<br />

unbekannten Gleichgewichtskräfte F 4 und F 5.<br />

Aufgabenskizze<br />

Lageplan mit allen Wirklinien<br />

1 Statik in der Ebene


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 33<br />

Für den Kräfteplan wird der Anfangspunkt A und<br />

der Kräftemaßstab festgelegt.<br />

Man legt eine Parallele zu einer der Wirklinien der<br />

bekannten Kräfte durch den Anfangspunkt A des<br />

Kräfteplans und zeichnet dort die entsprechende<br />

Kraft mit der maßstabsgerechten Länge ein (z. B.<br />

F 1). In gleicher Weise wird mit den übrigen bekannten<br />

Kräften verfahren, und man erhält wieder<br />

einen offenen Kräftezug von A nach E 0 . Zur Wirklinie<br />

einer der beiden unbekannten Kräfte F4 oder<br />

F 5 wird eine Parallele durch den Punkt E 0 des<br />

Kräfteplans gelegt, die dort den Kräftezug fortsetzen<br />

soll.<br />

Zur Wirklinie der anderen unbekannten Kraft wird<br />

eine Parallele durch den Anfangspunkt A des Kräftezugs<br />

gezeichnet. Die beiden zuletzt gezeichneten<br />

Linien schneiden sich in einem Punkt. Sie bilden<br />

dadurch gemeinsam mit den gegebenen Kräften<br />

ein geschlossenes Krafteck.<br />

Der Schnittpunkt der Parallelen zu den Wirklinien<br />

von F 4 und F 5 bestimmt im Kräfteplan die Länge<br />

der Kraftpfeile F 4 und F 5. Mit Hilfe des Kräftemaßstabs<br />

werden die Beträge der beiden Kräfte<br />

berechnet.<br />

Der Richtungssinn ergibt sich aus der Notwendigkeit,<br />

dass der fortlaufende Kräftezug in seinen Anfangspunkt<br />

zurückkehrt. Alle Kräfte müssen im<br />

Sinn eines „Einbahnverkehrs“ aneinander gereiht<br />

werden.<br />

Die zeichnerische Gleichgewichtsbedingung lautet<br />

also:<br />

Ein zentrales Kräftesystem ist im Gleichgewicht,<br />

wenn sich das Krafteck schließt.<br />

Kräfteplan<br />

Kräftemaßstab:<br />

MK ¼ 10 N<br />

cm<br />

ð1 cm¼b 10 NÞ<br />

Ist der Kräftezug F1, F2, F3 (in beliebiger<br />

Reihenfolge) aufgezeichnet, kann er mit F4<br />

(dünne Linie nach rechts oben) oder F5<br />

(dicker Kraftpfeil nach links unten) fortgesetzt<br />

werden. Die letzte noch verbleibende<br />

Kraft muss dann in den Anfangspunkt A<br />

zurücklaufen (Kraftpfeil F4 nach rechts oben<br />

oder dünne Linie nach links unten). Nur dann<br />

wird die Resultierende gleich null.<br />

Gemessen wird:<br />

F4 ¼ 1,66 cm 10 N<br />

¼ 16,6 N<br />

cm<br />

F5 ¼ 1,25 cm 10 N<br />

¼ 12,5 N<br />

cm<br />

Ergebnis:<br />

Um die Kräfte F1, F2, F3 im Gleichgewicht<br />

zu halten, müssen auf ihren vorgegebenen<br />

Wirklinien die Kraft F4 mit 16,6 N nach der<br />

„Einbahnverkehrs“-Regel nach rechts oben<br />

und die Kraft F5 mit 12,5 N nach links unten<br />

wirken.<br />

Hinweis: Diese Bedingung gilt auch für allgemeine<br />

Kräftesysteme, allerdings kommt<br />

dann noch eine weitere Bedingung hinzu:<br />

Neben dem Krafteck muss sich auch das Seileck<br />

schließen. Das Seileckverfahren wird<br />

auf Seite 41 beschrieben.


34<br />

Nachüberlegung: Die in den Kräfteplan eingezeichnete<br />

Kraft F r ist die Resultierende der Kräfte<br />

F1 :::3. Die Kraft F6 ist diejenige Einzelkraft, mit<br />

der das Gleichgewicht hergestellt werden könnte.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Hinweis: Eigentlich war nur die Aufgabe zu<br />

lösen, eine gegebene Kraft F6 in zwei Komponenten<br />

mit gegebenen Wirklinien zu zerlegen.<br />

Arbeitsplan zur zeichnerischen Ermittlung unbekannter Kräfte:<br />

Lageplan mit den Wirklinien aller Kräfte einschließlich der unbekannten 1. Schritt<br />

winkelgetreu in ein rechtwinkliges Achsenkreuz einzeichnen.<br />

Im Kräfteplan die gegebenen Kräfte maßstäblich aneinander reihen. 2. Schritt<br />

Die Wirklinie der einen unbekannten Kraft aus dem Lageplan parallel in den<br />

Endpunkt des Kräftezugs im Kräfteplan verschieben, die der anderen unbekannten<br />

Kraft in den Anfangspunkt.<br />

3. Schritt<br />

Beträge der unbekannten Kräfte abmessen. 4. Schritt<br />

Richtungssinn nach der „Einbahnverkehrs“-Regel festlegen. 5. Schritt


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 35<br />

1.2.4.5 Ûbung zur dritten und vierten Grundaufgabe<br />

Aufgabe: In einer unsymmetrischen prismatischen<br />

Nut liegt eine Walze. Sie wird in ihrem höchsten<br />

Punkt mit einer vertikal wirkenden Kraft<br />

F1 ¼ 800 N belastet.<br />

Die Stützkräfte an ihren Auflagepunkten sollen<br />

zeichnerisch und rechnerisch ermittelt werden. Die<br />

Gewichtskraft der Walze soll vernachlässigt werden.<br />

a) Zeichnerische Lösung<br />

Um alle auf die Walze wirkende Kräfte zu erkennen,<br />

muss sie freigemacht werden. Nach der Regel<br />

4 (Seite 14) wirken auf die Walze an den Auflagepunkten<br />

nur Radialkräfte.<br />

Im Lageplan der freigemachten Walze mit den drei<br />

Kräften F1, F2 und F3 ist zu erkennen, dass der<br />

Walzenmittelpunkt als gemeinsamer Schnittpunkt<br />

aller Wirklinien der Zentralpunkt des Kräftesystems<br />

ist.<br />

Aus den Kräften F1, F2 und F3 wird nun ein geschlossenes<br />

Krafteck gezeichnet und dazu im<br />

Kräfteplan die bekannte Kraft F1 maßstäblich und<br />

mit dem richtigen Richtungssinn eingetragen.<br />

Durch Parallelverschiebung der Wirklinien der<br />

Kräfte F2 und F3 aus dem Lageplan in den Kräfteplan<br />

wird das geschlossene Krafteck konstruiert.<br />

Dabei ergibt sich entweder das dick oder das dünn<br />

ausgezogene Dreieck; beide sind richtig.<br />

Aus der Länge der Kraftpfeile F2 und F3 werden<br />

mit Hilfe des festgelegten Kräftemaßstabs die Beträge<br />

der beiden Kräfte berechnet.<br />

Der Richtungssinn der Kräfte F2 und F3 ergibt sich<br />

aus der Bedingung des fortlaufenden geschlossenen<br />

Kräftezugs („Einbahnverkehrs“-Regel).<br />

Lageplan<br />

Aufgabenskizze<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

Kräfteplan mit geschlossenem Krafteck<br />

Kräftemaßstab: MK ¼ 400 N<br />

ð1cm¼b 400 NÞ<br />

cm<br />

Gemessen wird:<br />

4. Schritt<br />

F2 ¼ 1,65 cm 400 N<br />

¼ 660 N<br />

cm<br />

F3 ¼ 0,72 cm 400 N<br />

¼ 288 N<br />

cm<br />

Ergebnis: 5. Schritt<br />

Die Stützkraft am rechten Auflagepunkt<br />

wirkt mit 660 N nach links oben, die am linken<br />

mit 288 N nach rechts oben.


36<br />

b) Rechnerische Lösung nach der analytischen Methode<br />

Die Lageskizze der freigemachten Walze mit den<br />

angreifenden Kräften F1, F2 und F3 wird gezeichnet,<br />

die zugehörigen Richtungswinkel a1, a2 und<br />

a3 werden berechnet und in die Skizze eingetragen.<br />

Nun werden die beiden rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

für das zentrale Kräftesystem<br />

mit den Kräften aus der Lageskizze angesetzt.<br />

Der Ansatz ergibt ein Gleichungssystem mit den<br />

beiden Unbekannten F2 und F3, das nach den Regeln<br />

der Gleichungslehre gelöst wird, hier z. B.<br />

mit dem Gleichsetzungsverfahren.<br />

F3 ¼ F1 cos a1 F2 cos a2<br />

cos a3<br />

¼ F1 sin a1 F2 sin a2<br />

sin a3<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F1 cos a1 þ F2 cos a2 þ F3 cos a3<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ F1 sin a1 þ F2 sin a2 þ F3 sin a3<br />

F1 cos a1 sin a3 F2 cos a2 sin a3 ¼ F1 sin a1 cos a3 F2 sin a2 cos a3<br />

F2 ðsin a2 cos a3 cos a2 sin a3Þ<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

sin ða2 a3Þ<br />

F2 ¼ F1<br />

¼ F1 ð cos a1 sin a3 sin a1 cos a3Þ<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

sin ða3 a1Þ<br />

sin ða3 a1Þ sin ð40 270 Þ<br />

¼ 800 N ¼ 652,17 N<br />

sin ða2 a3Þ sin ð110 40 Þ<br />

F3 ¼ F1 cos a1 F2 cos a2<br />

cos a3<br />

Da beide Kräfte ein positives Ergebnis haben, war<br />

der angenommene Richtungssinn richtig.<br />

¼<br />

800 N cos 270 652,17 N cos 110<br />

cos 40<br />

1 Statik in der Ebene<br />

3. Schritt<br />

¼ 291,18 N<br />

Die Kraft F2 wirkt nach links oben,<br />

die Kraft F3 nach rechts oben.<br />

4. Schritt


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 37<br />

c) Rechnerische Lösung nach der trigonometrischen Methode<br />

Ergeben sich bei der Lösung von Statikaufgaben<br />

Kraftecke in Dreiecksform, kann deren trigonometrische<br />

Auswertung der einfachere Lösungsweg<br />

sein. Bei rechtwinkligen Kraft-Dreiecken reichen<br />

die Winkelfunktionen aus, bei schiefwinkligen<br />

Kraft-Dreiecken, wie in der vorliegenden Aufgabe,<br />

sind darüber hinaus der Sinussatz oder der Kosinussatz<br />

erforderlich.<br />

Wie bei jeder Lösung nach der trigonometrischen<br />

Methode wird auch hier zuerst eine unmaßstäbliche<br />

Krafteckskizze gezeichnet.<br />

In diese werden alle Winkel sowie die Kräfte als<br />

Seitenlängen des Dreiecks eingetragen.<br />

Der noch fehlende Winkel d ergibt sich hier<br />

aus der Bedingung, dass die Winkelsumme<br />

b þ g þ d ¼ 180 betragen muss:<br />

d ¼ 180 ðb þ gÞ ¼110 .<br />

Da alle drei Winkel und eine Seite des Dreiecks<br />

bekannt sind, können mit dem Sinussatz die beiden<br />

noch fehlenden Seitenlängen berechnet werden.<br />

Das sind hier die Kräfte F2 und F3.<br />

Aus der Gleichung F3=sin g ¼ F1=sin d erhält<br />

man die noch unbekannte Kraft F3.<br />

Auf dem gleichen Weg erhält man aus<br />

F2=sin b ¼ F1=sin d die noch fehlende Kraft F2.<br />

Der Richtungssinn der Kräfte ergibt sich aus dem<br />

Umfahrungssinn des Kraftecks („Einbahnverkehr“).<br />

Aufgaben Nr. 49–71<br />

Hinweis: Ûber die trigonometrische Auswertung<br />

von Kraft-Dreiecken beliebiger Form<br />

sollte eingehender im Fach Mathematik gesprochen<br />

werden, wenn die erforderlichen trigonometrischen<br />

Kenntnisse vorhanden sind.<br />

F3 F2 F1<br />

¼ ¼<br />

sin g sin b sin d<br />

F3 ¼ F1<br />

F2 ¼ F1<br />

sin g<br />

sin 20<br />

¼ 800 N<br />

sin d sin 110<br />

sin b<br />

sin 50<br />

¼ 800 N<br />

sin d sin 110<br />

Krafteckskizze<br />

Sinussatz mit<br />

den Bezeichnungen<br />

aus der<br />

Krafteckskizze<br />

¼ 291,18 N<br />

¼ 652,17 N


38<br />

1.2.5 Die vier Grundaufgaben der Statik im allgemeinen ebenen Kräftesystem<br />

1.2.5.1 Rechnerische Ermittlung der Resultierenden (fünfte Grundaufgabe),<br />

der Momentensatz<br />

Aufgabe: Für das in der Lageskizze dargestellte<br />

Kräftesystem soll die Resultierende nach Betrag,<br />

Lage und Richtungssinn rechnerisch ermittelt werden.<br />

Die Wirklinien der Kräfte liegen parallel, weil<br />

dieser Fall die größere praktische Bedeutung hat<br />

und der Lösungsgang übersichtlicher wird.<br />

Vorüberlegung: Betrag und Richtungswinkel der<br />

Resultierenden werden auf dieselbe Weise berechnet<br />

wie in der ersten Grundaufgabe. Damit erhält<br />

man zugleich Klarheit über die Verschiebewirkung<br />

des Kräftesystems.<br />

Die Resultierende muss aber auch die gleiche<br />

Drehwirkung wie das Kräftesystem haben. Davon<br />

hängt ihre Lage ab. Diese Erkenntnis ist im<br />

Momentensatz festgelegt:<br />

Frx ¼ SFnx<br />

Fr ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Frx 2 þ Fry 2<br />

q<br />

Fry ¼ SFny<br />

b r ¼ arctan jFryj<br />

jFrxj<br />

Das Kraftmoment Mr der Resultierenden, bezogen<br />

auf einen beliebigen Punkt D, ist gleich der<br />

Summe der Kraftmomente der Einzelkräfte in<br />

Bezug auf denselben Punkt. Mr ¼ M1 þ M2 þ M3 þ ...þ Mn<br />

Lösung: In eine unmaßstäbliche Lageskizze werden<br />

alle gegebenen Kräfte und alle bekannten Abstandsmaße<br />

eingetragen. Für den Momentensatz<br />

wird der Momentenbezugspunkt D festgelegt und<br />

zwar zweckmäßig auf der Wirklinie einer gegebenen<br />

Kraft, weil deren Kraftmoment dann null wird<br />

und nicht in die Rechnung eingeht. Betrag und<br />

Richtungssinn der Resultierenden Fr lassen sich<br />

dann nach der Lageskizze berechnen.<br />

Da hier alle Wirklinien parallel sind, braucht man<br />

nur die algebraische Summe aller Kräfte zu ermitteln.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Frl0 ¼ F1l1 þ F2l2 þ F3l3 þ ...þ Fnln<br />

Momentensatz<br />

Beachte: Vorzeichen entsprechend dem Drehsinn<br />

einsetzen (links þ, rechts )<br />

Fr ¼ SFy ¼ F1 F2 þ F3 F4<br />

Fr ¼ 15 N 40 N þ 10 N 20 N<br />

Fr ¼ 65 N<br />

Das Minuszeichen bedeutet hier:<br />

Fr wirkt nach unten


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 39<br />

Erst dann wird die Resultierende mit dem ermittelten<br />

Richtungssinn in die Lageskizze eingetragen,<br />

und zwar auf einer Wirklinie, deren Lage man<br />

unter Berücksichtigung der gegebenen Kräfte<br />

„nach Gefühl“ annimmt (hier zwischen den Wirklinien<br />

von F2 und F3).<br />

Die tatsächliche Lage der Resultierenden wird mit<br />

dem Momentensatz bestimmt. Der Bezugspunkt D<br />

ist auf der Wirklinie der Kraft F4 festgelegt. Dann<br />

wird das Kraftmoment der Kraft F4 gleich null,<br />

weil ihr Wirkabstand l4 gleich null ist.<br />

Die Vorzeichen in der Ansatzgleichung (þ und )<br />

kennzeichnen den Drehsinn der Kraftmomente,<br />

sie haben also nichts mit dem Richtungssinn der<br />

Kräfte zu tun.<br />

Ergibt sich der Abstand l0 positiv – wie in diesem<br />

Fall –, dann ist die Wirklinie der Resultierenden<br />

richtig in den Lageplan eingezeichnet. Ist er negativ,<br />

liegt die Wirklinie im errechneten Abstand auf<br />

der anderen Seite des Bezugspunkts D.<br />

Beachte: Die Festlegung der WL von Fr ist<br />

willkürlich; sie hätte hier auch rechts vom<br />

Bezugspunkt D eingezeichnet werden können.<br />

þ Mr ¼þM1 þ M2 M3 M4<br />

Frl0 ¼ F1l1 þ F2l2 F3l3 0<br />

l0 ¼ F1l1 þ F2l2 F3l3<br />

Fr<br />

15 N 0,5 m þ 40 N 0,3 m 10 N 0,2 m<br />

l0 ¼<br />

65 N<br />

l0 ¼ 0,269 m<br />

Ergebnis:<br />

Die Resultierende wirkt mit 65 N in einem<br />

Abstand von 0,269 m links vom Bezugspunkt<br />

D rechtwinklig nach unten.<br />

Arbeitsplan zum Momentensatz:<br />

Lageskizze mit den gegebenen Kräften zeichnen. 1. Schritt<br />

Resultierende und gegebenenfalls ihren Neigungswinkel berechnen. 2. Schritt<br />

Resultierende in die Lageskizze einzeichnen (Lage der Wirklinie annehmen). 3. Schritt<br />

Momentensatz aufstellen und die Gleichung nach l0 auflösen. 4. Schritt


40<br />

1.2.5.2 Zeichnerische Ermittlung der Resultierenden (sechste Grundaufgabe),<br />

das Seileckverfahren<br />

Aufgabe: Ein gegebenes allgemeines Kräftesystem<br />

soll reduziert werden, d. h. seine Resultierende<br />

Fr ist nach Betrag, Lage und Richtungssinn<br />

zu bestimmen. Der nebenstehende maßstäbliche<br />

Lageplan enthält auch die Kräfte maßstabsgerecht,<br />

d. h. die Länge der Kraftpfeile entspricht den<br />

Beträgen der Kräfte.<br />

Vorüberlegung: Da die Wirklinien der Kräfte keinen<br />

gemeinsamen Schnittpunkt haben, kann man<br />

auch nicht voraussagen, wo die Wirklinie der<br />

Resultierenden liegt. Das ist neu gegenüber dem<br />

zentralen Kräftesystem (siehe 1.2.4.2, Seite 26).<br />

Es gibt zwei Lösungsmöglichkeiten:<br />

a) Wiederholte Parallelogrammkonstruktion<br />

Man fasst zwei Kräfte maßstäblich zu einer Zwischenresultierenden<br />

zusammen, diese wieder mit<br />

einer günstig liegenden dritten Kraft zur nächsten<br />

Zwischenresultierenden und so fort, bis sämtliche<br />

Kräfte schrittweise durch Parallelogrammzeichnungen<br />

erfasst sind und damit die Gesamtresultierende<br />

des Kräftesystems gefunden worden ist.<br />

Im nebenstehenden Beispiel wurde F1 und F2 zur<br />

Zwischenresultierenden Fr1,2, diese dann mit F3<br />

zur neuen Zwischenresultierenden Fr1,2,3 zusammengesetzt<br />

und so fort.<br />

Man erhält am Ende maßstäblich den Betrag, den<br />

Richtungssinn und die Lage der Gesamtresultierenden<br />

Fr.<br />

Auch jede andere Reihenfolge würde zum selben<br />

Ergebnis führen:<br />

Die Reihenfolge der Kräfte ist beliebig.<br />

Das Verfahren ist umständlich und versagt ganz,<br />

wenn die Kräfte sich nicht auf der Zeichenebene<br />

zum Schnitt bringen lassen wie bei parallelen oder<br />

annähernd parallelen Kräften. Gerade dieser Fall<br />

kommt aber in der Technik häufig vor, so dass<br />

meist das folgende Verfahren benutzt wird.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Hinweis: Ein allgemeines Kräftesystem hat<br />

keinen Zentralpunkt.


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 41<br />

b) Das Seileckverfahren<br />

Aufgabe: Für das dargestellte Kräftesystem soll<br />

die Resultierende Fr nach Betrag, Lage und Richtungssinn<br />

zeichnerisch ermittelt werden.<br />

Die drei gegebenen Kräfte F1 ¼ 55 N, F2 ¼ 25 N<br />

und F3 ¼ 40 N sind im Lageplan maßstäblich<br />

gezeichnet.<br />

Lösung: Aus dem Lageplan entwickelt sich in der<br />

bekannten Weise durch Parallelverschiebung der<br />

Wirklinien der Kräfte F1 ...F3 der Kräfteplan.<br />

Wie in der zweiten Grundaufgabe werden die drei<br />

Kräfte in beliebiger Reihenfolge maßstäblich und<br />

richtungsgemäß aneinander gereiht und die Resultierende<br />

Fr als Verbindungslinie vom Anfangspunkt<br />

der ersten Kraft bis zum Endpunkt der letzten<br />

Kraft eingezeichnet.<br />

Damit sind Betrag, Richtungssinn und Richtungswinkel<br />

der Resultierenden bekannt. Ihre Lage kann<br />

aber nur im Lageplan bestimmt werden.<br />

Der Kunstgriff beim Seileckverfahren besteht<br />

darin, dass man im Kräfteplan jede Kraft in zwei<br />

Komponenten zerlegt, und zwar so, dass sich alle<br />

Komponenten in einem Punkt – dem Pol P – treffen.<br />

Dabei kann der Pol P beliebig gewählt werden.<br />

Es wird<br />

F1 zerlegt in die Komponenten S0 und S1,<br />

F2 zerlegt in die Komponenten S1 und S2,<br />

F3 zerlegt in die Komponenten S2 und S3.<br />

Die Teilkräfte S1 und S1, S2 und S2 ... sind<br />

jeweils gleich groß und gegensinnig. Sie heben<br />

sich also auf. Damit bleiben nur noch Anfangsund<br />

Endkomponente S0 und S3 im Kräfteplan<br />

übrig. Dies sind die Komponenten der Resultierenden<br />

Fr.<br />

In gleicher Weise geht man im Lageplan vor.<br />

Kräfteplan<br />

Kräftemaßstab:<br />

MK ¼ 25 N<br />

cm<br />

ð1 cm¼b 25 NÞ<br />

Lageplan<br />

Gemessen wird:<br />

Fr ¼ 4,5 cm; das entspricht<br />

einer Kraft Fr ¼ 112,5 N,<br />

die nach unten gerichtet ist.<br />

erweiterter<br />

Kräfteplan


42<br />

Man zerlegt, ohne Berücksichtigung des Betrags,<br />

die Kraft<br />

9<br />

F1 wieder in S0 und S1 auf WL 1; = ðRichtungen<br />

F2 wieder in S1 und S2 auf WL 2; aus dem<br />

;<br />

F3 wieder in S2 und S3 auf WL 3; KräfteplanÞ<br />

und zwar so, dass die Wirklinien der Komponenten<br />

S1 und S1 bzw. S2 und S2 zusammenfallen. Zerlegungspunkt<br />

I ist beliebig, die folgenden ergeben<br />

sich. Es heben sich also auch im Lageplan S1 und<br />

S1, S2 und S2 wieder auf. Ûbrig bleiben nur<br />

noch die Komponenten S0 und S3. Dies sind die<br />

Komponenten der Resultierenden Fr (siehe Kräfteplan).<br />

Der Schnittpunkt ihrer Wirklinien muss ein<br />

Punkt der Wirklinie der Resultierenden sein (S).<br />

Damit ist auch deren Lage am Körper bestimmt.<br />

Die Kräfte S0, S1, S1, S2, ... im Kräfteplan werden<br />

als Polstrahlen bezeichnet, im Lageplan dagegen<br />

als Seilstrahlen.<br />

Bei der praktischen Arbeit mit dem Seileckverfahren<br />

zeichnet man Pol- und Seilstrahlen nur als einfache<br />

Gerade, also ohne Pfeile, und bezeichnet sie<br />

mit 0, 1, 2, ... (siehe Lehrbeispiel Seite 43).<br />

Der Linienzug, gebildet durch die Schnittpunkte<br />

der Teilkräfte (I, II, III ...), heißt Seileck, weil ein<br />

zwischen den Kräften ausgespanntes Seil im<br />

Gleichgewicht ist und in den einzelnen Seilabschnitten<br />

die Seilkräfte S0, S1 usw. auftreten.<br />

Aufgaben Nr. 72–82<br />

Ergebnis:<br />

Die Resultierende wirkt mit 112,5 N auf der<br />

gefundenen Wirklinie nach unten.<br />

Beachte: Zu jedem Seilstrahlenschnittpunkt<br />

I, II, III ... im Lageplan gehört ein Polstrahlendreieck<br />

im Kräfteplan. Es müssen immer<br />

die richtigen Seilstrahlen auf der richtigen<br />

Wirklinie zum Schnitt gebracht werden, also<br />

S0 und S1 auf WL1, S1 und S2 auf WL2<br />

usw. Die zusammengehörigen Seilstrahlen<br />

zeigt der Kräfteplan.<br />

Arbeitsplan zum Seileckverfahren:<br />

Lageplan des freigemachten Bauteils zeichnen. 1. Schritt<br />

Einzelkräfte durch Krafteckzeichnung zu Fr vereinigen. 2. Schritt<br />

Pol P beliebig wählen und Polstrahlen im Kräfteplan zeichnen. 3. Schritt<br />

Seilstrahlen im Lageplan zeichnen (durch Parallelverschiebung der Polstrahlen<br />

aus dem Kräfteplan); Anfangspunkt I beliebig.<br />

4. Schritt<br />

Anfangs- und Endseilstrahl zum Schnitt bringen. 5. Schritt<br />

Schnittpunkt S der Seilzugenden ergibt die Lage der WL von Fr im Lageplan.<br />

Betrag und Richtungssinn zeigt der Kräfteplan.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

6. Schritt


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 43<br />

Lehrbeispiel: Seileckverfahren, Zusammensetzung zweier Parallelkräfte<br />

a) Die Kräfte sind parallel, gleichsinnig, gleich groß:<br />

F1<br />

b) Die Kräfte sind parallel, gleichsinnig, ungleich groß:<br />

F1<br />

c) Die Kräfte sind parallel, gegensinnig, ungleich groß:<br />

WL Fr<br />

Fr<br />

d) Die Kräfte sind parallel, gegensinnig, gleich groß:<br />

F1<br />

0<br />

l 1<br />

l<br />

l l<br />

2 2<br />

1<br />

0<br />

WL Fr<br />

l 1<br />

0<br />

F1<br />

1<br />

2<br />

1<br />

l<br />

Fr<br />

WL Fr<br />

2<br />

l<br />

l 1<br />

0<br />

l<br />

1<br />

2<br />

F2<br />

F1<br />

Fr F2<br />

1) siehe auch: Arbeitsplan, Seite 42<br />

l 2<br />

Fr<br />

2<br />

F2<br />

F2<br />

F2<br />

Fr<br />

Fr<br />

F2<br />

neues Kräftepaar<br />

F1<br />

F2<br />

F1<br />

2<br />

0<br />

1<br />

0<br />

1<br />

2<br />

0<br />

2<br />

1<br />

F2 2 0<br />

F1<br />

1<br />

P<br />

P<br />

P<br />

P<br />

Lösung: 1)<br />

Fr ¼ F1 þ F2<br />

Die Wirklinie der Resultierenden liegt auf<br />

halbem Abstand zwischen den Kräften.<br />

Lösung: 1)<br />

Fr ¼ F1 þ F2<br />

Die Wirklinie der Resultierenden teilt den<br />

Abstand l im umgekehrten Verhältnis der<br />

Kräfte F1 und F2.<br />

Lösung: 1)<br />

Fr ¼ F1 F2<br />

Beachte:<br />

Die Wirklinie der Resultierenden liegt nicht<br />

zwischen den beiden Wirklinien von F1 und F2.<br />

Lösung: 1)<br />

Fr ¼ F1 F2 ¼ 0<br />

Die Zusammensetzung des Kräftepaars liefert<br />

keine Resultierende, sondern zwei<br />

gleich große gegensinnig parallele Kräfte<br />

(0 und 2) mit anderer Lage und anderem<br />

Abstand:<br />

Ein Kräftepaar kann nur durch ein anderes<br />

ersetzt und beliebig verschoben werden.


44<br />

1.2.5.3 Rechnerische Ermittlung unbekannter Kräfte (siebte Grundaufgabe),<br />

die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

Die rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen im<br />

allgemeinen Kräftesystem lauten:<br />

I: SFx ¼ 0<br />

II: SFy ¼ 0<br />

III: SM ðDÞ¼ 0<br />

Aufgabe: Ein Wanddrehkran wird an seinem Lastseil<br />

mit einer Kraft F ¼ 30 kN belastet.<br />

Die Stützkräfte im Halslager A und im Spurlager B<br />

sollen berechnet werden.<br />

Lösung: In die (unmaßstäbliche) Lageskizze des<br />

freigemachten Wanddrehkrans werden alle auf den<br />

Körper einwirkenden Kräfte eingezeichnet, auch<br />

die noch unbekannten.<br />

Man beginnt mit den nach Betrag, Wirklinie und<br />

Richtungssinn bekannten Kräften. Das ist hier nur<br />

die lotrecht nach unten wirkende Belastungskraft<br />

F ¼ 30 kN.<br />

Der Wanddrehkran wird durch ein Loslager (Halslager<br />

A) und ein Festlager (Halslager B) in seiner<br />

Funktionsstellung gehalten. Von der Loslagerkraft<br />

FA ist nur die Wirklinie bekannt (waagerecht, parallel<br />

zur x-Achse, siehe Kap. 1.7.6). Der Richtungssinn<br />

muss angenommen werden, z.B. in positiver<br />

x-Richtung (nach rechts) oder negativer (nach<br />

links). Dabei bietet es sich an, den Richtungssinn<br />

nach physikalischem Empfinden anzunehmen, hier<br />

also in negativer x-Richtung (nach links). War der<br />

angenommene Richtungssinn falsch, zeigt sich bei<br />

der Rechnung ein negativer Betrag. Dieser Fall<br />

wird zur Probe angenommen. Für die Festlagerkraft<br />

FB im Spurlager B sind Betrag, Wirklinie und Richtungssinn<br />

unbekannt (siehe 1.7.7). Dann arbeitet<br />

man im Koordinatensystem mit den Komponenten<br />

FBx und FBy, jeweils mit positivem Richtungssinn<br />

an. Bei der Rechnung weist ein negativer Betrag<br />

auf den entgegengesetzten Richtungssinn hin.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Der Körper ist dann im Gleichgewicht, wenn<br />

die Summe aller Kräfte (oder Komponenten)<br />

in Richtung der x-Achse gleich null ist, die<br />

Summe aller Kräfte (oder Komponenten) in<br />

Richtung der y-Achse gleich null ist und die<br />

Summe aller Kraftmomente, bezogen auf<br />

einen beliebigen Punkt D gleich null ist.<br />

Aufgabenskizze<br />

Lageskizze des freigemachten<br />

Drehkrans<br />

(mit nach Rechnung<br />

korrigiertem Richtungssinn<br />

von FA)


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 45<br />

Anhand der Lageskizze werden nun die Gleichgewichtsbedingungen<br />

aufgestellt. Man erhält ein<br />

Gleichungssystem mit den drei Unbekannten FA,<br />

FBx und FBy, das mit den Regeln der Gleichungslehre<br />

schrittweise nach diesen Größen aufgelöst<br />

wird.<br />

Das negative Vorzeichen bei FA ¼ 25 kN zeigt,<br />

dass FA nicht nach rechts, sondern nach links<br />

wirkt. Das negative Vorzeichen ( 25 kN) wird<br />

beibehalten. Es ergibt sich richtig FBx ¼þ25 kN.<br />

Den Momentenbezugspunkt D für Gleichung III<br />

legt man in den Schnittpunkt möglichst vieler<br />

unbekannter Kräfte. Dadurch haben diese Kräfte<br />

keine Drehwirkung und erscheinen nicht in der<br />

Momentengleichgewichtsbedingung. In den meisten<br />

Fällen enthält dann diese Gleichung nur eine<br />

Unbekannte, die sofort berechnet werden kann:<br />

Die Momentengleichung (III) ist meist der Schlüssel<br />

zur Lösung. Wichtig ist außerdem die Erkenntnis,<br />

dass auch jeder Punkt außerhalb der Bauteile<br />

als Bezugspunkt benutzt werden kann, wenn<br />

dadurch die Rechnungen einfacher werden.<br />

Aus den Komponenten FBx und FBy berechnet<br />

man die Stützkraft FB als Resultierende wie in der<br />

ersten Grundaufgabe. Falls erforderlich, wird der<br />

Richtungswinkel ihrer Wirklinie über die Tangensfunktion<br />

ermittelt.<br />

Ergebnis: Im Lager A wirkt eine Kraft von 25 kN<br />

nach links, im Lager B eine Kraft von 39 kN nach<br />

rechts oben.<br />

Beachte: Auch gegen die (richtige) Vorstellung<br />

FA wirkt nach links, bleibt es bei der<br />

Regel: positives Vorzeichen annehmen.<br />

I: SFx ¼ 0 ¼ FA þ FBx<br />

II: SFy ¼ 0 ¼ F þ FBy<br />

III: SMðDÞ ¼ 0 ¼ FAl1 Fl2<br />

III: FA ¼ Fl2<br />

l1<br />

¼<br />

30 kN 3m<br />

¼ 25 kN<br />

3,6 m<br />

I: FBx ¼ FA ¼ ð 25 kNÞ ¼25 kN<br />

II: FBy ¼ F ¼ 30 kN<br />

Ergibt sich eine negative Kraft (d. h. mit<br />

Minus-Vorzeichen), wie hier die Kraft FA,<br />

dann bedeutet das, dass sie dem angenommenen<br />

Richtungssinn entgegen wirkt. Die<br />

Kräfte FBx und FBy ergeben sich aus der<br />

Rechnung positiv (d. h. mit Plus-Vorzeichen).<br />

Das bedeutet, dass in der Lageskizze ihr<br />

Richtungssinn richtig angenommen wurde.<br />

Beachte: Das Minus-Zeichen bei der Kraft<br />

FA muss bei der weiteren Auflösung des<br />

Gleichungssystems mitgeführt werden.<br />

FB ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FBx 2 þ FBy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

¼ ð25 kNÞ 2 þð30 kNÞ 2<br />

q<br />

FB ¼ 39,051 kN<br />

a ¼ arctan jFByj<br />

jFBxj<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Ermittlung unbekannter Kräfte:<br />

Lageskizze des freigemachten Bauteils mit allen Kräften zeichnen;<br />

Richtungssinn der unbekannten Kräfte nach der Richtungsregel<br />

(Seite 28) annehmen.<br />

30 kN<br />

¼ arctan ¼ 50,2<br />

25 kN<br />

1. Schritt<br />

Gleichgewichtsbedingungen aufstellen und auswerten. 2. Schritt<br />

Falls erforderlich, Richtungssinn der unbekannten Kräfte in der Lageskizze<br />

korrigieren.<br />

3. Schritt


46<br />

Nachtrag: Dieselbe Aufgabe kann auch nach folgender<br />

Methode gelöst werden. Zur Erläuterung<br />

wird die Lagerskizze übernommen. Die Loslagerkraft<br />

FA ist jetzt mit tatsächlichem Richtungssinn<br />

eingezeichnet (linksdrehend).<br />

Zur Erinnerung: Die beiden gesuchten Lagerkräfte<br />

FA und FB wurden mit den beiden Kraftund<br />

einer Momentengleichgewichtsbedingung berechnet<br />

(SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM( )¼ 0).<br />

Jetzt wird gezeigt, dass die Auswertung eines<br />

Gleichungssystems mit drei Momentengleichgewichtsbedingungen<br />

um drei Bezugspunkte zu denselben<br />

Ergebnissen führt.<br />

Die Bezugspunkte wählt man so aus, dass sie mit<br />

Längenmaßen leicht beschreibbar sind und nicht<br />

auf einer Geraden liegen, z. B. nach der Lageskizze<br />

mit SM(I) ¼ 0, SM(II) ¼ 0, SM(III) ¼ 0.<br />

Gleichungssysteme dieser Art werden als statisch<br />

äquivalent bezeichnet.<br />

Damit steht ein weiteres rechnerisches Gleichungssystem<br />

zur Bestimmung unbekannter Gleichgewichtskräfte<br />

zur Verfügung:<br />

Lageskizze<br />

I: SM ðIÞ ¼ 0 ¼ FAl1 Fl2<br />

II: SM ðIIÞ ¼ 0 ¼ FBxl1 Fl2<br />

III: SM ðIIIÞ ¼ 0 ¼ FBxl1 FByl2<br />

I: FA ¼ Fl2<br />

¼<br />

l1<br />

II: FBx ¼ Fl2<br />

¼<br />

l1<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Gegeben:<br />

F ¼ 30 kN<br />

l1 ¼ 3,6 m<br />

l2 ¼ 3m<br />

30 kN 3m<br />

¼ 25 kN<br />

3,6 m<br />

30 kN 3m<br />

¼ 25 kN<br />

3,6 m<br />

III: FBy ¼ FBxl1 25 kN 3,6 m<br />

¼ ¼ 30 kN<br />

l2 3m<br />

Hinweis: Auf diese Weise berechnet man<br />

beim Ritter’schen Schnittverfahren unbekannte<br />

Stabkräfte in Fachwerken (Seite 72).<br />

Ein Körper befindet sich auch dann im Gleichgewicht, wenn die Summe aller einwirkenden<br />

Kraftmomente auf drei beliebige Punkte gleich null ist.<br />

Einschränkung: Die ausgewählten Punkte dürfen nicht auf einer Geraden liegen (Geradenregel).<br />

Zur Geradenregel: Mit der Bedingung SM(I) ¼ 0 ist für eine beliebige ebene Kräftegruppe<br />

noch kein Gleichgewicht sichergestellt, weil eine durch den Bezugspunkt (I) selbst wirkende<br />

Resultierende den Körper in Kraftrichtung verschiebt. Gleiches gilt für SM(II) ¼ 0 und<br />

SM(III) ¼ 0; hier wird eine durch (I und II) wirkende Resultierende nicht erfasst. Erst wenn die<br />

drei gewählten Bezugspunkte keine gemeinsame Gerade haben, ist Gleichgewicht erreicht und<br />

es können unbekannte Gleichgewichtskräfte berechnet werden.<br />

1.2.5.4 Ûbung zur Stützkraftberechnung<br />

Der skizzierte federbelastete Winkelhebel wird<br />

von einem Festlager (zweiwertig) und einem Loslager<br />

(einwertig) im Ruhezustand gehalten. In der<br />

gezeichneten Hebelstellung beträgt die Spannkraft<br />

der Zugfeder F ¼ 1 kN.<br />

Mit Hilfe der drei rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

sollen die Stützkräfte in den beiden<br />

Lagerpunkten ermittelt werden. Aufgabenskizze


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 47<br />

Die Lageskizze wird mit allen am Winkelhebel<br />

angreifenden Kräften und deren Komponenten<br />

in x- und y-Richtung gezeichnet. Das sind Belastungskraft<br />

F mit Fx ¼ F cos a und<br />

Fy ¼ F sin a<br />

Loslagerkraft FL mit FLx ¼ FL sin b und<br />

FLy ¼ FL cos b<br />

Festlagerkraft FF mit FFx ¼ FF cos g und<br />

FFy ¼ FF sin g.<br />

Die Loslagerkraft FL wirkt als Normalkraft rechtwinklig<br />

zur Stützfläche des Loslagers. Damit liegt<br />

der Richtungssinn durch die Loslagerkonstruktion<br />

fest.<br />

Der Richtungssinn der Festlagerkraft FF ist nicht<br />

bekannt und wird nach der Richtungsregel von<br />

Seite 28 festgelegt (Annahme hier: FF wirkt im<br />

ersten Quadranten, also nach rechts oben).<br />

Mit den Bezeichnungen aus der Lageskizze werden<br />

nun die drei Gleichgewichtsbedingungen aufgestellt.<br />

Der Drehpunkt D für den Ansatz der Momentengleichgewichtsbedingung<br />

wird wieder in<br />

den Festlagerpunkt D gelegt, weil Gleichung III<br />

dann nur eine Unbekannte enthält (FL).<br />

Aus der Momentengleichgewichtsbedingung<br />

SMðDÞ ¼ 0 erhält man den Betrag der Loslagerkraft<br />

FL ¼ 188,1 N.<br />

Die beiden Kräftegleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 löst man nach<br />

FFx ¼ FF cos g und FFy ¼ FF sin g auf und berechnet<br />

diese Komponenten der Festlagerkraft.<br />

Die Rechnung ergibt für beide Kraftkomponenten<br />

FFx und FFy das negative Vorzeichen und zeigt damit,<br />

dass der Richtungssinn der Festlagerkraft FF<br />

falsch angenommen wurde.<br />

Die Komponenten FFx und FFy stehen rechtwinklig<br />

aufeinander, so dass mit dem Satz des Pythagoras<br />

der Betrag der Festlagerkraft FF berechnet werden<br />

kann.<br />

Die Lageskizze zeigt, dass der Winkel g aus dem<br />

rechtwinkligen Dreieck mit den Komponenten FFx<br />

und FFy über die Arcus-Tangensfunktion berechnet<br />

werden kann.<br />

Gegeben:<br />

F ¼ 1 kN, a ¼ 20 , b ¼ 50<br />

l1 ¼ 120 mm, l2 ¼ 40 mm<br />

l3 ¼ 30 mm<br />

Lageskizze<br />

I: SFx ¼ 0 ¼ F cos a FL sin b þ FF cos g<br />

II: SFy ¼ 0 ¼ F sin a þ FL cos b þ FF sin g<br />

III: SMðDÞ¼ 0 ¼ F sin al2 F cos al3 þ FL cos bl1<br />

FL ¼ Fðl3 cos a l2 sin aÞ<br />

¼ 188,1 N<br />

l1 cos b<br />

I: FF cos g ¼ F cos a þ FL sin b ¼ FFx<br />

FFx ¼ 1 000 N cos 20 þ 188,1 N sin 50<br />

FFx ¼ 795,6 N (falsche Richtungsannahme)<br />

II. FF sin g ¼ F sin a FL cos b ¼ FFy<br />

FFy ¼ ð1 000 N sin 20 þ 188,1 N cos 50 Þ<br />

FFy ¼ 462,9 N (falsche Richtungsannahme)<br />

FF ¼<br />

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FFx 2 þ FFy 2<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FF ¼ ð795,6 NÞ 2 þð462,9 NÞ 2<br />

q<br />

FF ¼ 920,5 N<br />

g ¼ arctan jFFyj 462,9 N<br />

¼ arctan<br />

jFFxj 795,6 N<br />

g ¼ 30,19


48<br />

1.2.5.5 Zeichnerische Ermittlung von unbekannten Kräften (achte Grundaufgabe),<br />

die zeichnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

Für diese Aufgabe stehen zwei Lösungsverfahren<br />

zur Verfügung.<br />

Hinweis: Für alle Verfahren müssen wieder<br />

ein Lageplan und ein Kräfteplan maßstäblich<br />

gezeichnet werden.<br />

a) Das 3-Kräfte-Verfahren (Gleichgewicht von 3 nicht parallelen Kräften)<br />

Drei nicht parallele Kräfte sind im Gleichgewicht,<br />

wenn sich die Wirklinien der Kräfte in<br />

einem Punkt schneiden und das Krafteck sich<br />

schließt.<br />

Aufgabe: Ein Wanddrehkran wird an seinem Lastseil<br />

mit einer Kraft F ¼ 30 kN belastet. Er hat<br />

oben ein einwertiges Halslager A und unten ein<br />

zweiwertiges Spurlager B.<br />

Die Kräfte FA und FB in diesen beiden Lagern sollen<br />

zeichnerisch ermittelt werden.<br />

Vorüberlegung: Im Lageplan des Wanddrehkranes<br />

erkennt man die Kräfte:<br />

Belastung F:<br />

Betrag, Wirklinie und Richtungssinn sind bekannt;<br />

Halslagerkraft FA:<br />

Betrag unbekannt, Wirklinie bekannt (einwertiges<br />

Lager), Richtungssinn angenommen;<br />

Spurlagerkraft FB:<br />

Betrag, Wirklinie und Richtungssinn unbekannt<br />

(zweiwertiges Lager); FB wird zunächst durch die<br />

Komponenten FBx und FBy ersetzt und mit angenommenem<br />

Richtungssinn eingezeichnet.<br />

Ist die Wirklinie von FB nicht bekannt, kann kein<br />

Kräfteplan gezeichnet werden. Dann lassen sich<br />

auch die Beträge von FA und FB nicht ermitteln.<br />

Zuerst muss man die Wirklinie von FB finden.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Hinweis: Das 3-Kräfte-Verfahren ist nicht<br />

anwendbar bei parallelen Wirklinien. Dann<br />

bleibt allein die rechnerische Lösung (siehe<br />

Seite 44).<br />

Aufgabenskizze<br />

Lageplan


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 49<br />

Werden gedanklich die Kräfte FA und F, deren<br />

Wirklinien bekannt sind, zur Resultierenden Fr<br />

zusammengefasst, hat man es wieder mit nur zwei<br />

Kräften zu tun. Angriffspunkt der Resultierenden<br />

Fr ist der Punkt S, der Schnittpunkt der Wirklinien<br />

der Kräfte FA und F. Die Resultierende Fr kann<br />

mit der Lagerkraft FB nur dann im Gleichgewicht<br />

stehen, wenn beide Kräfte auf gleicher Wirklinie<br />

liegen und ihr Krafteck geschlossen wird. Also<br />

muss die Wirklinie der Lagerkraft FB ebenfalls<br />

durch den Punkt S gehen.<br />

Lösung: Wie bei jeder zeichnerischen Lösung<br />

wird erst der Lageplan mit allen bekannten Wirklinien<br />

maßstäblich aufgezeichnet. Nach der Vorüberlegung<br />

wird im Lageplan die Wirklinie der<br />

Spurlagerkraft FB festgelegt. Dazu bringt man die<br />

Wirklinien der Kräfte F und FA zum Schnitt. Ihr<br />

Schnittpunkt S ist ein Punkt der Wirklinie von FB.<br />

Der andere Punkt ist der Lagerpunkt B selbst. Eine<br />

Gerade, durch die Punkte B und S gelegt, muss die<br />

Wirklinie der Spurlagerkraft FB sein.<br />

Nachdem nun alle Wirklinien bekannt sind, wird<br />

der Kräfteplan gezeichnet. Man legt den Kräftemaßstab<br />

fest und verschiebt zuerst die gegebene<br />

Kraft F parallel aus dem Lageplan. Dann wird das<br />

Krafteck mit den parallel verschobenen Kräften FA<br />

und FB auf genau die gleiche Weise geschlossen<br />

wie bei der vierten Grundaufgabe (Seite 32).<br />

Aus der Länge der Kraftpfeile werden wieder mit<br />

Hilfe des Kräftemaßstabs die Beträge der Kräfte<br />

FA und FB berechnet. Dasselbe gilt für die Komponenten<br />

FBx und FBy der Spurlagerkraft.<br />

Der Richtungssinn der gesuchten Kräfte ergibt sich<br />

aus dem Umfahrungssinn des Kraftecks nach der<br />

„Einbahnverkehrs“-Regel. Den Neigungswinkel<br />

der Spurlagerkraft entnimmt man dem Lageplan<br />

oder dem Kräfteplan.<br />

Zum Schluss wird der Richtungssinn der gefundenen<br />

Kräfte in den Lageplan übertragen.<br />

Lageplan<br />

Längenmaßstab: ML ¼ 1,5 m<br />

cm<br />

ð1 cm¼b 1,5 mÞ<br />

Gemessen wird:<br />

FA ¼ 1,7 cm 15 kN<br />

¼ 25,5 kN<br />

cm<br />

FB ¼ 2,6 cm 15 kN<br />

¼ 39 kN<br />

cm<br />

Kräfteplan<br />

Kräftemaßstab:<br />

MK ¼ 15 kN<br />

cm<br />

ð1 cm¼b 15 kNÞ<br />

Ergebnis:<br />

Um Gleichgewicht zu erreichen, muss im<br />

Halslager eine Kraft von 25,5 kN waagerecht<br />

nach links, im Spurlager eine Kraft von<br />

39 kN nach rechts oben wirken.


50<br />

Arbeitsplan zum 3-Kräfte-Verfahren:<br />

Lageplan mit freigemachtem Bauteil zeichnen und darin Wirklinien der 1. Schritt<br />

Belastung und der einwertigen Lagerkraft festlegen.<br />

Bekannte Wirklinien zum Schnitt S bringen. 2. Schritt<br />

Schnittpunkt S mit zweiwertigem Lagerpunkt verbinden; damit sind alle<br />

Wirklinien bekannt.<br />

Krafteck mit einer bekannten Kraft beginnen und mit den unbekannten Kräften<br />

schließen. Richtungssinn in den Lageplan übertragen.<br />

Aufgaben Nr. 83–116<br />

b) Das 4-Kräfte-Verfahren (Gleichgewicht von 4 nicht parallelen Kräften)<br />

Vier nicht parallele Kräfte sind im Gleichgewicht,<br />

wenn die Resultierende je zweier Kräfte<br />

eine gemeinsame Wirklinie haben – die Culmann’sche<br />

Gerade – und das Krafteck sich<br />

schließt.<br />

Aufgabe: Ein gerader Stab hat an seinen beiden<br />

Enden zwei frei drehbare Rollen A und B, die sich<br />

an einer vertikalen und einer abwärts geneigten<br />

Fläche reibungsfrei abstützen. Der Stab würde<br />

durch die Kraft F1 ¼ 50 N nach unten verschoben<br />

werden, wenn ihn nicht die waagerecht gespannte<br />

Zugfeder in der skizzierten Ruhelage festhielte.<br />

Die Federkraft F2 und die Stützkräfte FA, FB an<br />

den Rollen sollen zeichnerisch ermittelt werden.<br />

Vorüberlegung: Der Lageplan des freigemachten<br />

Rollstabs zeigt die Kräfte:<br />

Belastung F1: Betrag, Wirklinie und Richtungssinn<br />

sind bekannt;<br />

Federkraft F2: Betrag unbekannt, Wirklinie und<br />

Richtungssinn bekannt (Zugfeder überträgt nur<br />

Zugkräfte in Spannrichtung);<br />

Stützkraft FA: Betrag unbekannt, Wirklinie und<br />

Richtungssinn bekannt (Rollkörper);<br />

Stützkraft FB: Betrag unbekannt, Wirklinie und<br />

Richtungssinn bekannt (Rollkörper).<br />

1 Statik in der Ebene<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

Hinweis: Das 4-Kräfte-Verfahren ist nicht<br />

anwendbar bei mehr als zwei parallelen Kräften.<br />

Dann bleibt nur die rechnerische Lösung<br />

(siehe Seite 44).<br />

Aufgabenskizze<br />

Lageplan


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 51<br />

Es wirken also vier Kräfte mit bekannten Wirklinien<br />

und bekanntem Richtungssinn. Für drei von<br />

ihnen müssen nur noch die Beträge ermittelt<br />

werden.<br />

Werden nun wieder (wie beim 3-Kräfte-Verfahren)<br />

gedanklich je zwei Kräfte zu einer Resultierenden<br />

zusammengefasst, z. B. die Kräfte F1 und FA zu<br />

Fr1,A und die Kräfte F2 und FB zu Fr2,B, hat man<br />

es wiederum mit nur zwei Kräften zu tun. Diese<br />

beiden Resultierenden können nur im Gleichgewicht<br />

stehen, wenn sie eine gemeinsame Wirklinie<br />

haben. Das kann aber nur die Verbindungsgerade<br />

der beiden Schnittpunkte I und II sein.<br />

Die auf der gemeinsamen Culmann’schen Geraden<br />

wirkenden Resultierenden Fr1,A und Fr2,B müssen<br />

natürlich wieder ein geschlossenes Krafteck ergeben.<br />

Welche beiden Kräfte jeweils zu ihrer Resultierenden<br />

zusammengefasst werden, ist gleichgültig.<br />

Man kann z. B. auch die Kräfte F1 und F2 zur<br />

Resultierenden Fr1,2 und FA und FB zur Resultierenden<br />

FrA; B zusammenfassen. Das ergibt dann<br />

zwar eine andere Lage der Culmann’schen Geraden<br />

und ein anderes Krafteck der beiden Resultierenden,<br />

das Ergebnis wird aber hierdurch nicht<br />

beeinflusst. Voraussetzung für die Anwendbarkeit<br />

des 4-Kräfte-Verfahrens ist nur, dass alle vier<br />

Wirklinien bekannt sind.<br />

Lösung: Man zeichnet im maßstäblichen Lageplan<br />

des Rollstabs die Wirklinie der gegebenen<br />

Kraft F1 ein. Nach den Regeln für das Freimachen<br />

der Bauteile (hier Regeln 1 und 4, Seite 12 und 14)<br />

werden die Wirklinien der noch unbekannten<br />

Gleichgewichtskräfte F2, FA und FB ermittelt und<br />

ebenfalls in den Lageplan eingetragen. Dann<br />

bringt man je zwei Wirklinien miteinander zum<br />

Schnitt, z. B. F1 und FA im Schnittpunkt I und F2<br />

und FB im Schnittpunkt II. Jetzt wird die Culmann’sche<br />

Gerade als Verbindungslinie der beiden<br />

Schnittpunkte eingezeichnet. Sie ist die gemeinsame<br />

Wirklinie der beiden Teilresultierenden Fr1,A<br />

und Fr2,B.<br />

Lageplan<br />

Längenmaßstab:<br />

ML ¼ 0,2 m<br />

cm<br />

ð1 cm¼b 0,2 mÞ


52<br />

Im Kräfteplan wird zuerst die gegebene Kraft F1<br />

maßstäblich und richtungsgemäß gezeichnet. Dann<br />

überträgt man die Culmann’sche Gerade vom Lage-<br />

in den Kräfteplan, lässt sie durch Anfangsoder<br />

Endpunkt von F1 laufen und schließt dieses<br />

Krafteck durch die zugehörige Kraft FA. Das<br />

Krafteck zeigt die Kräfte F1, FA und ihre Teilresultierende<br />

Fr1,A. Die gleichgroße Teilresultierende<br />

Fr2,B hat entgegengesetzten Richtungssinn. Aus<br />

ihr und den parallel verschobenen Kräften F2 und<br />

FB wird das zweite Teilkrafteck als Zerlegungsdreieck<br />

gebildet. Damit ist der Kräftezug aus F1,<br />

F2, FB und FA geschlossen.<br />

Aus der Länge der Kraftpfeile werden dann mit<br />

Hilfe des Kräftemaßstabes die Beträge der Gleichgewichtskräfte<br />

berechnet.<br />

Den Richtungssinn der Kräfte F2, FB und FA findet<br />

man aus der Bedingung des fortlaufenden Kräftezugs,<br />

d. h. der Umfahrungssinn beim Einzeichnen<br />

der Pfeilspitzen muss, von F1 ausgehend, beibehalten<br />

werden („Einbahnverkehr“).<br />

Aufgaben Nr. 117–136<br />

Kräfteplan<br />

Kräftemaßstab:<br />

MK ¼ 20 N<br />

ð1cm¼b 20 NÞ<br />

cm<br />

Gemessen wird:<br />

F2 ¼ 2,65 cm 20 N<br />

¼ 53 N<br />

cm<br />

FA ¼ 1,95 cm 20 N<br />

¼ 39 N<br />

cm<br />

FB ¼ 2,6 cm 20 N<br />

¼ 52 N<br />

cm<br />

Ergebnis:<br />

Um Gleichgewicht zu erreichen, muss die<br />

Feder mit 53 N nach links ziehen. An der<br />

Rolle A wirkt die Stützkraft FA mit 39 N nach<br />

rechts und an der Rolle B die Stützkraft FB<br />

mit 52 N nach rechts oben.<br />

Arbeitsplan zum 4-Kräfte-Verfahren:<br />

Lageplan des freigemachten Bauteils zeichnen und darin die Wirklinien der 1. Schritt<br />

Belastung und der Stützkräfte festlegen.<br />

Wirklinien von je zwei Kräften zum Schnitt bringen. 2. Schritt<br />

Gefundene Schnittpunkte zur Wirklinie der beiden Teilresultierenden<br />

(¼ Culmann’sche Gerade) verbinden.<br />

Kräfteplan mit der nach Betrag, Lage und Richtungssinn bekannten Kraft<br />

anfangen.<br />

Kräfteplan mit der Culmann’schen Geraden und den Wirklinien der anderen<br />

Kräfte schließen.<br />

Beachte: Die Kräfte eines Schnittpunkts im Lageplan ergeben ein Teil-Dreieck<br />

im Kräfteplan.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

5. Schritt


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 53<br />

1.2.6 Systemanalytisches Lösungsverfahren zur Stützkraftberechnung<br />

Dieser Abschnitt sollte erst dann bearbeitet werden, wenn die rechnerische Ermittlung von<br />

Stützkräften an zweifach gelagerten Bauteilen sicher beherrscht wird. Die Lehrinhalte dieses<br />

Lösungsverfahrens zur Stützkraftberechnung eignen sich gut für ein abschließendes Statik-Projekt<br />

mit Gruppenarbeit.<br />

Die Bezeichnung „systemanalytisch“ soll darauf hinweisen, dass Kräfte und geometrische<br />

Größen in einem rechtwinkligen Achsenkreuz erfasst und mathematisch allgemein gültig verarbeitet<br />

werden.<br />

Mit den drei rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0 und SM ¼ 0 soll<br />

ein Gleichungssystem entwickelt werden, mit dem die Stützkräfte (Fest- und Loslagerkräfte)<br />

bei beliebiger Lageranordnung „automatisiert“ berechnet werden können. Für die Anzahl der<br />

Belastungskräfte F gibt es keine Beschränkung, auch nicht für ihre Lage zueinander. Vorausgesetzt<br />

wird nur, dass die Körper (Träger, Kran, Hebel usw.) durch ein Festlager und ein Loslager<br />

gehalten werden, wie der Winkelhebel in der vorhergehenden Aufgabe.<br />

Gleichungssysteme dieser Art sind Bausteine für die Entwicklung von Rechnerprogrammen,<br />

die der Techniker für seine Arbeit in der Praxis erstellen kann.<br />

1.2.6.1 Herleitung der Systemgleichungen<br />

Das gesuchte Gleichungssystem soll am Winkelhebel<br />

aus der vorhergehenden Ûbungsaufgabe entwickelt<br />

werden. Dann stehen Vergleichsdaten zur<br />

Verfügung.<br />

Aufgabe: Neben der Bemaßung des Hebels ist die<br />

Belastungskraft F1 mit dem Richtungswinkel a1<br />

gegeben. Zu berechnen sind: Festlagerkraft FF und<br />

deren Komponenten FFx, FFy und die Loslagerkraft<br />

FL. Wichtig ist noch die Erkenntnis, dass bei allen<br />

Aufgaben dieser Art der Richtungswinkel aL der<br />

Loslagerkraft FL bekannt sein muss: Die Loslagerkraft<br />

FL steht immer rechtwinklig auf der Auflagerfläche<br />

(siehe Seite 15).<br />

Aufgabenskizze<br />

Gegeben:<br />

F1 ¼ 1 kN, a1 ¼ 20 , b ¼ 50<br />

l1 ¼ 120 mm, l2 ¼ 40 mm<br />

l3 ¼ 30 mm<br />

Lösung: Die Lageskizze des freigemachten Winkelhebels<br />

wird in den ersten Quadranten eines<br />

rechtwinkligen Achsenkreuzes eingezeichnet.<br />

Aus den gegebenen Maßen lassen sich die Koordinaten<br />

der Kraftangriffspunkte berechnen: x1 und<br />

y1 für die Kraft F1, xF und yF für den Festlagerpunkt<br />

PF und xL, yL für den Loslagerpunkt PL.<br />

Alle gegebenen Größen werden in einer Tabelle<br />

zusammengefasst. Lageskizze


54<br />

Tabelle der gegebenen Größen (Index n steht für 1, 2, 3, usw.)<br />

|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

n<br />

1<br />

Fnin N<br />

1000<br />

an in<br />

20<br />

xn in mm<br />

40<br />

yn in mm<br />

30<br />

Koordinaten des<br />

Festlagerpunkts<br />

xF ¼ 0<br />

yF ¼ 0<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

... ... ... ...<br />

Zeilen für mehr als eine gegebene Kraft,<br />

z. B. bei n ¼ 5fürF1, F2, F3, F4, F5<br />

... ... ... ...<br />

Koordinaten des<br />

Loslagerpunkts<br />

Richtungswinkel<br />

der Loslagerkraft FL<br />

xL ¼ 120 mm<br />

yL ¼ 0<br />

aL ¼ 140<br />

Als erstes werden die Gleichungen für die Momente<br />

M der gegebenen Kraft F1 in Bezug auf den<br />

Festlagerpunkt PF ermittelt.<br />

Diese Gleichungen sollen für beliebig viele gegebene<br />

Kräfte Fn mit beliebigen Richtungswinkeln<br />

an zwischen 0 und 360 gelten, ebenso für<br />

beliebig geformte Bauteile, d. h. für beliebige<br />

Lagen der Kraftangriffspunkte Pn.<br />

Dazu wird nach dem Lageschema der Festlagerpunkt<br />

PF in den Ursprung eines rechtwinkligen<br />

Achsenkreuzes mit den vier Quadranten gelegt.<br />

Die Untersuchung, die gut in Gruppenselbstarbeit<br />

durchführbar ist, führt zu dem folgenden Gleichungssystem<br />

in Abhängigkeit von der jeweiligen<br />

Koordinatenbedingung:<br />

Für Kräfte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezug<br />

auf den Momentendrehpunkt PF im ersten Quadranten<br />

liegt, gilt Gleichung (I):<br />

Für Kräfte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezug<br />

auf den Momentendrehpunkt PF im zweiten Quadranten<br />

liegt, gilt Gleichung (II):<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Lageschema für die Kraftangriffspunkte Pn,<br />

bezogen auf den Momentendrehpunkt (Festlagerpunkt<br />

PF).<br />

Beachte: Damit der Klammerausdruck für die<br />

Koordinatendifferenz in den folgenden Gleichungen<br />

immer einen positiven Wert hat, wird<br />

er in Betragsstriche gesetzt. Es wird also immer<br />

mit dem Absolutwert der Differenz gerechnet.<br />

Mxn ¼ Fn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼þFn sin an jðxn xFÞj<br />

Gilt für xn xF und yn yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

Mxn ¼ Fn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼ Fn sin an jðxn xFÞj<br />

Gilt für xn < xF und yn yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

1 Statik in der Ebene<br />

(I)<br />

(II)


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 55<br />

Für Kräfte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezug<br />

auf den Momentendrehpunkt PF im dritten Quadranten<br />

liegt, gilt Gleichung (III):<br />

Für Kräfte Fn, deren Angriffspunkt Pn in Bezug<br />

auf den Momentendrehpunkt PF im vierten Quadranten<br />

liegt, gilt Gleichung (IV):<br />

Zur Lösung einer Aufgabe ist zuerst die zutreffende<br />

Koordinatenbedingung herauszusuchen. Damit<br />

kann die für diesen Fall gültige Gleichung der vier<br />

Gleichungen (I) ...(IV) festgelegt werden. Zur<br />

Gliederung der Lösung wird dieser Schritt als Abfrage<br />

bezeichnet (siehe auch Seite 61).<br />

Die Rechnung ergibt Mx1 ¼ 28,19 Nm (rechtsdrehend)<br />

für das Moment der x-Komponente F1x.<br />

Die y-Komponente F1y bewirkt das linksdrehende<br />

Moment My1 ¼þ13,68 Nm. Der Drehsinn ist<br />

richtig, wie die Lageskizze zeigt (Seite 53).<br />

Greifen mehr als eine Belastungskraft am Körper<br />

an (F1, F2, F3 ...), muss der Rechnungsgang entsprechend<br />

häufig durchlaufen werden. Für jede<br />

Kraft wird festgestellt, welche der vier Gleichungen<br />

(I) ...(IV) gilt (Abfrage 1). Danach werden<br />

die Momente Mx1, My1, Mx2, My2, Mx3, My3 ...<br />

berechnet.<br />

Der weitere Rechnungsgang vereinfacht sich,<br />

wenn die statischen Momente der Einzelkräfte<br />

Mxn, Myn in Bezug auf den Momentendrehpunkt<br />

PF (Festlagerpunkt) zu einem resultierenden<br />

Gesamtmoment Mg addiert werden.<br />

Mxn ¼þFn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼ Fn sin an jðxn xFÞj<br />

Gilt für xn < xF und yn < yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

Mxn ¼þFn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼þFn sin an jðxn xFÞj<br />

Gilt für xn xF und yn < yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

(III)<br />

(IV)<br />

Nach der Lageskizze (Seite 53) führt die<br />

Abfrage 1 zu<br />

xn ¼ x1 > xF und yn ¼ y1 > yF<br />

(40 mm > 0 und 30 mm > 0).<br />

Ein Vergleich der vier Koordinatenbedingungen<br />

zeigt, dass mit Gleichung (I) zu rechnen<br />

ist.<br />

Mx1 ¼ 1 000 N cos 20 jð30 0Þj mm<br />

Mx1 ¼ 28 190,8 Nmm ¼ 28,19 Nm<br />

My1 ¼þ1 000 N sin 20 jð40 0Þj mm<br />

My1 ¼þ13 680,8 Nmm ¼þ13,68 Nm<br />

In einem Rechnerprogramm sorgt eine Programmschleife<br />

mit Abfrage für die Wiederholung<br />

des Rechengangs (siehe Seite 61).<br />

Mg ¼ SMxn þ SMyn<br />

Mg ¼ Mx1 þ Mx2 þ ...My1 þ My2 þ ...<br />

Beachte: Diese Gleichung hat nur den Zweck,<br />

die Rechnung bei mehreren Kräften Fn zu<br />

vereinfachen.


56<br />

Neben den Belastungskräften Fn wirkt immer noch<br />

die Loslagerkraft FL drehend in Bezug auf den<br />

Festlagerpunkt PF. Deren statisches Moment ist<br />

ML ¼ MxL þ MyL.<br />

Die vier Gleichungen (I) ...(IV) gelten für jede<br />

Kraft, die auf den Körper wirkt, also auch für die<br />

Loslagerkraft FL mit ihren Komponenten<br />

FLx ¼ FL cos aL und FLy ¼ FL sin aL :<br />

Mit der Koordinatenbedingung wird als gültige<br />

Gleichung für die Aufgabe Gleichung (I) ermittelt.<br />

Damit sind alle Gleichungen erfasst, die für die<br />

Momentengleichgewichtsbedingung<br />

SM ðPFÞ ¼ 0 erforderlich sind.<br />

Aus der Momentengleichgewichtsbedingung<br />

SMðPFÞ ¼ 0 wird nun eine Gleichung für die Loslagerkraft<br />

FL entwickelt.<br />

Je nach Lage des Loslagerpunkts PL in Bezug auf<br />

den Momentendrehpunkt PF ergeben sich vier<br />

Gleichungen:<br />

Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf den<br />

Momentendrehpunkt PF im ersten Quadranten,<br />

gilt für die Berechnung von MxL und MyL die Gleichung<br />

(I).<br />

Damit ergibt sich die Gleichung (V):<br />

Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf den<br />

Momentendrehpunkt PF im zweiten Quadranten,<br />

gilt für die Berechnung von MxL und MyL die Gleichung<br />

(II).<br />

Damit ergibt sich die Gleichung (VI):<br />

Da<br />

xL ¼ 120 mm > xF ¼ 0und<br />

yL ¼ 30 mm > yF ¼ 0<br />

ist, liegt der Loslagerpunkt PL im ersten Quadranten,<br />

und es gelten die Gleichungen (I):<br />

MxL ¼ FL cos aLjðyL yFÞj<br />

MyL ¼þFL sin aL jðxL xFÞj<br />

Die Gleichungen werden für die weitere<br />

Entwicklung gebraucht. Da FL noch nicht<br />

bekannt ist, kann ML an dieser Stelle auch<br />

noch nicht berechnet werden.<br />

SM ðPFÞ ¼ 0<br />

SM ðPFÞ ¼ Mg þ MxL þ MyL ¼ 0<br />

Mg ¼ Mx1 þ My1 þ ...Mxn þ Myn<br />

SM ðPLÞ ¼ 0 ¼ Mg þ MxL þ MyL<br />

FL ¼ ?<br />

Mg þ MxL þ MyL ¼ 0<br />

Mg þ½ FL cos aLjðyL yFÞjŠ þ<br />

þ½þFLsin aL jðxL xFÞjŠ ¼ 0<br />

FL ¼<br />

Mg<br />

(I)<br />

sin aLjðxL xFÞj cos aLjðyL yFÞj<br />

(V)<br />

Gilt für xL xF und yL yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

Mg þ MxL þ MyL ¼ 0<br />

Mg þ½ FL cos aLjðyL yFÞjŠ þ<br />

þ½ FL sin aL jðxL xFÞjŠ ¼ 0<br />

FL ¼<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞj cos aLjðyL yFÞj<br />

Gilt für xL < xF und yL yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

1 Statik in der Ebene<br />

(VI)


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 57<br />

Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf den<br />

Momentendrehpunkt PF im dritten Quadranten,<br />

gilt für die Berechnung von MxL und MyL die Gleichung<br />

(III).<br />

Damit ergibt sich die Gleichung (VII):<br />

Liegt der Loslagerpunkt PL in Bezug auf den<br />

Momentendrehpunkt PF im vierten Quadranten,<br />

gilt für die Berechnung von MxL und MyL die Gleichung<br />

(IV).<br />

Damit ergibt sich die Gleichung (VIII):<br />

Eine Abfrage 2imLösungsgang hat das Ziel, die<br />

gültige Gleichung aus (V) ...(VIII) herauszufinden.<br />

Richtgrößen für die Auswahl der richtigen Gleichung<br />

sind die Koordinaten xL, yL, xF, yF (siehe<br />

Lageskizze, Seite 53).<br />

Fehlerwarnung: Der ausgerechnete Betrag für die<br />

Loslagerkraft FL muss immer positiv sein. Ist der<br />

Betrag negativ, muss der Richtungswinkel aL<br />

überprüft werden. Meist wurde sein Betrag um<br />

180 falsch angenommen.<br />

Bis zu diesem Lösungsstand wurde nur die<br />

Momentengleichgewichtsbedingung genutzt und<br />

damit die Loslagerkraft FL berechnet. Jetzt fehlt<br />

noch die Berechnung der Festlagerkraft FF und<br />

deren Richtungswinkel aF. Dazu stehen die beiden<br />

Kräftegleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0<br />

und SFy ¼ 0 zur Verfügung.<br />

Es werden also die gleichen Lösungsschritte wie<br />

bei der üblichen Bearbeitung dieser Aufgabenart<br />

verwendet.<br />

Mg þ MxL þ MyL ¼ 0<br />

Mg þ½þFLcos aLjðyL yFÞjŠ<br />

þ½ FL sin aL jðxL xFÞjŠ ¼ 0<br />

FL ¼<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞjþcos aLjðyL yFÞj<br />

Gilt für xL < xF und yL < yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

Mg þ MxL þ MyL ¼ 0<br />

Mg þ½þFLcos aLjðyL yFÞjŠ þ<br />

þ½þFLsin aL jðxL xFÞjŠ ¼ 0<br />

FL ¼<br />

Mg<br />

(VII)<br />

sin aLjðxL xFÞjþcos aLjðyL yFÞj<br />

Gilt für xL xF und yL < yF<br />

(Koordinatenbedingung)<br />

(VIII)<br />

In der Aufgabe ist<br />

xL ¼ 120 mm > xF ¼ 0 und<br />

yL ¼ yF ¼ 0<br />

Damit gilt für die Berechnung der Loslagerkraft<br />

FL die Gleichung (V) mit xL > xF und<br />

yL ¼ yF.<br />

Da nur eine äußere Kraft F1 am Winkelhebel<br />

angreift, ist die Momentensumme<br />

Mg ¼ Mx1 þMy1 ¼ 28,19 Nmþðþ13,68 NmÞ<br />

Mg ¼ 14,51 Nm.<br />

FL ¼<br />

FL ¼<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞj cos aLjðyL yFÞj<br />

ð 14,51 NmÞ<br />

sin 140 jð0,12 0Þ mj cos 140 jð0 0Þ mj<br />

FL ¼ 188,1 N<br />

Bisher verwendet:<br />

Momentengleichgewichtsbedingung<br />

III. SM ðPFÞ ¼ 0<br />

SMxn þ SMyn þ MxL þ MyL ¼ 0<br />

Noch verwendbar:<br />

Kräftegleichgewichtsbedingung:<br />

I. SFx ¼ 0<br />

SFn cos an þFL cos aL þFF cos aF ¼ 0<br />

II. SFy ¼ 0<br />

SFn sin an þ FL sin aL þ FF sin aF ¼ 0


58<br />

Greifen mehrere Belastungskräfte Fn am Körper<br />

an, werden die Summenausdrücke in Gleichung<br />

(IX) gesondert berechnet. Man erhält damit die<br />

Resultierenden der x-Komponenten Frx und der<br />

y-Komponenten Fry.<br />

In einem Rechnerprogramm wird eine solche<br />

Summierung mit einer von F1 bis Fn laufenden<br />

Schleife durchgeführt.<br />

In der Aufgabe greift nur die Kraft F1 ¼ 1000 N<br />

als Belastungskraft an.<br />

Die Ausdrücke für FF cos aF und FF sin aF aus<br />

den Gleichungen I. und II. (oben rechts) sind die<br />

beiden rechtwinklig aufeinander stehenden Komponenten<br />

der Festlagerkraft FF in x- und y-Richtung.<br />

Der Betrag der Festlagerkraft FF kann daher<br />

mit dem Satz des Pythagoras berechnet werden.<br />

FF ¼<br />

SFn cos an ¼ F1 cos a1 þF2 cos a2 þ...¼ Frx<br />

SFn sin an ¼ F1 sin a1 þF2 sin a2 þ...¼ Fry<br />

(IX)<br />

Eingesetzt in die Kräftegleichgewichtsbedingungen:<br />

I. Frx þ FL cos aL þ FF cos aF ¼ 0<br />

II. Fry þ FL sin aL þ FF sin aF ¼ 0<br />

Frx ¼ F1 cos a1<br />

Frx ¼ 1 000 N cos 20 ¼ 939,7 N<br />

Fry ¼ F1 sin a1<br />

Fry ¼ 1 000 N sin 20 ¼ 342 N<br />

I. FF cos aF ¼ FFx ¼ ðFrx þ FL cos aLÞ<br />

II. FF sin aF ¼ FFy ¼ ðFry þ FL sin aLÞ<br />

FFx ¼ ðFrx þ FL cos aLÞ<br />

FFy ¼ ðFry þ FL sin aLÞ<br />

FF ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FFx 2 þ FFy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

½ ðFrx þ FL cos aLÞŠ 2 þ½ ðFry þ FL sin aLÞŠ 2<br />

q<br />

Für die Aufgabe mit dem Winkelhebel wird<br />

Frx ¼ 939,7 N Fry ¼ 342 N<br />

FL cos aL ¼ 188,1 N cos 140 ¼ 144,1 N<br />

FL sin aL ¼ 188,1 N sin 140 ¼þ120,9 N<br />

FF ¼<br />

(X)<br />

(XIa)<br />

(XIb)<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

½ ð939,7 N þð 144,1 NÞÞŠ 2 þ ½ ð342 N þ 120,9 NÞŠ 2<br />

q<br />

FF ¼ 920,5 N<br />

1 Statik in der Ebene


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 59<br />

Den Abschluss dieses allgemein gültigen Lösungsverfahrens<br />

bilden die Gleichungen, mit denen der<br />

Richtungswinkel aF der Festlagerkraft FF berechnet<br />

werden kann. Hierzu gelten die Ûberlegungen<br />

aus dem Abschnitt 1.2.4.3 und die dort hergeleiteten<br />

Beziehungen.<br />

Je nach Lage der Festlagerkraft FF im Achsenkreuz<br />

gelten dann die in Abschnitt 1.2.4.3 hergeleiteten<br />

Beziehungen zur Berechnung des Richtungswinkels<br />

aF der Festlagerkraft. Die richtige<br />

Auswahl aus den vier Gleichungen erfordert also<br />

noch eine Abfrage 3. Richtgrößen sind hier die<br />

Beträge der Festlagerkomponenten FFx und FFy.<br />

Für die Aufgabe wird nach Gleichung (X):<br />

FFx ¼ ð939,7 N þ 188,1 N cos 140 Þ¼ 795,6 N<br />

FFy ¼ ð342 N þ 188,1 N sin 140 Þ¼ 462,9 N<br />

bF ¼ arctan jFFyj 462,9 N<br />

¼ arctan ¼ 30,19<br />

jFFxj 795,6 N<br />

Gilt für die Komponenten der Festlagerkraft<br />

FFx < 0 und FFy < 0, dann ist der Winkel aF mit<br />

Gleichung (XV) zu berechnen.<br />

Zunächst muss der spitze Winkel b F zwischen<br />

der Wirklinie von FF und der x-Achse<br />

des Achsenkreuzes berechnet werden.<br />

b F ¼ arctan jFFyj<br />

jFFxj<br />

Nach Abschnitt 1.2.4.2 gilt für<br />

FFx 0 und FFy 0:<br />

aF ¼ bF FFx < 0 und FFy 0:<br />

aF ¼ 180 b F<br />

FFx < 0 und FFy < 0:<br />

aF ¼ 180 þ b F<br />

FFx 0 und FFy < 0:<br />

aF ¼ 360 b F<br />

aF ¼ 180 þ b F ¼ 210,19<br />

(XII)<br />

(XIII)<br />

(XIV)<br />

(XV)<br />

(XVI)


60<br />

1.2.6.2 Zusammenstellung der Systemgleichungen<br />

Koordinatenbedingung<br />

xn; xL xF<br />

yn; yL yF<br />

xn; xL < xF<br />

yn; yL yF<br />

xn; xL < xF<br />

yn; yL < yF<br />

xn; xL xF<br />

yn; yL < yF<br />

Abfrage 1 Abfrage 2<br />

Momentenbedingung<br />

der Kräfte Fn<br />

Mxn ¼ Fn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼þFn sin an jðxn xFÞj<br />

Mxn ¼ Fn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼ Fn sin an jðxn xFÞj<br />

(I) FL ¼<br />

(II) FL ¼<br />

Mxn ¼þFn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼ Fn sin an jðxn xFÞj (III) FL ¼<br />

Mxn ¼þFn cos anjðyn yFÞj<br />

Myn ¼þFn sin an jðxn xFÞj (IV) FL ¼<br />

Resultierendes Moment Mg ¼ SMxn þ SMyn<br />

Festlagerkraft FF<br />

Frx ¼ F1 cos a1 þ F2 cos a2 þ ...<br />

Fry ¼ F1 sin a1 þ F2 sin a2 þ ...<br />

FFx ¼ ðFrx þ FL cos aLÞ<br />

FFy ¼ ðFry þ FL sin aLÞ<br />

FF ¼<br />

FF ¼<br />

Abfrage 3<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FFx 2 þ FFy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

½ ðFrx þ FL cos aLÞŠ 2 þ ½ ðFry þ FL sin aLÞŠ 2<br />

q<br />

Richtungswinkel aF<br />

b F ¼ arctan jFFyj<br />

jFFxj<br />

Loslagerkraft FL<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞj cos aLjðyL yFÞj<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞj cos aLjðyL yFÞj<br />

(V)<br />

(VI)<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞj þ cos aLjðyL yFÞj (VII)<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞj þ cos aLjðyL yFÞj<br />

für FFx 0 und FFy 0: aF ¼ b F (XIII)<br />

für FFx < 0 und FFy 0: aF ¼ 180 b F (XIV)<br />

für FFx < 0 und FFy < 0: aF ¼ 180 þ b F (XV)<br />

für FFx 0 und FFy < 0: aF ¼ 360 b F (XVI)<br />

(IX)<br />

(X)<br />

(XIa)<br />

(XIb)<br />

(XII)<br />

(VIII)


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 61<br />

1.2.6.3 Beschreibung des Programmlaufs zur Stützkraftberechnung<br />

Der Ûbungsablauf zeigt, wie ein Rechnerprogramm<br />

gegliedert sein muss.<br />

Nach dem Programmstart folgt die Aufforderung<br />

zur Eingabe der Kraftbeträge Fn, der Richtungswinkel<br />

an und der Koordinaten xn, yn für die<br />

Angriffspunkte sämtlicher Kräfte.<br />

Es folgt eine Programmschleife für die Anzahl der<br />

gegebenen Kräfte und Duchläufe. Für z. B.<br />

F1 ...F6 ist der Anfangswert n ¼ 1, der Endwert<br />

n ¼ AZ (Anzahl) ¼ 6.<br />

Die anschließende Programmverzweigung enthält<br />

die Abfrage 1 zur Lage der Kräfte Fn zur Festlagerkraft<br />

FF: xn xF und yn yF usw., siehe<br />

Gleichungen (I) ...(IV). Danach erfolgt die Zuweisung<br />

der gültigen Gleichung und die Berechnung<br />

der Momente Mxn und Myn.<br />

Nach dem letzten Schleifendurchlauf (n ¼ AZ)<br />

werden die Momente Mxn und Myn zum Gesamtmoment<br />

Mg addiert:<br />

Mg ¼ Mx1 þ Mx2 þ ...þ My1 þ My2 þ ...<br />

Es folgt eine zweite Programmverzweigung mit<br />

den Abfragen 2 nach der Lage der Loslagerkraft<br />

FL zur Festlagerkraft FF, entsprechend den Gleichungen<br />

(V) ...(VIII). Nach dem Ergebnis der<br />

Abfrage wird die gültige Gleichung zugewiesen<br />

und ausgerechnet (FL ¼ ...).<br />

Anschließend werden nach den Gleichungen (IX)<br />

und (X) die Teilresultierenden Frx, Fry der Belastungskräfte<br />

Fn und die Komponenten FFx und FFy<br />

der Festlagerkraft FF berechnet.<br />

Mit Gleichung (XIa) oder (XIb) kann nun die<br />

Festlagerkraft FF berechnet werden.<br />

Mit Gleichung (XII) wird der spitze Winkel b F der<br />

Festlagerkraft FF zur x-Achse berechnet.<br />

Nach dem Ergebnis der Abfrage 3 weist das Programm<br />

eine der Gleichungen (XIII) ...(XVI) zu,<br />

mit der dann der Richtungswinkel aF der Festlagerkraft<br />

FF berechnet wird.


62<br />

1.2.6.4 Ûbung zum systemanalytischen Lösungsverfahren zur Stützkraftberechnung<br />

Die Skizze zeigt den Klapptisch einer Biegepresse<br />

mit der üblichen Bemaßung. 1) Der Tisch wird<br />

durch den Hydraulikkolben um das Festlager<br />

geschwenkt.<br />

Für die skizzierte waagerechte Tischlage sind zu<br />

berechnen:<br />

a) die Koordinaten der Kraftangriffspunkte und<br />

der Richtungswinkel aL der Loslagerkraft FL<br />

(Kolbenkraft),<br />

b) der Betrag der Loslagerkraft FL,<br />

c) der Betrag der Festlagerkraft FF im Schwenklager,<br />

d) der Richtungswinkel aF der Festlagerkraft FF.<br />

Lösung:<br />

a) Die Rechnung wird einfacher, wenn das rechtwinklige<br />

Achsenkreuz so gelegt wird, dass sich<br />

nur positive Koordinaten für die Kraftangriffspunkte<br />

ergeben.<br />

Legt man die x-Achse in den tiefsten Kraftangriffspunkt<br />

(Loslagerkraft FL), wird die<br />

y-Koordinate yL ¼ 0.<br />

b) Die Lageskizze zeigt, dass x1 < xF und y1 ¼ yF<br />

ist (Abfrage 1). Folglich gilt zur Berechnung<br />

der Komponentenmomente Mx1 und My1 die<br />

Gleichung (II). Wegen jðy1 yFÞj ¼ 0 und<br />

cos 270 ¼ 0 ist auch Mx1 ¼ 0. Die Summe<br />

beider Teilmomente ist das Gesamtmoment<br />

Mg ¼ Mx1 þ My1.<br />

1) Aufgabe 91 aus der Aufgabensammlung zur <strong>Technische</strong>n <strong>Mechanik</strong><br />

Aufgabenskizze<br />

Lageskizze des frei gemachten Klapptisches<br />

F1 ¼ 12 000 N, a1 ¼ 270 , x1 ¼ 0,5 m, y1 ¼ 0,1 m<br />

xF ¼ 1m,yF ¼ 0,1 m, xL ¼ 0,7 m, yL ¼ 0<br />

0,3 m<br />

aK ¼ arctan ¼ 30,96<br />

0,5 m<br />

aL ¼ 180 aK ¼ 149,04<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Mx1 ¼ F1 cos a1jðy1 yFÞj<br />

¼ 12 000 N cos 270 jð0,1 0,1Þ mj<br />

Mx1 ¼ 0<br />

My1 ¼ F1 sin a1jðx1 xFÞj<br />

¼ 12 000 N sin 270 jð0,5 1Þ mj<br />

My1 ¼þ6000 Nm<br />

Mg ¼ Mx1 þ My1 ¼ 0 þðþ6000 NmÞ<br />

Mg ¼þ6000 Nm


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 63<br />

Für die Berechnung der Loslagerkraft FL gelten<br />

die Gleichungen (V) ...(VIII).<br />

Nach der Lageskizze ist xL < xF und yL < yF. Die<br />

Loslagerkraft FL ist also mit Gleichung (VII) zu<br />

berechnen (Abfrage 2).<br />

c) Nach Gleichung (IX) werden die Komponenten<br />

Frx und Fry berechnet. Natürlich ist die Komponente<br />

Frx ¼ 0, denn die Kraft F1 wirkt in<br />

y-Richtung, hat also keine Komponente in<br />

x-Richtung.<br />

Jetzt lassen sich mit Gleichung (X) die Komponenten<br />

FFx und FFy der Festlagerkraft FF<br />

berechnen.<br />

Wie bei allen Rechnungen muss auch hier<br />

auf die exakte Vorzeichenmitnahme geachtet<br />

werden.<br />

Mit den Komponenten der Festlagerkraft kann<br />

nach einer der Gleichungen (XIa) oder (XIb)<br />

der Betrag der Festlagerkraft FF berechnet werden.<br />

Da die Komponenten bereits bestimmt<br />

sind, wird die Gleichung (XIa) verwendet.<br />

d) Zum Schluss wird der Richtungswinkel aF der<br />

Festlagerkraft FF ermittelt. Erforderlich ist dazu<br />

der spitze Winkel b F , den die Wirklinie der<br />

Festlagerkraft mit der x-Achse einschließt. Es<br />

gilt die Gleichung (XII).<br />

Bestimmungsgleichung für den Richtungswinkel<br />

aF ist wegen FFx > 0undFFy < 0 die<br />

Gleichung (XVI), ausgewählt durch die Abfrage<br />

3.<br />

Aufgaben Nr. 83–116 und 137–159<br />

FL ¼<br />

Mg<br />

sin aLjðxL xFÞj þ cos aLjðyL yFÞj<br />

FL ¼<br />

ð sin 149,04 jð0,7<br />

ðþ6 000 NmÞ<br />

1Þ mjþ cos 149,04 jð0 0,1 mjÞ<br />

FL ¼ 24 991 N<br />

Frx ¼ F1 cos a1 ¼ 12 000 N cos 270<br />

Frx ¼ 0<br />

Fry ¼ F1 sin a1 ¼ 12 000 N sin 270<br />

Fry ¼ 12 000 N<br />

FFx ¼ ðFrx þ FL cos aLÞ<br />

FFx ¼ ð0þ 24 991 N cos 149,04 Þ<br />

FFx ¼ 21 430 N<br />

FFy ¼ ðFry þ FL sin aLÞ<br />

FFy ¼ ð 12 000 N þ 24 991 N sin 149,04 Þ<br />

FFy ¼ 856,4 N<br />

qffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FF ¼<br />

FFx 2 þ FFy 2<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FF ¼ ð21 430 NÞ 2 þð 856,4 NÞ 2<br />

q<br />

FF ¼ 21 447 N<br />

b F ¼ arctan jFFyj<br />

jFFxj<br />

b F ¼ arctan<br />

j 856,4 Nj<br />

¼ 2,29<br />

j21 430 Nj<br />

aF ¼ 360 b F ¼ 360 2,29<br />

aF ¼ 357,71


64<br />

1.2.7 Stützkraftermittlung beim räumlichen Kräftesystem (Getriebewelle)<br />

Das folgende Beispiel eines räumlichen Kräftesystems soll zeigen, dass mit den Kenntnissen<br />

aus der Statik in der Ebene auch kompliziertere Probleme gelöst werden können.<br />

Die skizzierte Getriebezwischenwelle trägt die beiden<br />

schräg verzahnten Stirnräder 2 und 3. Diese<br />

übertragen das Antriebsmoment M1 des Rades 1<br />

über die Getriebezwischenwelle auf das Stirnrad 4.<br />

Die dabei auftretenden Zahnkraftkomponenten<br />

Tangentialkraft Ft, Radialkraft Fr und Axialkraft<br />

Fa sind bekannt, ebenso die Längen l und die<br />

Wälzkreisradien r.<br />

Mit Hilfe der drei Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0, SFy ¼ 0 und SM ¼ 0 sollen die Gleichungen<br />

zur Berechnung der Stützkräfte FA und<br />

FB in den beiden Lagern entwickelt werden. Hierbei<br />

wird der Versatzwinkel a berücksichtigt. Die<br />

Gleichungen gelten daher für jede beliebige Lage<br />

des Zahneingriffs des Räderpaars 3 und 4.<br />

In die Skizze des räumlichen Achsenkreuzes werden<br />

die Stützkraftkomponenten FAx, FAy, FBx und<br />

FBy eingetragen. Als Richtungssinn für die noch<br />

unbekannten Stützkraftkomponenten FAx, FAy,<br />

FBx, FBy wird, wie immer, die positive Achsenrichtung<br />

gewählt. Der Richtungssinn der Radialkräfte<br />

Fr, der Tangentialkräfte Ft und der Axialkräfte Fa<br />

ergibt sich aus Getriebekonstruktion und Betriebsart<br />

(Schrägstirnräder, Zahneingriffspunkte, Versatzwinkel,<br />

Drehmomentenrichtung).<br />

Am Radmittelpunkt M2 werden parallel zu den<br />

Zahnkraftkomponenten Ft2 und Fa2 zwei gleich<br />

große gegensinnige Kräfte Ft2 und Fa2 angebracht<br />

und Fr2 nach unten verschoben. Damit ergeben<br />

sich die Drehmomente Ma2 und Mt2 und in M2 die<br />

Kräfte Ft2, Fa2 und Fr2. Die Drehmomente der beiden<br />

Kräftepaare wirken drehend, die Zahnkräfte<br />

verschiebend auf die Welle. Am Rad 3 lässt sich<br />

das gleiche Vorgehen wegen des Versatzwinkels a<br />

nicht gut darstellen.<br />

Das Untersuchungsergebnis muss unter Berücksichtigung<br />

des Versatzwinkels a grundsätzlich das<br />

gleiche sein.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Aufgabenskizze zur Getriebezwischenwelle<br />

(Indizes: r für radial, t für tangential, a für<br />

axial)<br />

Lageskizze 1 der freigemachten Getriebewelle<br />

Hinweis: Das Anbringen von zwei gleich<br />

großen gegensinnigen Kräften (z. B. Ft2)<br />

ändert am Kräftesystem nichts, zeigt aber,<br />

welche Wirkung die Einzelkraft in Bezug auf<br />

den gewählten Punkt (M2) hat. Das (gestrichene)<br />

Kräftepaar wirkt drehend, die Einzelkraft<br />

(Ft2) schiebend (biegend).


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 65<br />

Vor dem Ansetzen der Gleichgewichtsbedingungen<br />

zur Berechnung der Stützkräfte wird untersucht,<br />

mit welcher Winkelfunktion die Zahnkräfte<br />

am Stirnrad 3 zu berechnen sind.<br />

Die Lageskizze 2 gibt darüber Aufschluss:<br />

In y-Richtung gilt Ft3y ¼ Ft3 sin a<br />

Fr3y ¼ Fr3 cos a<br />

In x-Richtung gilt Ft3x ¼ Ft3 cos a<br />

Fr3x ¼ Fr3 sin a<br />

Eine Ûberprüfung mit anderen Zahneingriffspunkten<br />

zeigt, dass diese Gleichungen für alle Versatzwinkel<br />

a zwischen 0 und 360 gelten.<br />

Der Wirkabstand der Axialkraft Fa3 bezogen auf<br />

den Radmittelpunkt M3 beträgt r3 cos a.<br />

Begonnen wird mit den Gleichgewichtsbedingungen<br />

für die in der z, y-Ebene wirkenden Kräfte<br />

und Kraftmomente.<br />

In y-Richtung wirken die gesuchten Stützkräfte FAy<br />

und FBy, deren Richtungssinn wie immer in positiver<br />

y-Richtung angenommen wird (siehe Seite 28).<br />

Der Richtungssinn der Axialkräfte Fa2 und Fa3<br />

wird der Aufgabenskizze entnommen. Er richtet<br />

sich nach der Drehrichtung der Stirnräder. Nicht<br />

zu vergessen ist, dass durch den Versatz um den<br />

Winkel a auch die Tangentialkraft Ft3 eine y-Komponente<br />

hat (Ft3 sin a, siehe Lageskizze 2 der<br />

Zahnkräfte am Rad 3.<br />

Lageskizze 2 für die Zahnkräfte am Rad 3<br />

(E Eingriffspunkt, a Versatzwinkel)<br />

Lageskizze 3 der Welle für den Kraftangriff<br />

in der z, y-Ebene<br />

Beachte: In der z, y-Ebene liegen auch die<br />

Axialkräfte Fa2 und Fa3. Diese haben eine<br />

Kippwirkung auf die Welle (rechtsdrehend)<br />

und beeinflussen damit die Stützkraftkomponenten<br />

FAy und FBy.<br />

Man beginnt mit der Momentengleichgewichtsbedingung um den Lagerpunkt B:<br />

SMðBÞ ¼ 0 ¼ FAyl Fa2r2 þ Fr2ðl l1Þ ðFr3 cos a þ Ft3 sin aÞ l3 Fa3r3 cos a<br />

FAy ¼ Fa2r2 þ Fr2ðl l1Þ ðFr3 cos a þ Ft3 sin aÞ l3 Fa3r3 cos a<br />

l<br />

(1)


66<br />

Um direkt eine Gleichung für die andere Stützkraftkomponente<br />

FBy zu bekommen, wird die<br />

Momentengleichgewichtsbedingung noch einmal<br />

angesetzt, diesmal um den Lagerpunkt A:<br />

Beachte: Die Kräftegleichgewichtsbedingung<br />

SFy ¼ 0 wird dann zur Kontrolle der voraufgegangenen<br />

Rechnung benutzt.<br />

SM ðAÞ ¼ 0 ¼ Fr2l1 þðFr3 cos a þ Ft3 sin aÞðl1 þ l2ÞþFByl Fa2r2 Fa3r3 cos a<br />

FBy ¼ Fr2l1 ðFr3 cos a þ Ft3 sin aÞðl1 þ l2ÞþFa2r2 þ Fa3r3 cos a<br />

l<br />

Zur Kontrolle:<br />

SFy ¼ 0 ¼ FAy Fr2 þ Fr3 cos a þ Ft3 sin a þ FBy (3)<br />

Aus der Kräftegleichgewichtsbedingung in z-Richtung<br />

ergibt sich:<br />

SFz ¼ 0 ¼ Fa2 Fa3 Fa<br />

Fa ¼ Fa2 Fa3 (4)<br />

Nun werden die Gleichgewichtsbedingungen für<br />

die in der z, x-Ebene wirkenden Kräfte und Kraftmomente<br />

entwickelt. Aus der Lageskizze 4 ist<br />

abzulesen:<br />

SMðBÞ ¼ 0 ¼ FAxl þ Ft2ðl l1Þþ<br />

þðFt3 cos a Fr3 sin aÞ l3<br />

FAx ¼ Ft2ðl l1ÞþðFt3 cos a Fr3 sin aÞ l3<br />

l<br />

SM ðAÞ ¼ 0 ¼ Ft2l1 þðFr3 sin a<br />

Ft3 cos aÞðl1 þ l2ÞþFBxl<br />

FBx ¼ Ft2l1 ðFr3 sin a Ft3 cos aÞðl1 þ l2Þ<br />

l<br />

Zur Kontrolle:<br />

(5)<br />

(6)<br />

SFx ¼ 0 ¼ FAx Ft2 þ Fr3 sin a Ft3 cos a þ FBx (7)<br />

1 Statik in der Ebene<br />

(2)<br />

Die Axialkraft Fa ist die Differenz der beiden<br />

Axialkräfte Fa2 und Fa3. Sie wird entweder in<br />

A oder in B von einem Festlager aufgenommen.<br />

Lageskizze 4 der Welle für den Kraftangriff<br />

in der z, x-Ebene


1.2 Die Grundaufgaben der Statik 67<br />

Die Stützkraftkomponenten FAx und FAy stehen<br />

rechtwinklig aufeinander, ebenso FBx und FBy. Mit<br />

dem Lehrsatz des Pythagoras lassen sich daher die<br />

Stützkräfte FA und FB berechnen.<br />

Die Gleichungen (1), (2), (5) und (6) werden in<br />

die Gleichungen (8) und (9) eingebracht. Dann stehen<br />

zwei direkt auswertbare Gleichungen für die<br />

Stützkräfte zur Verfügung.<br />

FA ¼ 1<br />

l<br />

FB ¼ 1<br />

l<br />

FA ¼<br />

FB ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FAx 2 þ FAy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FBx 2 þ FBy 2<br />

q<br />

(8)<br />

(9)<br />

Hinweis: Für die Ermittlung des Biegemomentenverlaufs<br />

werden die Stützkraftkomponenten<br />

FAx, FBx und FBy gebraucht,<br />

für die Lagerberechnung die resultierenden<br />

Stützkräfte FA und FB.<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

½Ft2ðl l1Þþl3ðFt3 cos a Fr3 sin aÞŠ 2 þ<br />

þ½Fr2ðl l1Þ Fa2r2 l3ðFr3 cos a þ Ft3 sin aÞ Fa3r3 cos aŠ 2<br />

s<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

½Ft2l1 ðl1 þ l2ÞðFr3 sin a Ft3 cos aÞŠ 2 þ<br />

þ½Fr2l1 ðl1 þ l2ÞðFr3 cos a þ Ft3 sin aÞþFa2r2 þ Fa3r3 cos aŠ 2<br />

s<br />

Berechnungsbeispiel:<br />

Für die Getriebezwischenwelle aus der Aufgabenskizze<br />

(Seite 64) sollen die Stützkräfte berechnet<br />

werden. Aus dem Getriebeentwurf sind alle erforderlichen<br />

Längen und Zahnkräfte des Schrägstirnradgetriebes<br />

bekannt, ebenso die Wälzkreisradien<br />

r2 und r3 sowie der Versatzwinkel a.<br />

Gegeben:<br />

Fr2 ¼ 2 081 N<br />

Fr2 ¼ 784 N<br />

Fa2 ¼ 558 N<br />

r2 ¼ 50,5 mm<br />

Versatzwinkel a ¼ 0<br />

Ft3 ¼ 2 586 N<br />

Fr3 ¼ 956 N<br />

Fa3 ¼ 693 N<br />

r3 ¼ 40,6 mm<br />

Gesucht:<br />

FAx, FBx, FAy, FBy, FA, FB, Fa<br />

(10)<br />

(11)<br />

l ¼ 220 mm<br />

l1 ¼ 70 mm<br />

l2 ¼ 100 mm<br />

l3 ¼ 50 mm<br />

Die Auswertung der entwickelten Gleichungen (1) ...(9) führt zu folgenden Ergebnissen:<br />

FAx ¼ 2 006,6 N<br />

FBx ¼ 2 660,4 N<br />

FAy ¼ 61,3 N<br />

FBy ¼ 233,3 N<br />

FA ¼ 2 007,5 N<br />

FB ¼ 2 670,6 N<br />

Fa ¼ 135 N<br />

Kontrolle:<br />

SFx ¼½2006,6 2 081 þ 956 sin 0 2 586 cos 0 þ 2 660,4Š N ¼ 0<br />

SFy ¼½61,3 784 þ 956 cos 0 þ 2 586 sin 0 þð 233,3ÞŠ N ¼ 0


68<br />

1.3 Statik der ebenen Fachwerke<br />

1.3.1 Gestaltung von Fachwerkträgern<br />

Fachwerkträger sind aus Profilstäben zusammengesetzte<br />

Tragkonstruktionen (Biegeträger), z. B.<br />

für Brücken, Krane, Dachbinder, Gerüste. Sie<br />

haben einen geringeren Materialaufwand als Vollwandträger<br />

und erscheinen durch ihre Netzkonstruktion<br />

optisch leichter. Nachteilig ist die arbeitsintensivere<br />

Fertigung.<br />

Fachwerkträger sind meist in zwei oder mehr<br />

parallelen Ebenen aufgebaut. Jede Trägerebene<br />

wird dann als ebenes Fachwerk angesehen.<br />

Die äußere Form eines Fachwerkträgers kann frei<br />

gestaltet werden. Geometrisches Element des<br />

Fachwerks ist der Dreiecksverband. Das Dreieck<br />

ist die einfachste „starre“ Figur. Durch Ansetzen<br />

solcher Dreiecksverbände werden die verschiedenen<br />

Fachwerksformen (z. B. parallelgurtig, trapezförmig)<br />

als Streben- oder Pfosten-Streben-Fachwerk<br />

entwickelt. Der Obergurt kann parallel zum<br />

Untergurt laufen, aber auch z. B. dem Biegemomentenverlauf<br />

des Trägers angepasst werden. Siehe<br />

dazu Festigkeitslehre, Abschnitte 5.9.7, Seite 333<br />

und 5.9.10, Seite 349.<br />

Unter den skizzierten Fachwerksformen in der<br />

rechten Spalte stehen in Klammern die Angaben<br />

für die Anzahl der Knoten k (z. B. k ¼ 11) und die<br />

Anzahl der Stäbe s des Fachwerks (z. B. s ¼ 19).<br />

Diese Größen werden im folgenden Kapitel zum<br />

Ansatz der Gleichgewichtsbedingungen für die<br />

statische Bestimmtheit des Trägers gebraucht.<br />

Die Profilstäbe werden untereinander im so genannten<br />

Knoten mit Knotenblechen verbunden,<br />

wobei sich die Profil-Schwerachsen möglichst im<br />

Knotenpunkt schneiden sollen. Damit wird das<br />

Einleiten von größeren Biegemomenten in die Verbindung<br />

vermieden und die Knotenpunkte können<br />

als Gelenkpunkte für Zweigelenkstäbe angesehen<br />

werden (siehe Statik, 1.1.7.3, Seite 13). Der Knoten<br />

kann genietet, geschraubt, geschweißt oder<br />

z. B. bei Leichtmetallprofilen geklebt sein.<br />

Streben-Fachwerkträger, parallelgurtig<br />

(k ¼ 11 Knoten, s ¼ 19 Stäbe)<br />

Pfosten-Streben-Fachwerkträger, Biegemomentenverlauf<br />

trapezförmig angepasst<br />

(k ¼ 18 Knoten, s ¼ 33 Stäbe)<br />

Polygon-Fachwerkträger, Biegemomentenverlauf<br />

angepasst<br />

(k ¼ 7 Knoten, s ¼ 11 Stäbe)<br />

Geschraubter Knoten<br />

1 Statik in der Ebene


1.3 Statik der ebenen Fachwerke 69<br />

1.3.2 Die Gleichgewichtsbedingungen am statisch bestimmten Fachwerkträger<br />

Der skizzierte einfachste Fachwerkträger besteht<br />

aus den drei Stäben 1, 2, 3, die in Dreiecksform in<br />

den Knoten I, II und III miteinander verbunden<br />

sind. Øußere Kräfte F dürfen nur über die Knoten<br />

in das Tragwerk eingeleitet werden (Kraft F in<br />

Knoten II). Im Festlager A und Loslager B ist der<br />

Träger mit den drei Auflagerkräften FAx, FAy und<br />

FB wie üblich statisch bestimmt abgestützt (statisches<br />

Gleichgewicht, siehe z. B. Abschnitt 1.2.5.3,<br />

Seite 44). Beim Vollwandträger sind damit die<br />

Gleichgewichtsbetrachtungen abgeschlossen. Beim<br />

Fachwerkträger dagegen muss zusätzlich die Verschiebbarkeit<br />

der Stäbe gegeneinander untersucht<br />

werden. Man unterscheidet daher zwischen äußerer<br />

und innerer statischer Bestimmtheit.<br />

Ist k die Anzahl der Knoten für das ganze System,<br />

so ist wegen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0 die Anzahl der<br />

zur Verfügung stehenden Gleichgewichtsbedingungen<br />

2k.<br />

Ist s die Anzahl der unbekannten Stabkräfte, dann<br />

ist mit den drei Lagerkräften FAx, FAy, FB die<br />

Anzahl der unbekannten Kräfte s þ 3.<br />

Bei einem statisch bestimmten System muss die<br />

Anzahl der Lösungsgleichungen gleich der Anzahl<br />

der Unbekannten sein, hier also 2 k ¼ s þ 3. Es ist<br />

üblich, diese Gleichung nach der Anzahl s der erforderlichen<br />

Profilstäbe aufzulösen und als Bedingung<br />

für die innere statische Bestimmtheit die<br />

Gleichung s ¼ 2 k 3 zu verwenden.<br />

Der skizzierte Fachwerkträger mit vier Knoten<br />

(k ¼ 4) und vier Stäben (s ¼ 4) ist in der eingezeichneten<br />

Drehrichtung beweglich (Gelenkviereck),<br />

für Kraftübertragungen daher ungeeignet.<br />

Enthält ein Fachwerk ein solches Stabsystem,<br />

nennt man es statisch unbestimmt. Die Bedingung<br />

für statische Bestimmtheit ist hier mit k ¼ 4<br />

Knoten und s ¼ 4 Stäben nicht erfüllt<br />

(s ¼ 4 < 2 k 3 ¼ 5). Aus dem statisch unbestimmten<br />

Fachwerk wird ein statisch bestimmtes<br />

erst bei Hinzunahme eines fünften Stabes:<br />

s ¼ 5 ¼ 2 4 3.<br />

Freigemachter einfachster Fachwerkträger<br />

(Stabdreieck, Dreiecksverband)<br />

k ¼ 3 Knoten, s ¼ 3 Stäbe<br />

2k ¼ Anzahl der Gleichgewichtsbedingungen<br />

(hier 2 3 Knoten ¼ 6 Gleichgewichtsbedingungen)<br />

s þ 3 ¼ Anzahl unbekannter Kräfte<br />

(hier s þ 3 ¼ 3 þ 3 ¼ 6 unbekannte Kräfte)<br />

2 k ¼ s þ 3<br />

s ¼ 2 k 3<br />

Bedingung für die innere statische<br />

Bestimmtheit<br />

(mit s ¼ 2 k 3 ¼ 2 3 3 ¼ 6 3 ¼ 3<br />

Stäbe hier erfüllt)<br />

Bewegliches Fachwerk, statisch unbestimmt<br />

(Gelenkviereck): s < 2 4 3 ¼ 5


70<br />

Die skizzierten vier Fachwerke mit 6 Knoten<br />

sollen mit Hilfe der Bedingung für statische<br />

Bestimmtheit untersucht werden.<br />

Fachwerk a) ist mit einem Fest- und einem Loslager<br />

sowie mit s ¼ 9 Stäben äußerlich und innerlich<br />

statisch bestimmt (2 k 3 ¼ 2 6 3 ¼ 9).<br />

Fachwerk b) ist wie a) äußerlich statisch bestimmt,<br />

jedoch innerlich statisch unbestimmt, weil bei<br />

2 k 3 ¼ 2 6 3 ¼ 9 die Stabzahl s ¼ 8 < 9 ist.<br />

Fachwerk c) ist wie a) und b) äußerlich statisch<br />

bestimmt, innerlich mit s ¼ 10 Stäben jedoch statisch<br />

unbestimmt.<br />

Fachwerk d) ist zwar wie a) innerlich statisch<br />

bestimmt, mit einem Fest- und zwei Loslagern<br />

jedoch äußerlich statisch unbestimmt.<br />

1.3.3 Ermittlung der Stabkräfte im Fachwerkträger<br />

Die Verfahren zur Ermittlung der Stabkräfte werden<br />

am Beispiel des gezeichneten Fachwerkträgers<br />

erläutert (Knotenschnittverfahren, Ritter’sches<br />

Schnittverfahren und Cremonaplan).<br />

Der Träger besteht aus den Obergurtstäben 1, 4, 8,<br />

11, den Untergurtstäben 2, 6, 10, den Pfosten oder<br />

Vertikalen 3, 9 und den Schrägen oder Diagonalen<br />

5 und 7. Belastet wird der Träger mit den Vertikalkräften<br />

F1 ¼ 4 kN, F2 ¼ 2 kN und F3 ¼ 3 kN.<br />

Es ist immer zweckmäßig, zuerst aus der Trägerbelastung<br />

und den Abmessungen die Auflagerkräfte<br />

zu bestimmen. Nach der Ermittlung aller<br />

Stabkräfte hat man dann immer eine Kontrolle<br />

auch für die Auflagerkräfte (siehe Knoten VII im<br />

folgenden Knotenschnittverfahren).<br />

Mit den rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0, SFy ¼ 0 und SM ¼ 0 ergibt sich:<br />

FA ¼ 4,75 kN und FB ¼ 4,25 kN.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Beispiele für die statische Bestimmtheit<br />

Aufgabenskizze<br />

Hinweis: Der Trägerist äußerlich und innerlich<br />

statisch bestimmt. s ¼ 2 7 3 ¼ 11 Stäbe.<br />

SFx ¼ 0; keine waagerechten Kräfte vorhanden.<br />

SFy ¼ 0 ¼þFA F1 F2 F3 þ FB<br />

SMðIÞ ¼ 0 ¼ F1 2m F2 4m F3 6m<br />

þ FB 8m<br />

FB ¼ F1 2mþ F2 4mþ F3<br />

8m<br />

6m<br />

¼ 4,25 kN<br />

FA ¼ F1 þ F2 þ F3 FB ¼ 4,75 kN<br />

1.3.3.1 Das Knotenschnittverfahren<br />

(rechnerisches oder zeichnerisches Verfahren zur Ermittlung aller Stabkräfte)<br />

Mit einem Rundschnitt werden alle Knoten (k ¼ 7) freigemacht und in ein rechtwinkliges<br />

Achsenkreuz gelegt.<br />

Die noch unbekannten Stabkräfte FS1 ...FS11 trägt man in den Knotenpunkt I ...VII als<br />

Zugkräfte positiv (þ) ein.


1.3 Statik der ebenen Fachwerke 71<br />

Für jeden Knotenpunkt stehen die beiden Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0undSFy ¼ 0<br />

zur Berechnung von zwei unbekannten Stabkräften zur Verfügung. Wurden vorher die Auflagerkräfte<br />

FA und FB berechnet, liegen meistens dort die Ausgangsknoten für den Berechnungsgang,<br />

wie hier im Beispiel die Knoten I und VII mit den zwei unbekannten Stabkräften<br />

FS1 und FS2 am Knoten I und FS10 und FS11 am Knoten VII. Von den anschließenden Knoten<br />

sucht man sich denjenigen mit maximal zwei unbekannten Stabkräften heraus und erhält nacheinander<br />

alle Stabkräfte des Fachwerkträgers. Häufig ist dieses schrittweise Vorgehen einfacher<br />

als das Aufstellen und Lösen eines Gleichungssystems.<br />

Das Knotenschnittverfahren kann auch zeichnerisch durchgeführt werden. Die entsprechenden<br />

Skizzen der Kräftepläne zur zeichnerischen Ermittlung der unbekannten Stabkräfte wurden<br />

daher mit aufgenommen. Sie stehen rechts neben den Skizzen der freigemachten Knoten und<br />

führen zum Verständnis des Cremonaplans in 1.3.3.3.<br />

Zur Lagebestimmung der schrägen Stabkräfte als Zugkräfte wird der Winkel a als spitzer Winkel<br />

zur x-Achse verwendet. Es gelten dann die Beziehungen FSx ¼ FS cos a für die x-Komponente<br />

und FSy ¼ FS sin a für die y-Komponente der Stabkraft FS (siehe 1.1.6.2, Seite 9).<br />

Der Winkel a beträgt 45 .<br />

Die vorher berechneten Stützkräfte betragen FA ¼ 4,75 kN, FB ¼ 4,25 kN. Im Knoten I greifen<br />

außer der bereits ermittelten Stützkraft FA ¼ 4,75 kN nur noch die beiden Stabkräfte FS1<br />

und FS2 an, die nun berechnet werden können:<br />

Für Knoten I gilt:<br />

I) SFx ¼ 0 ¼ FS1 þ FS2 cos a<br />

II) SFy ¼ 0 ¼ FA FS2 sin a<br />

I) und II) FS2 ¼ FS1=cos a ¼ FA=sin a<br />

und mit cos a=sin a ¼ 1=tan a<br />

FS1 ¼ FA=tan a ¼ 4,75 kN=1 ¼ 4,75 kN<br />

(Druck)<br />

FS2 ¼ FA=sin a ¼þ6,72 kN (Zug)<br />

Für Knoten II gilt:<br />

I) SFx ¼ 0 ¼ FS1 þ FS4<br />

! FS4 ¼ FS1 ¼ 4,75 kN (Druck)<br />

II) SFy ¼ 0 ¼ F1 FS3<br />

! FS3 ¼ F1 ¼ 4 kN (Druck)<br />

Hinweis zum Kräfteplan:<br />

Die Stabkraft FS1 (Druckkraft) drückt von rechts<br />

nach links wirkend auf den Knoten I.<br />

Im Kräfteplan II muss FS1 als Druckkraft auf den<br />

Knoten II nach rechts wirken.<br />

Für Knoten III gilt:<br />

I) SFx ¼ 0 ¼ FS6 þ FS5 cos a FS2 cos a<br />

II) SFy ¼ 0 ¼ FS3 þ FS2 sin a þ FS5 sin a<br />

II) FS5 ¼ð FS3 FS2 sin aÞ=sin a ¼ 1,06 kN (Druck)<br />

I) FS6 ¼ FS2 cos a FS5 cos a ¼þ5,5 kN (Zug)


72<br />

Für Knoten IV gilt:<br />

I) SFx ¼ 0 ¼ FS8 þ FS7 cos a FS4 FS5 cos a<br />

II) SFy ¼ 0 ¼ F2 FS7 sin a FS5 sin a<br />

II) FS7 ¼ð F2 FS5 sin aÞ= sin a ¼<br />

¼ 1,77 kN (Druck)<br />

I) FS8 ¼ FS4 þ FS5 cos a FS7 cos a ¼<br />

¼ 4,25 kN (Druck)<br />

Für Knoten V gilt:<br />

I) SFx ¼ 0 ¼ FS10 cos a FS6 FS7 cos a<br />

II) SFy ¼ 0 ¼ FS9 þ FS10 sin a þ FS7 sin a<br />

I) FS10 ¼ 0 ¼ðFS6 þ FS7 cos aÞ= cos a ¼<br />

¼þ6,01 kN (Zug)<br />

II) FS9 ¼ 0 ¼ FS7 sin a FS10 sin a ¼ 3kN<br />

(Druck)<br />

Für Knoten VI gilt:<br />

I) SFx ¼ 0 ¼ FS11 FS8<br />

! FS11 ¼ FS8 ¼ 4,25 kN (Druck)<br />

II) SFy ¼ 0 ¼ F3 FS9<br />

! FS9 ¼ F3 ¼ 3 kN (Druck)<br />

Für Knoten VII gilt:<br />

I) SFx ¼ 0 ¼ FS11 FS10 cos a<br />

! FS10 ¼ FS11=cos a ¼þ6,01 kN (Zug)<br />

II) SFy ¼ 0 ¼ FB FS10 sin a<br />

! FB ¼ FS10 sin a ¼þ4,25 kN<br />

(Kontrollrechnung)<br />

1.3.3.2 Das Ritter’sche Schnittverfahren<br />

(rechnerisches Verfahren zur Ermittlung einzelner Stabkräfte)<br />

Nach Ritter können an statisch bestimmten Fachwerkträgern<br />

einzelne Stabkräfte rechnerisch ermittelt<br />

werden, z. B. FS4, FS5 und FS6.<br />

Dazu wird der Träger mit dem Ritter’schen Schnitt<br />

x x in die beiden Teile (a) und (b) zerlegt und an<br />

einem der beiden Teile (a) das Gleichgewicht wieder<br />

hergestellt.<br />

Die Stützkräfte müssen bei diesem Verfahren vorher<br />

ermittelt worden sein:<br />

FA ¼ 4,75 kN, FB ¼ 4,25 kN.<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Lageskizze des Fachwerkträgers mit<br />

Ritter’schem Schnitt x x


1.3 Statik der ebenen Fachwerke 73<br />

Nach den Regeln des Freimachens werden in den<br />

drei Stabquerschnitten die unbekannten Stabkräfte<br />

FS4, FS5 und FS6 als Zugkräfte angebracht.<br />

Das am Trägerteil (a) angreifende Kräftesystem<br />

aus den drei Stabkräften FS4, FS5, FS6, der Belastungskraft<br />

F1 und der Stützkraft FA muss im<br />

Gleichgewicht sein. Nach Ritter werden zur<br />

Berechnung der unbekannten Stabkräfte die drei<br />

Momenten-Gleichgewichtsbedingungen nach Seite<br />

46 angesetzt. Der Ritter’sche Schnitt darf daher<br />

auch nur drei Fachwerkstäbe treffen.<br />

Die drei Momenten-Bezugspunkte dürfen nicht<br />

auf einer Geraden liegen (siehe Seite 46). Knotenpunkt<br />

III bietet sich als erster Bezugspunkt an,<br />

weil er Schnittpunkt zweier unbekannter Kräfte ist<br />

(FS5 und FS6) und sich damit eine Gleichung mit<br />

nur einer Unbekannten ergibt. Die Momenten-<br />

Gleichgewichtsbedingung SM ðIIIÞ ¼ 0 liefert<br />

direkt die Stabkraft FS4 ¼ 4,75 kN (Druckstab).<br />

Als zweiter Bezugspunkt wird der Knotenpunkt<br />

IV gewählt. Er ist Schnittpunkt der Stabkräfte FS4<br />

und FS5 und liefert wieder eine Gleichung mit<br />

einer Unbekannten, der Stabkraft FS6 ¼þ5,5 kN<br />

(Zugstab).<br />

Dritter Bezugspunkt kann I oder II sein. Mit<br />

SM ðIÞ ¼ 0 wird FS5 ¼ 1,06 kN (Druckkraft).<br />

In manchen Fällen wird die Rechnung einfacher,<br />

wenn der Lösungsansatz mit den üblichen drei<br />

Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0, SFy ¼ 0,<br />

SM ðÞ ¼ 0 aufgestellt wird.<br />

Arbeitsplan zum Ritter’schen Schnittverfahren<br />

Kräftesystem am abgeschnittenen<br />

Trägerteil (a)<br />

SM ðIIIÞ ¼ 0 ¼ FS4l FAl<br />

FS4 ¼ FAl<br />

l ¼ FA ¼ 4,75 kN<br />

Das Minuszeichen zeigt an, dass die Kraft<br />

FS4 dem angenommenen Richtungssinn entgegen<br />

wirkt: Stab 4 ist also ein Druckstab.<br />

SM ðIVÞ ¼ 0 ¼ F1l FA 2 l þ FS6l<br />

FS6 ¼ FA 2 l<br />

l<br />

F1l<br />

¼ 2FA F1 ¼ 5,5 kN<br />

SMðIÞ ¼ 0 ¼ FS6l þ FS5l1 F1l<br />

FS5 ¼ F1l FS6l<br />

l1<br />

¼ ðF1 FS6Þl<br />

¼ 1,06 kN<br />

l1<br />

Ergebnis:<br />

Stab 4 ist ein Druckstab mit 4,75 kN<br />

Stab 5 ist ein Druckstab mit 1,06 kN<br />

Stab 6 ist ein Zugstab mit 5,5 kN<br />

Stützkräfte ermitteln (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ðÞ ¼ 0). 1. Schritt<br />

Fachwerk durch einen Schnitt trennen. Der Schnitt darf höchstens drei<br />

Fachwerkstäbe treffen, sie dürfen keinen gemeinsamen Knoten haben.<br />

Lageskizze des abgeschnittenen Trägerteils zeichnen, dabei Stabkräfte als<br />

Zugkräfte annehmen.<br />

Die drei Momenten-Gleichgewichtsbedingungen SMðÞ ¼ 0 aufstellen und<br />

auswerten: positives Ergebnis beim Zugstab, negatives beim Druckstab.<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt


74<br />

1.3.3.3 Der Cremonaplan (zeichnerisches Verfahren zur Ermittlung aller Stabkräfte)<br />

Beim Knotenschnittverfahren im vorstehenden Abschnitt 1.3.3.1 wurde neben der rechnerischen<br />

auch die zeichnerische Ermittlung der beiden unbekannten Stabkräfte dargestellt. Für<br />

jeden Knoten konnte das geschlossene Krafteck aus der gegebenen Kraft und den Wirklinien<br />

der zwei unbekannten Stabkräfte konstruiert werden, z. B. am Knoten I mit der gegebenen<br />

Stützkraft FA und den Wirklinien der Stabkräfte FS1 und FS2. Jede Stabkraft musste bei diesem<br />

Verfahren zweimal gezeichnet werden.<br />

Im Cremonaplan erscheint jede Stabkraft nur einmal. Dazu ist es erforderlich, jedes Krafteck<br />

im gleichen Umfahrungssinn aufzuzeichnen, z. B. im Uhrzeigerdrehsinn. Für den Knoten I des<br />

bekannten Fachwerkträgers ergibt sich dann der Kraftfolgesinn FA ! FS1 ! FS2.<br />

Nach der Aufzeichnung des maßstäblichen Lageplans wird der Kräfteplan der äußeren Kräfte<br />

im festgelegten Kraftfolgesinn konstruiert, hier im Uhrzeigerdrehsinn mit der Folge<br />

FA ! F1 ! F2 ! F3 ! FB.<br />

Begonnen wird der Cremonaplan mit dem Knoten, an dem nur zwei unbekannte Stabkräfte<br />

angreifen, hier z. B. mit Knoten I (auch VII wäre möglich). Im festgelegten Uhrzeigerdreh-<br />

Kräftetabelle<br />

Kräfte in kN (aus Cremonaplan)<br />

Stab Zug Druck<br />

1 4,75<br />

2 6,70<br />

3 4,00<br />

4 4,75<br />

5 1,05<br />

6 5,50<br />

7 1,75<br />

8 4,25<br />

9 3,00<br />

10 6,00<br />

11 4,25<br />

Cremonaplan<br />

Kräftemaßstab<br />

MK ¼ 1,2 m<br />

(1 cm ¼b 1,2 m)<br />

cm<br />

1 Statik in der Ebene<br />

Lageplan<br />

Längenmaßstab:<br />

ML ¼ 1 m<br />

(1 cm ¼b 1m)<br />

cm


1.3 Statik der ebenen Fachwerke 75<br />

sinn ist an die gegebene Stützkraft FA die Stabkraft FS1 (waagerecht) anzuschließen. Das<br />

geschlossene Krafteck mit FS2 kommt nur zustande, wenn von der Pfeilspitze FA die Stabkraft<br />

FS1 nach links gezogen wird.<br />

Wird das gewonnene Krafteck von FA ausgehend umfahren, erhält man den Richtungssinn der<br />

Stabkräfte in Bezug auf den Knoten I. Der gefundene Richtungssinn wird als Pfeil im Lageplan<br />

dicht neben dem Knotenpunkt I eingetragen und man erkennt: Stab 1 ist ein Druckstab (FS1<br />

drückt auf Knotenpunkt I), Stab 2 ist ein Zugstab (FS2 zieht am Knotenpunkt I). Mit dem Eintragen<br />

der Gegenpfeile an den Knotenpunkten II und III im Lageplan und der Vorzeichen (þ)für<br />

Zugstäbe und ( )für Druckstäbe im Kräfteplan ist die Bearbeitung am Knoten I abgeschlossen.<br />

Man geht nun zum Knoten II über, an dem jetzt auch nur noch zwei Stabkräfte (FS3 und FS4)<br />

unbekannt sind, FS1 wurde schon ermittelt. Mit FS1 beginnend (von links nach rechts wirkend)<br />

wird das geschlossene Krafteck im Kraftfolgesinn mit FS1, F1, FS4 und FS3 zurück zum<br />

Anfangspunkt von FS1 konstruiert. Die Reihenfolge der Knotenpunkte ist beliebig, allerdings<br />

dürfen höchstens zwei Kräfte unbekannt sein.<br />

Zum Schluss greift man die Längen für die Stabkräfte ab, berechnet diese mit dem Kräftemaßstab<br />

MK und trägt die Beträge in eine nach Zug- und Druckkräften unterteilte Tabelle ein. Ist<br />

der Fachwerkträger symmetrisch aufgebaut und belastet, genügt es, eine Hälfte des Cremonaplans<br />

zu konstruieren.<br />

Liegt ein Fachwerkstab in der Wirklinie einer äußeren Kraft wie im Knoten II, so ist die Stabkraft<br />

gleich der in Stabrichtung angreifenden Belastung, hier also FS3 ¼ F1 ¼ 4 kN.<br />

Trägt der Knoten in einem solchen Fall keine Belastung (F1 ¼ 0), so nennt man den Stab einen<br />

Nullstab. Diese Nullstäbe nehmen erst bei elastischer Verformung Kräfte auf. Meist sollen sie<br />

die Knickgefahr langer Druckstäbe verringern.<br />

Arbeitsplan zur Aufzeichnung des Cremonaplans<br />

Stützkräfte ermitteln (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ðÞ ¼ 0). 1. Schritt<br />

Lageplan zeichnen und den Kraftfolgesinn (Umfahrungssinn) festlegen, z. B.<br />

Uhrzeigerdrehsinn.<br />

2. Schritt<br />

Krafteck der äußeren Kräfte konstruieren, z. B. mit FA, F1, F2, F3, FB. 3. Schritt<br />

Mit dem gewählten Kraftfolgesinn die Kraftecke der Stabkräfte aneinander<br />

reihen, für jeden Knoten eins in beliebiger Reihenfolge.<br />

Nach jeder Krafteckzeichnung den Richtungssinn der Stabkräfte durch Pfeile<br />

in den Lageplan übertragen und Gegenpfeile eintragen.<br />

Im Kräfteplan die Stabkräfte durch Plus- oder Minuszeichen als Zug- oder<br />

Druckkräfte kennzeichnen.<br />

Längen der Stabkräfte abgreifen und deren Beträge unterteilt nach Zug- und<br />

Druckkräften in eine Tabelle eintragen.<br />

Aufgaben Nr. 160–175<br />

4. Schritt<br />

5. Schritt<br />

6. Schritt<br />

7. Schritt


76<br />

2 Schwerpunktslehre<br />

2.1 Begriffsbestimmung für Schwerlinie, Schwerebene<br />

und Schwerpunkt<br />

Man denkt sich einen ebenen Blechabschnitt in<br />

drei Teilkörper zerlegt und durch eine Symmetrieebene<br />

mit den Teilflächen A1, A2 und A3 in zwei<br />

gleichdicke Scheiben geschnitten.<br />

Auf jeden der drei Teilkörper wirkt die Erdanziehung<br />

mit den parallelen Teil-Gewichtskräften FG1,<br />

FG2 und FG3 lotrecht nach unten. Ihre Summe –<br />

die Resultierende – ist die Gewichtskraft des<br />

Blechabschnitts FG ¼ FG1 þ FG2 þ FG3.<br />

Die Wirklinie dieser Resultierenden heißt Schwerlinie,<br />

weil auf ihr die Gewichtskraft oder Schwerkraft<br />

des Körpers wirkt.<br />

Dreht man den Körper in der Symmetrieebene in<br />

eine beliebige andere Lage, erhält man eine zweite<br />

Wirklinie der Gewichtskraft (zweite Schwerlinie,<br />

WL2). Der Schnittpunkt der beiden Schwerlinien<br />

ist der Angriffspunkt der Gewichtskraft FG für jede<br />

Körperlage und heißt Schwerpunkt S.<br />

Alle durch den Schwerpunkt gehenden Geraden<br />

oder Ebenen werden Schwerlinie oder Schwerebene<br />

genannt.<br />

Jede Symmetrielinie ist eine Schwerlinie, jede<br />

Symmetrieebene ist eine Schwerebene. Irgendwo<br />

auf ihnen liegt der Schwerpunkt.<br />

Für komplizierte Körper wird die Lage des<br />

Schwerpunkts durch Versuche ermittelt. Für einfacher<br />

aufgebaute Körper kann man sie mit Hilfe<br />

der in der Statik gewonnenen Erkenntnisse bestimmen:<br />

Man ermittelt die Wirklinie der Gewichtskraft<br />

aus den parallelen Teilgewichtskräften<br />

rechnerisch mit dem Momentensatz (Seite 38),<br />

zeichnerisch mit dem Seileckverfahren (Seite 40),<br />

und zwar für zwei zueinander rechtwinklige Lagen.<br />

In der gezeichneten Lage wird die erste Wirklinie<br />

(WL1) der Gewichtskraft FG ermittelt.<br />

Zur Bestimmung der zweiten Wirklinie<br />

(WL2) muss man sich den Körper um 90 im<br />

Uhrzeigersinn gedreht vorstellen. Es wäre<br />

auch jede andere Winkeldrehung möglich,<br />

jedoch nicht so zweckmäßig.<br />

Im Schwerpunkt S gestützt oder aufgehängt,<br />

bleibt der Körper in jeder beliebigen Lage in<br />

Ruhe, er befindet sich also im Gleichgewicht.<br />

Beachte: Hat der Körper eine Symmetrielinie,<br />

so liegt damit schon eine Schwerlinie<br />

fest. Man braucht dann nur noch die zweite,<br />

rechtwinklig dazu stehende Schwerlinie zu<br />

bestimmen.<br />

Beachte: Der Schwerpunkt ist derjenige körperfeste<br />

Punkt, durch den in jeder Lage des<br />

Körpers die Resultierende der Gewichtskräfte<br />

aller Einzelteilchen hindurchgeht.


2.2 Der Flächenschwerpunkt 77<br />

2.2 Der Flächenschwerpunkt<br />

2.2.1 Flächen haben einen Schwerpunkt<br />

Es soll der Lösungsansatz zur Schwerpunktsbestimmung<br />

für eine dünne, symmetrische Blechscheibe<br />

mit Hilfe des Momentensatzes entwickelt<br />

werden. Dazu denkt man sich die Scheibe aus<br />

zwei Teilstücken mit den Teilflächen A1 und A2<br />

und der Dicke s zusammengesetzt.<br />

Der Schwerpunkt muss auf der Symmetrielinie x<br />

liegen. Man braucht nur noch den Schwerpunktsabstand<br />

x0 von der rechten Blechkante zu bestimmen.<br />

Die Teilgewichtskräfte FG1 und FG2 berechnet man<br />

aus dem Volumen der Teilstücke, der Dichte r<br />

ihres Werkstoffs und der Fallbeschleunigung g.<br />

Das Volumen der Teilstücke wird aus den Teilflächen<br />

A1, A2 und der Blechdicke s bestimmt.<br />

Die Gewichtskraft FG der ganzen Blechscheibe berechnet<br />

man in gleicher Weise mit der Gesamtfläche<br />

A ¼ A1 þ A2.<br />

Dann wird der Momentensatz aufgestellt (Seite 38).<br />

Für die Gewichtskräfte setzt man die oben gefundenen<br />

Beziehungen ein und entwickelt daraus eine<br />

Bestimmungsgleichung für den Schwerpunktsabstand<br />

x0, aus der sich die Blechdicke s, die Dichte<br />

r und die Fallbeschleunigung g herauskürzen.<br />

Das Ergebnis zeigt, dass die Schwerpunktslage<br />

auch mit den Teilflächen und der Gesamtfläche ermittelt<br />

werden kann.<br />

Auch Flächen haben also einen Schwerpunkt.<br />

Die Bestimmung des Flächenschwerpunkts ist z. B.<br />

für die Berechnung von Flächenmomenten zweiten<br />

Grades in der Festigkeitslehre erforderlich.<br />

FG1 ¼ m1g ¼ V1 rg<br />

FG2 ¼ m2g ¼ V2 rg<br />

V1 ¼ A1s und V2 ¼ A2s<br />

folglich ist<br />

FG1 ¼ A1srg und FG2 ¼ A2 srg<br />

FG ¼ FG1 þ FG2 ¼ðA1 þ A2Þ srg<br />

FG ¼ Asrg<br />

Momentensatz:<br />

þFG x0 ¼þFG1x1 þ FG2 x2<br />

Vorzeichen beachten. Linksdrehsinn ist<br />

positiv.<br />

Asrgx0 ¼ A1srgx1 þ A2 srgx2<br />

x0 ¼ ðA1x1 þ A2x2Þ srg<br />

¼<br />

Asrg<br />

A1x1 þ A2x2<br />

A<br />

Ax0 ¼ A1x1 þ A2x2 þ þAnxn ¼ SAnxn<br />

Momentensatz für Flächen<br />

Beachte: Für die Flächenmomente Ax sind<br />

die Vorzeichen entsprechend dem Drehsinn<br />

einzusetzen (links þ, rechts ).<br />

Die Flächenmomente Ax heißen nach<br />

DIN 1304 Flächenmomente 1. Grades.


78<br />

2.2.2 Schwerpunkte einfacher Flächen<br />

Dreieck<br />

Der Schwerpunkt der Dreieckfläche liegt im<br />

Schnittpunkt der Seitenhalbierenden.<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h<br />

3<br />

Parallelogramm<br />

Der Schwerpunkt der Parallelogrammfläche<br />

liegt im Schnittpunkt der Diagonalen.<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h<br />

2<br />

Trapez<br />

Man trägt an die Seite a die Seite b an und umgekehrt.<br />

Damit kann die Strecke AB gezeichnet<br />

werden. Durch eine Gerade verbindet man die Mitten<br />

der Seiten a und b miteinander. Der Schnittpunkt<br />

ist der Flächenschwerpunkt.<br />

Schwerpunktsabstände<br />

Kreisausschnitt<br />

y0 ¼ h<br />

3<br />

y0 0 ¼ h<br />

3<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ 2<br />

3<br />

a þ 2b<br />

a þ b<br />

2a þ b<br />

a þ b<br />

Halbkreisfläche: y0 ¼ 4R<br />

Viertelkreisfläche:<br />

¼ 0,4244 R<br />

3p<br />

pffiffiffiffiffi<br />

4 2R<br />

y0 ¼ ¼ 0,6002 R<br />

3p<br />

Sechstelkreisfläche: y0 ¼ 2R<br />

Kreisringstück<br />

¼ 0,6366 R<br />

p<br />

Schwerpunktsabstand<br />

(Winkel a in Grad<br />

einsetzen)<br />

y0 ¼ 38,197 ðR3 r3 ðR<br />

Þ sin a<br />

2 r2Þ a<br />

Rs<br />

b<br />

Seitenhalbierende<br />

A<br />

S<br />

Diagonale<br />

h<br />

a<br />

S<br />

a<br />

y 0<br />

S<br />

y 0<br />

h<br />

h<br />

b<br />

y’ 0<br />

y 0<br />

a<br />

2<br />

b<br />

2<br />

Die Seite a kann auch nach rechts an die Seite<br />

b, und die Seite b nach links an die Seite a<br />

angetragen werden.<br />

Radius R<br />

Mittelpunkt M<br />

Bogen b<br />

Sehne s<br />

S<br />

<br />

y 0<br />

Bogenlänge b ¼ 2Ra =57,3<br />

Sehnenlänge s ¼ 2R sin a<br />

R<br />

r<br />

S<br />

<br />

M<br />

2 Schwerpunktslehre<br />

y 0<br />

b<br />

B


2.2 Der Flächenschwerpunkt 79<br />

Kreisabschnitt<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ s3<br />

12A<br />

2.2.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Flächen<br />

2.2.3.1 Rechnerische Bestimmung des Flächenschwerpunkts<br />

Der Schwerpunkt zusammengesetzter Flächen<br />

wird mit dem Momentensatz für Flächen nach<br />

2.2.1 bestimmt. Ist die Fläche unsymmetrisch,<br />

muss man die Lage zweier Schwerlinien ermitteln.<br />

Ihr Schnittpunkt ist der Schwerpunkt S.<br />

Man zerlegt die Fläche in Teilflächen mit bekannter<br />

Schwerpunktslage, z. B. in ein Rechteck A1<br />

und ein Quadrat A2, und zeichnet die Teil-Schwerpunkte<br />

S1 und S2 ein. Dann wird ein Momentenbezugspunkt<br />

0 festgelegt, und zwar möglichst so,<br />

dass alle Flächenmomente den gleichen Drehsinn<br />

erhalten. Man wählt hier die rechte untere Ecke<br />

der Fläche und legt durch diesen Punkt ein rechtwinkliges<br />

Achsenkreuz.<br />

Aus den gegebenen Abmessungen berechnet man<br />

die Teilflächen A1 und A2, ihre Schwerpunktsabstände<br />

x1, x2 von der y-Achse und y1, y2 von der<br />

x-Achse und die Gesamtfläche A.<br />

Aus 2.2.1 ist bekannt, dass die Flächeninhalte wie<br />

Gewichtskräfte behandelt werden können. Das<br />

wird durch vertikal nach unten und horizontal<br />

nach rechts gerichtete Pfeile in den Teilschwerpunkten<br />

angedeutet. Den Gesamtschwerpunkt S<br />

legt man an eine beliebige Stelle und trägt die beiden<br />

Pfeile A für die Gesamtfläche und die Schwerpunktsabstände<br />

x0 und y0 ein.<br />

Sehnenlänge s ¼ 2R sin a<br />

Flächeninhalt<br />

Rðb<br />

A ¼<br />

sÞþsh<br />

2<br />

Bogenhöhe h ¼ 2R sin 2 ða=2Þ<br />

A1 ¼ 80 mm 60 mm ¼ 4 800 mm 2<br />

A2 ¼ 40 mm 40 mm ¼ 1 600 mm 2<br />

A ¼ A1 þ A2 ¼ 6 400 mm 2<br />

x1 ¼ 30 mm x2 ¼ 80 mm<br />

y1 ¼ 40 mm y2 ¼ 20 mm


80<br />

Mit Hilfe der vertikalen „Flächenpfeile“ kann man<br />

nun den Momentensatz für Flächen bezogen auf<br />

den Punkt 0 aufstellen. Dabei muss man auf den<br />

Momentendrehsinn achten. In diesem Fall sind alle<br />

Momente linksdrehend. Sie erhalten das positive<br />

Vorzeichen.<br />

Aus dem Momentensatz entwickelt man eine<br />

Bestimmungsgleichung für den Schwerpunktsabstand<br />

x0 und berechnet ihn daraus.<br />

Zur Ermittlung der waagerechten Schwerlinie<br />

stellt man noch einmal den Momentensatz für den<br />

Bezugspunkt 0 auf, diesmal mit den waagerechten<br />

„Flächenpfeilen“. Daraus berechnet man den Abstand<br />

y0 des Schwerpunkts S von der x-Achse auf<br />

die gleiche Weise wie vorher den Abstand x0. Bei<br />

diesem Ansatz sind alle Momente rechtsdrehend,<br />

also negativ.<br />

Mit dem Schnittpunkt der beiden Schwerlinien ist<br />

der Schwerpunkt S der Gesamtfläche bestimmt.<br />

Momentensatz:<br />

þAx0 ¼þA1x1 þ A2x2<br />

x0 ¼ A1x1 þ A2x2<br />

A<br />

x0 ¼ 4 800 mm2 30 mm þ 1 600 mm 2 80 mm<br />

6 400 mm 2<br />

x0 ¼ 42,5 mm<br />

Die vertikale Schwerlinie hat einen Abstand<br />

x0 ¼ 42,5 mm von der y-Achse.<br />

Momentensatz:<br />

Ay0 ¼ A1y1 A2y2<br />

y0 ¼ A1y1 þ A2y2<br />

A<br />

y0 ¼ 4 800 mm2 40 mm þ 1 600 mm 2 20 mm<br />

6 400 mm 2<br />

y0 ¼ 35 mm<br />

Die waagerechte Schwerlinie hat einen Abstand<br />

y0 ¼ 35 mm von der x-Achse.<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Flächenschwerpunkts:<br />

Fläche in Teilflächen mit bekanntem Schwerpunkt zerlegen. 1. Schritt<br />

Momentenbezugspunkt 0 festlegen. 2. Schritt<br />

Gesamtschwerpunkt mit angenommener Lage sowie Schwerpunktsabstände<br />

x0 und y0 einzeichnen.<br />

3. Schritt<br />

Teilflächen, Gesamtfläche und Teilschwerpunktsabstände berechnen. 4. Schritt<br />

Momentensatz für zwei zueinander senkrechte Achsen aufstellen, Momentendrehsinn<br />

beachten.<br />

2 Schwerpunktslehre<br />

5. Schritt<br />

Nach x0 und y0 auflösen und Schwerpunktsabstände ausrechnen. 6. Schritt


2.2 Der Flächenschwerpunkt 81<br />

2.2.3.2 Ûbung zur Bestimmung des Flächenschwerpunkts<br />

1. Ûbung: Für die skizzierte zusammengesetzte<br />

Fläche soll die Lage des Schwerpunkts rechnerisch<br />

bestimmt werden.<br />

Lösung: Die Fläche muss in drei Teilflächen mit<br />

bekanntem Schwerpunkt zerlegt werden: in die<br />

Halbkreisfläche A1, die Rechteckfläche A2 und die<br />

Quadratfläche A3. Dann werden die Schwerpunktsabstände<br />

x1, x2 und x3 eingezeichnet.<br />

Als Momentenbezugspunkt 0 wird der Schnittpunkt<br />

zwischen Symmetrielinie und Halbkreisachse<br />

gewählt.<br />

Nun legt man den Gesamtschwerpunkt S in der<br />

Lage fest, in der man ihn vermutet, und trägt den<br />

Schwerpunktsabstand x0 in die Skizze ein.<br />

Dann führt man die Rechnung in drei weiteren<br />

Schritten aus:<br />

Zuerst werden die Teilflächen, die Gesamtfläche<br />

und die Teilschwerpunktsabstände berechnet.<br />

Jetzt wird der Momentensatz für den Bezugspunkt<br />

0 aufgestellt. Das Moment der Teilfläche A1 ist<br />

rechtsdrehend, also negativ. Die Momente der anderen<br />

Teilflächen sind positiv.<br />

Den Momentensatz löst man nach x0 auf und beachtet<br />

dabei sorgfältig die Vorzeichen. Die Rechnung<br />

ergibt einen negativen Wert für x0. Das bedeutet,<br />

dass der Drehsinn für das Moment der<br />

Gesamtfläche falsch angenommen wurde (siehe<br />

Momentensatz für Kräfte, 1.2.5.1, Seite 38), d. h.<br />

der Schwerpunkt S liegt nicht links, sondern rechts<br />

vom Bezugspunkt 0.<br />

Die zweite Schwerlinie braucht man nicht zu ermitteln.<br />

Es ist die waagerechte Symmetrielinie.<br />

A1 ¼ p<br />

8 ð70 mmÞ2 ¼ 1 923 mm 2<br />

A2 ¼ 600 mm 2 A3 ¼ 400 mm 2<br />

A ¼ A1 þ A2 þ A3 ¼ 2 923 mm 2<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

x1 ¼ 0,4244 R ¼ 0,4244 35 mm ¼ 14,9 mm<br />

x2 ¼ 10 mm x3 ¼ 30 mm<br />

þAx0 ¼ A1x1 þ A2x2 þ A3x3<br />

x0 ¼ A1x1 þ A2 x2 þ A3 x3<br />

A<br />

x0 ¼<br />

10 650 mm3<br />

¼<br />

2 923 mm2 3,6 mm<br />

5. Schritt<br />

6. Schritt<br />

Ergebnis: Der Schwerpunkt S liegt auf der<br />

Symmetrielinie 3,6 mm rechts vom Halbkreismittelpunkt.<br />

Beachte: Ergibt sich ein negativer Schwerpunktsabstand,<br />

dann liegt der Schwerpunkt<br />

auf der anderen Seite des Bezugspunkts.


82<br />

2. Ûbung: Aus einer Rechteckfläche sind ein kleineres<br />

Rechteck und eine Kreisfläche symmetrisch<br />

ausgespart. Der Schwerpunkt der Gesamtfläche<br />

soll rechnerisch bestimmt werden.<br />

Lösung: Die Gesamtfläche ist aus drei Teilflächen<br />

entstanden: Von der großen Rechteckfläche A1<br />

wurden die Kreisfläche A2 und die kleine Rechteckfläche<br />

A3 fortgenommen. A2 und A3 werden als<br />

„negative“ Flächen bezeichnet.<br />

In der Skizze kennzeichnet man die Teilfläche A1<br />

durch einen nach rechts gerichteten Pfeil, die „negativen“<br />

Teilflächen A2 und A3 durch nach links<br />

gerichtete Pfeile. Die Schwerpunktsabstände y1, y2<br />

und y3 werden eingetragen.<br />

Als Momentenbezugspunkt 0 wählt man einen<br />

Punkt auf der oberen Rechteckseite. Man kann<br />

sich dann bei der Annahme des Gesamtschwerpunkts<br />

S nicht irren; er muss unterhalb des Bezugspunkts<br />

liegen. In die Skizze trägt man den Abstand<br />

y0 und für die Gesamtfläche A einen nach<br />

rechts gerichteten Pfeil ein.<br />

Die Rechnung wird wieder mit der Berechnung<br />

der Teilflächen, der Gesamtfläche und der Teilschwerpunktsabstände<br />

begonnen.<br />

Beim Aufstellen des Momentensatzes für den Bezugspunkt<br />

0 muss man bei der Festlegung des<br />

Drehsinns die eingezeichneten Pfeilrichtungen beachten.<br />

Die negativen Flächen wirken wie negative<br />

Kräfte. Der Drehsinn ihrer Momente ist entgegen<br />

dem der positiven Flächen gerichtet.<br />

Der Momentensatz wird nun nach y0 aufgelöst,<br />

und der Schwerpunktsabstand wird aus der entwickelten<br />

Gleichung ausgerechnet. Das positive<br />

Ergebnis zeigt, dass der Schwerpunkt S auf der<br />

richtigen Seite des Bezugspunktes 0 angenommen<br />

wurde.<br />

Die zweite Schwerlinie ist die Symmetrielinie der<br />

Fläche.<br />

Aufgaben 201–219<br />

A1 ¼ 4800 mm 2 , A2 ¼ 314 mm 2<br />

A3 ¼ 800 mm 2<br />

A ¼ A1 A2 A3 ¼ 3 686 mm 2<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

y1 ¼ 30 mm; y2 ¼ 20 mm; y3 ¼ 50 mm<br />

5. Schritt<br />

þAy0 ¼þA1y1 A2y2 A3y3<br />

Beachte: Für negative Flächen (Aussparungen)<br />

kehrt sich der Momentendrehsinn um.<br />

y0 ¼ A1y1 A2y2 A3y3<br />

A<br />

6. Schritt<br />

y0 ¼ 144 000 mm3 6 280 mm 3 40 000 mm 3<br />

3 686 mm 2<br />

y0 ¼ 26,5 mm<br />

2 Schwerpunktslehre<br />

Ergebnis: Der Schwerpunkt S liegt auf der<br />

Symmetrielinie 26,5 mm unterhalb der<br />

oberen Rechteckseite.


2.3 Der Linienschwerpunkt 83<br />

2.3 Der Linienschwerpunkt<br />

2.3.1 Linien haben einen Schwerpunkt<br />

Wie in 2.2.1 geht man wieder von der Schwerpunktsbestimmung<br />

für einen Körper aus. Es wird<br />

ein zweifach abgekanteter Stab untersucht. Er hat<br />

auf der ganzen Länge den gleichen Querschnitt A.<br />

Man stellt sich den Stab in drei gerade Teilstücke<br />

mit den Teillängen l1, l2, l3 zerlegt vor. Der ganze<br />

Stab ist symmetrisch in Bezug auf die eingezeichnete<br />

x-Achse.<br />

Die Teilgewichtskräfte FG1, FG2, FG3 berechnet<br />

man aus dem Volumen der Teilstücke, der Dichte<br />

ihres Werkstoffes und der Fallbeschleunigung. Das<br />

Volumen der Teilstücke wird aus ihren Teillängen<br />

l1, l2, l3 und der Querschnittsfläche A berechnet.<br />

Die Gewichtskraft FG des ganzen Stabes berechnet<br />

man in gleicher Weise mit der Gesamtlänge<br />

l ¼ l1 þ l2 þ l3.<br />

Dann wird der Momentensatz nach 1.2.5.1, (Seite<br />

38) aufgestellt, die für die Gewichtskräfte gefundenen<br />

Beziehungen eingesetzt und daraus eine Bestimmungsgleichung<br />

für den Schwerpunktsabstand<br />

x0 entwickelt. Die Fläche A, die Dichte r und die<br />

Fallbeschleunigung g kürzen sich wieder heraus.<br />

Das Ergebnis zeigt, dass die Schwerpunktslage<br />

auch mit den Teillängen und der Gesamtlänge ermittelt<br />

werden kann.<br />

Auch Linien haben also einen Schwerpunkt.<br />

Man muss ihn z. B. als Schnittkantenschwerpunkt<br />

bei der Konstruktion von Stanzwerkzeugen bestimmen.<br />

2.3.2 Schwerpunkte einfacher Linien<br />

Gerade Linie (Strecke)<br />

Der Schwerpunkt einer Strecke liegt auf ihrer<br />

Mitte.<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ l<br />

2<br />

FG1 ¼ m1g ¼ V1rg ¼ Al1 rg<br />

FG2 ¼ m2g ¼ V2rg ¼ Al2 rg<br />

FG3 ¼ m3g ¼ V3rg ¼ Al3 rg<br />

FG ¼ FG1 þ FG2 þ FG3 ¼ðl1 þ l2 þ l3Þ Arg<br />

FG ¼ Alrg<br />

þFG x0 ¼þFG1 x1 þ FG2 x2 þ FG3 x3<br />

Alrgx0 ¼ Al1 rgx1 þ Al2 rgx2 þ Al3 rgx3<br />

x0 ¼ ðl1x1 þ l2x2 þ l3x3Þ Arg<br />

lArg<br />

x0 ¼ l1x1 þ l2x2 þ l3x3<br />

l<br />

lx0 ¼ l1x1 þ l2x2 þ þlnxn ¼ Slnxn<br />

Momentensatz für Linien<br />

Beachte: Für die Linienmomente lx sind die<br />

Vorzeichen entsprechend dem Drehsinn einzusetzen<br />

(links þ, rechts ).


84<br />

Dreiecksumfang<br />

Die Dreiecksseiten werden halbiert und das Hilfsdreieck<br />

ABC gezeichnet. Der Schwerpunkt ist der<br />

Mittelpunkt des darin einbeschriebenen Kreises.<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h<br />

2<br />

a þ b<br />

a þ b þ c<br />

Parallelogrammumfang<br />

Der Schwerpunkt des Parallelogrammumfangs<br />

(Quadrat, Rechteck, Rhombus, Rhomboid) liegt<br />

im Schnittpunkt der Diagonalen.<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ h<br />

2<br />

Kreisbogen<br />

Schwerpunktsabstand y0 ¼ Rs<br />

b<br />

2 R<br />

Halbkreisbogen: y0 ¼ ¼ 0,6366R<br />

p<br />

pffiffiffi 2 2 R<br />

Viertelkreisbogen: y0 ¼ ¼ 0,9003R<br />

p<br />

Sechstelkreisbogen: y0 ¼<br />

3 R<br />

p<br />

¼ 0,9549R<br />

Bogenlänge b ¼ 2Ra =57,3<br />

Sehnenlänge s ¼ 2R sin a<br />

2.3.3 Schwerpunkte zusammengesetzter Linien (Linienzüge)<br />

2.3.3.1 Rechnerische Bestimmung des Linienschwerpunkts<br />

Für Linienzüge wird der Schwerpunkt mit dem Momentensatz für Linien nach 2.3.1 bestimmt.<br />

Bei unsymmetrischen Linienzügen muss man die Lage für zwei Schwerlinien bestimmen.<br />

Im Ûbrigen gelten die gleichen Regeln wie für den Momentensatz für Flächen<br />

(siehe Seite 77).<br />

Man zerlegt den Linienzug in Teillinien mit bekannter<br />

Schwerpunktslage, z. B. in zwei Strecken<br />

l1, l3 und einen Halbkreisbogen l2, und zeichnet<br />

die Teilschwerpunkte S1, S2, S3 ein. Die Lage des<br />

Gesamtschwerpunkts S wird angenommen. Dann<br />

wird ein Momentenbezugspunkt 0 festgelegt. Bei<br />

symmetrischen Linienzügen wählt man dafür<br />

zweckmäßig einen Punkt auf der Symmetrielinie.<br />

2 Schwerpunktslehre


2.3 Der Linienschwerpunkt 85<br />

Aus den gegebenen Abmessungen des Linienzuges<br />

berechnet man die Längen der Teillinien l1,<br />

l2, l3, ihre Schwerpunktsabstände x1, x2, x3 von der<br />

y-Achse und die Gesamtlänge l ¼ l1 þ l2 þ l3.<br />

Der Momentensatz für Linien liefert nun wieder<br />

eine Bestimmungsgleichung für den Schwerpunktsabstand<br />

x0, aus der man x0 berechnet. Das Ergebnis<br />

ist positiv, folglich wurde der Gesamtschwerpunkt<br />

auf der richtigen Seite des Bezugspunktes 0<br />

angenommen. Das war auch nicht anders zu erwarten,<br />

weil der Bezugspunkt an das Ende des Linienzuges<br />

gelegt worden war.<br />

Die zweite Schwerlinie ist die Symmetrielinie des<br />

Linienzuges.<br />

Aufgaben Nr. 220–238<br />

l1 ¼ l3 ¼ 50 mm<br />

l2 ¼ pR ¼ p 20 mm ¼ 62,8 mm<br />

l ¼ l1 þ l2 þ l3 ¼ 162,8 mm<br />

x1 ¼ 25 mm x3 ¼ 25 mm<br />

x2 ¼ l1 þ 0,6366R ¼<br />

¼ 50 mm þ 0,6366 20 mm ¼ 62,7 mm<br />

Momentensatz:<br />

þlx0 ¼þl1x1 þ l2 x2 þ l3 x3<br />

x0 ¼ l1x1 þ l2 x2 þ l3 x3<br />

l<br />

x0 ¼ 1 250 mm2 þ 3 938 mm 2 þ 1 250 mm 2<br />

162,8 mm<br />

x0 ¼ 39,5 mm<br />

Der Schwerpunkt liegt auf der Symmetrielinie<br />

39,5 mm links vom rechten Ende des<br />

Linienzuges.<br />

Arbeitsplan zur rechnerischen Bestimmung des Linienschwerpunkts:<br />

Linienzug in Teillinien mit bekanntem Schwerpunkt zerlegen. 1. Schritt<br />

Momentenbezugspunkt 0 festlegen. 2. Schritt<br />

Gesamtschwerpunkt S mit angenommener Lage und den Schwerpunktsabständen<br />

x0, y0 einzeichnen.<br />

3. Schritt<br />

Teillängen, Gesamtlänge und Teilschwerpunktsabstände berechnen. 4. Schritt<br />

Momentensatz für zwei zueinander rechtwinklige Achsen aufstellen,<br />

Momentendrehsinn beachten.<br />

5. Schritt<br />

Nach x0 und y0 auflösen und Schwerpunktsabstände ausrechnen. 6. Schritt


86<br />

2.4 Guldin’sche Regeln<br />

2.4.1 Volumenberechnung<br />

Ein Rotationskörper entsteht durch Drehung seiner<br />

Profilfläche um seine Symmetrieachse. Bei einer<br />

Drehung „erzeugt“ die Profilfläche das Volumen<br />

des Körpers. Man kann sich vorstellen, dass jedes<br />

Flächenteilchen an der Erzeugung mit einem bestimmten<br />

Anteil beteiligt ist.<br />

Das kleine Flächenteilchen DA erzeugt das Ringvolumen<br />

DV ¼ 2px DA. Die Summe aller Teilvolumen<br />

ist das Gesamtvolumen V.<br />

Der Summenausdruck SDAx ist die Momentensumme<br />

aller Teilflächen, bezogen auf die Drehachse<br />

(siehe 2.2.1 Momentensatz für Flächen), und damit<br />

gleich dem Moment Ax0 der ganzen Profilfläche A.<br />

Daraus ergibt sich die Guldin’sche Volumenregel:<br />

Das Volumen eines Rotationskörpers ist das<br />

Produkt aus der Profilfläche und ihrem Schwerpunktsweg<br />

bei einer Umdrehung.<br />

2.4.2 Oberflächenberechnung<br />

Oberflächen oder Mantelflächen von Rotationskörpern<br />

entstehen durch Drehung ihrer Profillinie<br />

um die Symmetrieachse. Dabei ist jedes Längenteilchen<br />

der Profillinie mit einem bestimmten Flächenanteil<br />

beteiligt.<br />

Die kleine Teillänge Dl erzeugt bei einer Drehung<br />

die Ringfläche DA ¼ 2px Dl. Die Summe aller<br />

Teilflächen ist die Mantelfläche A.<br />

Der Summenausdruck SDlx ist die Momentensumme<br />

aller Teillängen, bezogen auf die Drehachse<br />

(siehe 2.3.1 Momentensatz für Linien) und damit<br />

gleich dem Moment der ganzen Profillinie l. Daraus<br />

ergibt sich die Guldin’sche Oberflächenregel:<br />

Die Oberfläche (Mantelfläche) eines Rotationskörpers<br />

ist das Produkt aus der Länge der Profillinie<br />

und ihrem Schwerpunktsweg bei einer<br />

Umdrehung.<br />

V ¼ SDV ¼ S2px DA ¼ 2pSDAx<br />

SDAx ¼ Ax0. Setzt man Ax0 in die erste<br />

Gleichung ein, dann wird V ¼ 2pAx0. Darin<br />

ist das Produkt 2px0 der Weg, den der<br />

Schwerpunkt S der Profilfläche bei einer<br />

Umdrehung zurücklegt.<br />

V ¼ A 2px0<br />

2 Schwerpunktslehre<br />

Volumen<br />

A Profilfläche<br />

x0 Schwerpunktsabstand der Profilfläche<br />

von der Drehachse nach 2.2.3.1<br />

A ¼ SDA ¼ S2px Dl ¼ 2pSDlx<br />

SDlx ¼ lx0. Setzt man lx0 in die erste<br />

Gleichung ein, dann wird A ¼ 2plx0.<br />

Darin ist das Produkt 2px0 der Weg, den<br />

der Schwerpunkt S der Profillinie bei einer<br />

Umdrehung zurücklegt.<br />

Oberfläche<br />

A ¼ l 2px0<br />

Mantelfläche<br />

l Länge der Profillinie<br />

x0 Schwerpunktsabstand der Profillinie<br />

von der Drehachse nach 2.3.3.1.


2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit 87<br />

2.4.3 Ûbungen mit den Guldin’schen Regeln<br />

1. Ûbung: Der Rauminhalt der Kugel<br />

Lösung: Die erzeugende Profilfläche ist eine<br />

Halbkreisfläche mit dem Radius r und dem<br />

Schwerpunktsabstand x0 ¼ 4r=3p von der Drehachse<br />

(siehe 2.2.2).<br />

2. Ûbung: Der Rauminhalt des Kegels<br />

Lösung: Die erzeugende Fläche ist ein Dreieck<br />

mit der Höhe h, der Grundlinie r und dem Schwerpunktsabstand<br />

x0 ¼ r=3 von der Drehachse.<br />

3. Ûbung: Die Oberfläche der Kugel<br />

Lösung: Die Profillinie ist ein Halbkreisbogen mit<br />

dem Radius r und dem Schwerpunktsabstand<br />

x0 ¼ 2r=p von der Drehachse (siehe 2.3.2).<br />

4. Ûbung: Die Mantelfläche des Kegels<br />

Lösung: Die erzeugende Linie ist die Mantellinie<br />

mit der Länge s und dem Schwerpunktsabstand<br />

x0 ¼ r=2 von der Drehachse.<br />

V ¼ A 2px0 ¼ pr2<br />

2<br />

V ¼ 4<br />

3 pr3<br />

V ¼ A 2px0 ¼ rh<br />

2<br />

V ¼ p<br />

3 r 2 h<br />

2p 4r 4<br />

¼<br />

3p 3 pr3<br />

r 1<br />

2p ¼<br />

3 3 pr2 h<br />

A ¼ l 2px0 ¼ pr 2p 2r<br />

¼ 4pr2<br />

p<br />

A ¼ 4pr 2<br />

2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit<br />

A ¼ l 2px0 ¼ s 2p r<br />

¼ prs<br />

2<br />

A ¼ prs<br />

Aufgaben Nr. 239–264<br />

2.5.1 Gleichgewichtslagen<br />

Die Lage des Schwerpunkts eines Körpers bezogen auf seine Standfläche bestimmt seine<br />

Standsicherheit. Man unterscheidet folgende Gleichgewichtslagen:<br />

2.5.1.1 Stabiles Gleichgewicht<br />

liegt vor, wenn der Schwerpunkt S bei einer Lageänderung<br />

gehoben wird. Hierbei entsteht immer<br />

ein rückstellendes Kraftmoment, das den Körper<br />

wieder in die Ausgangslage zurückführt.<br />

2.5.1.2 Labiles Gleichgewicht<br />

liegt vor, wenn der Schwerpunkt S bei schon kleiner<br />

Lageänderung gesenkt wird. Hierbei entsteht immer<br />

ein ablenkendes Kraftmoment, das den Körper<br />

immer weiter aus der Ausgangslage herausführt.<br />

2.5.1.3 Indifferentes Gleichgewicht<br />

liegt vor, wenn der Schwerpunkt S bei kleinster<br />

Lageänderung weder gehoben noch gesenkt wird.<br />

Hierbei entstehen weder rückstellende noch ablenkende<br />

Kraftmomente.


88<br />

2.5.2 Standsicherheit<br />

2.5.2.1 Kippmoment, Standmoment, Standsicherheit<br />

Das Kippen eines Körpers soll untersucht werden:<br />

Der skizzierte Körper steht frei beweglich auf einer<br />

rauen horizontalen Standfläche. Die waagerecht<br />

wirkende Kraft F greift im Abstand a so hoch von<br />

der Standfläche an, dass der Körper nicht nach<br />

rechts wegrutscht. Bei genügend großer Kraft F<br />

wird der Körper eine Drehbewegung um die Körperkante<br />

K (Kippkante) ausführen: Der Körper<br />

kippt.<br />

Im Augenblick des Ankippens wirkt das (rechtsdrehende)<br />

Kippmoment Mk ¼ Fa um die Kippkante<br />

K.<br />

Mk ¼ Fa Kippmoment<br />

Zugleich wirkt dem Kippmoment Mk entgegengerichtet<br />

(linksdrehend) das Standmoment<br />

Ms ¼ FGb, das den Körper in der Ruhelage zu halten<br />

sucht.<br />

Der Körper wird nicht kippen, solange das Standmoment<br />

Ms größer ist als das Kippmoment Mk.<br />

Der Sicherheitsgrad gegen das Kippen wird durch<br />

das Verhältnis beider Momente ausgedrückt. Dieses<br />

Momentenverhältnis nennt man die Standsicherheit<br />

S.<br />

Ist S ¼ 1, also FGb ¼ Fa, so geht die Resultierende<br />

Fr der beiden Kräfte durch die Kippkante K<br />

(keine Drehung). Der Körper befindet sich gerade<br />

noch im Gleichgewicht. Je mehr sich Punkt B dem<br />

Punkt A nähert, umso größer ist die Standsicherheit<br />

(S > 1). Fällt B mit A zusammen, ist die<br />

Standsicherheit unendlich groß.<br />

Wandert Punkt B über die Kippkante K hinaus auf<br />

Punkt C, so ist S < 1 und der Körper kippt um.<br />

Es kann notwendig sein, die Untersuchung zur<br />

Standsicherheit für mehrere Kippkanten durchzuführen,<br />

z. B. bei beladenen Fahrzeugen und Kränen<br />

(siehe Ûbung).<br />

Beim Berechnen von Ms und Mk addiert man die<br />

Kraftmomente jeweils mit positivem Vorzeichen,<br />

im Gegensatz zur sonst üblichen Vorzeichenregel<br />

(siehe Ûbung).<br />

Ms ¼ FG b Standmoment<br />

S ¼ Ms<br />

¼<br />

Mk<br />

FG b<br />

Fa<br />

Standsicherheit<br />

S > 1 sicherer Stand<br />

S ¼ 1 Kippgrenze<br />

S < 1 kippen<br />

Eine Betrachtung der geometrischen Verhältnisse<br />

zeigt:<br />

Die Abstände f und a verhalten sich zueinander<br />

wie die Kräfte F und FG.<br />

f F<br />

¼ und daraus a ¼<br />

a FG<br />

fFG<br />

F<br />

Diesen Ausdruck in die Standsicherheitsgleichung<br />

eingesetzt, ergibt:<br />

S ¼ Ms<br />

Mk<br />

¼ FG b b<br />

¼<br />

Fa f<br />

2 Schwerpunktslehre<br />

Standsicherheit<br />

Beachte: Die Standsicherheit S hat immer<br />

das positive Vorzeichen.


2.5 Gleichgewichtslagen und Standsicherheit 89<br />

2.5.2.2 Ûbung zur Standsicherheit<br />

Die Skizze zeigt einen drehbaren Mobilkran mit<br />

den Längen l1 ¼ 1,8 m, l2 ¼ 2,5 m, l3 ¼ 7 m und<br />

l4 ¼ 0,9 m, gemessen von der vertikalen Bezugsachse<br />

durch den Kippkantenpunkt A. Die Standsicherheit<br />

für den unbelasteten Kran um den Kippkantenpunkt<br />

A und für den belasteten Kran um B<br />

soll in beiden Fällen mindestens 1,5 betragen.<br />

Die Gewichtskräfte FG1 und FG2 sind bekannt, die<br />

erforderliche Gewichtskraft FG3 soll ermittelt werden:<br />

FG1 ¼ 100 kN, FG2 ¼ 50 kN.<br />

Außerdem sind die Achslasten FA und FB für beide<br />

Fälle zu berechnen.<br />

Lösung: Für den unbelasteten Mobildrehkran ist<br />

die Gewichtskraft FG2 ¼ 0. Der Kran kann um die<br />

Hinterachse (A) kippen mit dem Kippmoment<br />

FG3l4. Standmoment ist dann das rechtsdrehend<br />

wirkende Kraftmoment FG1l1. Im umbelasteten<br />

Zustand darf FG3 höchstens 133,3 kN betragen,<br />

jede größere Gewichtskraft FG3 führt zu einer kleineren<br />

Standsicherheit S.<br />

Für den belasteten Mobildrehkran enthält die<br />

Standsicherheitsgleichung die Kraftmomente für<br />

alle drei Gewichtskräfte. Der Kran kann um die<br />

Vorderachse (B) kippen durch das rechtsdrehend<br />

wirkende Kippmoment Mk ¼ FG2ðl3 l2Þ. Im<br />

belasteten Zustand muss die Gewichtskraft FG3<br />

mindestens 78,7 kN betragen, wenn die Standsicherheit<br />

S mindestens 1,5 betragen soll. Jede<br />

größere Gewichtskraft FG3 > 78,7 kN führt zu<br />

einer größeren Standsicherheit S.<br />

Die Gewichtskraft FG3 darf also zwischen 78,7 kN<br />

und 133,3 kN betragen.<br />

Aufgaben Nr. 265–279<br />

Gegeben:<br />

l1 ¼ 1,8 m, l2 ¼ 2,5 m, l3 ¼ 7m,l4 ¼ 0,9 m<br />

FG1 ¼ 100 kN, FG2 ¼ 50 kN<br />

Smin ¼ 1,5<br />

Gesucht:<br />

Erforderliche Gewichtskraft FG3,<br />

Achslasten FA und FB.<br />

S ¼ Ms<br />

¼<br />

Mk<br />

FG1 l1<br />

FG3 l4<br />

FG3 ¼ FG1 l1<br />

Sl4<br />

¼<br />

100 kN 1,8 m<br />

¼ 133,3 kN<br />

1,5 0,9 m<br />

S ¼ Ms<br />

¼<br />

Mk<br />

FG1ðl2 l1ÞþFG3ðl2 þ l4Þ<br />

FG2ðl3 l2Þ<br />

SFG2ðl3 l2Þ ¼FG1ðl2 l1ÞþFG3ðl2 þ l4Þ<br />

FG3 ¼ SFG2ðl3 l2Þ FG1ðl2<br />

l2 þ l4<br />

l1Þ<br />

1,5 50 kN ð7 2,5Þ m 100 kN ð2,5 1,8Þ m<br />

FG3 ¼<br />

ð2,5 þ 0,9Þ m<br />

FG3 ¼ 78,7 kN


90<br />

3 Reibung<br />

3.1 Grunderkenntnisse über die Reibung<br />

Möchte man den Reitstock einer Drehmaschine auf dem Drehmaschinenbett verschieben, spürt<br />

man einen Widerstand. Diese bewegungshemmende Kraft ist die Reibungskraft. Solange sich<br />

die Berührungsflächen nicht gegeneinander bewegen, spricht man von Ruhe- oder Haftreibung,<br />

im anderen Fall von Gleitreibung. Dabei steht meistens einer der beiden Körper still (Reitstockverschiebung<br />

auf dem Bett).<br />

Durch Versuche bekommt man einige Grunderkenntnisse über die wichtigsten Gesetze der<br />

Reibung:<br />

a) Man setzt ein Wägestück von der Masse m ¼ 5 kg auf eine fest stehende Tischplatte, legt<br />

eine Schlinge darum und misst mit einer Federwaage die parallel zur Tischebene erforderliche<br />

Verschiebekraft F bei konstanter Geschwindigkeit (a). Sie ist notwendig, um die<br />

zwischen beiden Körpern wirkende Reibungskraft FR zu überwinden. Man erkennt:<br />

Die Reibungskraft FR ist eine in der Berührungsfläche wirkende Tangentialkraft. Sie versucht<br />

den schnelleren Körper (das Wägestück) zu verzögern, den langsameren oder stillstehenden<br />

Körper (den Tisch) dagegen zu beschleunigen. Die Kupplung ist ein gutes Beispiel<br />

dafür. Bewegen sich beide Körper gegensinnig zueinander, dann wirkt die Reibungskraft<br />

auf beide verzögernd.<br />

b) Verschiebt man einen Körper mit anderer Grundfläche, aber gleichem Werkstoff und gleicher<br />

Masse m ¼ 5 kg in gleicher Weise, so stellt sich an der Federwaage die gleiche Kraftanzeige<br />

ein. Man erkennt:<br />

Die Reibungskraft FR ist unabhängig von der Größe der Gleitfläche. Man kann diese merkwürdige<br />

Erscheinung damit erklären, dass auch glatte, ebene Flächen nur in drei Punkten<br />

aufliegen.<br />

c) Verdoppelt man die Masse auf 10 kg, so verdoppelt sich auch die Gewichtskraft FG und<br />

damit auch die Normalkraft FN zwischen beiden Körpern. An der Federwaage stellt sich<br />

jetzt die doppelte Verschiebekraft ein, d. h. es muss jetzt mit 20 N statt vorher mit 10 N<br />

gezogen werden. Man erkennt:<br />

Die Reibungskraft FR ist proportional der Normalkraft FN, mit der die beiden Flächen<br />

aufeinander gedrückt werden.<br />

d) Benutzt man für das Wägestück eine andere Unterlage, z. B. eine Hartfaserplatte, so stellt sich<br />

auch eine andere Verschiebekraft, also auch eine andere Reibungskraft ein. Man erkennt: Die<br />

Reibungskraft ist abhängig von den Werkstoffen der beiden aufeinander gleitenden Körper.


3.2 Gleitreibung und Haftreibung 91<br />

e) Schon bevor das Wägestück aus der Ruhe in die Bewegung gebracht wird, zeigt die Federwaage<br />

eine Kraft an, die von null bis zu einem Höchstwert ansteigt, der größer ist, als die<br />

Reibungskraft FR zwischen gleitenden Flächen. Man erkennt:<br />

Auch zwischen ruhenden Körpern kann eine Reibungskraft wirken. Man nennt sie die Haftreibungskraft<br />

FR0. Sie kann größer werden als die Gleitreibungskraft FR.<br />

f) Durch weitere Versuche kann man noch zu folgenden Erkenntnissen kommen:<br />

Bei nicht allzu großer Gleitgeschwindigkeit ist die Reibungskraft FR unabhängig von der<br />

Gleitgeschwindigkeit zwischen beiden Flächen.<br />

Auch ein rollender Körper wird durch eine Kraft abgebremst, die man den Rollwiderstand<br />

nennt. Er ist erfahrungsgemäß kleiner als die Gleit- oder Haftreibungskraft.<br />

Innerhalb bewegter (strömender) Flüssigkeiten und Gase tritt ebenfalls Reibung auf. Auch<br />

sie versucht, die schnelleren Strömungsfäden zu verlangsamen und die langsameren zu<br />

beschleunigen.<br />

3.2 Gleitreibung und Haftreibung<br />

3.2.1 Reibungswinkel, Reibungszahl und Reibungskraft<br />

Ein Körper drückt mit seiner Gewichtskraft<br />

FG ¼ Normalkraft FN auf eine horizontale Gleitfläche<br />

und wird durch die Kraft F mit gleich<br />

bleibender Geschwindigkeit v bewegt. Beim Verschieben<br />

muss die Gleitreibungskraft überwunden<br />

werden. Sie wirkt immer tangential in der Berührungsfläche.<br />

Den Richtungssinn findet man aus<br />

folgender Ûberlegung:<br />

Die Reibungskraft versucht, den schnelleren<br />

Körper zu verzögern, den langsameren (oder<br />

stillstehenden) dagegen zu beschleunigen.<br />

Ruhen beide Körper, bestimmt der zu erwartende<br />

Bewegungszustand den Richtungssinn der<br />

Reibungskraft.<br />

Der Kräfteplan zeigt die vier miteinander im<br />

Gleichgewicht stehenden Kräfte. Die eingezeichnete<br />

Diagonale ist die Resultierende aus der Normalkraft<br />

FN und der Reibungskraft FR, die als<br />

Ersatzkraft Fe bezeichnet werden kann. Man sieht,<br />

dass mit zunehmender Reibungskraft FR der Winkel<br />

r zwischen Normalkraft FN und Ersatzkraft Fe<br />

größer wird und dass die Reibungskraft der Tangensfunktion<br />

dieses Winkels proportional ist. Man<br />

nennt ihn den Reibungswinkel r. Seine Tangensfunktion<br />

wird als Reibungszahl m bezeichnet.<br />

freigemachter<br />

Körper<br />

Kräfte auf die<br />

Gleitfläche<br />

Hinweis: Das Kippproblem durch die<br />

Kräftepaare FG, FN und F, FR bleibt hier<br />

unbeachtet, siehe dazu 2.5.2.1.<br />

tan r ¼ FR<br />

) FR ¼ FN tan r<br />

FN<br />

Reibungszahl m ¼ tan r<br />

Kräfteplan


92<br />

Aus diesen Beziehungen erhält man eine Gleichung<br />

zur Berechnung der Reibungskraft FR.<br />

Ruhen beide Körper aufeinander, kann die Haftreibungskraft<br />

von null bis auf einen Höchstwert anwachsen,<br />

der größer ist als FR. Dann ist aber auch<br />

der Reibungswinkel größer als r. Man bezeichnet<br />

ihn als den Haftreibungswinkel r0. Seine Tangensfunktion<br />

ist die Haftreibungszahl m0. Sie ist größer<br />

als die Gleitreibungszahl m, weil die Oberflächenrauigkeiten<br />

im Ruhezustand ineinander eindringen können<br />

und dadurch zusätzliche Haftwirkung entsteht.<br />

Wie oben erhält man eine Gleichung zur Berechnung<br />

der maximalen Haftreibungskraft FR0 max.<br />

Die Reibungszahlen m und m0 sind kleiner als eins.<br />

Folglich sind FR und FR0 max immer ein Bruchteil<br />

der Normalkraft FN.<br />

Reibungskraft ¼ Normalkraft<br />

Reibungszahl<br />

FR ¼ FN m Reibungskraft<br />

Haftreibungszahl m 0 ¼ tan r 0<br />

m 0 > m, weil r 0 > r<br />

Beachte: Reibungszahlen können nur durch<br />

Versuche ermittelt werden (siehe 3.2.2). Sie<br />

sind unterschiedlich auch bei gleichartigen<br />

Bedingungen (Werkstoff, Schmierzustand,<br />

Rautiefen) durch nicht erfassbare Einflüsse.<br />

Angegebene Werte sind immer nur Richtwerte.<br />

maximale Normalkraft<br />

¼<br />

Haftreibungskraft Haftreibungszahl<br />

FR0 max ¼ FN m 0<br />

Tabelle 3.1 Reibungszahlen m0 und m (Klammerwerte sind die Gradzahlen für r0 und r) 1)<br />

Werkstoff<br />

Haftreibungszahl m0<br />

maximale<br />

Haftreibungskraft<br />

Gleitreibungszahl m<br />

trocken gefettet trocken gefettet<br />

Stahl auf Stahl 0,15 (8,5) 0,1 (5,7) 0,15 (8,5) 0,01 (0,6)<br />

Stahl auf Gusseisen (GJL) oder CuSn-Leg. 0,19 (10,8) 0,1 (5,7) 0,18 (10,2) 0,01 (0,6)<br />

Gusseisen (GJL) auf Gusseisen (GJL) 0,16 (9,1) 0,1 (5,7)<br />

Holz auf Holz 0,5 (26,6) 0,16 (9,1) 0,3 (16,7) 0,08 (4,6)<br />

Holz auf Metall 0,7 (35) 0,11 (6,3) 0,5 (26,6) 0,1 (5,7)<br />

Lederriemen auf Gusseisen (GJL) 0,3 (16,7)<br />

Gummiriemen auf Gusseisen (GJL) 0,4 (21,8)<br />

Textilriemen auf Gusseisen (GJL) 0,4 (21,8)<br />

Bremsbelag auf Stahl 0,5 (26,6) 0,4 (21,8)<br />

Lederdichtungen auf Metall 0,6 (31) 0,2 (11,3) 0,2 (11,3) 0,12 (6,8)<br />

1) Die angegebenen Reibungszahlen sind Mittelwerte für praktisch auftretende Streubereiche, z. B. mStahl ¼ 0,14 ...0,16.<br />

3.2.2 Ermittlung der Reibungszahlen m und m0<br />

Zur Ermittlung der Reibungszahlen benutzt man<br />

eine „Schiefe Ebene“ mit verstellbarem und ablesbarem<br />

Neigungswinkel. Schiefe Ebene ist die übliche<br />

Bezeichnung für „geneigte“ Ebenen mit dem<br />

Ebenenwinkel a 6¼ 0.<br />

Der Prüfkörper bleibt bei zunehmender Neigung<br />

der Ebene solange in Ruhe, bis der Neigungswinkel<br />

a gleich dem Haftreibungswinkel r0 ist.<br />

Liegt die Ebene unter dem Reibungswinkel r,<br />

dann gleitet der Körper nach dem Anstoßen mit<br />

gleich bleibender Geschwindigkeit abwärts.<br />

3 Reibung


3.2 Gleitreibung und Haftreibung 93<br />

In beiden Fällen ist der Prüfkörper im Gleichgewicht;<br />

es ergibt sich ein geschlossenes Krafteck.<br />

Der Winkel zwischen Normalkraft FN und Gewichtskraft<br />

FG ist beim Gleiten der Reibungswinkel<br />

r, denn FG ist die Gegenkraft der Ersatzkraft Fe.<br />

Eine Betrachtung der geometrischen Verhältnisse<br />

zeigt, dass der Reibungswinkel r im Krafteck gleich<br />

dem Neigungswinkel a der schiefen Ebene ist.<br />

Man braucht beim Versuch also nur den Neigungswinkel<br />

der schiefen Ebene abzulesen. Seine Tangensfunktion<br />

ist die Reibungszahl m (oder m0).<br />

Zum gleichen Ergebnis kommt man auch mit Hilfe<br />

der rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen.<br />

Als x-Achse legt man die Richtung der schiefen<br />

Ebene fest und zerlegt die Gewichtskraft in ihre<br />

Komponenten FG sin r und FG cos r.<br />

Dann müssen beim gleichförmigen Abwärtsgleiten<br />

die Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0 und<br />

SFy ¼ 0 erfüllt sein. Die Gleichungsentwicklung<br />

zeigt, dass der Tangens des Neigungswinkels<br />

gleich der Reibungszahl m ist, also ist auch der<br />

Neigungswinkel gleich dem Reibungswinkel r.<br />

Versuche mit verändertem Neigungswinkel a lassen<br />

erkennen, dass der Körper solange in Ruhe<br />

bleibt, solange a r 0 ist. Der Bereich zwischen<br />

den Winkeln null und r0 heißt Selbsthemmungsbereich.<br />

3.2.3 Der Reibungskegel<br />

Ist die Reibungszahl m0 und damit der Reibungswinkel<br />

r0 bekannt, kann der so genannte Reibungskegel<br />

gezeichnet werden.<br />

Man dreht dazu eine um den Reibungswinkel r0<br />

gegen die Wirklinie der Normalkraft FN geneigte<br />

Gerade um die Pfeilspitze von FG.<br />

Der Körper bleibt solange in Ruhe, wie die Resultierende<br />

Fr aller äußeren Kräfte innerhalb des<br />

Reibungskegels liegt. Jede Mantellinie des Reibungskegels<br />

ist eine Wirklinie der aus Haftreibungskraft<br />

FR0 max und der Normalkraft (hier<br />

FG ¼ FN) zusammengesetzten Ersatzkraft Fe.<br />

freigemachter<br />

Prüfkörper<br />

Krafteck<br />

tan r ¼ FR<br />

¼ m tan r0 ¼<br />

FN<br />

FR0 max<br />

¼ m0 FN<br />

Lageskizze<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ FG sin r þ FR<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos r<br />

FG sin r ¼ FR ¼ FN m; FG cos r ¼ FN<br />

FG sin r<br />

FG cos r ¼ FN m<br />

¼ m ¼ tan r<br />

FN<br />

Wenn a r 0 ist, dann ist auch<br />

tan a tan r 0<br />

tan a m 0<br />

Selbsthemmungsbedingung


94<br />

Lehrbeispiel: Reibung in Ruhe und Bewegung<br />

Aufgabenstellung:<br />

Zwei Körper a und b mit den Gewichtskräften FG1 und FG2 liegen<br />

übereinander auf einer ebenen Unterlage. In den beiden Gleitflächen<br />

sind die Reibungszahlen:<br />

m0I ¼ 0,19 mI ¼ 0,17<br />

m0II ¼ 0,12 mII ¼ 0,11<br />

a) Wie groß muss F werden, damit der Ruhezustand gerade aufgehoben wird?<br />

Wie verhält sich Körper b?<br />

Lösung: FR0I max größte Reibungskraft, die Körper a auf b in Richtung<br />

von F ausübt, bevor Gleiten eintritt.<br />

FR0II max größte Reibungskraft, die den Körper b am Verschieben<br />

FG1 I<br />

II<br />

FR0 II max<br />

FN FR0Imax Körper b<br />

FG2 in Richtung von F hindert.<br />

FürKörper b gilt:<br />

SFy ¼ 0 ¼ FG1 FG2 þ FN ; FN¼FG1 þ FG2<br />

SFx ¼ 0 ¼ FR0I max FR0II max<br />

FR0I max ¼ FG1 m0I ¼ 52 N 0,19 ¼ 9,88 N<br />

Lageskizze FR0II max ¼ FN m0II ¼ðFG1 þ FG2Þ m0II ¼ 76 N 0,12 ¼ 9,12 N<br />

Erkenntnis: Die Reibungskraft in der Ebene II ist kleiner. Der Ruhezustand<br />

wird hier zuerst aufgehoben. Die Kraft F muss sein:<br />

F ¼ FR0II max ¼ 9,12 N<br />

Körper a bleibt zu b in Ruhe, sie gleiten gemeinsam auf der Unterlage.<br />

b) Wie groß muss F sein, wenn a schon in Bewegung ist und weitergleiten soll, während b festgehalten<br />

wird?<br />

I<br />

F RI<br />

F N<br />

Lageskizze<br />

F G1<br />

F<br />

Körper a<br />

Lösung:<br />

SFy ¼ 0 ¼ FG1 þ FN FN ¼ FG1<br />

SFx ¼ 0 ¼ F FRI F ¼ FRI ¼ FN m I ¼ FG1 m I<br />

F ¼ 52 N 0,17 ¼ 8,84 N<br />

Mit F 8,84 N bleibt a in Bewegung.<br />

c) Was geschieht, wenn beim Vorgang in Aufgabe b) der Körper b plötzlich losgelassen wird?<br />

I<br />

FG1 FRI II<br />

FR0 II max Körper b<br />

FN FG2 FRI ¼ Reibungskraft von Körper a auf b beim Gleiten<br />

ausgeübt¼ Mitnahmekraft. FRI ¼ 8,84 N siehe b)<br />

FR0II max ¼ Reibungskraft, die Körper b auf seiner Unterlage<br />

am Verschieben hindert. FR0II max ¼ 9,12 N siehe a)<br />

FR0II max > FRI<br />

Körper b<br />

Lageskizze Beim Loslassen bleibt Körper b in Ruhe.<br />

I<br />

II<br />

F = 52 N<br />

G1<br />

F = 24 N<br />

G2<br />

Körper a<br />

3 Reibung<br />

F


3.2 Gleitreibung und Haftreibung 95<br />

3.2.4 Ûbungen zur Lösung von Reibungsaufgaben<br />

Reibungsaufgaben können zeichnerisch oder rechnerisch gelöst werden. Es werden dazu dieselben,<br />

aus der Statik bekannten Verfahren, benutzt. Nur muss man jetzt schon beim Freimachen<br />

auch die Reibungskräfte (Tangentialkräfte) mit berücksichtigen.<br />

Bei jeder rechnerischen Lösung wird schon im Lösungsansatz die Reibungskraft durch das Produkt<br />

aus Normalkraft und Reibungszahl ersetzt: FR ¼ FN m. Dann ergeben sich wieder<br />

Gleichungssysteme mit zwei oder drei Unbekannten, die in der bekannten Weise aufgelöst werden.<br />

1. Ûbung: Die skizzierte Backenbremse wird mit<br />

der Kraft F ¼ 200 N angezogen. Die Reibungszahl<br />

beträgt m ¼ 0,5.<br />

Abmessungen: l ¼ 700 mm<br />

l1 ¼ 250 mm<br />

l2 ¼ 100 mm<br />

d ¼ 300 mm<br />

Für Rechtsdrehung der Bremsscheibe sollen rechnerisch<br />

ermittelt werden: Reibungskraft FR, Normalkraft<br />

FN auf die Bremsbacke, Lagerkraft FD im<br />

Drehpunkt D des Bremshebels, Bremsmoment M.<br />

Lösung: Man zeichnet die Lageskizzen des freigemachten<br />

Bremshebels und der freigemachten<br />

Bremsscheibe. Zwischen Bremsscheibe und<br />

Bremsklotz wirken an jedem Flächenteilchen<br />

Teil-Normalkräfte und Teil-Reibungskräfte. Die<br />

resultierende Normalkraft FN und die entsprechende<br />

resultierende Reibungskraft FR greifen am oberen<br />

Berührungspunkt zwischen Bremsscheibe und<br />

Bremsklotz an.<br />

Die Normalkraft FN wirkt<br />

bezogen auf den Bremshebel in y-Richtung<br />

nach oben, bezogen auf die Bremsscheibe entgegengesetzt<br />

nach unten.<br />

Die Reibungskraft FR wirkt<br />

bezogen auf den Bremshebel und bei rechtsdrehender<br />

Bremsscheibe nach rechts, bezogen<br />

auf die Bremsscheibe nach links.<br />

Beim Festlegen des Richtungssinns der Reibungskraft<br />

FR muss immer sorgfältig überlegt werden. Ein<br />

falscher Richtungssinn für die Reibungskraft führt<br />

zu falschen Ergebnissen der folgenden Rechnungen.<br />

Aufgabenskizze


96<br />

Begonnen wird mit den drei Gleichgewichtsbedingungen<br />

am freigemachten Bremshebel. Als<br />

Bezugspunkt für die Momentengleichgewichtsbedingung<br />

wird der Hebeldrehpunkt D gewählt:<br />

SM ðDÞ ¼ 0.<br />

Aus Gleichung III kann man die Normalkraft FN<br />

berechnen. Mit FR ¼ FN m erhält man dann die<br />

Reibungskraft FR.<br />

Mit den Gleichungen I und II erhält man Berechnungsgleichungen<br />

für die Lagerkraftkomponenten<br />

FDx und FDy und damit auch für FD.<br />

Das Bremsmoment M ist das statische Moment<br />

des Kräftepaares, das aus den beiden Reibungskräften<br />

gebildet wird.<br />

2. Ûbung: Für dieselbe Bremse wie in der ersten<br />

Ûbung sollen die unbekannten Kräfte zeichnerisch<br />

ermittelt werden, jedoch für eine Linksdrehung der<br />

Bremsscheibe.<br />

Lösung: Man zeichnet den Lageplan des Bremshebels.<br />

Damit ist maßstäblich die Lage der Angriffspunkte<br />

aller am Bremshebel angreifenden<br />

Kräfte bekannt. Es sind drei Angriffspunkte. Man<br />

löst daher die Aufgabe nach dem 3-Kräfteverfahren<br />

(1.2.4.3, Seite 28).<br />

Die Wirklinie der Kraft F kann man gleich einzeichnen.<br />

Am Punkt R greift die nach links wirkende<br />

Reibungskraft FR an, ebenso die nach oben<br />

wirkende Normalkraft FN. Punkt D ist der Angriffspunkt<br />

der Lagerkraft FD, deren Wirklinie<br />

noch gefunden werden muss.<br />

Bei allen Reibungsaufgaben dieser Art, bei denen<br />

die Reibungszahl m bekannt ist, muss man sich immer<br />

als Erstes fragen, wie die Wirklinie der Ersatzkraft<br />

Fe einzuzeichnen ist. Mit der Reibungszahl m<br />

ist immer auch der Reibungswinkel r ¼ arctan m<br />

bekannt. Er beträgt hier r ¼ arctan 0,5 ¼ 26,6 .<br />

FR<br />

zffl}|ffl{<br />

FDx<br />

I: SFx ¼ 0 ¼ FN m<br />

II: SFy ¼ 0 ¼ FN F FDy<br />

III: SMðDÞ ¼ 0 ¼ FN l1 þ FN ml2 Fl<br />

l<br />

III. FN ¼ F<br />

l1 þ ml2<br />

700 mm<br />

FN ¼ 200 N<br />

¼ 466,7 N<br />

ð250 þ 0,5 100Þ mm<br />

FR ¼ FN m ¼ 233,3 N<br />

I. FDx ¼ FN m ¼ 233,3 N<br />

II. FDy ¼ FN F ¼ð466,7 200Þ N ¼ 266,7 N<br />

FD ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FDx 2 þ FDy 2<br />

q<br />

¼ 354,3 N<br />

M ¼ FR<br />

d<br />

¼ 233,3 N 0,15 m ¼ 35 Nm<br />

2<br />

Lageplan<br />

Längenmaßstab<br />

ML ¼ 150 mm<br />

cm<br />

(1 cm ¼b 150 mm)<br />

3 Reibung


3.2 Gleitreibung und Haftreibung 97<br />

Entsprechend dem Richtungssinn von FR und FN<br />

wirkt die Ersatzkraft Fe nach links oben. Damit ist<br />

die Lage der Wirklinie WL Fe gefunden.<br />

Man bringt nun WL Fe und WL F zum Schnittpunkt<br />

S und hat damit auch die Lage der Wirklinie<br />

WL FD der gesuchten Lagerkraft.<br />

Den Kräfteplan beginnt man mit dem Aufzeichnen<br />

der gegebenen Kraft F. Durch Anfangs- und Endpunkt<br />

von F werden Parallelen zu den Wirklinien<br />

WL Fe und WL FD im Lageplan gezeichnet.<br />

Damit hat man die Längen der Kraftpfeile für die<br />

Ersatzkraft Fe und für die Lagerkraft FD. Der Richtungssinn<br />

ergibt sich aus der Bedingung des fortlaufenden<br />

Kräftezugs („Einbahnverkehr“) für das<br />

geschlossene Krafteck.<br />

Die horizontale Komponente der Ersatzkraft Fe ist<br />

die Reibungskraft FR, die vertikale Komponente<br />

ist die Normalkraft FN. Auf gleiche Weise findet<br />

man die Komponenten FDx und FDy der Lagerkraft<br />

FD. Die Multiplikation der abgemessenen Pfeillängen<br />

mit dem festgelegten Kräftemaßstab MK ergibt<br />

die Beträge für die gesuchten Kräfte.<br />

Bei Rechtsdrehung der Bremsscheibe betrug die<br />

Reibungskraft FR ¼ 233,3 N. Bei Linksdrehung<br />

ist sie größer: FR ¼ 350 N. Folglich ist bei Linksdrehung<br />

auch das Bremsmoment M größer als bei<br />

Rechtsdrehung der Bremsscheibe.<br />

Man misst ab:<br />

FD ¼ 3cm 200 N<br />

¼ 600 N<br />

cm<br />

FDx ¼ 1,75 cm 200 N<br />

¼ 350 N<br />

cm<br />

FDy ¼ 2,5 cm 200 N<br />

cm<br />

Kräfteplan<br />

Kräftemaßstab:<br />

MK ¼ 200 N<br />

cm<br />

(1 cm ¼b 200 N)<br />

¼ 500 N<br />

FN ¼ 3,5 cm 200 N<br />

cm<br />

¼ 700 N<br />

FR ¼ 1,75 cm 200 N<br />

¼ 350 N<br />

cm<br />

M(Rechtsdrehung) ¼ 35 Nm<br />

M(Linksdrehung) ¼ FR<br />

d<br />

2<br />

¼ 350 N 0,15 m<br />

¼ 52,5 Nm


98<br />

3. Ûbung: In der skizzierten Stellung lehnt eine<br />

Leiter von der Länge l an der senkrechten Wand.<br />

Mit dem waagerechten Boden schließt sie den<br />

Neigungswinkel a ein. Neben l und a sind die<br />

Reibungszahlen m A und m B in den Stützpunkten A<br />

und B bekannt. Eine Person mit der Gewichtskraft<br />

FG besteigt die Leiter.<br />

Gesucht ist eine Funktionsgleichung der Form<br />

h ¼ f (l, a, m A , m B , FG)<br />

für die Steighöhe h, bei der die Leiter zu rutschen<br />

beginnt.<br />

Lösung: Man zeichnet die Lageskizze der freigemachten<br />

Leiter im Zustand des Rutschbeginns.<br />

Im Stützpunkt A wirkt die vertikale Wand mit der<br />

Normalkraft FNA nach rechts auf die Leiter und die<br />

Reibungskraft FRA ¼ FNA m A nach oben.<br />

In B wirkt die Normalkraft FNB nach oben, die<br />

Reibungskraft FRB ¼ FNB m B nach links auf die<br />

Leiter. Man kann nun die drei Gleichgewichtsbedingungen<br />

für das ebene Kräftesystem ansetzen<br />

und auswerten.<br />

Mit dem richtigen Ansatz der drei Gleichgewichtsbedingungen<br />

wird der physikalische Sachverhalt<br />

in Bezug auf die Leiter vollständig erfasst. Daher<br />

kürzt man die nun erforderlichen algebraischen<br />

Rechnungen zur Ermittlung der gesuchten Gleichung<br />

für die Steighöhe h ab.<br />

Aufgabenskizze<br />

Lageskizze der<br />

freigemachten<br />

Leiter bei<br />

Rutschbeginn<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ FNA FNB m B<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FNA m A þ FNB FG<br />

III. SF ðBÞ ¼ 0 ¼ FNA l sin a<br />

3 Reibung<br />

FNA m A l cos a þ FG<br />

l1<br />

z}|{<br />

h<br />

tan a


3.2 Gleitreibung und Haftreibung 99<br />

Es stehen drei voneinander unabhängige Gleichungen<br />

für die drei unbekannten Größen h, FNA und<br />

FNB zur Verfügung. Das Gleichungssystem ist lösbar.<br />

Wichtigste Erkenntnis der Entwicklung:<br />

Die Gewichtskraft FG fällt heraus. Die Steighöhe h<br />

ist nur abhängig von der Leiterlänge l, dem Neigungswinkel<br />

a und den Reibungszahlen, dagegen<br />

nicht von der Gewichtskraft.<br />

Ein numerisches Beispiel mit l ¼ 4m, a ¼ 60 ,<br />

m A ¼ m B ¼ 0,2 ergibt die Steighöhe h ¼ 1,287 m.<br />

Zur Sicherheit wird hier mit der Gleitreibungszahl<br />

m A ¼ m B ¼ 0,2 gerechnet.<br />

Die zeichnerische Lösung der Aufgabe wird am<br />

Beispiel einer Zylinderführung vorgeführt.<br />

(Abschnitt 3.4.2, Seite 115).<br />

Aufgaben Nr. 301–334<br />

Aus I. FNB ¼ FNA<br />

eingesetzt in II.:<br />

mB II. FNA mA þ FNA<br />

mB FNA mA þ<br />

FG ¼ 0<br />

1<br />

mB ¼ FG<br />

FNA ¼ FG<br />

mA þ 1<br />

eingesetzt in III.:<br />

mB h<br />

FG<br />

tan a ¼ FG l<br />

mA þ 1<br />

ðsin a þ mA cos aÞ<br />

mB Beispiel:<br />

m A ¼ m B ¼ 0,2<br />

l ¼ 4m;a ¼ 60<br />

4m tan 60<br />

h ¼<br />

0,2 þ 1<br />

0,2<br />

h ¼ 1,287 m<br />

l tan a<br />

h ¼<br />

mA þ 1<br />

ðsin a þ mA cos aÞ<br />

mB ðsin 60 þ 0,2 cos 60 Þ


100<br />

3.3 Reibung auf der schiefen Ebene<br />

Reibungsbetrachtungen an vielen Maschinenteilen (z. B. Schraube, Schnecke, Keil) lassen sich<br />

auf die Reibungsverhältnisse eines Körpers auf der schiefen Ebene zurückführen.<br />

Man unterscheidet drei Grundfälle, je nachdem, ob der Körper auf der schiefen Ebene nach<br />

oben oder nach unten verschoben oder gehalten werden soll.<br />

Es werden die Fälle anhand von Aufgaben mit unterschiedlicher Wirklinie der Verschiebekraft<br />

untersucht. Die Lösung sucht man auf analytischem Weg mit den beiden rechnerischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

nach der Lageskizze (SFx ¼ 0, SFy ¼ 0). Anschließend wertet man das<br />

unmaßstäblich gezeichnete Krafteck (Krafteckskizze) trigonometrisch aus. Auf eine maßstäbliche<br />

zeichnerische Lösung wird verzichtet. Sie ist hier umständlich und wegen der meist kleinen<br />

Reibungswinkel ungenau, z. B. ist fürm ¼ 0,1 der Reibungswinkel r ¼ 5,7 (siehe Seite 92).<br />

Den Körper stellt man sich sehr flach vor, so dass er nicht kippen kann. Dann können die<br />

Kräfte als zentrales Kräftesystem behandelt werden. Diese Vereinfachung ist technisch zulässig,<br />

und sie hilft, das Reibungsproblem besser zu erkennen. Die mathematischen Bedingungen<br />

werden einfacher, weil dann keine Kräftepaare berücksichtigt werden müssen.<br />

3.3.1 Verschieben des Körpers nach oben (1. Grundfall)<br />

3.3.1.1 Zugkraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel<br />

Ein Körper liegt auf einer schiefen Ebene, die unter<br />

dem Ebenenwinkel a zur Waagerechten geneigt<br />

ist. Die Zugkraft F wirkt unter dem Zugwinkel b<br />

zur Waagerechten. Der Körper wird durch die<br />

Kraft F mit gleichbleibender Geschwindigkeit<br />

nach oben gezogen.<br />

Es soll eine Gleichung zur Berechnung der Zugkraft<br />

F entwickelt werden.<br />

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachten<br />

Körpers mit der Gewichtskraft FG und ihren Komponenten<br />

FG sin a und FG cos a, der Zugkraft F<br />

und deren Komponenten F sin g und F cos g, der<br />

Normalkraft FN und der Reibungskraft FR ¼ FN m.<br />

Die Reibungskraft FR bremst den Körper gegenüber<br />

der ruhenden schiefen Ebene. Sie wirkt daher<br />

der Bewegungsrichtung des Körpers entgegen<br />

nach links unten.<br />

Die x-Achse des rechtwinkligen Achsenkreuzes<br />

legt man in Richtung der schiefen Ebene. Dann<br />

wird die Lageskizze mit den Kraftkomponenten<br />

übersichtlicher, und es ergeben sich einfachere<br />

rechnerische Beziehungen. Den Winkel b a bezeichnet<br />

man mit dem griechischen Buchstaben g.<br />

Gegeben: FG, a, b, m<br />

Gesucht: F ¼ f (FG, a, b, m)<br />

3 Reibung<br />

Aufgabenskizze<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze


3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 101<br />

Aus der Lageskizze können die beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

abgelesen werden.<br />

Man löst Gleichung II nach der Normalkraft FN<br />

auf und setzt diesen Ausdruck in Gleichung I ein.<br />

Die neue Gleichung I wird nach der Zugkraft F<br />

aufgelöst. Damit erhält man die gesuchte Beziehung<br />

F ¼ f (FG, a, g, m) und mit g ¼ b a<br />

F ¼ f (FG, a, b, m)<br />

Diese Gleichung sieht recht kompliziert aus. Aber<br />

sie gilt auch für den allgemeinen Kraftrichtungsfall.<br />

Bei technischen Geräten wirkt die Kraft F<br />

meist parallel (Schrägaufzug) oder waagerecht<br />

(Schraube) zur schiefen Ebene. Die Zugkraftgleichung<br />

wird dann einfacher.<br />

3.3.1.2 Zugkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene<br />

Analytische Lösung:<br />

Man zeichnet wieder die Lageskizze. Sie unterscheidet<br />

sich von der vorhergehenden nur durch<br />

die Richtung der Zugkraft F. Sie wirkt jetzt in<br />

Richtung der schiefen Ebene, das heißt, der Zugwinkel<br />

b ist gleich dem Ebenenwinkel a.<br />

Man schreibt die allgemein gültige Zugkraftgleichung<br />

auf und ersetzt darin den Zugwinkel b<br />

durch den Ebenenwinkel a: ðb ¼ aÞ. Im Nenner ist<br />

cos ða aÞ ¼cos 0 ¼ 1, sin ða aÞ ¼sin 0 ¼ 0.<br />

Damit erhält man die spezielle Gleichung für den<br />

Fall, dass die Zugkraft F parallel zur schiefen<br />

Ebene wirkt.<br />

Weil in Ûbungsaufgaben und Klausuren häufig die<br />

Herleitung der Zugkraftgleichung für den speziellen<br />

Fall verlangt wird, entwickelt man die Gleichung<br />

noch einmal mit Hilfe der beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0. Das<br />

ist auch eine Kontrolle des Ergebnisses der vorhergehenden<br />

Entwicklung aus der allgemeinen Zugkraftgleichung.<br />

2. Schritt<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos g FG sin a FR<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN þ F sin g FG cos a<br />

FR ¼ FN m<br />

3. Schritt<br />

II. FN ¼ FG cos a F sin g<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos g FG sin a<br />

ðFGcos a F sin gÞ m<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

FN<br />

F cos g þ F sin gm ¼ FG sin a þ FG m cos a<br />

sin a þ m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos g þ m sin g<br />

sin a þ m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ðb aÞþm sin ðb aÞ<br />

Zugkraft beim Aufwärtszug<br />

sin a þ m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ðb aÞþm sin ðb aÞ<br />

sin a þ m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ða aÞ þ m sin ða aÞ<br />

|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

1<br />

0<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze<br />

2. Schritt<br />

F ¼ FGðsin a þ m cos aÞ F ¼ f (FG, a, m)<br />

3. Schritt<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F FG sin a FN m<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a ) FN ¼ FG cos a<br />

Der Ausdruck für FN wird in I. eingesetzt:<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F FG sin a FG cos am<br />

F ¼ FGðsin a þ m cos aÞ


102<br />

Trigonometrische Lösung:<br />

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachten<br />

Körpers mit der Gewichtskraft FG, der Verschiebekraft<br />

F, der Normalkraft FN und der Reibungskraft<br />

FR.<br />

In der Krafteckskizze zeichnet man zuerst die Normalkraft<br />

FN (unmaßstäblich) in Normalenrichtung<br />

zur schiefen Ebene und schließt rechtwinklig zu<br />

ihr die Reibungskraft FR in beliebiger Länge an<br />

(dünne Pfeile). Beide werden zur Ersatzkraft Fe<br />

zusammengefasst.<br />

Dann schließt man das Krafteck, indem in den Anfangspunkt<br />

der Kraft Fe die Gewichtskraft FG und<br />

in ihren Endpunkt die Kraft F gelegt wird. Den<br />

Reibungswinkel r trägt man zwischen der Normalkraft<br />

FN und der Ersatzkraft Fe, den Ebenenwinkel<br />

a der schiefen Ebene zwischen der Normalkraft<br />

FN und der Gewichtskraft FG ein.<br />

Nun wird der Sinussatz für die Kräfte F und FG<br />

und die ihnen gegenüber liegenden Winkel nach<br />

der Krafteckskizze angesetzt und daraus eine Gleichung<br />

für die Kraft F entwickelt. Man erkennt,<br />

dass die Kraft F von der Gewichtskraft FG, dem<br />

Ebenenwinkel a und dem Reibungswinkel r abhängig<br />

ist.<br />

Man entwickelt die Gleichung mit Hilfe des Additionstheorems<br />

sin ða þ bÞ ¼sin a cos b þ cos a sin b<br />

weiter und erhält sie wieder in der Form mit der<br />

Reibungszahl m.<br />

Wird der Körper aus der Ruhe nach oben in Bewegung<br />

gesetzt, tritt im Krafteck an die Stelle der<br />

Reibungskraft FR die Haftreibungskraft FR0 max<br />

und an die Stelle des Reibungswinkels r der<br />

Haftreibungswinkel r0. Beide Gleichungen gelten<br />

auch für diesen Fall, nur muss r durch r0 und m<br />

durch m0 ersetzt werden.<br />

Lageskizze<br />

Krafteckskizze<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

Beachte:<br />

Zwischen FN und Fe liegt immer<br />

der Reibungswinkel r,<br />

zwischen FN und FG liegt immer der Ebenenwinkel<br />

a der schiefen Ebene,<br />

zwischen FR und Fe liegt immer der Winkel<br />

90 r.<br />

3. Schritt<br />

F<br />

sin ða þ rÞ ¼<br />

FG<br />

sin ð90<br />

FG<br />

¼<br />

rÞ cos r<br />

Beachte: sin ð90 rÞ ¼cos r<br />

sin ða þ rÞ<br />

F ¼ FG<br />

cos r<br />

F ¼ f (FG, a, r)<br />

4. Schritt<br />

sin ða þ rÞ ¼sin a cos r þ cos a sin r<br />

sin a cos r þ cos a sin r<br />

F ¼ FG<br />

cos r<br />

cos r sin r<br />

F ¼ FG sin a þ cos a<br />

cos r cos r<br />

3 Reibung<br />

sin r<br />

Hierin ist ¼ tan r ¼ m<br />

cos r<br />

F ¼ FGðsin a þ m cos aÞ F ¼ f (FG, a, m)


3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 103<br />

Nachbetrachtung: Beide Gleichungen sind „Funktionsgleichungen“.<br />

Sie zeigen die Abhängigkeit<br />

der gesuchten Kraft F von den „Einflussgrößen“<br />

FG, a, r und m:<br />

F ¼ f ðFG, a, rÞ oder F ¼ f ðFG, a, mÞ<br />

Man erkennt:<br />

Die Kraft F wird umso größer, je größer die Gewichtskraft<br />

FG des Körpers ist, je größer der Ebenenwinkel<br />

a ist und je größer der Reibungswinkel r oder<br />

die Reibungszahl m ist. Sie erreicht einen Höchstwert,<br />

wenn der Ebenenwinkel a ¼ 90 r ist.<br />

3.3.1.3 Zugkraft F wirkt waagerecht<br />

Analytische Lösung:<br />

Als Erstes zeichnet man wieder die Lageskizze.<br />

Die Zugkraft F soll diesmal waagerecht wirken.<br />

Dieser Fall ist von besonderer Bedeutung für das<br />

Verständnis von Schraubgetrieben (Spindelpresse)<br />

und für die Berechnung von Befestigungsschrauben.<br />

Auch hier wird zunächst vom allgemeinen Fall<br />

ausgegangen, bei dem die Zugkraft F unter einem<br />

beliebigen Zugwinkel b zur Waagerechten wirkt.<br />

Man setzt in der allgemein gültigen Zugkraftgleichung<br />

den Zugwinkel b ¼ 0, denn die Wirklinie<br />

der Zugkraft F soll waagerecht liegen.<br />

Für die trigonometrischen Funktionen im Nenner<br />

gilt cos ð aÞ ¼cos a und sin ð aÞ ¼ sin a.<br />

Damit erhält man die spezielle Gleichung für den<br />

Fall, dass die Zugkraft F waagerecht wirkt.<br />

Es soll auch für diesen Fall die Zugkraftgleichung<br />

mit Hilfe der beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 hergeleitet werden.<br />

Gleichung II löst man nach der Normalkraft FN<br />

auf und setzt diesen Ausdruck in Gleichung I ein.<br />

Die Endgleichung stimmt mit der vorhergehenden<br />

überein.<br />

Die Diskussion der ersten Gleichung zeigt:<br />

Die Kraft F ist der Gewichtskraft FG proportional;<br />

sie wächst mit dem Ebenenwinkel a und dem<br />

Reibungswinkel r, denn die Summe a þ r<br />

wird größer und damit auch ihre Sinusfunktion,<br />

während cos r kleiner wird;<br />

den Höchstwert erreicht F, wenn<br />

a ¼ 90 r ist, denn dann wird<br />

sin ða þ rÞ ¼1, die Kraft F ist größer als FG<br />

und nimmt bei zunehmendem Ebenenwinkel<br />

wieder ab, bis sie bei a ¼ 90 genauso groß<br />

ist wie die Gewichtskraft, weil<br />

sin ð90 þ rÞ ¼cos r.<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze<br />

2. Schritt<br />

sin a þ m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ðb aÞþm sin ðb aÞ<br />

sin a þ m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ð0 aÞ þ m sin ð0 aÞ<br />

|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

cos a sin a<br />

sin a þ m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos a m sin a<br />

FR<br />

z}|{<br />

F ¼ f ðFG, a, mÞ<br />

3. Schritt<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos a FN m FG sin a<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a F sin a<br />

FN ¼ FG cos a þ F sin a<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos a FG sin a<br />

Fðcos a<br />

ðFG cos a þ F sin aÞ m<br />

m sin aÞ ¼FGðsin a þ m cos aÞ<br />

F ¼ FG<br />

sin a þ m cos a<br />

cos a m sin a


104<br />

Häufiger wird die Gleichung mit dem Reibungswinkel<br />

r anstelle der Reibungszahl m gebraucht,<br />

zum Beispiel beim Schraubengewinde. Zur Um-<br />

wandlung der Gleichung wird eingesetzt:<br />

sin r<br />

Reibungszahl m ¼ tan r ¼<br />

cos r<br />

(siehe Abschnitt 3.2.1, Seite 91)<br />

Wird nun Zähler und Nenner auf den gemeinsamen<br />

Nenner cos r gebracht, erhält man mit den<br />

entsprechenden Additionstheoremen die gesuchte<br />

Gleichung mit dem Reibungswinkel r.<br />

Mit Hilfe der folgenden trigonometrischen Lösung<br />

kann man diese Gleichung direkt aus der Krafteckskizze<br />

ablesen.<br />

Trigonometrische Lösung:<br />

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachten<br />

Körpers.<br />

Die Krafteckskizze wird wieder mit der Normalkraft<br />

FN begonnen, an die man rechtwinklig die<br />

Reibungskraft FR (nach links unten) anschließt.<br />

Beide werden durch die Ersatzkraft Fe ersetzt.<br />

Dann schließt man das Krafteck aus Fe, FG und F<br />

und trägt die Winkel a und r ein.<br />

Das Krafteck ist ein rechtwinkliges Dreieck, aus<br />

dem man die Gleichung für die Verschiebekraft F<br />

ablesen kann.<br />

Die Gleichung gilt auch für den Fall, dass der Körper<br />

aus der Ruhe nach oben angezogen wird, wenn<br />

r durch r0 ersetzt wird.<br />

Nachbetrachtung: Die Gleichung zeigt, dass die<br />

Verschiebekraft F größer wird mit zunehmender<br />

Gewichtskraft FG, zunehmendem Ebenenwinkel a<br />

und zunehmendem Reibungswinkel r.<br />

Ist a ¼ 0, dann ist die Verschiebekraft F gleich der<br />

Reibungskraft FR.<br />

Wächst der Neigungswinkel gegen a ¼ 90 r,<br />

geht die Verschiebekraft F gegen unendlich, d. h.<br />

schon bevor der Ebenenwinkel a ¼ 90 erreichen<br />

wird, ist eine Verschiebung nicht mehr möglich.<br />

sin r<br />

sin a þ cos a<br />

cos r<br />

F ¼ FG<br />

sin r<br />

cos a sin a<br />

cos r<br />

F ¼ FG<br />

sin a cos r þ cos a sin r<br />

cos r<br />

cos a cos r sin a sin r<br />

cos r<br />

sin ða þ rÞ<br />

F ¼ FG<br />

cos ða þ rÞ<br />

4. Schritt<br />

F ¼ FG tan ða þ rÞ F ¼ f ðFG, a, rÞ<br />

Lageskizze<br />

Krafteckskizze<br />

3 Reibung<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

F ¼ FG tan ða þ rÞ F ¼ f ðFG, a, rÞ<br />

Ist a ¼ 0, wird tan ða þ rÞ ¼tan r ¼ m, und<br />

damit F ¼ FG m. Bei waagerechter Ebene ist<br />

FG ¼ FN, folglich auch F ¼ FN m ¼ FR.<br />

Ist a ¼ 90 r, dann ist<br />

tan ða þ rÞ ¼tan ð90 r þ rÞ und<br />

tan 90 ¼1. Dann wird F ¼ FG 1¼1.


3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 105<br />

3.3.2 Halten des Körpers auf der schiefen Ebene (2. Grundfall)<br />

3.3.2.1 Haltekraft F wirkt unter beliebigem Zugwinkel<br />

Die geometrischen Größen sind die gleichen wie<br />

in den vorhergehenden Untersuchungen.<br />

Der Körper steht gerade vor dem Abgleiten und<br />

soll durch die Kraft F auf der schiefen Ebene in<br />

Ruhestellung gehalten werden. Die entsprechende<br />

Gleichung soll mit Hilfe der beiden Kraft-Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 gefunden<br />

werden.<br />

Man zeichnet wieder die Lageskizze des freigemachten<br />

Körpers mit der x-Achse des Achsenkreuzes<br />

in Richtung der schiefen Ebene.<br />

Im Gegensatz zum 1. Grundfall (Verschieben<br />

nach oben) wirkt hier die maximale Haftreibungskraft<br />

FR0 max ¼ FN m 0 am Körper nach rechts oben.<br />

Sie versucht, ihn in der Ruhelage zu halten. Die<br />

dann noch erforderliche Haltekraft F ist mit<br />

Sicherheit kleiner als die Zugkraft zum Aufwärtsziehen<br />

im 1. Grundfall. Wegen der Ruhelage des<br />

Körpers gilt als Reibungszahl die Haftreibungszahl<br />

m0, nicht die (kleinere) Gleitreibungszahl m.<br />

Aus der Lageskizze liest man die beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

ab und geht dann genau so<br />

vor wie im 1. Grundfall. Ein Vergleich zeigt, dass<br />

sich die beiden Gleichungssysteme nur durch den<br />

Richtungssinn der Reibungskraft unterscheiden.<br />

Gleichung II löst man nach der Normalkraft FN<br />

auf und setzt diesen Ausdruck in Gleichung I<br />

ein.<br />

Diese neue Gleichung I löst man nach der Haltekraft<br />

F auf und erhält damit die gesuchte Beziehung<br />

F ¼ f ðFG, a, g, m 0Þ und mit g ¼ b a<br />

F ¼ f ðFG, a, b, m 0 Þ<br />

Gegeben: FG, a, b, m0<br />

Gesucht: F ¼ f ðFG, a, b, m 0 Þ<br />

Aufgabenskizze<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze<br />

2. Schritt<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos g FG sin a þ FR0 max<br />

FR0 max ¼ FN m 0<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN þ F sin g FG cos a<br />

II. FN ¼ FG cos a F sin g 3. Schritt<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos g FG sin a þ<br />

þðFG cos a F sin gÞ m0 |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

FN<br />

Fðcos g m0 sin gÞ ¼FGðsin a m0 cos aÞ<br />

sin a<br />

F ¼ FG<br />

cos g<br />

m0 cos a<br />

m0 sin g


106<br />

Sieht man sich dazu die entsprechende Gleichung<br />

im 1. Grundfall (Seite 101) an, erkennt man, dass<br />

sich beide Gleichungen nur durch die Vorzeichen<br />

der m0-Glieder unterscheiden. Die einzelnen Glieder<br />

selbst sind gleich.<br />

Es ist noch zu überlegen, ob und wie die Haltekraft<br />

F sich ändert, wenn der Körper mit konstanter<br />

Geschwindigkeit abwärts gleitet. Da die Reibungskraft<br />

ihren Richtungssinn nach rechts oben beibehält,<br />

gibt es nur eine Ønderung in der Gleichung<br />

für die Haltekraft F: An die Stelle der Haftreibungszahl<br />

m0 tritt die Gleitreibungszahl m. Da<br />

m < m 0 ist, muss die Haltekraft F beim gleichförmigen<br />

Abwärtsgleiten größer sein als beim Halten<br />

des Körpers, weil die Gleitreibungskraft kleiner ist<br />

als die Haftreibungskraft.<br />

3.3.2.2 Haltekraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene<br />

Analytische Lösung:<br />

Man zeichnet die Lageskizze und geht dann<br />

wieder so vor wie in 3.3.1.2 auf Seite 101. Haltekraft<br />

F und Haftreibungskraft FR0 max wirken parallel<br />

zur schiefen Ebene nach rechts oben.<br />

Der Zugwinkel b ist gleich dem Ebenenwinkel a.<br />

Das ist die Ønderung des physikalischen Sachverhalts<br />

gegenüber dem allgemeinen Fall.<br />

Den neuen Sachverhalt bringt man in die allgemeine<br />

Haltekraftgleichung (siehe oben) ein.<br />

Dort ersetzt man den Zugwinkel b durch den<br />

Ebenenwinkel a: (b ¼ a).<br />

Im Nenner ist wieder<br />

cos ða aÞ ¼cos 0 ¼ 1<br />

sin ða aÞ ¼sin 0 ¼ 0<br />

Damit erhält man die spezielle Gleichung für den<br />

Fall, dass die Haltekraft F parallel zur schiefen<br />

Ebene wirkt.<br />

sin a m0 cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ðb aÞ m0 sin ðb aÞ<br />

F ¼ f ðFG, a, b, m 0 Þ<br />

Haltekraft F bei ruhendem Körper<br />

4. Schritt<br />

sin a m cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ðb aÞ m sin ðb aÞ<br />

Haltekraft F beim gleichförmigen<br />

Abwärtsgleiten<br />

F ¼ FG<br />

F ¼ FG<br />

sin a m 0 cos a<br />

cos ðb aÞ m 0 sin ðb aÞ<br />

cos ða aÞ<br />

|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

1<br />

sin a m 0 cos a<br />

3 Reibung<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze<br />

2. Schritt<br />

m 0 sin ða aÞ<br />

|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

0<br />

F ¼ FG ðsin a m 0 cos aÞ F ¼ f ðFG, a, m 0Þ


3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 107<br />

Zur Kontrolle wird noch auf direktem Weg die<br />

Haltekraftgleichung entwickelt. Dazu setzt man<br />

die beiden Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0<br />

und SFy ¼ 0 an, die man aus der Lageskizze ablesen<br />

kann.<br />

Das Ergebnis stimmt mit der vorher entwickelten<br />

Gleichung überein.<br />

Trigonometrische Lösung:<br />

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachten<br />

Körpers. Er ist gerade an der Grenze zwischen<br />

Ruhe und Bewegung nach unten. Die maximale<br />

Haftreibungskraft FR0 max wirkt dann der zu erwartenden<br />

Bewegungsrichtung des Körper entgegen<br />

nach rechts oben.<br />

In der Krafteckskizze wird wieder zuerst die Normalkraft<br />

FN gezeichnet und rechtwinklig daran die<br />

Haftreibungskraft FR0 max. Beide fasst man zur Ersatzkraft<br />

Fe zusammen. Dann schließt man das<br />

Krafteck aus Fe, F und FG. Die Winkel a und r0<br />

werden wie in der vorigen Aufgabe in die Krafteckskizze<br />

eingetragen: a zwischen FN und FG<br />

und r0 zwischen FN und Fe.<br />

Dann setzt man wieder den Sinussatz an und entwickelt<br />

daraus die Gleichung für die Kraft F. Aus<br />

der Gleichung erkennt man, dass die erforderliche<br />

Haltekraft F größer wird mit zunehmender Gewichtskraft<br />

FG und zunehmendem Ebenenwinkel<br />

a. Sie wird kleiner bei zunehmendem Haftreibungswinkel<br />

r0. Das ist leicht zu erklären, denn<br />

die Haftreibungskraft unterstützt die Kraft F.<br />

Mit Hilfe des Additionstheorems<br />

sin ða r0Þ¼sin a cos r0 cos a sin r0 findet man auch die zweite Form der Funktionsgleichung<br />

für die Kraft F.<br />

Beide Gleichungen gelten auch für den Fall, dass<br />

der Körper gleichförmig abwärts gleitet, wenn r0<br />

durch r und m0 durch m ersetzt wird.<br />

I.<br />

FR0 max<br />

zffl}|ffl{<br />

SFx ¼ 0 ¼ F þ FN m0 3. Schritt<br />

FG sin a<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a ) FN ¼ FG cos a<br />

Der Ausdruck für FN wird in I. eingesetzt:<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F þ FG cos am0 FG sin a<br />

F ¼ FGðsin a m 0 cos aÞ<br />

Lageskizze<br />

Krafteckskizze<br />

F<br />

sin ða r0Þ ¼<br />

FG<br />

sin ð90 þ r0Þ Beachte: sin ð90 þ r 0 Þ¼cos r 0<br />

sin ða r0Þ F ¼ FG<br />

cos r0 1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

¼ FG<br />

cos r 0<br />

F ¼ f ðFG, a, r 0 Þ<br />

4. Schritt<br />

F ¼ FGðsin a m 0 cos aÞ F ¼ f ðFG, a, m 0 Þ<br />

Beachte: Beim Abwärtsgleiten ist die erforderliche<br />

Haltekraft F größer als in der Ruhe, weil<br />

die unterstützende Reibungskraft kleiner ist.


108<br />

Nachbetrachtung: Aus der ersten Gleichung kann<br />

man erkennen, dass bei reibungsfreier Auflage des<br />

Körpers (r0 ¼ 0) die Haltekraft F gleich der „Abtriebskomponente“<br />

der Gewichtskraft FG sin a<br />

wird.<br />

Ist der Ebenenwinkel a gleich dem Haftreibungswinkel<br />

r0, dann wird die Haltekraft F gleich null.<br />

Nur die Haftreibungskraft FR0 max hält den Körper<br />

fest.<br />

Ist der Ebenenwinkel a kleiner als der Haftreibungswinkel<br />

r0, dann ergibt die Gleichung einen<br />

negativen Wert für die Haltekraft F. Das bedeutet,<br />

dass die Kraft entgegen dem angenommenen Richtungssinn<br />

wirken muss. Um aus der Ruhe in die<br />

Bewegung überzugehen, muss der Körper abwärts<br />

geschoben werden.<br />

3.3.2.3 Haltekraft F wirkt waagerecht<br />

Analytische Lösung:<br />

Zunächst wird die allgemeine Gleichung (Seite<br />

106) für den speziellen Fall der waagerecht wirkenden<br />

Haltekraft F umgeschrieben. Dann entwickelt<br />

man aus den beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

die Haltekraftgleichung. Anschließend<br />

wird die Krafteckskizze wieder trigonometrisch<br />

ausgewertet.<br />

Die Haltekraft F soll waagerecht von links nach<br />

rechts wirken. Dann gilt für den Zugwinkel (Haltewinkel)<br />

b ¼ 0. Diese Bedingung bringt man in die<br />

allgemeine Gleichung ein. Da nach wie vor der<br />

Körper gerade vor dem Abgleiten stehen soll, muss<br />

wieder die Haftreibungszahl m0 eingesetzt werden.<br />

Mit b ¼ 0 wird im Nenner<br />

cos ð aÞ ¼cos a<br />

sin ð aÞ ¼ sin a<br />

Damit ergibt sich die spezielle Gleichung für eine<br />

waagerecht wirkende Haltekraft F.<br />

Für r0 ¼ 0 wird die Winkeldifferenz<br />

a r 0 ¼ a und cos r 0 ¼ 1, und es wird<br />

F ¼ FG<br />

sin ða 0Þ<br />

¼ FG sin a<br />

1<br />

Für r0 ¼ a wird sin ða r0Þ¼sin 0 ¼ 0.<br />

Dadurch erhält der ganze Quotient den Wert<br />

null, es wird<br />

sin ðr0 r0Þ 0<br />

F ¼ FG<br />

¼ FG ¼ 0<br />

cos r0 cos r0 Für a < r0 wird die Winkeldifferenz a r0 und damit auch ihre Sinusfunktion negativ.<br />

Dadurch ergibt sich für F ein negativer Wert.<br />

Erkenntnis: Ist der Ebenenwinkel a r0 ,<br />

bleibt der Körper von selbst auf der schiefen<br />

Ebene liegen.<br />

a r 0 Selbsthemmungsbedingung<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze<br />

sin a<br />

F ¼ FG<br />

cos ðb aÞ<br />

m0 cos a<br />

m0 sin ðb<br />

2. Schritt<br />

aÞ<br />

sin a m0 cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos ð0 aÞ m0 sin ð0 aÞ<br />

sin a m0 cos a<br />

F ¼ FG<br />

cos a þ m0 sin a<br />

3 Reibung<br />

F ¼ f ðFG, a, m 0 Þ


3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 109<br />

Es soll auch hier wieder die Haltekraftgleichung<br />

aus den beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 entwickelt werden.<br />

Man kommt zum gleichen Ergebnis wie im vorhergehenden<br />

Fall.<br />

Gleitet der Körper gleichförmig abwärts, ist an<br />

Stelle der Haftreibungszahl m0 die Gleitreibungszahl<br />

m in die Gleichung einzusetzen. Wegen<br />

m < m0, ist die Haltekraft F größer als beim ruhenden<br />

Körper.<br />

Trigonometrische Lösung:<br />

Man zeichnet die Lageskizze des freigemachten<br />

Körpers. Er ist gerade an der Grenze zwischen Ruhe<br />

und Bewegung nach unten. Folglich wirkt die maximale<br />

Haftreibungskraft FR0 max der zu erwartenden<br />

Bewegungsrichtung entgegen nach rechts oben.<br />

Die Krafteckskizze beginnt man wieder mit der<br />

Normalkraft FN, schließt rechtwinklig nach rechts<br />

oben die Haftreibungskraft FR0 max an und fasst<br />

beide zur Ersatzkraft Fe zusammen. Das Krafteck<br />

wird mit FG und F geschlossen, die Winkel a und<br />

r0 werden eingetragen.<br />

Aus dem Krafteck liest man die Gleichung für die<br />

Haltekraft F ab.<br />

Die Gleichung gilt auch für den Fall, dass der<br />

Körper gleichförmig abwärts gleitet, wenn r0<br />

durch r ersetzt wird.<br />

Nachbetrachtung: Die Gleichung zeigt, dass die<br />

erforderliche Haltekraft F größer wird mit zunehmender<br />

Gewichtskraft FG und zunehmendem Ebenenwinkel<br />

a. Sie wird kleiner mit zunehmendem<br />

Haftreibungswinkel r0, weil die Haftreibungskraft<br />

jetzt die Haltekraft unterstützt.<br />

Ist der Ebenenwinkel a gleich dem Haftreibungswinkel<br />

r0, dann wird die Haltekraft F gleich null,<br />

d. h. es liegt Selbsthemmung vor.<br />

Ist der Ebenenwinkel a kleiner als der Haftreibungswinkel<br />

r0, dann ergibt sich eine negative<br />

Haltekraft F, der Körper muss nach unten geschoben<br />

werden.<br />

3. Schritt<br />

I.<br />

FR0 max<br />

zffl}|ffl{<br />

SFx ¼ 0 ¼ F cos a þ FN m0 FG sin a<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a F sin a<br />

FN ¼ FG cos a þ F sin a<br />

Der Ausdruck für FN wird in I. eingesetzt:<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ F cos a þ<br />

þðFG cos a þ F sin aÞ m0 FG sin a<br />

F ¼ FG<br />

sin a m 0 cos a<br />

cos a þ m 0 sin a<br />

Lageskizze<br />

Krafteckskizze<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

F ¼ FG tan ða r 0 Þ 3. Schritt<br />

F ¼ f ðFG, a, r0Þ Beachte: Beim Abwärtsgleiten ist die erforderliche<br />

Haltekraft F größer als in Ruhe.<br />

Wird der Haftreibungswinkel r0 größer, dann<br />

wird die Winkeldifferenz a r0 kleiner, also<br />

auch ihre Tangensfunktion. Das ergibt aber<br />

auch einen kleineren Betrag für die Haltekraft<br />

F.<br />

Für a ¼ r0 wird tan ða r 0 Þ¼tan 0 ¼ 0,<br />

und damit<br />

F ¼ FG tan ðr 0 r 0 Þ¼FG 0 ¼ 0.<br />

Für a < r 0 wird die Winkeldifferenz und<br />

damit auch ihre Tangensfunktion negativ.<br />

Dadurch ergibt sich für die Haltekraft F ein<br />

negativer Betrag.


110<br />

3.3.3 Verschieben des Körpers nach unten (3. Grundfall)<br />

3.3.3.1 Schubkraft F wirkt unter beliebigem Schubwinkel<br />

Im 1. Grundfall wurde der Körper auf der schiefen<br />

Ebene nach oben gezogen, im 2. Grundfall im<br />

Ruhezustand gehalten (oder herabgelassen). Im<br />

3. Grundfall wird der Körper unter der Wirkung<br />

der Schubkraft F gleichförmig nach unten verschoben.<br />

Die Schubkraft F wirkt unter dem Schubwinkel<br />

b zur Waagerechten. Gesucht ist die Gleichung<br />

zur Berechnung der Schubkraft F.<br />

Aufgabenskizze<br />

Gegeben: FG, a, b, m<br />

Gesucht: F ¼ f ðFG, a, b, mÞ<br />

Analytische Lösung: 1. Schritt<br />

Als Erstes wird wieder die Lageskizze des freigemachten<br />

Körpers gezeichnet.<br />

Die Reibungskraft FR ¼ FN m wirkt der Bewegungsrichtung<br />

des Körpers entgegen nach rechts<br />

oben. Sie versucht, den Körper abzubremsen wie<br />

im 2. Grundfall. In der Lageskizze führt man den<br />

Winkel g ¼ b a ein. Das vereinfacht die weitere<br />

algebraische Entwicklung.<br />

Aus der Lageskizze liest man wieder die beiden<br />

Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0undSFy ¼ 0ab.<br />

Für die Reibungskraft wird FR ¼ FN m eingesetzt.<br />

Gleichung II wird nach FN aufgelöst und dieser<br />

Ausdruck in Gleichung I eingesetzt.<br />

Diese neue Gleichung I löst man nach der Schubkraft<br />

F auf. Das ist die Beziehung<br />

F ¼ f ðFG, a, g, mÞ<br />

Setzt man dann wieder g ¼ b a ein, erhält man<br />

die gesuchte Beziehung in der Form<br />

F ¼ f ðFG, a, b, mÞ<br />

Nachbetrachtung: Ein Vergleich der Schubkraftgleichung<br />

mit der Haltekraftgleichung auf Seite<br />

106 zeigt, dass sie fast übereinstimmen. Bis auf<br />

die Vorzeichen im Nenner sind alle Glieder im<br />

Zähler und im Nenner gleich. Rechnet man die<br />

Kraft F mit gleichen Größen für beide Gleichungen<br />

aus, dann sind die Zahlenwerte gleich. Nur die<br />

Vorzeichen sind verschieden. Das muss so sein,<br />

denn die beiden Lageskizzen unterscheiden sich<br />

nur durch den Richtungssinn der Kraft F.<br />

3 Reibung<br />

Lageskizze<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m F cos g<br />

2. Schritt<br />

FG sin a<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a F sin g<br />

3. Schritt<br />

II. FN ¼ FG cos a þ F sin g<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ðFG cos a þ F sin gÞ m<br />

FG sin a F cos g<br />

F sin gm F cos g ¼ FG sin a<br />

FG cos am<br />

sin a m cos a<br />

F ¼ FG<br />

m sin g cos g<br />

sin a m cos a<br />

F ¼ FG<br />

m sin ðb aÞ cos ðb<br />

F ¼ f ðFG, a, b, mÞ<br />

aÞ<br />

Schubkraft F beim gleichförmigen Abwärtsgleiten<br />

Nennervergleich:<br />

NS ¼ m sin ðb aÞ cos ðb aÞ<br />

in der Schubkraftgleichung<br />

NH ¼ cos ðb aÞ m sin ðb aÞ<br />

in der Haltekraftgleichung<br />

NS ¼ð 1Þ NH


3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 111<br />

3.3.3.2 Schubkraft F wirkt parallel zur schiefen Ebene<br />

Analytische Lösung:<br />

Als Erstes zeichnet man wieder die Lageskizze.<br />

Die Schubkraft F wirkt jetzt parallel zur schiefen<br />

Ebene in negativer x-Richtung. Das gilt auch für<br />

die Gewichtskraftkomponente FG sin a. Entgegengesetzt<br />

zur Schubkraftrichtung wirkt die Reibungskraft<br />

FR ¼ FN m. Rechtwinklig zur schiefen Ebene<br />

wirkt in negativer y-Richtung die Gewichtskraftkomponente<br />

FG cos a, in positiver y-Richtung die<br />

Normalkraft FN.<br />

Da die Schubkraft parallel zur schiefen Ebene<br />

wirken soll, wird der Schubwinkel b gleich dem<br />

Ebenenwinkel a. Entsprechend schreibt man die<br />

allgemeine Schubkraftgleichung von Seite 110 um.<br />

Im Nenner ist dann<br />

sin ða aÞ ¼ sin 0 ¼ 0<br />

cos ða aÞ ¼cos 0 ¼ 1.<br />

Damit erhält man die spezielle Gleichung für den<br />

Fall, dass die Schubkraft F parallel zur schiefen<br />

Ebene wirkt.<br />

Bis auf das Vorzeichen stimmt auch diese Gleichung<br />

mit der entsprechenden Haltekraftgleichung<br />

in 3.3.2.2 (Seite 106) überein, wenn dort m0 durch<br />

m ersetzt wird.<br />

Wie gewohnt findet man die Schubkraftgleichung<br />

auch mit Hilfe der beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0.<br />

Es soll nun die Schubkraftgleichung in die Form<br />

mit dem Reibungswinkel r gebracht werden. Dazu<br />

ersetzt man die Reibungszahl m durch den Tangens<br />

des Reibungswinkels. Den Klammerausdruck<br />

bringt man auf den Hauptnenner cos r.<br />

Mit Hilfe des Additionstheorems<br />

sin r cos a cos r sin a ¼ sin ðr aÞ<br />

wird die gesuchte Gleichungsform gefunden.<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze<br />

2. Schritt<br />

sin a m cos a<br />

F ¼ FG<br />

m sin ðb aÞ cos ðb aÞ<br />

F ¼ FG<br />

sin a m cos a<br />

m sin ða aÞ<br />

|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

0<br />

sin a m cos a<br />

F ¼ FG<br />

1<br />

cos ða aÞ<br />

|fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

1<br />

F ¼ FGðm cos a sin aÞ F ¼ f ðFG, a, mÞ<br />

3. Schritt<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m F FG sin a<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a ) FN ¼ FG cos a<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ðFG cos aÞ m F FG sin a<br />

F ¼ FGðm cos a sin aÞ<br />

sin r<br />

m ¼ tan r ¼ 4. Schritt<br />

cos r<br />

sin r cos a cos r sin a<br />

F ¼ FG<br />

cos r<br />

F ¼ FG<br />

sin ðr aÞ<br />

cos r<br />

F ¼ f ðFG, a, rÞ


112<br />

3.3.3.3 Schubkraft F wirkt waagerecht<br />

Analytische Lösung:<br />

Man geht wieder von der Lageskizze aus. Die<br />

Schubkraft F wirkt jetzt waagerecht. Dieses<br />

Kräftesystem wirkt zum Beispiel am Gewindegang<br />

einer Schraubenverbindung, wenn sie gelöst wird.<br />

Bei waagerechter Schubkraftrichtung ist der<br />

Schubwinkel b ¼ 0. Entsprechend schreibt man<br />

wieder die allgemeine Schubkraftgleichung um.<br />

Mit b ¼ 0 wird im Nenner<br />

sin ð aÞ ¼ sin a<br />

cos ð aÞ ¼cos a<br />

Damit ergibt sich die spezielle Gleichung für eine<br />

waagerecht wirkende Schubkraft F.<br />

Diese Gleichung muss sich auch ergeben, wenn<br />

man die beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFx ¼ 0 und SFy ¼ 0 auswertet.<br />

Es soll auch diese Schubkraftgleichung in die<br />

Form mit dem Reibungswinkel r gebracht werden.<br />

Diese Form ist bei Untersuchungen der Reibungsverhältnisse<br />

am Gewindegang gebräuchlich.<br />

Man ersetzt zunächst die Reibungszahl m durch<br />

den Tangens des Reibungswinkels<br />

sin r<br />

m ¼ tan r ¼<br />

cos r<br />

Zähler und Nenner bringt man auf den Hauptnenner<br />

cos r und erhält die beiden Additionstheoreme<br />

sin r cos a cos r sin a ¼ sin ðr aÞ<br />

sin r sin a cos r cos a ¼ cos ðr aÞ<br />

Diese Schubkraftgleichung unterscheidet sich von<br />

der Haltekraftgleichung in 3.3.2.3 nur durch die<br />

Winkelvorzeichen. Das ist verständlich, denn<br />

Schubkraft und Haltekraft haben entgegengesetzten<br />

Richtungssinn.<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze<br />

sin a m cos a<br />

F ¼ FG<br />

m sin ðb aÞ cos ðb<br />

2. Schritt<br />

aÞ<br />

F ¼ FG<br />

sin a m cos a<br />

m sin a cos a<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

ð 1Þðm sin a þ cos aÞ<br />

F ¼ FG<br />

m cos a sin a<br />

m sin a þ cos a<br />

F ¼ f ðFG, a, mÞ<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m FG sin a<br />

3. Schritt<br />

F cos a<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN þ F sin a FG cos a<br />

FN ¼ FG cos a F sin a<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ðFG cos a F sin aÞ m<br />

FG sin a F cos a<br />

F sin amþ F cos a ¼ FG cos am FG sin a<br />

F ¼ FG<br />

m cos a sin a<br />

m sin a þ cos a<br />

¼ 1<br />

zffl}|ffl{<br />

sin r<br />

cos r<br />

cos a sin a<br />

cos r cos r<br />

F ¼ FG<br />

sin r<br />

cos r<br />

sin a þ cos a<br />

cos r cos r<br />

F ¼ FG<br />

F ¼ FG<br />

sin r cos a cos r sin a<br />

cos r<br />

sin r sin a þ cos r cos a<br />

cos r<br />

sin ðr aÞ<br />

cos ðr aÞ<br />

3 Reibung<br />

4. Schritt<br />

F ¼ FG tan ðr aÞ F ¼ f ðFG, a, rÞ


3.3 Reibung auf der schiefen Ebene 113<br />

3.3.4 Ûbungen zur Reibung auf der schiefen Ebene<br />

1. Ûbung: Auf einer schiefen Ebene (Rutsche)<br />

sollen Werkstücke nach dem Anstoßen mit<br />

konstanter Geschwindigkeit abwärts gleiten. Der<br />

Ebenenwinkel der Rutsche ist verstellbar. Die<br />

Gleitreibungszahl beträgt m ¼ 0,3.<br />

Welcher Ebenenwinkel a muss eingestellt werden?<br />

Lösung: Da keine Zug- oder Schubkraft wirkt<br />

(F ¼ 0) und Gleichgewicht vorhanden ist (v ¼<br />

konstant), muss die Hangabtriebskomponente der<br />

Gewichtskraft FG sin a gleich der Reibungskraft<br />

FR ¼ FN m sein (SFx ¼ 0). Die Normalkraft FN ist<br />

gleich der Gewichtskraftkomponente FG cos a<br />

(SFy ¼ 0). Daraus ergibt sich der gesuchte<br />

Ebenenwinkel a ¼ arctan m.<br />

Das sind die Ûberlegungen zur Ermittlung der<br />

Gleitreibungszahl m in Abschnitt 3.2.2 (Seite 92).<br />

Man hätte auch jede der in Abschnitt 3.3.3 hergeleiteten<br />

Gleichungen zur Lösung ansetzen können,<br />

z. B. die Schubkraftgleichung aus Abschnitt<br />

3.3.3.2 (Seite 111).<br />

Da keine Zug- oder Schubkraft wirken soll, muss<br />

in dieser Gleichung F ¼ 0 gesetzt werden.<br />

Ist das Produkt zweier Faktoren gleich null, muss<br />

einer der beiden gleich null sein. Da die Gewichtskraft<br />

FG nicht null sein kann, muss der Faktor<br />

m cos a sin a ¼ 0 sein. Damit ergibt sich auch<br />

hier a ¼ arctan m ¼ 16,7 .<br />

2. Ûbung: Die Werkstücke auf der Rutsche aus<br />

der 1. Ûbung befinden sich zunächst in Ruhelage.<br />

Welche Kraft muss kurzzeitig parallel zur Rutsche<br />

auf ein Werkstück wirken, um es in Bewegung zu<br />

setzen? Die Schubkraft F ist als Vielfaches der<br />

Gewichtskraft FG anzugeben. Die Haftreibungszahl<br />

beträgt m0 ¼ 0,5.<br />

Lösung: Für die Lage der Kräfte am Werkstück<br />

gilt die Lageskizze von Seite 111 und damit auch<br />

die dort hergeleitete Gleichung. Statt der Gleitreibungszahl<br />

m gilt die Haftreibungszahl m0.<br />

Aufgaben Nr. 335–340<br />

Gegeben: Gleitreibungszahl m ¼ 0,3<br />

Gleitgeschwindigkeit v ¼ konstant<br />

Keine Zug- oder Schubkraft<br />

(F ¼ 0)<br />

Gesucht: Ebenenwinkel a<br />

FG sin a ¼ FR ¼ FN m<br />

FG cos a ¼ FN<br />

FG sin a ¼ FG cos am<br />

sin a<br />

¼ m ¼ tan a<br />

cos a<br />

a ¼ arctan m ¼ arctan 0,3<br />

a ¼ 16,7<br />

Nach Seite 111 ist die Schubkraft<br />

F ¼ FG ðm cos a sin aÞ<br />

0 ¼ FG ðm cos a sin aÞ<br />

m cos a sin a ¼ 0<br />

sin a<br />

sin a ¼ m cos a ) ¼ tan a ¼ m<br />

cos a<br />

a ¼ arctan m ¼ arctan 0,3<br />

a ¼ 16,7<br />

Gegeben: Haftreibungszahl m0 ¼ 0,5<br />

Ebenenwinkel a ¼ 16,7<br />

Schubwinkel b ¼ Ebenenwinkel a<br />

Gesucht: Schubkraft F ¼ f ðFGÞ<br />

Nach Seite 111 gilt mit m ¼ m0 die<br />

Schubkraftgleichung<br />

F ¼ FG ðm 0 cos a sin aÞ<br />

Damit wird<br />

F ¼ FG ð0,5 cos 16,7 sin 16,7 Þ<br />

F ¼ 0,19 FG


114<br />

3.4 Reibung an Maschinenteilen<br />

3.4.1 Prismenführung und Keilnut<br />

Der Bettschlitten einer Werkzeugmaschine wird<br />

durch die vertikal wirkende Belastung F in eine<br />

unsymmetrische Prismenführung gedrückt und<br />

von der Verschiebekraft FV auf den Führungsflächen<br />

gleichförmig verschoben. Es wird hier davon<br />

ausgegangen, dass zwischen den beiden Führungsflächen<br />

unterschiedliche Reibungszahlen auftreten.<br />

Es soll eine Gleichung zur Berechnung der Verschiebekraft<br />

FV entwickelt werden.<br />

Man bringt an einer beliebigen Querschnittsscheibe<br />

des Schlittens alle wirkenden Kräfte an<br />

und schreibt dazu die Gleichgewichtsbedingungen<br />

in Richtung der drei Achsen eines räumlichen<br />

Achsenkreuzes auf.<br />

Gleichung II löst man nach FN2 auf und schreibt<br />

damit Gleichung I um.<br />

In gleicher Weise wird mit Gleichung III verfahren.<br />

Dort erweitert man sin a1 mit cos a2=cos a2.<br />

Man löst nun Gleichung III nach FN1 auf und setzt<br />

diesen Ausdruck in die Gleichung I ein. Daraus erhält<br />

man die gesuchte Gleichung für die Verschiebekraft<br />

FV.<br />

Die symmetrische Prismenführung ist ein Sonderfall<br />

mit a1 ¼ a2 ¼ a. Da man auch gleiche Reibungszahlen<br />

für beide Gleitflächen annehmen<br />

kann, erhält man eine einfache Beziehung für die<br />

Verschiebekraft FV. Nach den Gesetzen der Trigonometrie<br />

ist sin 2a ¼ 2 sin a cos a.<br />

In diesem Fall ist es üblich, mit der Keilreibungszahl<br />

m 0 ¼ m=sin a zu arbeiten. Darin ist a der halbe<br />

Keilwinkel.<br />

Die Gleichung für die Keilreibungszahl zeigt, dass<br />

Keilnuten größere Reibungskräfte übertragen<br />

können als Ebenen (m 0 > m). Daher können Keilriemen<br />

größere Umfangskräfte (Drehmomente)<br />

übertragen als Flachriemen.<br />

Gegeben: Belastung F<br />

Reibungszahlen m1, m2<br />

Winkel a1, a2<br />

Gesucht: FV ¼ f ðF, m1 , m2 , a1, a2Þ<br />

I: SFz ¼ 0 ¼ FN1m 1<br />

|fflffl{zfflffl}<br />

FR1<br />

þ FN2m 2<br />

|fflffl{zfflffl}<br />

FR2<br />

FV<br />

II. SFx ¼ 0 ¼ FN1 cos a1 FN2 cos a2<br />

III.SFy ¼ 0 ¼ FN1 sin a1 þ FN2 sin a2<br />

cos a1<br />

II. FN2 ¼ FN1<br />

cos a2<br />

F<br />

I. FV ¼ FN1<br />

cos a1<br />

m1 þ m2 cos a2<br />

III.F ¼ FN1<br />

cos a2 cos a1<br />

sin a1 þ sin a2<br />

cos a2 cos a2<br />

sin a1cos a2 þ cos a1sin a2<br />

F ¼ FN1<br />

cos a2<br />

sin ða1 þ a2Þ<br />

¼ FN1<br />

cos a2<br />

I.<br />

Fcos a2<br />

FV ¼<br />

sin ða1 þ a2Þ m1 þ m cos a1<br />

2<br />

cos a2<br />

FV ¼ F m 1 cos a2 þ m 2 cos a1<br />

sin ða1 þ a2Þ<br />

FV ¼ f ðF, m1 , m2 , a1, a2Þ<br />

für a1 ¼ a2 und m1 ¼ m2 wird<br />

FV ¼ F<br />

3 Reibung<br />

2m cos a 2m cos a m<br />

¼ F ¼ F<br />

sin 2a 2 sin a cos a sin a<br />

FV ¼ Fm0 ¼ FR m 0 ¼ m<br />

sin a<br />

Keilreibungskraft Keilreibungszahl<br />

Beachte: Kleiner Winkel a ergibt große Keilreibungszahl,<br />

großer Winkel a kleine Keilreibungszahl.<br />

Beispiel: Normalkeilriemen haben Keilwinkel<br />

(Rillenwinkel) von 32 ,34 ,36 und 38 .


3.4 Reibung an Maschinenteilen 115<br />

3.4.2 Zylinderführung<br />

Zylinderführungen an bewegten Maschinenteilen<br />

(Pressenstößel, Ziehschlitten) sollen reibungsarm<br />

führen und nicht klemmen. In manchen Fällen<br />

wird aber verlangt, dass die Führung klemmt, z. B.<br />

bei Bohrmaschinentischen, um auch im ungeklemmten<br />

Zustand sicheren Halt zu gewährleisten.<br />

Man muss also wissen, unter welchen Bedingungen<br />

eine Zylinderführungsbuchse klemmt.<br />

Aufgabe: Eine im Abstand l1 von der Führungsmitte<br />

wirkende Kraft F versucht, eine Führungsbuchse<br />

von der Länge l zu verschieben. Unter<br />

welcher Bedingung klemmt die Buchse?<br />

Zeichnerische Untersuchung: Man zeichnet einen<br />

Lageplan und trägt zuerst die Kraft F auf ihrer<br />

Wirklinie ein. Die Buchse wird rechtsherum kippen<br />

und legt sich links oben im Punkt 1 und rechts unten<br />

im Punkt 2 an den Zylinder an. Dort zeichnet<br />

man die Normalkräfte FN1 und FN2 (auf die Buchse<br />

zu gerichtet) ein. Die Kraft F versucht, die Buchse<br />

nach unten zu verschieben. Die Reibungskräfte FR1<br />

und FR2 werden mit entgegengesetztem Richtungssinn<br />

eingezeichnet (nach oben gerichtet).<br />

Man fasst gedanklich die Normal- und Reibungskräfte<br />

zu ihren Ersatzkräften zusammen. Ihre Wirklinien<br />

können nach 3.2.3 (Seite 93) nur innerhalb<br />

des Reibungskegels liegen, weil die Reibungskraft<br />

nie über den Betrag FN tan r anwachsen kann. Nun<br />

ist Gleichgewicht (Klemmen) nur möglich, wenn<br />

sich die beiden Ersatzkräfte mit der Kraft F in einem<br />

Punkt schneiden (siehe Seite 28, 3-Kräfte-Verfahren).<br />

Dieser Punkt kann aber nur in der Ûberdeckungsfläche<br />

A der beiden Reibungskegel liegen,<br />

weil die Wirklinien der Ersatzkräfte nicht außerhalb<br />

der Reibungskegel liegen können. Folglich<br />

lautet die zeichnerische Klemmbedingung:<br />

Eine Zylinderführung klemmt, wenn die Wirklinie<br />

der Resultierenden aller Verschiebekräfte<br />

durch die Ûberdeckungsfläche der beiden<br />

Reibungskegel geht.<br />

Zylinderführungen haben immer ein Passungsspiel.<br />

Bei exzentrisch angreifender<br />

Verschiebekraft kippt (verkantet) die Buchse<br />

gegen den Führungszylinder. Betrachtet man<br />

beide als absolut starre Körper (keine Verformung),<br />

dann legt sich die Buchse an zwei im<br />

Längsschnitt diagonal gegenüberliegenden<br />

Punkten des Zylinders an. Dort treten Normal-<br />

und Reibungskräfte auf.<br />

Lageplan<br />

Im Lageplan sind die Reibungskegel für die<br />

Gleitreibung eingezeichnet.<br />

Die Reibungskegel für die Haftreibung haben<br />

einen größeren Kegelwinkel, nämlich 2 r0.<br />

Ihre Ûberdeckungsfläche A reicht also noch<br />

weiter nach links. Man kann dann bei klemmender<br />

Buchse die Wirklinie der Kraft F bis<br />

an die Grenze der Ûberdeckungsfläche nach<br />

links verschieben, ohne dass die Buchse zu<br />

gleiten beginnt. Wird sie aber durch<br />

irgendeinen Umstand in Bewegung gesetzt,<br />

dann verklemmt sie sich nicht wieder, denn<br />

jetzt treten wieder die Reibungskegel für<br />

Gleitreibung auf, und die Wirklinie der Kraft F<br />

liegt dann im weißen Feld außerhalb der<br />

Ûberdeckungsfläche.<br />

Hinweis: Diese Klemmbedingung gilt auch<br />

für andere Führungsquerschnitte mit gegenüberliegenden<br />

Führungsflächen, z. B. für die<br />

Flachführung mit seitlichen Führungsflächen.


116<br />

Rechnerische Untersuchung: Man zeichnet eine<br />

Lageskizze und stellt dafür die drei rechnerischen<br />

Gleichgewichtsbedingungen auf (siehe Lageplan,<br />

Seite 115).<br />

Aus der ersten Gleichung erkennt man, dass die<br />

Normalkräfte FN1 und FN2 gleich groß sind. Da beide<br />

Flächen die gleiche Reibungszahl m haben, sind<br />

auch die beiden Reibungskräfte FR gleich groß.<br />

Die Entwicklung der Gleichungen II und III ergibt<br />

die rechnerische Klemmbedingung:<br />

Eine Zylinderführung klemmt, wenn die Führungslänge<br />

l 2ml1 ist. Hierin ist l1 der Wirkabstand<br />

der Verschiebekraft von der Führungsmitte.<br />

Ist l > 2ml1, dann gleitet die Führungsbuchse, und<br />

zwar umso leichter, je größer die Führungslänge l<br />

ist.<br />

Aufgaben Nr. 345–347<br />

3.4.3 Lager 1)<br />

3.4.3.1 Reibung am Tragzapfen (Querlager)<br />

Der Tragzapfen einer Welle belastet das Lager mit<br />

der Kraft F und verursacht dadurch eine gleichgroße<br />

Normalkraft FN. Versucht das Wellendrehmoment<br />

den ruhenden Zapfen zu drehen, wirkt zunächst die<br />

Haftreibungskraft FR0 max ¼ FN m 0 mit ihrem „Reibungsmoment“<br />

der Drehung entgegen. Man nennt<br />

diesen Zustand Anlaufreibung. Die Reibungszahl<br />

beträgt dann m 0 ¼ 0,1 ...0,25. Beim Anfahren tritt<br />

Mischreibung auf. Die Reibungszahl verringert sich<br />

von m0 auf die Tragzapfenreibungszahl, kurz Zapfenreibungszahl<br />

m ¼ 0,01 ...0,1. Erst bei höheren<br />

Gleitgeschwindigkeiten bildet sich zwischen Zapfen<br />

und Lager ein tragfähiger Schmierfilm mit Flüssigkeitsreibung.<br />

Die Zapfenreibungszahl sinkt dann<br />

weiter auf m ¼ 0,002 ...0,01.<br />

1) Genauere Untersuchungen in Roloff/Matek: Maschinenelemente<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ FN2 FN1<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FR1 þ FR2 F<br />

III.SM ð2Þ ¼ 0 ¼ FN1l FR1d Fðl1 d=2Þ<br />

I. FN1 ¼ FN2, daraus folgt:<br />

FN1 m ¼ FN2 m ) FR1 ¼ FR2<br />

II. F ¼ 2FN1 m; in III. eingesetzt:<br />

III.FN1l FN1 md 2FN1 mðl1 d=2Þ ¼<br />

¼ 0j: FN1<br />

l md 2ml1 þ 2md=2 ¼ 0<br />

l 2ml1 Klemmbedingung<br />

3 Reibung<br />

Beachte: Die Klemmbedingung ist unabhängig<br />

vom Betrag der Verschiebekraft F.<br />

Beispiel für die Veränderung der Zapfenreibungszahl<br />

m:<br />

Schmierung: Úl<br />

Werkstoff: Welle aus Stahl, Lager aus Rotguss<br />

Anlaufreibung: m0 ¼ 0,14<br />

Mischreibung: m ¼ 0,02 ...0,1<br />

Flüssigkeitsreibung: m ¼ 0,003 ...0,006


3.4 Reibung an Maschinenteilen 117<br />

Lagerkraft F und Normalkraft FN sind praktisch<br />

gleich groß. Darum wird die Lagerreibungskraft<br />

unmittelbar aus der Lagerkraft berechnet.<br />

Die Lagerreibungskraft erzeugt ein dem Wellendrehmoment<br />

entgegengerichtetes Reibungsmoment<br />

MR.<br />

Dreht sich der Zapfen im Lager mit der Umfangsgeschwindigkeit<br />

v (Gleitgeschwindigkeit) oder der<br />

Winkelgeschwindigkeit w, solässt sich die Reibungsleistung<br />

PR berechnen, entweder als Produkt<br />

aus Reibungskraft FR und Umfangsgeschwindigkeit<br />

v oder als Produkt aus Reibungsmoment MR<br />

und Winkelgeschwindigkeit w.<br />

3.4.3.2 Reibung am Spurzapfen (Längslager)<br />

Beim Spurzapfen fällt die Wirklinie der Belastung F<br />

mit der Drehachse der Welle zusammen. Die<br />

Normalkraft verteilt sich gleichmäßig über die<br />

Stirnfläche des Zapfens. Dasselbe gilt für die Reibungskraft.<br />

Man berechnet die Reibungskraft FR aus der Belastung<br />

F und der Spurzapfenreibungszahl m:<br />

FR ¼ Fm. Die Reibungszahlen für Quer- und<br />

Längslager werden aus Versuchen bestimmt. Die<br />

Spurzapfenreibungszahl ist außer von Schmierung<br />

und Werkstoffpaarung noch von der Bauart abhängig.<br />

Die Skizze zeigt einen Ringspurzapfen. Für den<br />

Wirkabstand der Reibungskraft von der Drehachse<br />

wird der mittlere Radius rm ¼ðr1 þ r2Þ=2 gesetzt<br />

und damit das Reibungsmoment MR berechnet.<br />

Der Reibungsradius rm ¼ðr1 þ r2Þ=2 ist ein Näherungswert,<br />

der für praktische Berechnungen ausreichend<br />

genau ist.<br />

Vom Vollspurzapfen hat die Lagerfläche keine<br />

mittlere Aussparung. Dann ist rm ¼ r2=2.<br />

Die Reibungsleistung PR berechnet man genauso<br />

wie beim Tragzapfen, z. B. als Produkt aus dem<br />

Reibungsmoment und der Winkelgeschwindigkeit.<br />

FR ¼ F m Lagerreibungskraft<br />

MR ¼ FR r ¼ F mr Reibungsmoment<br />

PR ¼ FR v<br />

PR ¼ MR w<br />

PR FR MR r v w m<br />

W ¼ Nm<br />

s<br />

N Nm m<br />

MR ¼ FR rm ¼ F mrm<br />

m<br />

s<br />

FR ¼ F m<br />

Reibungskraft<br />

Ringspurzapfen<br />

PR ¼ MR w Reibungsleistung<br />

rad 1<br />

¼<br />

s s<br />

rm ¼ r1 þ r2<br />

2<br />

1<br />

Reibungsmoment


118<br />

3.4.3.3 Ûbungen zur Trag- und Spurzapfenreibung<br />

1. Ûbung: Eine Welle belastet ihre beiden Querlager<br />

mit je einer Kraft F ¼ 3800 N. Der Zapfendurchmesser<br />

beträgt 50 mm, die Drehzahl<br />

3600 min 1 , die Zapfenreibungszahl 0,006.<br />

Reibungsmoment MR und Reibungsleistung PR<br />

sind zu berechnen.<br />

Lösung: Das Reibungsmoment wird aus Belastung,<br />

Zapfenreibungszahl und Zapfenradius ermittelt.<br />

Als Belastung muss man hier beide Lagerkräfte,<br />

also 2F, einsetzen.<br />

Aus dem Reibungsmoment und der Winkelgeschwindigkeit<br />

kann man die Reibungsleistung<br />

errechnen. Die Winkelgeschwindigkeit wird vorher<br />

aus der Drehzahl ermittelt.<br />

2. Ûbung: Ein Ringspurlager wird mit F ¼ 12 kN<br />

belastet. Der Innenradius der Lagerfläche beträgt<br />

r1 ¼ 10 mm, der Außenradius r2 ¼ 40 mm, die<br />

Spurzapfenreibungszahl m ¼ 0,02. Die Drehzahl<br />

beträgt 2000 min 1 .<br />

Reibungsmoment und Reibungsleistung sind zu<br />

berechnen.<br />

Lösung: Man ermittelt zunächst den Wirkabstand<br />

rm der Reibungskraft und dann mit der Belastung<br />

F und der Spurzapfenreibungszahl das Reibungsmoment.<br />

Die Reibungsleistung wird wieder als Produkt aus<br />

Reibungsmoment MR und Winkelgeschwindigkeit<br />

w ¼ 2pn berechnet.<br />

Aufgaben Nr. 349–356<br />

Gegeben:<br />

Belastung F ¼ 3800 N<br />

Zapfendurchmesser d ¼ 0,05 m<br />

Drehzahl n ¼ 3600 min 1<br />

Zapfenreibungszahl m ¼ 0,006<br />

Gesucht:<br />

MR, PR<br />

MR ¼ 2F mr ¼ 2 3800 N 0,006 0,025 m<br />

MR ¼ 1,14 Nm<br />

w ¼ 2pn ¼ 2p 3600 min 1<br />

w ¼ 22 619 rad rad<br />

¼ 377<br />

min s<br />

PR ¼ MR w ¼ 1,14 Nm 377 rad<br />

s<br />

PR ¼ 430 W ¼ 0,43 kW<br />

¼ 430 Nm<br />

s<br />

Gegeben:<br />

Belastung F ¼ 12 kN ¼ 12 10 3 N<br />

Spurzapfenreibungszahl m ¼ 0,02 ¼ 2 10 2<br />

Innenradius r1 ¼ 10 mm<br />

Außenradius r2 ¼ 40 mm<br />

Drehzahl n ¼ 2000 min 1<br />

Gesucht:<br />

MR, PR<br />

rm ¼ r1 þ r2 10 mm þ 40 mm<br />

¼ ¼ 25 mm<br />

2 2<br />

MR ¼ F mrm ¼ 12 10 3 N 2 10 2 25 10 3 m<br />

MR ¼ 600 10 2 Nm ¼ 6Nm<br />

PR ¼ MR 2pn ¼ 6Nm 2p 2 000 min 1<br />

PR ¼ 75 400 Nm<br />

min<br />

3 Reibung<br />

Nm<br />

¼ 1 275 ¼ 1,257 kW<br />

s


3.4 Reibung an Maschinenteilen 119<br />

3.3.4 Schraube und Schraubgetriebe<br />

3.4.4.1 Bewegungsschraube mit Flachgewinde<br />

Das Anziehen (Heben der Last) und Lösen (Senken<br />

der Last) einer Bewegungs- oder Befestigungsschraube<br />

entspricht dem Hinaufschieben<br />

und Herabziehen eines Körpers auf einer schiefen<br />

Ebene durch eine waagerechte Umfangskraft Fu<br />

(siehe Seiten 103 und 112).<br />

Alle Kräfte werden auf einen Punkt im Längsschnitt<br />

der Schraube mit dem Flankenradius r2 bezogen.<br />

Es soll hier von dem Normalfall ausgegangen werden,<br />

dass das Gewinde selbsthemmend ist. Dann<br />

ist der Reibungswinkel r größer als der Steigungswinkel<br />

a.<br />

Im Bild ist der abgewickelte Gewindegang als<br />

schiefe Ebene dargestellt. Die Basislänge ist der<br />

Flankenumfang 2pr2, die Höhe die Gewindesteigung<br />

P. Beim Anziehen (Heben) wirkt die<br />

Umfangskraft Fu waagerecht nach rechts und die<br />

Reibungskraft FR nach links unten, beim Lösen<br />

(Senken) haben beide umgekehrten Richtungssinn.<br />

Aus den Kraftecken ergeben sich dieselben Gleichungen<br />

für die Umfangskraft wie bei der schiefen<br />

Ebene für die Verschiebekraft.<br />

Fu ¼ F tan ðr þ aÞ für das Anziehen und<br />

Fu ¼ F tan ðr aÞ für das Lösen<br />

Die Winkel sind hier nur deswegen vertauscht,<br />

weil für die Entwicklung r > a (Selbsthemmung)<br />

angenommen wurde.<br />

Es ist üblich, die Gleichungen in der Form zu<br />

schreiben, wie man sie von der schiefen Ebene her<br />

kennt.<br />

Beim Rechnen sollte jedoch immer der kleinere<br />

Winkel vom größeren abgezogen werden, um<br />

immer einen positiven Tangenswert zu erhalten.<br />

Die Frage, ob die Last mit der errechneten Kraft<br />

Fu gesenkt oder am Absinken gehindert werden<br />

muss, wird durch einen Vergleich der Winkel a<br />

und r beantwortet.<br />

F Schraubenlängskraft ¼ Vorspannkraft<br />

Fu Umfangskraft, angreifend am Flankenradius<br />

r2<br />

FR Reibungskraft im Gewinde<br />

FN Normalkraft zwischen Schraube und<br />

Mutter<br />

a Steigungswinkel der mittleren Gewindelinie<br />

Kräfte beim<br />

Anziehen (Heben) Lösen (Senken)<br />

Fu ¼ F tan ða rÞ Umfangskraft<br />

(þ) für Heben, ( )für Senken<br />

Ist r < a, heißt das:<br />

keine Selbsthemmung, die Last muss mit Fu<br />

am Absinken gehindert werden.<br />

Ist r > a, heißt das:<br />

Selbsthemmung, die Last muss mit Fu<br />

gesenkt werden.


120<br />

Die Umfangskraft Fu wirkt im Abstand r2 (Flankenradius)<br />

von der Schraubenlängsachse. Sie erzeugt<br />

das beim Heben oder Senken zu überwindende<br />

Gewindereibungsmoment MRG.<br />

Der Wirkungsgrad des Schraubgetriebes beim<br />

Heben ist das Verhältnis der Nutzarbeit Wn zur aufgewendeten<br />

Arbeit Wa. Bezieht man beide Arbeiten<br />

auf eine Schraubenumdrehung, dann ist die<br />

Nutzarbeit das Produkt aus Schraubenlängskraft F<br />

und Steigungshöhe P (Hubarbeit). Die aufgewendete<br />

Arbeit ist das Produkt aus Umfangskraft Fu<br />

und Flankenumfang 2pr2.<br />

Bei r ¼ a beginnt der Bereich der Selbsthemmung.<br />

Dann ist der<br />

Wirkungsgrad h ¼ tan r=tan 2r.<br />

Da die Steigungswinkel meist klein sind, kann<br />

tan 2r ¼ 2 tan r gesetzt werden. Man erkennt,<br />

dass an der Selbsthemmungsgrenze der Wirkungsgrad<br />

h tan r=2 tan r ¼ 0,5 wird.<br />

3.4.4.2 Bewegungsschraube mit Spitz- oder Trapezgewinde<br />

Bei Spitz- oder Trapezgewinde mit dem Flankenwinkel<br />

b wirkt die Normalkraft F 0 N nicht in derselben<br />

Ebene wie die Längskraft F, die Umfangskraft<br />

Fu und die Reibungskraft FR, sondern sie ist um den<br />

halben Flankenwinkel gegen diese Ebene geneigt.<br />

Um Gleichgewicht zu halten, muss die Normalkraft<br />

F 0 N größer sein als FN beim Flachgewinde.<br />

Dann ist auch die Reibungskraft FR größer. Damit<br />

man trotzdem mit denselben Gleichungen wie<br />

beim Flachgewinde arbeiten kann, fasst man den<br />

Quotienten m=cos ðb=2Þ zur Reibungszahl m 0 zusammen.<br />

Für Spitz- und Trapezgewinde gelten dieselben<br />

Gleichungen wie für das Flachgewinde, wenn<br />

man statt der Reibungszahl m die Reibungszahl<br />

m 0 ¼ m=cos ðb=2Þ und für den Reibungswinkel r<br />

den Reibungswinkel r 0 einsetzt.<br />

MRG ¼ Fur2 ¼ Fr2 tan ða rÞ Gewindereibungsmoment<br />

(þ) für Heben, ( ) Senken<br />

h ¼ Wn<br />

Wa<br />

Wn ¼ FP Wa ¼ Fu 2pr2<br />

FP<br />

h ¼<br />

Fu 2pr2<br />

Fu ¼ F tan ða þ rÞ und P<br />

¼ tan a<br />

2pr2<br />

In die Ansatzgleichung eingesetzt ergibt das:<br />

tan a<br />

h ¼<br />

tan ða þ rÞ<br />

Wirkungsgrad<br />

für Schraubgetriebe<br />

Beachte: Ist der Wirkungsgrad des Schraubgetriebes<br />

h 0,5, liegt Selbsthemmung vor.<br />

F 0 N ¼<br />

FN<br />

cos ðb=2Þ<br />

3 Reibung<br />

FR ¼ F 0 FN<br />

m<br />

N m ¼ ; m ¼ FN<br />

cos ðb=2Þ cos ðb=2Þ<br />

m<br />

Setzt man<br />

cos ðb=2Þ ¼ m0 , dann wird<br />

FR ¼ FN m 0 :<br />

Für metrisches ISO-Trapezgewinde nach<br />

DIN 103 ist<br />

b ¼ 30 und damit m 0 ¼ 1,04 m,<br />

für metrisches ISO-Gewinde nach DIN 13 ist<br />

b ¼ 60 und damit m 0 ¼ 1,15 m.<br />

Der Reibungswinkel r 0 wird aus der Reibungszahl<br />

m 0 ermittelt: tan r 0 ¼ m 0 ) r 0 ¼ arctan m 0 :


3.4 Reibung an Maschinenteilen 121<br />

3.4.4.3 Befestigungsschraube mit Spitzgewinde<br />

Bei Schraubverbindungen mit Befestigungsschrauben<br />

wird eine Längskraft F in der Schraube erst<br />

dann erzeugt, wenn Mutter und Schraubenkopf<br />

fest auf den zu verbindenden Teilen aufliegen. Die<br />

Erfahrung lehrt, dass das Anzugsmoment MA aus<br />

Handkraft Fh und Schlüsselradius l mit fortschreitender<br />

Drehung der Mutter zunimmt. Gleichzeitig<br />

wächst auch die Vorspannkraft F in der Schraube.<br />

Das kennt man aus der Praxis: Bei zu starkem<br />

Anziehen wächst die Schraubenlängskraft F so<br />

stark an, dass die Schraube zerreißt.<br />

Im Bild wurde die gesamte Schraubenlängskraft F<br />

auf Schraubenkopf und Mutter in jeweils F/2 aufgeteilt.<br />

In Wirklichkeit entsteht durch die Längskraft<br />

eine Oberflächenkraft auf den Auflageflächen<br />

von Kopf und Mutter (siehe 1.1.7.1, Seite 11).<br />

Dem Anzugsmoment MA wirken in der Schraubverbindung<br />

zwei Kraftmomente entgegen:<br />

das Gewindereibungsmoment MRG (wie bei der<br />

Bewegungsschraube)<br />

und<br />

das Auflagereibungsmoment MRa an der Auflagefläche<br />

der Mutter.<br />

Das Gewindereibungsmoment ergibt sich aus den<br />

gleichen Ûberlegungen wie bei der Bewegungsschraube<br />

mit Spitzgewinde oder mit Flachgewinde.<br />

Das Auflagereibungsmoment ergibt sich aus der<br />

Auflagereibungskraft FRa und ihrem Wirkabstand<br />

ra von der Schraubenmitte. Für Sechskantschrauben<br />

wird ra ¼ 0,7d angenommen (d ¼ Gewindenenndurchmesser,<br />

z. B. für M10: d ¼ 10 mm).<br />

Die Summe dieser beiden Momente ist gleich dem<br />

Anzugsmoment. Aus dieser Erkenntnis kann man<br />

eine Gleichung für das Anzugsmoment MA beim<br />

Anziehen und Lösen einer Schraubverbindung in<br />

Abhängigkeit von der Schraubenlängskraft F entwickeln.<br />

ra ¼ 0,7d ¼ 1,4r<br />

Wirkabstand der<br />

Auflagereibungskraft,<br />

mit d ¼ Gewindenenndurchmesser<br />

(d ¼ 2r).<br />

MRG ¼ Fr2 tan ða r0Þ Gewindereibungsmoment<br />

bei Stahl auf Stahl (trocken) ist bei<br />

metrischem ISO-Gewinde r 0<br />

9<br />

MRa ¼ FRa ra ¼ Fm a ra<br />

Auflagereibungsmoment<br />

ma Reibungszahl an der Auflagefläche<br />

(bei Stahl auf Stahl ist ma 0,15)<br />

MA ¼ MRG þ MRa<br />

MA ¼ Fr2 tan ða r 0 ÞþFm a ra<br />

MA ¼ F½r2 tan ða r 0 Þþm a raŠ<br />

(þ) für Anziehen, ( )für Lösen<br />

Anzugsmoment


122<br />

3.4.4.4 Ûbungen zur Schraube<br />

1. Ûbung: Mit der skizzierten Spindelpresse soll<br />

eine größte Druckkraft von F ¼ 40 kN auf die<br />

Werkstücke übertragen werden. Am Handrad<br />

sollen beidhändig je 300 N Umfangskraft wirken.<br />

Das Trapezgewinde Tr 40 7 hat nach der Formelsammlung<br />

den Flankendurchmesser d2 ¼ 36,5 mm<br />

und den Steigungswinkel a ¼ 3,49 .<br />

Der Spindelkopf ist im Druckteller in Wälzlagern<br />

geführt, so dass die Reibung dort vernachlässigt<br />

werden darf. Berücksichtigt wird daher nur die<br />

Reibung im Gewinde. Als Gewindereibungszahl<br />

wird m 0 ¼ 0,1 angenommen.<br />

Für die gegebenen Daten soll der erforderliche<br />

Handraddurchmesser D ermittelt werden.<br />

Lösung: Ausgangsgleichung für die Lösung der<br />

Aufgabe ist die Gleichung für das Gewindereibungsmoment<br />

MRG.<br />

Die Größen F, d2 und a sind bekannt. Der Gewindereibungswinkel<br />

r 0 kann aus der Gewindereibungszahl<br />

ermittelt werden.<br />

Bei Gleichgewicht während des Drückvorgangs ist<br />

das Gewindereibungsmoment MRG gleich dem<br />

Drehmoment am Handrad MH ¼ FHD.<br />

Setzt man alle Größen in die Ausgangsgleichung<br />

ein, dann kann daraus eine Gleichung zur Berechnung<br />

des erforderlichen Handraddurchmessers D<br />

entwickelt werden.<br />

Nach der Rechnung ist ein Durchmesser von<br />

D ¼ 394 mm erforderlich, wenn eine Druckkraft<br />

von 40 kN mit der Spindelpresse erzeugt werden<br />

soll.<br />

Gegeben:<br />

Schraubenlängskraft F ¼ 40000 N<br />

Handkraft beidhändig je FH ¼ 300 N<br />

Gewindeflankendurchmesser d2 ¼ 36,5 mm<br />

Steigungswinkel a ¼ 3,49<br />

Gewindereibungszahl m 0 ¼ 0,1<br />

Gesucht:<br />

Erforderlicher Handraddurchmesser D<br />

MRG ¼ F d2<br />

2 tan ða þ r0 Þ<br />

r 0 ¼ arctan m 0<br />

MRG ¼ MH ¼ FH D<br />

FH D ¼ F d2<br />

2 tan ða þ r0 Þ<br />

D ¼ F<br />

FH<br />

40 000 N<br />

D ¼<br />

300 N<br />

D ¼ 394 mm<br />

d2<br />

2 tan ða þ arctan m0 Þ<br />

36,5 mm<br />

2<br />

3 Reibung<br />

5,71<br />

zfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflffl{<br />

tan ð3,49 þ arctan 0,1Þ<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

9,2


3.4 Reibung an Maschinenteilen 123<br />

2. Ûbung: Die skizzierte Schraubenverbindung<br />

soll mit zwei Befestigungsschrauben eine Zugkraft<br />

von 18 kN allein durch Reibung zwischen den<br />

Stahlplatten übertragen. Die Schrauben werden<br />

durch die Schraubenlängskräfte nur auf Zug beansprucht.<br />

Abscherbeanspruchung darf nicht auftreten.<br />

Für die Reibungskräfte zwischen den Stahlplatten<br />

wird aus Sicherheitsgründen mit der Gleitreibungszahl<br />

von mSt/St ¼ 0,15 gerechnet (Tabelle 3.1,<br />

Seite 92). Für den Entwurf der Schraubenverbindung<br />

sollen ermittelt werden:<br />

a) das erforderliche Metrische ISO-Gewinde für<br />

eine zulässige Zugspannung sz zul ¼ 150 N=mm 2 .<br />

b) das erforderliche Anzugsmoment für die<br />

Schrauben, wenn für die Reibungszahl an der Mutterauflage<br />

mit ma ¼ 0,15 und für den Reibungswinkel<br />

im Gewinde mit r 0 ¼ 9 gerechnet wird (siehe<br />

Formelsammlung).<br />

Lösung:<br />

a) Die freigemachte Platte zeigt, dass je Druckfläche<br />

die halbe Zugkraft F durch die Reibungskraft<br />

FR ¼ F/2 aufgenommen werden muss.<br />

Aus der Definitionsgleichung für die Reibungskraft<br />

FR ¼ FNm und bei n ¼ 2 Schrauben erhält<br />

man die Normalkraft FN, die jede Schraube aufzubringen<br />

hat. Das ist zugleich die Längskraft der<br />

Schraube.<br />

Aus der Zughauptgleichung erhält man eine<br />

Gleichung für den erforderlichen Spannungsquerschnitt<br />

AS der Schraube. Die Formelsammlung<br />

liefert damit das erforderliche Metrische ISO-<br />

Gewinde und die Gewindedaten.<br />

b) Man hat jetzt alle Größen zur Berechnung<br />

des erforderlichen Anzugsmoments MA für die<br />

Schraubenverbindung ermittelt:<br />

Jede Schraube muss mit dem Drehmoment von<br />

119 Nm angezogen werden. Das geschieht mit einem<br />

Drehmomentschlüssel (siehe Lehrbeispiel<br />

„Verdrehwinkel“ im Abschnitt Torsion, Seite 327).<br />

Aufgaben Nr. 357–363<br />

Reibungsschlüssige Schraubenverbindung<br />

Gegeben:<br />

Zugkraft F ¼ 18000 N<br />

Anzahl der Schrauben n ¼ 2<br />

zulässige Zugspannung sz zul ¼ 150 N=mm 2<br />

Gleitreibungszahl m ¼ 0,15<br />

Reibungszahl der Mutterauflage ma ¼ 0,15<br />

Reibungswinkel im Gewinde r 0 ¼ 9<br />

Gesucht:<br />

a) Schraubengewinde<br />

b) Anzugsmoment MA<br />

FR ¼ F<br />

2<br />

FN ¼ FR<br />

nm<br />

18 000 N<br />

¼ ¼ 9 000 N<br />

2<br />

9 000 N<br />

¼ ¼ 30 000 N<br />

2 0,15<br />

AS erf¼ FN 30 000 N<br />

¼ ¼ 200 mm2<br />

sz zul 150 N=mm2 Gewählt: Schraube M20 mit AS ¼ 245 mm2 Gewindenenndurchmesser d ¼ 20 mm<br />

Steigungswinkel a ¼ 2,48<br />

Flankendurchmesser d2 ¼ 18,376 mm<br />

MA ¼ FN<br />

d2<br />

2 tan ða þ r0 Þþm a ra<br />

ra ¼ 0,7 d (siehe Abschnitt 3.4.4.3)<br />

18,376 mm<br />

MA ¼ 30 000 N tan ð2,48 þ 9 Þþ<br />

2<br />

þ 0,15 0,7 20 mm<br />

MA ¼ 118 979 Nmm ¼ 119 Nm


124<br />

3.4.5 Seilreibung<br />

3.4.5.1 Grundgleichung der Seilreibung<br />

Ein einfacher Versuch soll die Erfahrungen aus<br />

dem Berufsalltag bestätigen:<br />

Nach Skizze legt man um einen fest stehenden<br />

zylindrischen Körper ein dünnes Seil (Band,<br />

Faden). Beide Seilenden belastet man mit Wägestücken<br />

gleicher Masse m (Skizze a)). Das Seil<br />

befindet sich im Gleichgewicht (Ruhezustand).<br />

Daran ändert sich auch dann nichts, wenn man<br />

eines der beiden Seilenden durch kleine Wägestücke<br />

der Masse Dm zusätzlich zugbelastet (bis kurz<br />

vor den Rutschvorgang). Ursache dafür ist die zwischen<br />

Seil und Mantelfläche des Zylinders herrschende<br />

Seilreibungskraft FR. Sie ist die Summe<br />

der kleinen Reibungskräfte DFR ¼ m DFN, die<br />

verteilt auf der ganzen umspannten Mantelfläche<br />

wirken: FR ¼ SDFR.<br />

Eine Berechnungsgleichung für die größere Seilzugkraft<br />

F1 findet man wegen der verschieden großen<br />

Teil-Reibungskräfte DFR nur mit Hilfe der<br />

höheren Mathematik (Differenzial- und Integralrechnung).<br />

Das hat zuerst Euler 1) getan, später<br />

auch Eytelwein 2) , nach dem auch heute noch die<br />

Gleichung F1 ¼ F2 e ma benannt wird.<br />

Die Gleichung bestätigt die Erfahrungen: Die Seilzugkraft<br />

F1 wächst (linear) mit der am anderen<br />

Seilende wirkenden Zugkraft F2 und (exponential)<br />

mit dem Produkt aus Reibungszahl m und Umschlingungswinkel<br />

a.<br />

Der Umschlingungswinkel a muss mit der Einheit<br />

rad (Radiant) in die Zugkraftgleichung eingesetzt<br />

werden. Dazu dient die Umrechnungsbeziehung,<br />

wenn der Winkel in Grad vorliegt.<br />

Häufig wird die Anzahl der Umschlingungen<br />

(Windungen) angegeben, z. B. zwei volle Windungen.<br />

1) Leonard Euler (1707 –1783), Mathematiker und Physiker<br />

2) Johann Albert Eytelwein (1764 –1848), Ingenieur<br />

a) Versuchsanordnung<br />

b) Lageskizze<br />

des Seils<br />

F1 ¼ F2 þ SDFR<br />

F1 ¼ F2 þ FR<br />

Beachte: F1 ist immer die größere der beiden<br />

Seilkräfte: F1 > F2.<br />

F1 ¼ F2 ema Seilzugkraft<br />

(Eytelwein’sche Gleichung<br />

zur Seilreibung)<br />

e ¼ 2,71828 ... heißt Euler’sche Zahl<br />

Daraus ergibt sich für die<br />

Seilreibungskraft<br />

FR ¼ F1 F2 ¼ F2ðe ma<br />

a ¼ a 2p<br />

360<br />

3 Reibung<br />

e<br />

1Þ ¼F1<br />

ma 1<br />

ema Umrechnungsbeziehung (Grad in rad)<br />

Beachte:<br />

a ¼ 360 ¼ 2p rad ¼ eine volle Windung


3.4 Reibung an Maschinenteilen 125<br />

3.4.5.2 Aufgabenarten und Lösungsansätze<br />

Bei allen Seilreibungsaufgaben liegt ein Seil um<br />

einen Zylinder (System Zylinder/Seil). Zum Verständnis<br />

einer Aufgabe versetzt man sich gedanklich<br />

als „Beobachter“ auf den Zylinder und versucht<br />

von dort aus, den Richtungssinn der<br />

Seilreibungskraft FR zu bestimmen. Es ist dann<br />

gleichgültig, ob der Zylinder fest steht oder ob er<br />

sich um seine Achse dreht. Zum Richtungssinn<br />

von FR siehe Seite 91 Gleitreibung und Haftreibung.<br />

Der Zylinder ist je nach Aufgabe<br />

a) ein (fest stehender) Pfahl, z. B. beim<br />

Anlegen von Schiffen (1. Ûbung),<br />

b) ein (umlaufender) Spillkopf beim Verschieben<br />

von Eisenbahnwaggons oder<br />

von Schiffen (2. Ûbung),<br />

c) eine (umlaufende) Riemenscheibe<br />

(3. Ûbung),<br />

d) eine (umlaufende) Seiltrommel bei<br />

Kränen,<br />

e) eine (umlaufende) Bremsscheibe<br />

bei Bandbremsen.<br />

Hat man den Richtungssinn der Seilreibungskraft<br />

FR gefunden, weiss man auch, welche der beiden<br />

Zugkräfte an den Seilenden die größere Seilkraft<br />

F1 ist. Sie ist immer der Seilreibungskraft FR entgegengerichtet.<br />

SF ðin SeilrichtungÞ ¼ 0<br />

F1 þ FR þ F2 ¼ 0<br />

F1 ¼ FR þ F2 ¼ F2 e ma<br />

3.4.5.3 Ûbungen zur Seilreibung<br />

1. Ûbung: Beim Anlegen eines Lastkahns wird<br />

das Befestigungsseil mehrfach um den Befestigungspfahl<br />

(Poller) geschlungen. Die Reibungszahl<br />

zwischen Poller und Seil soll m ¼ 0,4 betragen,<br />

die Handkraft am (losen) Seilende 300 N.<br />

Ermittelt werden soll die maximale Haltekraft für<br />

den Lastkahn, wenn das Halteseil<br />

a) zweimal und<br />

b) viermal um den Poller geschlungen wird und<br />

bei Belastung nicht rutschen soll.<br />

Lösung: Nach dem Zeichnen der vereinfachten<br />

Lageskizze für die Kräfte am Seil in Seilrichtung<br />

(F1, F2, FR) berechnet man zunächst die Umschlingungswinkel<br />

aa und ab mit der Einheit<br />

Radiant (rad). Das ist einfach, weil der Winkel<br />

für eine Umdrehung das Produkt 2p rad ist<br />

(Vollwinkel ¼ 2p rad).<br />

Seilzugkraft F1 > F2 gilt immer.<br />

Gegeben:<br />

Kleinere Seilzugkraft F2 ¼ 300 N<br />

(Handkraft)<br />

Gleitreibungszahl m ¼ 0,4<br />

Umschlingungswinkel aa ¼ 2 Vollwinkel<br />

ab ¼ 4 Vollwinkel<br />

Gesucht:<br />

Seilzugkräfte F1a, F1b<br />

aa ¼ 2 2p rad ¼ 4p rad<br />

ab ¼ 4 2p rad ¼ 8p rad


126<br />

Mit den Umschlingungswinkeln aa ¼ 4p rad<br />

und ab ¼ 8p rad sowie der Haltekraft<br />

F2 ¼ 300 N ¼ 0,3 kN und der Reibungszahl<br />

m ¼ 0,4 können die maximal zulässigen Seilzugkräfte<br />

F1a und F1b berechnet werden.<br />

Man erkennt, dass durch die Verdopplung des<br />

Umschlingungswinkels die maximal zulässige<br />

Seilzugkraft auf das 152-fache wächst.<br />

2. Ûbung: Bei Spillanlagen zum Verschieben von<br />

Waggons im Ausbesserungs- oder Verladebetrieb<br />

der Bahn wird der skizzierte Spillkopf durch einen<br />

Elektromotor angetrieben. Das Stahlseil wird am<br />

Waggon eingehängt, mehrfach um den Spillkopf<br />

geschlungen und mit dem freien Ende von Hand<br />

angezogen.<br />

Für eine maximale Zugkraft F1 ¼ 2 kN und die<br />

Reibungszahl m ¼ 0,1 soll für drei volle Seilwindungen<br />

die erforderliche Handkraft ermittelt werden.<br />

Lösung: Mit der ln x- oder e x -Taste des Taschenrechners<br />

wird e ma ¼ e 0,1 6p ¼ 6,586 ermittelt und<br />

gleich in den Quotienten 2000/6,586 eingebracht.<br />

Die Handkraft beträgt F2 ¼ 303,7 N.<br />

F1a ¼ F2 e maa 0,4 4p<br />

¼ 0,3 kN e<br />

F1a ¼ 45,7 kN<br />

F1b ¼ F2 e mab 0,4 8p<br />

¼ 0,3 kN e<br />

F1b ¼ 6968,3 kN<br />

F1b ¼ 152 F1a<br />

Beachte:<br />

Die e ma -Werte werden mit der ln x- oder<br />

e x -Taste eines Taschenrechners ermittelt.<br />

Gegeben:<br />

Seilzugkraft F1 ¼ 2000 N<br />

Reibungszahl m ¼ 0,1<br />

Umschlingungswinkel<br />

a ¼ 3 2p rad ¼ 6p rad<br />

Gesucht:<br />

Kleinere Seilzugkraft F2 (Handkraft)<br />

F1 ¼ F2 e ma ) F2 ¼ F1<br />

e ma<br />

F2 ¼<br />

2 000 N<br />

¼ 303,7 N<br />

e0,1 6p<br />

3 Reibung


3.4 Reibung an Maschinenteilen 127<br />

3. Ûbung: Ein Elektromotor treibt nach Skizze<br />

über ein Flachriemengetriebe eine Arbeitsmaschine<br />

an. Die auf der Motorwelle mit Formschlussverbindung<br />

(Passfeder) fest sitzende Riemenscheibe<br />

1 (Radius r1) läuft rechtsdrehend mit<br />

der Drehzahl n1 und dem Drehmoment M1 um.<br />

Antriebswelle 1 und die (nicht gezeichnete) Abtriebswelle<br />

2 haben einen festen Wellenabstand.<br />

Die erforderliche Riemenvorspannung wird daher<br />

mit einer Spannrolle am (ablaufenden) Leertrum<br />

aufgebracht und nicht, wie beim Spannwellenbetrieb,<br />

durch Verschieben des Antriebsmotors auf<br />

Spannschienen.<br />

Gesucht ist eine Gleichung für das maximal übertragbare<br />

Motordrehmoment M1 in Abhängigkeit<br />

von der Riemenvorspannkraft FV.<br />

Lösung: Das Drehmoment M1 an der Motorscheibe<br />

wird durch Seilreibung auf das (auflaufende)<br />

Lasttrum des Riemengetriebes übertragen.<br />

Die Reibungskraft ist die Seilreibungskraft FR. Sie<br />

wirkt am Scheibenradius r1.<br />

Die Seilreibungskraft FR ist die Differenz der beiden<br />

Seilzugkräfte F1 und F2.<br />

Die Vorspannkraft FV ist die Seilzugkraft F2 am<br />

Leertrum des Flachriemens. Man ersetzt daher die<br />

Seilzugkraft F1 durch die Eytelweingleichung<br />

F1 ¼ F2 e m 0 a und erhält die gesuchte Beziehung<br />

M1 ¼ f ðFV, r1, m 0 , aÞ. Da das größtmögliche<br />

Drehmoment ermittelt werden soll, ist statt der<br />

Gleitreibungszahl die Haftreibungszahl einzusetzen.<br />

Aufgaben Nr. 364–369<br />

Gegeben:<br />

Euler’sche Gleichung F1 ¼ F2 e m0a<br />

Haftreibungszahl m0<br />

Umschlingungswinkel a<br />

Radius der Riemenscheibe r1<br />

Riemenvorspannkraft FV ¼ F2<br />

Gesucht:<br />

Maximal übertragbares Drehmoment<br />

M1 ¼ f ðFV, r1, m 0 , aÞ<br />

M1 ¼ FRr1 ¼ðF1 F2Þ r1<br />

M1 ¼ðF1 F2Þ r1 ¼ðF2 e m 0 a<br />

M1 ¼ F2r1ðe m 0 a<br />

1Þ ¼FVr1ðe m 0 a<br />

F2Þ r1<br />

1Þ<br />

Beachte: Ein Drehmoment M kann nur bei<br />

Riemenvorspannung übertragen werden: Das<br />

übertragbare Drehmoment M ist der Vorspannkraft<br />

proportional.


128<br />

3.4.6 Bremsen<br />

3.4.6.1 Backen- oder Klotzbremsen<br />

Bei der Backenbremse bestimmt die Lage des Bremshebeldrehpunkts D die Wirkungsweise<br />

der Bremse. Sie kann für eine Drehrichtung der Bremsscheibe selbsthemmend oder für beide<br />

Drehrichtungen gleichbleibend sein.<br />

a) Backenbremse mit überhöhtem Drehpunkt D<br />

Der Bremshebel ist in D zweiwertig drehbar<br />

gelagert. Er wird freigemacht skizziert.<br />

Die Bremskraft F am Bremshebelende ruft zwischen<br />

Scheibe und Backe die Normalkraft FN hervor.<br />

Wirkt an der Bremsscheibenwelle ein Drehmoment,<br />

so ruft es ein entgegengerichtetes<br />

Bremsmoment M aus Reibungskraft FR ¼ FN m<br />

und Scheibenradius r hervor: M ¼ FR r ¼ FN mr.<br />

Die Skizze zeigt Normalkraft FN und Reibungskraft<br />

FR ¼ FN m, wie sie bei Rechtslauf auf die<br />

Bremsbacke wirken. Bei Linkslauf kehrt die Reibungskraft<br />

FR ihren Richtungssinn um.<br />

Bei Gleichgewicht am Bremshebel müssen die<br />

Gleichgewichtsbedingungen erfüllt sein. Setzt man<br />

in den Gleichungen FR ¼ FN m ein, so erhält man<br />

aus Gleichung III eine Bestimmungsgleichung für<br />

die erforderliche Bremskraft F.<br />

Das Bremsmoment M wird aus M ¼ FRr ¼ FN mr<br />

berechnet. Mit der nach FN aufgelösten Bremskraftgleichung<br />

lässt sich dann eine Bestimmungsgleichung<br />

für das Bremsmoment M entwickeln.<br />

Die Gleichung für die Bremskraft zeigt, dass bei<br />

Linkslauf mit zunehmender Ûberhöhung l2 des<br />

Drehpunkts die Klammerdifferenz immer kleiner<br />

wird und gegen null geht. Das bedeutet, dass die<br />

Bremskraft schließlich null wird. Dann hält die<br />

Reibungskraft allein die Bremsscheibe fest, und es<br />

liegt Selbsthemmung vor. Bei Rechtslauf ist Selbsthemmung<br />

nicht möglich.<br />

Aus der Gleichung für die Bremskraft F ergibt sich<br />

ferner, dass bei Linkslauf und gleichbleibender<br />

Bremskraft F die Bremswirkung größer ist als bei<br />

Rechtslauf. Die Backenbremse mit überhöhtem<br />

Drehpunkt ist also dann besonders geeignet, wenn<br />

nur in einer Richtung gebremst wird, z. B. als<br />

Hubwerksbremse an Hebezeugen.<br />

Lageskizze des Bremshebels bei Rechtslauf<br />

der Bremsscheibe<br />

Gleichgewichtsbedingungen nach Lageskizze:<br />

I. SFx ¼ 0 ¼ FN m FDx<br />

II. SFy ¼ 0 ¼ FN FDy F<br />

III.SM ðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 þ FN ml2 Fl<br />

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 þ FRl2 Fl (Rechtslauf)<br />

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 FRl2 Fl (Linkslauf)<br />

ðl1<br />

F ¼ FN<br />

ml2Þ<br />

l<br />

Bremskraft<br />

M ¼ Flmr<br />

ðl1 ml2Þ<br />

Bremsmoment<br />

(þ) bei Rechtslauf, ( ) bei Linkslauf<br />

3 Reibung<br />

Selbsthemmung bei Linkslauf tritt ein, wenn<br />

l1 ml2 ¼ 0 wird, denn dann wird das<br />

Bremsmoment unendlich groß.<br />

l1 ml2 Selbsthemmungsbedingung<br />

In der Gleichung für die Bremskraft F ist der<br />

Klammerausdruck für Linkslauf (l1 ml2)<br />

kleiner als für Rechtslauf (l1 þ ml2).<br />

Wenn in beiden Fällen die Bremskraft F<br />

gleich groß ist, dann bedeutet das, dass bei<br />

Linkslauf eine größere Normalkraft und<br />

dadurch eine größere Reibungskraft auftritt.


3.4 Reibung an Maschinenteilen 129<br />

b) Backenbremse mit unterzogenem Drehpunkt D<br />

Der Bremshebeldrehpunkt D liegt bei dieser<br />

Bremse auf derselben Seite der Reibungskraftwirklinie<br />

wie die Bremsscheibe.<br />

Auch hier muss beim Abbremsen die Momentengleichgewichtsbedingung<br />

SM ¼ 0fürden Bremshebel<br />

erfüllt sein.<br />

Setzt man wieder in beide Gleichungen für die<br />

Reibungskraft FR ¼ FNm ein, dann ergibt sich daraus<br />

die Bestimmungsgleichung für die Bremskraft<br />

F fast in der gleichen Form wie bei der Bremse<br />

mit überhöhtem Drehpunkt, nur die Vorzeichen in<br />

der Klammer sind vertauscht. Das bedeutet, dass<br />

beide Bremsen die gleiche Bremswirkung haben,<br />

nur für jeweils umgekehrten Drehsinn.<br />

Mit M ¼ FRr ¼ FN mr erhält man wieder die Bestimmungsgleichung<br />

für das Bremsmoment M.<br />

Auch hier ist Selbsthemmung unter den gleichen<br />

Bedingungen wie vorher möglich, aber bei Rechtslauf.<br />

Auch diese Backenbremse ist daher besonders für<br />

eine Bremsrichtung geeignet.<br />

c) Backenbremse mit tangentialem Drehpunkt D<br />

Hier liegt der Bremshebeldrehpunkt auf der Wirklinie<br />

der Reibungskraft FR, die als Tangentialkraft<br />

an der Bremsscheibe angreift.<br />

Dadurch hat die Reibungskraft FR in Bezug auf<br />

den Hebeldrehpunkt weder bei Rechts- noch bei<br />

Linkslauf ein Kraftmoment. Sie fällt beim Aufstellen<br />

der Momentengleichgewichtsbedingung<br />

SM ðDÞ ¼ 0 aus der Gleichung heraus.<br />

Aus der Gleichung für die Bremskraft F ist zu sehen,<br />

dass F nur noch von der Normalkraft FN und<br />

dem Verhältnis der beiden Hebelarme l1 und l abhängig<br />

ist, und dass für beide Drehrichtungen die<br />

Bremswirkung gleichbleibend ist.<br />

Auch hier erhält man mit M ¼ FRr ¼ FN mr die<br />

Bestimmungsgleichung für das Bremsmoment M.<br />

Die Backenbremse mit tangentialem Drehpunkt ist<br />

besonders dann geeignet, wenn für beide Drehrichtungen<br />

gleiche Bremswirkung verlangt wird,<br />

z. B. bei Fahrwerkbremsen.<br />

Lageskizze<br />

SM ðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 FRl2 Fl (Rechtslauf)<br />

SM ðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 þ FRl2 Fl (Linkslauf)<br />

ðl1 ml2Þ<br />

F ¼ FN<br />

l<br />

M ¼ Flmr<br />

ðl1 ml2Þ<br />

Bremskraft<br />

Bremsmoment<br />

( ) bei Rechtslauf, (þ) bei Linkslauf<br />

Selbsthemmung tritt bei Rechtslauf ein,<br />

wenn l1 ml2 ¼ 0 wird.<br />

l1 ml2 Selbsthemmungsbedingung<br />

SM ðDÞ ¼ 0 ¼ FNl1 Fl<br />

bei Rechtslauf und Linkslauf<br />

l1<br />

F ¼ FN<br />

l<br />

M ¼ Flmr<br />

l1<br />

Bremskraft<br />

Bremsmoment<br />

Lageskizze<br />

Beachte: Da bei einer Bremse l1 nicht gleich<br />

null werden kann, ist Selbsthemmung hier<br />

nicht möglich.


130<br />

d) Doppelbackenbremse mit festen<br />

Bremsbacken<br />

Die Bremskraft an der skizzierten Doppelbackenbremse<br />

wird durch eine Druckfeder erzeugt. Die<br />

erforderliche Lüftermechanik zum Lösen der<br />

Bremse ist nicht gekennzeichnet.<br />

Die beiden Bremsklötze A und B sind fest mit den<br />

beiden symmetrischen Bremshebeln verbunden.<br />

Bremsen mit beweglichen Backen z. B. nach<br />

DIN 15434. (Handbuch Maschinenbau, Abschnitt<br />

Fördertechnik).<br />

Man beginnt die Untersuchung der Bremse bei<br />

Rechtslauf der Bremsscheibe mit der Lageskizze<br />

des oberen Bremshebels und bekommt den gleichen<br />

Fall wie unter b) Backenbremse mit unterzogenem<br />

Drehpunkt (1. Schritt).<br />

Wie unter b) lässt man auch hier die Stützkraft<br />

FC im Hebeldrehpunkt C außer Acht und schreibt<br />

nur die Momentengleichgewichtsbedingung<br />

SM ðCÞ ¼ 0 auf. Daraus entwickelt man wie unter<br />

b) eine Bestimmungsgleichung für die Bremskraft<br />

F (2. Schritt).<br />

Die Reibungskraft FRA ¼ FNA m an der Bremsbacke<br />

A erzeugt das Bremsmoment MA ¼ FRAr<br />

¼ FNA mr. Man löst die Bremskraftgleichung nach<br />

FNA auf und entwickelt die Bestimmungsgleichung<br />

für das Bremsmoment MA (3. Schritt).<br />

Das Bremsmoment MA ist das von der Reibungskraft<br />

FRA an der oberen Bremsbacke erzeugte Teilmoment.<br />

Es muss nun auf dem gleichen Weg das zweite<br />

Teilmoment, das Bremsmoment MB, durch Freimachen<br />

des unteren Bremshebels ermittelt werden.<br />

Schemaskizze einer Doppelbackenbremse<br />

Lageskizze des oberen Bremshebels<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

SMðCÞ ¼ 0 ¼ FNAl1 FNA ml2 Fl (Rechtslauf)<br />

FNAðl1 ml2Þ ¼Fl<br />

ðl1<br />

F ¼ FNA<br />

ml2Þ<br />

l<br />

Bremskraft<br />

FNA ¼<br />

ðl1<br />

Fl<br />

ml2Þ<br />

3. Schritt<br />

; MA ¼ FNA mr<br />

MA ¼ Flmr<br />

ðl1 ml2Þ<br />

3 Reibung<br />

Bremsmoment MA<br />

Beachte:<br />

Es wurde beim Freimachen des Systems systematisch<br />

und exakt vorgegangen: oberen<br />

Bremshebel mit Bremsbacke A skizzieren,<br />

die Druckfeder gedanklich wegnehmen und<br />

dafür die Federkraft F eintragen usw. So geht<br />

man auch beim unteren Bremshebel vor.


3.4 Reibung an Maschinenteilen 131<br />

Man arbeitet nach der gleichen Gliederung wie bei<br />

der Untersuchung des oberen Bremshebels und beginnt<br />

mit der Lageskizze des unteren Bremshebels<br />

(1. Schritt).<br />

Im 2. Schritt liest man wieder die Momentengleichgewichtsbedingung<br />

SM ðDÞ ¼ 0 aus der Lageskizze<br />

ab und schreibt sie auf. Daraus entwickelt<br />

man erneut eine Bestimmungsgleichung für die<br />

Bremskraft F (2. Schritt).<br />

Durch die Reibungskraft FRB wird das zweite Teil-<br />

Bremsmoment MB ¼ FRBr ¼ FNB mr erzeugt. Man<br />

löst im 3. Schritt die Bremskraftgleichung nach<br />

FNB auf und entwickelt damit die Bestimmungsgleichung<br />

für das Bremsmoment MB (3. Schritt).<br />

Ein Vergleich der Gleichungen für FNA und FNB<br />

zeigt, dass die Normalkraft FNA größer ist als FNB,<br />

weil der Nenner in der Gleichung für FNA kleiner<br />

ist als der Nenner bei FNB.<br />

Das gesamte auf die Bremsscheibe wirkende<br />

Bremsmoment M der untersuchten Doppelbackenbremse<br />

ist die Summe der beiden Teilmomente MA<br />

und MB.<br />

Die hier entwickelten Gleichungen gelten nur für<br />

Doppelbackenbremsen mit Bremsbacken, die fest<br />

mit dem Bremshebel verbunden sind.<br />

Aufgaben Nr. 370–375<br />

Lageskizze des unteren Bremshebels<br />

1. Schritt<br />

SMðDÞ ¼ 0 ¼<br />

(Rechtslauf)<br />

FNBl1<br />

2. Schritt<br />

FNB ml2 þ Fl<br />

FNBðl1 þ ml2Þ ¼Fl<br />

ðl1 þ ml2Þ<br />

F ¼ FNB<br />

l<br />

FNB ¼<br />

Fl<br />

ðl1 þ ml2Þ<br />

MB ¼ Flmr<br />

ðl1 þ ml2Þ<br />

Bremskraft<br />

MB ¼ FNB mr<br />

3. Schritt<br />

Bremsmoment MB<br />

FNA > FNB, weil ðl1 ml2Þ < ðl1 þ ml2Þ;<br />

wegen FNA > FNB ist auch FRA > FRB und<br />

MA > MB<br />

M ¼ MA þ MB<br />

Gesamt-Bremsmoment<br />

Beachte: Sollen die Stützkräfte FC und FD<br />

ermittelt werden, müssen jeweils alle drei<br />

Gleichgewichtsbedingungen angesetzt<br />

werden, z. B. für Lager D:<br />

SFx ¼ 0 ¼ FDx FNB m<br />

SFy ¼ 0 ¼ FDy þ F FNB<br />

SMðDÞ ¼ 0 (siehe oben, 2. Schritt)


132<br />

3.4.6.2 Bandbremsen<br />

Bei der Bandbremse wird die Bremswirkung durch<br />

Seilreibung (Bandreibung) erzielt. Für die Spannkräfte<br />

F1 und F2 an den Bandenden und für die Reibungskraft<br />

FR gelten die Beziehungen aus 3.4.5.<br />

Bei der einfachen Bandbremse ist ein Bandende<br />

am Bremshebeldrehpunkt D befestigt, das andere<br />

am Bremshebel. Durch die Hebelkraft F wird das<br />

Band gespannt, und bei Drehung der Bremsscheibe<br />

entstehen in den Bandenden infolge der Seilreibung<br />

unterschiedliche Spannkräfte F1 und F2.<br />

Am Bremshebel herrscht Momentengleichgewicht<br />

(Ruhe). Bezieht man die Kraftmomente auf den<br />

Hebeldrehpunkt, dann hat die Kraft F1 kein Moment.<br />

Die Spannkraft F2 wird also von der Hebelkraft<br />

F und den Hebellängen l und l1 bestimmt.<br />

Nach den Gesetzen der Seilreibung kann man aus<br />

der Kraft F2 die Bandreibungskraft FR ¼ Bremskraft<br />

an der Bremsscheibe ermitteln. Sie wirkt im<br />

Abstand r von der Bremsscheibenmitte und erzeugt<br />

das Bremsmoment M ¼ FRr.<br />

Bei Linkslauf wechseln F1 und F2 ihre Angriffspunkte.<br />

Für die gleiche Bremswirkung wäre dann<br />

eine erheblich größere Hebelkraft F erforderlich.<br />

Die einfache Bandbremse wird darum nur für einen<br />

Drehsinn verwendet, z. B. für Hubwerke als<br />

Haltebremse (Bauaufzüge).<br />

Neben der einfachen Bandbremse gibt es noch die<br />

Summenbremse mit gleich großem Bremsmoment M<br />

in beiden Drehrichtungen und die Differenzbremse<br />

für einen Drehsinn des Bremsmomentes.<br />

Aufgaben Nr. 376–378<br />

F1 ¼ F2 e ma<br />

FR ¼ F1 F2 ¼ F2ðe ma<br />

ðe<br />

1Þ ¼F1<br />

ma 1Þ<br />

ema Die Kräfte F1, F2 und FR wirken bei Rechtslauf<br />

in den eingezeichneten Richtungen auf<br />

das Bremsband.<br />

SM ðDÞ ¼ 0 ¼ F2l1 Fl ; F2 ¼ F l<br />

FR ¼ F2ðe ma<br />

M ¼ FRr ¼ Fr l<br />

1Þ ¼F l<br />

ðe ma<br />

l1<br />

ðe ma<br />

l1<br />

3 Reibung<br />

Lageskizze des<br />

Bremshebels<br />

1Þ<br />

l1<br />

1Þ Bremsmoment<br />

Aus der Gleichung erkennt man, dass das<br />

Bremsmoment vergrößert werden kann durch<br />

größere Hebelkraft F, größeren Scheibenradius<br />

r,größere Hebellänge l, kleineren<br />

Bandabstand l1, größere Reibungszahl m<br />

und größeren Umschlingungswinkel a.<br />

Selbsthemmung ist nicht möglich.<br />

Beachte: Funktionsskizzen für Summen- und<br />

Differenzbremse sowie die Formeln für das<br />

Bremsmoment findet man in: Formeln und<br />

Tabellen zur <strong>Technische</strong>n <strong>Mechanik</strong>.


3.4 Reibung an Maschinenteilen 133<br />

3.4.6.3 Scheiben- und Kegelbremsen<br />

a) Scheibenbremsen<br />

Gebaut werden Ein- und Mehrscheibenbremsen<br />

(Lamellenbremsen). Die Bremsscheibe der skizzierten<br />

Einscheibenbremse sitzt drehfest auf der<br />

Bremswelle. Die beiden Bremsbacken werden<br />

durch Druckfedern im gehäusefesten Hydraulikzylinder<br />

an die Bremsscheibe gepresst. Mit Flüssigkeitsdruck<br />

wird die Bremse gelöst (Lüften). Die<br />

Einscheibenbremse wird zunehmend im Hebezeugbau<br />

verwendet, auch an Stelle der Bandbremse<br />

(gute Wärmeableitung).<br />

b) Kegelbremsen<br />

Die drehfest mit der Bremswelle verbundene<br />

Bremsscheibe mit Außenkegel wird durch Federkraft<br />

axial gegen den gehäusefesten Innenkegel gepresst<br />

und hydraulisch oder elektromagnetisch abgelöst<br />

(Lüften der Bremse).<br />

Durch die Kegelreibfläche kann das gleiche<br />

Bremsmoment wie bei der Einscheibenbremse mit<br />

kleinerer Bremskraft erzeugt werden (kleinere<br />

Konstruktionsmaße).<br />

c) Bremskraft und Bremsmoment<br />

Für die Bremskraft F und für das Bremsmoment M<br />

kann man zwei Gleichungen entwickeln, die für<br />

Scheiben- und Kegelbremsen gelten.<br />

Wie bei jeder Bremse ist das Bremsmoment M<br />

das Produkt aus der Reibungskraft FR ¼ FNm<br />

und dem zugehörigen Reibungskraftradius<br />

(M ¼ FRr ¼ FN mr).<br />

Bei der Scheibenbremse ist die Bremskraft F zugleich<br />

die Normalkraft FN ¼ F. Dagegen ist bei<br />

der Kegelbremse F ¼ 2FN sin a, wie die Krafteckskizze<br />

zeigt. Damit erhält man die beiden Bestimmungsgleichungen<br />

für F und M.<br />

F<br />

Msin a<br />

rzm<br />

M Frzm<br />

sin a<br />

Bremskraft<br />

Bremsmoment<br />

z Anzahl der Reibungsflächen<br />

z ¼ 1 bei Kegelbremsen<br />

z ¼ 2 bei Einscheibenbremsen<br />

a Kegelwinkel<br />

a ¼ 90 bei Scheibenbremsen<br />

a 20 bei Kegelbremsen


134<br />

3.4.7 Rollwiderstand (Rollreibung)<br />

Betrachtet man einen Rollkörper und seine Unterlage<br />

als absolut starre Körper, dann ist Rollen nur<br />

infolge der tangential wirkenden Haftreibungskraft<br />

möglich. Sonst müsste der Rollkörper auf der Unterlage<br />

gleiten.<br />

Tatsächlich drückt sich der Rollkörper etwas in die<br />

Unterlage ein, und er verformt sich auch selbst<br />

geringfügig. Es kann hier also nicht mehr von<br />

„echter“ Reibung gesprochen werden, sondern<br />

man muss sich den Rollvorgang als ein fortwährendes<br />

Kippen über die Kante D vorstellen<br />

(siehe 2.5.2, Seite 88).<br />

Bei gleichförmiger Rollbewegung herrscht Gleichgewicht.<br />

Aus der Momentengleichgewichtsbedingung<br />

erhält man eine Gleichung für die Rollkraft F.<br />

Wegen der geringen Eindrücktiefe kann in dieser<br />

Gleichung der Kippabstand l gleich dem Rollradius<br />

r gesetzt werden.<br />

Die Rollkraftgleichung zeigt, dass die Rollkraft F<br />

mit zunehmendem Rollradius r kleiner wird.<br />

Den Abstand f bezeichnet man als „Hebelarm der<br />

Rollreibung“. Er ist abhängig vom Werkstoff der<br />

Unterlage und des Rollkörpers und wird gewöhnlich<br />

in cm angegeben. Aus diesem Grund setzt<br />

man in die Gleichung auch den Rollradius r<br />

zweckmäßig in cm ein.<br />

3.4.8 Fahrwiderstand<br />

Wird ein Fahrzeug mit konstanter Geschwindigkeit<br />

auf horizontaler Fahrbahn fortbewegt, sind Widerstände<br />

zu überwinden:<br />

der Luftwiderstand, der Rollwiderstand,<br />

der Widerstand durch Lagerreibung.<br />

Die beiden letzten fasst man zum Fahrwiderstand Fw<br />

zusammen.<br />

Bei horizontaler Fahrbahn ist die erforderliche<br />

Zugkraft Fz gleich dem Fahrwiderstand (ohne<br />

Luftwiderstand).<br />

Bei geneigter Fahrbahn ist zusätzlich die Hangabtriebskraft<br />

Fa ¼ FG sin a zu überwinden. a ist der<br />

Neigungswinkel der Fahrbahn zur Waagerechten.<br />

„Wirklicher“ Rollkörper<br />

Freigemachter<br />

„starrer“ Rollkörper<br />

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FG f Fl ; l r<br />

F ¼ FG<br />

f<br />

r<br />

Rollkraft<br />

F, FG<br />

N<br />

f r<br />

cm cm<br />

Die Gewichtskraft steht hier für die Belastung<br />

der Radachse.<br />

Beachte: Große Räder oder Kugeln rollen<br />

leichter als kleinere.<br />

Werte für den Hebelarm der Rollreibung:<br />

Für Gusseisen und Stahl auf Stahl ist<br />

f 0,05 cm,<br />

für gehärtete Stahlrollen und -kugeln auf<br />

gehärteten Laufringen (Wälzlager) ist<br />

f 0,0005 ...0,001 cm.<br />

Fw ¼ FN m Fahrwiderstand<br />

f<br />

FN gesamte Normalkraft (Anpresskraft des<br />

Fahrzeugs an allen Rädern).<br />

Bei horizontaler Fahrbahn ist die Normalkraft<br />

FN gleich der Gewichtskraft FG des<br />

Fahrzeugs.<br />

mf Fahrwiderstandszahl; sie wird durch<br />

Versuche ermittelt.<br />

Erfahrungswerte für mf :<br />

Eisenbahn 0,0025<br />

Straßenbahn mit Wälzlagern 0,005<br />

Straßenbahn mit Gleitlagern 0,018<br />

Kraftfahrzeug auf Asphalt 0,025<br />

Drahtseilbahn 0,01<br />

3 Reibung


3.4 Reibung an Maschinenteilen 135<br />

Damit sich die Räder drehen, muss die Haftreibungskraft<br />

FR0 max zwischen Rädern und Fahrbahn<br />

größer sein als der Fahrwiderstand Fw. Daraus ergibt<br />

sich die Rollbedingung m0 mf . Bei m0 < mf gleiten die Räder auf der Fahrbahn.<br />

3.4.9 Ûbungen zum Rollwiderstand und Fahrwiderstand<br />

1. Ûbung: Die Laufachse einer Lokomotive mit<br />

zwei Rädern von 1,1 m Durchmesser hat 1,2 t<br />

Masse. Sie soll durch eine in Achsmitte angreifende<br />

Kraft F auf waagerechten Schienen in gleichförmiger<br />

Bewegung gehalten werden. Der Hebelarm<br />

der Rollreibung beträgt 0,05 cm.<br />

Wie groß sind die erforderliche Rollkraft F und<br />

der Rollwiderstand Froll?<br />

Lösung: Man kann die Rollkraft F mit der in 3.4.7<br />

entwickelten Gleichung bestimmen.<br />

Der Rollwiderstand Froll ist hier gleich der Rollkraft<br />

F.<br />

2. Ûbung: Der Tisch einer Werkzeugmaschine<br />

läuft auf einer Zylinderrollenführung. Er belastet<br />

die Rollen mit einer Kraft F1 ¼ 1800 N. Rollen<br />

und Führungsschienen sind gehärtet. Die Rollen<br />

haben 18 mm Durchmesser.<br />

Welche Kraft muss aufgebracht werden, um den<br />

Tisch zu verschieben?<br />

Lösung: Man darf alle Kräfte auf eine Rolle beziehen,<br />

denn ob an 100 Rollen je ein Hundertstel der<br />

Kräfte wirkt oder an einer Rolle alle Kräfte, ist<br />

gleichgültig.<br />

Die Gewichtskräfte der Rollen können vernachlässigt<br />

werden, denn sie sind klein gegenüber der Belastung<br />

F1.<br />

Rollwiderstand tritt an der unteren und an der oberen<br />

Führungsschiene auf.<br />

Die Verschiebekraft F am Tisch hat ihre Gegenkraft<br />

im Rollwiderstand Froll oben, folglich ist<br />

F ¼ Froll.<br />

Das Rollmoment F d ist gleich dem Lastmoment<br />

F1 2f .Für unterschiedliche Werkstoffe ist statt<br />

2f die Summe ðf1 þ f2Þ einzusetzen.<br />

Für die Rollbewegung ist erforderlich, dass<br />

FR0 max Fw, d.h.FN m 0 FN m f ist.<br />

m 0 m f Rollbedingung<br />

Gegeben:<br />

Durchmesser d ¼ 2r ¼ 1,1 m<br />

Masse m ¼ 1,2 10 3 kg<br />

Hebelarm f ¼ 0,05 cm<br />

Gesucht:<br />

Rollkraft F, Rollwiderstand Froll<br />

f f<br />

F ¼ FG ¼ mg<br />

r r<br />

F ¼ 1,2 10 3 kg 9,81 m<br />

F ¼ 10,7 N ¼ Froll<br />

s 2<br />

5 10 4 m<br />

5,5 10 1 m<br />

Gegeben:<br />

Belastung F1 ¼ 1,8 10 3 N<br />

Hebelarm f ¼ 10 5 m (nach 3.4.7)<br />

Rollendurchmesser d ¼ 18 10 3 m<br />

Gesucht:<br />

Verschiebekraft F<br />

Frolld ¼ Fd ¼ F1 2f<br />

F ¼ F1<br />

2f<br />

d<br />

¼ F1<br />

2f<br />

¼ F1<br />

2r<br />

f<br />

r<br />

F ¼ 1,8 10 3 N 10 5 m<br />

9 10 3 ¼ 2N<br />

m


136<br />

3. Ûbung: Eine Kugel von 20 mm Durchmesser<br />

liegt auf einer schiefen Ebene.<br />

Bei welchem Neigungswinkel a beginnt die Kugel<br />

zu rollen, wenn der Hebelarm der Rollreibung<br />

f ¼ 0,1 cm beträgt?<br />

Lösung: Die Kugel beginnt dann zu rollen, wenn<br />

die Wirklinie der Gewichtskraft FG durch die<br />

„Kippkante“ D geht (siehe 2.5.2). Die Rollkraft ist<br />

dann die Komponente FG sin a, die „Belastung“<br />

die Komponente FG cos a.<br />

Das linksdrehende Kraftmoment FG sin ar ist<br />

gleich dem rechtsdrehenden Kraftmoment<br />

FG cos a f . Damit ist der Lösungsansatz gefunden.<br />

Die Diskussion der Gleichung tan a ¼ f =r lässt erkennen,<br />

dass mit zunehmendem Kugelradius r die<br />

Tangensfunktion und damit der Neigungswinkel<br />

kleiner wird: Große Rollkörper rollen leichter als<br />

kleine.<br />

4. Ûbung: Ein Kraftfahrzeug mit 1100 kg Masse<br />

wird auf einer waagerechten Asphaltstraße gleichförmig<br />

geschoben.<br />

Wie groß ist der zu überwindende Fahrwiderstand<br />

Fw?<br />

Lösung: Man berechnet den Fahrwiderstand Fw<br />

aus der Normalkraft FN und der Fahrwiderstandszahl<br />

m f . Die gesamte Normalkraft an den vier Rädern<br />

ist bei waagerechter Fahrbahn gleich der Gewichtskraft<br />

FG ¼ Masse m Fallbeschleunigung g.<br />

Die Fahrwiderstandszahl entnimmt man den Erfahrungswerten<br />

(3.4.8).<br />

5. Ûbung: Ein Güterzug fährt auf waagerechter<br />

Strecke mit konstanter Geschwindigkeit. Die Masse<br />

der angehängten Wagen beträgt 1000 t.<br />

Wie groß ist der Fahrwiderstand Fw der angehängten<br />

Wagen?<br />

Gegeben:<br />

Durchmesser d ¼ 20 mm<br />

Hebelarm f ¼ 0,1 cm<br />

Gesucht:<br />

Neigungswinkel a<br />

FG sin ar ¼ FG cos a f<br />

FG sin a f<br />

¼<br />

FG cos a r<br />

tan a ¼ f<br />

r<br />

a ¼ arctan f<br />

r<br />

0,1 cm<br />

¼ arctan ¼ 5,71<br />

1cm<br />

Gegeben:<br />

Masse m ¼ 1,1 10 3 kg<br />

Fahrwiderstandszahl m f ¼ 0,025 (siehe 3.4.8)<br />

Gesucht:<br />

Fahrwiderstand Fw<br />

Fw ¼ FN m f ¼ FG m f ¼ mgm f<br />

Fw ¼ 1,1 10 3 kg 9,81 m<br />

3<br />

25 10<br />

s2 Fw ¼ 270 kgm<br />

¼ 270 N<br />

s2 Gegeben:<br />

Masse m ¼ 1000 t ¼ 106 kg<br />

Fahrwiderstandszahl mf ¼ 0,0025<br />

Gesucht:<br />

Fahrwiderstand Fw<br />

3 Reibung


3.4 Reibung an Maschinenteilen 137<br />

Lösung: Die Ûberlegungen zur Lösung dieser<br />

Aufgabe sind die gleichen wie in der 4. Ûbung.<br />

Lediglich die Beträge der Masse und der Fahrwiderstandszahl<br />

wurden geändert.<br />

Da die Zugkraft am Zughaken der Lokomotive nur<br />

den Fahrwiderstand zu überwinden hat, sind Zugkraft<br />

Fz und Fahrwiderstand gleich groß.<br />

6. Ûbung: Derselbe Güterzug wie in der 5. Ûbung<br />

wird eine Steigung 1:100 gleichförmig bergauf<br />

gezogen.<br />

Wie groß ist jetzt die erforderliche Zugkraft Fz?<br />

Lösung: Man orientiert sich über die Kräfteverhältnisse<br />

anhand einer Lageskizze. Ob man dabei<br />

den ganzen Zug betrachtet oder nur einen Wagen<br />

mit der Masse m ¼ 1000 t, ist gleichgültig.<br />

Man erkennt:<br />

Da Gleichgewicht herrscht, ist die Normalkraft<br />

FN ¼ FG cos a. Außerdem muss die Zugkraft Fz<br />

gleich der Summe aus Fahrwiderstand Fw und<br />

Hangabtriebskraft FG sin a sein.<br />

Zuerst wird der Steigungswinkel a aus seiner<br />

Tangensfunktion ermittelt. Der Winkel ist so<br />

klein, dass man in der weiteren Rechnung<br />

sin a ¼ tan a ¼ 0,01 und cos a ¼ 1 setzen darf.<br />

Dann setzt man die Gleichgewichtsbedingung für<br />

die Kräfte in Richtung der Steigung an (x-Kräfte)<br />

und löst schrittweise nach Fz auf.<br />

Die Gleichung Fz ¼ mgðm f þ sin aÞ zeigt, dass<br />

der Steigungswinkel a die Zugkraft stark beeinflusst.<br />

Hier ist sin a ¼ 4m f , d. h. die Hangabtriebskraft<br />

FG sin a ist viermal so groß wie der Fahrwiderstand<br />

Fw.<br />

Aufgaben Nr. 379–385<br />

Fw ¼ FN m f ¼ FG m f ¼ mgm f<br />

Fw ¼ 10 6 kg 9,81 m<br />

3<br />

2,5 10<br />

s2 3 kgm<br />

Fw ¼ 24,53 10 ¼ 24 530 N<br />

s2 Fw ¼ Fz ¼ 24,53 kN<br />

Gegeben:<br />

Dieselben Größen wie in Ûbung 5; zusätzlich<br />

Steigung 1:100, das heißt, der Tangens des<br />

Steigungswinkels beträgt 1/100, tan a ¼ 0,01<br />

Gesucht:<br />

Zugkraft Fz<br />

Lageskizze<br />

a ¼ arctan 0,01 ¼ 0,573 ¼ 34,4 0<br />

SFx ¼ 0 ¼ Fz Fw FG sin a<br />

Fz ¼ Fw þ FG sin a ¼ FN mf þ FG sin a<br />

Fz ¼ FG cos amf þ FG sin a ¼<br />

¼ FGðmf cos a þ sin aÞ<br />

Fz ¼ mgðmf cos a þ sin aÞ<br />

cos a ¼ 0,99995 1 gesetzt:<br />

Fz ¼ mgðmf þ sin aÞ<br />

Fz ¼ 10 6 kg 9,81 m<br />

s2 ð0,0025 þ 0,01Þ<br />

Fz ¼ 12,26 10 4 N ¼ 122,6 kN


138<br />

3.4.10 Rolle und Rollenzug<br />

3.4.10.1 Feste Rolle (Leit- oder Umlenkrolle)<br />

Die Achse der festen Rolle liegt räumlich fest. Ohne<br />

Reibung wäre die Zugkraft F im Seil gleich der<br />

Gewichtskraft FG (F ¼ FG). Infolge der Zapfenreibung<br />

(siehe Seite 116) ist beim Heben der Last die<br />

Zugkraft jedoch immer größer als die Gewichtskraft<br />

(F > FG). Aber auch ohne Berücksichtigung<br />

der Zapfenreibung wäre F > FG, denn die Reibung<br />

zwischen den einzelnen Drähten des Seils<br />

macht das Seil biegesteif. Dadurch weicht der auflaufende<br />

Seilstrang um die seitliche Auslenkung e1<br />

nach außen. Der ablaufende Seilstrang schmiegt<br />

sich um e2 an die Rolle nach innen an. Dadurch<br />

vergrößert sich der Wirkabstand der Gewichtskraft<br />

FG vom Rollendrehpunkt D auf den Betrag r þ e1,<br />

während sich der Wirkabstand der Zugkraft F auf<br />

r e2 verringert.<br />

Zur Gleichgewichtsbetrachtung skizziert man die<br />

Lageskizze des Systems Rolle/Seil. Der geringfügige<br />

Unterschied zwischen e1 und e2 lässt es zu,<br />

mit der Auslenkung e ¼ e1 ¼ e2 zu rechnen.<br />

Die Rolle dreht sich beim Heben der Last mit konstanter<br />

Winkelgeschwindigkeit w rechts herum.<br />

Linksdrehend wirkt dann das Reibungsmoment<br />

MR ¼ FRrz ¼ FN mrz ¼ðFG þ FÞ mrz.<br />

Erläuterungen zum Reibungsmoment MR siehe<br />

Abschnitt 3.4.3.1, Seite 117.<br />

Für die Reibungsbetrachtung am Rollenbolzen<br />

oder -zapfen kann die Zugkraft F ungefähr gleich<br />

der Gewichtskraft FG gesetzt werden (F FG).<br />

Das Reibungsmoment wird dann MR ¼ 2FG mrz.<br />

Legt man den Momentendrehpunkt D auf die<br />

Wirklinie der noch unbekannten Normalkraft FN<br />

(Lagerkraft) in den Rollenmittelpunkt, so führt die<br />

algebraische Entwicklung zu einer Gleichung für<br />

die Zugkraft F.<br />

FG Gewichtskraft<br />

F Zugkraft<br />

r Rollenradius<br />

rz Zapfenradius<br />

Lageskizze für Lastheben<br />

3 Reibung<br />

SFy ¼ 0 ¼<br />

FN ¼ FG þ F<br />

FG þ FN F<br />

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FGðr þ eÞ Fðr eÞþMR<br />

FGðr þ eÞ Fðr eÞþ2FG mrz ¼ 0<br />

Fðr eÞ ¼FGðr þ e þ 2mrzÞ<br />

r þ e þ 2mrz<br />

F ¼ FG<br />

r e<br />

Zugkraft an der festen Rolle beim Lastheben


3.4 Reibung an Maschinenteilen 139<br />

Der Wirkungsgrad h ist das Verhältnis von Nutzarbeit<br />

Wn zur aufgewendeten Arbeit Wa. Die Nutzarbeit<br />

Wn ist hier das Produkt aus der Gewichtskraft<br />

FG und dem Hubweg s, also Wn ¼ FG s<br />

(Hubarbeit). Entsprechend gilt für die aufgewendete<br />

Arbeit Wa ¼ Fs. Kraft- und Lastweg sind<br />

gleich groß (s1 ¼ s2 ¼ s).<br />

Mit den beiden Ausdrücken für die Zugkraft F stehen<br />

also zwei voneinander unabhängige Gleichungen<br />

mit zwei Unbekannten (F und hf) zurVerfügung.<br />

Die Gleichsetzungsmethode führt hier am<br />

einfachsten zu einer Gleichung für den Wirkungsgrad<br />

h f der festen Rolle.<br />

Wie die Gleichung zeigt, ist der Wirkungsgrad h f<br />

abhängig vom Rollenradius r, vom Zapfenradius<br />

rz, von der Zapfenreibungszahl m und von der Auslenkung<br />

e. Die Größen r und rz sind konstruktiv<br />

festgelegt, dagegen können Zapfenreibungszahl m<br />

und Auslenkung e nur angenommen werden. Dabei<br />

ist die Festlegung eines Auslenkungsbetrages<br />

am schwierigsten. Eine Rechnung mit bestimmten<br />

Beträgen von r, rz und m, bei e ¼ 0; 0,5 mm;<br />

1 mm und 2 mm zeigt die geringe Abhängigkeit<br />

des Wirkungsgrades h f vom Auslenkungsbetrag e.<br />

Es ist daher berechtigt, mit einem Mittelwert<br />

h f ¼ 0,95 zu rechnen.<br />

3.4.10.2 Lose Rolle<br />

Die Last mit der Gewichtskraft FG hängt an der<br />

Achse der losen Rolle und verteilt sich daher auf<br />

zwei Seilstränge. Der eine Strang ist z. B. an der<br />

Auslegerspitze eines Drehkrans befestigt, am anderen<br />

Strang greift die Zugkraft F an. War bei der<br />

festen Rolle ohne Reibungsverluste F ¼ FG, soist<br />

bei der losen Rolle F ¼ Fs ¼ FG/2. Die aufgewendete<br />

Arbeit ist Wa ¼ Fs1, die Nutzarbeit<br />

Wn ¼ FG s2. Ohne Reibungsverluste sind beide Beträge<br />

gleich groß, also Fs1 ¼ FG s2. Mit F ¼ FG/2<br />

wird dann FG s1/2 ¼ FGs2, also auch s1 ¼ 2s2. Der<br />

Kraftweg s1 ist doppelt so groß wie der Lastweg s2.<br />

Nutzarbeit Wn<br />

hf ¼<br />

aufgewendete Arbeit Wa<br />

h f ¼ FG<br />

F<br />

! F ¼ FG<br />

h f<br />

F ¼ FG r þ e þ 2mrz<br />

¼ FG<br />

hf r e<br />

r e<br />

hf ¼<br />

r þ e þ 2mrz<br />

¼ FGs<br />

Fs<br />

Wirkungsgrad<br />

der festen Rolle<br />

Berechnungsbeispiel:<br />

Für r ¼ 200 mm, rz ¼ 30 mm und m ¼ 0,15<br />

sowie e1 ¼ 0; e2 ¼ 0,5 mm; e3 ¼ 1mmund<br />

e4 ¼ 2 mm liefert die Wirkungsgradgleichung:<br />

h f1 ¼ 0,957 0,96 für e1 ¼ 0<br />

h f2 ¼ 0,952 0,95 für e2 ¼ 0,5 mm<br />

h f3 ¼ 0,948 0,95 für e3 ¼ 1mm<br />

h f4 ¼ 0,938 0,94 für e4 ¼ 2mm<br />

Lageskizze<br />

für Lastheben


140<br />

Wie bei der festen Rolle stellt man die Gleichgewichtsbedingungen<br />

nach der Lageskizze auf. Auch<br />

hier wird angenommen, dass die seitliche Auslenkung<br />

am auf- und am ablaufenden Seilstrang<br />

gleich groß ist (e1 ¼ e2 ¼ e).<br />

Den Momentendrehpunkt D legt man auf die<br />

Wirklinie der Seilkraft Fs, weil die Entwicklung<br />

der Momentengleichgewichtsbedingung dann zu<br />

einer Gleichung mit nur einer Unbekannten führt<br />

(Zugkraft F).<br />

Auch bei Berücksichtigung der Reibung gilt für<br />

den Kraftweg s1 ¼ 2s2. Allerdings bleibt nicht<br />

mehr F ¼ FG/2. Mit der Nutzarbeit Wn ¼ FG s2 und<br />

der aufgewendeten Arbeit Wa ¼ Fs1 ¼ F 2s2 erhält<br />

man wie bei der festen Rolle eine Gleichung<br />

für den Wirkungsgrad hl der losen Rolle und daraus<br />

eine Gleichung für die Zugkraft F.<br />

Wie bei der festen Rolle verfügt man auch hier<br />

über zwei voneinander unabhängigen Gleichungen<br />

für die Zugkraft F, die man gleichsetzen und nach<br />

dem Wirkungsgrad hl auflösen kann.<br />

Ein Vergleich der beiden Gleichungen für die Wirkungsgrade<br />

h l und h f zeigt, dass der Zähler in der<br />

Wirkungsgradgleichung für die lose Rolle größer<br />

ist als der Zähler in der Gleichung für die feste<br />

Rolle. Dagegen ist der Nenner bei h l kleiner als<br />

bei h f. Folglich ist der Wirkungsgrad h l der losen<br />

Rolle größer als der Wirkungsgrad h f der festen<br />

Rolle (h l > h f).<br />

Das wird rechnerisch bestätigt mit den für die feste<br />

Rolle angenommenen Größen (siehe Seite 139).<br />

Für praktische Rechnungen verzichtet man jedoch<br />

auf unterschiedliche Beträge für die Wirkungsgrade<br />

der festen und der losen Rolle. Man rechnet<br />

mit h f ¼ h l ¼ h ¼ 0,96 für Gleitlagerung der Rolle<br />

und h ¼ 0,98 für Wälzlagerung.<br />

SFy ¼ 0 ¼ Fs<br />

FG ¼ Fs þ F<br />

FG þ F<br />

2r<br />

zfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{<br />

SMðDÞ ¼ 0 ¼ FGðr þ eÞ MR þ F ðr e þ r þ eÞ<br />

MR ¼ FRrz ¼ FN mrz ¼ FG mrz<br />

2Fr ¼ FGðr þ eÞþFG mrz ¼ FGðr þ e þ mrzÞ<br />

F ¼ FG<br />

2<br />

r þ e þ mrz<br />

r<br />

Zugkraft an der losen Rolle beim Lastheben<br />

hl ¼ Wn<br />

¼<br />

Wa<br />

FG s2<br />

F 2s2<br />

h l ¼ FG<br />

2F<br />

! F ¼ FG<br />

2h l<br />

F ¼ FG<br />

¼<br />

2hl FG r þ e þ mrz<br />

2 r<br />

r<br />

hl ¼<br />

r þ e þ mrz<br />

Wirkungsgrad<br />

der losen Rolle<br />

Zählervergleich: r > r e<br />

Nennervergleich: r þ e þ mrz < r þ e þ 2mrz<br />

folglich ist<br />

h l > h f<br />

Für r ¼ 200 mm, rz ¼ 30 mm, m ¼ 0,15 und<br />

e ¼ 1 mm wird der Wirkungsgrad für die lose<br />

Rolle:<br />

r<br />

hl ¼<br />

r þ e þ mrz<br />

200 mm<br />

hl ¼<br />

ð200 þ 1 þ 0,15 30Þ mm<br />

h l ¼ 0,973 > h f ¼ 0,948<br />

3 Reibung


3.4 Reibung an Maschinenteilen 141<br />

3.4.10.3 Rollenzug<br />

Rollenzüge sind Ûbersetzungsmittel zwischen Last<br />

und Kraft. Sie bestehen aus einer Kombination fester<br />

und loser Rollen, die in Flaschen (Kloben) gelagert<br />

sind. Die Rollen können untereinander oder<br />

auch nebeneinander liegen1) . Das eine Seilende ist<br />

mit einer Flasche verbunden, am anderen Ende<br />

greift die Zugkraft F an.<br />

Zur statischen Analyse des skizzierten Rollenzuges<br />

beim Heben der Last wird die untere Flasche freigemacht.<br />

Der Schnitt x x trifft hier vier tragende<br />

Seilstränge. Für alle Rollen soll der Wirkungsgrad<br />

gleich groß sein (hf ¼ hl ¼ h). Mit den für feste<br />

und lose Rollen entwickelten Gleichungen ist dann<br />

F1 ¼ hF, F2 ¼ hF1 ¼ h 2 F, F3 ¼ hF2 ¼ h 3 F und<br />

F4 ¼ h 4 F. Damit kann die Kräftegleichgewichtsbedingung<br />

SFy ¼ 0 aufgestellt werden.<br />

Der Ausdruck ð1 þ h þ h 2 þ h 3 Þ lässt sich algebraisch<br />

vereinfachen. Es ist<br />

1 þ h þ h 2 þ h 3 1 h4<br />

¼<br />

1 h<br />

Der Beweis lässt sich durch Polynomdivision führen,<br />

indem man 1 h 4 durch 1 h dividiert.<br />

Der spezielle Fall mit vier tragenden Seilsträngen<br />

kann leicht auf beliebige Konstruktionen mit n tragenden<br />

Seilsträngen erweitert werden. Als Exponent<br />

steht dann „n“ statt „4“ in der Zugkraftgleichung<br />

des Rollenzugs.<br />

Von den „Lasten“, die mit Rollenzügen bewegt<br />

werden sollen, ist meistens die Masse m in kg bekannt.<br />

Aus diesem Grund wird nach FG ¼ mg die<br />

Zugkraftgleichung mit der Masse m geschrieben<br />

(Fallbeschleunigung g ¼ 9,81 m/s2 ).<br />

Eine Beziehung zwischen dem Kraftweg s1 und<br />

dem Lastweg s2 lässt sich wie bei der losen Rolle<br />

mit der Nutzarbeit Wn ¼ FG s2 und der aufgewendeten<br />

Arbeit Wa ¼ Fs1 herleiten. Ohne Reibungsverluste<br />

ist auch hier Wn ¼ Wa, und die Gewichtskraft<br />

FG ist gleich dem n-fachen der Zugkraft F<br />

(FG ¼ nF oder F ¼ FG/n). Beispielsweise ist bei<br />

der losen Rolle FG ¼ 2F, weil n ¼ 2 tragende<br />

Seilstränge vorhanden sind.<br />

Lageskizze der<br />

unteren Flasche<br />

SFy ¼ 0 ¼ F1 þ F2 þ F3 þ F4<br />

hF þ h<br />

FG<br />

2 F þ h 3 F þ h 4 F ¼ FG<br />

Fðh þ h 2 þ h 3 þ h 4 Þ¼FG<br />

1<br />

F ¼ FG<br />

h þ h2 þ h3 1<br />

¼ FG<br />

þ h4 hð1 þ h þ h2 þ h3Þ 1<br />

F ¼ FG<br />

hð1<br />

h<br />

h4 1<br />

¼ mg<br />

Þ hð1<br />

h<br />

h4Þ 1<br />

F ¼ mg<br />

hð1<br />

h<br />

h nÞ Zugkraftgleichung für Rollenzüge<br />

mit n tragenden Seilsträngen beim<br />

Lastheben (mg ¼ FG)<br />

Wn ¼ Wa<br />

FGs2 ¼ Fs1 (FG ¼ nF)<br />

nFs2 ¼ Fs1<br />

s1 ¼ ns2<br />

Weggleichung für Rollenzüge<br />

mit n tragenden Seilsträngen<br />

1) Praktische Ausführung siehe Handbuch Maschinenbau (Abschnitt Fördertechnik)


142<br />

Mit der Weggleichung s1 ¼ ns2 kann nun wie bei<br />

den Rollen eine Wirkungsgradgleichung für den<br />

Rollenzug entwickelt werden. Ausgangsgleichung<br />

ist die allgemeine Wirkungsgradgleichung<br />

hr ¼ Wn=Wa mit der Nutzarbeit Wn ¼ FG s2 und<br />

der aufgewendeten Arbeit Wa ¼ Fs1 ¼ Fns2.<br />

Auch hier liegen wieder zwei voneinander unabhängige<br />

Gleichungen für die Zugkraft F vor, die<br />

gleichgesetzt und nach dem Wirkungsgrad hr des<br />

Rollenzuges aufgelöst werden können.<br />

Darin steht mit h der Wirkungsgrad der einzelnen<br />

Rolle, wobei zwischen fester und loser Rolle nicht<br />

unterschieden wird (hf ¼ hl ¼ h ¼ 0,96).<br />

hr ¼ Wn<br />

¼<br />

Wa<br />

FG s2<br />

¼<br />

Fs1<br />

FG s2<br />

nFs2<br />

h r ¼ FG<br />

nF ! F ¼ FG<br />

nh r<br />

F ¼ FG<br />

nh r<br />

¼ FG<br />

h r ¼ hð1 hn Þ<br />

nð1 hÞ<br />

1 h<br />

hð1 h nÞ Wirkungsgrad h r des<br />

Rollenzuges für<br />

n tragende Seilstränge<br />

h Wirkungsgrad einer<br />

Rolle<br />

Die folgende Tabelle gibt Werte für den Wirkungsgrad hr in Abhängigkeit von der Anzahl n<br />

der tragenden Seilstränge an. Obere Zeile für Gleitlagerung mit h ¼ 0,96, untere Zeile für<br />

Wälzlagerung mit h ¼ 0,98.<br />

n 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

h r 0,960 0,941 0,922 0,904 0,886 0,869 0,852 0,836 0,820 0,804<br />

h r 0,98 0,97 0,961 0,951 0,942 0,932 0,923 0,914 0,905 0,896<br />

3.4.10.4 Ûbung zum Rollenzug<br />

Mit dem auf Seite 141 skizzierten Rollenzug soll<br />

ein Werkstück von 900 kg Masse auf eine Höhe<br />

von 7 m gehoben werden.<br />

Zu berechnen ist<br />

a) die Zugkraft F im Seil beim Heben,<br />

b) die Länge s1 des ablaufenden Seilstrangs<br />

Lösung:<br />

a) Die Zugkraft F beim Lastheben wird mit der<br />

Zugkraftgleichung für Rollenzüge für n ¼ 4 tragende<br />

Seilstränge berechnet.<br />

b) nach der Weggleichung für Rollenzüge ist der<br />

Kraftweg s1 (Ablauflänge) n mal so groß wie der<br />

Lastweg s2, hier also 4-mal so groß.<br />

Gegeben:<br />

Masse m ¼ 900 kg<br />

Anzahl der tragenden Seilstränge n ¼ 4<br />

Lastweg s2 ¼ 7m<br />

Rollenwirkungsgrad h ¼ 0,96<br />

Gesucht:<br />

Zugkraft F, Ablauflänge s1<br />

1 h<br />

F ¼ mg<br />

hð1 h nÞ F ¼ 900 kg 9,81 m<br />

s2 F ¼ 2 442 kgm<br />

¼ 2 442 N<br />

s2 s1 ¼ ns2 ¼ 4 7m¼ 28 m<br />

3 Reibung<br />

1 0,96<br />

0,96 ð1 0,96 4 Þ


4 Dynamik<br />

Formelzeichen und Einheiten 1)<br />

A m2 ,cm2 ,mm2 Flächeninhalt, Fläche<br />

a m<br />

s2 Beschleunigung (at Tangentialbeschleunigung, an Normalbeschleunigung)<br />

R N N<br />

,<br />

m mm<br />

Federrate<br />

Di m, mm Trägheitsdurchmesser ¼ 2i<br />

d m, mm Durchmesser, allgemein<br />

E J ¼ Nm ¼ Ws Energie (Ep potenzielle Energie, Ek kinetische Energie)<br />

F N Kraft (FT Tangentialkraft, FN Normalkraft)<br />

f<br />

1<br />

s<br />

Frequenz, Periodenfrequenz; f ¼ 1<br />

T<br />

FG N Gewichtskraft (FGn Normgewichtskraft)<br />

g m<br />

s2 Fallbeschleunigung (gn Normfallbeschleunigung ¼ 9,80665 m/s2 )<br />

h m Fallhöhe, Höhe allgemein<br />

i 1 Ûbersetzungsverhältnis (Ûbersetzung)<br />

i m, mm Trägheitsradius ¼ Di<br />

2<br />

J kgm2 Trägheitsmoment, Zentrifugalmoment<br />

k 1 Stoßzahl<br />

l m, mm Länge allgemein<br />

M Nm, Nmm Kraftmoment, Drehmoment<br />

m kg Masse; m 0 längenbezogene Masse in kg/m<br />

n<br />

1<br />

s ¼ s 1 , 1<br />

min ¼ min 1 Umdrehungsfrequenz, Drehzahl<br />

P W, kW Leistung t s, min, h Zeit<br />

r m, mm Radius V m3 ,cm3 ,mm3 Volumen, Rauminhalt<br />

s m, mm Weglänge v<br />

m<br />

s<br />

Geschwindigkeit<br />

T s Periodendauer,<br />

Schwingungsdauer<br />

W J ¼ Nm ¼ Ws Arbeit<br />

T N Trägheitskraft T ¼ ma z 1 Anzahl der Umdrehungen<br />

a, b Winkel allgemein h 1 Wirkungsgrad<br />

a<br />

1 rad 2<br />

¼ ¼ s<br />

s2 s2 Winkelbeschleunigung r<br />

kg kg<br />

, 3<br />

dm m3 Dichte<br />

j rad Drehwinkel r m, mm Krümmungsradius<br />

m 1 Reibungszahl w<br />

1 rad<br />

¼<br />

s s ¼ s 1 Winkelgeschwindigkeit<br />

1) siehe Fußnote Seite 1<br />

143


144<br />

4.1 Allgemeine Bewegungslehre<br />

4.1.1 Größen und v, t-Diagramm, Ordnung der Bewegungen<br />

In der Bewegungslehre entwickelt man Gleichungen,<br />

mit denen sich die Ortsveränderung von Körpern<br />

und Körperpunkten beschreiben und berechnen<br />

lassen. Die Ursache der Ortsveränderung, also<br />

die einwirkenden Kräfte und Kraftmomente, werden<br />

in der Bewegungslehre nicht untersucht.<br />

Die Bewegungslehre wird auch als Kinematik<br />

bezeichnet.<br />

Man kann Längenabschnitte und Zeitabschnitte<br />

messen. Die Länge des Weges, den ein Körper<br />

(oder ein Punkt dieses Körpers) durchläuft, nennt<br />

man „Wegabschnitt“ und benutzt dafür das Kurzzeichen<br />

„Ds“. Ebenso spricht man vom „Zeitabschnitt<br />

Dt“, wenn man z. B. die Anzahl Sekunden<br />

(s) angibt, die während der Ortsveränderung<br />

vergangen sind.<br />

Die Vorstellung wird klarer und das Verständnis<br />

wird erleichtert, wenn man sich immer nur auf<br />

einen Punkt des bewegten Körpers konzentriert.<br />

Wegabschnitt Ds und Zeitabschnitt Dt sind so genannte<br />

Basisgrößen; sie können direkt gemessen<br />

werden. Die zugehörigen Einheiten sind die Basiseinheiten<br />

Meter (Kurzzeichen m) und Sekunde<br />

(Kurzzeichen s).<br />

Geschwindigkeit v (lat. velocitas) und Beschleunigung<br />

a (lat. acceleratio) sind die aus den Basisgrößen<br />

abgeleiteten Größen der Bewegung. Man unterscheidet<br />

daher Basisgrößen und abgeleitete<br />

Größen.<br />

Beispiel:<br />

Der Stößel einer Waagerecht-Stoßmaschine<br />

wird aus der Ruhelage heraus beschleunigt.<br />

Die Abmessungen aller Bauteile, die diese<br />

Bewegung in den Stößel einleiten, hängen<br />

vom Betrag der Beschleunigung ab.<br />

Folglich muss dieser Betrag berechnet werden.<br />

Hinweis: Wege (Wegabschnitte) werden mit<br />

dem Buchstaben s bezeichnet (von lat. spatium),<br />

Zeiten (Zeitabschnitte) mit dem Buchstaben<br />

t (lat. tempus).<br />

Der griechische Buchstabe Delta (D) steht für<br />

„Differenz“, weil Weg- und Zeitabschnitte<br />

Differenzen von Längen und Zeiten sind:<br />

Ds ¼ s2 s1 Dt ¼ t2 t1<br />

Gesprochen wird „Delta-es“ und „Delta-te“,<br />

also nicht etwa „Delta mal s“.<br />

Beispiel:<br />

Bei der umlaufenden Schleifscheibe beobachtet<br />

man die Bewegung eines Schleifkornes<br />

am Scheibenumfang.<br />

Zusammenstellung der Größen der Bewegung<br />

und ihrer Einheiten:<br />

Wegabschnitt Ds in m<br />

Zeitabschnitt Dt in s<br />

Geschwindigkeit v in m<br />

s<br />

Beschleunigung a<br />

(Verzögerung)<br />

in m<br />

s 2<br />

4 Dynamik<br />

Beachte: Das Zeichen für Beschleunigung<br />

und Verzögerung ist der Buchstabe a.


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 145<br />

Die Bewegungen eines Körperpunktes kann man<br />

zeitlich oder/und räumlich ordnen.<br />

Zeitliche Ordnung (Bewegungszustand):<br />

1. gleichförmige Bewegung,<br />

2. ungleichförmige Bewegung<br />

(beschleunigte oder verzögerte Bewegung).<br />

Räumliche Ordnung (Bewegungsbahn):<br />

1. geradlinige Bewegung,<br />

2. krummlinige Bewegung.<br />

Spezialfall der krummlinigen Bewegung ist die<br />

Kreisbewegung (Bewegung auf einer Kreisbahn).<br />

Kennzeichen der ungleichförmigen Bewegung ist<br />

die Beschleunigung oder die Verzögerung. Beim<br />

beschleunigt bewegten Körper nimmt die Geschwindigkeit<br />

fortwährend zu, beim verzögert<br />

bewegten Körper nimmt sie laufend ab. Kurz sagt<br />

man: Bei der ungleichförmigen Bewegung ist immer<br />

v 6¼ konstant.<br />

Von besonderer Bedeutung sind die Fälle, in denen<br />

die Zu- oder Abnahme der Geschwindigkeit v in<br />

gleichen Zeitabschnitten Dt gleich groß bleibt<br />

(konstante Zu- oder Abnahme). Man spricht dann<br />

von einer gleichmäßig beschleunigten oder verzögerten<br />

Bewegung.<br />

Die zeitliche Ordnung von Bewegungen lässt sich<br />

am besten im Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm<br />

(v, t-Diagramm) erkennen:<br />

Ûber der Zeitachse t wird von links nach rechts<br />

fortschreitend die Geschwindigkeit v aufgetragen.<br />

Man unterscheidet drei Fälle und benutzt als Kriterium<br />

die Veränderung von Geschwindigkeit v<br />

und Beschleunigung oder Verzögerung a:<br />

v ¼ konstant<br />

gleichförmige Bewegung À<br />

a ¼ 0<br />

v 6¼ konstant<br />

ungleichförmige Bewegung `<br />

a 6¼ 0<br />

v 6¼ konstant<br />

a ¼ konstant<br />

gleichmäßig beschleunigte<br />

ðverzögerteÞ Bewegung<br />

´<br />

Beispiele:<br />

Vorschubbewegungen an Werkzeugmaschinen<br />

sind meist geradlinig gleichförmige<br />

Bewegungen.<br />

Der freie Fall ohne Luftwiderstand ist eine<br />

geradlinig ungleichförmige Bewegung<br />

(beschleunigte Bewegung).<br />

Ein Punkt am Umfang einer Schleifscheibe<br />

bewegt sich krummlinig gleichförmig<br />

(gleichförmig auf einer Kreisbahn).<br />

Beim Auslaufen einer Schleifscheibe bewegt<br />

sich ein Schleifkorn krummlinig ungleichförmig<br />

(verzögert auf einer Kreisbahn).<br />

Beispiele:<br />

Freier Fall ohne Luftwiderstand ist eine<br />

gleichmäßig beschleunigte Bewegung, senkrechter<br />

Wurf nach oben ist eine gleichmäßig<br />

verzögerte Bewegung. Der Stößel der Waagerecht-Stoßmaschine<br />

dagegen bewegt sich<br />

ungleichmäßig beschleunigt und verzögert.<br />

Beachte: Gleichmäßig beschleunigte (verzögerte)<br />

Bewegung liegt vor, wenn die Geschwindigkeit<br />

v 6¼ konstant (nicht konstant),<br />

die Beschleunigung (Verzögerung) dagegen<br />

a ¼ konstant ist.<br />

Beispiel: freier Fall und senkrechter Wurf.<br />

v, t-Diagramm für gleichförmige und<br />

ungleichförmige Bewegung


146<br />

4.1.2 Ûbungen mit dem v, t-Diagramm<br />

1. Das v, t-Diagramm für den freien Fall ohne<br />

Luftwiderstand soll skizziert werden:<br />

Der freie Fall ist eine gleichmäßig beschleunigte<br />

Bewegung, denn die Beschleunigung ist konstant.<br />

Sie heißt Fallbeschleunigung (g ¼ 9,81 m/s 2 ). Die<br />

Geschwindigkeit nimmt in jeder Zeiteinheit um<br />

den gleichen Betrag Dv ¼ konstant zu. Die v-Linie<br />

ist also eine ansteigende Gerade. Der freie Fall mit<br />

Luftwiderstand wird im Abschnitt 4.1.6 behandelt<br />

(Seite 157).<br />

2. Das v, t-Diagramm für den senkrechten Wurf<br />

nach oben ohne Luftwiderstand mit anschließendem<br />

freien Fall soll skizziert werden:<br />

Beim senkrechten Wurf nach oben ist die Verzögerung<br />

ebenso groß wie die Beschleunigung während<br />

des freien Falls (g ¼ 9,81 m/s 2 ), und sie<br />

bleibt auch konstant. Der senkrechte Wurf ist demnach<br />

nichts anderes als der „umgekehrt“ betrachtete<br />

freie Fall. Anfangsgeschwindigkeit v0 und<br />

Endgeschwindigkeit vt sind daher gleich groß. v0<br />

ist die Geschwindigkeit zur Zeit t ¼ 0, vt ist die<br />

Geschwindigkeit bei der Rückkehr zur Abwurfstelle.<br />

Die v-Linie schneidet die t-Achse. Von dort<br />

an hat die Geschwindigkeit entgegengesetzten<br />

Richtungssinn.<br />

3. Das v, t-Diagramm für den senkrechten Wurf<br />

nach unten soll skizziert werden:<br />

Wie beim freien Fall (Ûbung 1.) ist die v-Linie<br />

eine ansteigende Gerade. Da der Körper schon<br />

eine Anfangsgeschwindigkeit v0 besitzt, wird die<br />

Gerade um den Betrag von v0 parallel verschoben<br />

eingezeichnet. Nach dem Zeitabschnitt Dt besitzt<br />

der Körper die Endgeschwindigkeit vt, die um die<br />

Geschwindigkeitszunahme Dv ¼ vt v0 größer ist<br />

als v0.<br />

Der Bewegungsablauf vor dem Erreichen der Anfangsgeschwindigkeit<br />

v0 wurde nicht eingetragen.<br />

4 Dynamik<br />

v, t-Diagramm des freien Falls (v 6¼ konstant;<br />

a ¼ g ¼ konstant; g ¼ 9,81 m/s 2 )<br />

Beachte: Wird nichts anderes gesagt, sollen<br />

diese Bewegungsarten ohne Luftwiderstand<br />

behandelt werden.<br />

v, t-Diagramm des senkrechten Wurfs nach<br />

oben mit anschließendem freiem Fall<br />

(v 6¼ konstant; a ¼ g ¼ konstant)<br />

v, t-Diagramm des senkrechten Wurfs nach<br />

unten (v 6¼ konstant; a ¼ g ¼ konstant)


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 147<br />

4. Das v, t-Diagramm der Stößelbewegung einer<br />

Waagerecht-Stoßmaschine soll skizziert werden:<br />

Der Stößel bewegt sich ungleichförmig, denn er<br />

muss erst beschleunigt und dann verzögert werden<br />

(Anfangs- und Endgeschwindigkeit sind null). Im<br />

Unterschied zum freien Fall ist diese ungleichförmige<br />

Bewegung jedoch nicht gleichmäßig beschleunigt<br />

oder verzögert, sondern ungleichmäßig.<br />

Es ist also a 6¼ konstant. Der Größtwert der Geschwindigkeit<br />

liegt in Hubmitte (vmax).<br />

5. Ein Körper wird aus der Ruhelage heraus<br />

während Dt1 ¼ 5 s gleichmäßig beschleunigt und<br />

erreicht die Geschwindigkeit v ¼ 12 m/s, die er<br />

während Dt2 ¼ 10 s beibehält. Anschließend wird<br />

die Bewegung während Dt3 ¼ 2,5 s gleichmäßig<br />

bis zur Ruhelage verzögert.<br />

Das v, t-Diagramm des Bewegungsvorganges ist<br />

maßstäblich zu zeichnen und daraus das Beschleunigungs-Zeit-Diagramm<br />

(a, t-Diagramm) zu entwickeln:<br />

Im v, t-Diagramm ist die v-Linie während des Zeitabschnitts<br />

Dt3 steiler geneigt als während des Zeitabschnitts<br />

Dt1 (a2 > a1).<br />

Auch wenn man die Beschleunigung a1, a3 noch<br />

nicht berechnen kann, sagt die Tatsache<br />

Dt1 ¼ 2 Dt3, dass a3 ¼ 2a1 sein wird. Während<br />

des Zeitabschnitts Dt2 ist keine Beschleunigung<br />

vorhanden (a2 ¼ 0).<br />

6. Das v, t-Diagramm für die Bewegung eines<br />

Schleifkorns soll skizziert werden, wenn die<br />

Schleifscheibe nach dem Abschalten des Antriebs<br />

gleichmäßig verzögert ausläuft:<br />

Die v-Linie ist eine von v0 bis auf vt ¼ 0 abfallende<br />

Gerade. Eine Gerade deshalb, weil gleichmäßige<br />

Verzögerung vorausgesetzt wurde.<br />

Aufgaben Nr. 400–404<br />

v, t-Diagramm eines Stößelhubes der<br />

Waagerechtstoßmaschine<br />

(v 6¼ konstant; a 6¼ konstant)<br />

v, t-Diagramm<br />

Beachte: Die v-Linien sind „idealisierte“<br />

Kurven. Kurvenknicke als Ûbergänge sind in<br />

der Praxis nicht möglich.<br />

Aus dem v, t-Diagramm entwickeltes<br />

a, t-Diagramm<br />

v, t-Diagramm für eine auslaufende Schleifscheibe<br />

(v 6¼ konstant; a ¼ konstant)


148<br />

4.1.3 Gesetze und Diagramme der gleichförmigen Bewegung,<br />

Geschwindigkeitsbegriff<br />

Die folgenden Gesetzmäßigkeiten gelten unabhängig von der Bahn des Körperpunktes, also<br />

für geradlinige und krummlinige Bewegungen. Zur Vereinfachung stellt man sich erst einmal<br />

eine gerade Bahn vor.<br />

Man beobachtet die Bewegung des Werkzeugträgers<br />

einer Drehmaschine bei eingeschaltetem<br />

Längsvorschub, oder die Bewegung des Tisches<br />

einer Fräsmaschine. Mit Bandmaß und Stoppuhr<br />

kann man feststellen, dass sich Werkzeugträger oder<br />

Tisch in gleichen Zeitabschnitten Dt immer um den<br />

gleichen Wegabschnitt Ds verschoben haben.<br />

Das ist das Kennzeichen der gleichförmigen Bewegung:<br />

Ein Körper oder Körperpunkt bewegt sich dann<br />

gleichförmig, wenn er in gleichen, beliebig<br />

kleinen Zeitabschnitten Dt immer gleiche Wegabschnitte<br />

Ds zurücklegt.<br />

Dividiert man den durchlaufenen Wegabschnitt Ds<br />

durch den zugehörigen Zeitabschnitt Dt, dann erhält<br />

man die Geschwindigkeit v:<br />

Die Geschwindigkeit v eines gleichförmig bewegten<br />

Körpers ist der Quotient aus Weg- und<br />

Zeitabschnitt.<br />

Die Geschwindigkeit ist ein Vektor; mehrere<br />

Geschwindigkeiten dürfen also nur geometrisch<br />

addiert werden.<br />

Bewegt sich ein Körper nicht gleichförmig, erhält<br />

man mit der Definitionsgleichung der Geschwindigkeit<br />

v ¼ Ds=Dt seine Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

oder mittlere Geschwindigkeit vm .<br />

Die Einheit für die Geschwindigkeit v ergibt sich<br />

aus ihrer Definitionsgleichung. Man braucht also<br />

nur für die rechts vom Gleichheitszeichen stehenden<br />

Größen die Einheiten einzusetzen. Die Klammern<br />

sollen darauf hinweisen, dass nur die Einheit<br />

der Größe benutzt werden soll.<br />

Beispiel:<br />

Man kann feststellen, dass sich der Fräsmaschinentisch<br />

nach jeweils 10 s um 30 mm<br />

verschoben hat.<br />

Der Zeitabschnitt beträgt Dt ¼ 10 s.<br />

Der Wegabschnitt beträgt Ds ¼ 30 mm.<br />

Exakt gleichförmig ist eine Bewegung nur<br />

dann, wenn auch in beliebig kleinen Zeitabschnitten,<br />

z. B. in jeder millionstel Sekunde,<br />

die durchlaufenen Wegabschnitte gleich<br />

groß bleiben.<br />

v ¼ Ds<br />

Dt<br />

Grundgleichung der<br />

gleichförmigen Bewegung<br />

Beispiel:<br />

Der Stößel einer Waagerecht-Stoßmaschine<br />

durchläuft einen Hub von 0,6 m in 1,5 s.<br />

Dann ist<br />

vm ¼ Ds<br />

Dt<br />

¼ 0,6 m<br />

1,5 s<br />

v Ds Dt<br />

m/s m s<br />

ðvÞ ¼ ðsÞ Weg-Einheit<br />

¼<br />

ðtÞ Zeit-Einheit<br />

m m<br />

¼ 0,4 ¼ 0,4<br />

s 1<br />

60 min<br />

¼ 24 m<br />

min<br />

Beispiele:<br />

ðvÞ ¼ ðsÞ m<br />

¼<br />

ðtÞ s ¼ ms 1 ; ðvÞ ¼ ðsÞ<br />

ðtÞ<br />

4 Dynamik<br />

¼ mm<br />

min


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 149<br />

Die Einheiten Meter (m) und Sekunde (s) sind<br />

gesetzliche Basiseinheiten.<br />

Zur Umrechnung von m/s in km/h oder umgekehrt<br />

braucht man nur 1 km ¼ 1000 m ¼ 103 m und<br />

1h¼ 3 600 s ¼ 3,6 10 3 s einzusetzen. Umrechnungszahl<br />

für diesen Fall ist demnach 3,6.<br />

Bewegungsabläufe werden leichter überschaubar,<br />

wenn man sie zeichnerisch im rechtwinkligen<br />

Achsenkreuz erfassen. Auch im einfachen Fall der<br />

gleichförmigen Bewegung erkennt man schon<br />

Gesetzmäßigkeiten, die später bei der ungleichförmigen<br />

Bewegung helfen, schwierigere Aufgaben<br />

zu lösen. Das gilt vor allem für das Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm<br />

(v, t-Diagramm).<br />

Im Weg-Zeit-Diagramm erhält man bei gleichförmiger<br />

Bewegung für die Weglinie eine ansteigende<br />

Gerade, weil in gleichen Zeitabschnitten (z. B.<br />

Dt ¼ 1 s) gleiche Wegabschnitte zurückgelegt<br />

werden (z. B. Ds ¼ 5 m).<br />

Eine steilere Gerade würde zeigen, dass der Körper<br />

in gleichen Zeitabschnitten Dt größere Wegabschnitte<br />

Ds durchläuft, das heißt, die Geschwindigkeit<br />

v wäre größer.<br />

Die Weg-Linie im s, t-Diagramm ist immer die<br />

Hypotenuse eines rechtwinkligen Dreiecks, mit Dt<br />

und Ds als Katheten. Man erkennt:<br />

Der Tangens des Neigungswinkels a der<br />

Weg-Linie entspricht dem Zahlenwert der<br />

Geschwindigkeit v (tan a ¼b v).<br />

Man darf nicht schreiben v ¼ tan a, sondern nur<br />

v ¼b tan a (v entspricht tan a), denn es handelt<br />

sich um Größen verschiedener Art, wie schon die<br />

verschiedenen Einheiten zeigen. v besitzt die Einheit<br />

m/s, der Tangens eines Winkels dagegen die<br />

Einheit Eins (Verhältnisgröße aus zwei Längen).<br />

1 km<br />

¼ 1<br />

h<br />

1 km 1 m<br />

¼<br />

h 3,6 s<br />

1 m<br />

s<br />

103 m<br />

3,6 103 1 m<br />

¼<br />

s 3,6 s<br />

¼ 3,6 km<br />

h<br />

Umrechnungsbeziehung<br />

Hinweis: Auf der waagerechten Achse trägt<br />

man immer die Zeit t auf. Die vertikale Achse<br />

trägt entweder den Weg s, die Geschwindigkeit<br />

v oder die Beschleunigung a:<br />

Weg-Zeit-Diagramm (s, t-Diagramm),<br />

Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm<br />

(v, t-Diagramm),<br />

Beschleunigung-Zeit-Diagramm<br />

(a, t-Diagramm).<br />

s, t-Diagramm der gleichförmigen Bewegung<br />

tan a ¼b v ¼ Ds<br />

¼ konstant<br />

Dt<br />

Beispiel:<br />

v1 ¼ 0,5 m<br />

s ¼b tan a1; a1 ¼ arctan 0,5 ¼ 26,6<br />

Dieser Winkel tritt im s, t-Diagramm aber nur<br />

dann auf, wenn auf den beiden Achsen die<br />

Länge für eine Zeiteinheit und für eine Wegeinheit<br />

gleich ist (gleicher Maßstab).


150<br />

Im Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm erhält man<br />

bei gleichförmiger Bewegung für die Geschwindigkeits-Linie<br />

eine zur t-Achse parallele Gerade,<br />

weil zu jedem Zeitpunkt die Geschwindigkeit v<br />

gleich groß ist (v ¼ konstant). Die Geschwindigkeits-Linie<br />

begrenzt mit Dt und v eine Rechteckfläche<br />

A, deren Inhalt sich aus dem Produkt v Dt<br />

ergibt. Das ist aber zugleich der von einem Körper<br />

mit der Geschwindigkeit v durchlaufene Weg,<br />

denn aus v ¼ Ds=Dt wird Ds ¼ v Dt:<br />

Die Fläche A unter der Geschwindigkeitslinie<br />

im v, t-Diagramm entspricht dem Wegabschnitt<br />

Ds (A ¼b Ds).<br />

Kurz: Diagrammfläche ¼b Wegabschnitt.<br />

Im Beschleunigung-Zeit-Diagramm erhält man bei<br />

gleichförmiger Bewegung für die Beschleunigungslinie<br />

eine auf der t-Achse liegende Gerade,<br />

weil zu jedem Zeitpunkt die Beschleunigung<br />

a ¼ 0 ist. Das muss so sein, weil v ¼ konstant<br />

voraussetzt, dass sich der Körper weder beschleunigt<br />

noch verzögert. Das a, t-Diagramm hat daher<br />

nur bei beschleunigter (verzögerter) Bewegung<br />

Bedeutung.<br />

Aufgaben Nr. 405–416<br />

Geschwindigkeit vin m/s<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

0<br />

Geschwindigkeits-Linie<br />

Fläche A = vt=Wegs 1 2 3 4 5<br />

Zeit t in s<br />

t<br />

v, t-Diagramm der gleichförmigen Bewegung<br />

Fläche A ¼b Weg Ds ¼ v Dt<br />

Beachte: Fläche A ¼b Wegabschnitt Ds gilt<br />

immer. Daher skizziert man grundsätzlich<br />

zuerst das v, t-Diagramm für den Bewegungsvorgang.<br />

a, t-Diagramm der gleichförmigen Bewegung<br />

4.1.4 Gesetze und Diagramme der gleichmäßig beschleunigten (verzögerten)<br />

Bewegung, Beschleunigungsbegriff<br />

Wird ein Körper beschleunigt oder verzögert (Auto<br />

beim Anfahren oder Bremsen), dann ändert sich<br />

seine Geschwindigkeit. Es ist also v 6¼ konstant,<br />

im Gegensatz zur gleichförmigen Bewegung. Daher<br />

darf man nicht mit v ¼ Ds=Dt rechnen, weil<br />

man damit nur die „gedachte“ mittlere Geschwindigkeit<br />

erhält (Durchschnittsgeschwindigkeit). In<br />

Anlehnung an die Definition der gleichförmigen<br />

Bewegung muss hier gesagt werden:<br />

4 Dynamik<br />

Beachte: Die gleichmäßig beschleunigte oder<br />

verzögerte Bewegung ist der wichtigste Sonderfall<br />

der ungleichförmigen Bewegung.<br />

Da die folgenden Gesetze sowohl für die beschleunigte<br />

als auch für die verzögerte Bewegung<br />

gelten, spricht man im allgemeinen Fall<br />

nur von einer beschleunigten Bewegung.<br />

v


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 151<br />

Ein Körper oder Körperpunkt bewegt sich dann<br />

ungleichförmig, wenn er in gleichen beliebig<br />

kleinen Zeitabschnitten Dt ungleiche Wegabschnitte<br />

Ds zurücklegt.<br />

v ¼ Ds=Dt ergibt nur die mittlere Geschwindigkeit.<br />

Ein anschauliches Beispiel einer ungleichförmigen<br />

Bewegung ist neben der Bewegung des Stößels<br />

der Waagerecht-Stoßmaschine die Bewegung des<br />

Kolbens im Zylinder des Verbrennungsmotors.<br />

Beide Bewegungen sind sogar noch ungleichmäßig<br />

beschleunigt und verzögert.<br />

In gleichen Zeitabschnitten, gekennzeichnet durch<br />

den gleichförmig umlaufenden Kurbelzapfen, legt<br />

der Kolben in der Nähe der Totpunkte nur kleine<br />

Wegabschnitte zurück. Dazwischen legt der Kolben<br />

in gleichen Zeitabschnitten größere Wegabschnitte<br />

zurück. An den Umkehrpunkten (Totpunkten)<br />

steht der Kolben einen Augenblick still,<br />

seine Geschwindigkeit ist dann null.<br />

Kennzeichen der beschleunigten oder verzögerten<br />

Bewegung (der ungleichförmigen<br />

Bewegung) ist die Zu- oder Abnahme der<br />

Geschwindigkeit v, also eine Geschwindigkeitsänderung<br />

Dv.<br />

Ist die Bewegung gleichmäßig beschleunigt (verzögert),<br />

dann ist die Geschwindigkeitsänderung<br />

gleichbleibend (Dv ¼ konstant). Daher muss die<br />

Geschwindigkeitslinie im v, t-Diagramm eine ansteigende<br />

oder abfallende Gerade sein. Wird ein<br />

Körper aus der Ruhelage heraus gleichmäßig beschleunigt,<br />

so dass er nach Dt ¼ 6 s eine Momentangeschwindigkeit<br />

vt ¼ 9m=s besitzt, dann<br />

beträgt seine Geschwindigkeitszunahme in jeder<br />

Sekunde Dv ¼ 1,5 m=s.<br />

Annähernd genau erhält man die „Momentangeschwindigkeit<br />

v“, wenn man den Wegabschnitt<br />

Ds für einen außerordentlich kleinen<br />

Zeitabschnitt Dt misst.<br />

Zum Beispiel ist für Ds ¼ 5 10 6 m<br />

und Dt ¼ 2 10 6 s:<br />

v ¼ Ds<br />

Dt ¼ 5 10 6 m<br />

2 10 6 m<br />

¼ 2,5<br />

s s<br />

Bewegung<br />

des Kolbens<br />

im Zylinder<br />

Wie Ds und Dt ist auch Dv eine Differenz,<br />

nämlich die Differenz zweier Momentangeschwindigkeiten,<br />

z. B.<br />

Dv ¼ v2 v1 oder Dv ¼ vt v0.<br />

Beschleunigungsbegriff, dargestellt im<br />

v, t-Diagramm


152<br />

Offenbar ist der Quotient aus der Geschwindigkeitszunahme<br />

und dem zugehörigen Zeitabschnitt<br />

ein Maß dafür, wie schnell eine bestimmte<br />

Momentangeschwindigkeit erreicht wird:<br />

Die Beschleunigung a eines gleichmäßig beschleunigten<br />

(verzögerten) Körpers ist der Quotient<br />

aus der Geschwindigkeitsänderung Dv<br />

und dem zugehörigen Zeitabschnitt Dt. Die Beschleunigung<br />

ist ein Vektor; mehrere Beschleunigungen<br />

dürfen also nur geometrisch addiert<br />

werden.<br />

Gleichmäßig beschleunigt oder verzögert heißt,<br />

dass die Beschleunigung oder Verzögerung konstant<br />

bleibt (a ¼ konstant). Im a, t-Diagramm muss<br />

die Beschleunigungslinie eine zur t-Achse parallele<br />

Gerade sein, so wie die Geschwindigkeitslinie im<br />

v, t-Diagramm bei gleichförmiger Bewegung.<br />

Die Einheit für die Beschleunigung a ergibt sich in<br />

gewohnter Weise aus der Definitionsgleichung für<br />

die Größe. Mit den gesetzlichen Basiseinheiten<br />

Meter (m) und Sekunde (s) erhält man als Einheit<br />

das „Meter je Sekundequadrat“.<br />

Man möchte nun nachweisen, dass im Hinblick<br />

auf die Fläche unter der Geschwindigkeits-Linie<br />

im v, t-Diagramm das Gleiche gilt wie für die<br />

gleichförmige Bewegung:<br />

Die Geschwindigkeit v ändert sich von v0 ¼ 0am<br />

Anfang, auf vt am Ende des Zeitabschnittes Dt.<br />

Weil die Geschwindigkeitsänderung konstant ist,<br />

ergibt sich die mittlere Geschwindigkeit zu<br />

vm ¼ðv0þ vtÞ=2 ¼ vt=2, und der zurückgelegte<br />

Weg zu Ds ¼ vm Dt ¼ vt Dt=2. Das entspricht<br />

aber auch dem Flächeninhalt der Dreiecksfläche<br />

unter der v-Linie:<br />

In jedem v, t-Diagramm entspricht die Fläche A<br />

unter der Geschwindigkeitslinie dem Wegabschnitt<br />

Ds (A ¼b Ds).<br />

Mit dieser Erkenntnis kann man nun einen<br />

Lösungsplan entwickeln, der alle zur Lösung erforderlichen<br />

Gleichungen liefert.<br />

Geschwindigkeitsänderung Dv<br />

a ¼<br />

zugehöriger Zeitabschnitt Dt<br />

a ¼ Dv<br />

Dt<br />

Grundgleichung der gleichmäßig beschleunigten<br />

(verzögerten) Bewegung<br />

a, t-Diagramm der gleichmäßig<br />

beschleunigten Bewegung<br />

ðaÞ ¼ ðvÞ<br />

ðtÞ ¼<br />

m<br />

s m 2<br />

¼ ¼ ms<br />

s s2 v<br />

v 0 = 0<br />

0<br />

A= s=<br />

t<br />

Mittlere Geschwindigkeit vm<br />

Fläche A ¼b Weg Ds<br />

Gilt für jede Bewegung<br />

a Dv Dt<br />

m<br />

s 2<br />

v 0 + vt<br />

2<br />

t<br />

v m<br />

Beachte: Man braucht nur die Grundgleichung<br />

a ¼ Dv=Dt im Kopf zu haben;<br />

alle anderen Gleichungen können aus dem<br />

v, t-Diagramm abgelesen werden.<br />

m<br />

s<br />

s<br />

4 Dynamik<br />

t m<br />

v = 2v<br />

t


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 153<br />

4.1.5 Arbeitsplan zur gleichmäßig beschleunigten oder verzögerten Bewegung<br />

v; t-Diagramm aufzeichnen<br />

Man muss sich klar sein, ob die Bewegung<br />

beschleunigt (ansteigende v-Linie) oder verzögert<br />

ist (fallende v-Linie), und ob die Bewegung aus<br />

dem Ruhezustand heraus erfolgt oder bis zur<br />

Ruhestellung verläuft. Danach skizziert man das<br />

v, t-Diagramm (unmaßstäblich).<br />

Als Beispiel betrachtet man eine gleichmäßig beschleunigte<br />

Bewegung mit der Anfangsgeschwindigkeit<br />

(v0 6¼ 0).<br />

Grundgleichung aufstellen<br />

Ausgangsgleichung ist immer die Definitionsgleichung<br />

für die Beschleunigung a ¼ Dv=Dt.<br />

Auch die erweiterte Form mit den speziellen Bezeichnungen<br />

aus dem v, t-Diagramm wird aufgeschrieben:<br />

hier also mit Dv ¼ vt v0.<br />

Weggleichungen aufstellen<br />

Man weiß, dass die Fläche A unter der v-Linie<br />

dem Wegabschnitt Ds entspricht. Je nach Flächenform<br />

(hier Trapez) entwickelt man mit den eingetragenen<br />

Bezeichnungen Gleichungen für Ds,<br />

zunächst ohne Rücksicht darauf, ob für die spezielle<br />

Aufgabenstellung alle Gleichungen gebraucht<br />

werden: In der Praxis muss man häufig<br />

alle Größen der Bewegung bestimmen.<br />

Gleichungen auswerten<br />

Grundgleichung und Weggleichungen bilden ein<br />

Gleichungssystem mit mehreren Unbekannten. In<br />

der Regel werden zwei Unbekannte gesucht. Es<br />

genügen dann meistens die Grundgleichung und<br />

eine der Weggleichungen zur Lösung.<br />

Hier nimmt man an, es sei Dt ¼ f ðv0, a, DsÞ 1) gesucht,<br />

also v0, a, Ds gegeben und der Zeitabschnitt<br />

Dt die gesuchte Größe. Benutzt man die Gleichsetzungsmethode,<br />

kann man sowohl die Grundgleichung<br />

als auch die erste Weggleichung nach vt<br />

auflösen, beide Gleichungen gleichsetzen und auf<br />

gewohnte Weise weiterentwickeln. Als Ergebnis<br />

erhält man eine gemischt-quadratische Gleichung.<br />

v<br />

v0<br />

v<br />

0<br />

v-Linie<br />

v 0 + vt<br />

A= s=<br />

2<br />

t<br />

a ¼ Dv<br />

Dt ¼ vt v0<br />

Dt<br />

t<br />

vt<br />

Ds ¼ v0 þ vt<br />

Dt (Trapezfläche)<br />

2<br />

Dv Dt<br />

Ds ¼ v0 Dt þ ; Dv ¼ vt v0<br />

2<br />

(Rechteckfläche þ Dreieckfläche)<br />

Ds ¼ vt Dt<br />

Dv Dt<br />

; Dv ¼ vt<br />

2<br />

v0<br />

(Rechteckfläche Dreieckfläche)<br />

1. Schritt<br />

t<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

a ¼ vt v0<br />

Dt ) vt ¼ v0 þ a Dt (Grundgleichung)<br />

Ds ¼ v0 þ vt<br />

2 Dt ) vt ¼<br />

2 Ds<br />

Dt<br />

(erste Weggleichung)<br />

2 Ds<br />

v0 þ a Dt ¼<br />

Dt<br />

v0<br />

ðDtÞ 2 þ 2v0<br />

a Dt<br />

2Ds<br />

¼ 0<br />

a<br />

Dt1;2 ¼ v0<br />

a<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0<br />

2 2 Ds<br />

þ<br />

a a<br />

Dt ¼ f ðv0, a, DsÞ 1)<br />

1) Die Schreibweise Dt ¼ f ðv0, a, DsÞ heißt: Dt ist eine Funktion von v0, a, Ds ðist abhängig von v0, a, DsÞ<br />

v0


154<br />

Tabelle 4.1 Gleichmäßig beschleunigte geradlinige Bewegung<br />

Die Gleichungen gelten auch für den freien Fall ohne Luftwiderstand: Für die Beschleunigung a wird die<br />

Fallbeschleunigung g ¼ 9,81 m/s 2 eingesetzt. Die Normfallbeschleunigung beträgt gn ¼ 9,80665 m/s 2 .<br />

Alle Aufgaben des Buches wurden mit g ¼ 9,81 m/s 2 gerechnet.<br />

Die Gleichungen dieser Tabelle<br />

gelten in Verbindung mit den<br />

Bezeichnungen der nebenstehenden<br />

v, t-Diagramme<br />

Einheiten<br />

Ds Dt v0, vt a, g<br />

m s m<br />

s<br />

Beschleunigung a<br />

(Definition)<br />

Beschleunigung a<br />

(bei v0 ¼ 0)<br />

Beschleunigung a<br />

(bei v0 6¼ 0)<br />

Endgeschwindigkeit vt<br />

(bei v0 ¼ 0)<br />

Endgeschwindigkeit vt<br />

(bei v0 6¼ 0)<br />

Wegabschnitt Ds<br />

(bei v0 ¼ 0)<br />

Wegabschnitt Ds<br />

(bei v0 6¼ 0)<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei v0 ¼ 0)<br />

m<br />

s 2<br />

v<br />

0<br />

v-Linie<br />

Δs =<br />

Δt<br />

vtΔt 2<br />

v t<br />

Beschleunigte Bewegung<br />

ohne Anfangsgeschwindigkeit<br />

(v0 ¼ 0)<br />

t<br />

Geschwindigkeitszunahme Dv<br />

a ¼ in<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

m<br />

s2 a ¼ vt<br />

2<br />

vt 2 Ds<br />

¼ ¼<br />

Dt 2 Ds ðDtÞ 2<br />

a ¼ vt v0<br />

Dt ¼ vt 2 v0 2<br />

2 Ds<br />

vt ¼ a Dt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2a Ds<br />

vt ¼ v0 þ Dv ¼ v0 þ a Dt<br />

vt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0 2 p<br />

þ 2a Ds<br />

Ds ¼ vt Dt<br />

2<br />

¼ aðDtÞ2<br />

2<br />

¼ vt 2<br />

2a<br />

Ds ¼ v0 þ vt<br />

2 Dt ¼ v0 Dt þ aðDtÞ2<br />

2<br />

Ds ¼ vt 2 v0 2<br />

2a<br />

Dt ¼ vt<br />

a ¼<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 Ds<br />

a<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei v0 6¼ 0) Dt ¼ vt v0 v0<br />

¼<br />

a a<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0<br />

2 2 Ds<br />

þ<br />

a a<br />

Δv<br />

v 0<br />

v<br />

0<br />

v-Linie<br />

v 0 + vt<br />

Δs =<br />

2<br />

Δt<br />

4 Dynamik<br />

Δt<br />

v t<br />

Beschleunigte Bewegung<br />

mit Anfangsgeschwindigkeit<br />

(v0 6¼ 0)<br />

t


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 155<br />

Tabelle 4.2 Gleichmäßig verzögerte geradlinige Bewegung<br />

Die Gleichungen gelten auch für den senkrechten Wurf nach oben ohne Luftwiderstand: Für die Verzögerung a<br />

wird die Fallbeschleunigung g ¼ 9,81 m/s 2 eingesetzt. Die Normfallbeschleunigung beträgtgn ¼ 9,80665 m/s 2 .<br />

Alle Aufgaben des Buches wurden mit g ¼ 9,81 m/s 2 gerechnet.<br />

Die Gleichungen dieser Tabelle<br />

gelten in Verbindung mit den<br />

Bezeichnungen der nebenstehenden<br />

v, t-Diagramme<br />

Einheiten<br />

Ds Dt v0, vt a, g<br />

m s<br />

Verzögerung a<br />

(Definition)<br />

Verzögerung a<br />

(bei vt ¼ 0)<br />

Verzögerung a<br />

(bei vt 6¼ 0)<br />

Anfangsgeschwindigkeit v0<br />

(bei vt ¼ 0)<br />

Endgeschwindigkeit vt<br />

Wegabschnitt Ds<br />

(bei vt ¼ 0)<br />

Wegabschnitt Ds<br />

(bei vt 6¼ 0)<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei vt ¼ 0)<br />

m<br />

s<br />

m<br />

s 2<br />

v0<br />

v<br />

v-Linie<br />

v0 Δt<br />

Δs =<br />

2<br />

0 Δt t<br />

verzögerte Bewegung<br />

ohne Endgeschwindigkeit<br />

(vt ¼ 0)<br />

Geschwindigkeitsabnahme Dv<br />

a ¼ in<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

m<br />

s2 a ¼ v0<br />

2<br />

v0 2 Ds<br />

¼ ¼<br />

Dt 2 Ds ðDtÞ 2<br />

a ¼ v0 vt<br />

Dt ¼ v0 2 vt 2<br />

2 Ds<br />

v0 ¼ a Dt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2a Ds<br />

vt ¼ v0 Dv ¼ v0 a Dt<br />

vt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0 2 p<br />

2a Ds<br />

Ds ¼ v0 Dt<br />

2<br />

¼ aðDtÞ2<br />

2<br />

Ds ¼ v0 þ vt<br />

2 Dt ¼ v0 Dt<br />

Ds ¼ v0 2 vt 2<br />

2a<br />

Dt ¼ v0<br />

a ¼<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 Ds<br />

a<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei vt 6¼ 0) Dt ¼ v0 vt v0<br />

¼<br />

a a<br />

¼ v0 2<br />

2a<br />

aðDtÞ 2<br />

2<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 2 Ds<br />

a<br />

v0<br />

a<br />

v0<br />

v<br />

v 0 + vt<br />

Δs =<br />

2<br />

0 Δt<br />

v-Linie<br />

Δt<br />

Δv<br />

vt<br />

verzögerte Bewegung<br />

mit Endgeschwindigkeit<br />

(vt 6¼ 0)<br />

t


156<br />

Lehrbeispiele: v,t-Diagramm<br />

Aufgabenstellung:<br />

Zwei Wagen A und B fahren mit einer Geschwindigkeit<br />

von 75 km/h im Abstand von 20 m hintereinander. Der<br />

vordere Wagen A bremst plötzlich mit einer Verzögerung<br />

von 3,5 m/s2 .<br />

Wie viele Sekunden nach dem Bremsen von A fährt B auf?<br />

Wie groß ist dann die Geschwindigkeit des Wagens A?<br />

Lösung:<br />

Das v, t-Diagramm zeigt die Bewegungen als Geraden. Die Flächen darunter entsprechen den zurückgelegten<br />

Wegen. Im Zeitpunkt t des Einholens hat B einen 20 m längeren Weg als A zurückgelegt, dann ist<br />

der Abstand auf null gesunken. Diesem Weg Ds ¼ 20 m entspricht die schraffierte Diagrammfläche.<br />

Dv Dt<br />

Ds ¼<br />

2<br />

a ¼ Dv<br />

) Dv ¼ a Dt eingesetzt<br />

Dt<br />

a Dt Dt<br />

Ds ¼ ¼<br />

2<br />

aðDtÞ2<br />

2<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 Ds 2 20 m<br />

Dt ¼ ¼<br />

a 3,5 m<br />

s2 v<br />

u<br />

t ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

11,43 s2 p<br />

¼ 3,38 s<br />

v2 ¼ v1 a Dt ¼ 20,83 m<br />

s<br />

Aufgabenstellung:<br />

3,5 m<br />

s<br />

m<br />

3,38 s ¼ 9,0 2 s<br />

¼ 32,4 km<br />

h<br />

Zwei Wagen A und B fahren im Abstand von 5 m mit der<br />

gleichen Geschwindigkeit von 36 km/h hintereinander.<br />

Der vordere Wagen A bremst plötzlich. Wie groß darf die<br />

Reaktionszeit Dt beim Fahrer des Wagens B höchstens sein,<br />

damit er nicht auffährt? Die Bremsverzögerung ist für beide<br />

Wagen gleich.<br />

Wagen B<br />

Wagen A<br />

Lösung:<br />

Das v, t-Diagramm zeigt, dass B bis zum Stillstand einen längeren Weg zurücklegt als A. Der Unterschied<br />

darf nicht mehr als 5 m betragen. Dieser Wegdifferenz Ds ¼ 5 m entspricht die schraffierte Diagrammfläche.<br />

Ds ¼ v Dt ¼ 5m<br />

Dt ¼ Ds 5m<br />

¼<br />

v 10 m<br />

¼ 0,5 s<br />

s<br />

Der Betrag der Bremsverzögerung hat keinen Einfluss auf die Größe der schraffierten Fläche und damit<br />

auch nicht auf die Reaktionszeit Dt, solange für beide Wagen die Bremsverzögerung gleich groß ist.<br />

v<br />

v<br />

Δt<br />

Wagen A<br />

Δs =20m<br />

Δt<br />

Δs=5m<br />

v 2 Δv<br />

4 Dynamik<br />

v 1<br />

Wagen B<br />

Δt<br />

t<br />

v<br />

t


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 157<br />

4.1.6 Freier Fall und Luftwiderstand<br />

Bei der Behandlung des freien Falls im Unterricht tritt immer die Frage auf, welchen Einfluss<br />

der Luftwiderstand auf den Bewegungsablauf hat.<br />

Bislang war es kaum üblich, neben den physikalischen (Widerstandsbeiwert, Geschwindigkeit)<br />

auch die mathematischen Zusammenhänge näher zu erläutern und Berechnungen durchzuführen.<br />

Mit den Rechnern lassen sich heute die Berechnungsgleichungen leicht auswerten. Aus<br />

diesem Grund wird der freie Fall mit Luftwiderstand ausführlicher behandelt.<br />

4.1.6.1 Freier Fall ohne Luftwiderstand<br />

Fällt ein Körper im Vakuum frei abwärts, z. B. in<br />

einer luftleer gepumpten Glasröhre, dann wirkt auf<br />

ihn allein die Schwerkraft FG (Gewichtskraft).<br />

Alle Körper fallen dann gleich schnell. Sie werden<br />

mit der Fallbeschleunigung g gleichmäßig beschleunigt,<br />

beim senkrechten Wurf nach oben<br />

mit g gleichmäßig verzögert.<br />

Für den freien Fall und für den senkrechten Wurf<br />

gelten die Gesetze der gleichmäßig beschleunigten<br />

(verzögerten) Bewegung und damit auch die Gleichungen<br />

und v, t-Diagramme in den Tabellen 4.1<br />

und 4.2 (Seite 154, 155).<br />

4.1.6.2 Luftwiderstand Fw<br />

Auf jeden in ruhender Luft bewegten Körper, z. B.<br />

auf ein fahrendes Auto, wirkt unter anderem auch<br />

der Luftwiderstand Fw bremsend.<br />

Versuche haben ergeben, dass der Luftwiderstand<br />

quadratisch mit der Geschwindigkeit v des Körpers<br />

wächst. Er nimmt linear zu mit der Luftdichte r L<br />

und mit dem Anströmquerschnitt Ap des Körpers<br />

(Projektionsfläche). Außerdem beeinflusst die<br />

Körperform den Luftwiderstand. Dieser Einfluss<br />

wird durch den Luftwiderstandsbeiwert cw berücksichtigt.<br />

Beachte:<br />

Die Fallbeschleunigung g wird mit zunehmendem<br />

Abstand des Körpers vom Erdmittelpunkt<br />

kleiner.<br />

In Erdnähe gilt die Normfallbeschleunigung<br />

g ¼ 9,80665 m/s 2 . In der Technik wird mit<br />

g ¼ 9,81 m/s 2 gerechnet.<br />

Beispiel:<br />

Für die Endgeschwindigkeit vt eines frei<br />

fallenden Körpers gilt nach Tabelle 4.1 mit<br />

a ¼ g:<br />

vt ¼ g Dt (Dt Zeitabschnitt)<br />

Fw ¼ cw r L Ap<br />

2<br />

v 2 Luftwiderstand<br />

Beispiele für den Luftwiderstandsbeiwert:<br />

cw ¼ 0,2 für Kugeln<br />

cw ¼ 0,3 ...0,4 für Pkw<br />

Dichte r L ¼ 1,19 kg/m 3 bei 20 C und<br />

Luftdruck 1000 mbar.


158<br />

4.1.6.3 Freier Fall mit Luftwiderstand<br />

Auf den frei fallenden Körper wirkt die Gewichtskraft<br />

FG lotrecht nach unten. Entgegengesetzt dazu<br />

wirkt der Luftwiderstand Fw. Dadurch verringert<br />

sich die Geschwindigkeitszunahme des Körpers<br />

immer mehr, bis der Gleichgewichtszustand mit<br />

Fw ¼ FG erreicht ist und die Geschwindigkeit<br />

v ¼ konstant bleibt.<br />

Der Körper hat dann die stationäre Sinkgeschwindigkeit<br />

vs erreicht.<br />

Mit Hilfe der Gleichgewichtsbetrachtungen nach<br />

d’Alembert (siehe Seite 195) findet man eine Gleichung<br />

für den momentanen Bewegungszustand<br />

des fallenden Körpers im beliebigen Zeitpunkt (t).<br />

Solange der Körper beschleunigt fällt (a > 0),<br />

wirkt in Richtung des Luftwiderstandes Fw auch<br />

die d’Alembert’sche Trägheitskraft T. Es gilt die<br />

Gleichgewichtsbedingung SFy ¼ 0 unter Einschluss<br />

der Trägheitskraft T ¼ ma.<br />

Aus Gleichung (2) lässt sich über eine Differenzialgleichung<br />

eine Berechnungsgleichung für den<br />

Betrag der Momentangeschwindigkeit vðtÞ im<br />

Zeitpunkt (t) entwickeln.<br />

Mit dieser Gleichung (3) kann für beliebige Zeiten t<br />

die Momentangeschwindigkeit vðtÞ berechnet werden.<br />

Die in Gleichung (3) enthaltene stationäre<br />

Sinkgeschwindigkeit vs hat man vorher mit Gleichung<br />

(1) ermittelt.<br />

Wie vs ist auch die Größe ts eine Konstante. Sie ist<br />

abhängig von der Masse m, dem Luftwiderstandsbeiwert<br />

cw, der Luftdichte r L , der Projektionsfläche<br />

Ap und der Fallbeschleunigung g. Gleichung<br />

(4) wurde nur zu dem Zweck aufgestellt, die Berechnung<br />

von vðtÞ zu vereinfachen. Man bezeichnet<br />

ts als Zeitkonstante, weil sie die Zeiteinheit<br />

Sekunde hat, wie eine Einheitenprobe zeigt.<br />

FG ¼ Fw<br />

mg ¼ cwrLAp vs<br />

2<br />

2<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2mg<br />

vs ¼<br />

cwr L Ap<br />

(1)<br />

Stationäre Sinkgeschwindigkeit<br />

vs m g r L Ap cw<br />

m<br />

s<br />

Nach d’Alembert<br />

freigemachter Körper<br />

beim Fallen.<br />

vðtÞ ist die Fallgeschwindigkeit<br />

im Zeitpunkt (t).<br />

SFy ¼ 0 ! T þ Fw FG ¼ 0; T ¼ ma<br />

ma þ Fw mg ¼ 0j: m<br />

a þ Fw<br />

m<br />

g ¼ 0<br />

vðtÞ ¼vs tan h t<br />

ts<br />

(2)<br />

(3)<br />

Momentangeschwindigkeit<br />

ts ¼<br />

kg m<br />

s 2<br />

kg<br />

m 3<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2m<br />

cw rL Ap g<br />

m 2 1<br />

ts m cw r L Ap g<br />

s kg 1<br />

kg<br />

m 3<br />

(4) Zeitkonstante<br />

m 2<br />

4 Dynamik<br />

vðtÞ, vs t, ts<br />

m<br />

s 2<br />

Beachte: Bei der Auswertung der Gleichungen<br />

(3) und (5) wird vorausgesetzt, dass die<br />

Luftdichte r L und die Fallbeschleunigung g<br />

während des Bewegungsablaufs konstant<br />

bleiben.<br />

m<br />

s<br />

s


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 159<br />

Gleichung (3) lässt sich mit dem Rechner leicht<br />

auswerten, wenn vorher die Konstanten vs (Sinkgeschwindigkeit)<br />

und ts berechnet wurden. Neu ist<br />

die Hyperbelfunktion tanh (Tangens Hyperbolicus).<br />

Aber man braucht den Hyperbelfunktionswert<br />

nur genauso zu behandeln wie die Kreisfunktionswerte<br />

sin, cos und tan. Der Taschenrechner hat<br />

dazu die Taste „hyp“.<br />

Mit Hilfe der höheren Mathematik kann aus Gleichung<br />

(3) eine Gleichung für die vom fallenden<br />

Körper zurückgelegte Wegstrecke sðtÞ entwickelt<br />

werden (Gleichung (5)). Darin ist ln cosh der<br />

natürliche Logarithmus der Hyperbelfunktion cosh.<br />

Zum Abschluss der Untersuchungen des freien<br />

Falls mit Luftwiderstand werden die Gleichungen<br />

(3) und (5) ausgewertet und die Graphen vðtÞ und<br />

sðtÞ konstruiert und diskutiert. Man rechnet mit<br />

dem Taschenrechner oder schreibt ein einfaches<br />

PC-Programm. Damit ist dann auch das Zeichnen<br />

der Graphen möglich.<br />

Kontrollwerte:<br />

vð2Þ ¼17,04 m=s sð2Þ ¼18,3 m<br />

vð4Þ ¼25,2 m=s sð4Þ ¼61,9 m<br />

vð6Þ ¼27,77 m=s sð6Þ ¼115,4 m<br />

Beispiel: Für einen Winkel von 30 sind mit<br />

dem Taschenrechner die Funktionswerte tan<br />

und tanh zu ermitteln.<br />

Lösung: Man stellt den Rechner auf den<br />

RAD-Modus ein (Bogenmaß).<br />

Dann ergibt<br />

tan ð30 p=180Þ ¼ 0,57735<br />

tanh ð30 p=180Þ ¼0,48047<br />

sðtÞ ¼vsts ln cosh t<br />

Momentanwegstrecke<br />

sðtÞ vs t, ts<br />

m m<br />

s<br />

ts<br />

(5)<br />

Gegeben:<br />

Zeitabschnitte t ¼ 0 ...10 s<br />

Masse m ¼ 1kg<br />

Luftwiderstandsbeiwert cw ¼ 0,2 (Kugel)<br />

Luftdichte r L ¼ 1,19 kg/m 3<br />

Projektionsfläche Ap ¼ 0,1 m 2<br />

Fallbeschleunigung g ¼ 9,81 m/s 2<br />

Das Diagramm enthält neben den Kurven vðtÞ und<br />

sðtÞ auch den Graphen für den freien Fall im<br />

Vakuum. Dieser Graph vðtÞ ¼g t ist eine ansteigende<br />

Gerade (siehe Seite 154). Am Graphen vðtÞ<br />

für den freien Fall unter Berücksichtigung des<br />

Luftwiderstandes sieht man, dass mit der Zeit t<br />

der Geschwindigkeitszuwachs laufend kleiner<br />

wird, bis die stationäre Sinkgeschwindigkeit<br />

vs ¼ 28,7 m/s erreicht ist.<br />

Beim Graphen vðtÞ ¼g t dagegen bleibt der<br />

Geschwindigkeitszuwachs konstant<br />

Dv ¼ g ¼ 9,81 m=s 2 . Graphen vðtÞ und sðtÞ für den freien Fall<br />

s


160<br />

4.1.7 Ûbungen zur gleichmäßig beschleunigten und verzögerten Bewegung<br />

Es muss konsequent nach dem vorher erarbeiteten Lösungsplan vorgegangen werden, auch<br />

wenn es in einigen Fällen nicht notwendig erscheint.<br />

1. Ûbung: Ein Auto wird aus der Geschwindigkeit<br />

v0 ¼ 100 km/h gleichmäßig bis zum Stillstand abgebremst.<br />

Die Bremsverzögerung soll a ¼ 6 m/s2 betragen (Notbremsung).<br />

Es ist eine Gleichung für den Bremsweg Ds zu<br />

entwickeln und daraus Ds zu berechnen.<br />

Lösung: Die v-Linie im skizzierten v, t-Diagramm<br />

ist eine von v0 ¼ Dv abfallende Gerade. Mit v0<br />

und Dt begrenzt sie eine Dreieckfläche, die dem<br />

Bremsweg Ds entspricht.<br />

Die Grundgleichung wird in allgemeiner und spezieller<br />

Form aufgeschrieben.<br />

Die Weggleichung wird aus dem v, t-Diagramm<br />

abgelesen (Dreieckfläche).<br />

Zum Schluss entwickelt man mit Hilfe der Einsetzungsmethode<br />

aus Grund- und Weggleichung die<br />

gesuchte Beziehung Ds ¼ f ðv0; aÞ und berechnet<br />

daraus den Bremsweg Ds.<br />

Die Gleichung für Ds steht auch in Tabelle 4.2<br />

(Seite 155). Die Einheit der gesuchten Größe ergibt<br />

sich aus den Einheiten der gegebenen Größen.<br />

In vielen Fällen kommt es in der Technik nicht nur<br />

auf den Betrag einer Größe an, sondern man will<br />

auch wissen, in welcher Weise die beteiligten<br />

Größen voneinander abhängen.<br />

Gegeben: v0 ¼ 100 km<br />

h<br />

a ¼ 6 m<br />

s 2<br />

Gesucht: Ds ¼ f ðv0; aÞ<br />

v = v<br />

0 <br />

v<br />

0<br />

A= s<br />

t<br />

a ¼ Dv v0<br />

¼<br />

Dt Dt<br />

Ds ¼ v0 Dt<br />

2<br />

a ¼ v0 v0<br />

) Dt ¼<br />

Dt a<br />

Ds ¼ v0 Dt<br />

2 ¼<br />

v0<br />

2<br />

v0<br />

Ds ¼<br />

2a ¼<br />

Ds ¼ f ðv0; aÞ<br />

v0<br />

a<br />

2<br />

100 m m<br />

¼ ¼ 27,78<br />

3,6 s s<br />

t<br />

¼ v0 2<br />

2a<br />

27,78 m<br />

s<br />

2 6 m<br />

s 2<br />

2<br />

4 Dynamik<br />

¼ 64,3 m<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

Beispiel: Die Beziehung Ds ¼ f ðv0; aÞ sagt<br />

aus: Der Bremsweg für Autos wächst mit<br />

dem Quadrat der Geschwindigkeit.


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 161<br />

2. Ûbung: Ein Fahrzeug beschleunigt in 5 s auf<br />

40 km/h, fährt dann 50 s lang mit dieser Geschwindigkeit<br />

und bremst in 4 s bis zum Stillstand.<br />

Es ist der Gesamtweg für diesen Bewegungsvorgang<br />

zu bestimmen.<br />

Lösung: In das v, t-Diagramm wird eingetragen:<br />

Eine ansteigende Gerade über dem Zeitabschnitt<br />

Dt1,<br />

daran anschließend die zur t-Achse parallele<br />

v-Linie über Dt2 und<br />

abschließend die fallende Gerade über Dt3.<br />

Dann stellt man die Grundgleichungen für alle drei<br />

Bewegungsabschnitte auf.<br />

Die von den v-Linien begrenzte Gesamtfläche wird<br />

in drei Teilflächen zerlegt:<br />

A1 ¼b Beschleunigungsweg Ds1 (Dreieck),<br />

Gegeben: Dt1 ¼ 5s<br />

Dt2 ¼ 50 s<br />

Dt3 ¼ 4s<br />

Dv ¼ 40 km 40<br />

¼<br />

h 3,6<br />

Gesucht: Ds ¼ f ðDt1; Dt2; Dt3; DvÞ<br />

v<br />

0<br />

A 1 A 2 A 3<br />

t 1<br />

v<br />

t 2<br />

t 3<br />

a1 ¼ Dv<br />

; a2 ¼ 0; a3 ¼<br />

Dt1<br />

Dv<br />

Dt3<br />

Dv Dt1<br />

Ds1 ¼<br />

2<br />

(Dreieckfläche)<br />

A2 ¼b Weg Ds2 mit Dv ¼ konstant (Rechteck), Ds2 ¼ Dv Dt2 (Rechteckfläche)<br />

A3 ¼b Verzögerungsweg Ds3 (Dreieck).<br />

Damit hat man die Weggleichungen und auch die<br />

gesuchte Bestimmungsgleichtung für Ds. Nun<br />

kann der Gesamtweg berechnet werden.<br />

Auch wenn nicht alle Grundgleichungen gebraucht<br />

werden, schreibt man sie auf, denn die Aufgabenstellungen<br />

in der Praxis sind immer umfangreicher,<br />

als das hier darzustellen möglich ist. Meistens wird<br />

man für alle Größen Gleichungen entwickeln<br />

müssen.<br />

Dv Dt3<br />

Ds3 ¼<br />

2<br />

(Dreieckfläche)<br />

Ds ¼ Ds1 þ Ds2 þ Ds3<br />

Dv Dt1<br />

Ds ¼<br />

2 þ Dv Dt2<br />

Dv Dt3<br />

þ<br />

2<br />

Ds ¼ Dv Dt1<br />

2 þ Dt2 þ Dt3<br />

2<br />

Ds ¼ f ðDt1; Dt2; Dt3; DvÞ<br />

Ds ¼ 11,11 m<br />

ð2,5 s þ 50 s þ 2sÞ<br />

s<br />

Ds ¼ 605,5 m<br />

m m<br />

¼ 11,11<br />

s s<br />

t<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt


162<br />

3. Ûbung: Ein Autofahrer fährt mit 120 km/h. Er<br />

sieht ein Hindernis, bremst nach kurzer Reaktionszeit<br />

mit einer Verzögerung von 5 m/s2 und kommt<br />

160 m nach dem Erblicken des Hindernisses zum<br />

Stehen.<br />

Gesucht werden die Reaktionszeit DtR (vom Wahrnehmen<br />

des Hindernisses bis zum Ansprechen der<br />

Bremse) und der dabei durchfahrene Weg DsR.<br />

Lösung: Die Gesamtzeit Dt setzt sich zusammen<br />

aus der Reaktionszeit DtR und der Verzögerungszeit<br />

DtV. Entsprechend ist der Gesamtweg<br />

Ds ¼ DsR þ DsV. Dabei muss man beachten, dass<br />

während der Reaktionszeit DtR die Geschwindigkeit<br />

v konstant bleibt. DsR entspricht einer Rechteckfläche,<br />

DsV der Dreiecksfläche.<br />

Das bedeutet auch, dass man in die Grundgleichung<br />

den Zeitabschnitt DtV einsetzen muss.<br />

Im 4. Schritt wird wieder die Gleichsetzungsmethode<br />

angewandt, indem die Grundgleichung<br />

und die Weggleichung nach DtV aufgelöst und<br />

die erhaltenen Ausdrücke gleichgesetzt werden.<br />

Daraus erhält man DtR ¼ f ðv, a, DsÞ.<br />

Die Bestimmungsgleichung für DsR entwickelt<br />

man wieder aus Grund- und Weggleichung, benutzt<br />

also nicht den vorher berechneten Wert für<br />

DtR, umDsR ¼ v DtR zu berechnen. Nur mit der<br />

Bestimmungsgleichung DsR ¼ f ðv, a, DsÞ hat man<br />

einen Ûberblick über die gegenseitigen Abhängigkeiten<br />

zwischen den gegebenen Größen und dem<br />

Reaktionsweg.<br />

Man bekommt damit auch die Möglichkeit, eine<br />

echte Probe vorzunehmen.<br />

Gegeben: v ¼ 120 km m<br />

¼ 33,33<br />

h s<br />

a ¼ 5 m<br />

s2 Ds ¼ 160 m<br />

Gesucht: DtR ¼ f ðv, a, DsÞ<br />

DsR ¼ f ðv, a, DsÞ<br />

v<br />

s R<br />

s V<br />

v<br />

0 t t<br />

R tV a ¼ Dv v<br />

¼<br />

Dt DtV<br />

Ds ¼ DsR þ DsV<br />

v DtV<br />

Ds ¼ v DtR þ<br />

2<br />

a ¼ v<br />

) DtV ¼<br />

DtV<br />

v<br />

a<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

v DtV<br />

Ds ¼ v DtR þ<br />

2 ) DtV<br />

2ðDs<br />

¼<br />

v DtRÞ<br />

v<br />

2a Ds<br />

DtR ¼<br />

2av<br />

DtR ¼ f ðv; a; DsÞ<br />

v2<br />

DtR ¼ 1,467 s<br />

Auf gleiche Weise ergibt sich für<br />

v<br />

DsR ¼ Ds<br />

2<br />

2a<br />

DsR ¼ f ðv, a, DsÞ<br />

DsR ¼ 48,9 m<br />

4 Dynamik<br />

Probe:<br />

DsR ¼ v DtR ¼ 33,33 m<br />

1,467 s ¼ 48,9 m<br />

s


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 163<br />

4. Ûbung: Von einem Turm wird ein Stein fallen<br />

gelassen. Der Aufschlag des Steines auf den<br />

Boden wird oben nach Dt ¼ 5,3 s gehört. Die als<br />

konstant angenommene Schallgeschwindigkeit in<br />

der Luft beträgt vs ¼ 333 m/s.<br />

Es soll eine Gleichung zur Bestimmung der Turmhöhe<br />

h ¼ f ðDt; vs; gÞ entwickelt und damit h<br />

berechnet werden.<br />

Lösung: Man unterteilt die Gesamtzeit Dt vom<br />

Fallbeginn bis zum Höreindruck in die Fallzeit Dtf<br />

und die Schallzeit Dts. Während der Fallzeit Dtf ist<br />

die v-Linie eine von 0 bis ve ansteigende Gerade<br />

(freier Fall mit Aufschlaggeschwindigkeit ¼ Endgeschwindigkeit<br />

ve). Da der Schall mit konstanter<br />

Geschwindigkeit vs nach oben steigt, verläuft die<br />

v-Linie während der Schallzeit Dts waagerecht<br />

(gleichförmige Bewegung).<br />

Stein und Schall müssen den gleichen Weg zurücklegen:<br />

Turmhöheh ¼ Fallweg Dsf ¼ Schallweg Dss.<br />

Im v, t-Diagramm muss demnach die Dreieckfläche<br />

A1 gleich der Rechteckfläche A2 sein.<br />

In den Nenner der Grundgleichung wird aus der<br />

Bedingung Dt ¼ Dtf þ Dts ) Dtf ¼ Dt Dts eingesetzt.<br />

Die Weggleichung für die Turmhöhe h findet man<br />

aus der Dreieckfläche A1 ¼b ve Dtf=2 und der<br />

Rechteckfläche A2 ¼b vs Dts. Beide Flächen sind<br />

gleich groß.<br />

Grund- und Weggleichung löst man nach der Endgeschwindigkeit<br />

ve auf und setzt die gefundenen<br />

Ausdrücke gleich. Aus der zweiten Weggleichung<br />

(h ¼ vs Dts) setzt man für die Schallzeit<br />

Dts ¼ h=vs und schreibt den Klammerausdruck<br />

ðDt h=vsÞ 2 in der dreigliedrigen Form<br />

Dt<br />

h<br />

vs<br />

2<br />

¼ Dt 2<br />

2 Dt h<br />

vs<br />

þ h2<br />

vs 2<br />

Gegeben: a ¼ g ¼ 9,81 m<br />

s2 vs ¼ 333 m<br />

; Dt ¼ 5,3 s<br />

s<br />

Gesucht: h ¼ f ðDt; vs; gÞ<br />

v<br />

0<br />

e f<br />

v = gt Aufschlag<br />

tf<br />

t<br />

A 1 = sf<br />

a ¼ g ¼ Dv ve<br />

¼<br />

Dt Dtf<br />

h ¼b A1 ¼ A2<br />

h ¼ Dsf ¼ Dss<br />

h ¼ ve Dtf<br />

2 ¼ vs Dts<br />

ts<br />

Höreindruck<br />

vs<br />

A 2 = ss<br />

ve<br />

¼<br />

Dt Dts<br />

1. Schritt<br />

t<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

ve ¼ gðDt DtsÞ ¼ 2h 2h<br />

¼<br />

Dtf Dt Dts<br />

2h<br />

gðDt DtsÞ ¼<br />

Dt Dts<br />

h ¼ g<br />

2 ðDt DtsÞ 2 für Dts ¼ h<br />

eingesetzt:<br />

vs<br />

h ¼ g<br />

2 Dt<br />

2<br />

h<br />

vs


164<br />

Abschließend wird die Gleichung auf die Normalform<br />

gebracht und nach h aufgelöst. Das ist die<br />

gesuchte Bestimmungsgleichung für die Turmhöhe<br />

h.<br />

Von den beiden berechneten Beträgen für die<br />

Turmhöhe kann nur h2 ¼ 119,7 m richtig sein, wie<br />

die Auswertung der Gleichung h ¼ vs Dts<br />

(3. Schritt) mit h1 ¼ 26017 m ergibt:<br />

Schallzeit Dts ¼ h1<br />

¼<br />

vs<br />

26 017 m<br />

333 m<br />

s<br />

¼ 78,1 s<br />

Bei dieser Turmhöheh1 wäre die Schallzeit Dts größer<br />

als die Gesamtzeit: Dts ¼ 78,1 s > Dt ¼ 5,3 s.<br />

Aufgaben Nr. 417–443<br />

4.1.8 Zusammengesetzte Bewegungen<br />

4.1.8.1 Kennzeichen der zusammengesetzten Bewegung<br />

Beim Kopieren eines Kegelstumpfes auf der Drehmaschine<br />

soll die Meißelspitze vom Anfangspunkt<br />

A zum Endpunkt E wandern. Der Drehmeißel wird<br />

dabei gleichzeitig<br />

vom Bettschlitten mit dem Längsvorschub sl und<br />

vom Planschlitten mit dem Planvorschub sp<br />

geradlinig bewegt. Zwei Einzelbewegungen „überlagern“<br />

sich hier zu einer resultierenden (zusammengesetzten)<br />

Bewegung:<br />

Eine zusammengesetzte Bewegung entsteht<br />

durch Ûberlagerung von Einzelbewegungen.<br />

h ¼ g<br />

2 Dt2<br />

h 2<br />

h<br />

2vs 2<br />

g<br />

2<br />

vs<br />

h1;2 ¼<br />

2 Dt h h2<br />

þ<br />

vs vs 2<br />

g Dt<br />

1 þ<br />

vs<br />

þ vs 2 Dt 2 ¼ 0<br />

g<br />

g Dt<br />

1 þ<br />

vs<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

g Dt<br />

1 þ<br />

2<br />

vs 2 Dt2 s<br />

vs 2<br />

g<br />

h ¼ f ðDt, vs, gÞ<br />

h1 ¼ 26017 m<br />

h2 ¼ 119,7 m<br />

vs<br />

Zusammengesetzte Bewegung<br />

4 Dynamik<br />

Die Einzelbewegungen können gleichförmig<br />

oder ungleichförmig sein; sie können in beliebiger<br />

Richtung zueinander verlaufen.


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 165<br />

4.1.8.2 Ûberlagerungsprinzip<br />

Theoretisch erreicht man den Endpunkt E der<br />

Meißelspitze auch, wenn man von A ausgehend<br />

zunächst den Längsvorschub allein laufen lässt,<br />

bis Punkt B erreicht ist, und dann anschließend mit<br />

dem Planvorschub bis E fährt. Auch in umgekehrter<br />

Reihenfolge wird das Ziel erreicht:<br />

Man findet den Ort eines Körperpunktes bei<br />

zusammengesetzter Bewegung, indem man die<br />

Einzelbewegungen gedanklich nacheinander<br />

ausführt. Die Reihenfolge ist beliebig.<br />

Das Ûberlagerungsprinzip wird in der Technik<br />

häufiger angewendet, wenn resultierende Wirkungen<br />

leichter ermittelt werden sollen. Ein markantes<br />

Beispiel ist die Berechnung der Durchbiegung<br />

eines Biegeträgers, der durch beliebig viele Kräfte<br />

belastet wird.<br />

Geometrische Addition von Wegen<br />

Zur Lösung von Aufgaben setzt man die für<br />

die Einzelbewegung gültigen Gesetze an<br />

(siehe waagerechter Wurf, Seite 167).<br />

Hinweis: Siehe auch: Festigkeitslehre,<br />

Abschnitt 5.9.10, die 5. Ûbung, Seite 350.<br />

4.1.8.3 Zusammensetzen und Zerlegen von Wegen, Geschwindigkeiten und<br />

Beschleunigungen<br />

Soll ein Körper oder Körperpunkt von A nach E<br />

gelangen, dann kann diese Ortsveränderung auf<br />

verschiedene Weise ablaufen. Der kürzeste Weg<br />

wird durch den „Ortsvektor s“ gekennzeichnet.<br />

Aber auch mit den beiden rechtwinklig aufeinander<br />

stehenden Ortsvektoren sx, sy kommt man von<br />

A nach E, oder mit den beiden beliebig gerichteten<br />

Ortsvektoren s1, s2. Wie alle Vektoren sind auch<br />

die Ortsvektoren eindeutig bestimmt durch ihren<br />

Betrag (z. B. s ¼ 4 m), durch ihre Richtung (z. B.<br />

a ¼ 30 ) und durch den Richtungssinn (Pfeil zeigt<br />

von A nach E). Das Gleiche gilt für Geschwindigkeiten<br />

und Beschleunigungen:<br />

Wege (Wegabschnitte) s, Geschwindigkeiten v<br />

und Beschleunigungen a sind Vektoren (gerichtete<br />

Größen). Sie werden rechnerisch und<br />

zeichnerisch behandelt wie Kräfte, also geometrisch<br />

addiert.<br />

Geometrische Addition von Wegen,<br />

Geschwindigkeiten und Beschleunigungen<br />

Wie bei Kräften gilt der Parallelogrammsatz;<br />

Längs- und Parallelverschiebungssatz sowie<br />

Erweiterungssatz haben hier keinen Sinn<br />

(siehe Statik).


166<br />

4.1.9 Ûbungen zur zusammengesetzten Bewegung<br />

4.1.9.1 Ûberlagerung von zwei gleichförmig geradlinigen Bewegungen<br />

1. Ûbung: Der Laufkran in einer Gießerei fährt<br />

mit der Geschwindigkeit v1 ¼ 120 m/min. Gleichzeitig<br />

bewegt sich rechtwinklig zur Fahrtrichtung<br />

die Laufkatze mit v2 ¼ 40 m/min.<br />

Es soll die Geschwindigkeit der an der Laufkatze<br />

hängenden Last und der Neigungswinkel a des<br />

Lastweges zur Fahrtrichtung des Krans bestimmt<br />

werden.<br />

Lösung: Die beiden Geschwindigkeitsvektoren<br />

stehen rechtwinklig aufeinander. Die gesuchte Geschwindigkeit<br />

vr ist die Resultierende aus diesen<br />

beiden Vektoren. Sie wird, wie bei den Kräften,<br />

mit dem Lehrsatz des Pythagoras berechnet.<br />

Aus dem Geschwindigkeitsdreieck erkennt man,<br />

dass sich der Neigungswinkel a über die Tangensfunktion<br />

bestimmen lässt.<br />

2. Ûbung: Ein Boot überquert vom Punkt A aus<br />

einen Fluss. Die Eigengeschwindigkeit des Bootes<br />

beträgt v1 ¼ 30 km/h und liegt unter dem Winkel<br />

a ¼ 30 zur Stromrichtung. Durch die Strömungsgeschwindigkeit<br />

v2 ¼ 10 km/h wird das Boot aus<br />

seiner Fahrtrichtung abgelenkt und erreicht das<br />

gegenüberliegende Ufer im Punkt B.<br />

Zu bestimmen sind:<br />

a) die resultierende Geschwindigkeit vr des<br />

Bootes,<br />

b) der Winkel b,<br />

c) die Strecke l2.<br />

Lösung: Man skizziert das Geschwindigkeitsdreieck<br />

aus v1, v2, vr und trägt die Winkel ein. Nach<br />

dem Parallelogrammsatz muss die resultierende<br />

Geschwindigkeit vr vom Anfangspunkt der zuerst<br />

gezeichneten zum Endpunkt der zuletzt gezeichneten<br />

Geschwindigkeit (hier v2) gerichtet sein. Ûber<br />

den Kosinussatz berechnet man dann vr. Natürlich<br />

kann auch die zeichnerische Lösung allein oder<br />

zusätzlich angefertigt werden.<br />

Lageskizze<br />

vr ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v1 2 þ v2 2<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

p<br />

¼ 120 m 2<br />

þ 40<br />

min<br />

m<br />

r<br />

2<br />

min<br />

vr ¼ 126,491 m m<br />

¼ 2,108<br />

min s<br />

a ¼ arctan v2<br />

40<br />

¼ arctan<br />

v1<br />

m<br />

min<br />

120 m ¼ 18,4<br />

min<br />

vr ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v1 2 þ v2 2 p<br />

2v1v2 cos a<br />

vr ¼ 21,918 km<br />

h<br />

4 Dynamik<br />

Lageskizze<br />

Geschwindigkeitsskizze


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 167<br />

Mit dem Sinussatz wird eine Gleichung zur Berechnung<br />

des Winkels d zwischen den Geschwindigkeitsvektoren<br />

v1 und vr entwickelt. Der Richtungswinkel<br />

b der resultierenden Geschwindigkeit<br />

vr ist die Winkelsumme a þ d.<br />

Zum Schluss findet man über die Tangensfunktion<br />

die gesuchte Strecke l2.<br />

sin a sin d<br />

¼ ) sin d ¼ v2<br />

sin a<br />

vr<br />

d ¼ arcsin<br />

v2<br />

10 km<br />

h<br />

21,918 km<br />

h<br />

b ¼ a þ d ¼ 43,187<br />

l2 ¼ l1 480 m<br />

¼<br />

tan b tan 43,187<br />

vr<br />

sin 30 ¼ 13,187<br />

¼ 511,4 m<br />

4.1.9.2 Ûberlagerung von gleichförmiger und gleichmäßig beschleunigter Bewegung<br />

a) Waagerechter Wurf (ohne Luftwiderstand)<br />

Ein Körper, z. B. eine Kugel, bewegt sich auf horizontaler<br />

Unterlage in x-Richtung mit konstanter<br />

Geschwindigkeit v0. Sobald die Kugel die Unterlage<br />

verlassen hat, unterliegt sie den Gesetzen des<br />

freien Falls. Der gleichförmigen Bewegung in<br />

x-Richtung überlagert sich eine gleichmäßig beschleunigte<br />

Bewegung in y-Richtung. Wie man<br />

später aus der Weggleichung sehen wird, ist die<br />

Wurfbahn eine Parabel.<br />

Man stellt nun die beiden Einzelbewegungen im<br />

v, t-Diagramm dar und liest daraus die Berechnungsgleichungen<br />

ab.<br />

Das v, t-Diagramm für die Horizontalbewegung<br />

des Körpers beim waagerechten Wurf ist das typische<br />

Diagramm für die gleichförmige Bewegung<br />

mit v0 ¼ vx ¼ konstant und dem Flächeninhalt<br />

Ax ¼b sx ¼ v0 tx.<br />

Das v, t-Diagramm für die Vertikalbewegung ist<br />

das typische Diagramm für den freien Fall ohne<br />

Luftwiderstand und ohne Anfangsgeschwindigkeit<br />

(vy ¼ 0). Auch hier kann die Weggleichung abgelesen<br />

werden: Ay ¼b h ¼ vytx=2.<br />

Damit stehen alle Gleichungen zur Verfügung, die<br />

für einen beliebigen speziellen Fall gebraucht werden.<br />

Es ist also nur eine Frage der mathematischen<br />

Geschicklichkeit, wie schnell eine Lösung gefunden<br />

wird. Zwei Ûbungen sollen den Weg zeigen.<br />

v0<br />

v<br />

A = s = v t<br />

x x 0 x<br />

0 tx<br />

t<br />

v<br />

g= vy<br />

tx<br />

vytx A y = h =<br />

2<br />

vy<br />

0 tx t<br />

sx ¼ v0 tx<br />

g ¼ vy<br />

tx<br />

h ¼ vytx<br />

2<br />

Weggleichung<br />

(Wurfweite)<br />

vy ¼ gtx Grundgleichung<br />

2 2<br />

vy gtx<br />

¼ ¼<br />

2g 2<br />

Weggleichungen<br />

(Fallhöhe)


168<br />

1. Ûbung: Von einem h ¼ 80 m über der Auftreffebene<br />

liegenden Punkt wird ein Körper mit<br />

v0 ¼ 297 m/s horizontal abgeschossen.<br />

Gesucht wird die Wurfweite sx.<br />

Lösung: Für die horizontale (gleichförmige) Bewegung<br />

gilt die Weggleichung sx ¼ v0tx. Der freie<br />

Fall (die vertikale Bewegung) wird durch die Weggleichungen<br />

für die Fallhöhe erfasst. Die hier<br />

zweckmäßigste ist die Gleichung h ¼ gtx 2 =2, weil<br />

sie nicht die zusätzliche Unbekannte vy enthält.<br />

Beide Gleichungen löst man nach tx auf, setzt sie<br />

gleich und erhält die Bestimmungsgleichung<br />

sx ¼ f ðv0, h, gÞ, nach der sx berechnet wird.<br />

2. Ûbung: Man möchte sich nun Klarheit darüber<br />

verschaffen, wie die Wurfbahn beim waagerechten<br />

Wurf aussieht. Zunächst wird die allgemeine<br />

Beziehung für die Wurfbahn gesucht, d. h. es muss<br />

eine Funktionsgleichung für die Fallhöhe h in Abhängigkeit<br />

von der Wurfweite sx gefunden werden.<br />

Diese Beziehung wurde für die vorhergehende<br />

Ûbung schon entwickelt, sie braucht nur umgestellt<br />

zu werden.<br />

Fallbeschleunigung g und horizontale Geschwindigkeit<br />

v0 sind konstante Größen, so dass man den<br />

Quotienten g=2v0 2 als Konstante k einsetzen kann.<br />

Damit hat man die gesuchte Funktionsgleichung<br />

in der übersichtlichsten Form. Sie zeigt, dass die<br />

Fallhöhe h beim waagerechten Wurf mit dem Quadrat<br />

der Wurfweite wächst. Als Wurfbahn ergibt<br />

sich damit eine Parabel ( y ¼ kx 2 ).<br />

Trägt man h als y-Wert und sx als x-Wert in einem<br />

Koordinatensystem auf, erhält man die allgemeine<br />

Form y ¼ kx 2 der Parabel.<br />

Gegeben: a ¼ g ¼ 9,81 m<br />

s2 h ¼ 80 m<br />

v0 ¼ 297 m<br />

s<br />

Gesucht: sx ¼ f ðv0, h, gÞ<br />

horizontale vertikale<br />

Bewegung Bewegung<br />

sx ¼ v0 tx<br />

2 gtx<br />

h ¼<br />

2<br />

tx ¼ sx<br />

v0<br />

sx ¼ v0<br />

sffiffiffiffiffiffi<br />

2h<br />

g<br />

tx ¼<br />

sffiffiffiffiffiffi<br />

2h<br />

g<br />

sx ¼ 297 m<br />

s<br />

sx ¼ f ðv0, h, gÞ sx ¼ 1 199,4 m<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 80 m<br />

9,81 m<br />

s2 v<br />

u<br />

t<br />

Aus der obigen Ûbung wird übernommen:<br />

sffiffiffiffiffiffi<br />

2h<br />

sx ¼ v0 ¼ f ðv0, h, gÞ<br />

g<br />

Nach Quadrieren und Umstellen folgt daraus:<br />

h ¼ g h Fallhöhe<br />

2<br />

sx<br />

2v0<br />

2 g Fallbeschleunigung<br />

v0 horizontale<br />

h ¼ f ðg; v0; sxÞ Geschwindigkeit<br />

sx Wurfweite<br />

g<br />

¼ konstant ¼ k<br />

2v0<br />

2<br />

h ¼ ksx 2<br />

4 Dynamik<br />

Gleichung der Wurfbahn beim waagerechten<br />

Wurf (Wurfparabel)


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 169<br />

Mit der Funktionsgleichung h ¼ ksx 2 soll die<br />

Wurfparabel punktweise berechnet werden, z. B.<br />

für die horizontale Geschwindigkeit v0 ¼ 3 m/s.<br />

Zunächst wird die Konstante bestimmt:<br />

k ¼ g 9,81<br />

¼<br />

2v0<br />

2 m<br />

s2 2 9 m2<br />

s2 ¼ 0,545 1<br />

m<br />

Damit berechnet man für die Wurfweiten<br />

sx ¼ 1 m, 2 m und 3 m die zugehörigen Fallhöhen<br />

h und trägt diese Beträge in die Wertetabelle ein.<br />

Die zueinander gehörenden Werte von sx und h<br />

sind die Koordinaten jeweils eines Punktes der<br />

Wurfbahn, die man damit aufzeichnen kann.<br />

Die resultierende Geschwindigkeit vr lässt sich für<br />

jeden Bahn- und Zeitpunkt aus dem Geschwindigkeitsdreieck<br />

berechnen (Pythagoras).<br />

Der Geschwindigkeitsvektor vr liegt auf der Tangente<br />

T des jeweiligen Bahnpunktes, z. B. Punkt B.<br />

Der Winkel a des Vektors vr ergibt sich aus<br />

tan a ¼ vy=v0.<br />

Aufgaben Nr. 444–447<br />

Wurfparabel für<br />

den waagerechten<br />

Wurf<br />

vr ¼<br />

vr ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0 2 þ vy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0 2 þðgtÞ 2<br />

q<br />

Geschwindigkeit vr<br />

nach der Wurfzeit t<br />

vr ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0 2 p Geschwindigkeit vr<br />

þ 2gh nach der Fallhöhe h<br />

a ¼ arctan vy<br />

v0<br />

a ¼ arctan gt<br />

v0<br />

Wertetabelle<br />

sx<br />

h<br />

1 m 0,545 m<br />

2 m 2,18 m<br />

3 m 4,905 m<br />

Richtungswinkel a


170<br />

b) Schräger Wurf (ohne Luftwiderstand)<br />

Beim schrägen Wurf wird ein Körper mit der<br />

Abwurfgeschwindigkeit v0 unter dem Steigungswinkel<br />

a0 abgeworfen. Seine Wurfbahn ist wie<br />

beim waagerechten Wurf eine Parabel.<br />

Liegen Abwurf- und Auftreffpunkt auf gleicher<br />

Höhe, sind Abwurf- und Auftreffgeschwindigkeit<br />

v0 gleich groß, ebenso deren Winkel a0. Voraussetzung:<br />

kein Luftwiderstand.<br />

Man zerlegt den Geschwindigkeitsvektor v0 in die<br />

beiden Komponenten v0x und v0y. Es gilt auch hier<br />

das Ûberlagerungsprinzip:<br />

Der gleichförmigen Horizontalbewegung mit<br />

v0x ¼ konstant ist die gleichmäßig beschleunigte<br />

und dann verzögerte Vertikalbewegung mit<br />

v0y 6¼ konstant überlagert.<br />

Die Vertikalbewegung ist schon bekannt. Es ist der<br />

senkrechte Wurf mit anschließendem freien Fall.<br />

Das zeigt auch das v, t-Diagramm c), das bereits<br />

bekannt ist (Seite 154): Die Vertikalkomponente vy<br />

der Abwurfgeschwindigkeit v0 nimmt von v0y laufend<br />

bis auf null ab (wenn hmax erreicht ist), um<br />

dann wieder bis auf v0y ¼ v0y zuzunehmen. Für<br />

die weiteren Rechnungen hat das Vorzeichen (entgegengesetzter<br />

Richtungssinn) keine Bedeutung.<br />

Es werden die v, t-Diagramme ausgewertet:<br />

Die Grundgleichung (1) schreibt man mit den speziellen<br />

Bezeichnungen.<br />

Diagramm b) liefert die Weggleichung (2) für die<br />

Wurfweite als Funktion der Zeit t. v0 und a0 sind<br />

Konstante.<br />

Diagramm c) liefert die Weggleichungen für die<br />

Vertikalbewegung. Das sind die Gleichungen für<br />

die Wurfhöhe h in Abhängigkeit von den Geschwindigkeiten<br />

v (3) und von der Zeit t (4) und<br />

(5). Für die letzte Form der Gleichung (3) wird aus<br />

(1) für tx ¼ðv0y vyÞ=g eingesetzt. Das Binom<br />

ergibt ðv0y þ vyÞðv0y vyÞ ¼v0y 2<br />

vy 2 .<br />

a) s, h-Diagramm (Wurfparabel)<br />

b) v, t-Diagramm der Horizontalbewegung<br />

c) v, t-Diagramm der Vertikalbewegung<br />

Beachte: Es ist v0x ¼ v0 cos a0<br />

g ¼ Dv<br />

tx<br />

¼ v0y vy<br />

tx<br />

v0y ¼ v0 sin a0<br />

sx ¼ v0 cos a0 tx (2)<br />

(1) Grundgleichung<br />

Weggleichung<br />

(Wurfweite)<br />

h ¼ v0y þ vy<br />

tx ¼<br />

2<br />

v0y 2 vy 2<br />

2g (3)<br />

h ¼ vytx þ g 2<br />

tx<br />

2<br />

h ¼ v0 sin a0 tx<br />

(4)<br />

g 2<br />

tx<br />

2<br />

Beachte: v0y ¼ v0 sin a0<br />

(5)<br />

4 Dynamik<br />

Weggleichungen<br />

(Wurfhöhe)


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 171<br />

Zur Konstruktion der Wurfbahn muss man wie<br />

beim waagerechten Wurf die Abhängigkeit der<br />

Wurfhöhe h von der Wurfweite sx kennen, also<br />

eine Funktionsgleichung für h entwickeln, in der<br />

die Zeit t nicht erscheint. Dazu löst man die Gleichung<br />

sx ¼ v0 cos a0tx nach tx auf und setzt den<br />

gefundenen Ausdruck in die Gleichung für die<br />

Wurfhöhe h ¼ v0 sin a0tx gtx 2 =2 ein (Gleichung<br />

(5)). Damit erhält man h ¼ f ðsx, g, v0, a0Þ.<br />

Die Größen g, v0, tana0 und cos a0 sind<br />

konstante Größen. Mit den beiden Konstanten<br />

k1 ¼ tan a0 und k2 ¼ g=2v0 2 cos 2 a0 erhält man<br />

die Funktionsgleichung in der zweckmäßigsten<br />

Form für die punktweise Berechnung der Wurfparabel.<br />

Es werden nun noch einige häufig gebrauchte<br />

Gleichungen entwickelt:<br />

Die Steigzeit ts erhält man aus der Gleichung<br />

vy ¼ v0 gt (siehe v, t-Diagramm c) und der<br />

Ûberlegung, dass im Scheitelpunkt der Wurfparabel<br />

die Geschwindigkeit in y-Richtung vy ¼ 0 ist<br />

(Richtungsumkehr der senkrechten Teilbewegung).<br />

Die Scheitelhöhe hmax ist der Weg der verzögerten<br />

Bewegung in vertikaler Richtung während der<br />

Steigzeit ts (Dreieckfläche im v, t-Diagramm c).<br />

Für ts wird die in Gleichung (8) entwickelte Beziehung<br />

eingesetzt.<br />

Die gesamte Wurfzeit T bis zum Aufschlag ist das<br />

Doppelte der Steigzeit (immer unter Vernachlässigung<br />

des Luftwiderstandes).<br />

Die größte Wurfweite smax erhält man mit der<br />

Wurfzeit T. Dann ist smax ¼ v0xT ¼ v0 cos a0T.<br />

Für T wird der vorher entwickelte Ausdruck eingesetzt<br />

und für 2 sin a0 cos a0 ¼ sin 2a0 (siehe<br />

Handbuch Maschinenbau).<br />

Bei gegebener Abwurfgeschwindigkeit v0 hängt<br />

smax nur noch vom Steigungswinkel a0 ab. Da der<br />

Sinus eines Winkels nicht größer als 1 werden<br />

kann, wird der Maximalwert für die größte Wurfweite<br />

dann erreicht, wenn sin 2a0 ¼ 1 ist. Das ist<br />

der Fall, wenn 2a0 ¼ 90 und damit der Steigungswinkel<br />

a0 ¼ 45 beträgt.<br />

sx ¼ v0 cos a0tx ) tx ¼<br />

h ¼ v0 sin a0tx<br />

h ¼ v0 sin a0<br />

h ¼ sx tan a0<br />

gtx 2<br />

2<br />

sx<br />

v0 cos a0<br />

h ¼ f ðsx, g, v0, a0Þ<br />

g<br />

sx<br />

v0 cos a0<br />

gsx 2<br />

2v0 2 cos 2 a0<br />

2v0 2 cos2 sx<br />

a0<br />

2 (6)<br />

h ¼ k1sx k2sx 2 (7)<br />

Gleichung der Wurfbahn beim schrägen Wurf<br />

(Wurfparabel)<br />

vy ¼ v0y gtx; v0y ¼ v0 sin a0; tx ¼ ts<br />

vy ¼ v0 sin a0 gts ¼ 0<br />

ts ¼ v0 sin a0<br />

g<br />

hmax ¼ v0y ts<br />

2 ¼ v0 sin a0 ts<br />

2<br />

hmax ¼ v0 2 sin 2 a0<br />

2g<br />

T ¼ 2v0 sin a0<br />

g<br />

(8) Steigzeit<br />

(9) Scheitelhöhe<br />

(10) Wurfzeit<br />

2v0 sin a0<br />

smax ¼ v0 cos a0T ¼ v0 cos a0<br />

g<br />

smax ¼ v0 2 sin 2a0<br />

g<br />

(11)<br />

größte<br />

Wurfweite<br />

Größter Wert für smax bei a0 ¼ 45 , weil dann<br />

sin 2a0 ¼ sin 90 ¼ 1 ist.<br />

Beachte: Die hier entwickelten Gleichungen<br />

gelten auch für den waagerechten Wurf, wenn<br />

in den Gleichungen a0 ¼ 0 gesetzt wird.<br />

Der waagerechte Wurf ist also nur ein<br />

Sonderfall des schrägen Wurfs.


172<br />

Die Momentangeschwindigkeit v in einem beliebigen<br />

Bahnpunkt P1 nach dem Zeitabschnitt tx, ist<br />

die Resultierende der momentanen Vertikalgeschwindigkeit<br />

vy ¼ v0 sin a0 gtx (v, t-Diagramm<br />

c), Seite 170) und der konstanten Horizontalgeschwindigkeit<br />

v0x ¼ v0 cos a0.<br />

Man erhält die Momentangeschwindigkeit v in<br />

Abhängigkeit von der Abwurfgeschwindigkeit v0,<br />

dem Steigungswinkel a0, dem Zeitabschnitt tx und<br />

der Fallbeschleunigung g.<br />

Soll der Zeitabschnitt tx in Gleichung (12) aus der<br />

Wurfhöhe h ermittelt werden, hilft die Gleichung<br />

(5) weiter:<br />

Man formt die Gleichung zur Normalform einer<br />

gemischt quadratischen Gleichung um. Danach<br />

stellt man die Lösungsformel für tx1/2 auf und<br />

schreibt die endgültige Form mit v0y ¼ v0 sin a0.<br />

Mit der Weggleichung (2) ist dann auch der Wegabschnitt<br />

sx zu berechnen.<br />

Beim Berechnen des Zeitabschnitts tx nach Gleichung<br />

(13) ergeben sich zwei Werte tx1 und tx2.<br />

Beide Werte sind richtig, denn die Wurfparabel<br />

(Seite 170) schneidet eine Höhenlinie in den beiden<br />

Punkten P1 und P2. Die zugehörigen Zeitabschnitte<br />

sind die berechneten Werte tx1 und tx2.<br />

Den momentanen Richtungswinkel a an der Wurfparabel<br />

im s, t-Diagramm a) auf Seite 170 erhält<br />

man aus dem rechtwinkligen Dreieck mit der<br />

Kosinusfunktion.<br />

v ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0x 2 þ vy 2<br />

q<br />

v0x ¼ v0 cos a0; vy ¼ v0 sin a0 gtx<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v ¼ ðv0 cos a0Þ 2 þðv0 sin a0 gtxÞ 2<br />

q<br />

(12)<br />

Geschwindigkeit vðtÞ<br />

Beachte: In dieser Gleichung muss für den<br />

Winkel a0 immer der spitze Winkel zur positiven<br />

x-Achse eingesetzt werden (siehe Wurfparabel<br />

Seite 170).<br />

h ¼ v0y tx<br />

g<br />

2 tx 2 (Gleichung (5))<br />

tx 2 2v0y<br />

g tx þ 2<br />

h ¼ 0<br />

g<br />

tx1=2 ¼ v0y<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

g<br />

v0y<br />

g<br />

2<br />

2h<br />

g<br />

tx1=2 ¼ v0<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

sin a0<br />

g<br />

Zeitabschnitt txðhÞ<br />

v0 sin a0<br />

g<br />

2<br />

2h<br />

g<br />

(13)<br />

Beispiel: Ein Körper wird mit v0 ¼ 100 m/s<br />

unter a0 ¼ 60 abgeworfen. Die Rechnung<br />

nach (13) mit h ¼ 300 m ergibt (aus Platzgründen<br />

ohne Einheiten geschrieben):<br />

100 sin 60<br />

tx1 ¼<br />

s<br />

9,81<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2<br />

100 sin 60 2 300<br />

9,81 9,81<br />

tx1 ¼ 12,9 s<br />

tx2 ¼ 4,73 s<br />

cos a ¼ v0x<br />

v ¼ v0 cos a0<br />

v<br />

a ¼ arccos v0 cos a0<br />

v<br />

(14)<br />

4 Dynamik


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 173<br />

1. Ûbung: Das s; h-Diagramm, Bild a), zeigt die<br />

Wurfparabel eines schrägen Wurfs, bei dem die<br />

Abwurfebene (Punkt E1) nicht zugleich Auftreffebene<br />

ist. Diese liegt um die Fallhöhe hE tiefer<br />

(Punkt E2).<br />

Gegeben: Abwurfgeschwindigkeit v0 ¼ 10 m/s<br />

Abwurfwinkel a0 ¼ 50<br />

Fallhöhe hE ¼ 2m<br />

Gesucht: Gesamtzeit t, Wurfweite s, Auftreffgeschwindigkeit<br />

vE, Auftreffwinkel aE,<br />

Teilzeit tE und Teilweg s E.<br />

Lösung: Es sollte nicht versucht werden, die bereits<br />

hergeleiteten Gleichungen für die symmetrische<br />

Wurfparabel (Seite 170) auf den vorliegenden<br />

Fall anzuwenden. Das führt leicht zu Fehlern. Daher<br />

skizziert man für jeden speziellen Fall, so wie<br />

hier, die zugehörigen v, t-Diagramme b) und c)<br />

und wertet die Diagramme wie gewohnt aus. Gegenüber<br />

den Diagrammen, Seite 170, braucht man<br />

nur die vx- und die vy-Linie bis zum Auftreffpunkt<br />

E2 zu verlängern.<br />

Wurfzeit t und Teilzeit tE: Die gesamte Wurfzeit t<br />

setzt sich zusammen aus der Wurfzeit T nach Gleichung<br />

(10) und der Teilzeit tE für den Teilweg sE<br />

und für die Fallhöhe hE.<br />

Eine Gleichung für die Teilzeit tE erhält man mit<br />

der Weggleichung hE nach dem v, t-Diagramm c).<br />

Darin entspricht die Trapezfläche A ¼b Fallhöhe<br />

hE ¼ v0y tE þ gtE 2 =2.<br />

Die gemischt-quadratische Gleichung liefert eine<br />

Beziehung für die Teilzeit tE.<br />

Mit v0 ¼ 10 m/s, a0 ¼ 50 und hE ¼ 2 m erhält<br />

man als physikalisch sinnvolle Teilzeit<br />

t E ¼ t E1 ¼ 0,228 s.<br />

Mit Gleichung (10) bekommt man die Gesamtzeit<br />

t ¼ T þ t E ¼ 2v0 sin a0=g þ t E.<br />

a) s; h-Diagramm (Wurfparabel)<br />

b) v, t-Diagramm der Horizontalbewegung<br />

c) v, t-Diagramm der Vertikalbewegung<br />

A ¼b hE ¼ v0y tE þ g 2<br />

tE<br />

2<br />

tE 2 þ 2<br />

g v0y<br />

2<br />

tE<br />

g hE ¼ 0<br />

tE1=2 ¼ v0y<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

g<br />

v0y<br />

g<br />

2<br />

þ 2hE<br />

s<br />

g<br />

Mit v0y ¼ v0 sin a0 erhält man<br />

tE1=2 ¼ v0 sin a0<br />

g<br />

Teilzeit<br />

tE1 ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2<br />

v0 sin a0<br />

þ<br />

g<br />

2hE<br />

s<br />

g<br />

(15)<br />

10 m=s sin 50<br />

9,81 m=s2 ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

10 m=s sin 50<br />

9,81 m=s2 2<br />

2 2m<br />

þ<br />

9,81 m=s2 s<br />

tE1 ¼ 0,228 s; tE2 ¼ 1,7896 s<br />

2 10 m=s sin 50<br />

t ¼<br />

9,81 m=s2 þ 0,228 s ¼ 1,79 s


174<br />

Um auf direktem Weg die Gesamtzeit t berechnen<br />

zu können, werden die beiden Gleichungen (10)<br />

und (15) zu einer Gleichung zusammen gefasst.<br />

Man erhält dann die Gleichung (16).<br />

Auch hier ergibt nur der positive Wurzelwert ein<br />

physikalisch sinnvolles Ergebnis.<br />

Auftreffgeschwindigkeit vE: Sie ist die Resultierende<br />

aus der Horizontalgeschwindigkeit<br />

v0x ¼ v0 cos a0 und der Vertikalgeschwindigkeit vy,<br />

die sich nach Bild c) Seite 173 zusammensetzt aus:<br />

v0y ¼ v0 sin a0 und gtE.<br />

Der Auftreffwinkel aE kann mit Gleichung (14)<br />

berechnet werden, wenn man für v ¼ vE einsetzt.<br />

Wurfweite s und Teilweg sE: Der Teilweg sE ist<br />

nach Bild b) Seite 173 aus<br />

t1=2 ¼ T þ tE1=2 ¼ 2 v0 sin a0<br />

þ tE1=2 g<br />

t 1=2 ¼ 2 v0 sin a0<br />

g<br />

t 1=2 ¼ v0 sin a0<br />

g<br />

Gesamtzeit<br />

v0 sin a0<br />

g<br />

...<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2<br />

v0 sin a0<br />

þ<br />

g<br />

2hE<br />

s<br />

g<br />

vE ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v0x 2 þ vy 2<br />

q<br />

v0x ¼ v0 cos a0; vy ¼ v0y þ gtE<br />

(16)<br />

vy ¼ v0 sin a0 þ gtE<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

vE ¼ ðv0 cos a0Þ 2 þðv0 sin a0 þ gtEÞ 2<br />

q<br />

Auftreffgeschwindigkeit<br />

(17)<br />

Rechnung aus Platzgründen ohne Einheiten:<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

vE ¼ ð10 cos 50 Þ 2 þð10 sin 50 þ 9,81 0,228Þ 2<br />

q<br />

vE ¼ 11,8 m<br />

s<br />

aE ¼ arccos v0 cos a0<br />

aE ¼ 57<br />

vE<br />

sE ¼ v0 cos a0 tE<br />

¼ arccos<br />

(18)<br />

4 Dynamik<br />

10 m<br />

cos 50<br />

s<br />

11,8 m<br />

s<br />

sE ¼ 10 m=s cos 50 0,228 s ¼ 1,466 m<br />

sE ¼ v0xtE ¼ v0 cos a0tE<br />

zu berechnen. Mit dieser Gleichung und mit Gleichung<br />

(11) kann eine Gleichung für s entwickelt<br />

s ¼<br />

werden.<br />

v0 2 sin 2a0<br />

þ sE<br />

g<br />

(19)<br />

s ¼ ð10 m=sÞ2 sin 100<br />

9,81 m=s2 þ 1,466 m ¼ 11,5 m<br />

Kontrolle: Nach Bild b) ist s ¼ v0x t ¼ v0 cos a0 t<br />

mit t nach Gleichung (16). s ¼ v0 cos a0 t (20)<br />

s ¼ 10 m<br />

s<br />

cos 50 1,79 s ¼ 11,5 m


4.1 Allgemeine Bewegungslehre 175<br />

2. Ûbung: Eine Dachpfanne gleitet unter einem<br />

Winkel a0 ¼ 30 mit einer Geschwindigkeit<br />

v0 ¼ 5 m/s von der Dachtraufe, die h ¼ 20 m über<br />

dem Erdboden liegt. Es soll eine Gleichung zur<br />

Bestimmung des Abstandes sx ¼ f ða0; v0; hÞ des<br />

Auftreffpunktes von der Hausmauer entwickelt<br />

und damit sx berechnet werden.<br />

Lösung: Es werden als Erstes wieder die beiden<br />

v, t-Diagramme für die Horizontal- und die Vertikalbewegung<br />

skizziert.<br />

Während des Zeitabschnitts tx wird die Strecke sx<br />

mit der konstanten Geschwindigkeitskomponente<br />

v0x ¼ v0 cos a0 zurückgelegt. Im gleichen Zeitabschnitt<br />

fällt die Dachpfanne im freien Fall um<br />

die Höhe h. Dabei steigt die Geschwindigkeitskomponente<br />

(Vertikalgeschwindigkeit) von<br />

v0y ¼ v0 sin a0 um Dv ¼ gtx auf vy.<br />

Der Vergleich der beiden v, t-Diagramme mit den<br />

Diagrammen b) und c) auf Seite 173 zeigt vollständige<br />

Ûbereinstimmung des Bewegungsvorgangs<br />

zwischen den Punkten E1 und E2 der Parabel.<br />

Man kann also ohne Bedenken die dort<br />

entwickelten Gleichungen verwenden. Für die vorliegende<br />

Aufgabe ist das Gleichung (15) in Verbindung<br />

mit Gleichung (18).<br />

Man hat damit die gesuchte Beziehung<br />

sx ¼ f ða0; v0; hÞ gefunden.<br />

Der Aufschlagpunkt liegt um sx ¼ 7,71 m von der<br />

Hausmauer entfernt.<br />

Aufgaben Nr. 448–451<br />

Gegeben:<br />

a0 ¼ 30<br />

v0 ¼ 5 m<br />

s<br />

h ¼ 20 m<br />

a ¼ g ¼ 9,81 m<br />

s 2<br />

Gesucht:<br />

sx ¼ f ða0; v0; hÞ<br />

v0y v0x<br />

gt x<br />

v x<br />

v y<br />

s = v t<br />

x 0x x<br />

h=v t +<br />

0y x<br />

t x<br />

2 gtx<br />

2<br />

v y<br />

t<br />

t<br />

a) siehe auch<br />

v, t-Diagramm b)<br />

Seite 173<br />

b) siehe auch<br />

v, t-Diagramm c)<br />

Seite 173<br />

v, t-Diagramm der Horizontalbewegung a)<br />

und der Vertikalbewegung b)<br />

tx ¼ v0<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

sin a0<br />

þ<br />

g<br />

v0 sin a0<br />

g<br />

2<br />

þ 2h<br />

s<br />

g<br />

sx ¼v0 cos a0 tx<br />

Nur die positive Lösung für tx ist sinnvoll.<br />

Der Ausdruck für tx (nach Gleichung (15))<br />

wird in die Gleichung für sx eingesetzt.<br />

"<br />

sx ¼ v0 cos a0<br />

v0 sin a0<br />

þ<br />

g<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

þ<br />

v0 sin a0<br />

g<br />

2<br />

þ 2h<br />

s 3<br />

5<br />

g<br />

(21)<br />

sx ¼ 7,71 m


176<br />

4.2 Gleichförmige Drehbewegung (Kreisbewegung)<br />

Die bisher behandelten Gesetze gelten für geradlinige und krummlinige Bewegungen, also<br />

auch für die Bewegung eines Punktes auf der Kreisbahn, zum Beispiel für die Bewegung eines<br />

Schleifkorns auf einer umlaufenden Schleifscheibe. Die Drehbewegung wird gesondert behandelt,<br />

weil für diese technisch wichtigste Bewegungsform besondere physikalische und<br />

geometrische Größen eingeführt wurden. Das gilt beispielsweise für die Begriffe Drehzahl,<br />

Drehwinkel, Umfangsgeschwindigkeit, Winkelgeschwindigkeit, Winkelbeschleunigung und<br />

Ûbersetzung.<br />

4.2.1 Die Drehzahl n<br />

Bringt man auf einer umlaufenden Scheibe (Werkstückspanner<br />

einer Drehmaschine, Schleifscheibe<br />

usw.) mit Kreide eine Markierung an, dann kann<br />

die Anzahl der Umdrehungen gezählt werden. Sie<br />

werden hier mit z bezeichnet, also beispielsweise<br />

z ¼ 25 U (Umdrehungen). Dividiert man z durch<br />

den zugehörigen Zeitabschnitt Dt, dann erhält man<br />

die Drehzahl n der Scheibe:<br />

Die Drehzahl n ist der Quotient aus der Anzahl<br />

z der Umdrehungen und dem zugehörigen Zeitabschnitt<br />

Dt.<br />

Die Drehzahl n umlaufender Maschinenteile wird<br />

meistens auf die Minute als Zeiteinheit bezogen.<br />

Mit 1 min ¼ 60 s kann leicht umgerechnet werden.<br />

Das Wort Umdrehung mit dem Kurzzeichen U<br />

steht nur für die Zahl 1, so dass in der Technik die<br />

Einheit für die Drehzahl n auch mit der Eins<br />

geschrieben wird, meistens in der Potenzschreibweise<br />

ðmin 1 Þ.<br />

Beim Kurbelgetriebe eines Verbrennungsmotors<br />

entspricht einer Auf- und Abwärtsbewegung<br />

(Doppelhub) des Kolbens eine Umdrehung der<br />

Kurbelwelle. Zur Berechnung der Kolbengeschwindigkeit<br />

ermittelt man daher die Zeit für eine<br />

Kurbelwellenumdrehung (Umlaufzeit):<br />

Die Periodendauer T (Umlaufzeit) ist der Kehrwert<br />

der Drehzahl n.<br />

Beachte: Die Angabe einer Drehzahl bezieht<br />

sich immer auf den ganzen umlaufenden Körper,<br />

z. B. auf den Rotor eines Elektromotors.<br />

Mit welcher Geschwindigkeit sich die einzelnen<br />

Punkte bewegen, ist noch unbekannt.<br />

Anzahl Umdrehungen z<br />

n ¼<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

n ¼ z<br />

Dt<br />

Beispiel:<br />

n ¼ 1 500 U U U<br />

¼ 1500 ¼ 25<br />

min 60 s s<br />

Beispiel:<br />

n ¼ 1500 U<br />

min<br />

U 1<br />

1<br />

¼ ¼ min<br />

min min<br />

1<br />

1<br />

¼ 1500 ¼ 1500 min<br />

min<br />

Hinweis: In der Schwingungslehre ist T der<br />

kürzeste Zeitabschnitt, nach dem sich eine<br />

Schwingung periodisch wiederholt. Siehe<br />

auch Seite 151.<br />

1<br />

T ¼<br />

Drehzahl n<br />

T ¼ 1<br />

n<br />

n z Dt<br />

U 1<br />

¼<br />

min min ¼ min 1 U min<br />

T n<br />

min, s min 1 ,s 1<br />

4 Dynamik


4.2 Gleichförmige Drehbewegung (Kreisbewegung) 177<br />

4.2.2 Die Umfangsgeschwindigkeit vu<br />

Umfangsgeschwindigkeit vu ist die Bezeichnung<br />

für die Geschwindigkeit eines Umfangspunktes im<br />

Abstand r von der Drehachse eines umlaufenden<br />

Körpers auf seiner Kreisbahn.<br />

Bei gleichförmiger Drehbewegung ist die Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu der Quotient aus Wegund<br />

Zeitabschnitt.<br />

Drehbewegung um eine Drehachse<br />

Bei der ungleichförmigen Drehbewegung ist<br />

der Quotient aus Weg- und Zeitabschnitt die<br />

mittlere Umfangsgeschwindigkeit vum<br />

(Durchschnittsgeschwindigkeit).<br />

4.2.3 Richtung der Umfangsgeschwindigkeit vu<br />

Man stellt sich den Umfangspunkt B als Körper<br />

vor, der an einem Faden um die Drehachse A umläuft.<br />

Wird der Faden in einer der eingezeichneten<br />

Stellungen los gelassen, bewegt sich der Körper<br />

nach dem Trägheitsgesetz mit der momentanen<br />

Umfangsgeschwindigkeit vu geradlinig fort und<br />

zwar in Richtung der jeweiligen Tangente an seine<br />

Kreisbahn:<br />

Richtung der Umfangsgeschwindigkeit<br />

Die Umfangsgeschwindigkeit vu ist immer tangential<br />

gerichtet; sie ist eine Tangentialgröße.<br />

4.2.4 Umfangsgeschwindigkeit vu und Drehzahl n<br />

Der Wegabschnitt Ds eines umlaufenden Umfangspunktes<br />

wird durch den Kreisumfang ausgedrückt.<br />

Bei z Umdrehungen wird damit Ds ¼ 2prz. Mit<br />

z=Dt ¼ n erhält man die übliche Gleichung zur Berechnung<br />

der Umfangsgeschwindigkeit.<br />

Bei der gleichförmigen Drehbewegung ist die<br />

Drehzahl n ¼ konstant. Die Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu eines Umfangspunktes dagegen ändert sich,<br />

wie die Gleichung zeigt, mit dem Radius r: Je größer<br />

der Radius, umso größer ist auch vu. Man sagt<br />

auch: vu wächst proportional mit dem Radius<br />

(vu r).<br />

vu ¼ Ds 2prz<br />

¼<br />

Dt Dt<br />

vu ¼ 2pr z<br />

Dt<br />

vu ¼ 2prn<br />

vu r n<br />

m<br />

s m<br />

U 1 1<br />

¼ ¼ s<br />

s s<br />

m<br />

min<br />

m<br />

U 1<br />

¼ ¼ min<br />

min min<br />

1<br />

Beispiel:<br />

Wie groß ist die Umfangsgeschwindigkeit<br />

eines Umfangspunktes B, der doppelt so weit<br />

vom Scheibenmittelpunkt entfernt liegt wie<br />

Punkt A?<br />

Lösung:<br />

vuB ¼ 2prB n rB¼2rA vuB ¼ 2p 2rA n ¼ 2 2prA n ¼ 2vuA


178<br />

4.2.4.1 Zahlenwertgleichungen für die Umfangsgeschwindigkeit<br />

Für Rechnungen an Werkzeugmaschinen wird die<br />

Umfangsgeschwindigkeit als Schnittgeschwindigkeit<br />

v meist in m/min gebraucht (Richtwerttabellen),<br />

wobei der Durchmesser d ¼ 2r in mm eingesetzt<br />

werden soll. Man rechnet dann mit einer auf<br />

diese Einheiten zugeschnittenen Zahlenwertgleichung.<br />

Für Schleifscheiben würden sich mit der obigen<br />

Zahlenwertgleichung zu große Zahlenwerte ergeben.<br />

Man arbeitet dort mit der Einheit m/s und<br />

muss daher im Nenner noch den Faktor 60 aufnehmen.<br />

Man entwickelt aus der Größengleichung dann<br />

eine Zahlenwertgleichung, wenn häufig mit denselben<br />

Einheiten gerechnet wird.<br />

v ¼ pdn<br />

1000<br />

Schnittgeschwindigkeit v an Drehmaschinen,<br />

Fräsmaschinen usw.<br />

Beachte: Beim Rechnen mit Zahlenwertgleichungen<br />

darf man die Einheiten nicht<br />

mitschreiben.<br />

4.2.5 Umfangsgeschwindigkeit und Mittelpunktsgeschwindigkeit<br />

Ein Rad vom Radius r rollt ohne zu gleiten (also<br />

schlupffrei) auf seiner Unterlage. Ein Umfangspunkt<br />

P besitzt die Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu ¼ 2prn. Die Geschwindigkeit des Radmittelpunktes<br />

M parallel zur Unterlage wird mit der Mittelpunktsgeschwindigkeit<br />

vM bezeichnet. Es soll<br />

geklärt werden, in welchem Verhältnis vu und vM<br />

zueinander stehen.<br />

Bei einer Umdrehung rollt der Radumfang 2pr<br />

ab, bei z Umdrehungen z-mal so viel, also legt der<br />

Radmittelpunkt M den Wegabschnitt Ds ¼ 2prz<br />

zurück. Damit ergibt sich seine Geschwindigkeit<br />

vM ¼ 2prz=Dt. Das aber ist genau die Gleichung<br />

für die Umfangsgeschwindigkeit vu:<br />

Beim schlupffrei rollenden Rad sind Umfangsgeschwindigkeit<br />

und Mittelpunktsgeschwindigkeit<br />

gleich groß.<br />

Das rollende Rad „kippt“ laufend um den jeweiligen<br />

Stützpunkt A. Die momentane Geschwindigkeit<br />

v der Radpunkte auf dem gedachten Durchmesser<br />

AMP wächst linear von vA ¼ 0 auf<br />

vM ¼ vu und weiter auf vP ¼ 2vM ¼ 2vu.<br />

Mittelpunkts- Umfangsgeschwindigkeit<br />

geschwindigkeit<br />

vM ¼ 2prz<br />

Dt ¼ 2prn vu ¼ 2prz<br />

¼ 2prn<br />

Dt<br />

vM ¼ vu<br />

4 Dynamik<br />

v d n<br />

m<br />

1<br />

mm min<br />

min<br />

v ¼ pdn<br />

60 000<br />

v<br />

m<br />

s<br />

d<br />

mm<br />

n<br />

1<br />

min<br />

Schnittgeschwindigkeit v für Schleifscheiben<br />

Beachte: vM ist bezogen auf die Unterlage,<br />

vu dagegen bezogen auf den Radmittelpunkt<br />

M.


4.2 Gleichförmige Drehbewegung (Kreisbewegung) 179<br />

4.2.6 Die Winkelgeschwindigkeit w<br />

Die Umfangsgeschwindigkeit vu kennzeichnet<br />

immer nur den Bewegungszustand eines einzelnen<br />

Punktes, denn vu ist vom Radius abhängig<br />

(vu r). Körperpunkte auf unterschiedlichen Radien<br />

legen bei jeder Umdrehung verschieden große<br />

Wege zurück. Für alle Punkte ist aber der überstrichene<br />

Drehwinkel Dj gleich groß. Deshalb hat<br />

man für umlaufende Teile eine vom Radius unabhängige<br />

Größe definiert, die Winkelgeschwindigkeit<br />

w (Omega):<br />

Die Winkelgeschwindigkeit w eines gleichförmig<br />

umlaufenden Körpers ist der Quotient aus<br />

dem überstrichenen Drehwinkel Dj und dem<br />

zugehörigen Zeitabschnitt Dt. Alle Punkte<br />

eines rotierenden Körpers haben im gleichen<br />

Zeitpunkt gleiche Winkelgeschwindigkeit,<br />

nicht aber gleiche Umfangsgeschwindigkeit.<br />

Dreht sich der Körper nicht gleichförmig, dann<br />

erhält man mit dieser Definitionsgleichung die<br />

mittlere Winkelgeschwindigkeit wm (Durchschnitts-Winkelgeschwindigkeit).<br />

Die Einheit für die Winkelgeschwindigkeit w ergibt<br />

sich aus den gewählten Einheiten für den Drehwinkel<br />

und dem Zeitabschnitt oder aus der gewählten<br />

Einheit für die Drehzahl n.<br />

Als Einheit für den Drehwinkel benutzt man nicht<br />

die Einheit „Grad“ (obgleich grundsätzlich möglich),<br />

sondern die Einheit „Radiant“ (Kurzzeichen:<br />

rad). Wie „Umdrehung U“ ist auch „Radiant rad“<br />

eine Umschreibung für die Zahl Eins.<br />

Statt rad/s kann man immer auch 1/s schreiben,<br />

ebenso: statt U/min auch 1/min.<br />

w ¼ Dj 2pz<br />

¼<br />

Dt Dt<br />

w ¼ 2pn<br />

Grundgleichung der<br />

gleichförmigen<br />

Drehbewegung<br />

Beispiel:<br />

Beim ungebremsten Auslaufen braucht eine<br />

Drehspindel 60 U und 90 s bis zum Stillstand.<br />

Dann ist<br />

wm ¼ Dj<br />

Dt<br />

ðwÞ ¼ ðjÞ<br />

ðtÞ<br />

¼ 2pz<br />

Dt<br />

2p60 4<br />

¼ ¼<br />

90 s 3<br />

rad 1 1<br />

¼ ¼ ¼ s<br />

s s<br />

ðwÞ ¼ð2pÞðnÞ ¼ rad 1<br />

1<br />

¼ ¼ min<br />

min min<br />

Umrechnungen:<br />

2p rad ¼ 360<br />

1rad¼ 180<br />

p<br />

4.2.7 Winkelgeschwindigkeit und Umfangsgeschwindigkeit<br />

Aus den nun bekannten Gleichungen für die Umfangs-<br />

und Winkelgeschwindigkeit kann man<br />

sofort die gegenseitige Abhängigkeit erkennen.<br />

Die Winkelgeschwindigkeit w ¼ 2pn ist in der<br />

Gleichung für vu ¼ 2prnenthalten.<br />

w Dj z Dt n<br />

rad 1<br />

¼<br />

s s<br />

57,3<br />

Beispiel:<br />

w ¼ 90 rad 1<br />

1<br />

¼ 90 ¼ 90 s<br />

s s<br />

vu ¼ 2prn ¼ 2pnr ¼ wr<br />

vu ¼ wr<br />

rad 1 s<br />

1 1<br />

¼ s<br />

s<br />

vu w r<br />

m<br />

s<br />

1 rad<br />

¼<br />

s s<br />

rad rad<br />

p ¼ 4,19<br />

s s<br />

m


180<br />

Man kann den Zusammenhang zwischen vu und w<br />

auch zeichnerisch darstellen.<br />

Bei gleichförmiger Drehung ist n ¼ konstant, also<br />

auch w ¼ 2pn ¼ konstant, und die jeweilige Umfangsgeschwindigkeit<br />

der einzelnen Umfangspunkte<br />

hängt vom Radius r ab. Man sagt auch: vu<br />

ist proportional r (vu r). Aus der zeichnerischen<br />

Darstellung ergibt sich, dass die Zahlenwerte der<br />

Umfangsgeschwindigkeit auf dem Einheitskreis<br />

und der Winkelgeschwindigkeit gleich groß sind.<br />

4.2.7.1 Zahlenwertgleichung für die Winkelgeschwindigkeit<br />

Da die Drehzahl n in der Technik meist in<br />

U/min ¼ 1/min angegeben wird, für die Winkelgeschwindigkeit<br />

w aber die Einheit rad/s ¼ 1/s<br />

üblich ist, arbeitet man gern mit der entsprechend<br />

zugeschnittenen Zahlenwertgleichung.<br />

Man erhält die Zahlenwertgleichung für w, indem<br />

man in die Größengleichung w ¼ 2pn die Umrechnungszahl<br />

aus 1 min ¼ 60 s aufnimmt und die<br />

Zahlenwerte kürzt.<br />

Mit p=30 1=10 erhält man eine Beziehung zwischen<br />

Winkelgeschwindigkeit w und Drehzahl n,<br />

mit der schnell überschlägig gerechnet werden<br />

kann oder genaue Rechnungen kontrolliert werden<br />

können (Stellenzahlkontrolle).<br />

Zusammenhang zwischen Umfangs- und<br />

Winkelgeschwindigkeit<br />

w ¼ 2p n n<br />

¼ p<br />

60 30<br />

w ¼ pn<br />

30<br />

w<br />

n<br />

¼ 0,1n<br />

10<br />

4.2.8 Baugrößen und Größen der Bewegung in Getrieben<br />

Getriebe übertragen eine Drehbewegung von einer<br />

Antriebswelle A auf eine Abtriebswelle B, meist<br />

bei gleichzeitiger Ønderung der Drehzahl n und<br />

damit auch der Winkelgeschwindigkeit w.<br />

Beim Riemengetriebe treibt ein Flach- oder Keilriemen<br />

durch Kraftschluss (nicht durch Formschluss<br />

wie beim Zahnradgetriebe) beide Scheiben<br />

mit gleicher Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu ¼ vu1 ¼ vu2<br />

Der geringfügige Schlupf wird vernachlässigt.<br />

Beim Riemengetriebe verhalten sich Drehzahlen<br />

und Winkelgeschwindigkeiten umgekehrt<br />

wie die Scheibendurchmesser.<br />

Beispiel:<br />

Für n ¼ 1500 min 1 wird<br />

w ¼ pn p 1500 1 rad<br />

¼ ¼ 157<br />

30 30 s s<br />

n ¼ 1500 min 1 ) w 150 s 1<br />

vu1 ¼ vu2<br />

2pr1 n1 ¼ 2pr2 n2<br />

pd1 n1 ¼ pd2 n2 ) n1<br />

n1<br />

n2<br />

¼ w1<br />

¼<br />

w2<br />

d2<br />

d1<br />

n2<br />

w n<br />

¼ d2<br />

d1<br />

Riemengetriebe<br />

d1 und d2 sind die<br />

Baugrößen<br />

Drehzahlen und Winkelgeschwindigkeiten<br />

verhalten sich umgekehrt wie die Baugrößen.<br />

1<br />

s<br />

4 Dynamik<br />

1<br />

1<br />

¼ min<br />

min


4.2 Gleichförmige Drehbewegung (Kreisbewegung) 181<br />

Werden die beiden Scheiben aneinander gepresst,<br />

entsteht das Reibradgetriebe. Verzahnt man beide<br />

Scheiben, hat man ein Zahnradgetriebe, das die<br />

Drehbewegung durch Formschluss (Zähne) und<br />

daher schlupflos überträgt. Hier rollen die beiden<br />

(gedachten) Teilkreise aufeinander ab (Teilkreisdurchmesser<br />

d1, d2). Für den Teilkreisdurchmesser<br />

kann das Produkt aus Zähnezahl und Modul gesetzt<br />

werden. Daher können die Teilkreisdurchmesser<br />

d1, d2 auch durch die Zähnezahlen z1, z2<br />

ausdrückt werden.<br />

Beim Zahnradgetriebe verhalten sich die Drehzahlen<br />

und Winkelgeschwindigkeiten umgekehrt<br />

wie die Teilkreisdurchmesser und Zähnezahlen.<br />

Zahnradgetriebe<br />

vu1 ¼ vu2<br />

pd1 n1 ¼ pd2 n2<br />

pz1 mn1 ¼ pz2 mn2<br />

n1<br />

n2<br />

¼ w1<br />

¼<br />

w2<br />

d2<br />

¼<br />

d1<br />

z2<br />

z1<br />

d ¼ zm<br />

d1, d2, z1, z2<br />

sind die Baugrößen<br />

Drehzahlen und Winkelgeschwindigkeiten<br />

verhalten sich umgekehrt wie die Baugrößen.<br />

Das folgende Bild zeigt die geometrischen Größen am geradverzahnten Stirnrad (ohne Profilverschiebung).<br />

Wichtigste Größe ist der Modul m, weil alle anderen Größen darauf bezogen<br />

werden. Sind Modul m und Zähnezahl z eines Zahnrades bekannt, können alle anderen Maße<br />

des Zahnrades berechnet werden.<br />

4.2.9 Ûbersetzung i (Ûbersetzungsverhältnis)<br />

Der Begriff Ûbersetzung i ist festgelegt als Verhältnis<br />

(Quotient) von Antriebsdrehzahl nan zu<br />

Abtriebsdrehzahl nab.<br />

Da sich die Baugrößen eines Getriebes umgekehrt<br />

wie die Drehzahlen und Winkelgeschwindigkeiten<br />

verhalten, kann man die Ûbersetzung i auch mit<br />

den Baugrößen ausdrücken.<br />

Aufgaben Nr. 453–485<br />

d Teilkreis-˘ ¼ mz<br />

db Grundkreis-˘ ¼ d cos a<br />

da Kopfkreis-˘ ¼ d þ 2m<br />

df Fußkreis-˘ ¼ d 2,5m<br />

p Teilung ¼ s þ w ¼ pm<br />

m Modul ¼ p=p (genormt nach<br />

DIN 780 von 0,3...75 mm)<br />

a Eingriffswinkel (20 )<br />

s Zahndicke ¼ p/2<br />

w Lückenweite ¼ p/2<br />

ha Zahnkopfhöhe ¼ 1m<br />

hf Zahnfußhöhe ¼ 1,25 m<br />

EL Eingriffslinie<br />

i ¼ nan<br />

¼<br />

nab<br />

n1<br />

¼<br />

n2<br />

w1<br />

w2<br />

i ¼ n1<br />

¼<br />

n2<br />

w1<br />

¼<br />

w2<br />

d2<br />

¼<br />

d1<br />

z2<br />

z1<br />

n1 ¼ w1=2p<br />

n2 ¼ w2=2p


182<br />

Besteht ein Zahnradgetriebe aus mehreren hintereinander<br />

geschalteten Räderpaaren, also auch aus<br />

mehreren Einzelübersetzungen, dann lässt sich aus<br />

den Einzelübersetzungen i1; i2; i3 ... die Gesamtübersetzung<br />

iges bestimmen:<br />

Die Gesamtübersetzung iges ist immer das<br />

Produkt der Einzelübersetzungen.<br />

Aus der Definition für i ¼ nan/nab ergibt sich:<br />

i > 1 ) Übersetzung ins ,,Langsame‘‘<br />

i < 1 ) Übersetzung ins ,,Schnelle‘‘<br />

iges ¼ nan<br />

¼ i1 i2 i3 ... in<br />

nab<br />

4.3 Gesetze und Diagramme der gleichmäßig beschleunigten<br />

(verzögerten) Drehbewegung<br />

Mehrfach-<br />

Ûbersetzung<br />

Man versteht die Gesetze und Diagramme und auch das Verfahren zum Lösen von Aufgaben<br />

der Kreisbewegung leicht, wenn man sich der entsprechenden Gesetze erinnert, die in der allgemeinen<br />

Bewegungslehre entwickelt wurden. Denn das gilt grundsätzlich auch hier, nur muss<br />

jede Größe der allgemeinen Bewegung durch die entsprechende Kreisgröße ersetzt werden.<br />

Das nennt man den Analogieschluss.<br />

4.3.1 Gegenüberstellung der allgemeinen Größen mit den entsprechenden Kreisgrößen<br />

Allgemeine Größe mit Definitionsgleichung Einheit Kreisgröße mit Definitionsgleichung Einheit<br />

Zeitabschnitt Dt s Zeitabschnitt Dt s<br />

Wegabschnitt Ds m Drehwinkel Dj rad ¼ 1<br />

Geschwindigkeit<br />

(v ¼ konstant)<br />

v ¼ Ds<br />

Dt<br />

m<br />

s<br />

Winkelgeschwindigkeit<br />

(w ¼ konstant)<br />

w ¼ Dj<br />

Dt<br />

rad 1<br />

¼<br />

s s<br />

Geschwindigkeitsänderung Dv ¼ a Dt<br />

m<br />

s<br />

Winkelgeschwindigkeitsänderung<br />

Dw ¼ a Dt<br />

rad 1<br />

¼<br />

s s<br />

Beschleunigung<br />

(Grundgleichung)<br />

a ¼ Dv<br />

Dt<br />

m<br />

s2 Winkelbeschleunigung<br />

(Grundgleichung)<br />

a ¼ Dw<br />

Dt<br />

rad 1<br />

¼<br />

s2 s2 v, t-Diagramm je nach Aufgabenstellung:<br />

w, t-Diagramm je nach Aufgabenstellung:<br />

Δv=aΔt v 0<br />

v<br />

v-Linie<br />

A= Δs=<br />

0 Δt<br />

v + v<br />

0 t<br />

2<br />

Δt<br />

v t<br />

Beachte: Die Fläche A unter der v-Linie<br />

entspricht dem Wegabschnitt Ds.<br />

t<br />

Δv = α Δt<br />

v 0<br />

v<br />

v-Linie<br />

A= Δϕ =<br />

v0 + vt<br />

Δt<br />

2<br />

v t<br />

0 Δt<br />

t<br />

4 Dynamik<br />

Beachte: Die Fläche A unter der w-Linie<br />

entspricht dem Drehwinkel Dj.


4.3 Gleichmäßig beschleunigte (verzögerte) Drehbewegung 183<br />

4.3.2 Winkelbeschleunigung a<br />

Bei der gleichmäßig beschleunigten oder verzögerten<br />

Kreisbewegung muss die Ønderung der<br />

Winkelgeschwindigkeit Dw konstant bleiben<br />

(Dw ¼ konstant), wie im allgemeinen Fall<br />

Dv ¼ konstant war (Seite 151). Die Winkelgeschwindigkeitslinie<br />

im w, t-Diagramm muss<br />

eine ansteigende oder abfallende Gerade sein.<br />

Wird ein Körper aus der Ruhelage heraus drehend<br />

gleichmäßig beschleunigt, so dass er nach<br />

Dt ¼ 6 s eine Momentan-Winkelgeschwindigkeit<br />

wt ¼ 9 rad=s besitzt, dann beträgt seine Winkelgeschwindigkeitszunahme<br />

in jeder Sekunde<br />

Dw ¼ 1,5 rad=s.<br />

Entsprechend der Beschleunigung a im allgemeinen<br />

Fall hat man für die Kreisbewegung die<br />

Winkelbeschleunigung a als Vergleichsgröße festgelegt:<br />

Die Winkelbeschleunigung a eines gleichmäßig<br />

beschleunigten oder verzögerten Körpers ist der<br />

Quotient aus der Winkelgeschwindigkeitsänderung<br />

Dw und dem zugehörigen Zeitabschnitt<br />

Dt. Die Winkelbeschleunigung ist ein Vektor.<br />

Vergleiche diese Definition mit Seite 152.<br />

Die Einheit der Winkelbeschleunigung a ergibt<br />

sich in gewohnter Weise aus der Definitionsgleichung<br />

für die Größe, hier also „Radiant je Sekundequadrat“<br />

(beachte: rad ¼ 1).<br />

4.3.3 Der Drehwinkel im w, t-Diagramm<br />

Es muss noch nachgewiesen werden, dass für den<br />

Drehwinkel Dj im w, t-Diagramm das Gleiche<br />

gilt wie für den Wegabschnitt Ds im v, t-Diagramm<br />

(vergleiche mit Seite 152).<br />

Die Winkelgeschwindigkeit w ändert sich von<br />

w0 ¼ 0 am Anfang auf wt am Ende des Zeitabschnittes<br />

Dt. Weil die Winkelgeschwindigkeitsänderung<br />

konstant ist, ergibt sich die mittlere<br />

Winkelgeschwindigkeit zu wm ¼ðw0 þ wtÞ=2<br />

und der überstrichene Drehwinkel zu<br />

Dj ¼ wm Dt ¼ wt Dt=2. Das entspricht dem Flächeninhalt<br />

der Dreieckfläche unter der w-Linie.<br />

Winkelbeschleunigung a, dargestellt im<br />

w, t-Diagramm<br />

Hinweis: Vergleiche das w, t-Diagramm mit<br />

dem v, t-Diagramm auf Seite 151.<br />

Winkelgeschwindigkeitsänderung Dw<br />

a ¼<br />

zugehöriger Zeitabschnitt Dt<br />

a ¼ Dw<br />

Dt<br />

Grundgleichung der gleichmäßig beschleunigten<br />

(verzögerten) Kreisbewegung<br />

ðaÞ ¼ ðwÞ<br />

ðtÞ ¼<br />

v<br />

rad<br />

s<br />

s<br />

¼ rad<br />

s<br />

a Dw Dt<br />

rad 1<br />

¼<br />

s2 s2 rad 1<br />

¼<br />

s s<br />

1 2<br />

¼ ¼ s 2 s2 v m<br />

0 m<br />

v =2v<br />

v0 + vt<br />

A= Δϕ = Δt<br />

2<br />

v0 =0<br />

0 Δt<br />

t<br />

Mittlere Winkelgeschwindigkeit wm<br />

s


184<br />

In jedem w, t-Diagramm entspricht die Fläche<br />

A unter der Winkelgeschwindigkeitslinie dem<br />

überstrichenen Drehwinkel Dj (A ¼b Dj).<br />

4.3.4 Die Tangentialbeschleunigung aT<br />

Wird ein Körper drehend mit der Winkelbeschleunigung<br />

a bewegt, werden alle Körperpunkte in<br />

jedem Augenblick in Richtung der Tangente mit<br />

der Tangentialbeschleunigung aT beschleunigt.<br />

Wie jede Beschleunigung ist auch aT ein Verhältnis<br />

von Geschwindigkeitsänderung und Zeitabschnitt.<br />

Hier handelt es sich um die Zunahme<br />

der Umfangsgeschwindigkeit Dvu ¼ Dw r. Damit<br />

ist über aT ¼ Dvu=Dt ¼ Dw r=Dt ¼ ar die Verbindung<br />

zwischen Tangential- und Kreisgröße hergestellt.<br />

Das wurde auch schon für vu und w nachgewiesen<br />

(Seite 179, 4.2.7).<br />

Tangentialgrößen (Umfangsgeschwindigkeit vu<br />

und Tangentialbeschleunigung aT) ergeben sich<br />

aus den Kreisgrößen durch Multiplikation mit<br />

dem Radius r.<br />

4.3.5 Arbeitsplan zur Kreisbewegung<br />

(vergleiche mit Abschnitt 4.1.5)<br />

w, t-Diagramm aufzeichnen<br />

Als Erstes wird geprüft, ob die Bewegung beschleunigt<br />

(ansteigende w-Linie) oder verzögert ist<br />

(fallende w-Linie), und ob die Bewegung aus dem<br />

Ruhezustand heraus erfolgt oder bis zur Ruhestellung<br />

verläuft. Danach skizziert man das w, t-Diagramm<br />

(unmaßstäblich).<br />

Als Beispiel wird eine gleichmäßig beschleunigte<br />

Kreisbewegung mit Anfangs-Winkelgeschwindigkeit<br />

(w0 6¼ 0) betrachtet.<br />

Fläche A ¼b Drehwinkel Dj<br />

Gilt für jede Drehbewegung<br />

aT ¼ Dvu<br />

Dt<br />

Δv<br />

v 0<br />

aT ¼ ar<br />

v<br />

Zusammenhang zwischen<br />

Tangentialgrößen und Kreisgrößen<br />

¼ Dw r<br />

Dt<br />

v-Linie<br />

A= Δϕ =<br />

¼ ar<br />

aT a r<br />

m<br />

s 2<br />

v0 + vt<br />

Δt<br />

2<br />

rad 1<br />

¼<br />

s2 s2 vt<br />

0 t<br />

Δt<br />

4 Dynamik<br />

m<br />

1. Schritt


4.3 Gleichmäßig beschleunigte (verzögerte) Drehbewegung 185<br />

Grundgleichung aufschreiben<br />

Ausgangsgleichung ist immer die Definitionsgleichung<br />

für die Winkelbeschleunigung a ¼ Dw=Dt.<br />

Drehwinkelgleichungen aufschreiben<br />

Es ist bekannt, dass die Fläche A unter der w-Linie<br />

dem überstrichenen Drehwinkel Dj entspricht. Je<br />

nach Flächenform (hier Trapez) entwickelt man<br />

mit den eingetragenen Bezeichnungen Gleichungen<br />

mit Dj, zunächst ohne Rücksicht darauf, ob<br />

für die spezielle Aufgabenstellung alle Gleichungen<br />

gebraucht werden. In der Praxis werden<br />

häufig alle Größen der Bewegung verlangt.<br />

Gleichungen auswerten<br />

Grundgleichung und Drehwinkelgleichungen bilden<br />

ein Gleichungssystem mit mehreren Unbekannten.<br />

In der Regel werden zwei Unbekannte<br />

gesucht. Es genügen dann meistens die Grundgleichung<br />

und eine der Drehwinkelgleichungen<br />

zur Lösung.<br />

Angenommen es ist die Funktionsgleichung<br />

Dt ¼ f ðw0, a, DjÞ gesucht. Dann sind w0, a, Dj<br />

gegebene Größen. Der Zeitabschnitt Dt ist die<br />

gesuchte Größe. Wird die Gleichsetzungsmethode<br />

benutzt, kann man sowohl die Grundgleichung als<br />

auch die erste Drehwinkelgleichung nach wt auflösen,<br />

beide Gleichungen gleichsetzen und auf<br />

gewohnte Weise weiterentwickeln.<br />

Als Ergebnis erhält man hier eine gemischtquadratische<br />

Gleichung (siehe Tabelle 4.3, Seite 186).<br />

Die analoge Gleichung wurde in 4.1.5 (Seite 153)<br />

entwickelt.<br />

Aufgaben Nr. 486–493<br />

a ¼ Dw<br />

Dt ¼ wt w0<br />

Dt<br />

2. Schritt<br />

Dj ¼ w0 þ wt<br />

Dt<br />

2<br />

(Trapezfläche)<br />

3. Schritt<br />

Dw Dt<br />

Dj ¼ w0 Dt þ ;<br />

2<br />

Dw ¼ wt w0<br />

(Rechteckfläche þ Dreieckfläche)<br />

Dj ¼ wt Dt<br />

Dw Dt<br />

;<br />

2<br />

Dw ¼ wt w0<br />

(Rechteckfläche Dreieckfläche)<br />

4. Schritt<br />

Hinweis: Lösung nach dem Einsetzungsoder<br />

Gleichsetzungsverfahren.<br />

a ¼ wt w0<br />

Dt ) wt ¼ w0 þ a Dt<br />

(Grundgleichung)<br />

Dj ¼ w0 þ wt<br />

2<br />

2 Dj<br />

Dt ) wt ¼<br />

Dt<br />

(erste Drehwinkelgleichung)<br />

2 Dj<br />

w0 þ a Dt ¼<br />

Dt<br />

w0<br />

2 Dj<br />

2w0 þ a Dt ¼<br />

Dt<br />

Dt<br />

a<br />

ðDtÞ 2 þ 2w0<br />

a Dt<br />

Dt1, 2 ¼ w0<br />

a<br />

Dt ¼ f ðw0, a, DjÞ<br />

2 Dj<br />

¼ 0<br />

a<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 2 Dj<br />

þ<br />

a<br />

w0<br />

a<br />

w0


186<br />

Tabelle 4.3 Gleichmäßig beschleunigte Kreisbewegung<br />

Die Gleichungen dieser Tabelle gelten in Verbindung v<br />

mit den Bezeichnungen der nebenstehenden<br />

w, t-Diagramme.<br />

Einheiten<br />

Dj Dt w0, wt a r vu aT<br />

rad s<br />

Winkelbeschleunigung a<br />

(Definition)<br />

Winkelbeschleunigung a<br />

(bei w0 ¼ 0)<br />

Winkelbeschleunigung a<br />

(bei w0 6¼ 0)<br />

Tangentialbeschleunigung aT<br />

Endwinkelgeschwindigkeit wt<br />

(bei w0 ¼ 0)<br />

Endwinkelgeschwindigkeit wt<br />

(bei w0 6¼ 0)<br />

Drehwinkel Dj<br />

(bei w0 ¼ 0)<br />

Drehwinkel Dj<br />

(bei w0 6¼ 0)<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei w0 ¼ 0)<br />

rad<br />

s<br />

rad m<br />

m<br />

s2 s<br />

v-Linie<br />

vt<br />

0<br />

vt t<br />

Δϕ =<br />

Δt t<br />

Δ<br />

2<br />

Beschleunigte Kreisbewegung<br />

ohne<br />

Anfangsgeschwindigkeit<br />

(w0 ¼ 0)<br />

Δv<br />

Winkelgeschwindigkeitszunahme Dw<br />

a ¼ in<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

rad<br />

s2 a ¼ wt<br />

2<br />

wt 2 Dj<br />

¼ ¼<br />

Dt 2 Dj ðDtÞ 2<br />

a ¼ wt w0<br />

Dt ¼ wt 2 w0 2<br />

2 Dj<br />

aT ¼ ar ¼ Dw Dvu<br />

r ¼<br />

Dt Dt<br />

wt ¼ a Dt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2a Dj<br />

wt ¼ w0 þ Dw ¼ w0 þ a Dt<br />

wt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

w0 2 p<br />

þ 2a Dj<br />

Dj ¼ wt Dt<br />

2<br />

¼ aðDtÞ2<br />

2<br />

¼ wt 2<br />

2a<br />

Dj ¼ w0 þ wt<br />

Dt ¼ w0 Dt þ<br />

2<br />

aðDtÞ2<br />

2<br />

Dj ¼ wt 2 w0 2<br />

2a<br />

Dt ¼ wt<br />

a ¼<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 Dj<br />

a<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei w0 6¼ 0) Dt ¼ wt w0<br />

¼<br />

a<br />

w0<br />

a<br />

m<br />

s 2<br />

w0<br />

a<br />

v0<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 2 Dj<br />

þ<br />

a<br />

v<br />

v-Linie<br />

4 Dynamik<br />

v0 vt<br />

Δϕ = +<br />

Δt<br />

2<br />

vt<br />

0 Δt<br />

t<br />

Beschleunigte Kreisbewegung<br />

mit<br />

Anfangsgeschwindigkeit<br />

(w0 6¼ 0)


4.3 Gleichmäßig beschleunigte (verzögerte) Drehbewegung 187<br />

Tabelle 4.4 Gleichmäßig verzögerte Kreisbewegung<br />

Die Gleichungen dieser Tabelle gelten in Verbindung<br />

mit den Bezeichnungen der nebenstehenden<br />

w, t-Diagramme.<br />

Einheiten<br />

Dj Dt w0, wt a r vu aT<br />

rad s<br />

Winkelverzögerung a<br />

(Definition)<br />

Winkelverzögerung a<br />

(bei wt ¼ 0)<br />

Winkelverzögerung a<br />

(bei wt 6¼ 0)<br />

Tangentialverzögerung aT<br />

Anfangswinkelgeschwindigkeit w0<br />

(bei wt ¼ 0)<br />

Endwinkelgeschwindigkeit wt<br />

Drehwinkel Dj<br />

(bei wt ¼ 0)<br />

Drehwinkel Dj<br />

(bei wt 6¼ 0)<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei wt ¼ 0)<br />

rad<br />

s<br />

rad m<br />

s2 m<br />

s<br />

v0<br />

v<br />

0<br />

v-Linie<br />

v0 Δt<br />

Δϕ =<br />

2<br />

Δt<br />

Verzögerte Kreisbewegung<br />

ohne<br />

Endgeschwindigkeit<br />

(wt ¼ 0)<br />

Winkelgeschwindigkeitsabnahme Dw<br />

a ¼ in<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

rad<br />

s2 a ¼ w0<br />

2<br />

w0 2 Dj<br />

¼ ¼<br />

Dt 2 Dj ðDtÞ 2<br />

a ¼ w0 wt<br />

Dt ¼ w0 2 wt 2<br />

2 Dj<br />

aT ¼ ar ¼ Dw Dvu<br />

r ¼<br />

Dt Dt<br />

w0 ¼ a Dt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2a Dj<br />

wt ¼ w0 Dw ¼ w0 a Dt<br />

wt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

w0 2 p<br />

2a Dj<br />

Dj ¼ w0 Dt<br />

2<br />

Dj ¼ w0 þ wt<br />

2<br />

Dj ¼ w0 2 wt 2<br />

2a<br />

Dt ¼ w0<br />

a ¼<br />

¼ aðDtÞ2<br />

2<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 Dj<br />

a<br />

Zeitabschnitt Dt<br />

(bei wt 6¼ 0) Dt ¼ w0 wt<br />

¼<br />

a<br />

w0<br />

a<br />

m<br />

s 2<br />

¼ w0 2<br />

2a<br />

Dt ¼ w0 Dt<br />

aðDtÞ 2<br />

2<br />

t<br />

v0<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

w0<br />

2 2 Dj<br />

a a<br />

v<br />

v-Linie<br />

v0 vt<br />

Δϕ = +<br />

Δt<br />

2<br />

Δv<br />

vt<br />

0 Δt<br />

t<br />

Verzögerte Kreisbewegung<br />

mit<br />

Endgeschwindigkeit<br />

(wt 6¼ 0)


188<br />

4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation)<br />

4.4.1 Das Trägheitsgesetz (Beharrungsgesetz), erstes Newton’sches Axiom<br />

Nach den Gesetzen des freien Falls und der Bewegung<br />

der Körper auf der schiefen Ebene fand<br />

Galilei das Trägheits- oder Beharrungsgesetz, das<br />

später von Newton formuliert wurde:<br />

Jeder Körper beharrt im Zustand der Ruhe<br />

(v ¼ 0) oder der gleichförmigen geradlinigen<br />

Bewegung (v ¼ konstant), solange keine resultierende<br />

Kraft auf ihn einwirkt.<br />

Diese Körpereigenschaft heißt Trägheit oder<br />

Beharrungsvermögen.<br />

Galilei leitete das Trägheitsgesetz gedanklich von<br />

seinen Erkenntnissen bei den Bewegungsvorgängen<br />

auf der schiefen Ebene ab:<br />

Aus der Höhe h rollt der Körper K von A nach O<br />

reibungsfrei herab. Bei O angekommen, hat er eine<br />

bestimmte Geschwindigkeit (v ¼ ffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh).<br />

Leitet<br />

man den Körper von O aus auf die verschieden geneigten<br />

Bahnen OB oder OC, so wird er wieder<br />

genau bis zur Höheh emporsteigen.<br />

Bleibt der Körper jedoch auf der horizontalen<br />

Bahn OD, wirkt jetzt keine zur Bahn parallele<br />

Komponente der Gewichtskraft auf ihn. Dann ist<br />

SF ¼ 0, d. h. die Gewichtskraft FG ist gleich der<br />

Stützkraft FN (Normalkraft). Wegen SF ¼ 0 und<br />

damit Fres ¼ 0 muss der Körper mit konstanter<br />

Geschwindigkeit v auf seiner horizontalen Bahn<br />

geradlinig in Bewegung bleiben.<br />

Galileo Galilei, ital. Mathematiker und<br />

Physiker, 1564 –1642.<br />

Isaac Newton, engl. Physiker, Begründer der<br />

<strong>Mechanik</strong>, 1642–1726<br />

Beachte:<br />

Auch die Umkehrung gilt:<br />

Wirkt keine resultierende Kraft, dann ist auch<br />

v ¼ 0 oder v ¼ konstant.<br />

Ruhezustand und gleichförmig geradlinige<br />

Bewegung sind gleichwertig. In beiden Fällen<br />

wirkt keine resultierende Kraft (Betonung<br />

auf „resultierende“ Kraft).<br />

Trägheitsgesetz<br />

4 Dynamik<br />

Beachte: Ist die Summe aller Kräfte gleich<br />

null (SF ¼ 0), dann heißt das auch, dass keine<br />

resultierende Kraftwirkung vorhanden ist,<br />

also Fres ¼ 0.


4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 189<br />

Die Zustände „Ruhe“ und „gleichförmig geradlinige<br />

Bewegung“ heißen auch „Gleichgewichtszustände“<br />

des Körpers, weil keine resultierende<br />

Kraft auf den Körper wirkt:<br />

Ein Körper befindet sich dann im Gleichgewicht,<br />

wenn die Summe aller an ihm angreifenden<br />

äußeren Kräfte gleich null ist (SF ¼ 0).<br />

Man kann den vorstehenden Satz auch umkehren<br />

und sagen:<br />

Es wirkt immer dann eine resultierende Kraft<br />

Fres auf einen Körper, wenn sich sein Bewegungszustand<br />

(Ruhe oder gleichförmig geradlinige<br />

Bewegung) ändert:<br />

Die resultierende Kraft Fres ist die Ursache<br />

jeder Bewegungsänderung (nach Betrag und<br />

Richtung).<br />

Beispiel:<br />

Ein Körper, der mit v ¼ konstant eine schiefe<br />

Ebene abwärts gleitet, ist genauso „im<br />

Gleichgewicht“ wie der auf horizontaler<br />

Ebene ruhende Körper:<br />

Eine Bewegungsänderung liegt nicht nur<br />

dann vor, wenn sich der Betrag der Geschwindigkeit<br />

ändert (v 6¼ konstant), sondern<br />

auch dann, wenn sich ihre Richtung ändert,<br />

wie bei der gleichförmigen Bewegung eines<br />

Körpers auf der Kreisbahn (siehe Fliehkraft<br />

4.9.7, Seite 242).<br />

Man findet auf der Erde keine Möglichkeit, einen Körper ohne äußere Kraftwirkung in gleichförmiger<br />

Bewegung zu halten, weil niemals die Reibungswiderstände der Bewegung (Unterlage,<br />

Wasser, Luft) ausgeschaltet werden können. Dadurch kommt jeder Körper, der sich<br />

bewegt, früher oder später zur Ruhe, wenn die Triebkraft fehlt, z. B. auch eine Stahlkugel, die<br />

über die Eisfläche eines Sees gestoßen wird. Rollwiderstand und Luftreibung ergeben hier eine<br />

bewegungsändernde resultierende Kraftwirkung, durch die die Kugel verzögert wird.<br />

4.4.2 Masse, Gewichtskraft und Dichte<br />

Aus der Erfahrung weiß man, dass der Trägheitswiderstand<br />

eines Körpers umso größer ist, je mehr<br />

Materie er enthält. Umso größer muss auch die<br />

resultierende Kraft Fres sein, wenn sein Bewegungszustand<br />

geändert werden soll.<br />

Beispiel:<br />

Das Beschleunigen (oder Abbremsen) eines<br />

Güterwagens erfordert eine erheblich größere<br />

resultierende Kraft als die gleiche Bewegungsänderung<br />

eines Fahrrades.<br />

Gleiche Bewegungsänderung heißt hier<br />

gleiche Beschleunigung a.


190<br />

Als ein Maß für die Menge an Materie (z. B. Luftmenge,<br />

Wassermenge, Stahlmenge) wurde die<br />

Masse m eingeführt. Sie ist damit auch zugleich<br />

ein Maß für die Trägkeit des Körpers.<br />

Die gesetzliche und internationale Einheit der<br />

Masse m ist das Kilogramm (kg).<br />

1 Gramm (g) ¼ 10 3 kg; 1000 g ¼ 1kg<br />

1 Tonne (t) ¼ 10 3 kg; 1000 kg ¼ 1t<br />

Jeder Körper auf der Erde oder auf einem anderen<br />

Planeten unterliegt der Schwerkraft (Massenanziehungskraft).<br />

Diese Kraft nennt man Gewichtskraft<br />

(Formelzeichen: FG). Sie kann mit der Federwaage<br />

am frei aufgehängten Körper gemessen werden.<br />

Die Masse m eines Körpers und seine Gewichtskraft<br />

FG sind zwei physikalische Größen verschiedener<br />

Art, man darf sie nicht miteinander verwechseln.<br />

Daher sollen beide Größen noch klarer<br />

voneinander abgegrenzt werden:<br />

Ein z. B. 1-kg-Wägestück (man sollte nicht Gewichtsstück<br />

sagen) behält überall auf der Erde –<br />

auch auf anderen Planeten – seine Materiemenge<br />

und damit auch die gleiche Trägheit.<br />

Dagegen ändert sich die Gewichtskraft FG des<br />

Wägestückes von der Masse m ¼ 1 kg bei jedem<br />

Ortswechsel. Das liegt an der Fallbeschleunigung<br />

g, die sich mit dem Ort ändert.<br />

Beispielsweise ist die Gewichtskraft des Kilogrammstücks<br />

auf der Sonnenoberfläche etwa<br />

28mal so groß wie auf der Erde, während sie auf<br />

dem Mond nur etwa 1/6 der Erd-Gewichtskraft<br />

beträgt.<br />

Auch auf der Erde selbst bleibt die Gewichtskraft<br />

FG eines Körpers nicht überall gleich groß,<br />

weil sich die Fallbeschleunigung g bis zu 0,5%<br />

ändert, wenn man sie einmal an den Polen und<br />

zum anderen am Øquator misst. Zu internationalen<br />

Vergleichen hat man eine Normfallbeschleunigung<br />

gn festgelegt. Die zur Normfallbeschleunigung<br />

gehörende Gewichtskraft heißt Normgewichtskraft<br />

FGn.<br />

4 Dynamik<br />

Beachte:<br />

Viel Materie ¼ große Masse m ¼ große<br />

Trägheit.<br />

Wenig Materie ¼ kleine Masse m ¼ kleine<br />

Trägheit.<br />

Die Masse kann durch Wägung mit der Hebelwaage<br />

gemessen werden. Als gesetzliche Basiseinheit<br />

wurde dazu das Kilogramm (kg)<br />

eingeführt, dessen internationaler Kilogramm-Prototyp<br />

(ein Platin-Iridiumzylinder)<br />

im Internationalen Bürofür Maße und<br />

Gewichte in Sèvres bei Paris aufbewahrt wird.<br />

In DIN 1304 (Allgemeine Formelzeichen)<br />

wird FG als Formelzeichen für die Gewichtskraft<br />

empfohlen.<br />

Ein Körper hat viele physikalische Eigenschaften.<br />

Sie werden durch Größen verschiedener<br />

Art beschrieben, z. B. die Temperatur<br />

T, die Wärmeleitfähigkeit l, und auch<br />

die Masse m und die Gewichtskraft FG.<br />

Die Gewichtskraft FG ändert sich mit dem<br />

Ort, die Masse m dagegen bleibt überall<br />

dieselbe.<br />

Hinweis: Den formalen Zusammenhang<br />

zwischen Masse m, Gewichtskraft FG und<br />

Fallbeschleunigung g zeigt das dynamische<br />

Grundgesetz für Gewichtskräfte auf Seite<br />

192 unten.<br />

Beispiele:<br />

Normfallbeschleunigung (international<br />

festgelegt):<br />

gn ¼ 9,80665 m/s 2<br />

Fallbeschleunigung in Øquatornähe<br />

gä ¼ 9,78049 m/s 2<br />

Fallbeschleunigung in Polnähe<br />

gp ¼ 9,83221 m/s 2


4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 191<br />

Die Masse m eines Körpers ist eine unveränderliche<br />

Größe, sie wird in kg gemessen. Die<br />

Masse ist ein Skalar.<br />

Die Gewichtskraft FG eines Körpers ist eine<br />

vom Ort abhängige Größe, sie wird in Newton<br />

(N) gemessen (siehe 4.4.4, Seite 193).<br />

Die Gewichtskraft ist (wie jede Kraft) ein<br />

Vektor.<br />

Die Aussage von der Unveränderlichkeit der Masse<br />

m eines Körpers gilt uneingeschränkt nur in der<br />

klassischen <strong>Mechanik</strong>. Das ist der Bereich für<br />

Geschwindigkeiten v, die wesentlich kleiner sind<br />

als die Lichtgeschwindigkeit c ¼ 300 000 km/s.<br />

In der relativistischen <strong>Mechanik</strong> mit Geschwindigkeiten<br />

v in der Größenordnung der Lichtgeschwindigkeit<br />

c ist die Masse m eines Körpers abhängig<br />

vom Geschwindigkeitsverhältnis v/c. Solche Fälle<br />

treten in der Technik nicht auf.<br />

Die Dichte r einer Materie ist der Quotient aus der<br />

Masse m und dem zugehörigen Volumen V.<br />

Die Einheit der Dichte ist daher auch der Quotient<br />

aus einer Masseneinheit und einer Volumeneinheit.<br />

Neben der Einheit kg/m 3 sind für die Dichte auch<br />

alle Einheiten zulässig, die als Quotient aus einer<br />

zulässigen Masseneinheit und einer zulässigen<br />

Volumeneinheit gebildet werden.<br />

4.4.3 Das dynamische Grundgesetz,<br />

zweites Newton’sches Axiom<br />

Nach dem Trägheitsgesetz wird ein Körper dann<br />

beschleunigt, verzögert oder zu einer Richtungsänderung<br />

gezwungen, wenn auf ihn eine resultierende<br />

Kraft Fres wirkt, d. h. wenn sich bei der<br />

zeichnerischen oder rechnerischen Zusammenfassung<br />

aller äußeren Kräfte (Kräftereduktion) eine<br />

resultierende Kraft Fres ergibt.<br />

Beispiel:<br />

Für einen Körper von der Masse m ¼ 1kg<br />

(z. B. das 1-kg-Wägestück) wird mit der<br />

Federwaage die Gewichtskraft FG ¼ 9,81 N<br />

festgestellt:<br />

In Erdnähe verhalten sich die Zahlenwerte<br />

der Masse m in kg und der Gewichtskraft FG<br />

in N etwa wie 1:10.<br />

Beachte: Masse m und Gewichtskraft FG sind<br />

Größen verschiedener Art.<br />

Die relativistische <strong>Mechanik</strong> geht auf Einsteins<br />

Relativitätstheorie zurück. Hier gilt für<br />

die Masse m eines Körpers:<br />

m0 m0 Ruhemasse<br />

m ¼ rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v 2 v Geschwindigkeit<br />

1<br />

des Körpers<br />

c<br />

c Lichtgeschwindigkeit<br />

Beispiel: Für einen Körper mit der Masse<br />

m ¼ 1000 kg und der Geschwindigkeit<br />

v ¼ 0,9 c wird die Masse<br />

m0 1000 kg<br />

m ¼ sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi ¼ ¼ 2294 kg<br />

2<br />

0,9 c<br />

0,436<br />

1<br />

c<br />

Masse m<br />

Dichte r ¼<br />

Volumen V<br />

r ¼ m<br />

V<br />

r m V<br />

kg<br />

m 3 kg m 3<br />

Beispiele: kg kg g<br />

dm<br />

3; cm3; cm 3<br />

Lageskizze Kräfteplan<br />

Der Körper wird durch Fres ¼ Fz FR<br />

(Zugkraft minus Reibungskraft) in horizontaler<br />

Richtung beschleunigt.


192<br />

Newton entdeckte, dass der Betrag der resultierenden<br />

Kraft Fres von der Masse m des Körpers und<br />

von der Beschleunigung a (oder Verzögerung a)<br />

abhängt. Jeder Versuch bestätigt dieses wichtigste<br />

Gesetz der Dynamik:<br />

Die auf einen Körper von der Masse m einwirkende<br />

konstante resultierende Kraft Fres ist<br />

gleich dem Produkt aus der Masse m und der<br />

Beschleunigung (Verzögerung) a des Körpers.<br />

Man erkennt, dass das Trägheitsgesetz (erstes<br />

Newton’sches Axiom) im dynamischen Grundgesetz<br />

enthalten ist, denn für Fres ¼ 0 ist auch<br />

a ¼ 0, d. h. der Körper wird weder beschleunigt<br />

noch verzögert.<br />

Der frei fallende Körper wird mit der Fallbeschleunigung<br />

g in Richtung Erdmittelpunkt beschleunigt<br />

(beim senkrechten Wurf entsprechend verzögert).<br />

Die auf den Körper einwirkende resultierende<br />

Kraft ist die Gewichtskraft FG ¼ Fres. Damit kann<br />

die Gewichtskraft FG eines Körpers aus seiner<br />

Masse m (auf der Hebelwaage gewogen) und der<br />

örtlichen Fallbeschleunigung g bestimmt werden.<br />

Vielfach kann man mit g ¼ 10 m/s 2 rechnen. In<br />

diesem Buch und in der Aufgabensammlung<br />

wurde mit g ¼ 9,81 m/s 2 gerechnet.<br />

Die Normgewichtskraft FGn ist das Produkt aus<br />

der Masse m und der Normfallbeschleunigung gn<br />

(siehe Seite 190).<br />

Die drei Newton’schen Axiome:<br />

Trägheitsgesetz, Dynamisches Grundgesetz,<br />

Wechselwirkungsgesetz (actio gleich<br />

reactio).<br />

resultierende<br />

Kraft ¼ Masse m Fres<br />

Beschleunigung<br />

a<br />

Fres ¼ ma<br />

Dynamisches<br />

Grundgesetz<br />

Die Krafteinheit N (Newton) wird im folgenden<br />

Abschnitt 4.4.4 erläutert.<br />

Hinweis: Ist ein Produkt gleich null, dann<br />

muss einer der Faktoren null sein; bei<br />

Fres ¼ ma ¼ 0 kann nur a ¼ 0 sein, weil<br />

m ¼ 0 nicht möglich ist.<br />

Bei a ¼ 0 ruht der Körper oder er bewegt<br />

sich geradlinig gleichförmig (v ¼ konstant).<br />

Beide Zustände sind gleichwertig.<br />

Für Fres wird die Gewichtskraft FG und für<br />

die Beschleunigung a die Fallbeschleunigung<br />

g in das dynamische Grundgesetz eingesetzt:<br />

GewichtsFallbeschleunikraft<br />

¼ Masse m FG gung g<br />

FG ¼ mg<br />

Dynamisches<br />

Grundgesetz<br />

für Gewichtskräfte<br />

FGn ¼ mgn<br />

Fres m a<br />

kg m<br />

N ¼<br />

s2 kg m<br />

s2 FG m g<br />

kg m<br />

N ¼<br />

s2 4 Dynamik<br />

kg m<br />

s 2<br />

Normgewichtskraft


4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 193<br />

4.4.4 Die gesetzliche und internationale Einheit für die Kraft<br />

Die Einheit einer physikalischen Größe erhält man<br />

immer über die Definitionsgleichung für die jeweilige<br />

Größe. Für die Kraft F ist die Definitionsgleichung<br />

das dynamische Grundgesetz<br />

Fres ¼ ma. Die Einheit der Masse m ist gesetzlich<br />

und international als die Basiseinheit „Kilogramm<br />

kg“ festgelegt worden. Die Einheit für die Beschleunigung<br />

a liegt ebenfalls mit „Meter je<br />

Sekundequadrat m/s 2 “ fest. Also muss die Krafteinheit<br />

das Produkt dieser beiden Einheiten sein:<br />

1 Newton (N) ist diejenige resultierende Kraft,<br />

die einem Körper von der Masse m ¼ 1 kg die<br />

Beschleunigung a ¼ 1 m/s 2 erteilt.<br />

4.4.5 Ûbungen zum dynamischen Grundgesetz<br />

1. Ûbung: Ein Mann stellt sich auf die Waage.<br />

Der Zeiger bleibt bei 75 kg stehen. Welche physikalische<br />

Bedeutung hat diese Anzeige?<br />

2. Ûbung: An einem Kranhaken hängt ein Körper<br />

von der Masse m ¼ 2000 kg. Er soll beim Heben<br />

mit 0,3 m/s 2 beschleunigt werden. Welche Zugkraft<br />

Fz hat das Seil aufzunehmen?<br />

Lösung: Man zeichnet die Lageskizze (Körper<br />

freigemacht). Beschleunigung a und Geschwindigkeit<br />

v werden in Klammern eingetragen, um sie<br />

deutlich von den Kräften zu unterscheiden. Dann<br />

zeichnet man die Kräfteskizze. Aus der Statik ist<br />

bekannt, dass die Resultierende vom Anfangspunkt<br />

A zum Endpunkt E der äußeren Kräfte zeigt<br />

(statischer Teil der Aufgabe):<br />

Im ersten Schritt verschafft man sich am freigemachten<br />

Körper Klarheit über den Richtungssinn<br />

der resultierenden Kraft Fres.<br />

ðFÞ ¼ðmÞ ðaÞ<br />

ðFÞ ¼kg m<br />

s 2 ¼ kg m s 2 ¼ Newton ðNÞ<br />

1N¼ 1<br />

kg m<br />

2<br />

¼ 1kgms<br />

s2 Die Form kg m s 2 wird als „Potenzprodukt<br />

von Basiseinheiten“ bezeichnet, hier der<br />

Basiseinheiten kg, m, s (Kilogramm, Meter,<br />

Sekunde).<br />

Zur Veranschaulichung:<br />

Hängt man eine 100-g-Tafel Schokolade an<br />

einem Faden auf, dann beträgt die Zugkraft<br />

im Faden etwa 1 Newton.<br />

Als Krafteinheit ist das Newton natürlich<br />

auch die Einheit der Gewichtskraft FG.<br />

Der Mann besitzt die Masse m ¼ 75 kg und<br />

damit die Normgewichtskraft:<br />

FGn ¼ mgn ¼ 75 kg 9,80665 m<br />

FGn ¼ 735,5<br />

kg m<br />

¼ 735,5 N<br />

s2 Gegeben: m ¼ 2000 kg<br />

a ¼ 0,3 m<br />

s 2<br />

g ¼ 9,81 m<br />

s 2<br />

Gesucht: Seilkraft Fz<br />

Lageskizze Kräfteskizze<br />

s 2<br />

1. Schritt<br />

Hinweis: Als positiven Richtungssinn legt<br />

man den Richtungssinn von Fres fest, weil<br />

dann a immer positiv wird:<br />

Fres ¼ Fz FG ¼ Fz mg


194<br />

Nachdem man die Beziehung für die resultierende<br />

Kraft Fres gefunden hat, setzt man sie in die Gleichung<br />

für das dynamische Grundgesetz ein (kinetischer<br />

Teil der Aufgabe):<br />

Im zweiten Schritt setzt man Fres mit dem<br />

Produkt ma gleich; bei mehreren Teilkörpern<br />

gleicher Beschleunigung muss die Gesamtmasse<br />

mges eingesetzt werden.<br />

In manchen Aufgaben ist die Beschleunigung a<br />

nicht direkt gegeben, sondern muss erst aus anderen<br />

Größen bestimmt werden (kinematischer Teil<br />

der Aufgabe):<br />

Im dritten Schritt ermittelt man nach 4.1.5 (Seite<br />

153) eine Beziehung für die Beschleunigung<br />

a, wenn sie nicht schon gegeben ist.<br />

Zum Schluss braucht man nur noch alle statischen,<br />

kinetischen und kinematischen Lösungsansätze<br />

algebraisch auszuwerten:<br />

Im vierten Schritt bestimmt man aus den entwickelten<br />

Gleichungen die unbekannten Größen<br />

nach den mathematischen Gesetzen.<br />

3. Ûbung: Ein Kraftfahrzeug von der Masse<br />

m ¼ 1000 kg soll auf horizontaler Bahn auf einer<br />

Strecke von 100 m bis zum Stillstand abgebremst<br />

werden. Die Geschwindigkeit beträgt 72 km/h, der<br />

Fahrwiderstand (Summe aller Reibungswiderstände)<br />

des Fahrzeugs beträgt Fw ¼ 500 N.<br />

Zu bestimmen ist die Bremskraft Fb.<br />

Lösung: Man fertigt als Erstes wieder die Skizze<br />

des freigemachten Körpers an (Lageskizze):<br />

Gewichtskraft FG und Normalkraft FN wirken in<br />

y-Richtung (SFy ¼ 0). In x-Richtung werden<br />

Bremskraft Fb und Fahrwiderstand Fw nach links<br />

wirkend eingetragen. Man nimmt an, dass sich das<br />

Fahrzeug von links nach rechts bewegt. Die Verzögerung<br />

a ist dann nach links gerichtet, ebenso<br />

wie die resultierende Kraft Fres, die sich nach der<br />

Kräfteskizze als Summe von Fb und Fw ergeben<br />

muss (SFx 6¼ 0). Das Ergebnis des ersten Schrittes<br />

ist also Fres ¼ Fb þ Fw.<br />

Fres ¼ Fz mg ¼ ma<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

In der vorliegenden Aufgabe ist die Beschleunigung<br />

a ¼ 0,3 m/s 2 schon bekannt.<br />

Fres ¼ ma ¼ Fz mg<br />

4. Schritt<br />

Fz ¼ maþ mg ¼ mða þ gÞ<br />

Fz ¼ 2000 kg 0,3 m m<br />

þ 9,81<br />

s2 s2 kg m<br />

Fz ¼ 20 220 ¼ 20,22 kN<br />

s2 Gegeben: m ¼ 1000 kg<br />

Ds ¼ 100 m<br />

v ¼ 72 km<br />

h<br />

Fw ¼ 500 N<br />

Gesucht: Fb (Bremskraft)<br />

¼ 72<br />

3,6<br />

4 Dynamik<br />

m m<br />

¼ 20<br />

s s<br />

1. Schritt<br />

Lageskizze Kräfteskizze (zwei Möglichkeiten<br />

gezeichnet)


4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 195<br />

Im zweiten Schritt wird wieder Fres und das Produkt<br />

ma gleichgesetzt.<br />

Im dritten Schritt hat man hier die Beschleunigung<br />

a zu bestimmen (kinematischer Lösungsteil). Dazu<br />

wird der schon bekannte Lösungsplan nach 4.1.5,<br />

Seite 153 benutzt, der hier verkürzt wiedergegeben<br />

wird: v; t-Diagramm, Grundgleichung, Weggleichung,<br />

Auswertung der Gleichungen (a ¼<br />

v2 =2 Ds). Es kann die gefundene Gleichung für a<br />

in die weitere Rechnung übernommen werden<br />

oder es wird der Betrag berechnet.<br />

Im letzten Schritt wertet man die entwickelten<br />

Gleichungen aus und stellt die Gleichung<br />

Fb ¼ f ðm, v, Ds, FwÞ auf, mit der man dann noch<br />

den Betrag der Bremskraft berechnet.<br />

Vor dem Rechnen sollte immer wieder geprüft<br />

werden, ob die Einheiten „stimmen“: Da rechts<br />

vom Gleichheitszeichen zwei Glieder stehen, müssen<br />

beide die gleiche Einheit führen. Das erste<br />

Glied hat die Einheit kg m/s2 ¼ N, die gleiche Einheit<br />

wie das zweite Glied.<br />

4.4.6 Prinzip von d’Alembert<br />

Das d’Alembert’sche Prinzip führt zu einem<br />

Lösungsverfahren für Dynamikaufgaben, das die<br />

meisten Techniker dem Ansatz des dynamischen<br />

Grundgesetzes vorziehen, weil es auch komplizierteste<br />

Aufgaben durchsichtig macht.<br />

Der Grundgedanke des d’Alembert’schen Prinzips<br />

ist leicht zu erfassen, wenn noch einmal die Kräfteskizzen<br />

zu den beiden letzten Ûbungen betrachtet<br />

werden. In beiden Fällen erhält man sofort<br />

einen geschlossenen Kräftezug, wenn man nur den<br />

Richtungssinn der resultierenden Kraft Fres umkehrt.<br />

Das ist der Kunstgriff, der die Möglichkeit<br />

schafft, die zeichnerischen und rechnerischen<br />

Gleichgewichtsbedingungen auf Dynamikaufgaben<br />

anzuwenden. Kurz gesagt: Aus der Dynamikaufgabe<br />

wird eine Statikaufgabe gemacht. Man<br />

möchte nun noch nachweisen, dass der Richtungssinn<br />

von Fres umgekehrt werden darf und welche<br />

Bedeutung das hat.<br />

Fres ¼ Fb þ Fw ¼ ma<br />

a ¼ Dv v v<br />

¼ ) Dt ¼<br />

Dt Dt a<br />

v Dt<br />

Ds ¼<br />

2 ¼<br />

v v<br />

2<br />

a v<br />

¼<br />

2 2a<br />

2 v<br />

a ¼<br />

2 Ds ¼<br />

20 m 2<br />

s<br />

2 100 m<br />

Fb þ Fw ¼ ma<br />

Fb þ Fw ¼ m<br />

2 mv<br />

Fb ¼<br />

2 Ds<br />

v 2<br />

2 Ds<br />

Fw<br />

Fb ¼ f ðm, v, Ds, FwÞ<br />

1000 kg 400<br />

Fb ¼<br />

m2<br />

s2 2 100 m<br />

¼ 2 m<br />

s 2<br />

Δv =v<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

v<br />

0<br />

A= Δs<br />

Δt t<br />

4. Schritt<br />

500 N ¼ 1500 N<br />

d’Alembert, französischer Gelehrter,<br />

1717–1783.<br />

Beachte: Auch das Prinzip von d’Alembert<br />

beruht auf dem dynamischen Grundgesetz.<br />

a) Kräftepläne zum dynamischen Grundgesetz<br />

b) Kräftepläne zum d’Alembert’schen Prinzip<br />

(geschlossen)


196<br />

Nach dem dynamischen Grundgesetz wird jeder<br />

Körper in Pfeilrichtung der resultierenden Kraft<br />

beschleunigt. Fres ist also ausschließlich dazu erforderlich,<br />

die dem Körper innewohnende Trägheit<br />

zu überwinden. Die Trägheit äußert sich als eine<br />

Kraft, die sich der Beschleunigung widersetzt.<br />

Diese Trägheitskraft T ist immer genauso groß wie<br />

Fres, aber von entgegengesetztem Richtungssinn.<br />

Wächst Fres (Beschleunigung a wird größer), dann<br />

wächst in gleichem Maß auch die Trägheitskraft T,<br />

denn Fres ist nur deshalb aufzubringen, weil T vorhanden<br />

ist und umgekehrt.<br />

Weil beide Kräfte Fres und T immer gleich groß<br />

sind, auf gleicher Wirklinie liegen und entgegengesetzten<br />

Richtungssinn haben, muss ihre geometrische<br />

Summe gleich null sein.<br />

Da der Betrag von Fres nach dem dynamischen<br />

Grundgesetz gleich ma ist, darf man auch für die<br />

Trägheitskraft T ¼ ma setzen.<br />

Resultierende Kraft Fres und Beschleunigung a<br />

(Verzögerung) haben immer gleichen Richtungssinn.<br />

Die Trägheitskraft T wirkt der resultierenden<br />

Kraft Fres entgegen. Folglich gilt auch:<br />

Die Trägheitskraft T ist immer der Beschleunigung<br />

a (oder Verzögerung a) entgegengesetzt<br />

gerichtet.<br />

Werden jetzt noch einmal die beiden Kräftepläne<br />

betrachtet, dann erkennt man mit d’Alembert:<br />

Wird ein Körper beschleunigt (verzögert), so<br />

kann man durch Einführung der Trägheitskraft<br />

T ¼ ma für den Körper die statischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

ansetzen, um damit unbekannte<br />

Größen zu bestimmen.<br />

Hinweis: Man wählt für die Trägheitskraft<br />

das Zeichen T, weil es sich nicht um eine<br />

äußere Kraft handelt: Der Körper bringt sie<br />

„aus sich heraus“ hervor.<br />

Die Trägheitskraft T wird durch die Masse m<br />

des Körpers hervorgerufen, daher wird sie<br />

immer im Körperschwerpunkt S angetragen.<br />

Fres T ¼ 0<br />

Trägheitskraft T ¼ ma<br />

4 Dynamik<br />

Ist der Richtungssinn der Beschleunigung a<br />

(Verzögerung) bekannt, kennt man auch den<br />

Richtungssinn von T ¼ ma: entgegengesetzt<br />

zu a.<br />

Beachte: Mit Hilfe des Prinzips von d’Alembert<br />

wird aus einer „Ungleichgewichtsaufgabe“<br />

eine „Gleichgewichtsaufgabe“, die<br />

nach den Gesetzen der Statik zeichnerisch<br />

oder rechnerisch gelöst werden kann.


4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 197<br />

4.4.7 Arbeitsplan zum Prinzip von d’Alembert<br />

Körper freimachen (Lageskizze) 1. Schritt<br />

Beschleunigungsrichtung eintragen 2. Schritt<br />

Trägheitskraft T ¼ ma entgegengesetzt zum Richtungssinn der Beschleunigung<br />

eintragen (im Schwerpunkt angreifend)<br />

Gleichgewichtsbedingungen der Statik unter Einschluss der Trägheitskraft T<br />

ansetzen oder zeichnerische Verfahren anwenden<br />

Wie beim Lösen von Aufgaben nach dem dynamischen Grundgesetz kann es erforderlich sein,<br />

zusätzlich nach dem Lösungsplan 4.1.5 (Seite 153) die Beschleunigung (Verzögerung) a zu<br />

bestimmen.<br />

Aufgaben Nr. 495–514<br />

4.4.8 Ûbungen zum Prinzip von d’Alembert<br />

1. Ûbung: Wie groß muss die Anzugskraft F des<br />

Lastseiles sein, wenn eine Last von der Masse<br />

m ¼ 1000 kg mit der Beschleunigung a ¼ 1,6 m/s2 nach oben befördert werden soll?<br />

Lösung: Am Lastschwerpunkt greifen zwei äußere<br />

Kräfte an: Die Anzugskraft F im Seil und die<br />

Gewichtskraft FG.<br />

Im zweiten und dritten Schritt hat man nur darauf<br />

zu achten, dass Trägheitskraft T und Beschleunigung<br />

a immer entgegengesetzten Richtungssinn<br />

erhalten.<br />

Im vierten Schritt können entweder die statischen<br />

Gleichgewichtsbedingungen ansetzt werden, hier<br />

also SFy ¼ 0, oder es wird das geschlossene<br />

Krafteck zur zeichnerischen Lösung entwickelt.<br />

Hier wird die Funktionsgleichung F ¼ f ðm, a, gÞ<br />

aus der rechnerischen Gleichgewichtsbedingung<br />

SFy ¼ 0 gewonnen und die zeichnerische Lösung<br />

skizziert.<br />

Gegeben: m ¼ 1000 kg<br />

a ¼ 1,6 m<br />

s2 g ¼ 9,81 m<br />

s2 Gesucht: F ¼ f ðm, a, gÞ<br />

SFy ¼ 0 ¼ F FG T<br />

F FG T ¼ 0<br />

F mg ma ¼ 0<br />

F ¼ mðg þ aÞ<br />

F ¼ f ðm, a, gÞ<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

F ¼ 1000 kgð9,81 þ 1,6Þ m<br />

¼ 11,41 kN<br />

s2


198<br />

Lehrbeispiel: Prinzip von d’Alembert<br />

Aufgabenstellung:<br />

Ein Lkw fährt mit v ¼ 60 km/h. Er ist mit einem<br />

Kessel beladen, der nur gegen seitliches Rollen<br />

gesichert ist. Reibungszahlen zwischen Kessel<br />

und Lkw : m0 ¼ 0,3; m ¼ 0,25<br />

Masse des Kessels m ¼ 8000 kg.<br />

a) Welcher kürzeste Bremsweg ist möglich, ohne dass die Last ins Rutschen kommt?<br />

Lösung:<br />

Lageskizze<br />

Soll kein Rutschen auftreten, so muss unter Berücksichtigung der Trägheitskraft<br />

T sein:<br />

SFy ¼ 0 ¼ FN FG FN ¼ FG<br />

SFx ¼ 0 ¼ FR0 max þ T FR0max ¼ T ¼ ma<br />

FR0 max ¼ FNm0 ¼ FGm0 ¼ mg m0 a ¼ FR0 max<br />

m ¼ mg m0 m ¼ m m m<br />

0 g ¼ 0,3 9,81 ¼ 2,943<br />

s2 s2 Dem Weg Ds entspricht im v, t-Diagramm eine Dreieckfläche. Damit erhält<br />

man die Weggleichung Ds ¼ v Dt=2, in die aus der Grundgleichung für den<br />

Zeitabschnitt Dt ¼ v=a eingesetzt wird :<br />

a ¼ Dv v<br />

¼<br />

Dt Dt<br />

v Dt<br />

Ds ¼<br />

2<br />

v Dt<br />

Ds ¼<br />

2<br />

v<br />

Ds ¼<br />

v<br />

2<br />

a v<br />

¼<br />

2 2a<br />

a ¼ v v<br />

) Dt ¼<br />

Dt a eingesetzt<br />

60 m<br />

3,6 s<br />

Ds ¼<br />

2 2,943 m ¼ 47,193 m<br />

Der Bremsweg darf nicht kleiner als 47,193 m sein.<br />

b) Der Lkw wird gleichmäßig gebremst und kommt nach 25 m zum Stehen. Wie groß ist die Kraft F, die<br />

der Kessel auf die Stirnwand ausübt?<br />

Lösung:<br />

(a<br />

F R0 max = FN0<br />

F G = mg<br />

m<br />

v<br />

v<br />

A=Wegs t<br />

(a<br />

)<br />

)<br />

T=ma<br />

FN<br />

T=ma<br />

F = F<br />

R Nm F N<br />

F = mg<br />

G<br />

t<br />

F<br />

2<br />

s 2<br />

a ¼ v<br />

Dt<br />

v 2<br />

a ¼<br />

2 Ds ¼<br />

v Dt<br />

Ds ¼<br />

2<br />

60 m<br />

2<br />

3,6 s<br />

2 25 m<br />

2 Ds<br />

) Dt ¼<br />

v eingesetzt<br />

¼ 5,556 m<br />

s 2<br />

SFy ¼ 0 ¼ FN FG FN ¼ FG ¼ mg<br />

SFx ¼ 0 ¼ T F FR<br />

F ¼ T FR ¼ ma FNm<br />

F ¼ ma mgm ¼ mða gmÞ<br />

F ¼ 8000 kg ð5,556 9,81 0,25Þ m kg m<br />

¼ 24 828<br />

s2 s2 F ¼ 24 824 N 24,8 kN<br />

Lageskizze Die Kraft auf die Stirnwand beträgt 24,8 kN.<br />

4 Dynamik


4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 199<br />

2. Ûbung: Auf einer schiefen Ebene mit dem<br />

Neigungswinkel a ¼ 30 zur Horizontalen liegt<br />

ein Körper von der Masse m1. Ûber Seil und Rolle<br />

ist er mit einem zweiten Körper von der Masse<br />

m2 ¼ 1,5m1 verbunden. Die Reibungszahl beträgt<br />

m ¼ 0,2. Rolle und Seil sind masselos und reibungsfrei<br />

gedacht.<br />

Mit welcher Beschleunigung a bewegen sich die<br />

beiden Körper?<br />

Lösung: Man schneidet das Seil gedanklich durch<br />

und fertigt für beide Körper die Lageskizze an. Da<br />

Seil und Rolle masselos und reibungsfrei sein<br />

sollen, muss die Seilkraft F an jeder Stelle des<br />

Seils gleich groß sein; man braucht also nicht<br />

zwischen F1 und F2 zu unterscheiden.<br />

Aus der zweiten Gleichgewichtsbedingung<br />

SFy ¼ 0 für Körper 1 folgt FN ¼ FG1 cos a.<br />

Diesen Ausdruck braucht man für die Reibungskraft<br />

FR ¼ FN m ¼ FG1 cos am in der Gleichgewichtsbedingung<br />

SFx ¼ 0, die nach F auflöst<br />

wird. Für FG1 setzt man m1g ein, für die Trägheitskraft<br />

T1 ¼ m1a.<br />

Für den Körper 2 ist nur die Gleichgewichtsbedingung<br />

SFy ¼ 0 anzusetzen. Daraus findet man eine<br />

zweite Gleichung für die Seilkraft F.<br />

Zum Schluss werden beide Gleichungen für die<br />

Seilkraft F einander gleich gesetzt. Als Vereinfachung<br />

bietet sich hier an, mit dem Verhältnis der<br />

beiden Massen zu arbeiten. Man setzt also<br />

k ¼ m2/m1 und löst die Gleichung nach der gesuchten<br />

Beschleunigung a auf.<br />

Gegeben: m1<br />

Gesucht: a ¼ f ðm, m, a, gÞ<br />

m2 ¼ 1,5m1<br />

a ¼ 30<br />

m ¼ 0,2<br />

g ¼ 9,81 m<br />

s 2<br />

1.–3. Schritt<br />

Lageskizze Lageskizze<br />

für Körper 1 für Körper 2<br />

SFx ¼ 0 ¼ F FR FG1 sin a T1<br />

4. Schritt<br />

SFy ¼ 0 ¼ FN FG1 cos a ) FN ¼ FG1 cos a<br />

F ¼ FR þ FG1 sin a þ T1 ¼ FN m þ FG1 sin a þ T1<br />

F ¼ FG1 cos amþ FG1 sin a þ T1<br />

F ¼ m1gm cos a þ m1g sin a þ m1a<br />

F ¼ m1ðgm cos a þ g sin a þ aÞ<br />

SFy ¼ 0 ¼ F þ T2 FG2; T2 ¼ m2a<br />

F ¼ m2 g m2 a ¼ m2ðg aÞ<br />

m1ðgm cos a þ g sin a þ aÞ ¼m2ðg aÞ<br />

m2 gm cos a þ g sin a þ a<br />

¼ ¼ k<br />

m1 g a<br />

kg ka ¼ gð m cos a þ sin aÞþa<br />

að1 þ kÞ ¼gðk m cos a sin aÞ<br />

k<br />

a ¼ g<br />

m cos a<br />

k þ 1<br />

sin a<br />

a ¼ f ðk, g, m, aÞ


200<br />

Bei dem gegebenen Neigungswinkel von 30 ergibt<br />

sich eine Beschleunigung a ¼ 3,244 m/s2 .<br />

Verkleinert man den Neigungswinkel a, dann<br />

ändert sich auch die Beschleunigung, und zwar<br />

müsste sie nach der Erfahrung größer werden.<br />

Für a ¼ 0würde z. B. sin a ¼ 0 und<br />

m cos a ¼ 0,2 1 ¼ 0,2 und damit<br />

a ¼ 1,3g=2,5 ¼ 5,101 m=s 2 .<br />

Aufgaben dieser Art kann man auch lösen, ohne<br />

die beiden Körper voneinander zu trennen. Trotzdem<br />

sollten vorher die Lageskizzen wie oben<br />

angefertigt werden, damit die Gewichtskraftkomponenten<br />

klar erkannt und tatsächlich alle Kräfte<br />

erfasst werden.<br />

Man kann dabei nach Bild a) vorgehen und danach<br />

die Gleichgewichtsbedingung SFx ¼ 0 ansetzen.<br />

Am einfachsten wird der Ansatz zur Lösung, wenn<br />

man beide Körper sofort zu einem zusammenfasst<br />

(mges ¼ 2,5m) Bild b). Das ist richtig, weil beide<br />

Körper der gleichen Beschleunigung unterliegen.<br />

Aber auch hier sollte man von den beiden Lageskizzen<br />

der ersten Lösung ausgehen, um klare<br />

Verhältnisse zu schaffen. Das gilt vor allem für<br />

den richtigen Ansatz für die Reibungskraft<br />

FR ¼ FN m, worin FN durch FG1 cos a ersetzt werden<br />

muss.<br />

3. Ûbung: Ein Transportband soll die Last von der<br />

Masse m nach oben befördern. Das Band ist unter<br />

dem Winkel a ¼ 20 zur Waagerechten geneigt.<br />

Die Haftreibungszahl beträgt m0 ¼ 0,4.<br />

Gesucht ist die höchstzulässige Bandbeschleunigung<br />

amax, bei der ein Rutschen der Last gerade<br />

noch vermieden wird.<br />

a ¼ 9,81 m<br />

s 2<br />

a ¼ 3,244 m<br />

s 2<br />

a)<br />

1,5 0,2 cos 30 sin 30<br />

1,5 þ 1<br />

1.–3. Schritt<br />

b)<br />

Ansatz nach Lageskizze b): 4. Schritt<br />

SFx ¼ 0 ¼ FG2 T FG1 sin a FN m<br />

FG1 ¼ mg; FG2 ¼ 1,5mg<br />

FN ¼ FG1 cos a ¼ mgcos a<br />

1,5mg 2,5ma mgsin a mgcos am ¼ 0<br />

1,5g 2,5a g sin a gm cos a ¼ 0<br />

2,5a ¼ gð1,5 m cos a sin aÞ ¼0<br />

a ¼ g<br />

ð1,5<br />

2,5<br />

m cos a<br />

m<br />

sin aÞ ¼3,244<br />

s2 Gegeben: a ¼ 20<br />

m0 ¼ 0,4<br />

g ¼ 9,81 m<br />

s 2<br />

Gesucht: amax ¼ f ða, m 0 , gÞ<br />

4 Dynamik


4.4 Dynamik der geradlinigen Bewegung (Translation) 201<br />

Lösung: Die Lageskizze enthält alle am Körper<br />

angreifenden Kräfte einschließlich der Trägheitskraft<br />

T ¼ mamax. DaderKörper nach rechts oben<br />

beschleunigt wird, wirkt die Trägheitskraft T nach<br />

links unten. Die Haftreibungskraft FR0 max nimmt<br />

den Körper nach oben mit. Sie muss also den entsprechenden<br />

Richtungssinn erhalten.<br />

Nach der Lageskizze werden die beiden Gleichgewichtsbedingungen<br />

für das zentrale Kräftesystem<br />

angesetzt. Aus SFy ¼ 0 findet man die Beziehung<br />

für die Normalkraft FN, für FG wird wie üblich das<br />

Produkt aus Masse m und Fallbeschleunigung g<br />

eingesetzt, ebenso für T ¼ mamax. Damit erhält<br />

man die gesuchte Gleichung und kann amax berechnen.<br />

Bisher wurden die Aufgaben mit Hilfe der rechnerischen<br />

(analytischen) Gleichgewichtsbedingungen<br />

gelöst. Natürlich kann diese Aufgabe auch<br />

trigonometrisch gelöst werden.<br />

Man beginnt die Krafteckskizze mit FN und<br />

FR0 max, die man zu Fe zusammensetzt, um damit<br />

das geschlossene Krafteck aus Fe, T und FG zu<br />

zeichnen.<br />

Nun wird der Sinussatz angesetzt und dabei beachtet,<br />

dass man für sin ð90 r0Þ den Funktionswert<br />

cos r0 einsetzen kann.<br />

Die Gewichtskraft FG wird durch FG ¼ mg<br />

ausgedrückt, ebenso die Trägheitskraft T durch<br />

T ¼ mamax. Die Gleichung wird durch die Masse<br />

m dividiert und nach amax aufgelöst.<br />

Die Rechnung führt zum gleichen Ergebnis, obwohl<br />

die Gleichung eine andere Form besitzt. Es<br />

wird hier gezeigt, wie die erste Gleichung in die<br />

zweite überführt werden kann. Dazu ersetzt man<br />

zunächst die Haftreibungszahl m0 durch den Tangens<br />

des Reibungswinkels. Zur Vereinfachung<br />

schreibt man amax ¼ a.<br />

Lageskizze<br />

1.–3. Schritt<br />

SFx ¼ 0 ¼ FR0 max FG sin a<br />

4. Schritt<br />

T<br />

SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a ) FN ¼ FG cos a<br />

FR0 max ¼ FN m0 ¼ FG cos am0 ¼ mgm0 cos a<br />

SFx ¼ 0 ¼ mgm 0 cos a mgsin a mamax<br />

amax ¼ gðm 0 cos a sin aÞ amax ¼ 0,33 m<br />

s 2<br />

a ¼ f ða, m 0 , gÞ<br />

T<br />

sin ðr 0<br />

Krafteckskizze<br />

FG<br />

aÞ ¼<br />

sin ð90 r0Þ mamax mg<br />

¼<br />

sin ðr0 aÞ cos r0 amax ¼ g sin ðr0 aÞ<br />

cos r0 : m<br />

amax ¼ f ða, r0 , gÞ<br />

a ¼ gðm0 cos a sin aÞ<br />

m 0 ¼ tan r 0 ¼ sin r 0<br />

cos r 0<br />

a ¼ g<br />

sin r0 cos a sin a<br />

cos r0 ¼ FG<br />

cos r 0<br />

amax ¼ 0,33 m<br />

s 2


202<br />

Die beiden Glieder in der Klammer bringt man auf<br />

den Hauptnenner cos r 0 , indem sin a mit<br />

1 ¼ cos r 0 =cos r 0 erweitert wird. Dadurch erhält<br />

man über dem Bruchstrich einen zweigliedrigen<br />

Ausdruck, der nach den trigonometrischen Regeln<br />

durch sin ðr 0 aÞ ersetzt werden kann (siehe<br />

Handbuch Maschinenbau: Additionstheoreme,<br />

Summenformeln). Das Ziel ist erreicht.<br />

a ¼ g<br />

sin r0 cos a<br />

cos r0 sin a cos r0 cos r0 a ¼ g sin r0 cos a cos r0 sin a<br />

cos r0 a ¼ g sin ðr0 aÞ<br />

cos r0 |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

zweite Form<br />

4.4.9 Impuls (Bewegungsgröße) und Impulserhaltungssatz<br />

Es ist möglich das dynamische Grundgesetz in<br />

eine andere Form zu bringen. Dazu schreibt man<br />

für die Beschleunigung a ¼ Dv=Dt und multipliziert<br />

die so entstandene Gleichung mit dem Zeitabschnitt<br />

Dt. Diese Gleichung eignet sich besonders<br />

für Aufgaben, in denen der (meist sehr kurze)<br />

Zeitabschnitt Dt eine Rolle spielt.<br />

Das Produkt aus der resultierenden äußeren Kraft<br />

Fres und dem Zeitabschnitt Dt heißt Kraftstoß.<br />

Das Produkt aus der Masse m eines Körpers und<br />

seiner Geschwindigkeit v wird als Impuls oder Bewegungsgröße<br />

bezeichnet:<br />

Die Ønderung des Impulses eines Körpers ist<br />

gleich dem Kraftstoß der resultierenden Kraft<br />

während des betrachteten Zeitabschnitts Dt.<br />

Der Impuls ist ein Vektor.<br />

Ist die Resultierende Fres aller äußeren Kräfte<br />

gleich null (kräftefreies System), dann ist auch der<br />

Kraftstoß Fres Dt gleich null:<br />

Bei Fres ¼ 0 bleibt der Impuls eines Körpers<br />

unverändert (mv ¼ konstant).<br />

Der Impulserhaltungssatz wird beim physikalischen<br />

Vorgang „Stoß“ und in der Hydrodynamik<br />

angewendet (siehe 4.8, Seite 224).<br />

¼ gðm 0 cos a sin aÞ<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

erste Form<br />

Fres ¼ ma a ¼ Dv<br />

Dt<br />

Fres ¼ m Dv<br />

Dt<br />

Dt<br />

Fres Dt ¼ m Dv Dt ¼ t2 t1<br />

Dv ¼ v2 v1<br />

Fres ðt2 t1Þ<br />

|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}<br />

Dt<br />

¼ m ðv2 v1Þ<br />

|fflfflfflfflffl{zfflfflfflfflffl}<br />

Dv<br />

gilt für<br />

Fres ¼ konstant<br />

Fres Dt Kraftstoß der resultierenden Kraft<br />

mv Impuls (Bewegungsgröße) des<br />

Körpers<br />

Fres Dt ¼ mv2 mv1<br />

Fres Dt ¼ mv2 mv1 ¼ 0<br />

mv2 ¼ mv1 ¼ konstant<br />

Impulserhaltungssatz<br />

4 Dynamik


4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 203<br />

Ûbung: Ein Hobelmaschinentisch mit Werkstück<br />

besitzt die Masse m ¼ 14 700 kg. Er wird aus einer<br />

Schnittgeschwindigkeit von 80 m/min in 0,5 s bis<br />

zum Stillstand gleichmäßig abgebremst.<br />

Wie groß muss die Bremskraft Fb sein, wenn von<br />

Reibungskräften abgesehen wird?<br />

Lösung: Ohne Berücksichtigung der Reibungskraft<br />

ist Fres ¼ Fb. Da die Endgeschwindigkeit<br />

vt ¼ 0 sein soll, ist Dv ¼ v0 vt ¼ v0 0 ¼<br />

v0 ¼ v, womit sich sofort die Gleichung für die<br />

Bremskraft Fb ¼ f ðm, v, DtÞ ergibt.<br />

Aufgaben Nr. 515–523<br />

4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad<br />

4.5.1 Arbeit W einer konstanten Kraft F<br />

Soll der skizzierte Wagen längs eines Weges s gezogen<br />

(oder geschoben) werden, muss dazu eine<br />

Kraft F in Richtung des Weges wirken. Ihren Betrag<br />

kann man z. B. mit einer Federwaage messen.<br />

Zunächst wird angenommen: Die Kraft F wirkt<br />

exakt in Richtung des Weges, also nicht etwa<br />

schräg nach oben oder unten, und ihr Betrag bleibt<br />

während des Vorgangs gleich groß (F ¼ konstant).<br />

Um den physikalischen Aufwand bei solchen<br />

Vorgängen vergleichen zu können, hat man den<br />

Begriff der Arbeit W geschaffen:<br />

Die Arbeit W einer konstanten Kraft F ist das<br />

Produkt aus Kraft F und Verschiebeweg s<br />

(Arbeit gleich Kraft mal Weg).<br />

Die Arbeit ist ein Skalar.<br />

Die Einheit für die Arbeit erhält man aus der<br />

Definitionsgleichung W ¼ Fs.<br />

Die gesetzliche und internationale Einheit der<br />

Arbeit W ist das Joule J.<br />

Gegeben: m ¼ 14700 kg<br />

v ¼ 80 m 80 m<br />

¼<br />

min 60 s<br />

Dt ¼ 0,5 s<br />

Gesucht: Fb ¼ f ðm, v, DtÞ<br />

Fres ¼ Fb<br />

Fb Dt ¼ m Dv Dv ¼ v<br />

Fb ¼ mv<br />

Dt<br />

14,7 10<br />

Fb ¼<br />

3 kg 80<br />

60<br />

0,5 s<br />

Fb ¼ f ðm, v, DtÞ Fb ¼ 39200 N<br />

Kraftwirkung längs eines Weges ist die<br />

Arbeit W<br />

Hinweis: Im Unterschied z. B. zur elektrischen<br />

Arbeit spricht man bei Kräften auch<br />

von mechanischer Arbeit.<br />

W ¼ Fs<br />

Definitionsgleichung<br />

der mechanischen<br />

Arbeit<br />

ðWÞ ¼ðFÞ ðsÞ ¼N m ¼<br />

¼<br />

kg m<br />

s 2<br />

kg m2<br />

m ¼<br />

s2 ¼ J<br />

m<br />

s<br />

W F s<br />

Nm ¼ J N m<br />

1Nm¼ 1J¼ 1Ws<br />

Nm Newtonmeter<br />

Ws Wattsekunde<br />

Die Einheit Joule wurde nach dem Physiker<br />

J. P. Joule (1818–1889) benannt.<br />

Aussprache: „dschul“.


204<br />

1 Joule (Kurzzeichen J) ist gleich der Arbeit,<br />

die verrichtet wird, wenn der Angriffspunkt der<br />

Kraft 1 Newton (1 N) in Richtung der Kraft um<br />

den Weg 1 m verschoben wird (1 J ¼ 1 Nm).<br />

Im Ergebnis einer Rechnung wird nicht mehr das<br />

Newtonmeter (Nm) als Einheit eingesetzt, sondern<br />

das Joule (J). Es wurde für die mechanische Arbeit,<br />

die elektrische Arbeit, die Wärmemenge und<br />

die Energie die gleiche Einheit festgelegt, das<br />

Joule (J), weil es sich um physikalische Größen<br />

gleicher Art handelt.<br />

Bei schräg am Körper angreifenden Kräften werden<br />

häufig Fehler gemacht. Zur Berechnung der<br />

aufgebrachten Arbeit W darf man in solchen<br />

Fällen nur die Kraftkomponente einsetzen, die tatsächlich<br />

Arbeit verrichtet. Das ist immer nur die in<br />

Bewegungsrichtung fallende Kraftkomponente,<br />

hier die Kraft F cos a. Die zweite Komponente<br />

F sin a drückt den Körper auf seine Unterlage,<br />

ohne ihn zu verschieben. Mit ihr wird also keine<br />

Arbeit im Sinn der Begriffsbestimmung aufgebracht:<br />

Fallen Kraft- und Wegrichtung nicht zusammen,<br />

muss mit der Kraftkomponente gerechnet<br />

werden, die in die Bewegungsrichtung fällt.<br />

4.5.2 Zeichnerische Darstellung der Arbeit W<br />

Wird die Kraft F über dem Weg s in einem rechtwinkligen<br />

Achsenkreuz aufgetragen, so erhält man<br />

das Kraft-Weg-Diagramm (F, s-Diagramm). Bei<br />

konstanter Kraft F ist die Kraftlinie eine zur<br />

s-Achse parallele Gerade. Die Fläche A unter der<br />

Kraftlinie ist dann ein Rechteck mit dem Flächeninhalt<br />

A ¼ Fs, und man erkennt:<br />

In jedem F, s-Diagramm entspricht die Fläche<br />

A unter der Kraftlinie der von der Kraft F aufgebrachten<br />

Arbeit W.<br />

1 Joule ðJÞ ¼1Nm¼ 1<br />

kg m2<br />

s 2<br />

¼ 1m2 kg s 2<br />

Zur Veranschaulichung:<br />

Hebt man eine 100-g-Tafel Schokolade 1 m<br />

hoch, dann hat man an der Tafel die Arbeit<br />

von etwa 1 Joule aufgebracht.<br />

Beispiel:<br />

Ein Auto wird mit der konstanten Kraft<br />

F ¼ 300 N parallel zur Fahrbahn gezogen.<br />

Der Verschiebeweg beträgt s ¼ 15 m. Dann<br />

gilt für die mechanische Arbeit:<br />

W ¼ Fs ¼ 300 N 15 m ¼ 4 500 Nm ¼ 4 500 J<br />

Arbeit W einer schräg wirkenden Kraft<br />

(W ¼ F cos a s)<br />

mechanische Arbeit bei<br />

W ¼ F cos as<br />

schräg angreifender Kraft<br />

Welche Winkelfunktion zu benutzen ist (sin<br />

oder cos ) hängt von der Lage des Winkels<br />

ab (siehe 1. Ûbung, Seite 206).<br />

F<br />

Kraft F<br />

Kraft-Linie (F-Linie)<br />

Fläche A = Arbeit W<br />

denn A = Fs = W<br />

s<br />

Weg s<br />

F; s-Diagramm (Arbeitsdiagramm) bei<br />

konstanter Kraft F<br />

Fläche A ¼b Arbeit W ¼ Fs<br />

4 Dynamik


4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 205<br />

Das ist eine wichtige Erkenntnis, denn es ist jetzt<br />

möglich auch die Arbeit W einer veränderlichen<br />

Kraft F zu berechnen. Das entspricht dem Vorgehen<br />

zur Bestimmung des Wegabschnitts bei<br />

der gleichmäßig beschleunigten Bewegung im<br />

v, t-Diagramm. Man zerlegt in solchen Fällen die<br />

Gesamtfläche in berechenbare Teilflächen (Rechtecke,<br />

Trapeze, Dreiecke) und erhält die Gesamtarbeit<br />

als Summe der Teilarbeiten.<br />

F 1<br />

Kraft F<br />

s 1<br />

A 1<br />

F-Linie<br />

A 2<br />

A 3<br />

A 4<br />

Arbeit W =<br />

A +A +A +A<br />

1 2 3 4<br />

s2 s3 s4 Gesamtweg<br />

F 2<br />

Weg s<br />

F, s-Diagramm einer veränderlichen Kraft F<br />

4.5.3 Federarbeit Wf (Formänderungsarbeit) als Arbeit einer veränderlichen Kraft<br />

Wichtigstes Beispiel für die Arbeit einer veränderlichen<br />

Kraft ist die zur Formänderung einer Feder<br />

aufzubringende Arbeit Wf (Federkraft). Bei den<br />

meisten Federn steigt die zur Formänderung erforderliche<br />

Kraft von null gleichmäßig (linear) an.<br />

Die Kraftlinie ist eine ansteigende Gerade; sie<br />

heißt auch Federkennlinie. Angenommen, eine<br />

schon vorgespannte Schraubenzugfeder soll um<br />

Ds verlängert werden. Dann steigt die dazu<br />

erforderliche Zugkraft von F1 auf F2 an. Die<br />

Fläche unter der Federkennlinie hat Trapezform,<br />

das heißt, die Federarbeit kann aus<br />

Wf ¼ðF1 þ F2Þ Ds=2 berechnet werden.<br />

Meistens ist die Federrate R der Feder bekannt,<br />

oder sie wird durch einen Versuch bestimmt1) :<br />

Die Federrate R gibt an, welche Kraft F für<br />

einen Federweg s ¼ 1 mm erforderlich ist.<br />

Formal exakter: Die Federrate ist im elastischen<br />

Bereich der Proportionalitätsfaktor zwischen<br />

Federkraft F und Federweg (Verformungsweg)<br />

s einer Feder: F ¼ Rs.<br />

Mit der Federrate R ¼ F1=s1 ¼ F2=s2 und daraus<br />

F1 ¼ Rs1 sowie F2 ¼ Rs2 kann man eine Gleichung<br />

für die Federarbeit Wf entwickeln, in der<br />

nur die Federrate R und die Federwege s1, s2 enthalten<br />

sind. Wie die Entwicklung zeigt, ergibt sich<br />

das Binom ðs2 þ s1Þðs2 s1Þ ¼s2 2<br />

s1 2 .<br />

ΔF<br />

F 1<br />

Federkraft F<br />

a<br />

s 1<br />

F = 0<br />

0<br />

F-Linie<br />

s 2<br />

A=W f<br />

F 1<br />

Δs<br />

F 2<br />

Federweg s<br />

Federarbeit (Formänderungsarbeit) Wf beim<br />

Spannen einer Schraubenzugfeder<br />

Federkraft F<br />

R ¼<br />

Federweg s<br />

R ¼ DF<br />

Ds<br />

¼ F1<br />

s1<br />

Wf ¼ F1 þ F2<br />

2<br />

¼ F2<br />

¼ ...<br />

s2<br />

Federrate 2)<br />

Ds Federarbeit<br />

Wf ¼ Rs1 þ Rs2<br />

ðs2<br />

2<br />

s1Þ<br />

Wf ¼ R<br />

2 ðs2 þ s1Þðs2 s1Þ<br />

R F s<br />

1) Versuch in A. <strong>Böge</strong>; J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Lösungen, ViewegþTeubner 2008<br />

2) Bezeichnung Federrate R nach DIN 2089, Nov. 92<br />

N<br />

mm<br />

N mm<br />

F 2


206<br />

Setzt man in Rechnungen die Federrate in N/mm<br />

und den Federweg s in mm ein, erhält man die<br />

Federarbeit Wf in Nmm. Wf ist die Arbeit, die an<br />

einer um s1 vorgespannten Feder verrichtet werden<br />

muss, um sie auf die Strecke s2 weiter zu verformen.<br />

4.5.4 Ûbungen mit der Größe Arbeit<br />

1. Ûbung: Ein Wagen von der Masse m ¼ 400 kg<br />

soll auf eine um h ¼ 2,4 m höher liegende Rampe<br />

gebracht werden:<br />

a) mit Hilfe eines Krans,<br />

b) durch Verschieben auf einer unter a ¼ 30<br />

geneigten Fahrbahn.<br />

Im Fall b) soll die Verschiebekraft F parallel zur<br />

schiefen Ebene wirken. Die Reibung soll unberücksichtigt<br />

bleiben (geringe Rollreibung).<br />

Für beide Fälle ist die aufzubringende Arbeit W zu<br />

bestimmen.<br />

Lösung:<br />

a) Bei Kranen und anderen Senkrechtfördergeräten<br />

spricht man von Hubarbeit Wh.<br />

Da hier die Seilkraft F gleich der konstanten<br />

Gewichtskraft FG ¼ mg zu überwinden ist, gilt<br />

Wh ¼ FGh ¼ mgh.<br />

Wichtig ist die Erkenntnis, dass für horizontale<br />

Bewegungen des Krans mit der Last keine Hubarbeit<br />

aufgebracht werden muss, weil keine<br />

Höhendifferenz zu überwinden ist (Dh ¼ 0).<br />

b) Man beginnt mit der Skizze des freigemachten<br />

Wagens (Lageskizze) und entwickelt daraus die<br />

Krafteckskizze. Schon hier erkennt man, dass die<br />

Verschiebekraft F gleich der Gewichtskraftkomponente<br />

FG sin a ist. Diese Komponente heißt auch<br />

Hangabtriebskomponente der Gewichtskraft FG.<br />

Zu Ûbungszwecken werden noch einmal die<br />

beiden Gleichgewichtsbedingungen angesetzt<br />

(Achsenkreuz um a zur Waagerechten gedreht).<br />

Wf ¼ R 2<br />

ðs2<br />

2<br />

Wf R s<br />

Nm<br />

1Nm¼1000 Nmm ¼ 1J<br />

N<br />

mm mm<br />

s1 2 Þ Federarbeit<br />

Gegeben: Masse m ¼ 400 kg<br />

Höhe h ¼ 2,4 m<br />

Winkel a ¼ 30<br />

Gesucht: Hubarbeit Wh<br />

Wh ¼ FG h ¼ mgh Hubarbeit<br />

Wh FG m h g<br />

J ¼ Nm N kg m m<br />

s2 4 Dynamik<br />

Wh ¼ mgh ¼ 400 kg 9,81 m<br />

2,4 m<br />

s2 Wh ¼ 9 417,6 Nm ¼ 9 417,6 J<br />

Lageskizze Krafteckskizze<br />

SFx ¼ 0 ¼ F FG sin a ) F ¼ FG sin a<br />

SFy ¼ 0 ¼ FN FG cos a


4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 207<br />

Mit F ¼ FG sin a hat man die in Wegrichtung<br />

fallende Verschiebekraft (Kraft- und Wegrichtung<br />

müssen zusammenfallen). Der Verschiebeweg s<br />

kann mit Hilfe der Sinusfunktion aus der Hubhöhe<br />

h bestimmt werden (s ¼ h=sin a).<br />

Da auch hier die Verschiebekraft konstant ist, gilt<br />

die einfache Beziehung: Arbeit ist gleich Kraft<br />

mal Weg.<br />

Die Rechnung führt zum gleichen Ergebnis wie im<br />

Fall des Krans ( sin a kürzt sich heraus).<br />

Das heißt:<br />

Es ist gleichgültig, auf welchem Weg eine Last<br />

auf eine höhere Ebene gebracht wird. Immer ist<br />

dazu die Hubarbeit Wh ¼ Gewichtskraft FG mal<br />

Hubhöhe h erforderlich. Horizontale Verschiebungen<br />

einer Last haben keinen Einfluss auf<br />

die Hubarbeit.<br />

2. Ûbung: In eine Vorrichtung sollen Schrauben-<br />

Druckfedern eingebaut werden, deren Federrate<br />

vorher zu R ¼ 80 N/mm ermittelt worden ist. Jede<br />

Feder soll nach dem Einbau unter einer Vorspannkraft<br />

F1 ¼ 400 N stehen. Sie wird dann um weitere<br />

12 mm zusammengedrückt.<br />

Nach dem skizzierten Federdiagramm sind zu<br />

bestimmen:<br />

a) der Vorspannweg s1 nach dem Einbau,<br />

b) die maximale Federkraft F2,<br />

c) die Federarbeit Wf beim Betriebshub.<br />

Lösung:<br />

a) Die Federrate R ist der Quotient aus Federkraft<br />

und Federweg, also bekommt man aus R ¼ F1/s1<br />

den Vorspannweg s1.<br />

b) Auf gleiche Weise findet man die maximale<br />

Federkraft F2. Es darf nur nicht der falsche<br />

Federweg einsetzt werden: Zur Federkraft F2<br />

gehört der Federweg s2.<br />

sin a ¼ h<br />

s<br />

s ¼ h<br />

sin a<br />

W ¼ Fs ¼ FG sin a h<br />

sin a<br />

W ¼ FG sin a h<br />

sin a ¼ FG h ¼ mgh<br />

W ¼ mgh ¼ 9417,6 J (wie vorher)<br />

Beachte: Beim Verschieben einer Last auf<br />

einer schiefen Ebene wird nichts an mechanischer<br />

Arbeit gespart. Zwar wird die Verschiebekraft<br />

umso kleiner, je kleiner der Neigungswinkel<br />

a der schiefen Ebene ist, umso<br />

größer wird dann jedoch der Verschiebeweg.<br />

Das Produkt aus beiden ist immer wieder<br />

gleich der Hubarbeit.<br />

Gegeben: Federrate R ¼ 80 N<br />

mm<br />

Vorspannkraft F1 ¼ 400 N<br />

Ds ¼ 12 mm<br />

Gesucht: Vorspannweg s1<br />

Federkraft F2<br />

Federarbeit Wf<br />

R ¼ F1<br />

¼<br />

s1<br />

F2<br />

¼ ...<br />

s2<br />

s1 ¼ F1 400 N<br />

¼<br />

R<br />

80 N<br />

¼ 5mm<br />

mm<br />

F2 ¼ Rs2 (nicht etwa ¼ R Ds)<br />

F2 ¼ 80 N<br />

17 mm ¼ 1360 N<br />

mm


208<br />

c) Die Federarbeit während des Hubes findet man<br />

mit den entsprechenden Größen als Trapezfläche<br />

unter der Federkennlinie. Wird die früher hergeleitete<br />

Gleichung mit der Federrate R benutzt, darf<br />

nicht ðs2 2<br />

s1 2 Þ¼ðDsÞ 2 gesetzt werden.<br />

Natürlich kann man auch eine Funktionsgleichung<br />

Wf ¼ f ðR, F1, DsÞ für die ursprünglich gegebenen<br />

Größen entwickeln.<br />

3. Ûbung: Ein Werkstück von der Masse<br />

m ¼ 10 kg soll auf horizontaler Bahn durch die<br />

Kraft F mit konstanter Geschwindigkeit v um den<br />

Weg sR ¼ 2 m verschoben werden. Die Kraft F<br />

greift unter dem Winkel a ¼ 30 zur Horizontalen<br />

an. Die Gleitreibungszahl zwischen Werkstück<br />

und Unterlage beträgt m ¼ 0,25.<br />

Gesucht wird eine Gleichung für die Reibungsarbeit<br />

WR und deren Betrag.<br />

Lösung: Zunächst wird festgelegt, was unter Reibungsarbeit<br />

zu verstehen ist:<br />

Reibungsarbeit WR ist das Produkt aus der konstanten<br />

Reibungskraft FR und dem Reibungsweg sR.<br />

Die erste Aufgabe besteht darin, eine Beziehung<br />

für die Normalkraft FN zu entwickeln. Man erhält<br />

sie aus den Gleichgewichtsbedingungen für das<br />

freigemachte Werkstück, indem sowohl SFx ¼ 0<br />

als auch SFy ¼ 0 nach F aufgelöst wird und dann<br />

die beiden Gleichungen gleichgesetzt werden:<br />

FN m=cos a ¼ðFN FGÞ=sin a :<br />

Beim Auflösen nach FN ergibt sich der Quotient<br />

sin a=cos a, der durch tan a ersetzt wird.<br />

Mit der Beziehung für die Normalkraft FN erhält<br />

man die gesuchte Funktionsgleichung<br />

WR ¼ f ðm, g, m, a, sRÞ.<br />

Die Reibungsarbeit WR ist die beim Verschieben<br />

des Werkstücks erforderliche Arbeit. Sie wandelt<br />

sich in Wärme um.<br />

Das Endergebnis schreibt man mit der Einheit<br />

Joule (J), weil dies die gesetzliche Einheit für die<br />

Arbeit ist (1 Nm ¼ 1 J).<br />

Wf ¼ F1 þ F2<br />

Ds ¼ 10 560 Nmm<br />

2<br />

oder:<br />

Wf ¼ R 2<br />

ðs2 s1<br />

2 2 Þ¼ 80 N<br />

ð289 25Þ mm2<br />

2 mm<br />

Wf ¼ 10,56 Nm ¼ 10,56 J<br />

Wf ¼ 2F1 þ R Ds<br />

2<br />

Wf ¼ f ðR, F1, DsÞ<br />

Federarbeit<br />

Gegeben: Masse m ¼ 10 kg<br />

Reibungszahl m ¼ 0,25<br />

Winkel a ¼ 30<br />

Weg sR ¼ 2m<br />

Gesucht: Reibungsarbeit<br />

WR ¼ f ðm, g, m, a, sRÞ<br />

WR ¼ FR sR<br />

WR ¼ FN msR<br />

Reibungsarbeit<br />

SFx ¼ 0 ¼ F cos a FN m<br />

SFy ¼ 0 ¼ FN FG F sin a<br />

m<br />

F ¼ FN<br />

cos a ¼ FN FG<br />

sin a<br />

FN ¼<br />

1<br />

FG<br />

m tan a ¼<br />

1<br />

mg<br />

m tan a<br />

WR ¼ FR sR ¼ FN msR ¼<br />

1<br />

mg<br />

m tan a msR<br />

WR ¼ f ðm, g, m, a, sRÞ<br />

10 kg 9,81<br />

WR ¼<br />

m<br />

s2 0,25 2m<br />

1 0,25 tan 30<br />

WR ¼ 57,32 Nm ¼ 57,32 J<br />

4 Dynamik


4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 209<br />

Diskussion der Gleichung für die Reibungsarbeit<br />

WR<br />

Bei der nummerischen Auswertung der Gleichung<br />

können sich positive oder negative Werte oder null<br />

ergeben. Das richtet sich nach dem Wert des Nenners<br />

1 m tan a. Die Reibungszahl m ist immer positiv<br />

mit technisch brauchbaren Werten m > 0<br />

< 0,5. Das gilt auch für Winkelwerte von a 0<br />

< 90 . Negative Werte für die Reibungsarbeit WR<br />

können sich bei großen m- und großen a-Werten ergeben<br />

(physikalisch unbrauchbar). Wird der Nenner<br />

null, dann ist die Reibungsarbeit WR unendlich<br />

groß. Das System ist selbsthemmend.<br />

4.5.5 Leistung P<br />

Ist die mechanische Arbeit W, die zur Ortsveränderung<br />

eines Körpers erforderlich ist bekannt, dann<br />

ist damit noch nichts über die Zeit ausgesagt, in der<br />

diese Arbeit verrichtet wird. Gerade das aber muss<br />

man in der Technik wissen, weil zeitlich geplant werden<br />

muss. Es wurde daher die in der Zeiteinheit (1 s)<br />

verrichtete Arbeit als besondere Größe festgelegt:<br />

Die Leistung P ist der Quotient aus der verrichteten<br />

Arbeit W und der dazu erforderlichen oder<br />

verwendeten Zeit t (Leistung gleich Arbeit<br />

durch Zeit).<br />

Die Leistung ist ein Skalar.<br />

Die gesetzliche und internationale Einheit der<br />

Leistung P ist das Watt W:<br />

1 Watt (Kurzzeichen W) ist gleich der Leistung,<br />

bei der während der Zeit 1 s die Arbeit 1 J umgesetzt<br />

wird.<br />

Mit der Gleichung P ¼ W/t berechnet man die<br />

mittlere Leistung während eines Zeitabschnittes t,<br />

denn es ist unbekannt, ob in der dritten Sekunde<br />

ebenso viel Arbeit verrichtet worden ist wie in der<br />

zwölften Sekunde.<br />

Das Endergebnis wird mit der Einheit Watt (W)<br />

geschrieben, weil dies die gesetzliche Einheit für<br />

die Leistung ist (1 Nm/s ¼ 1 W). Siehe auch Vorsatzzeichen<br />

(Vorsätze) am Ende des Buches.<br />

Bei 1 > m tan a ergeben sich positive Werte<br />

für die Reibungsarbeit (WR > 0). Das ist der<br />

übliche Fall.<br />

Bei 1 ¼ m tan a liegt Selbsthemmung vor<br />

(WR !1).<br />

Bei 1 < m tan a ergeben sich physikalisch<br />

unbrauchbare Werte für die Reibungsarbeit<br />

(WR < 0).<br />

Beispiel:<br />

Zum Heben einer Last ist eine Hubarbeit<br />

Wh ¼ 10000 J erforderlich.<br />

Zur Planung muss man wissen, ob diese<br />

Arbeit mit den vorhandenen Geräten in einer<br />

Stunde oder in einer Minute „geleistet“ werden<br />

kann.<br />

Arbeit W<br />

P ¼<br />

zugehörige Zeit t<br />

P ¼ W<br />

t<br />

J<br />

s<br />

Mittlere Leistung<br />

während der Zeit t<br />

1 J<br />

s<br />

Definitionsgleichung<br />

der Leistung<br />

P W t<br />

Nm<br />

¼ ¼ W J ¼ Nm s<br />

s<br />

Nm<br />

¼ 1 ¼ 1W<br />

s<br />

Die Einheit Watt wurde nach dem englischen<br />

Erfinder der ersten brauchbaren Dampfmaschine<br />

J. Watt (1736–1819) benannt.<br />

1W¼ 1 J Nm<br />

¼ 1<br />

s s ¼ 1m2kg s 3<br />

Beispiel:<br />

Ein Kran hebt einen Körper von der Masse<br />

m ¼ 600 kg auf h ¼ 5mHöhe. Der Vorgang<br />

dauert 100 s. Die Hubgeschwindigkeit v<br />

ändert sich dabei mehrfach.<br />

Ph ¼ Wh mgh<br />

¼<br />

t t ¼<br />

600 kg 9,81 m<br />

5m<br />

s2 100 s<br />

Ph ¼ 294,3 Nm J<br />

¼ 294,3 ¼ 294,3 W<br />

s s<br />

Ph ¼ 0,294 kW mittlere Leistung.


210<br />

Sind die Arbeitsbeträge je Sekunde verschieden<br />

groß, dann gilt das auch für die Leistungen. Das<br />

kann zwei Ursachen haben: Entweder ist die<br />

Kraft F, welche die Arbeit verrichtet, nicht konstant,<br />

oder es werden in gleichen Zeiten verschiedene<br />

Wege zurückgelegt, d. h. die Geschwindigkeit<br />

v ist nicht konstant. Es kann auch beides<br />

zugleich der Fall sein.<br />

Aus der Definitionsgleichung für die Leistung<br />

P ¼ W/t kann eine Gleichung für die Momentanleistung<br />

entwickelt werden, die unbeschränkt<br />

angewendet werden kann, also nicht nur bei konstanter<br />

Arbeit.<br />

Die Leistung P ist das Produkt aus der Verschiebekraft<br />

F und der Verschiebegeschwindigkeit<br />

v (Leistung gleich Kraft mal Geschwindigkeit).<br />

Man prägt sich die Definitionen der beiden technisch<br />

wichtigen Größen Arbeit W und Leistung P<br />

besser ein, wenn man sie untereinander stehend<br />

vor Augen hat. Man erkennt: W enthält nicht die<br />

Zeit t; P dagegen ist geschwindigkeits- und daher<br />

zeitabhängig.<br />

Entsprechend den speziellen Bezeichnungen für<br />

die mechanischen Arbeitsformen kennzeichnet<br />

man auch die Leistung.<br />

4.5.6 Wirkungsgrad h<br />

Kein technischer Vorgang läuft verlustfrei ab. Ein<br />

Teil der aufgebrachten Arbeit (oder Leistung) geht<br />

für den eigentlichen Zweck verloren. In technischen<br />

Maschinen und Vorrichtungen ist das vor allem die<br />

Reibungsarbeit (oder Reibungsleistung) infolge der<br />

unvermeidlichen Reibung zwischen den Maschinenteilen.<br />

Die Reibungsarbeit wird dabei in Wärme<br />

umgewandelt, spürbar in der Temperaturerhöhung<br />

des festen, flüssigen oder gasförmigen Körpers.<br />

Mit der Arbeitsdefinition W ¼ Fs und der<br />

Gleichung für die konstante Geschwindigkeit<br />

v ¼ s/t erhält man:<br />

P ¼ W Fs s<br />

¼ ¼ F ¼ Fv<br />

t t t<br />

Leistung P ¼ Kraft F Geschwindigkeit v<br />

Beachte: Wie bei der mechanischen Arbeit W<br />

Kraft- und Wegrichtung übereinstimmen<br />

müssen, so müssen auch bei der mechanischen<br />

Leistung die Wirklinien von Kraft F<br />

und Geschwindigkeit v zusammenfallen.<br />

P ¼ Fv<br />

Momentanleistung<br />

Arbeit W ¼ Kraft F Weg s<br />

Leistung P ¼ Kraft F Geschwindigkeit v<br />

W ¼ Fs<br />

P ¼ Fv<br />

W ¼ Nm J<br />

¼<br />

s s<br />

4 Dynamik<br />

P F v<br />

N m<br />

s<br />

W P F s v<br />

J W N m m<br />

s<br />

Beispiele:<br />

Hubarbeit Wh<br />

Hubleistung Ph ¼<br />

Zeit t<br />

Reibungsarbeit WR<br />

Reibungsleistung PR ¼<br />

Zeit t<br />

Beispiel:<br />

Die Reibung in den Lagern eines Getriebes<br />

erwärmt Welle und Lagerteile, ebenso wie<br />

die Reibung zwischen den Zahnflanken die<br />

Zahnräder erwärmt. Das Úl erwärmt sich und<br />

muss im Rücklauf gekühlt werden. Durch<br />

Konvektion und Strahlung geht ein Teil der<br />

Wärme an die umgebende Luft über.


4.5 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 211<br />

Zur Beurteilung der Verluste in Maschinen, in einzelnen<br />

Maschinenteilen und Vorrichtungen hat<br />

man den Wirkungsgrad definiert:<br />

Der Wirkungsgrad h ist das Verhältnis der<br />

Nutzarbeit Wn (Nutzleistung Pn) zur aufgewendeten<br />

Arbeit Wa (aufgewendeten Leistung Pa).<br />

Es ist üblich, die aufgewendete Leistung Pa als<br />

Antriebsleistung zu bezeichnen und mit dem Index 1<br />

zu kennzeichnen (Pa ¼ Pan ¼ P1). Die Nutzleistung<br />

Pn wird als Abtriebsleistung mit P2 bezeichnet.<br />

Meistens setzt man nicht die Arbeiten, sondern<br />

die Leistungen ins Verhältnis.<br />

Am Beispiel eines einfachen Getriebes soll untersucht<br />

werden, wie sich der Gesamtwirkungsgrad<br />

hges einer Anlage aus den Einzelwirkungsgraden<br />

zusammensetzt.<br />

Die Antriebsleistung Pan ¼ P1 wird durch die Lagerverluste<br />

in den Lagern 1 und 2 vermindert auf<br />

h Lg1, 2 P1. Das ist zugleich die „neue“ Antriebsleistung,<br />

die in den Zahneingriff einfließt und dort<br />

verringert wird auf h Lg1, 2 h z P1. Dieser Leistungsbetrag<br />

wiederum wird in den Lagern 4 und 5<br />

auf h Lg1, 2 h z h Lg4, 5 P1 reduziert. Das ist die<br />

Abtriebsleistung Pab ¼ P2.<br />

Mit der Ausgangsgleichung h ¼ P2/P1 erhält man<br />

abschließend die Beziehung für den Gesamtwirkungsgrad.<br />

Der Gesamtwirkungsgrad hges einer Maschine,<br />

einer Anlage oder eines physikalischen Vorgangs<br />

ist das Produkt der Einzelwirkungsgrade.<br />

Der Wirkungsgrad wird nicht nur als Dezimalzahl<br />

angegeben, z. B. h ¼ 0,86, sondern auch als Prozentzahl,<br />

z. B. h ¼ 86%.<br />

Aufgaben Nr. 526–542<br />

Nutzarbeit Wn<br />

h ¼<br />

< 1<br />

aufgewendete Arbeit Wa<br />

h ¼ Wn<br />

¼<br />

Wa<br />

Pn<br />

¼<br />

Pa<br />

P2<br />

< 1<br />

P1<br />

Hinweis: Die Wirkungsgraddefinition gilt für<br />

alle technischen Vorgänge, also auch z. B. für<br />

wärmetechnische und chemische Vorgänge.<br />

Allein wegen der immer vorhandenen Reibungswiderstände<br />

kann der Wirkungsgrad<br />

niemals den Wert 1 erreichen.<br />

1, 2, 4, 5 Leistungsverluste durch Reibungsleistung<br />

in den Lagern<br />

(Lagerverluste)<br />

3 Leistungsverlust zwischen den<br />

Zähnen (Zahnverluste)<br />

hges ¼ Pab<br />

¼ hLg1, 2 hz hLg4, 5 ¼<br />

Pan<br />

P2<br />

P1<br />

h ges ¼ h 1 h 2 h 3 ... h n ¼ Pab<br />

Gesamtwirkungsgrad<br />

Beispiele für Wirkungsgrade:<br />

Gleitlager h ¼ 0,98 (98%)<br />

Verzahnung h ¼ 0,98 (98%)<br />

E-Motor h ¼ 0,9 (90%)<br />

Ottomotor h ¼ 0,25 (25%)<br />

Pan<br />

¼ P2<br />

< 1<br />

P1


212<br />

4.5.7 Ûbungen mit den Größen Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad<br />

1. Ûbung: Beim Zerspanen auf einer Drehmaschine<br />

wird mit dem Schnittkraftmessgerät die<br />

Schnittkraft Fc ¼ 5000 N gemessen. Werkstückdrehzahl<br />

und -durchmesser ergeben eine Schnittgeschwindigkeit<br />

(Umfangsgeschwindigkeit) von<br />

vu ¼ 60 m/min.<br />

Der Gesamtwirkungsgrad hges der Drehmaschine<br />

vom Elektromotor bis zur Zerspanungsstelle z<br />

wird mit 78% angenommen.<br />

Es ist die Antriebsleistung Pmot für den Motor zu<br />

bestimmen.<br />

Lösung: Das Schnittkraftmessgerät zeigt nur geringe<br />

Schwankungen für den Betrag der Schnittkraft<br />

Fc an, es kann also Fc ¼ konstant angenommen<br />

werden. Ebenso ist vu ¼ konstant. Die<br />

Wirklinien von Kraft und Geschwindigkeit decken<br />

sich (Tangente), so dass die Schnittleistung aus<br />

Pc ¼ Fcvu berechnet werden kann.<br />

Aus der allgemeinen Beziehung h ¼ Pab/Pan erhält<br />

man die erforderliche Motorleistung Pmot. Sie<br />

muss natürlich größer sein als die Schnittleistung<br />

(Pmot > Pc).<br />

Bei allen Aufgaben dieser Art wird in Zukunft<br />

aber nicht schrittweise vorgegangen, sondern<br />

man geht von der Definitionsgleichung für den<br />

Wirkungsgrad aus und bestimmt daraus die gesuchte<br />

Größe.<br />

2. Ûbung: Ein Kran hebt eine Last von der<br />

Masse m ¼ 2 t mit einer Hubgeschwindigkeit<br />

v ¼ 0,25 m/s. Der Antriebsmotor entnimmt dabei<br />

dem Netz die Leistung Pnetz ¼ 7 kW, sein Wirkungsgrad<br />

beträgt hmot ¼ 0,9.<br />

Es ist der Wirkungsgrad hanlage der restlichen<br />

Maschinenteile vom Motorritzel bis zum Kranhaken<br />

zu bestimmen.<br />

Lösung: Hier geht man von der Gleichung für den<br />

Gesamtwirkungsgrad h ges ¼ h moth anlage aus. Für<br />

Pab und Pan werden dann die speziellen Größen<br />

mit den allgemeinen Bezeichnungen eingesetzt<br />

und nach der gesuchten Größe aufgelöst, hier also<br />

nach hanlage.<br />

Gegeben:<br />

Schnittkraft Fc ¼ 5000 N<br />

Schnittgeschwindigkeit vu ¼ 60 m<br />

min<br />

Gesamtwirkungsgrad hges ¼ 0,78<br />

Gesucht: Antriebsleistung Pmot<br />

Die Schnittleistung Pc beträgt:<br />

Pc ¼ Fcvu ¼ 5000 N 1 m<br />

s<br />

Pc ¼ 5 000 Nm J<br />

¼ 5000 ¼ 5000 W<br />

s s<br />

Pc ¼ 5kW<br />

Pab<br />

hges ¼<br />

Pan<br />

Pc<br />

Pmot<br />

Pmot ¼ Pc<br />

h ges<br />

¼ 5kW<br />

¼ 6,41 kW<br />

0,78<br />

hges ¼ Pab<br />

¼<br />

Pan<br />

Pc<br />

¼<br />

Pmot<br />

Fc vu<br />

Pmot<br />

Pmot ¼ Fc vu<br />

¼<br />

hges Gegeben: m ¼ 2t<br />

v ¼ 0,25 m<br />

s<br />

Pnetz ¼ 7kW<br />

hmot ¼ 0,9<br />

Gesucht: hanlage<br />

5000 N 1 m<br />

s ¼ 6,41 kW<br />

0,78<br />

hges ¼ Pab<br />

¼<br />

Pan<br />

Ph<br />

¼ hmothanlage Pnetz<br />

h anlage ¼ mgv<br />

Pnetzh mot<br />

h anlage ¼<br />

Ph ¼ mgv<br />

(Hubleistung)<br />

2000 kg 9,81 m<br />

s2 m<br />

0,25<br />

s<br />

7000 Nm<br />

s<br />

0,9<br />

4 Dynamik<br />

¼ 0,779


4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung 213<br />

4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung<br />

(Kreisbewegung)<br />

4.6.1 Gegenüberstellung der allgemeinen Größen mit den entsprechenden<br />

Kreisgrößen<br />

Ebenso wie im Abschnitt 4.3.1 (Seite 182) werden hier die Kreisgrößen den allgemeinen<br />

Größen gegenüber gestellt (Analogieverfahren). Dabei erkennt man die Gleichartigkeit einander<br />

entsprechender Größen und Gleichungen und kommt zu besserem Verständnis. Wer die<br />

Definitionen der allgemeinen Größen kennt, hat dann auch sofort die Definitionen der entsprechenden<br />

Kreisgrößen zur Hand, und er wird beim Lösen von Aufgaben sicherer sein. Vor allem<br />

ist die Erkenntnis wichtig, dass der Kraft F (Verschiebekraft) im allgemeinen Fall das Drehmoment<br />

M bei der Kreisbewegung entspricht (F ¼b M).<br />

Allgemeine Größe mit Definitionsgleichung Einheit Kreisgröße mit Definitionsgleichung Einheit<br />

Zeit t s Zeit t s<br />

Verschiebeweg s m Drehwinkel j rad<br />

Verschiebegeschwindigkeit<br />

(v ¼ konstant)<br />

v ¼ s<br />

t<br />

m<br />

s<br />

Winkelgeschwindigkeit<br />

(w ¼ konstant)<br />

w ¼ j<br />

t<br />

Verschiebekraft F N Drehmoment M ¼ FT r Nm<br />

Arbeit W ¼ Fs Nm ¼ J Dreharbeit Wrot ¼ Mj ¼ FT r j Nm ¼ J<br />

Leistung P ¼ W<br />

t<br />

¼ Fv<br />

Nm<br />

s ¼ W Drehleistung Prot ¼ Wrot<br />

¼ Mw<br />

t<br />

F; s-Diagramm je nach Aufgabenstellung: M; j-Diagramm je nach Aufgabenstellung:<br />

F 1<br />

F<br />

A=W=<br />

F-Linie<br />

F 1 + F2<br />

s<br />

2<br />

F 2<br />

0 s<br />

s<br />

Beachte: Die Fläche A unter der F-Linie<br />

entspricht der Arbeit W<br />

M 1<br />

M<br />

A=W =<br />

rot<br />

M-Linie<br />

M 1 + M2<br />

f<br />

2<br />

M 2<br />

rad<br />

s<br />

0 f f<br />

Beachte: Die Fläche A unter der M-Linie<br />

entspricht der Dreharbeit Wrot<br />

Nm<br />

¼ W<br />

s


214<br />

4.6.2 Dreharbeit Wrot (Rotationsarbeit)<br />

An einer Kurbel oder Kurbelwelle wirkt die konstante<br />

Kraft FT in tangentialer Richtung. Man<br />

spricht daher auch von Tangentialkraft oder Umfangskraft.<br />

FT dreht hier die Kurbel rechts herum<br />

und verrichtet über dem Drehweg s die Dreharbeit<br />

Wrot ¼ FT s.<br />

Mit der Anzahl der Umdrehungen z kann man für<br />

den Drehweg s ¼ 2prz schreiben und hat damit<br />

schon eine auf Kreisgröße bezogene Gleichung für<br />

die Dreharbeit Wrot.<br />

Das Produkt aus Tangentialkraft FT und Wirkabstand<br />

r (Radius) ist das Drehmoment M. Das<br />

Produkt 2pz ist schon aus der Drehbewegung<br />

bekannt als Drehwinkel j ¼ 2pz. Damit erhält<br />

man die der allgemeinen Definition W ¼ Fs entsprechende<br />

Definitionsgleichung für die Dreharbeit<br />

Wrot.<br />

Zeichnerisch stellt sich die Dreharbeit Wrot im<br />

M; j-Diagramm als Fläche unter der M-Linie dar.<br />

Man erkennt hier wieder die Entsprechung zur<br />

Fläche unter der F-Linie im F; s-Diagramm (siehe<br />

4.5.2, Seite 204):<br />

In jedem M; j-Diagramm entspricht die Fläche<br />

A unter der M-Linie der Rotationsarbeit Wrot<br />

des Drehmoments M.<br />

Ist das Drehmoment M nicht konstant, sondern<br />

steigt es linear an, dann gelten die gleichen Diagramme<br />

und Gleichungen wie auf der Seite 205,<br />

wenn darin für die Federkraft F das Drehmoment<br />

M und für den Federweg s der Drehwinkel j einsetzt<br />

wird.<br />

An die Stelle der in 4.5.3 (Seite 205) behandelten<br />

Schraubenzugfeder tritt die Torsionsstabfeder.<br />

Wrot ¼ FT s<br />

Wrot ¼ FT 2prz<br />

FTr ¼ Drehmoment M (Kraftmoment)<br />

2pz ¼ Drehwinkel j<br />

Wrot ¼ FT s ¼ Mj Rotationsarbeit<br />

Wrot M j<br />

Nm ¼ J Nm rad¼1 Wrot FT s, r z<br />

Nm ¼ J N m 1<br />

Arbeitsdiagramm für die Drehbewegung<br />

Beispiel: Das Drehmoment in der Torsionsstabfeder<br />

eines Autos steigt linear von<br />

120 Nm auf 250 Nm an. Dabei wird die<br />

Feder um 30 verdreht.<br />

Die Federarbeit beträgt dann nach Seite 205:<br />

Wf ¼ M1 þ M2 ð120 þ 250Þ Nm<br />

j ¼<br />

2<br />

2<br />

Wf ¼ 96,9 J<br />

4 Dynamik<br />

30 p<br />

180


4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung 215<br />

4.6.3 Drehleistung Prot (Rotationsleistung)<br />

Wie bei der Herleitung der Gleichung für die<br />

Dreharbeit geht man auch hier von der Tangentialkraft<br />

FT aus. In jedem Augenblick sind die Tangentialkraft<br />

FT und die Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu gleichgerichtet. Dann gilt die allgemeine Beziehung:<br />

Leistung ist Kraft mal Geschwindigkeit.<br />

Mit den speziellen Bezeichnungen gilt demnach<br />

P ¼ FT vu.<br />

Nach Abschnitt 4.2.7 (Seite 179) kann für die Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu das Produkt aus Winkelgeschwindigkeit<br />

w und Radius r eingesetzt werden.<br />

Das Produkt aus Tangentialkraft FT und Radius r<br />

ist wieder das Drehmoment M. Damit erhält man<br />

die der allgemeinen Definition P ¼ Fv entsprechende<br />

Definitionsgleichung für die Drehleistung<br />

Prot (F ¼b M und v ¼b w, siehe 4.6.1,<br />

Seite 213).<br />

Mit den kohärenten Einheiten Newton N, Meter m<br />

und Sekunde s erhält man als kohärente Einheit<br />

für die Leistung P das Watt W.<br />

4.6.4 Zahlenwertgleichung für die Drehleistung Prot<br />

Auf den Leistungsschildern der Motoren ist nicht<br />

die Winkelgeschwindigkeit w, sondern die Drehzahl<br />

n angegeben (in U=min ¼ min 1 ). Soll diese<br />

Drehzahl unmittelbar in die Leistungsgleichung<br />

eingesetzt werden, muss sie durch 60 dividiert<br />

werden. Die Leistung ergibt sich dann in der<br />

Einheit Watt. Um Kilowatt kW zu bekommen,<br />

muss noch durch 1000 dividiert werden<br />

(1 kW ¼ 1000 W).<br />

Fasst man den Quotienten von<br />

2p=ð60 1 000Þ ¼1=9550 zusammen, ergibt das<br />

die in der Technik übliche Zahlenwertgleichung<br />

für die Drehleistung Prot. Wie jede Zahlenwertgleichung<br />

gilt sie nur für die eingetragenen Einheiten.<br />

Auf den Leistungsschildern steht neben der Motordrehzahl<br />

n auch die zur Verfügung stehende Leistung<br />

P. Aus beiden Angaben kann mit der nach M<br />

aufgelösten Gleichung das verfügbare Drehmoment<br />

in Nm berechnet werden (siehe auch Festigkeitslehre,<br />

Torsionsbeanspruchung).<br />

Prot ¼ FT vu<br />

vu ¼ r w ¼ r 2pn<br />

Prot ¼ FT r w ¼ FT 2prn<br />

FTr ¼ Drehmoment M<br />

Prot ¼ Mw ¼ M 2pn Drehleistung<br />

Nm<br />

s<br />

2p<br />

1<br />

Prot ¼ Mn ¼ Mn<br />

60 1000 60 000<br />

2p<br />

1<br />

Prot ¼ Mn<br />

9550<br />

Prot ¼ Mn<br />

9550<br />

Zahlenwertgleichung<br />

M ¼ 9550 Prot<br />

n<br />

Zahlenwertgleichung<br />

Prot FT vu<br />

Nm<br />

¼ W N<br />

s<br />

Prot M w n<br />

rad 1<br />

¼ W Nm ¼<br />

s s<br />

1 1<br />

¼ s<br />

s<br />

m<br />

s<br />

Prot M n<br />

kW Nm min 1<br />

M Prot n<br />

Nm kW min 1


216<br />

4.6.5 Wirkungsgrad, Drehmoment und Ûbersetzung<br />

Eine wichtige Beziehung zwischen Wirkungsgrad<br />

h, Drehmoment M und Ûbersetzung i erhält man,<br />

wenn von der Definitionsgleichung für den Wirkungsgrad<br />

ausgegangen wird und man für die<br />

Leistung P ¼ Mw oder P ¼ M 2pn einsetzt. Es<br />

kann damit beispielsweise der Wirkungsgrad eines<br />

Getriebes berechnet werden, wenn man vorher<br />

An- und Abtriebsmoment gemessen und die Ûbersetzung<br />

an Hand der Baugrößen (z. B. Zähnezahl)<br />

bestimmt hat.<br />

h ¼ Pab<br />

¼<br />

Pan<br />

P2<br />

¼<br />

P1<br />

M2w2<br />

¼<br />

M1w1<br />

M2 2pn2<br />

M1 2pn1<br />

w2<br />

w1<br />

¼ n2<br />

n1<br />

h ¼ M2<br />

M1<br />

¼ 1<br />

(siehe 4.2.9, Seite 181)<br />

i<br />

1<br />

i<br />

M2 ¼ M1ih<br />

M2 Abtriebsmoment, M1 Antriebsmoment<br />

4.6.6 Ûbungen zu Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad und Ûbersetzung<br />

bei Drehbewegung<br />

1. Ein Werkstück von m ¼ 100 kg Masse soll<br />

10 m hoch gehoben werden. Es steht eine Winde<br />

mit dem Kurbelradius r ¼ 400 mm zur Verfügung.<br />

Die Handkraft (Tangentialkraft) an der Kubel soll<br />

60 N betragen. Es soll die Anzahl z der Kurbelumdrehungen<br />

bestimmt werden, wenn von Verlusten<br />

abgesehen wird.<br />

2. Der Flanschmotor eines Getriebes gibt bei<br />

n ¼ 2 880 min 1 eine Leistung von 18 kW ab.<br />

Das Getriebe hat eine Ûbersetzung von i ¼ 420<br />

und einen geschätzten Wirkungsgrad von h ¼ 0,7.<br />

Welches Drehmoment steht an der Abtriebswelle<br />

des Getriebes zur Verfügung?<br />

3. Ein E-Motor gibt am Wellenstumpf ein Drehmoment<br />

von 16 Nm ab bei einer Drehzahl von<br />

2800 min 1 . Das Wattmeter zeigt hierbei eine<br />

elektrische Leistungsaufnahme von 5,6 kW an.<br />

Wie groß ist der Wirkungsgrad des Motors?<br />

Hier wird schrittweise gelöst, um Größengleichungen<br />

und Zahlenwertgleichungen nicht miteinander<br />

zu vermischen.<br />

Aufgaben Nr. 543–560<br />

Wh ¼ mgh<br />

Wrot ¼ FT 2prz ¼ Wh<br />

FT 2prz ¼ mgh<br />

z ¼ mgh<br />

FT 2pr ¼<br />

erforderliche Hubarbeit<br />

(Hubarbeit ¼<br />

Dreharbeit)<br />

100 kg 9,81 m<br />

10 m<br />

s2 ¼ 65,05 U<br />

60 N 2p 0,4 m<br />

M1 ¼ 9550 P1 18<br />

¼ 9550 Nm ¼ 59,69 Nm<br />

n1 2 880<br />

M2 ¼ M1ih ¼ 59,69 Nm 420 0,7<br />

M2 ¼ 17549 Nm<br />

Hinweis: Ohne Berücksichtigung des<br />

Wirkungsgrades hätte sich ergeben:<br />

M2 ¼ M1i ¼ 59,69 Nm 420 ¼ 25 070 Nm<br />

Pmot ¼ Pab ¼ Prot ¼ Mn<br />

9550<br />

Pab ¼ 4,69 kW ¼ Pmot<br />

hmot ¼ Pab<br />

¼<br />

Pan<br />

Pmot<br />

¼<br />

Pnetz<br />

4 Dynamik<br />

16 2800<br />

¼ kW<br />

9550<br />

4,69 kW<br />

¼ 0,838<br />

5,6 kW


4.6 Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad bei der Drehbewegung 217<br />

Lehrbeispiel: Wirkungsgrad<br />

Aufgabenstellung:<br />

Welche Last kann mit der skizzierten Handwinde<br />

gehoben werden?<br />

Gegebene Größen:<br />

Handkraft Fh ¼ 150 N<br />

Handkurbelradius rk ¼ 350 mm<br />

Gesamtwirkungsgrad h ¼ 0,6<br />

Trommeldurchmesser dt ¼ 180 mm<br />

Trommelraddurchmesser d2 ¼ 490 mm<br />

Ritzeldurchmesser d1 ¼ 70 mm<br />

Lösung:<br />

Die Handkraft Fh soll in jeder Kurbelstellung tangential (im rechten Winkel zum Radius) angreifen. Der<br />

Seildurchmesser kann vernachlässigt werden.<br />

Getriebe sollen meist das Drehmoment von Welle zu Welle ändern. Ûbersetzungen ins „Langsame“ vergrößern<br />

das Abtriebsmoment, Ûbersetzungen ins „Schnelle“ verkleinern es.<br />

Antriebsdrehzahl nan<br />

Ûbersetzung i ¼ oder<br />

Abtriebsdrehzahl nab<br />

i ¼ nk<br />

¼<br />

nt<br />

d2<br />

d1<br />

i ¼<br />

Beachte: Die Baugrößen (d1, d2 ) verhalten sich umgekehrt wie die<br />

Drehzahlen (nk Drehzahl der Kurbelwelle, nt Drehzahl der Trommelwelle).<br />

490 mm<br />

¼ 7 (Ûbersetzung ins „Langsame“, weil i > 1 ist)<br />

70 mm<br />

Für Ûbersetzung i und Drehmoment M gilt:<br />

i ¼ M2 Mt<br />

¼<br />

M1h Mk h<br />

Mt ¼ Mk ih ¼ Fhrk ih<br />

Mt ¼ 150 N 0,35 m 7 0,6<br />

Mt ¼ 220,5 Nm<br />

Das Drehmoment Mt der Trommelwelle T ist:<br />

Mt ¼ FG<br />

dt<br />

2 daraus FG ¼ 2Mt<br />

dt<br />

Mt Trommeldrehmoment<br />

Mk Kurbeldrehmoment<br />

fürFG ¼ mg eingesetzt und nach der Masse m aufgelöst:<br />

m ¼ 2Mt<br />

dt g<br />

kg m2<br />

2 220,5<br />

m ¼<br />

s2 0,18 m 9,81 m<br />

s2 ¼ 250 kg Last<br />

F h<br />

F G<br />

d 2<br />

d 1<br />

Trommel<br />

Trommelwelle T<br />

Kurbelwelle K


218<br />

4.7 Energie<br />

4.7.1 Energie, Begriffsbestimmung und Einheit<br />

Unter bestimmten Bedingungen sind feste Körper,<br />

Flüssigkeiten und Gase in der Lage, von sich aus<br />

Arbeit zu verrichten. Das ist immer dann der Fall,<br />

wenn an ihnen selbst vorher eine Arbeit aufgebracht<br />

wurde. Die im Körper „gespeicherte“ Arbeit<br />

kann dann „abgerufen“ werden:<br />

Die im Körper gespeicherte Arbeitsfähigkeit<br />

heißt Energie E des Körpers.<br />

Kurz: Energie gleich Arbeitsfähigkeit.<br />

Die Energie ist wie die Arbeit ein Skalar,<br />

mehrere Energiebeträge dürfen also algebraisch<br />

addiert werden.<br />

Nach dem Ursprung des Arbeitsvermögens der<br />

Körper unterscheidet man drei mechanische Energiearten:<br />

die potenzielle Energie (Höhenenergie),<br />

die kinetische Energie (Bewegungsenergie) und<br />

die Spannungsenergie (Verformungsenergie) elastischer<br />

Körper.<br />

Darüber hinaus gibt es noch andere Energiearten,<br />

z. B. Wärmeenergie, chemische Energie (in allen<br />

Brennstoffen), Atomenergie, Druckenergie, elektrische<br />

Energie, Strahlungsenergie (z. B. von der<br />

Sonne).<br />

Die verschiedenen Energiearten können ineinander<br />

überführt werden. Man spricht dann von Energieumwandlung,<br />

meint aber damit nicht nur die<br />

Umwandlung von einer Energieart in eine andere,<br />

sondern auch die Umwandlung von Energie in<br />

mechanische Arbeit und umgekehrt.<br />

Bei jeder technischen Energieumwandlung treten<br />

„Verluste“ auf. Das heißt nicht, dass Energie „verschwindet“,<br />

man meint damit nur, dass ein Teil der<br />

Anfangsenergie für den beabsichtigten technischen<br />

Zweck verloren geht.<br />

4 Dynamik<br />

Beispiele:<br />

Der herabfallende Bär eines Fallhammers<br />

verformt das Schmiedestück, verrichtet also<br />

Verformungsarbeit (Formänderungsarbeit).<br />

Ein fahrendes Auto prallt auf ein Hindernis.<br />

Es verrichtet Formänderungsarbeit.<br />

Eine vorher gespannte Schraubenfeder hebt<br />

ein Werkstück. Sie verrichtet Hubarbeit.<br />

Beispiele:<br />

Der Bär des Fallhammers hatte in seiner<br />

oberen Ruhelage potenzielle Energie<br />

(Höhenenergie, Energie der Lage).<br />

Das fahrende Auto besaß vor dem Aufprall<br />

kinetische Energie (Bewegungsenergie).<br />

Gespannte Federn aller Art besitzen Spannungsenergie<br />

(Verformungsenergie).<br />

Beispiele:<br />

Die chemische Energie im Brennstoff wird in<br />

Wärme umgewandelt, ebenso die Strahlungsenergie<br />

der Sonne.<br />

Jede Reibung erzeugt Wärme: Reibungsarbeit<br />

wird in Wärme umgewandelt (Temperaturerhöhung<br />

der Maschinenteile).<br />

Bei technischen Vorgängen ist der Arbeitsaufwand<br />

immer größer als der Nutzen. Diese<br />

Tatsache führte zur Festlegung des Begriffes<br />

Wirkungsgrad (siehe 4.5.6, Seite 210).


4.7 Energie 219<br />

Bei der Energieumwandlung in Maschinen treten<br />

Energieverluste hauptsächlich dadurch auf, dass<br />

sich ein Teil der Energie über die Reibungsarbeit<br />

in Wärmeenergie umwandelt.<br />

Dass Energie nicht verloren geht, sondern nur von<br />

der einen in die andere Form übergeht, ist schon<br />

seit über hundert Jahren bekannt und konnte bis<br />

heute nur bestätigt werden. Es gilt der Satz von der<br />

Erhaltung der Energie (Energieerhaltungssatz):<br />

Die Summe aller im Universum vorhandenen<br />

Energien bleibt erhalten (konstant); Energie<br />

kann weder aus Nichts gewonnen werden noch<br />

geht sie verloren. Energie kann nur umgewandelt<br />

werden.<br />

Da Energie die Fähigkeit der Körper ist, Arbeit zu<br />

verrichten, müssen Energie- und Arbeitseinheit<br />

gleich sein.<br />

4.7.2 Potenzielle Energie Epot und Hubarbeit Wh<br />

Wird ein Körper von der Masse m um die Höhe h<br />

gegenüber einer Bezugsebene gehoben, dann ist<br />

dazu die Hubarbeit Wh ¼ FG h ¼ mgh erforderlich<br />

(siehe Seite 206).<br />

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfähigkeit,<br />

mit der er nun an einem anderen Körper Arbeit<br />

verrichten kann. Er kann z. B. über Seil und Rolle<br />

einen anderen Körper heben.<br />

Besitzt der Körper schon die potenzielle Energie<br />

Epot1 ¼ mgh1 gegenüber der um h1 tiefer liegenden<br />

Bezugsebene, dann ist zum weiteren Heben auf<br />

die Höhe h2 die Hubarbeit Wh ¼ mgðh2 h1Þ<br />

erforderlich. Das ist zugleich die Ønderung der<br />

potenziellen Energie des Körpers:<br />

Wh ¼ DEpot ¼ Epot2 Epot1.<br />

Hinweis: Die bei der Umwandlung von Reibungsarbeit<br />

in Wärme auftretende Temperaturerhöhung<br />

der Teile ist technisch nicht<br />

mehr nutzbar.<br />

Mayer und Helmholtz haben diesen wichtigen<br />

Erfahrungssatz um 1840 unabhängig<br />

voneinander gefunden. Alle Versuche haben<br />

ihn bis heute bestätigt.<br />

Der Energieerhaltungssatz muss auch für<br />

technische Vorgänge gelten, wenn man sie<br />

sich „abgeschlossen“ vorstellt: Man spricht<br />

dann von einem abgeschlossenen System und<br />

meint damit ein von äußeren Kräften freies<br />

System.<br />

Die Einheit der Energie und der Arbeit ist<br />

das Joule (J), siehe 4.5.1, Seite 203.<br />

1J¼ 1Nm¼ 1Ws¼ 1<br />

kg m2<br />

s 2<br />

¼ 1m2 kg s 2<br />

potenzielle Energie Epot ¼ Hubarbeit Wh<br />

Epot ¼ FG h ¼ mgh<br />

Epot, Wh FG m g h<br />

J ¼ Nm N kg m<br />

s2 m<br />

Wh ¼ mgðh2 h1Þ ¼DEpot<br />

Ønderung der potenziellen Energie<br />

potenzielle Energie<br />

(Höhenenergie)


220<br />

4.7.3 Kinetische Energie Ekin und Beschleunigungsarbeit Wa<br />

Wird ein Körper, z. B. ein Auto, aus dem Stillstand<br />

auf die Geschwindigkeit v gebracht, dann ist dazu<br />

nach dem dynamischen Grundgesetz die resultierende<br />

Kraft Fres ¼ ma erforderlich. Fres wirkt<br />

dabei in Bewegungsrichtung auf dem Weg s, verrichtet<br />

also am Körper eine Arbeit, die Beschleunigungsarbeit<br />

Wa ¼ Fres s genannt wird.<br />

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfähigkeit,<br />

mit der der Körper nun an einem anderen Körper<br />

Arbeit verrichten kann. Da nur solche Körper diese<br />

Energieart besitzen, die sich mit der Geschwindigkeit<br />

v bewegen, spricht man von Bewegungsenergie<br />

oder kinetischer Energie Ekin.<br />

Besitzt ein Körper schon die Geschwindigkeit v1<br />

und wird durch Fres auf dem Wegabschnitt s auf<br />

die Geschwindigkeit v2 beschleunigt, dann wird<br />

für s nicht v Dt=2 (wie oben) eingesetzt, sondern<br />

ðv2 2<br />

v1 2 Þ=2a (Tabelle 4.1, Seite 154). Damit erhält<br />

man eine Gleichung für die Beschleunigungsarbeit<br />

Wa in der allgemeinen Form. Wa gibt dann<br />

zugleich die Ønderung der kinetischen Energie des<br />

Körpers an:<br />

Wa ¼ DEkin ¼ Ekin2 Ekin1.<br />

Fres ¼ ma ¼ m Dv<br />

; Dv ¼ v gesetzt<br />

Dt<br />

Fres s ¼ m v<br />

Dt s<br />

Fres s ¼ m v<br />

Dt<br />

v Dt<br />

2<br />

Fres s ¼ m<br />

2 v2 ¼ Wa<br />

Δv =v<br />

kinetische<br />

¼<br />

Energie Ekin<br />

Beschleunigungsarbeit<br />

Wa<br />

Fres s ¼ mas ¼ Wa<br />

s ¼ v2 2 v1 2<br />

2a<br />

Wa ¼ ma v2 2 v1 2<br />

2a<br />

Wa ¼ m 2<br />

ðv2<br />

2<br />

4.7.4 Spannungsenergie Es und Formänderungsarbeit Wf<br />

F<br />

Wird eine vorher unverformte Feder gespannt,<br />

dann ist dazu die Formänderungsarbeit oder Federarbeit<br />

Wf erforderlich (siehe 4.5.3, Seite 205). Aus<br />

dem Federdiagramm (F; s-Diagramm) liest man<br />

dafür Wf ¼ Fs=2 ¼ Rs 2 =2 ab, mit R als Federrate.<br />

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfähigkeit,<br />

mit der die gespannte Feder nun an einem anderen<br />

Körper Arbeit verrichten kann. Diese Energie wird<br />

Spannungsenergie Es genannt.<br />

Besitzt die Feder schon die Spannungsenergie Es1,<br />

weil sie mit F1 vorgespannt worden ist, dann ist<br />

zum weiteren Spannen die Federarbeit<br />

Wf ¼ðF1 þ F2Þ s=2 ¼ Rðs2 2<br />

s1 2 Þ=2 erforderlich.<br />

Das ist zugleich die Ønderung der Spannungsenergie<br />

in der Feder: Wf ¼ DEs ¼ Es2 Es1.<br />

v1<br />

v<br />

v<br />

s=<br />

vΔt 2<br />

0 Δt t<br />

Ekin ¼ m<br />

2 v2<br />

Ekin, Wa<br />

J ¼ Nm<br />

m<br />

kg<br />

v<br />

kinetische Energie (Bewegungsenergie)<br />

m<br />

s<br />

v 2 – v2<br />

2 1<br />

s=<br />

2a<br />

0 Δt<br />

v1 2 Þ¼DEkin<br />

Ønderung der kinetischen Energie<br />

F<br />

A=E s =<br />

Fs R<br />

= s<br />

2 2<br />

2<br />

0 s s<br />

Spannungsenergie Es ¼ Federarbeit Wf<br />

Es ¼ Fs R 2<br />

¼ s<br />

2 2<br />

Spannungsenergie<br />

Wf ¼ F1 þ F2<br />

2<br />

s ¼ R 2<br />

ðs2<br />

2<br />

Ønderung der Spannungsenergie<br />

4 Dynamik<br />

v2<br />

Wf, Es F s R<br />

J ¼ Nm N m N<br />

m<br />

s1 2 Þ¼DEs<br />

t


4.7 Energie 221<br />

4.7.5 Energieerhaltungssatz für technische Vorgänge<br />

Ein Körper der Masse m, zunächst durch die Sperre<br />

S in Ruhe gehalten, wird nach seiner Freigabe<br />

durch eine Zugfeder die schiefe Ebene abwärts<br />

gezogen. Er durchläuft den Weg s vom Anfangspunkt<br />

(A) des Vorganges bis zum Endpunkt (E),<br />

wo die Feder gerade entspannt ist, also noch nicht<br />

zusammengedrückt wird.<br />

In (A) besitzt der Körper die Anfangsenergie<br />

EA ¼ Epot ¼ mgh gegenüber der um h tiefer liegenden<br />

Bezugsebene BE.<br />

Am Ende des Vorganges ist Epot ¼ 0 geworden;<br />

dafür besitzt der Körper die Endenergie<br />

EE ¼ Ekin ¼ mv 2 =2.<br />

Nach dem Energieerhaltungssatz müssten die beiden<br />

Energiebeträge gleich groß sein (EE ¼ EA).<br />

Das kann hier nicht sein, weil der Körper auf dem<br />

Weg s sowohl Arbeit aufgenommen als auch abgegeben<br />

hat:<br />

Aufgenommen hat der Körper die zugeführte<br />

Federarbeit Wzu ¼ Wf ¼ Rs 2 =2.<br />

Abgegeben hat der Körper die abgeführte<br />

Reibungsarbeit Wab ¼ WR ¼ FRs.<br />

Die Energieumwandlung durch Zu- und Abfuhr<br />

mechanischer Arbeit kann man in das Schema der<br />

Energiebilanz eintragen und danach den Energieerhaltungssatz<br />

für technische Vorgänge aufstellen,<br />

so wie er künftig beim Lösen von Aufgaben angewandt<br />

wird:<br />

Beachte: Es wäre ein Fehler zu meinen,<br />

die Arbeit der Abtriebskomponente der<br />

Gewichtskraft FG sin a mit aufnehmen zu<br />

müssen:<br />

Der Arbeitsbetrag FG sin as ist die beim<br />

Heben um die Höhe h vorher aufgenommene<br />

potenzielle Energie Epot ¼ mgh (siehe 4.5.4,<br />

Seite 206, 1. Ûbung).<br />

Schema der Energiebilanz<br />

Energieerhaltungssatz<br />

Die Energie EE am Ende eines Vorgangs ist gleich der Energie EA am Anfang des Vorgangs,<br />

vermehrt um die während des Vorgangs zugeführte Arbeit Wzu und vermindert um die<br />

während des Vorgangs abgeführte Arbeit Wab.<br />

EE ¼ EA þ Wzu Wab<br />

Energie am<br />

Ende des<br />

Vorgangs<br />

¼<br />

Energie am<br />

Anfang des<br />

Vorgangs<br />

þ zugeführte<br />

Arbeit<br />

abgeführte<br />

Arbeit


222<br />

4.7.6 Ûbungen zum Energieerhaltungssatz<br />

1. Ûbung: Ein Waggon von der Masse<br />

m ¼ 40000 kg rollt aus der Geschwindigkeit<br />

v ¼ 1,8 m/s auf horizontaler Bahn aus. Dabei<br />

wirkt ein Fahrwiderstand Fw ¼ 280 N.<br />

Wie lang ist der Ausrollweg s?<br />

Lösung: Am Ende des Vorgangs ruht der Körper<br />

auf der Bezugsebene, das heißt, seine Endenergie<br />

ist null (EE ¼ 0).<br />

Am Anfang des Vorgangs besitzt er die kinetische<br />

Energie EA ¼ mv 2 =2.<br />

Zwischen Anfang und Ende des Vorgangs wird die<br />

Arbeit des Fahrwiderstands W ab ¼ F w s abgeführt.<br />

Aus dem Energieerhaltungssatz findet man damit<br />

auf einfache Weise die gesuchte Gleichung und<br />

den Betrag für den Ausrollweg s.<br />

2. Ûbung: Die Skizze zeigt das Schema einer<br />

Sackrutsche. Die Reibungszahl zwischen Sack und<br />

Rutsche soll m ¼ 0,3 betragen.<br />

Gesucht ist die Endgeschwindigkeit v des Sackes<br />

am Ende der schiefen Ebene.<br />

Lösung: Man geht wieder vom Energieerhaltungssatz<br />

aus: Die Energie am Ende des Vorgangs kann<br />

nur kinetische Energie sein, denn der Körper besitzt<br />

dort die Geschwindigkeit v, und der Höhenunterschied<br />

zur Bezugsebene BE ist null geworden<br />

(Epot ¼ 0). Am Anfang besaß der Körper nur<br />

potenzielle Energie, denn er ruhte in der Höheh. Abgeführt<br />

wird nur die Reibungsarbeit WR ¼ FRs. Für<br />

die Reibungskraft wird FR ¼ FNm und für die Normalkraft<br />

FN ¼ FG cos a ¼ mgcos a eingesetzt.<br />

Gegeben: m ¼ 40000 kg<br />

v ¼ 1,8 m<br />

s<br />

Fw ¼ 280 N<br />

Gesucht: Ausrollweg s<br />

EE ¼ EA Wab<br />

0 ¼ m<br />

2 v2<br />

s ¼ mv2<br />

2Fw<br />

Fws<br />

s ¼ f ðm; v; FwÞ<br />

40 000 kg 3,24<br />

s ¼<br />

m2<br />

s2 kg m<br />

2 280<br />

s2 ¼ 231,4 m<br />

EE ¼ EA Wab<br />

kinetische<br />

Energie<br />

¼ potenzielle<br />

Energie<br />

Reibungsarbeit<br />

Ekin ¼ Epot WR<br />

m<br />

2 v2<br />

m<br />

2 v2<br />

v 2<br />

2<br />

4 Dynamik<br />

¼ mgh FR s<br />

¼ mgh mgcos amsj : m<br />

¼ gh gms cos a


4.7 Energie 223<br />

Da der Weg s nicht gegeben ist, wird s ¼ l= cos a<br />

eingesetzt (l ist gegeben). Dadurch kürzt sich<br />

auch cos a heraus und man findet die einfachste<br />

Gleichung für die Endgeschwindigkeit<br />

v ¼ f ðg; h; m; lÞ.<br />

Man erkennt, dass die erreichbare Endgeschwindigkeit<br />

des Sackes unabhängig von seiner Masse<br />

m ist. Das gilt für alle auf einer schiefen Ebene<br />

ohne zusätzliche äußere Kraftwirkung gleitenden<br />

Körper.<br />

3. Ûbung: Welcher Hubarbeit Wh oder potenziellen<br />

Energie Epot oder Wärme (Wärmemenge) Q<br />

entspricht die kinetische Energie eines Autos von<br />

1500 kg Masse, das mit 160 km/h fährt?<br />

Lösung:<br />

a) Die kinetische Energie eines Fahrzeuges<br />

wächst mit dem Quadrat seiner Geschwindigkeit.<br />

Eine Verdoppelung der Fahrzeuggeschwindigkeit<br />

hat also eine Erhöhung der kinetischen Energie auf<br />

das Vierfache zur Folge.<br />

b) Eine Vorstellung von den Folgen eines Aufpralls<br />

aus dieser Geschwindigkeit erhält man,<br />

wenn die Fallhöhe h berechnet wird, die dieser<br />

Energie entspricht.<br />

c) Da Ekin auch gleich der Wärme Q ist, kann man<br />

eine entsprechende wärmetechnische Rechnung<br />

durchführen. Die Wärme Q zum Erwärmen eines<br />

Stoffes ist gleich dem Produkt von Masse m,<br />

spezifischer Wärmekapazität c und Temperaturdifferenz<br />

DT (siehe <strong>Böge</strong>/Eichler, Physik):<br />

Die kinetische Energie des Autos würde ausreichen<br />

(bei h ¼ 1), die Temperatur von 10 kg<br />

Wasser (10 l) umDT ¼ 35,4 K zu erhöhen.<br />

Aufgaben Nr. 561–576<br />

v2 ¼ gh gm<br />

2<br />

v 2 ¼ 2gðh mlÞ<br />

v ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

p<br />

2gðh mlÞ<br />

l<br />

cos a<br />

cos a<br />

v ¼ f ðg, h, m, lÞ<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

v ¼ 2 9,81 m<br />

r<br />

ð2 m 0,3 6mÞ<br />

s2 v ¼ 1,98 m<br />

s<br />

Gegeben: m ¼ 1500 kg<br />

v ¼ 160 km 160 m<br />

¼<br />

h 3,6 s<br />

Gesucht: Ekin<br />

Ekin ¼ m<br />

2 v2 1 500 kg<br />

¼<br />

2<br />

160<br />

3,6<br />

2 m 2<br />

Ekin ¼ 1 481 481,5 Nm ¼ 1 481 481,5 J<br />

Ekin ¼ Epot ¼ Wh ¼ Q ¼ 1 481 481,5 J<br />

Ekin ¼ Epot ¼ mgh<br />

h ¼ Ekin<br />

mg ¼<br />

kg m2<br />

1 481 481,5<br />

s2 1 500 kg 9,81 m<br />

s2 ¼ 100,67 m<br />

Q ¼ mcDT<br />

DT ¼ Q<br />

mc ¼<br />

1 481 481,5 J<br />

J<br />

10 kg 4 186,8<br />

kg K<br />

DT ¼ 35,4 K ¼ 35,4 C<br />

s 2<br />

Q m c DT<br />

J ¼ Nm kg<br />

J<br />

kg K K


224<br />

4.8 Gerader zentrischer Stoß<br />

4.8.1 Stoßbegriff, Kräfte und Geschwindigkeiten beim Stoß<br />

Der physikalische Vorgang Stoß liegt dann vor,<br />

wenn sich zwei Körper während eines sehr kleinen<br />

Zeitabschnitts Dt berühren und dabei ihren Bewegungszustand<br />

ändern.<br />

Bei Berührung wirken an den Berührungsflächen<br />

gleich große Normalkräfte (Wechselwirkungsgesetz).<br />

Während der Berührungszeit Dt erfahren<br />

also beide Körper den gleichen Kraftstoß F Dt<br />

(siehe 4.4.9, Seite 202). Dadurch verringert sich<br />

der Impuls mv des einen Körpers um denselben<br />

Betrag, um den der Impuls des anderen Körpers<br />

zunimmt, und man erkennt:<br />

Die Summe der Impulse (Bewegungsgrößen)<br />

beider Körper bleibt in jedem Augenblick des<br />

Stoßes konstant.<br />

Da die Massen beider Körper unverändert bleiben,<br />

bedeutet das, dass die Geschwindigkeit des einen<br />

Körpers kleiner, die des anderen größer wird.<br />

4.8.2 Merkmale des geraden zentrischen Stoßes<br />

Durch den Berührungspunkt beider Körper bei<br />

Stoßbeginn legt man die Tangentialebene und errichtet<br />

darauf im Berührungspunkt eine Normale,<br />

die Stoßnormale. Sie ist die Wirklinie der beiden<br />

Normalkräfte, die während des Stoßes zwischen<br />

beiden Körpern wirken.<br />

Verläuft die Stoßnormale durch die Schwerpunkte<br />

beider Körper, dann spricht man von zentrischem<br />

Stoß. Wird diese Bedingung nicht erfüllt, dann<br />

liegt exzentrischer Stoß vor.<br />

Liegen die Geschwindigkeitsvektoren v1 und v2<br />

beider Körper beim Stoßbeginn parallel zur Stoßnormalen,<br />

dann spricht man von geradem Stoß.<br />

Bewegt sich einer der Körper oder auch beide<br />

nicht parallel zur Stoßnormalen, dann liegt schiefer<br />

Stoß vor.<br />

Beim geraden zentrischen Stoß verläuft die<br />

Stoßnormale durch beide Körperschwerpunkte.<br />

Beide Körper bewegen sich in Richtung der<br />

Stoßnormalen.<br />

Beachte: Ønderung des Bewegungszustandes<br />

heißt Ønderung der Geschwindigkeit der<br />

Körper nach Betrag oder Richtung oder auch<br />

nach beiden gleichzeitig.<br />

Beachte: Werden die beiden Körper als ein<br />

System betrachtet, dann sind die Normalkräfte<br />

beim Stoß innere Kräfte dieses Systems.<br />

Da während des Stoßes keine äußeren Kräfte<br />

auf die beiden Körper wirken, handelt es sich<br />

um ein kräftefreies System nach 4.4.9, dessen<br />

gesamter Impuls auch während des Stoßes<br />

konstant bleibt.<br />

m1v1 þ m2v2 ¼ m1c1 þ m2c2<br />

Smv ¼ Smc<br />

Impulserhaltungssatz<br />

für zwei Körper<br />

m1, m2 Massen beider Körper<br />

v1, v2 Geschwindigkeiten vor dem Stoß<br />

Geschwindigkeiten nach dem Stoß<br />

c1, c2<br />

4 Dynamik<br />

Beachte: Die Lage der Normalkräfte im<br />

Berührungspunkt bestimmt, ob zentrischer<br />

oder exzentrischer Stoß vorliegt.<br />

Beachte: Die Richtung der Geschwindigkeiten<br />

v1 und v2 bestimmt, ob gerader oder<br />

schiefer Stoß vorliegt.<br />

Beispiel für geraden zentrischen Stoß:<br />

Zusammenstoß von Kegelkugeln auf der<br />

Rücklaufbahn.<br />

Eine weitere Unterteilung der Stoßarten ist<br />

notwendig durch das unterschiedliche Verformungsverhalten<br />

der Körper: Man unterscheidet<br />

elastischen, unelastischen und wirklichen<br />

Stoß.


4.8 Gerader zentrischer Stoß 225<br />

4.8.3 Elastischer Stoß<br />

Elastische Körper verformen sich beim Stoß<br />

federnd. Nach dem Stoß ist die Verformung<br />

vollständig zurückgegangen. Auch die Verluste<br />

infolge äußerer und innerer Reibung werden vernachlässigt.<br />

Zwei Kugeln bewegen sich in gleichem Richtungssinn<br />

auf gemeinsamer Bahn. Stößt die<br />

schnellere Kugel mit der Masse m1 und der<br />

Geschwindigkeit v1 auf die langsamere Kugel mit<br />

der Masse m2 und der Geschwindigkeit v2, so wird<br />

beim Stoß die schnellere Kugel verzögert und die<br />

langsamere Kugel beschleunigt.<br />

Zur Berechnung der Geschwindigkeiten c1, c2<br />

beider Kugeln nach dem Stoß wird der gesamte<br />

Stoßvorgang in zwei Abschnitte unterteilt.<br />

Erster Stoßabschnitt (Zusammendrücken)<br />

Er beginnt mit der Berührung der Kugeln und<br />

endet, wenn ihr Abstand ein Minimum (lmin)<br />

geworden ist (siehe F; s-Diagramm). Dabei verformen<br />

sich die Kugeln. Die Formänderungsarbeit<br />

W1 wird der kinetischen Energie der schnelleren<br />

Kugel entzogen.<br />

Am Ende des ersten Stoßabschnitts besitzen beide<br />

Kugeln dieselbe Geschwindigkeit c.<br />

Zweiter Stoßabschnitt (Entspannen)<br />

Er beginnt beim Abstandsminimum lmin der Kugelmittelpunkte<br />

und endet mit der Trennung der<br />

Kugeln. Dabei wird die durch die Abplattung der<br />

Kugeln gespeicherte Spannungsenergie verlustlos<br />

an die Kugel 2 abgegeben (E2 ¼ E1). Kugel 1<br />

ändert dabei ihre Geschwindigkeit von c auf c1<br />

und Kugel 2 von c auf c2.<br />

Beim Entspannen wirkt auf beide Kugeln der gleiche<br />

Kraftstoß wie beim Zusammendrücken. Folglich<br />

ist für jede der beiden Kugeln die Geschwindigkeitsänderung<br />

in beiden Stoßabschnitten gleich<br />

groß: v1 c ¼ c c1 und c v2 ¼ c2 c. Aus<br />

dieser Erkenntnis kann eine Gleichung für die<br />

Geschwindigkeit c1 der Kugel 1 nach dem Stoß<br />

entwickelt werden; in gleicher Weise erhält man<br />

die entsprechende Gleichung für die Kugel 2.<br />

Merkmale des elastischen Stoßes:<br />

Keine bleibende Formänderung nach dem<br />

Stoß, vollständige Trennung der Körper voneinander<br />

nach dem Stoß, verlustfreier Energieaustausch.<br />

Nach dem Impulserhaltungssatz bleibt die<br />

Summe der Impulse (Bewegungsgrößen)<br />

konstant:<br />

vor dem nach dem ersten<br />

Stoß<br />

zfflfflfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflfflfflffl{<br />

¼<br />

Stoßabschnitt<br />

zfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflffl{<br />

m1c þ m2c<br />

m1v1 þ m2v2<br />

c ¼ m1v1 þ m2v2<br />

m1 þ m2<br />

Für Kugel 1 gilt:<br />

v1 c ¼ c c1 daraus folgt:<br />

c1 ¼ 2c v1 ¼ 2 m1v1 þ m2v2<br />

m1 þ m2<br />

Geschwindigkeit<br />

beider Körper am<br />

Ende des ersten<br />

Stoßabschnitts<br />

v1<br />

¼ 2ðm1v1 þ m2v2Þ ðm1 þ m2Þ v1<br />

m1 þ m2<br />

¼ m1v1 þ 2m2v2 m2v1<br />

m1 þ m2<br />

¼ ðm1 m2Þ v1 þ 2m2v2<br />

m1 þ m2<br />

c1 ¼ ðm1 m2Þ v1 þ 2m2v2<br />

m1 þ m2<br />

c2 ¼ ðm2 m1Þ v2 þ 2m1v1<br />

m1 þ m2<br />

Geschwindigkeiten beider Körper<br />

nach dem Stoß


226<br />

Da ein „kräftefreies System“ vorausgesetzt wird<br />

(es wirken keine äußeren Kräfte), gilt neben dem<br />

Impulserhaltungssatz auch der Energieerhaltungssatz<br />

(4.7.1, Seite 219).<br />

Beim elastischen Stoß bleibt die Summe der<br />

kinetischen Energien beider Körper bei horizontaler<br />

Bewegung konstant.<br />

Mit Hilfe des Energieerhaltungssatzes und des<br />

Impulserhaltungssatzes kann man eine weitere<br />

wichtige Beziehung herleiten:<br />

Beim elastischen Stoß wird die Relativgeschwindigkeit<br />

(Differenz der Geschwindigkeiten<br />

v1 und v2) nicht geändert.<br />

Sonderfälle des geraden zentrischen Stoßes elastischer<br />

Körper:<br />

Beim elastischen Stoß zweier Körper mit<br />

gleichen Massen tauschen die Körper ihre<br />

Geschwindigkeiten aus.<br />

Beim elastischen Stoß eines Körpers gegen<br />

eine starre Wand, prallt er mit gleicher Geschwindigkeit<br />

zurück.<br />

Beim elastischen Stoß eines Körpers sehr großer<br />

Masse m1 gegen einen ruhenden Körper<br />

kleiner Masse m2 erhält der ruhende Körper die<br />

doppelte Geschwindigkeit des stoßenden Körpers<br />

(c2 ¼ 2v1).<br />

Energieerhaltungssatz für den elastischen<br />

Stoß:<br />

EEnde des Stoßes ¼ EAnfang des Stoßes<br />

1<br />

2 ðm1c1 2 þ m2c2 2 Þ¼ 1<br />

2 ðm1v1 2 þ m2v2 2 Þ<br />

Der umgeformte Energieerhaltungssatz wird<br />

durch den Impulserhaltungssatz dividiert:<br />

m1ðv1 2 c1 2Þ m1ðv1 c1Þ ¼ m2ðc2 2 v2 2Þ m2ðc2 v2Þ<br />

v1 þ c1 ¼ c2 þ v2<br />

v1 v2 ¼ c2 c1<br />

Aus der Gleichung von Seite 225:<br />

c1 ¼ ðm1 m2Þ v1 þ 2m2 v2<br />

m1 þ m2<br />

ergibt sich mit m1 ¼ m2 ¼ m:<br />

c1 ¼ ðm mÞ v1 þ 2mv2<br />

m þ m<br />

c1 ¼ 2mv2<br />

2m ¼ v2 und analog c2 ¼ v1<br />

m2 ¼1; v2 ¼ 0; m1 vernachlässigt<br />

c1 ¼ m2 v1 þ 2m2<br />

m2<br />

0<br />

¼ v1<br />

c1 ¼ v1<br />

m1 > m2; v2 ¼ 0; m2 vernachlässigt<br />

c2 ¼ m1 0 þ 2m1 v1<br />

m1<br />

c2 ¼ 2v1<br />

¼ 2v1<br />

4 Dynamik<br />

Bewegen sich die beiden Körper auf der Stoßnormalen aufeinander zu, so erhalten die<br />

Geschwindigkeiten v1 und v2 und damit auch die Impulse beider Körper entgegengesetzte Vorzeichen<br />

(der Impuls ist ein Vektor). Beim Stoß kehrt dann entweder einer der beiden Körper<br />

seine Bewegungsrichtung um, oder beide.<br />

Auch für diesen Fall gelten für die Geschwindigkeiten c, c1 und c2 die entwickelten Gleichungen.<br />

Man erkennt die Richtungsumkehr eines Körpers daran, dass seine Geschwindigkeit nach<br />

dem Stoß ein anderes Vorzeichen hat als vor dem Stoß.


4.8 Gerader zentrischer Stoß 227<br />

4.8.4 Unelastischer Stoß<br />

Unelastische Körper verformen sich beim Stoß<br />

plastisch, d. h. sie erhalten eine bleibende Formänderung.<br />

Es wird also angenommen, dass keiner<br />

der beiden Körper federt.<br />

Erster Stoßabschnitt<br />

Er verläuft wie beim elastischen Stoß. Beide Körper<br />

besitzen am Ende des ersten Stoßabschnitts<br />

die gemeinsame Geschwindigkeit c. Die Formänderungsarbeit<br />

wurde jedoch nicht als Spannungsenergie<br />

gespeichert, sondern in Wärme umgesetzt.<br />

Da auch hier ein kräftefreies System vorliegt,<br />

bleibt wie beim elastischen Stoß der Gesamtimpuls<br />

erhalten, und für die Geschwindigkeit c gilt<br />

dieselbe Beziehung wie beim elastischen Stoß.<br />

Zweiter Stoßabschnitt<br />

Er entfällt, weil ohne gespeicherte Spannungsenergie<br />

auch kein Kraftstoß mehr auftritt, sobald beide<br />

Körper die gemeinsame Geschwindigkeit c erreicht<br />

haben. Beide bewegen sich mit der Geschwindigkeit<br />

c weiter:<br />

Beim unelastischen Stoß wird die Relativgeschwindigkeit<br />

zu null. Ein Teil der kinetischen<br />

Energie wird über die Formänderungsarbeit<br />

DW in Wärme umgesetzt.<br />

Der Energieverlust der Körper (¼ Formänderungsarbeit<br />

DW) wird aus dem Energiesatz berechnet,<br />

in den der Ausdruck für die Geschwindigkeit c<br />

(Seite 225) einzusetzen ist.<br />

Merkmale des unelastischen Stoßes:<br />

bleibende Formänderung nach dem Stoß,<br />

keine Trennung der Körper voneinander nach<br />

dem Stoß.<br />

Energieerhaltungssatz für den unelastischen<br />

Stoß:<br />

1<br />

2 ðm1 þ m2Þ c 2 ¼ 1<br />

2 ðm1v1 2 þ m2v2 2 Þ DW<br />

DW ¼ 1<br />

2 ½m1v1 2 þ m2v2 2<br />

ðm1 þ m2Þ c 2 Š<br />

c 2 ¼ m1v1 þ m2v2<br />

m1 þ m2<br />

eingesetzt und umgeformt ergibt:<br />

DW ¼ 1<br />

2<br />

2<br />

m1m2ðv1 v2Þ 2<br />

m1 þ m2<br />

Energieabnahme beim<br />

unelastischen Stoß<br />

Dieser Energie-„Verlust“ ist für einige technische Anwendungsfälle von großer Bedeutung:<br />

das Schmieden und Kaltumformen von Werkstücken, das Nieten und das Rammen.<br />

4.8.4.1 Schmieden und Nieten<br />

Hierbei soll die aufgebrachte Energie der Formänderung<br />

dienen. Die verbleibende kinetische<br />

Energie der Körper nach dem Stoß muss niedrig<br />

gehalten werden.<br />

Beim Schmieden ist der angestrebte technische<br />

Nutzen die Formänderung des Werkstücks.<br />

W m v<br />

J kg m<br />

s<br />

Hinweis: Die Erfahrung lehrt, dass zum<br />

Nieten ein Hammer kleiner Masse und als<br />

Gegenhalter ein Körper großer Masse zweckmäßig<br />

sind.<br />

Formänderungsarbeit DW<br />

h ¼<br />

kinetische Energie E1 vor dem Stoß


228<br />

Der Schlagwirkungsgrad h ist dann das Verhältnis<br />

zwischen der Formänderungsarbeit DW und der<br />

kinetischen Energie E1 ¼ m1v2 2 =2 des Hammerbärs<br />

beim Stoßbeginn. Amboss und Werkstück haben<br />

die gemeinsame Masse m2 und ihre Geschwindigkeit<br />

vor dem Stoß ist v2 ¼ 0.<br />

Die Wirkungsgradgleichung zeigt: Je größer die<br />

Ambossmasse m2 im Verhältnis zur Bärmasse m1<br />

wird, umso größer wird der Wirkungsgrad h.<br />

Tatsächlich verformt sich der Bär elastisch. Er<br />

springt also nach dem Schlag geringfügig zurück.<br />

Dadurch wird der Wirkungsgrad verringert.<br />

4.8.4.2 Rammen von Pfählen, Eintreiben von Keilen<br />

Hier wird keine Formänderung angestrebt. Vielmehr<br />

sollen beide Körper nach dem ersten Stoßabschnitt<br />

eine möglichst große gemeinsame Geschwindigkeit<br />

c besitzen, um den Widerstand der<br />

Unterlage gegen das Eindringen zu überwinden.<br />

Beim Rammen ist der angestrebte technische Nutzen<br />

eine möglichst große kinetische Energie E2<br />

beider Körper nach dem Stoß (genauer: nach dem<br />

1. Stoßabschnitt, weil der Untergrund durch plastische<br />

Verformung nachgibt). Der Schlagwirkungsgrad<br />

h ist darum hier das Verhältnis zwischen der<br />

kinetischen Energie E2 bei Stoßende und der kinetischen<br />

Energie E1 bei Stoßbeginn. Auch hier ist<br />

die Geschwindigkeit des einzurammenden Pfahles<br />

(Körper 2) v2 ¼ 0. Die entwickelte Gleichung<br />

zeigt, dass der Wirkungsgrad umso größer wird, je<br />

größer die Masse m1 des Bärs oder Hammers gegenüber<br />

der Masse m2 des Pfahles oder Keiles ist.<br />

Tatsächlich federn aber beide Körper beim Schlag.<br />

Dadurch wird der Wirkungsgrad kleiner.<br />

4.8.5 Wirklicher Stoß<br />

Wirkliche Körper sind weder vollkommen elastisch<br />

noch vollkommen unelastisch, so dass ihr Verhalten<br />

zwischen den beiden in 4.8.3 und 4.8.4 behandelten<br />

Grenzfällen liegt. Die Aussagen für elastischen<br />

und unelastischen Stoß lassen sich für den<br />

wirklichen Stoß kombinieren.<br />

h ¼<br />

m1m2ðv1 v2Þ 2<br />

2ðm1 þ m2Þ<br />

m1v1 2<br />

2<br />

h ¼ m2<br />

¼<br />

m1 þ m2<br />

1<br />

1 þ m1<br />

m2<br />

¼ m2ðv1 v2Þ 2<br />

ðm1 þ m2Þ v1 2<br />

v2 ¼ 0<br />

Wirkungsgrad<br />

beim Schmieden<br />

Hinweis: Bei normalen Maschinenhämmern<br />

ist die Masse der Schabotte (¼ Amboss mit<br />

Unterbau) etwa zwanzigmal so groß wie die<br />

Masse des Bärs.<br />

Der Schmiedevorgang ist nur annähernd ein<br />

unelastischer Stoß.<br />

Hinweis: Die Erfahrung lehrt, dass beim<br />

Rammen und Eintreiben ein schwerer Bär<br />

oder Hammer wirksamer ist als ein leichter.<br />

h ¼ kinetische Energie E2 bei Stoßende<br />

kinetische Energie E1 bei Stoßbeginn<br />

h ¼<br />

ðm1 þ m2Þ c 2<br />

2<br />

m1v1 2<br />

2<br />

c 2 ¼ m1v1 þ m2v2<br />

m1 þ m2<br />

v2 ¼ 0<br />

h ¼ ðm1 þ m2Þ m1 2v1 2<br />

m1v1 2 m1<br />

¼ 2<br />

ðm1 þ m2Þ m1 þ m2<br />

h ¼<br />

1<br />

1 þ m2<br />

m1<br />

Wirkungsgrad<br />

beim Rammen<br />

4 Dynamik<br />

Beachte: Das Rammen ist nur annähernd ein<br />

unelastischer Stoß.<br />

Merkmale des wirklichen Stoßes:<br />

Ein Teil der Formänderungsarbeit W1 verwandelt<br />

sich infolge der inneren Reibung in<br />

Wärme Q ¼ DE und wird nicht zurückgegeben.<br />

Es kann bleibende Formänderung auftreten<br />

(geringer als beim unelastischen Stoß).<br />

Trennung der Körper nach dem Stoß.<br />

2


4.8 Gerader zentrischer Stoß 229<br />

Beim wirklichen Stoß verkleinert sich die Relativgeschwindigkeit.<br />

Die Formänderungsarbeit<br />

wird im zweiten Stoßabschnitt nicht vollständig<br />

zurückgegeben, sondern teilweise in Wärme<br />

umgewandelt.<br />

Die für den elastischen Stoß hergeleiteten Gleichungen<br />

lassen sich für den wirklichen Stoß weiterentwickeln,<br />

wenn als Verhältnis der Relativgeschwindigkeiten<br />

die Stoßzahl k eingeführt wird.<br />

Die Stoßzahl k hängt von der Werkstoffpaarung ab<br />

und wird durch Fallversuche ermittelt.<br />

Beim Fallversuch fällt eine Kugel aus dem einen<br />

Werkstoff auf eine festliegende Unterlage aus einem<br />

anderen Werkstoff. Die Geschwindigkeit der<br />

Unterlage vor und nach dem Stoß ist gleich null<br />

(v2 ¼ 0 und c2 ¼ 0). Die Fallhöhe h und die<br />

Rücksprunghöhe h1 werden gemessen. Daraus<br />

wird mit den Gesetzen des freien Falls und des<br />

Wurfs senkrecht nach oben die Stoßzahl k berechnet.<br />

Auch für den wirklichen Stoß gilt der Impulserhaltungssatz<br />

für kräftefreie Systeme. Wird in den Impulserhaltungssatz<br />

die Beziehung für c2 eingesetzt,<br />

die man aus der Definitionsgleichung für die Stoßzahl<br />

entwickeln kann, dann ergibt die weitere Entwicklung<br />

eine Gleichung für die Geschwindigkeit<br />

c1 des Körpers 1 nach dem wirklichen Stoß.<br />

Durch Vertauschen der Indizes erhält man die entsprechende<br />

Gleichung für die Geschwindigkeit c2<br />

des Körpers 2.<br />

Werden die so entwickelten Beziehungen für c1<br />

und c2 in die Gleichung für den Energieerhaltungssatz<br />

des wirklichen Stoßes E2 ¼ E1 DW eingesetzt,<br />

dann erhält man nach einer längeren Entwicklung<br />

die Gleichung für den Energieverlust<br />

DW beim wirklichen Stoß.<br />

F<br />

1. Stoßabschnitt<br />

E > E<br />

1 2<br />

+ + + + + +<br />

v > v<br />

1 2<br />

k ¼ c2 c1<br />

v1 v2<br />

2. Stoßabschnitt<br />

c c < c<br />

1 2<br />

Wärme ΔQ = ΔE<br />

Definitionsgleichung<br />

der Stoßzahl<br />

Stoßzahlen: k ¼ 1 elastischer Stoß<br />

k ¼ 0 unelastischer Stoß<br />

k ¼ 0,35 Stahl bei 1100 C<br />

k ¼ 0,7 Stahl bei 20 C<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

rffiffiffiffi<br />

0 ð c1Þ c1 2gh1 h1<br />

k ¼ ¼ ¼ pffiffiffiffiffiffiffi ¼<br />

v1 0 v1 2gh h<br />

rffiffiffiffi<br />

k ¼<br />

h1<br />

h<br />

Die Rückprallgeschwindigkeit c1 der Kugel<br />

ist der Aufprallgeschwindigkeit v1 entgegengerichtet<br />

und muss deshalb mit negativem<br />

Vorzeichen in die Stoßzahlgleichung eingesetzt<br />

werden.<br />

m1v1 þ m2v2 ¼ m1c1 þ m2c2<br />

c2 ¼ kðv1 v2Þþc1 eingesetzt ergibt:<br />

c1 ¼ m1v1 þ m2v2 m2ðv1 v2Þ k<br />

m1 þ m2<br />

c2 ¼ m1v1 þ m2v2 þ m1ðv1 v2Þ k<br />

m1 þ m2<br />

Geschwindigkeiten nach dem wirklichen Stoß<br />

E2 ¼ E1 DW<br />

1<br />

2 ðm1c1 2 þ m2c2 2 Þ¼ 1<br />

2 ðm1v1 2 þ m2v2 2 Þ DW<br />

DW ¼ 1<br />

2<br />

m1m2ðv1 v2Þ 2 ð1 k 2 Þ<br />

m1 þ m2<br />

Energieverlust beim wirklichen Stoß<br />

s


230<br />

4.8.6 Ûbungen zum geraden zentrischen Stoß<br />

1. Ûbung: Ein beladener Waggon von 80 t Masse<br />

stößt mit einer Geschwindigkeit von 1 m/s auf<br />

einen Waggon von 15 t Masse, der ihm mit einer<br />

Geschwindigkeit von 1,8 m/s entgegenkommt.<br />

Welche Geschwindigkeit c haben beide nach dem<br />

ersten Stoßabschnitt und mit welchen Geschwindigkeiten<br />

c1, c2 fahren sie nach dem Stoß weiter,<br />

wenn elastischer Stoß angenommen wird?<br />

Lösung: Da sich beide Waggons aufeinander zu<br />

bewegen, muss die eine Geschwindigkeit ein negatives<br />

Vorzeichen bekommen. Man wählt dafür die<br />

Geschwindigkeit v2 des kleineren Körpers, da die<br />

Erfahrung lehrt, dass meistens der Körper mit größerer<br />

Masse seine Bewegungsrichtung beibehält.<br />

Der Betrag für die gemeinsame Geschwindigkeit c<br />

hat ein positives Vorzeichen, also gleichen Richtungssinn<br />

wie v1 (kein Vorzeichenwechsel), aber<br />

entgegengesetzten Richtungssinn wie v2 (Vorzeichenwechsel).<br />

Zur Berechnung der Geschwindigkeiten c1 und c2<br />

setzt man in die Gleichungen aus 4.8.3 (Seite 225)<br />

den Betrag der Geschwindigkeit v2 mit negativem<br />

Vorzeichen ein.<br />

Beide Geschwindigkeiten c1 und c2 ergeben sich<br />

positiv, d. h. Waggon 1 behält seine Bewegungsrichtung<br />

bei, Waggon 2 läuft rückwärts weiter.<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden:<br />

Waggon 2 läuft nach dem Stoß in entgegengesetzter<br />

Richtung mit erhöhter Geschwindigkeit weiter,<br />

Waggon 1 wird langsamer, behält aber seine Bewegungsrichtung<br />

bei.<br />

2. Ûbung: Der Bär eines Fallhammers wiegt<br />

1000 kg und seine Schabotte 25000 kg. Der Bär<br />

trifft mit einer Geschwindigkeit von 6 m/s auf das<br />

Werkstück. Die Stoßzahl beträgt k ¼ 0,5.<br />

Zu berechnen sind: der Schlagwirkungsgrad h und<br />

die prozentuale Verteilung der Gesamtenergie am<br />

Schlagende auf Bär, Schabotte und Werkstück.<br />

Die Massen von Amboss und Werkstück können<br />

vernachlässigt werden.<br />

Gegeben: m1 ¼ 80 t v1 ¼ 1 m<br />

s<br />

m2 ¼ 15 t v2 ¼ 1,8 m<br />

s<br />

Gesucht: Geschwindigkeiten<br />

c, c1 und c2<br />

Die gemeinsame Geschwindigkeit c nach der<br />

ersten Stoßperiode beträgt:<br />

c ¼ m1v1 þ m2v2<br />

m1 þ m2<br />

80 t 1<br />

c ¼<br />

m<br />

m<br />

þ 15 t 1,8<br />

s s<br />

80 t þ 15 t<br />

c1 ¼ ðm1 m2Þ v1 þ 2m2 v2<br />

m1 þ m2<br />

c1 ¼<br />

¼ 0,5579 m<br />

s<br />

ð80 15Þ t 1 m<br />

þ 2 15 t<br />

s<br />

80 t þ 15 t<br />

m<br />

1,8<br />

s<br />

c1 ¼ 0,1158 m<br />

s<br />

c2 ¼ ðm2 m1Þ v2 þ 2m1v1<br />

m1 þ m2<br />

ð15 80Þ t 1,8<br />

c2 ¼<br />

m<br />

s<br />

c2 ¼ 2,9158 m<br />

s<br />

80 t þ 15 t<br />

Gegeben:<br />

Bärmasse m1 ¼ 1000 kg<br />

Schabottemasse m2 ¼ 25000 kg<br />

Auftreffgeschwindigkeit v1 ¼ 6 m/s<br />

Stoßzahl k ¼ 0,5<br />

4 Dynamik<br />

þ 2 80 t 1 m<br />

s<br />

Gesucht:<br />

Wirkungsgrad h, prozentuale Verteilung der<br />

Energie auf Bär, Werkstück und Schabotte.


4.8 Gerader zentrischer Stoß 231<br />

Lösung: Den Wirkungsgrad berechnet man aus<br />

Nutzen und Aufwand beim Schlag.<br />

Der Nutzen besteht hierbei in der dem Werkstück<br />

zugeführten Verformungsarbeit. Das ist der Energieverlust<br />

DW beim Stoß.<br />

Als Aufwand wird die Energie E1 beider Körper<br />

unmittelbar vor dem Stoß eingesetzt. Das ist die<br />

kinetische Energie des Bärs, da die Schabotte mit<br />

Amboss und Werkstück ruht.<br />

Der errechnete Wirkungsgrad sagt aus, dass die<br />

Anfangsenergie zu 72,11% in Verformungsarbeit<br />

umgesetzt wird. Der Rest verbleibt als kinetische<br />

Energie nach dem Stoß in beiden Körpern.<br />

Es werden zunächst die Geschwindigkeiten c1 und<br />

c2 der Körper nach dem Stoß berechnet.<br />

Die Geschwindigkeit c1 enthält ein negatives Vorzeichen,<br />

d. h. sie ist der positiv in die Rechnung<br />

eingesetzten Geschwindigkeit v1 entgegengerichtet<br />

(Vorzeichenwechsel ¼ Rückprall des Bärs).<br />

Die Geschwindigkeit c2 der Schabotte nach dem<br />

Stoß bestimmt man am einfachsten aus der Definitionsgleichung<br />

für die Stoßzahl k.<br />

In die Gleichung für c2 muss c1 mit seinem Minus-<br />

Zeichen eingesetzt werden.<br />

Nun ist es möglich die kinetischen Energien E2B<br />

für den Bär und E2S für die Schabotte nach dem<br />

Stoß zu berechnen.<br />

Die Energiebilanz zeigt, dass fast 20% der aufgewendeten<br />

Energie durch den Rückprall des Bärs<br />

nicht in Verformungsarbeit umgesetzt werden; eine<br />

Folge des halbelastischen Stoßes mit der Stoßzahl<br />

0,5.<br />

Der Schlagwirkungsgrad wird dadurch beträchtlich<br />

verschlechtert.<br />

Aufgaben Nr. 577–581<br />

m1m2<br />

DW ¼<br />

2ðm1 þ m2Þ ðv1 v2Þ 2 ð1 k 2 Þ<br />

DW ¼ 103 kg 25 10 3 kg<br />

2 26 10 3 kg<br />

36 m2<br />

0,75<br />

s2 DW ¼ 12 980,77 Nm ¼ 1,298 10 4 J<br />

2<br />

m1v1<br />

E1 ¼<br />

2 ¼<br />

h ¼ DW<br />

E1<br />

1 000 kg 36 m2<br />

s2 ¼ 1,8 10<br />

2<br />

4 J<br />

¼ 1,298 104 J<br />

1,8 104 ¼ 0,7211<br />

J<br />

c1 ¼ m1v1 þ m2v2 m2ðv1 v2Þ k<br />

; v2 ¼ 0<br />

m1 þ m2<br />

c1 ¼ m1v1 m2v1k<br />

m1 þ m2<br />

10<br />

c1 ¼<br />

3 kg 6 m<br />

s<br />

25 10 3 kg 6 m<br />

s 0,5<br />

26 10 3 kg<br />

6<br />

c1 ¼<br />

m<br />

75<br />

s<br />

m<br />

s ¼<br />

26<br />

2,6538 m<br />

s<br />

k ¼ c2<br />

v1<br />

c1<br />

¼<br />

v2<br />

c2 c1<br />

mit v2 ¼ 0<br />

v1<br />

c2 ¼ kv1 þ c1<br />

c2 ¼ 0,5 6 m<br />

m<br />

þ 2,6538<br />

s s<br />

2<br />

m1c1<br />

E2B ¼<br />

2 ¼<br />

103 kg 2,6538 m<br />

s<br />

2<br />

E2B ¼ 3521,33 Nm ¼ 3,521 10 3 J<br />

2<br />

m2c2<br />

E2S ¼<br />

2 ¼<br />

¼þ0,3462 m<br />

s<br />

25 103 kg 0,3462 m<br />

s<br />

2<br />

E2S ¼ 1498,18 Nm ¼ 1,498 10 3 J<br />

Energiebilanz:<br />

Körper Energie in J %<br />

Bär 3521,33 19,56<br />

Schabotte 1498,18 8,32<br />

Werkstück 12980,77 72,11<br />

E1 18000,28 99,99<br />

2<br />

2


232<br />

4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation)<br />

Wie in der Bewegungslehre sollen auch hier die hergeleiteten Gleichungen und die wichtigsten<br />

Erkenntnisse sofort mit den entsprechenden Gleichungen der Dynamik für die geradlinige Bewegung<br />

verglichen werden (Analogiebetrachtung). Damit kommt man über Bekanntes leichter<br />

zum Verständnis des Neuen.<br />

4.9.1 Das dynamische Grundgesetz für die Drehbewegung<br />

Das dynamische Grundgesetz Fres ¼ mader geradlinigen<br />

Bewegung gilt auch für jede Teilmasse Dm<br />

des beschleunigt umlaufenden Körpers. Für die resultierende<br />

Kraft Fres setzt man hier die (kleine)<br />

Tangentialkraft DFT ein. Gleichsinnig gerichtet ist<br />

die Tangentialbeschleunigung aT. Damit wird aus<br />

Fres ¼ ma nach 4.4.3 (Seite 192) das dynamische<br />

Grundgesetz für die Teilmasse DFT ¼ DmaT.<br />

Multipliziert man das dynamische Grundgesetz für<br />

die Teilmasse Dm mit dem Radius r, dann steht<br />

links vom Gleichheitszeichen mit DFTr ¼ DM<br />

das Teil-Drehmoment der Tangentialkraft FT in<br />

Bezug auf die Drehachse A des beschleunigt umlaufenden<br />

Körpers. Außerdem wird nach 4.3.4<br />

(Seite 184) für die Tangentialbeschleunigung<br />

aT ¼ ar eingesetzt (a Winkelbeschleunigung).<br />

Es wird nun die Summe aller Teil-Drehmomente<br />

SDM gebildet.<br />

Dann steht auf der linken Gleichungsseite das resultierende<br />

Drehmoment Mres, was der resultierenden<br />

Kraft Fres bei der geradlinigen Bewegung entspricht<br />

(Mres ¼b Fres).<br />

Auf der rechten Seite der Gleichung darf die konstante<br />

Winkelbeschleunigung a vor das Summenzeichen<br />

gesetzt werden. Der restliche Summenausdruck<br />

SDmn rn 2 wird als Trägheitsmoment J<br />

bezeichnet. Das muss man gesondert behandeln<br />

(4.9.2, Seite 233).<br />

Damit ist das dynamische Grundgesetz für die<br />

Drehung eines Körpers um eine raumfeste Achse<br />

gefunden.<br />

Resultierende Tangentialkraft DFT und Tangentialbeschleunigung<br />

aT der Teilmasse Dm<br />

Fres ¼ ma<br />

DFT ¼ DmaTj r<br />

DFT r ¼ DmaT r<br />

DM ¼ DmaT r<br />

DM ¼ Dm arr ¼ Dmr 2 a<br />

SDM ¼ SDmn rn 2 a<br />

Mres ¼ SDmn rn 2 a<br />

(Index n heißt natürliche Zahl, also 1, 2, 3, ...)<br />

Mres ¼ a SDmn rn 2<br />

|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

J<br />

Mres ¼ a J<br />

4 Dynamik<br />

Das Trägheitsmoment J kann nach DIN 1304<br />

auch als Massenmoment 2. Grades bezeichnet<br />

werden.<br />

Gleichungen für das Trägheitsmoment<br />

verschiedener Körper siehe Seite 235.


4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 233<br />

Das auf einen Körper vom Trägheitsmoment J<br />

einwirkende resultierende Drehmoment Mres ist<br />

gleich dem Produkt aus dem Trägheitsmoment<br />

J und der Winkelbeschleunigung a (Winkelverzögerung)<br />

des Körpers.<br />

Der Vergleich mit dem dynamischen Grundgesetz<br />

Fres ¼ ma zeigt:<br />

Das resultierende Drehmoment entspricht der<br />

resultierenden Kraft (Mres ¼b Fres), das Trägheitsmoment<br />

entspricht der Masse des Körpers (J ¼b m)<br />

und die Winkelbeschleunigung entspricht der Beschleunigung<br />

(a ¼b a).<br />

4.9.2 Trägheitsmoment J und Trägheitsradius i<br />

4.9.2.1 Definition des Trägheitsmomentes<br />

In der Herleitung des dynamischen Grundgesetzes<br />

für die Drehung eines Körpers entstand der Summenausdruck<br />

SDmnrn 2 ,dermitTrägheitsmoment J<br />

bezeichnet wird:<br />

Multipliziert man jede Teilmasse Dm eines<br />

Körpers mit dem Quadrat ihres Abstands von<br />

der Drehachse, dann ergibt die Summe dieser<br />

Produkte das Trägheitsmoment J dieses Körpers.<br />

Die Einheit des Trägheitsmoments J ergibt sich<br />

wie gewohnt aus der Definitionsgleichung:<br />

Mit den kohärenten Einheiten kg und m erhält<br />

man hier das Kilogramm-Meterquadrat (kg m2 ).<br />

Natürlich kann auch mit jedem anderen Produkt<br />

aus einer gesetzlichen Masseneinheit und dem<br />

Quadrat einer gesetzlichen Längeneinheit gerechnet<br />

werden.<br />

Mit Hilfe der Gesetze der Integralrechnung hat<br />

man für geometrisch einfache Körper die Berechnungsgleichungen<br />

für das Trägheitsmoment<br />

entwickelt (siehe Tabelle 4.5, Seite 235). Für kompliziertere<br />

Körper bestimmt man das Trägheitsmoment<br />

z. B. durch Schwingungsversuche (siehe<br />

Fußnote Seite 205).<br />

resultierendes<br />

Drehmoment<br />

Mres<br />

Mres ¼ Ja<br />

¼ Trägheitsmoment<br />

J<br />

Winkelbeschleunigung<br />

a<br />

Dynamisches Grundgesetz für Drehung<br />

Mres ¼b Fres J ¼b m a ¼b a<br />

Fres ¼ ma<br />

Mres ¼ Ja<br />

Mres ¼ aSDmn rn 2 ¼ a J<br />

siehe auch 4.3.1, Seite 182<br />

und 4.6.1, Seite 213.<br />

J ¼ Dm1 r1 2 þ Dm2 r2 2 þ Dm3 r3 2 þ ...þ Dmn rn 2<br />

J ¼ SDmn rn 2<br />

ðJÞ ¼ðmÞðr 2 Þ<br />

ðJÞ ¼kg m 2<br />

Mres J a<br />

kg m2<br />

Nm ¼<br />

s2 kg m2 rad<br />

s2 J Dm r<br />

kg m2 kg m<br />

Beispiel:<br />

J ¼ 0,004 kg m 2 ¼ 0,004 10 3 g 10 6 mm 2<br />

J ¼ 4 10 6 gmm 2 ¼ 4 10 4 gcm 2 ¼ 40 000 g cm 2<br />

Beispiel:<br />

Für einen Kreiszylinder wird in Bezug auf<br />

seine Längsachse mit m ¼ 10 kg und<br />

r ¼ 200 mm nach Tabelle 4.5, Seite 235:<br />

Jx ¼ 1<br />

2 mr2 ¼ 1<br />

2 10 kg ð0,2 mÞ2 ¼ 0,2 kg m 2


234<br />

4.9.2.2 Ûbung zum Trägheitsmoment<br />

Das Verständnis für die Berechnungsgleichungen<br />

in Tabelle 4.5 (Seite 235) wird vertieft, indem mit<br />

Hilfe der Definitionsgleichung für das Trägheitsmoment<br />

J ¼ SDmn rn 2 eine Gleichung entwickelt<br />

wird, die für den Kreiszylinder gilt. Für die x-Achse<br />

des Kreiszylinders muss man nach Tabelle 4.5<br />

die Gleichung Jx ¼ rpr 4 h=2 finden (r ist die<br />

Dichte des Stoffes).<br />

Man löst zunächst den Kreiszylinder in drei Teilkörper<br />

auf (Dm1, Dm2, Dm3) und legt deren mittlere<br />

Radien r1, r2, r3 in Abhängigkeit vom Radius r<br />

fest, denn das sind die Radien, mit deren Quadrat<br />

die Teilmassen Dm1, Dm2, Dm3 zu multiplizieren<br />

sind (Jx ¼ SDmn rn 2 ).<br />

Die Teilmassen selbst erhält man nach 4.4.2<br />

(Seite 189) als Produkt aus Dichte r, Fläche A und<br />

Dicke h.<br />

A1 ¼ p 2<br />

10 r<br />

A2 ¼ p 6<br />

10 r<br />

A3 ¼ p 10<br />

10 r<br />

2<br />

2 4<br />

¼ pr<br />

100<br />

2<br />

2<br />

p 2<br />

10 r<br />

p 6<br />

10 r<br />

2<br />

2 32<br />

¼ pr<br />

100<br />

2<br />

2 64<br />

¼ pr<br />

100<br />

Die Summierung der Produkte SDmn rn 2 ¼ Jx<br />

ergibt in der Rechnung vor dem Produkt rpr 4 h<br />

den Faktor 1/2,17, während die exakte Berechnung<br />

zu dem Faktor 1/2,00 führen würde, wie die Tabelle<br />

4.5 (Seite 235) zeigt. Wenn die sehr grobe Aufteilung<br />

des Kreiszylinders schon zu dieser Annäherung<br />

führt, dann ist anzunehmen, dass eine<br />

Unterteilung in 6 oder 12 Teilkörper fast genau<br />

den exakten Faktor 1/2,00 ergibt.<br />

2 4<br />

Dm1 ¼ rA1h ¼ rhpr<br />

100<br />

2 32<br />

Dm2 ¼ rA2h ¼ rhpr<br />

100<br />

2 64<br />

Dm3 ¼ rA3h ¼ rhpr<br />

100<br />

Dm1 r1 2 2 4<br />

¼ rhpr<br />

100<br />

¼ rpr 4 h<br />

4<br />

10 000<br />

Dm2 r2 2 2 32<br />

¼ rhpr<br />

100<br />

¼ rpr 4 h 512<br />

10 000<br />

Dm3 r3 2 2 64<br />

¼ rhpr<br />

100<br />

1<br />

100 r2<br />

16<br />

100 r2<br />

64<br />

100 r2<br />

¼ rpr 4 h 4096<br />

10 000<br />

SDmn rn 2 ¼ 4612<br />

10 000 rpr4h ¼ 1<br />

2,17 rpr4h Jx ¼ 1<br />

2,17 rpr4 h<br />

4 Dynamik<br />

exakt nach Tabelle 4.5: Jx ¼ 1<br />

2,00 rpr4 h


4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 235<br />

Tabelle 4.5 Gleichungen für Trägheitsmomente J (Massenmoment 2. Grades)<br />

Art des Körpers Trägheitsmoment J (Jx um die x-Achse;<br />

Jz um die z-Achse; J0 um die 0-Achse)<br />

Rechteck, Quader<br />

Kreiszylinder<br />

Hohlzylinder<br />

Kreiskegel<br />

Zylindermantel<br />

Hohlzylinder mit Wanddicke s ¼ðD dÞ=2<br />

sehr klein im Verhältnis zum mittleren<br />

Durchmesser dm ¼ðD þ dÞ=2<br />

Kugel<br />

Hohlkugel (Kugelschale)<br />

Wanddicke s ¼ðD dÞ=2 sehr klein<br />

im Verhältnis zum mittleren<br />

Durchmesser dm ¼ðD þ dÞ=2<br />

Ring<br />

Jx ¼ 1<br />

12 mðb2 þ h 2 Þ¼ 1<br />

12 rhbsðb2 þ h 2 Þ<br />

bei geringer Plattendicke s ist<br />

Jz ¼ 1<br />

12 mh2 ¼ 1<br />

12 rbh3s; J0 ¼ 1<br />

3 mh2 ¼ 1<br />

3 rbh3s Würfel mit Seitenlänge a: Jx ¼ Jz ¼ m a2<br />

6<br />

Jx ¼ 1<br />

2 mr2 ¼ 1<br />

8 md2 ¼ 1<br />

32 rpd4 h ¼ 1<br />

2 rpr4 h<br />

Jz ¼ 1<br />

16 m d2 þ 4<br />

3 h2 ¼ 1<br />

64 rpd2 h d 2 þ 4<br />

3 h2<br />

Jx ¼ 1<br />

2 mðR2 þ r 2 Þ¼ 1<br />

8 mðD2 þ d 2 Þ¼ 1<br />

32 rphðD4 d 4 Jx ¼<br />

Þ<br />

1<br />

2 rphðR4 r 4 Þ<br />

Jz ¼ 1<br />

4 m R2þr 2 þ 1<br />

3 h2 ¼ 1<br />

16 m D2þd 2 þ 4<br />

3 h2<br />

Jx ¼ 3<br />

10 mr2<br />

Kreiskegelstumpf: Jx ¼ 3<br />

10 m R5 r5 R3 r3 Jx ¼ 1<br />

4 mdm 2 ¼ 1<br />

4 rpdm 3 hs<br />

Jz ¼ 1<br />

8 m dm 2 þ 2<br />

3 h2 ¼ 1<br />

8 rpdm hs dm 2 þ 2<br />

3 h2<br />

Jx ¼ 2<br />

5 mr2 ¼ 1<br />

10 md2 ¼ 1<br />

60 rpd5 ¼ 8<br />

15 rpr5<br />

Jx ¼ Jz ¼ 1<br />

6 mdm 2 ¼ 1<br />

6 rpdm 4 s<br />

Jz ¼ m R 2 þ 3<br />

4 r2 ¼ 1<br />

4 m D2 þ 3<br />

4 d2<br />

Jz ¼ 1<br />

16 rp2 Dd 2 D 2 þ 3<br />

4 d2 ¼ 1<br />

4 mD2 1 þ 3<br />

4<br />

" #<br />

d<br />

D<br />

2


236<br />

4.9.2.3 Verschiebesatz (Steiner’scher Satz)<br />

Die Berechnungsgleichungen für Trägheitsmomente<br />

J in Tabelle 4.5 (Seite 235) wurden für die<br />

Schwerachsen der Körper entwickelt, so wie bei<br />

der Herleitung der Gleichung Jx ¼ 0,5rpr 4 h für<br />

den Kreiszylinder. Diese Gleichungen gelten also<br />

für den Fall, dass die Körperschwerachse zugleich<br />

Drehachse ist.<br />

Decken sich Körperschwerachse x x und Drehachse<br />

0–0 (Bezugsachse) nicht, wie z. B. beim<br />

Kurbelzapfen (Kreiszylinder) auf der Kurbelscheibe,<br />

dann muss man das Trägheitsmoment J0 des<br />

Teilkörpers (Kurbelzapfen) in Bezug auf die parallele<br />

Drehachse 0–0 nach dem Verschiebesatz von<br />

Steiner bestimmen. Das ist das gleiche Verfahren<br />

wie z. B. bei der Biegebeanspruchung in der Festigkeitslehre,<br />

wenn die Flächenschwerachse der<br />

Teilfläche nicht zugleich Biegeachse der ganzen<br />

Fläche ist (siehe 5.7.6, Seite 313).<br />

Zur Herleitung des Verschiebesatzes geht man von<br />

der uneingeschränkt gültigen Definitionsgleichung<br />

für das Trägheitsmoment aus, hier bezogen auf die<br />

Drehachse 0–0. Der Abstand der Teilmasse Dm<br />

von der Bezugsachse beträgt jetzt l þ rn, wie die<br />

Skizze der Kurbelscheibe zeigt.<br />

Das erste Glied der gefundenen Gleichung führt<br />

zum Produkt ml 2 , weil SDm ¼ m ¼ Masse des<br />

Kurbelzapfens ist.<br />

Das zweite Glied wird null, weil SDmnrn ¼ 0 ist.<br />

SDmn rn ist die Summe der statischen Momente<br />

aller Teilmassen bezogen auf die Schwerachse des<br />

Körpers. Diese Momentensumme ist gleich null<br />

(siehe Momentensatz und Schwerpunktslehre).<br />

Das dritte Glied erkennt man sofort: Es ist das<br />

Trägheitsmoment Jx des Teilkörpers (Kurbelzapfen)<br />

in Bezug auf die eigene Schwerachse (Jx ¼ Js<br />

nach Tabelle 4.5).<br />

In Tabelle 4.5 (Seite 235) sind die x-Achsen<br />

und die z-Achsen Schwerachsen der Körper.<br />

Jx ist das Trägheitsmoment des Körpers bezogen<br />

auf die Schwerachse x x usw.<br />

x x Schwerachse des Kreiszylinders<br />

0–0 Drehachse (Bezugsachse)<br />

rn<br />

Dmn<br />

l<br />

zu Dmn gehöriger Radius<br />

beliebige Teilmasse<br />

Abstand Schwerachse-Drehachse<br />

(Bezugsachse)<br />

J0 ¼ Summe aller Teilmassen mal Abstandsquadrat<br />

J0 ¼ SDmnðl þ rnÞ 2<br />

J0 ¼ SDmnðl 2 þ 2lrn þ rn 2 Þ<br />

J0 ¼ l 2 SDmn þ 2lSDmn rn þ SDmn rn |fflfflfflffl{zfflfflfflffl} |fflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflffl}<br />

1: Glied 2: Glied<br />

2<br />

|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}<br />

3: Glied<br />

l 2 SDmn ¼ l 2 m ¼ ml 2<br />

2l SDmn rn ¼ 2l 0 ¼ 0<br />

SDmn rn 2 ¼ Jx ¼ Js<br />

4 Dynamik<br />

Js ist das Trägheitsmoment des Körpers bezogen<br />

auf die eigene Schwerachse. Es kann Jx,<br />

Jz oder J0 nach Tabelle 4.5 sein.


4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 237<br />

Damit kann man den Verschiebesatz formulieren:<br />

Das Trägheitsmoment J0 für eine Drehachse<br />

0–0 ist gleich dem Trägheitsmoment Js für die<br />

parallele Schwerachse s s des Körpers, vermehrt<br />

um das Produkt aus der Masse m des<br />

Körpers und dem Abstandsquadrat l 2 der beiden<br />

Achsen. Eine der beiden parallelen Achsen<br />

muss immer Schwerachse sein.<br />

Sind die Trägheitsmomente Js1, Js2, Js3 mehrerer<br />

Teilkörper auf eine zu den Teilschwerachsen parallele<br />

Drehachse 0–0 zu beziehen, dann ist immer<br />

das Produkt m1l1 2 , m2l2 2 , m3l3 2 hinzuzufügen.<br />

Decken sich die Schwerachsen der Teilkörper mit<br />

der Drehachse, dann werden die Produkte ml 2<br />

gleich null, d. h. man darf dann (aber nur dann)<br />

die Trägheitsmomente einfach addieren (für Bohrungen<br />

subtrahieren).<br />

Ûbung: Die im Abstand l ¼ 200 mm um eine<br />

Drehachse 0 rotierende Kugel hat den Radius<br />

r ¼ 10 mm und die Dichte r ¼ 8,6 g/cm 3 .Essoll<br />

das Trägheitsmoment J0 für die Drehachse bestimmt<br />

werden.<br />

Lösung: Der Verschiebesatz wird angesetzt. Für<br />

das Trägheitsmoment Js der Kugel in Bezug auf<br />

die eigene Schwerachse findet man in Tabelle 4.5<br />

(Seite 235) die Beziehung Jx ¼ð2=5Þ mr 2 ¼ Js.<br />

Aus der Mathematik ist die Gleichung für das Kugelvolumen<br />

bekannt. Außerdem weiß man, dass<br />

m ¼ Vr ist (4.4.2, Seite 191).<br />

Für die Ausrechnung wird hier als Masseneinheit g,<br />

und als Längeneinheit cm benutzt.<br />

Mit 1 g ¼ 10 3 kg und 1 cm 2 ¼ 10 4 m 2 kann abschließend<br />

leicht umgerechnet werden.<br />

J0 ¼ Js þ ml 2<br />

Verschiebesatz<br />

J0 ¼ Js1 þ m1l1 2 þ Js2 þ m2l2 2 þ ...<br />

Verschiebesatz<br />

Beachte: Bei Bohrungen werden Js und auch<br />

ml 2 für die Bohrung negativ.<br />

J0 ¼ Js1 þ Js2 þ Js3 þ ...þ Jsn<br />

(gilt nur für l1 ¼ 0; l2 ¼ 0; l3 ¼ 0 ...ln ¼ 0)<br />

J0 ¼ Js þ ml 2<br />

m ¼ 4<br />

3 pr3 r (Kugelmasse)<br />

Js ¼ 2<br />

5 mr2 (nach Tabelle 4.5, Seite 235)<br />

J0 ¼ 2<br />

5 mr2 þ ml 2 ¼ m 2<br />

5 r2 þ l 2<br />

J0 ¼ 4<br />

3 pr3 r<br />

2<br />

5 r2 þ l 2<br />

J0 ¼ 14 424 g cm 2 ¼ 14,4 kg cm 2<br />

J0 ¼ 14,4 10 4 kg m 2<br />

J0, Js m l<br />

kg m 2 kg m


238<br />

4.9.2.4 Reduzierte Masse mred und Trägheitsradius i<br />

Reduzierte Masse mred eines Körpers ist eine in beliebigem<br />

Abstand r von der Drehachse gedachte<br />

Ersatzmasse, die in Bezug auf die Drehachse das<br />

gleiche Trägheitsmoment Js besitzt, wie die verteilte<br />

Masse m des ursprünglichen Körpers. Dabei<br />

kann man sich die reduzierte Masse mred als sehr<br />

dünnen Hohlzylinder, als Kugel, als Punkt usw.<br />

denken. Manche Rechnungen und Ûberlegungen<br />

werden dadurch einfacher. Je nach Wahl des Abstandes<br />

r für die reduzierte Masse erhält man dafür<br />

einen anderen Betrag, denn es muss immer von<br />

der Definitionsgleichung für das Trägheitsmoment<br />

ausgegangen werden, in diesem Fall also von<br />

Js ¼ mredr 2 .<br />

Im nebenstehenden Beispiel soll die Masse m des<br />

Kreiszylinders auf den Zylinderumfang bezogen<br />

werden (r bleibt gleich groß). Dann ergibt sich aus<br />

Js ¼ mredr 2 die reduzierte Masse<br />

mred ¼ Js=r 2 ¼ m=2.<br />

Man erhält demnach die reduzierte Masse mred,<br />

indem das Trägheitsmoment Js des ursprünglichen<br />

Körpers durch das Quadrat des gewählten Radius<br />

dividiert wird.<br />

Trägheitsradius i eines Körpers ist derjenige Abstand<br />

von der Drehachse, in dem man sich die<br />

Masse m des Körpers als reduzierte Masse umlaufend<br />

vorstellen muss, ohne dass sich das ursprüngliche<br />

Trägheitsmoment Js des Körpers ändert.<br />

Nach der Definitionsgleichung für das Trägheitsmoment<br />

muss mit Masse m und Trägheitsradius i<br />

jetzt Js ¼ mi 2 gelten. Daraus lässt sich der Trägheitsradius<br />

bestimmen.<br />

Aufgaben Nr. 582–596<br />

Beispiel:<br />

Gesucht ist die reduzierte Masse mred für<br />

einen Kreiszylinder der Masse m, wenn man<br />

sich die Masse m auf den Zylinderumfang<br />

reduziert denkt.<br />

Js ¼ mr2<br />

2<br />

Js ¼ mred r 2<br />

mred ¼ Js<br />

r 2<br />

Js ¼ mi 2<br />

i ¼<br />

mred ¼ Js mr2 m<br />

¼ ¼<br />

r2 2r2 2<br />

mred Ersatzmasse<br />

(reduzierte Masse)<br />

4 Dynamik<br />

rffiffiffiffi Js gegebenes Trägheitsmoment<br />

Js<br />

m gegebene Masse<br />

m i gesuchter Trägheitsradius


4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 239<br />

4.9.3 Ûbung zum dynamischen Grundgesetz für die Drehung<br />

Ûbung: Durch einen Bremsversuch soll das Trägheitsmoment<br />

J einer Scheibenkupplung bestimmt<br />

werden. Die Kupplung besitzt die Masse<br />

m ¼ 135 kg. Sie wird durch ein resultierendes<br />

Bremsmoment von 20 Nm in 25 s von n1 ¼<br />

2800 min 1 auf n2 ¼ 1345 min 1 abgebremst.<br />

Lösung: Im dynamischen Grundgesetz ersetzt<br />

man die Winkelbeschleunigung a definitionsgemäß<br />

durch a ¼ Dw=Dt ¼ðw1 w2Þ=Dt und<br />

löst die Gleichung nach J auf.<br />

In der Ausrechnung wird die Einheit Nm für das<br />

resultierende Drehmoment durch die Basiseinheiten<br />

(1 N ¼ 1 kgm/s 2 ) ersetzt.<br />

Gegeben: Mres ¼ 20 Nm<br />

Dt ¼ 25 s<br />

w1 ¼ pn1<br />

30<br />

w2 ¼ pn2<br />

30<br />

¼ 293,2 rad<br />

s<br />

¼ 140,8 rad<br />

s<br />

Gesucht: Js ¼ J ¼ f ðMres, Dt, w1, w2Þ<br />

Mres ¼ Ja ¼ J Dw<br />

Dt ¼ J w1 w2<br />

Dt<br />

J ¼ Mres Dt<br />

w1 w2<br />

J ¼<br />

kg m2<br />

20<br />

s2 25 s<br />

ð293,2 140,8Þ rad<br />

s<br />

4.9.4 Drehimpuls (Drall) und Impulserhaltungssatz für die Drehung<br />

Das dynamische Grundgesetz für Drehung kann in<br />

eine andere Form gebracht werden, mit der sich<br />

bestimmte Aufgaben einfacher lösen lassen. Dazu<br />

schreibt man für die Winkelbeschleunigung<br />

a ¼ Dw=Dt und multipliziert die so entstandene<br />

Gleichung mit dem Zeitabschnitt Dt. Diese Gleichung<br />

eignet sich besonders für Aufgaben, in<br />

denen der (meist sehr kurze) Zeitabschnitt Dt eine<br />

Rolle spielt (vergleiche mit 4.4.9, Seite 202).<br />

Das Produkt aus dem resultierenden äußeren Drehmoment<br />

Mres und dem Zeitabschnitt Dt heißt Momentenstoß.<br />

Das Produkt aus dem Trägheitsmoment J eines<br />

Körpers und seiner Winkelgeschwindigkeit w wird<br />

als Drehimpuls oder Drall bezeichnet:<br />

Die Ønderung des Drehimpulses eines Körpers<br />

ist gleich dem Momentenstoß des resultierenden<br />

Drehmomentes während des betrachteten<br />

Zeitabschnitts.<br />

Der Drehimpuls ist ein Vektor.<br />

Mres ¼ Ja a ¼ Dw<br />

Dt<br />

Mres ¼ J Dw<br />

Dt Dt<br />

Mres Dt ¼ J Dw<br />

Mres ðt2 t1Þ<br />

|fflfflfflffl{zfflfflfflffl}<br />

Dt<br />

J ¼ f ðMres, Dt, w1, w2Þ<br />

¼ J ðw2 w1Þ<br />

|fflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflffl}<br />

Dw<br />

¼ 3,28 kg m 2<br />

Dt ¼ t2 t1<br />

Dw ¼ w2 w1<br />

gilt für<br />

Mres ¼ konstant<br />

Mres Dt Momentenstoß des resultierenden<br />

Drehmomentes<br />

Jw Drehimpuls (Drall) des Körpers<br />

Mres Dt ¼ Jw2 Jw1


240<br />

Ist das resultierende Drehmoment Mres aller äußeren<br />

Drehmomente gleich null (momentfreies System),<br />

dann ist auch der Momentenstoß Mres Dt<br />

gleich null:<br />

Bei Mres ¼ 0 bleibt der Drehimpuls eines Körpers<br />

unverändert (Jw ¼ konstant).<br />

Ein Vergleich der voranstehenden Entwicklungen<br />

mit den Herleitungen zum Impuls bei geradliniger<br />

Bewegung (4.4.9, Seite 202) zeigt deutlich die<br />

strukturelle Ûbereinstimmung der Gesetze der geradlinigen<br />

Bewegung und der Drehbewegung<br />

(Analogie).<br />

4.9.5 Kinetische Energie Erot (Rotationsenergie)<br />

Man geht auf die gleiche Weise vor wie im Abschnitt<br />

4.7.3, Seite 220:<br />

Wird ein Körper, z. B. eine Schwungscheibe, aus<br />

dem Stillstand heraus auf die Winkelgeschwindigkeit<br />

w gebracht, dann ist dazu nach dem dynamischen<br />

Grundgesetz das resultierende Drehmoment<br />

Mres ¼ Ja erforderlich (4.9.1, Seite 232).<br />

Mres dreht den Körper um den Drehwinkel Dj,<br />

verrichtet also am Körper eine Arbeit, die Beschleunigungsarbeit<br />

Wa ¼ Mres Dj.<br />

Das ist genau die Energie oder Arbeitsfähigkeit,<br />

mit der der Körper, z. B. das Schwungrad, an<br />

einem anderen Körper Arbeit verrichten kann. Da<br />

nur solche Körper diese Energieart besitzen, die<br />

sich mit der Winkelgeschwindigkeit w drehen,<br />

spricht man von Rotationsenergie Erot.<br />

Mit der bisherigen Kenntnis der einander entsprechenden<br />

Größen der geradlinigen und der Drehbewegung<br />

hätte man die Gleichung für die Rotationsenergie<br />

sofort aufschreiben können.<br />

Besitzt ein Körper schon die Winkelgeschwindigkeit<br />

w1 und wird er durch Mres über dem Drehwinkel<br />

Dj auf die Winkelgeschwindigkeit w2 gebracht,<br />

dann wird für Dj ¼ðw2 2 w1 2 Þ=2a<br />

eingesetzt (Tabelle 4.3, Seite 186). Damit erhält<br />

man eine Gleichung für die Beschleunigungsarbeit<br />

Wa in der allgemeinen Form. Wa gibt dann zugleich<br />

die Ønderung der Rotationsenergie des Körpers<br />

an (DErot ¼ Erot 2 Erot 1). Vergleiche mit<br />

Seite 220.<br />

Mres Dt ¼ Jw2 Jw1 ¼ 0<br />

Jw2 ¼ Jw1 ¼ konstant<br />

Impulserhaltungssatz für<br />

Drehung<br />

Mres ¼ Ja ¼ J Dw<br />

Dt<br />

Dw ¼ w gesetzt<br />

Mres Dj ¼ J w<br />

Dt Dj<br />

Mres Dj ¼ J w<br />

Dt<br />

w Dt<br />

2<br />

Mres Dj ¼ J<br />

2 w2 ¼ Wa<br />

RotationsBeschleunigungsenergie ¼<br />

Erot arbeit Wa<br />

Erot ¼ J<br />

2 w2<br />

Rotationsenergie<br />

Masse m ¼b Trägheitsmoment J<br />

Geschwindigkeit v ¼b Winkelgeschwindigkeit<br />

w<br />

Ekin ¼ m<br />

2 v2 ) Erot ¼ J<br />

2 w2<br />

Mres Dj ¼ Ja Dj<br />

Dj ¼ w2 2 w1 2<br />

2a<br />

Mres Dj ¼ Ja w2 2 w1 2<br />

2a<br />

Wa ¼ J<br />

2 ðw2 2 w1 2 Þ¼DErot<br />

Ønderung der Rotationsenergie<br />

4 Dynamik<br />

Erot, Wa J w<br />

J ¼ Nm kg m2 rad<br />

s


4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 241<br />

4.9.6 Energieerhaltungssatz für Drehung<br />

Der Energieerhaltungssatz für technische Vorgänge nach Abschnitt 4.7.5, Seite 221, muss auch<br />

für die Drehbewegung gelten.<br />

Energieerhaltungssatz<br />

Die Rotationsenergie Erot E am Ende eines Vorgangs ist gleich der Rotationsenergie Erot A<br />

am Anfang des Vorgangs, vermehrt um die während des Vorgangs zugeführte Arbeit Wzu<br />

und vermindert um die während des Vorgangs abgegebene Arbeit Wab.<br />

Erot E ¼ Erot A þ Wzu Wab<br />

Rotationsenergie<br />

am Ende<br />

des Vorgangs<br />

¼<br />

Rotationsenergie<br />

am Anfang<br />

des Vorgangs<br />

Ûbung: Eine Schleifscheibe von d1 ¼ 500 mm<br />

Durchmesser und der Masse m ¼ 25 kg wird bei<br />

einer Drehzahl n ¼ 1 480 min 1 ausgeschaltet und<br />

läuft in 387 s aus. Der Lagerdurchmesser beträgt<br />

d2 ¼ 50 mm.<br />

Gesucht wird die mittlere Reibungszahl m in den<br />

beiden Gleitlagern der Schleifscheibenwelle.<br />

Lösung: Bei diesem „Auslaufversuch“ zur Bestimmung<br />

der Reibungszahl in den Lagern ist<br />

Erot E ¼ 0, denn am Ende des Vorgangs ruht die<br />

Scheibe. Ebenso ist Wzu ¼ 0, weil keine Arbeit zugeführt<br />

wird. Dagegen wird während des Vorgangs<br />

Reibungsarbeit WR abgeführt (Reibungsarbeit der<br />

Reibungskraft FN m).<br />

Anfangsenergie ist die Rotationsenergie<br />

Erot ¼ Jw 2 =2, mit J ¼ mr 2 =2 nach Tabelle 4.5,<br />

Seite 235. Für r 2 muss man ðd1=2Þ 2 einsetzen.<br />

Beim Auslaufen wird demnach die gesamte Anfangsenergie<br />

durch die Reibungsarbeit aufgezehrt<br />

(Erot ¼ WR).<br />

Aufgaben Nr. 597–605<br />

þ zugeführte<br />

Arbeit<br />

Erot E ¼ Erot A þ Wzu Wab<br />

0 ¼ J<br />

2 w2 þ 0 WR<br />

WR ¼ MR Dj; Dj ¼<br />

abgeführte<br />

Arbeit<br />

w Dt<br />

2<br />

v<br />

v<br />

0<br />

Δf =<br />

Δt t<br />

vΔt<br />

2<br />

MR ¼ FN m d2 d2<br />

¼ mgm<br />

2 2 ; FN ¼ FG ¼ mg<br />

WR ¼ mgm d2<br />

2<br />

w Dt<br />

2<br />

J<br />

2 w2 ¼ WR ; J ¼ 1<br />

2 mr2 ¼ 1<br />

2<br />

1<br />

2<br />

d1 2<br />

1<br />

2<br />

2<br />

d1<br />

m<br />

4 w2 ¼ mgm d2<br />

2<br />

4 w ¼ gmd2 Dt<br />

m ¼ d1 2 w<br />

4gd2 Dt<br />

m ¼ 0,051<br />

w Dt<br />

2<br />

m d1<br />

2<br />

2<br />

4<br />

mw


242<br />

4.9.7 Fliehkraft<br />

4.9.7.1 Zentripetalbeschleunigung und Zentripetalkraft<br />

Nach dem Trägheitsgesetz bewegt sich jeder Körper<br />

mit konstanter Geschwindigkeit (v ¼ konstant)<br />

auf geradliniger Bahn weiter, solange keine resultierende<br />

Kraft auf ihn einwirkt. Dann bleibt also<br />

nicht nur der Betrag des Geschwindigkeitsvektors<br />

erhalten (z. B. v ¼ 4 m/s), sondern auch Richtung<br />

und Richtungssinn.<br />

Soll sich ein Körper auf einer kreisförmigen Bahn<br />

bewegen, dann kann zwar der Betrag der Geschwindigkeit<br />

vu (Umfangsgeschwindigkeit) gleich<br />

groß bleiben (vu ¼ konstant), aber die Richtung des<br />

Geschwindigkeitsvektors ändert sich laufend.<br />

Es soll nun der Betrag der zum Mittelpunkt M gerichteten<br />

Zentripetalbeschleunigung az bestimmt<br />

werden:<br />

Bei gleichförmiger Kreisbewegung bleibt der Betrag<br />

der Umfangsgeschwindigkeit gleich groß, also<br />

vu1 ¼ vu2 ¼ vu, jedoch hat sich ihre Richtung auf<br />

dem Weg von P1 nach P2 geändert. In beiden<br />

Punkten ist vu tangential gerichtet. Der Kreisbogen<br />

_<br />

P1P2 muss entsprechend der Grundgleichung für<br />

die gleichförmige Bewegung gleich vu Dt sein,<br />

also _ P1P2 ¼ vu Dt.<br />

Der Radius des Kreises wird mit rs bezeichnet, um<br />

schon hier deutlich zu zeigen, dass immer die Umlaufbahn<br />

des Massenschwerpunkts eines Körpers<br />

zu betrachten ist.<br />

Man zeichnet sich nun die beiden Geschwindigkeitsvektoren<br />

in den beiden Punkten P1 und P2 heraus<br />

(Parallelverschiebung) und bezeichnt die Endpunkte<br />

der Geschwindigkeitspfeile mit P 0 1 und P02 .<br />

Aus der Øhnlichkeit der beiden schraffierten Dreiecke<br />

kann die Verhältnisgleichung herausgelesen<br />

werden.<br />

Für sehr kleine Zeitabschnitte Dt kann man<br />

_<br />

P 0 1P02 ¼ P01 P02 setzen. Die Richtungsänderung der<br />

beiden Geschwindigkeitsvektoren vu1, vu2 ist der<br />

Vektor der Geschwindigkeitsänderung Dv. Damit<br />

wird die Verhältnisgleichung entsprechend umgeschrieben.<br />

Beachte: Wichtig ist für die folgende Betrachtung,<br />

dass jeder Körper ohne äußere<br />

Einflüsse von sich aus bestrebt ist, die gerade<br />

Bewegungsbahn beizubehalten.<br />

Beachte: Auch bei gleichförmiger Kreisbewegung<br />

muss der umlaufende Körper dauernd<br />

in Richtung zum Mittelpunkt hin abgelenkt<br />

werden: Das ist ein<br />

Beschleunigungsvorgang und es gilt<br />

Fres ¼ ma.<br />

_<br />

P1P2<br />

rs<br />

Tangente<br />

M’<br />

n( ω)<br />

r s<br />

_<br />

P<br />

¼<br />

0 1P02 vu<br />

_<br />

P1P2 ¼ vu Dt<br />

P 0 1 P0 2<br />

vu Dt<br />

rs<br />

¼ Dv<br />

¼ Dv<br />

vu<br />

Δϕ<br />

P 1<br />

a z<br />

M<br />

v u2<br />

Δϕ<br />

P’ 2<br />

v u1<br />

Normale<br />

4 Dynamik<br />

a z<br />

P’ 1<br />

v u1<br />

s=vu t<br />

P 2<br />

v u2<br />

v=v<br />

u2 –v u1,<br />

denn v u1 + v<br />

= vu2


4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 243<br />

Löst man die Gleichung nach Dv=Dt auf, und beacht,<br />

dass jeder Quotient aus einer Geschwindigkeitsänderung<br />

und dem zugehörigen Zeitabschnitt<br />

eine Beschleunigung darstellt, dann erhält man die<br />

Gleichung für den Betrag der Zentripetalbeschleunigung<br />

az. Eine zweite Form findet man, indem<br />

nach 4.2.7 (Seite 179) für vu ¼ rs w eingesetzt<br />

wird. Die Zentripetalbeschleunigung az ist zum<br />

Drehmittelpunkt gerichtet.<br />

Ursache jeder Beschleunigung ist nach dem dynamischen<br />

Grundgesetz immer eine resultierende Kraft<br />

Fres ¼ ma. Diese Kraft heißt hier Zentripetalkraft<br />

Fz. Sie steht nach d’Alembert im Gleichgewicht<br />

mit der entgegengesetzt gerichteten Trägheitskraft<br />

des Körpers, die Fliehkraft oder Zentrifugalkraft<br />

heißt. Diese Kräfte haben Bedeutung bei Fliehkraftreglern,<br />

Kreiselpumpen, Unwuchten, Schleudergussverfahren,<br />

Kurvenfahrten von Fahrzeugen<br />

usw.<br />

4.9.7.2 Ûbungen zur Fliehkraft<br />

1. Ûbung: Eine Rennstrecke soll in einer Kurve<br />

vom Radius rs ¼ 400 m eine Geschwindigkeit von<br />

v ¼ 280 km/h ermöglichen, ohne dass an den Reifen<br />

seitliche Reibungskräfte abgestützt werden<br />

müssen. Dazu muss der Neigungswinkel a der<br />

Fahrbahn so groß werden, dass die Resultierende<br />

aus Fliehkraft Fz und Gewichtskraft FG in Normalenrichtung<br />

auf der Fahrbahn steht.<br />

Welchen Neigungswinkel a muss die Fahrbahn erhalten?<br />

Lösung: Der Neigungswinkel a der Fahrbahndecke<br />

zur Horizontalen tritt auch im Krafteck auf,<br />

und zwar zwischen Gewichtskraft FG und Resultierender<br />

Fres.<br />

Die Entwicklung der Gleichung zeigt, dass der<br />

Neigungswinkel a der Fahrbahn unabhängig ist<br />

von der Masse m des Fahrzeugs, jedoch nicht von<br />

der Fallbeschleunigung g.<br />

Dv<br />

Dt ¼ az ¼ vuvu<br />

2<br />

vu<br />

¼<br />

rs rs<br />

2<br />

vu<br />

az ¼ ¼ rsw<br />

rs<br />

2<br />

Zentripetalbeschleunigung<br />

Beachte: rs ist der Radius des Kreises, auf<br />

dem der Schwerpunkt des Körpers umläuft.<br />

Fres ¼ ma<br />

Fres ¼ Fz<br />

a ¼ az<br />

Fz ¼ maz ¼ mrs w 2 ¼ m<br />

Zentripetalkraft<br />

tan a ¼ Fz<br />

2<br />

vu<br />

m<br />

rs ¼<br />

FG mg<br />

tan a ¼ v2<br />

grs<br />

a ¼ arctan v2<br />

grs<br />

az vu rs w<br />

m<br />

s 2<br />

m<br />

s<br />

vu 2<br />

rs<br />

m<br />

Fz m az rs w vu<br />

N ¼ kgm<br />

s 2<br />

kg m rad<br />

m<br />

s2 s<br />

m<br />

s<br />

rad<br />

s<br />

vu ¼ v gesetzt<br />

280 m<br />

3,6 s<br />

a ¼ arctan<br />

9,81 m ¼ 57<br />

400 m<br />

s2 2


244<br />

2. Ûbung: Ein Lieferwagen mit der Masse<br />

m ¼ 1000 kg fährt mit v ¼ 80 km/h durch eine<br />

nicht überhöhte Kurve vom Radius rs ¼ 55 m. Der<br />

Fahrzeugschwerpunkt S liegt h ¼ 0,65 m über der<br />

Fahrbahndecke, die Spurweite der Räder beträgt<br />

l ¼ 1,2 m. Als Haftreibungszahl wird m0 ¼ 0,6 angenommen.<br />

Es ist zu untersuchen, ob der Wagen in der Kurve<br />

kippt oder rutscht.<br />

Lösung: Die Lageskizze zeigt, dass der Wagen<br />

dann nicht um A kippt, wenn das linksdrehende<br />

Moment Fzh (Kippmoment) kleiner ist als das<br />

rechtsdrehende FG l=2 (Standmoment). Auch hier<br />

zeigt die Entwicklung der Gleichung die Unabhängigkeit<br />

von der Masse m des Wagens.<br />

Die Ausrechnung ergibt: Der Wagen kippt (gerade<br />

noch) nicht.<br />

Der Wagen rutscht in der Kurve, wenn die Summe<br />

der an den vier Rädern angreifenden Reibungskräfte<br />

kleiner ist, als die nach links wirkende<br />

Fliehkraft Fz. Diese Bedingung wird überprüft, indem<br />

man die Gleichung nach der Haftreibungszahl<br />

m0 auflöst.<br />

Die Ausrechnung zeigt: Die Haftreibungszahl m0<br />

ist kleiner als erforderlich, d. h. der Wagen rutscht<br />

( m0 ¼ 0,6 < 0,915).<br />

3. Ûbung: Ein dünner Ring von der Dichte r läuft<br />

mit der Winkelgeschwindigkeit w (Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu) um.<br />

Es soll eine Gleichung zur Bestimmung der Zugspannung<br />

sz im Schnitt A B des Ringes hergeleitet<br />

werden.<br />

Lösung: Für den geschnittenen Ring muss in der<br />

gezeichneten Stellung SFx ¼ 0 sein, d. h. im Flächenschwerpunkt<br />

beider Querschnitte greift die<br />

Normalkraft FN ¼ Fz=2 als innere Kraft an. Diese<br />

Normalkraft FN erzeugt die Zugspannung<br />

sz ¼ FN=A ¼ Fz=2A (A ¼ Querschnittsfläche).<br />

Fz h FG<br />

v 2<br />

rs<br />

l<br />

2<br />

h g l<br />

2<br />

80 m<br />

0,65 m<br />

3,6 s<br />

55 m<br />

5,836 < 5,886<br />

FR0 max<br />

mgm 0<br />

m 0<br />

m 0<br />

2<br />

v 2<br />

grs<br />

Fz<br />

m v2<br />

rs<br />

2 v<br />

Fz ¼ m<br />

rs<br />

80 m<br />

3,6 s<br />

9,81 m ¼ 0,915<br />

55 m<br />

s2 0,6 < 0,915<br />

sz ¼ Fz<br />

2 mrsw<br />

¼<br />

2A 2A<br />

m ¼ Vr ¼ prAr<br />

rs ¼ 2r<br />

p<br />

2<br />

FG ¼ mg<br />

9,81 m<br />

0,6 m<br />

s2 Schwerpunktsabstand<br />

des Halbkreisbogens<br />

4 Dynamik


4.9 Dynamik der Drehbewegung (Rotation) 245<br />

Die Fliehkraft Fz ist eine Trägheitskraft (siehe<br />

d’Alembert, 4.4.6, Seite 195), d. h. sie greift im<br />

Schwerpunkt der Halbkreislinie mit dem Radius r<br />

an: rs ¼ 2r=p. Es muss zwischen r und rs unterschieden<br />

werden.<br />

Man sieht, dass die Zugspannung sz unabhängig<br />

von der Querschnittsfläche A des dünnen Ringes<br />

ist.<br />

Dreht sich der dünne Ring mit einer Umfangsgeschwindigkeit<br />

von 36 m/s, und besitzt er eine<br />

Dichte von 7850 kg/m 3 , dann beträgt die Zugspannung<br />

sz 10 N=mm 2 .<br />

Aufgaben Nr. 610–620<br />

prAr<br />

sz ¼<br />

2r<br />

p w2<br />

2A<br />

sz ¼ r 2 w 2 r<br />

sz ¼ vu 2 r<br />

sz ¼ vu 2 2 m2<br />

r ¼ 36<br />

sz ¼ 10,17 10<br />

1 N 6<br />

¼ 10<br />

m2 N<br />

s2 kg<br />

7850<br />

m3 ¼ 10,17<br />

m2 N<br />

4.9.8 Gegenüberstellung der translatorischen und rotatorischen Größen<br />

Geradlinige (translatorische) Bewegung Drehende (rotatorische) Bewegung<br />

6 N<br />

sz r w vu r<br />

N rad<br />

m<br />

m2 s<br />

mm 2<br />

Größe Definitionsgleichung Einheit Größe Definitionsgleichung Einheit<br />

Zeit t Basisgröße s Zeit t Basisgröße s<br />

Verschiebeweg s Basisgröße m Drehwinkel j j ¼ b<br />

r<br />

rad<br />

Masse m Basisgröße kg Trägheitsmoment J J ¼ S Dmr 2<br />

Geschwindigkeit v<br />

(v ¼ konstant)<br />

v ¼ Ds<br />

Dt<br />

m<br />

s<br />

Winkelgeschwindigkeit<br />

w<br />

(w ¼ konstant)<br />

w ¼ Dj<br />

Dt<br />

Arbeit W W¼Fs J Dreharbeit Wrot Wrot ¼ Mj ¼ FTr j J<br />

Leistung P P ¼ W<br />

t ¼ Fv W Drehleistung Prot Prot ¼ Wrot<br />

¼ Mw<br />

t<br />

W<br />

Elastische<br />

F ¼ Rs<br />

Verformung<br />

(geradlinig)<br />

W ¼ 1<br />

2 Rs2<br />

N Elastische<br />

M ¼ Rj<br />

J<br />

Verformung<br />

(kreisförmig) W ¼ 1<br />

2 Rj2<br />

Nm<br />

J<br />

Beschleunigung a a ¼ Dv<br />

Dt<br />

Beschleunigungskraft<br />

Fres<br />

kinetische<br />

Energie Ekin<br />

Impulserhaltungssatz<br />

m<br />

s 2<br />

Winkelbeschleunigung<br />

a<br />

Fres ¼ ma N Beschleunigungsmoment<br />

Mres<br />

Ekin ¼ m<br />

2 v2 J Rotationsenergie<br />

Erot<br />

mv ¼ konstant Impulserhaltungssatz<br />

a ¼ Dw<br />

Dt<br />

mm 2<br />

m<br />

s<br />

kg<br />

m 3<br />

kgm 2<br />

rad<br />

s<br />

rad<br />

s 2<br />

Mres ¼ Ja Nm<br />

Erot ¼ J<br />

2 w2<br />

Jw ¼ konstant<br />

J


246<br />

4.10 Mechanische Schwingungen<br />

4.10.1 Begriff<br />

Schwingung ist eine auch im Alltag bekannte Bewegungsform von Körpern oder Masseteilchen,<br />

die sich am Ort um eine Ruhe- oder Nulllage herum bewegen (pendeln, schwingen),<br />

z. B. hin und her bei allen Pendeln wie Uhrenpendel, Fadenpendel, Federpendel. Brücken<br />

schwingen bei Belastung, ebenso eine Blattfeder oder (drehend) eine Torsionsstabfeder am<br />

Auto, aber auch Masseteilchen in einer Flüssigkeit oder Elektronen in der Atomhülle schwingen.<br />

Man spricht von elektrischen Schwingungen (Schwingkreis), optischen und akustischen<br />

(Ton-) Schwingungen. In diesem Kapitel werden nur mechanische Schwingungen behandelt;<br />

unterteilt in den kinematischen Bereich mit der Frage nach den Veränderungen der Bewegungsgrößen<br />

Weg s, Geschwindigkeit v, Beschleunigung a und in den kinetischen Bereich<br />

mit der Frage nach den Kräften F und Kraftmomenten M.<br />

4.10.2 Ordnungsbegriffe<br />

Der Pendelkörper (Schwinger) einer Uhr führt eine freie Schwingung aus, wenn er ohne Antrieb<br />

nie zur Ruhe käme. Tatsächlich tritt immer Reibung auf und es kommt zu gedämpften<br />

Schwingungen. Die Reibung entzieht dem Schwinger (Kugel, Pendel) Energie, die Auslenkung<br />

(Größtwert: Amplitude) wird immer kleiner. Wird dem Schwinger von außen Energie zugeführt,<br />

spricht man von erzwungener Schwingung. Ist dabei die zugeführte Energiemenge durch<br />

Regelung so dosiert, dass die Schwingung gerade aufrecht erhalten bleibt, nennt man das eine<br />

erzwungene selbsterregte Schwingung (mechanisches Uhrwerk).<br />

4.10.3 Die harmonische Schwingung<br />

4.10.3.1 Die Bewegungsgesetze der harmonischen Schwingung<br />

Läuft der Punkt P auf dem Radius r gleichförmig<br />

mit der Winkelgeschwindigkeit w um, dann entspricht<br />

einem Umlauf auf der Kreisbahn eine Aufund<br />

Abwärtsbewegung des projizierten Punktes<br />

auf der Projektionswand. Die so entstandene Bewegung<br />

heißt harmonische Schwingung.<br />

Gesucht werden die Gesetzmäßigkeiten zur Berechnung<br />

von Auslenkung y, Geschwindigkeit vy<br />

und Beschleunigung ay des schwingenden Punktes<br />

P.<br />

Die gefundenen Gleichungen sind die Gleichungen<br />

der harmonischen Schwingung.<br />

0<br />

8<br />

1<br />

P r<br />

7<br />

Auslenkung y<br />

2<br />

ω = konst.<br />

6<br />

M<br />

3<br />

5<br />

4<br />

-y<br />

2<br />

1(3)<br />

Nulllage<br />

0,8(4)<br />

4 Dynamik<br />

7(5)<br />

6<br />

Projektionsebene


4.10 Mechanische Schwingungen 247<br />

4.10.3.1.1 Auslenkung-Zeit-Gesetz<br />

Der Punkt P bewegt sich mit konstanter Winkelgeschwindigkeit<br />

w von 0 bis 1. Der Radius r hat<br />

dabei den Drehwinkel Dj überstrichen. Die zugehörige<br />

momentane Auslenkung y von der Mittellage<br />

(Nulllage) ist die Sinuskomponente des Radius<br />

r (y ¼ r sin Dj).<br />

Wird nach 4.2.6 (Seite 179) w ¼ Dj=Dt und daraus<br />

Dj ¼ w Dt eingesetzt, ergibt sich das Auslenkung-Zeit-Gesetz<br />

y ¼ r sin ðwtÞ.<br />

Für Dt schreibt man verkürzt t und bezeichnet den<br />

Klammerausdruck als „Omega-t“.<br />

4.10.3.1.2 Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz<br />

Punkt P läuft mit der tangential gerichteten konstanten<br />

Umfangsgeschwindigkeit vu um.<br />

Gesucht wird die momentane Geschwindigkeit vy<br />

des auf der Projektionsebene schwingenden Punktes<br />

P. Wie das Parallelogramm nach der Zerlegung<br />

des Geschwindigkeitsvektors vu zeigt, ist vy die<br />

Kosinuskomponente der Umfangsgeschwindigkeit<br />

vu: vy ¼ vu cos Dj.<br />

Für die Umfangsgeschwindigkeit vu kann nach<br />

4.2.7 (Seite 179) das Produkt aus Winkelgeschwindigkeit<br />

w und Radius r eingesetzt werden<br />

(vu ¼ wr).<br />

4.10.3.1.3 Beschleunigung-Zeit-Gesetz<br />

Jeder auf einer Kreisbahn umlaufende Punkt, auch<br />

der gleichförmig umlaufende, wird in jedem Augenblick<br />

zum Kreisbahnmittelpunkt M hin beschleunigt.<br />

Diese Beschleunigung heißt Zentripetalbeschleunigung<br />

az (siehe 4.9.7.1, Seite 242).<br />

Die momentane Beschleunigung des Punktes P in<br />

der Projektionsebene ist die Sinuskomponente<br />

ay ¼ az sin Dj. Die Beschleunigung ay ist immer<br />

der Auslenkung y entgegengerichtet. Deshalb<br />

steht rechts vom Gleichheitszeichen das Minuszeichen.<br />

1<br />

P y<br />

0<br />

-0<br />

r<br />

Δϕ<br />

M<br />

ω<br />

y ¼ r sin Dj<br />

y ¼ r sin ðw DtÞ<br />

y ¼ r sin ðwtÞ<br />

v y<br />

1<br />

Δϕ<br />

Δϕ<br />

v u<br />

M<br />

ω<br />

vy ¼ vu cos Dj<br />

vy ¼ rw cos ðwtÞ<br />

vy ¼ rw sin p<br />

2 wt<br />

Beachte: Es ist<br />

cos Dj ¼ sin ð90 DjÞ, also<br />

cos ðwtÞ ¼ sin ðp=2 wtÞ<br />

-0<br />

1<br />

a y<br />

Δϕ<br />

a z<br />

ω<br />

ay ¼ az sin Dj<br />

ay ¼ rw 2 sin ðwtÞ<br />

ay ¼ yw 2


248<br />

4.10.3.2 Die Graphen der harmonischen Schwingung<br />

Werden mit den entwickelten Bewegungsgesetzen für gleiche Zeitabschnitte Dt (z. B.<br />

Dt ¼ 10 s) die Auslenkung y, die Geschwindigkeit vy und die Beschleunigung ay im rechtwinkligen<br />

Achsenkreuz über der Zeitachse t aufgetragen, erhält man die folgenden Kurven:<br />

a) Für die Auslenkung-Zeit-Linie (y; t-Linie) gilt das zuvor entwickelte Auslenkung-Zeit-Gesetz<br />

y ¼ r sin Dj ¼ r sin ðwtÞ. Der Radius r ist eine Konstante, folglich ist die y; t-Linie<br />

eine Sinuskurve mit positivem Richtungssinn für die Auslenkung y im Drehwinkelbereich<br />

Dj 0 180 und negativem Richtungssinn im Drehwinkelbereich Dj 180 360 .<br />

b) Für die Geschwindigkeit-Zeit-Linie (v; t-Linie) gilt das zuvor entwickelte Geschwindigkeit-<br />

Zeit-Gesetz vy ¼ vu cos Dj ¼ rw cos ðwtÞ. Radius r und Winkelgeschwindigkeit w sind<br />

Konstante, folglich ist die v; t-Linie eine Kosinuskurve mit positivem Richtungssinn für die<br />

Geschwindigkeit vy im Drehwinkelbereich zwischen 0 und 90 sowie zwischen 270 und<br />

360 und negativem Richtungssinn im Drehwinkelbereich zwischen Dj 90 270 .<br />

c) Für die Beschleunigung-Zeit-Linie (ay; t-Linie) gilt das zuvor entwickelte Beschleunigung-<br />

Zeit-Gesetz ay ¼ az sin Dj ¼ rw 2 sin ðwtÞ. Radius r und Winkelgeschwindigkeit w<br />

sind Konstante, folglich ist die ay; t-Linie eine Sinuskurve mit negativem Richtungssinn für<br />

die Beschleunigung ay im Drehwinkelbereich zwischen 0 und 180 und positivem Richtungssinn<br />

zwischen 180 und 360 .<br />

0<br />

8<br />

0<br />

8<br />

vy Δϕ<br />

1<br />

7<br />

b)<br />

0<br />

8<br />

c)<br />

1<br />

y<br />

P<br />

7<br />

a)<br />

1<br />

7<br />

a y<br />

r<br />

Δϕ<br />

r<br />

Δϕ<br />

r<br />

Δϕ<br />

2<br />

6<br />

vu 2<br />

6<br />

2<br />

6<br />

M<br />

v x<br />

M<br />

a x<br />

a z<br />

ω<br />

ω<br />

3<br />

5<br />

3<br />

5<br />

5<br />

4<br />

4<br />

y<br />

vy<br />

a y<br />

y=rsin Δϕ =rsin( ωt)<br />

ω = konst. y<br />

y max = r<br />

4<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

3<br />

y = - r<br />

max<br />

π<br />

v y = vu cos Δϕ = r ω cos ( ωt) = r ω sin( +<br />

2<br />

ωt)<br />

v y max = vu<br />

v y max = vu<br />

vy<br />

0 1 2 3 4 5 6 7 8<br />

v ymax= -vu<br />

a =-a sin Δϕ=-r ω sin( ωt) =-y ω<br />

y z<br />

2 2<br />

a = a<br />

y max z<br />

0 2 3 4 5 6 7 8<br />

ay<br />

a ymax=-az t<br />

t<br />

t<br />

4 Dynamik


4.10 Mechanische Schwingungen 249<br />

4.10.3.3 Zusammenstellung der wichtigsten Größen und Gleichungen der harmonischen<br />

Schwingung<br />

y<br />

Periode (Schwingung) ist ein Hin- und Hergang;<br />

eine Schwingung entspricht einem Umlauf auf der<br />

Kreisbahn (siehe 4.10.3.1).<br />

Auslenkung y (Elongation) ist die momentane<br />

Entfernung des schwingenden Punktes von der<br />

Nulllage (Mittellage, Gleichgewichtslage).<br />

Amplitude A (Schwingungsweite) ist die maximale<br />

Auslenkung aus der Nulllage. A ist konstant<br />

bei ungedämpfter Schwingung.<br />

Periodendauer T (Schwingungsdauer) ist die Zeit<br />

für eine volle Schwingung.<br />

Frequenz f ist der Quotient aus der Anzahl z der<br />

Perioden und dem zugehörigen Zeitabschnitt Dt,<br />

also die Anzahl der Perioden je Sekunde.<br />

Die Frequenz f hat die Einheit 1/s und die Bezeichnung<br />

Hertz 1) (Hz).<br />

Kreisfrequenz w ergibt sich aus w ¼ 2pf ¼<br />

2pz=Dt, sie ist also die schon bekannte Winkelgeschwindigkeit<br />

w (nach DIN 1304).<br />

Phase Dj ist der Winkel im Bogenmaß, den der<br />

umlaufende Punkt im Zeitabschnitt Dt durchläuft.<br />

Mit den festgesetzten Größen können die hergeleiteten<br />

Bewegungsgesetze für die harmonische<br />

Schwingung neu geschrieben werden. Dazu setzt<br />

man für den Radius r die Amplitude A und für die<br />

Kreisfrequenz w ¼ 2pf ¼ 2pz=T ein.<br />

y, A t, T w, f vy ay<br />

m s<br />

1<br />

s<br />

m<br />

s<br />

m<br />

s 2<br />

Aufgaben Nr. 621–624<br />

1) Heinrich Hertz, deutscher Physiker, 1857–1894.<br />

-y<br />

0<br />

T ¼ Dt<br />

z<br />

A<br />

T= 1<br />

f<br />

f ¼ z 1 w<br />

¼ ¼<br />

Dt T 2p<br />

w ¼ 2pf ¼ 2p<br />

T<br />

A<br />

Dj ¼ w Dt ¼ 2pf Dt ¼ 2pz<br />

y ¼ A sin ðwtÞ ¼A sin ð2pf tÞ<br />

y ¼ A sin 2pt<br />

T<br />

Zeit t<br />

vy ¼ Aw cos ðwtÞ ¼Aw cos ð2pf tÞ<br />

vy ¼ Aw cos 2pt<br />

T<br />

ay ¼ Aw 2 sin ðwtÞ ¼ Aw 2 sin ð2pf tÞ<br />

ay ¼ Aw2 sin 2pt<br />

¼<br />

T<br />

yw2


250<br />

4.10.3.4 Rückstellkraft FR, Richtgröße D und lineares Kraftgesetz bei der harmonischen<br />

Schwingung<br />

In den vorausgegangenen Kapiteln wurden die Bewegungsgleichungen für die harmonische<br />

Schwingung entwickelt und in 4.10.3.3 zusammengestellt. Jetzt sind noch die Kräftegleichungen<br />

für den harmonisch schwingenden Körper zu ermitteln. Auch dabei muss von der Kreisbewegung<br />

ausgegangen werden.<br />

Aus Kapitel 4.9.7, Seite 242, ist die Zentripetalkraft<br />

Fz ¼ mrw 2 bekannt, die den Körper der Masse<br />

m auf der Kreisbahn hält und immer zum<br />

Kreismittelpunkt M hin gerichtet ist. Ist die Winkelgeschwindigkeit<br />

w konstant, gilt das auch für<br />

die Zentripetalkraft Fz und für deren Komponenten<br />

Fx ¼ Fz cos Dj und Fy ¼ Fz sin Dj.<br />

Die Komponente Fy ist die in Schwingungsrichtung<br />

wirkende Rückstellkraft FR ¼ Fy ¼<br />

Fz sin Dj. Sie ist immer der Auslenkung y entgegen<br />

zur Nulllage hin gerichtet. Der Sinus des<br />

Drehwinkels Dj lässt sich durch die Auslenkung y<br />

und die Amplitude A ausdrücken (sin Dj ¼ y=A),<br />

sodass sich für die Rückstellkraft FR ¼ Fz y=A ergibt.<br />

Darin sind Zentripetalkraft Fz (gleichförmige<br />

Drehung) und Amplitude A ¼ r ¼ konstante Größen.<br />

Damit ist auch der Quotient Fz/A konstant.<br />

Diese Größe wird in der Schwingungslehre als<br />

Richtgröße D bezeichnet.<br />

Die Rückstellkraft FR ist demnach der momentanen<br />

Auslenkung y proportional (FR y).<br />

Zusammenfassung: Die kinematische Untersuchung<br />

führte bei der gleichförmigen Kreisbewegung<br />

zu den Bewegungsgleichungen der<br />

harmonischen Schwingung. Die kinetische<br />

Untersuchung hat gezeigt, dass die Rückstellkraft<br />

FR linear von der Auslenkung y abhängig ist.<br />

Wird diese Aussage in den folgenden Untersuchungen<br />

bestätigt, liegt eine harmonische<br />

Schwingung vor:<br />

Eine harmonische Schwingung liegt vor, wenn<br />

die Rückstellkraft FR dem linearen Kraftgesetz<br />

in der Form FR y ¼ Dy folgt.<br />

y<br />

m<br />

Fz<br />

r=A<br />

0<br />

Fy M<br />

0<br />

Nulllage<br />

ω<br />

Δϕ<br />

Fy ¼ FR ¼ Fz sin Dj ¼ Fz y=A<br />

FR ¼ Fz<br />

A y<br />

F x = Fz cos Δϕ<br />

Δϕ<br />

Fz<br />

¼ konstant ¼ Richtgröße D<br />

A<br />

FR ¼ Dy FR y<br />

FR ¼ Dy<br />

4 Dynamik<br />

F z<br />

F y = Fz sin Δϕ<br />

Kriterium für die harmonische<br />

Schwingung


4.10 Mechanische Schwingungen 251<br />

4.10.4 Das Schraubenfederpendel<br />

4.10.4.1 Rückstellkraft FR und Federrate R<br />

Eine unbelastete, masselos gedachte Schraubenfeder<br />

wird mit einem Körper der Masse m belastet,<br />

sodass sie sich um Ds dehnt.<br />

In dieser Ruhelage (Nulllage 0–0) ist die Federspannkraft<br />

FS gleich der Gewichtskraft FG des<br />

Körpers (FS ¼ FG), wie der frei gemachte Körper<br />

zeigt.<br />

Wird der Körper um die Amplitude A ¼ ymax nach<br />

unten gezogen und dann losgelassen, schwingt er<br />

um die Ruhelage 0–0 mit der Amplitude A weiter<br />

(reibungsfrei betrachtet).<br />

Im unteren Umkehrpunkt des frei gemachten Pendelkörpers<br />

zieht die Feder mit der Federkraft FS<br />

nach oben, denn sie wirkt in dieser Stellung als<br />

Zugfeder.<br />

Die Rückstellkraft FR ist immer die resultierende<br />

Kraft, hier also die Differenz von Federspannkraft<br />

FS und Gewichtskraft FG: FR ¼ FS FG.<br />

Im oberen Umkehrpunkt wirkt die Feder als<br />

Druckfeder auf den Pendelkörper. Gewichtskraft<br />

FG und Federspannkraft FS sind gleich gerichtet<br />

(beide nach unten).<br />

Dann ist die Rückstellkraft FR die algebraische<br />

Summe von Gewichtskraft und Federspannkraft:<br />

FR ¼ FG þ FS.<br />

Auch die Untersuchung des frei gemachten Pendelkörpers<br />

in beliebigen Zwischenstellungen kann<br />

zu keinem anderen Ergebnis führen:<br />

Δs<br />

y<br />

Umkehrpunkt<br />

Ebene der<br />

0 0<br />

Ruhelage m<br />

0<br />

y<br />

-y<br />

y<br />

-y<br />

A=y max<br />

A=y max<br />

-y<br />

v = 0<br />

y<br />

v = 0<br />

y<br />

Umkehrpunkt<br />

0 0<br />

FR ¼ FS FG<br />

0<br />

F S<br />

F G<br />

F S<br />

F G<br />

F = 0<br />

R<br />

F = F – F<br />

R S G<br />

F R<br />

F G<br />

F S<br />

F G<br />

F S<br />

F R<br />

F = F + F<br />

R S G


252<br />

Die Rückstellkraft FR beim Federpendel ist die<br />

Resultierende aus Federspannkraft FS und Gewichtskraft<br />

FG des Pendelkörpers (Summe oder<br />

Differenz).<br />

Nach Kapitel 4.5.3 (Seite 205) ist die Federrate<br />

R 1) der Quotient aus Federkraft FS und zugehörigem<br />

Federweg Ds, also diejenige Kraft, die erforderlich<br />

ist, die Feder um eine Längeneinheit zu<br />

dehnen oder zu verkürzen.<br />

Zur Klärung der Frage, ob für das Federpendel das<br />

lineare Kraftgesetz der harmonischen Schwingung<br />

aus dem vorhergehenden Kapitel 4.10.3.4 gilt,<br />

werden zwei Pendelstellungen untersucht.<br />

Stellung a), unterhalb der Nulllinie<br />

FR ¼ FS FG ¼ Rs R Ds<br />

s ¼ y þ Ds<br />

FR ¼ Rðy þ Ds DsÞ ¼Ry<br />

Stellung b), oberhalb der Nulllinie<br />

FR ¼ FG þ FS ¼ R Ds þ Rs<br />

s ¼ y Ds<br />

FR ¼ R Ds þ Rðy DsÞ ¼Ry<br />

In beiden Fällen ist die Rückstellkraft FR der Auslenkung<br />

y proportional (R ist eine Konstante) und<br />

damit gilt:<br />

Das Federpendel schwingt harmonisch, denn es<br />

gilt das lineare Kraftgesetz.<br />

Δs<br />

Federkraft FS<br />

F ¼<br />

Federweg Ds<br />

ay FR 0 ay vy FR 0<br />

F G =RΔs y<br />

s<br />

a) b)<br />

F =R<br />

S S<br />

F G =RΔs v y<br />

F =R<br />

S S<br />

s<br />

Δs<br />

y<br />

Beachte:<br />

Für die Schraubenfeder gilt FR ¼ Ry, folglich<br />

ist die Federrate R gleich der Richtgröße D.<br />

FR ¼ Dy ¼ Ry<br />

R FS Ds<br />

In der Maschinenbautechnik (z. B. Pressen- und Vorrichtungsbau) reicht zur federnden Kraftübertragung<br />

häufig eine Einzelfeder nicht aus.<br />

In diesem Fall werden je nach Verwendungszweck zwei oder mehr Federn in Parallel- oder<br />

Reihenschaltung (Hintereinanderschaltung) angeordnet. Für die konstruktiven Berechnungen<br />

braucht man dann die Federrate des ganzen Federsystems, die so genannte resultierende Federrate<br />

R0, deren Betrag von der Art der Federschaltung abhängt.<br />

N<br />

mm<br />

N mm<br />

FR D, R y<br />

N<br />

N<br />

m m<br />

4 Dynamik<br />

1) Versuch in A. <strong>Böge</strong>; J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Lösungen, ViewegþTeubner 2008<br />

Bezeichnung Federrate R nach DIN 2089, Nov. 92


4.10 Mechanische Schwingungen 253<br />

Parallelschaltung<br />

Das Diagramm zeigt die Federkennlinien zweier<br />

parallel geschalteter Einzelfedern mit bekannten<br />

Federraten R1 und R2. Wird das Federsystem von<br />

s ¼ 0 auf den Federweg s0 gedehnt, gilt für die resultierende<br />

Federkraft F0 ¼ F1 þ F2, für den resultierenden<br />

Federweg dagegen s0 ¼ s1 ¼ s2. Mit<br />

diesen Bedingungen kann eine Gleichung zur Berechnung<br />

der resultierenden Federrate R0 bei Parallelschaltung<br />

entwickelt werden:<br />

R0 ¼ F0<br />

s0<br />

R0 ¼ R1 þ R2<br />

¼ F1 þ F2<br />

s0<br />

¼ F1<br />

þ<br />

s1<br />

F2<br />

¼ R1 þ R2<br />

s2<br />

Reihenschaltung<br />

Das Diagramm zeigt die Federkennlinien zweier<br />

in Reihe (hintereinander) geschalteter Einzelfedern<br />

mit den Federraten R1 und R2. Wird das Federsystem<br />

von F ¼ null auf die Federkraft<br />

F ¼ F0 ¼ F1 ¼ F2 belastet, gilt für den resultierenden<br />

Federweg s0 ¼ s1 þ s2. Mit diesen Bedingungen<br />

kann eine Gleichung zur Berechnung der<br />

resultierenden Federrate R0 bei Reihenschaltung<br />

entwickelt werden:<br />

R0 ¼ F0<br />

s0<br />

1<br />

R0<br />

¼ s1 þ s1<br />

F0<br />

¼ F0<br />

s1 þ s2<br />

¼ s1<br />

þ<br />

F1<br />

s2<br />

¼<br />

F2<br />

1<br />

þ<br />

R1<br />

1<br />

R2<br />

4.10.4.2 Periodendauer T des Schraubenfederpendels<br />

Die Rückstellkraft FR ist immer die resultierende<br />

Kraft Fres und es gilt das dynamische Grundgesetz<br />

Fres ¼ ma. Bei der harmonischen Schwingung ist<br />

für die momentane Beschleunigung a ¼ ay und<br />

nach 4.10.3.1.3 (Seite 247) ay ¼ yw 2 einzusetzen.<br />

R0 ¼ R1 þ R2 þ ...þ Rn<br />

Federrate bei Parallelschaltung<br />

von n Federn<br />

1<br />

R0<br />

¼ 1<br />

þ<br />

R1<br />

1<br />

þ ...þ<br />

R2<br />

1<br />

Rn<br />

Federrate bei Reihenschaltung<br />

von n Federn<br />

R0 ¼ R1 R2<br />

R1 þ R2<br />

gilt nur für zwei Federn<br />

FR ¼ may; ay ¼ yw 2 ; w ¼ 2p<br />

T<br />

FR ¼ myw 2


254<br />

Das dort vorhandene negative Vorzeichen entfällt,<br />

da nur der Absolutbetrag interessiert.<br />

Die Periodendauer T ist unabhängig von der<br />

Amplitude A. Sie ist umso größer, je größer die<br />

Masse m des Pendelkörpers und je kleiner die<br />

Federrate R ist, d. h. je „weicher“ die Feder ist.<br />

Aus der Gleichung für die Schwingungsdauer<br />

kann auch eine neue Beziehung für die Berechnung<br />

der Federrate der Schraubenfeder entwickelt<br />

werden.<br />

Aufgaben Nr. 625–628<br />

4.10.5 Das Torsionsfederpendel<br />

FR ¼ m 4p2<br />

y ¼ Ry<br />

T2 rffiffiffiffi<br />

m<br />

T ¼ 2p<br />

R<br />

R ¼ m 4p2<br />

¼ D<br />

T2 4.10.5.1 Federrate R, Rückstellmoment MR und Periodendauer T<br />

Wird der in Ruhelage an einem Stahldraht hängende<br />

Körper um den Drehwinkel Dj verdreht,<br />

beschreibt jedes Teilchen eine Kreisbewegung.<br />

Zur Ûberleitung von der geradlinigen in die kreisförmige<br />

Bewegung wird das Analogieverfahren<br />

benutzt. Die Beziehung für die Kreisbewegung bekommt<br />

man, indem in die bekannte Beziehung der<br />

geradlinigen Bewegung die entsprechenden Größen<br />

der Kreisbewegung eingesetzt werden. Beim<br />

Torsionsfederpendel entspricht der Rückstellkraft<br />

FR das Rückstellmoment MR, der Auslenkung y<br />

der Drehwinkel Dj. Auch für die Torsionsbeanspruchung<br />

des tordierten Drahtes gilt das<br />

Hooke’sche Gesetz, sodass die Gleichung für die<br />

Federrate R mit den entsprechenden Größen festgelegt<br />

werden kann.<br />

Das Rückstellmoment MR ändert seinen Betrag<br />

proportional mit dem Drehwinkel Dj (MR Dj)<br />

(wie beim Schraubenfederpendel die Rückstellkraft<br />

FR mit der Auslenkung y), sodass man feststellen<br />

kann:<br />

Für das Torsionsfederpendel gilt ein lineares<br />

Momentengesetz und es liegt eine harmonische<br />

Schwingung vor.<br />

Δϕ<br />

Rückstellmoment MR<br />

R ¼<br />

Drehwinkel Dj<br />

R ¼ MR<br />

Dj<br />

FR m T R<br />

N kg s N<br />

m<br />

R, D m T<br />

N<br />

m<br />

FR ¼b MR<br />

y ¼b Dj<br />

R MR j<br />

Nm<br />

rad<br />

Nm rad<br />

4 Dynamik<br />

kg s<br />

MR ¼ R Dj kreisförmige Pendelbewegung<br />

FR ¼ Ry geradlinige Pendelbewegung


4.10 Mechanische Schwingungen 255<br />

Eine Gleichung für die Periodendauer T beim<br />

Torsionsfederpendel erhält man mit der Analogiebetrachtung<br />

zum Schraubenfederpendel im vorhergehenden<br />

Kapitel 4.10.4.2. Das Trägheitsmoment J<br />

beim Torsionsfederpendel entspricht der Masse m<br />

des Pendelkörpers.<br />

Auch beim Torsionsfederpendel ist die Periodendauer<br />

T unabhängig von der Amplitude A.<br />

Sie ist umso größer, je größer das Trägheitsmoment<br />

J und je kleiner die Federrate R ist.<br />

rffiffiffi<br />

J<br />

T ¼ 2p<br />

R<br />

rffiffiffiffi<br />

m<br />

T ¼ 2p<br />

R<br />

Torsionsfederpendel Schraubenfederpendel<br />

Beachte: J ist das Trägheitsmoment bezogen<br />

auf die Drehachse (siehe Kapitel 4.9.2,<br />

Seite 233)<br />

4.10.5.2 Experimentelle Bestimmung von Trägheitsmomenten J aus der Periodendauer<br />

Kupplungsscheiben, Zahnräder, Wellen und<br />

Schwungscheiben müssen im Betrieb beschleunigt<br />

und verzögert werden. Den erforderlichen Berechnungen<br />

liegt das dynamische Grundgesetz für die<br />

Rotation Mres ¼ Ja zugrunde (siehe 4.9.1, Seite<br />

232). Dazu muss das Trägheitsmoment J des umlaufenden<br />

Bauteils bekannt sein.<br />

Nicht alle Bauteile sind so einfach aufgebaut, dass<br />

das Trägheitsmoment J aus fertigen Formeln berechnet<br />

werden kann (siehe Tabelle 4.5, Seite 235).<br />

Dann wird das Trägheitsmoment J experimentell<br />

auf folgende Weise bestimmt:<br />

Ein geometrisch einfacher Rotationskörper K1 von<br />

bekanntem oder berechenbarem Trägheitsmoment<br />

J1 wird an einen Torsionsstab von bekanntem<br />

Durchmesser d und bekannter Länge l gehängt.<br />

Benutzt man als Körper K1 z. B. eine Kreisscheibe,<br />

kann nach Tabelle 4.5 das Trägheitsmoment J1 berechnet<br />

werden.<br />

Für den p Körper ffiffiffiffiffiffiffiffiffi K1 gilt für die Periodendauer<br />

T1 ¼ 2p J1=R.<br />

Steckt man beide Prüfkörper<br />

auf, dannpgilt ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi für die Periodendauer<br />

T2 ¼ 2p ðJ1 þ J2Þ=R.<br />

Darin ist R die in beiden<br />

Fällen gleiche Federrate des Torsionsstabs.<br />

Körper K 1<br />

d<br />

J1 ¼ 1<br />

2 rpr4 h<br />

r<br />

l<br />

h<br />

r Stahl ¼ 7,85 10 3 kg=m 3<br />

T1 2 2 J1<br />

¼ 4p<br />

R<br />

T2 2 ¼ 4p 2 J1 þ J2<br />

R<br />

Prüfkörper K 2<br />

mit unbekanntem J 2<br />

J r r, h<br />

kg m2 kg<br />

m3 m


256<br />

Durch Division beider Gleichungen ergibt sich<br />

eine Gleichung für das unbekannte Trägheitsmoment<br />

J2, in der neben dem berechneten Trägheitsmoment<br />

J1 nur noch die Periodendauer T1<br />

und T2 steht, die man experimentell bestimmt.<br />

Aufgaben Nr. 629–630<br />

4.10.6 Das Schwerependel (Fadenpendel)<br />

Auch hier wird als Erstes untersucht, ob die Rückstellkraft<br />

FR der Auslenkung (hier dem Bogen s)<br />

proportional ist, denn nur dann gilt das lineare<br />

Kraftgesetz als Voraussetzung für eine harmonische<br />

Schwingung.<br />

Die Auslenkung s lässt sich aus der Pendellänge l<br />

und dem Winkel a bestimmen. Da für kleine<br />

Winkel (a < 14 ) der Arcus gleich dem Sinus<br />

gesetzt werden kann (arc a ¼ sin a),<br />

ist s ¼ l arc a ¼ l sin a und daraus sin a ¼ s=l.<br />

Die Rückstellkraft FR ist die Sinuskomponente der<br />

Gewichtskraft FG des Pendelkörpers. Sie ändert<br />

sich laufend mit dem Winkel a. Masse m, Fallbeschleunigung<br />

g und Pendellänge l sind für ein<br />

bestimmtes Pendel gleich bleibende Größen, d. h.<br />

es ist auch der Quotient mg=l eine Konstante. Sie<br />

ist die schon bekannte Richtgröße D:<br />

Auch für das Schwerependel gilt das lineare Kraftgesetz<br />

und es liegt eine harmonische Schwingung<br />

vor.<br />

Die Periodendauer T für das Schwerependel erhält<br />

man, wenn in die Gleichung für das Schraubenfederpendel<br />

T ¼ 2p ffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

m=R für die Federrate<br />

R ¼ Richtgröße D ¼ mg=l eingesetzt wird.<br />

T1 2<br />

J1<br />

¼<br />

T2<br />

2<br />

J1 þ J2<br />

T2<br />

J2 ¼ J1<br />

2 T1 2<br />

T1 2<br />

h<br />

y<br />

FG cos α<br />

l<br />

α<br />

F G<br />

s<br />

α<br />

F R = F<br />

G<br />

sin α<br />

αmax<br />

FR ¼ FG sin a ¼ mgsin a<br />

sin a ¼ s<br />

eingesetzt ergibt<br />

l<br />

FR ¼ mgsin a ¼ mg<br />

s<br />

l<br />

FR ¼ Ds D ¼ mg<br />

l<br />

FR D s, l m g<br />

N N<br />

m<br />

m kg m<br />

s 2<br />

Einschränkung: Die Auslenkung muss klein<br />

sein. Allerdings beträgt der Fehler bei<br />

a ¼ 14 nur ca. 1%.<br />

rffiffiffiffi<br />

rffiffiffiffi<br />

sffiffiffiffiffiffi<br />

m m ml<br />

T ¼ 2p ¼ 2p ¼ 2p<br />

R D mg<br />

4 Dynamik<br />

v 0


4.10 Mechanische Schwingungen 257<br />

Beim Schwerependel ist die Periodendauer T<br />

unabhängig von der Amplitude s und von der<br />

Masse m des Pendelkörpers.<br />

Am selben Ort, also bei gleicher Fallbeschleunigung<br />

g, verhalten sich die Quadrate der Periodendauer<br />

verschiedener Pendel wie ihre Pendellängen l.<br />

Aufgaben Nr. 631–633<br />

4.10.7 Schwingung einer Flüssigkeitssäule<br />

In Ruhe steht die Flüssigkeit in Höhe der Nulllinie<br />

0–0. Hebt man z. B. durch Ansaugen die Flüssigkeitssäule<br />

auf der einen Seite um die Höhe h,muss<br />

sie auf der anderen Seite um den gleichen Betrag<br />

sinken.<br />

Die Rückstellkraft FR ist die resultierende Gewichtskraft<br />

FG der überstehenden Flüssigkeitssäule<br />

mit dem Volumen V ¼ A 2h.<br />

Fläche A, Dichte r und Fallbeschleunigung g sind<br />

konstante Größen, die man wieder zu einer Richtgröße<br />

D zusammenfassen kann. Damit ist nachgewiesen,<br />

dass auch bei der schwingenden Flüssigkeitssäule<br />

im U-Rohr die Rückstellkraft FR der<br />

Auslenkung h proportional ist.<br />

Für die schwingende Flüssigkeitssäule gilt das<br />

lineare Kraftgesetz und damit die Gesetzmäßigkeit<br />

der harmonischen Schwingung.<br />

Die Periodendauer T für die schwingende Flüssigkeitssäule<br />

erhält man wieder, indem in die Gleichung<br />

für pdas<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffi Schraubenfederpendel<br />

T ¼ 2p<br />

m=R<br />

für die Federrate<br />

R ¼ Richtgröße D ¼ 2Arg eingesetzt wird.<br />

Außerdem wird für die Masse m ¼ Vr ¼ Alr eingesetzt.<br />

Dann gilt:<br />

sffiffiffiffi<br />

l<br />

T ¼ 2p<br />

g<br />

T1 2<br />

l1<br />

¼<br />

T2<br />

2<br />

l2<br />

h<br />

0<br />

2h<br />

Rohrquerschnitt A<br />

l<br />

h<br />

FR ¼ FG ¼ Vrg ¼ A 2hrg<br />

D ¼ 2Arg FR ¼ Dh<br />

rffiffiffiffi<br />

rffiffiffiffi<br />

m m<br />

T ¼ 2p ¼ 2p<br />

R D<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Alr<br />

T ¼ 2p<br />

2Arg<br />

T l g<br />

s m m<br />

s2 FR D A r g h<br />

N N<br />

m m2 kg<br />

m 3<br />

0<br />

m<br />

m<br />

s2


258<br />

Die Periodendauer T ist unabhängig von der<br />

Amplitude h und von der Masse m ðDichte rÞ<br />

der Flüssigkeit.<br />

Ein Vergleich mit der Gleichung für die Periodendauer<br />

des Schwerependels zeigt, dass die<br />

Periodendauer Tf der Flüssigkeitssäule mit der<br />

Periodendauer TS eines Schwerependels übereinstimmt,<br />

dessen Länge ls gleich der halben Länge l<br />

der Flüssigkeitssäule ist.<br />

sffiffiffiffiffi<br />

l<br />

T ¼ 2p<br />

2g<br />

Aufgaben Nr. 634<br />

4.10.8 Analogiebetrachtung zum Schraubenfederpendel, Torsionsfederpendel,<br />

Schwerependel und zur schwingenden Flüssigkeitssäule<br />

Physikalische Größe<br />

Federrate R<br />

(Richtgröße D)<br />

Rückstellkraft FR und<br />

Rückstellmoment MR<br />

Schrauben-<br />

Federpendel<br />

R ¼ d4 G<br />

8Dm 3 if<br />

rffiffiffiffi<br />

m<br />

Periodendauer T T ¼ 2p<br />

R<br />

Torsionsfederpendel<br />

R ¼ IpG<br />

l ¼ pd4 G<br />

32 l<br />

G ¼ Schubmodul, d ¼ Draht- oder Stabdurchmesser, Dm ¼ mittlerer Windungsdurchmesser, if ¼ Anzahl der<br />

Windungen, l ¼ Pendellänge, s ¼ Auslenkung des Pendelkörpers, h ¼ Auslenkung der Flüssigkeitssäule,<br />

Ip ¼ polares Flächenmoment 2. Grades nach Tabelle 5.2 (Seite 311), J ¼ Trägheitsmoment nach Tabelle 4.5<br />

(Seite 235)<br />

4.10.9 Dämpfung, Energiezufuhr, erzwungene Schwingung, Resonanz<br />

4.10.9.1 Dämpfung<br />

Durch die Gleitreibung in den Gelenken und Führungen,<br />

durch Luft- oder Flüssigkeitsreibung wird<br />

die Bewegung eines schwingenden Körpers gebremst.<br />

Neben dieser „äußeren“ Reibung steht die<br />

„innere“, die Reibung der Teilchen im Körper<br />

selbst. Ergebnis: Die Schwingung wird gedämpft.<br />

y<br />

Schwerependel<br />

a<br />

b<br />

D ¼ mg<br />

l<br />

A<br />

wird kleiner<br />

T<br />

bleibt erhalten<br />

Schwingende<br />

Flüssigkeitssäule<br />

D ¼ 2Arg<br />

FR ¼ Ry MR ¼ R Dj FR ¼ Ds FR ¼ Dh<br />

rffiffiffi<br />

J<br />

T ¼ 2p<br />

R<br />

sffiffiffiffi<br />

l<br />

T ¼ 2p<br />

g<br />

T l g<br />

s m m<br />

s2 4 Dynamik<br />

sffiffiffiffiffi<br />

l<br />

T ¼ 2p<br />

2g<br />

Auslenkung-Zeit-Diagramm für ungedämpfte<br />

(a) und gedämpfte Schwingung (b)<br />

t


4.10 Mechanische Schwingungen 259<br />

4.10.9.2 Energieminderung durch Dämpfung<br />

Durch die Reibung wird dem schwingenden Körper<br />

Energie in Form von Reibungsarbeit entzogen<br />

(siehe 4.5.4, Seite 206). Beispiel Schwerependel:<br />

Der Pendelkörper schwingt nicht bis zur Ausgangshöhe<br />

zurück, die Amplitude verringert sich von A<br />

auf A1, der Winkel von a auf a1 und die abgeführte<br />

Reibungsarbeit WR entspricht der Höhendifferenz<br />

Dh, was mit dem Energieerhaltungssatz (siehe<br />

4.7.5, Seite 221) nachgewiesen werden kann.<br />

Was für das Schwerependel gilt, kann bei allen<br />

Schwingungsvorgängen beobachtet werden:<br />

Durch Dämpfung wird die Amplitude A jeder<br />

mechanischen Schwingung immer kleiner, weil<br />

sich die Energie des Schwingers laufend um<br />

die Reibungsarbeit WR vermindert.<br />

Soll die Dämpfung überwunden werden, muss<br />

dem schwingenden System dauernd Energie zugeführt<br />

werden.<br />

Aufgabe Nr. 635<br />

4.10.9.3 Energiezufuhr<br />

Ursache jeder Dämpfung ist die dauernde Energieumwandlung<br />

in Reibungsarbeit. Den umgewandelten<br />

Energiebetrag muss man immer wieder ersetzen,<br />

wenn die Amplitude unverändert bleiben oder<br />

der Schwingungsvorgang überhaupt in Gang gehalten<br />

werden soll. Das kann z. B. durch periodisches<br />

Anstoßen des Schwingers geschehen, aber<br />

im richtigen Augenblick, damit der Schwingungsvorgang<br />

nicht gestört wird.<br />

Die Energiezufuhr wird daher am besten durch die<br />

Eigenschwingung des schwingenden Systems gesteuert.<br />

Das nennt man Selbststeuerung oder<br />

Rückkopplung, wie z. B. bei der Pendeluhr durch<br />

Anker und Steigrad. Das Steigrad wird durch die<br />

Uhrfeder angetrieben, ruckt bei jeder Pendelschwingung<br />

um einen Zahn weiter und gibt dabei<br />

einen Energiebetrag über den Anker an das Pendel<br />

ab (Arbeit wird zugeführt).<br />

m<br />

A<br />

α α 1<br />

WE ¼ WA Wab<br />

A 1<br />

Δh<br />

h<br />

Wab ¼ WA WE<br />

Wab ¼ mgh mgðh DhÞ<br />

Wab ¼ mgDh ¼ Reibungsarbeit WR<br />

Anker<br />

Steigrad<br />

Pendel<br />

BE


260<br />

Die Frequenz des periodisch wirkenden äußeren<br />

Erregers heißt Erregerfrequenz f, die Frequenz des<br />

Schwingers nach einmaligem Anstoßen ist die Eigenfrequenz<br />

f0.<br />

4.10.9.4 Die erzwungene Schwingung und Resonanz<br />

Der Erreger (Oszillator) 1) , z. B. Motor mit Exzenter<br />

zwingt der Schraubenfeder mit dem anhängenden<br />

Körper der Masse m, dem Resonator 2)<br />

Schwingungen mit der Erregerfrequenz f auf. Dabei<br />

soll die Masse des Resonators klein sein gegenüber<br />

der Masse des Erregers, damit die<br />

Schwingungen des Resonators nicht auf den Erreger<br />

zurückwirken.<br />

Wählt man zunächst die Frequenz f der erzwungenen<br />

Schwingung sehr klein gegenüber der Frequenz<br />

f0 der Eigenschwingung, macht der Resonator<br />

genau die Bewegung der Führungsstange mit.<br />

Mit wachsender Erregerfrequenz f werden die Amplituden<br />

des Resonators immer größer.<br />

Die Erregerschwingung läuft der Eigenschwingung<br />

etwa um eine Viertelperiode voraus. Bei fehlender<br />

Dämpfung würden dann die Amplituden<br />

des Resonators unendlich groß und das System<br />

würde zerstört werden. Das sind die in der Technik<br />

gefürchteten Resonanzkatastrophen, z. B. bei Brücken,<br />

Schiffen, Maschinenfundamenten.<br />

Wächst die Erregerfrequenz f weiter (f > f0), werden<br />

die Amplituden des Resonators wieder kleiner,<br />

die Bewegung wird ungeordnet, bis schließlich ein<br />

kaum merkliches Zittern die kleinsten Amplituden<br />

anzeigt.<br />

m<br />

Schnur<br />

Erreger<br />

(Oszillator)<br />

Führungsstange<br />

Mitschwinger<br />

(Resonator)<br />

1) Oszillator: Gerät zur Erzeugung von Schwingungen<br />

2) Resonator: Körper, der vom Erreger zum Schwingen angeregt wird (Mitschwinger)<br />

n e<br />

4 Dynamik<br />

Beachte: Kleine Frequenz f heißt geringe Anzahl<br />

Schwingungen je Sekunde.<br />

Bei f < f0 bewegen sich Führungsstange und<br />

Mitschwinger (Resonator) fast wie ein starrer<br />

Körper.<br />

Die Amplitude des Resonators wird umso<br />

größer, je mehr sich die Erregerfrequenz f der<br />

Eigenfrequenz f0 des Mitschwingers nähert<br />

(unterkritischer Bereich).<br />

Bei Resonanz (f ¼ f0) wird die Amplitude am<br />

größten (kritischer Bereich).<br />

Im überkritischen Bereich (f > f0) verringert<br />

sich die Amplitude mit zunehmender Erregerfrequenz.


4.10 Mechanische Schwingungen 261<br />

4.10.9.5 Das Amplituden-Frequenz-Diagramm<br />

Ûber der Erregerfrequenz f (als Vielfaches der Eigenfrequenz<br />

f0) ist die Vergrößerungszahl VZ als<br />

Verhältnis der Amplitude der erzwungenen<br />

Schwingung zur Amplitude des Erregers aufgetragen.<br />

Kurve a gilt für die dämpfungsfreie Schwingung,<br />

Kurve b für schwache, Kurve c für stärkere<br />

und Kurve d für sehr starke Dämpfung des Resonators.<br />

Man erkennt, dass das Maximum mit zunehmender<br />

Dämpfung nach links rückt, also zu<br />

Frequenzen f < f0.<br />

Die bei f ¼ f0 auftretende Resonanz ist im Maschinenbau<br />

von größter Bedeutung. Vor allem bei<br />

Kraft- und Arbeitsmaschinen und Getrieben mit<br />

schnell laufenden Wellen zeigen sich durch kleine<br />

Ungleichförmigkeiten Schwingungen, die etwa die<br />

Frequenz der Drehzahl (oder eines Vielfachen davon)<br />

haben. Stimmt die Frequenz f eines Antriebsmotors<br />

mit der Eigenfrequenz f0 der umlaufenden<br />

Teile eines Getriebes überein, kann es zu Resonanzschwingungen<br />

mit großer Amplitude kommen,<br />

die zerstörende Wirkung haben. Die Resonanzdrehzahl<br />

einer Maschine heißt kritische<br />

Drehzahl, die möglichst schnell durchfahren werden<br />

muss, d. h. man muss möglichst im über- oder<br />

im unterkritischen Drehzahlbereich arbeiten, um<br />

Bruch oder auch nur Verminderung der Lebensdauer<br />

zu vermeiden.<br />

Aufgaben Nr. 636–637<br />

V z<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

d<br />

c<br />

a<br />

b<br />

f=f0 Resonanzstelle<br />

f=2f 0<br />

Erregerfrequenz f<br />

Beispiel:<br />

Die Gehäuseteile eines großen Walzwerkgetriebes<br />

sind durch Passstifte miteinander<br />

verbunden. Diese lösen sich durch Schwingungen:<br />

das Getriebe fällt aus, die Produktion<br />

steht vorübergehend still.


262<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Formelzeichen und Einheiten 1)<br />

A mm2 ,cm2 ,m2 Fläche, AM Momentenfläche<br />

a mm Abstand<br />

b mm Stabbreite<br />

R<br />

N N<br />

,<br />

mm m<br />

Federrate<br />

d mm Stabdurchmesser<br />

d0 mm ursprünglicher Stabdurchmesser<br />

d1 mm Durchmesser des geschlagenen Nietes ¼ Nietlochdurchmesser<br />

Dd mm Durchmesserabnahme oder -zunahme<br />

E<br />

N<br />

mm2 Elastizitätsmodul<br />

e1 mm Entfernung der neutralen Faser von der Druckfaser<br />

e2 mm Entfernung der neutralen Faser von der Zugfaser<br />

F N Kraft, Belastung, Last, Tragkraft<br />

F 0 N<br />

m<br />

Belastung der Längeneinheit, Streckenlast<br />

FK N Knickkraft (nach Euler)<br />

f mm Durchbiegung<br />

G<br />

N<br />

mm2 Schubmodul<br />

H mm Gesamthöhe eines Querschnitts<br />

h mm Höhe allgemein, Stabhöhe<br />

I mm4 ,cm4 axiales Flächenmoment 2. Grades<br />

Ia, Ix, Iy mm4 auf die Achse a, x oder y bezogenes Flächenmoment 2. Grades<br />

Ip mm4 polares Flächenmoment 2. Grades<br />

Ixy mm4 Zentrifugal- oder Fliehmoment<br />

II, III mm4 Hauptflächenmoment 2. Grades<br />

Is mm4 Flächenmoment 2. Grades, bezogen auf die Schwerachse des<br />

Querschnitts<br />

i mm Trägheitsradius<br />

l (L) mm Stablänge nach der Dehnung oder Stauchung<br />

l0 (L0) mm ursprüngliche Stablänge (Ursprungslänge)<br />

Dl mm Längenzunahme oder -abnahme<br />

lr km Reißlänge<br />

M Nmm, Nm Drehmoment, Moment einer Kraft, Kraftmoment<br />

Mb Nmm, Nm Biegemoment<br />

MT Nmm, Nm Torsionsmoment<br />

n<br />

1<br />

1<br />

¼ min<br />

min<br />

Drehzahl<br />

1) siehe Fußnote Seite 1


Formelzeichen und Einheiten 263<br />

P W, kW Leistung<br />

p<br />

N<br />

mm2 Flächenpressung<br />

r mm Radius<br />

v 1 Sicherheit gegen Knicken<br />

s mm Stabdicke, Blechdicke<br />

V mm3 ,m3 Volumen<br />

W Nm ¼ J ¼ Ws Arbeit, Formänderungsarbeit<br />

W mm3 axiales Widerstandsmoment<br />

Wx, Wy mm3 auf die x- oder y-Achse bezogenes Widerstandsmoment<br />

Wp mm3 polares Widerstandsmoment für Kreis- und Kreisringquerschnitt<br />

Wt mm3 Widerstandsmoment bei Torsion nicht kreisförmiger Querschnitte<br />

al<br />

1 1<br />

¼<br />

K C<br />

Längenausdehnungskoeffizient<br />

a0 1 Anstrengungsverhältnis<br />

d % Bruchdehnung, Bruchstauchung<br />

e 1 Dehnung, Stauchung, e ¼ Dl<br />

eq 1 Querdehnung, eq ¼ Dd<br />

J C<br />

d0<br />

Temperatur in Grad Celsius (1 C ¼ 1K)<br />

DT K, C Temperaturdifferenz<br />

l 1 Schlankheitsgrad<br />

l0 1 Grenzschlankheitsgrad (untere Grenze)<br />

m 1 Poisson-Zahl, m ¼ eq<br />

e<br />

v 1 Sicherheit, allgemein bei Festigkeitsuntersuchungen<br />

r mm Biegeradius, Krümmungsradius der elastischen Linie<br />

s Normalspannung allgemein<br />

(Druck, Zug, Biegung, Knickung)<br />

Rm (sB) Zugfestigkeit<br />

sb<br />

Biegespannung<br />

Druckspannung<br />

sd<br />

sE<br />

sK<br />

sl<br />

sP<br />

Rp 0,2<br />

sz |fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

N<br />

mm 2<br />

Spannung an der<br />

Elastizitätsgrenze<br />

Knickspannung<br />

Lochleibungsdruck<br />

Spannung an der<br />

Proportionalitätsgrenze<br />

Re (sS) Streckgrenze<br />

0,2-Dehngrenze<br />

Zugspannung<br />

l0<br />

szul<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

zulässige Normalspannung<br />

(sb zul, sdzul, sKzul, sz zul)<br />

sEntwurf Entwurfsspannung<br />

t Schubspannung allgemein,<br />

Tangentialspannung<br />

N (Schub, Abscheren, Torsion)<br />

ta<br />

mm2 Abscherspannung, ta ¼ F<br />

A<br />

ts<br />

Schubspannung, ts ¼ c F<br />

A<br />

tt<br />

Torsionsspannung<br />

j rad Biege- oder Verdrehwinkel


264<br />

5.1 Grundbegriffe<br />

5.1.1 Die Aufgabe der Festigkeitslehre<br />

Man betrachtet die technische Zeichnung einer<br />

Getriebewelle. Sie enthält sämtliche zur Herstellung<br />

nötigen Maße. Beispielsweise sieht man sofort,<br />

dass der linke Lagerzapfen 30 mm Durchmesser<br />

und 16 mm Länge haben soll. Wie ist der<br />

Konstrukteur, der die Welle entworfen hat, gerade<br />

auf diese Maße gekommen? Es soll seinen Ûberlegungen<br />

bei der Gestaltung der Welle einmal nachgegangen<br />

werden.<br />

Der Konstrukteur kennt das Drehmoment M, das<br />

von der Welle übertragen werden soll. Mit Hilfe<br />

der statischen Gleichgewichtsbedingungen werden<br />

sämtliche an der Welle angreifenden Kräfte ermittelt.<br />

Das sind die am Zahn angreifenden Umfangskräfte<br />

Fu und Radialkräfte Fr sowie die an den Lagerzapfen<br />

angreifenden Stützkräfte FA und FB mit<br />

den Komponenten FAy, FAz und FBy, FBz. Damit<br />

ist die Belastung der Welle bekannt. Nach einer<br />

Reihe gegebener Bedingungen werden die Abstände<br />

l, l1, l2 festgelegt. Der Werkstoff wird gewählt.<br />

Von diesem sind die wichtigsten Festigkeitswerte<br />

aus Tabellen oder Diagrammen greifbar. Jetzt beginnen<br />

die Ûberlegungen der Festigkeitslehre.<br />

5 Festigkeitslehre<br />

<strong>Technische</strong> Zeichnung einer Getriebewelle<br />

Belastungsskizze einer Getriebewelle<br />

Fu1, Fu2 Umfangskräfte, Fr1, Fr2 Radialkräfte,<br />

FAy, FAz, FBy, FBz Komponenten der Stützkräfte<br />

FA, FB, M Drehmoment


5.1 Grundbegriffe 265<br />

Die Welle darf nicht brechen. Sie darf sich aber<br />

auch nicht derart stark verformen (durchbiegen,<br />

verdrehen), dass das Getriebe klemmt oder durch<br />

starken Verschleiß vorzeitig unbrauchbar wird,<br />

z. B. durch eine unzulässig hohe Kantenpressung<br />

in den Lagern. Kantenpressung im Lager infolge der Durchbiegung<br />

Die „von außen“ auf ein Bauteil einwirkenden<br />

Kräfte wie beispielsweise die Umfangskräfte am<br />

Zahnrad, die Stützkräfte in den Lagern und die Gewichtskräfte<br />

nennt man äußere Kräfte. Sie rufen<br />

im Werkstoffgefüge die inneren Kräfte hervor, die<br />

dem Bruch und der Verformung des Bauteils entgegenwirken.<br />

Bevor die Maße für ein Bauteil festgelegt<br />

werden können, müssen Betrag, Richtung<br />

und Richtungssinn der inneren Kräfte bekannt<br />

sein, z. B. die inneren Kräfte im Querschnitt x –x<br />

eines Zahnrades oder eines Hebezeugträgers. Øußere Kräfte rufen innere Kräfte hervor<br />

5.1.2 Das Schnittverfahren zur Bestimmung des inneren Kräftesystems<br />

Die erste und wichtigste Arbeit beim Lösen einer Aufgabe aus dem Bereich der Festigkeitslehre<br />

ist die Beantwortung der Frage, welche inneren Kräfte die Bauteile zu übertragen haben.<br />

Denn von der Art des „inneren Kräftesystems“ hängt es ab, mit welchen Festigkeitsgleichungen<br />

gearbeitet werden muss. Aus der Statik ist bekannt, dass eine Kraft nur dann eindeutig<br />

bestimmt ist, wenn ihr Betrag (z. B. 150 N), ihre Richtung (z. B. waagerecht, senkrecht, in<br />

Richtung der x-Achse) und ihr Richtungssinn (z. B. Druckkraft, Zugkraft) festgelegt worden<br />

ist. Das gilt auch für innere Kräfte. Das Verfahren, mit dem die drei Bestimmungsstücke für<br />

jede innere Kraft ermittelt werden, heißt Schnittverfahren. Es wird an einem einfachen Beispiel<br />

Schritt für Schritt vorgeführt.<br />

Das stabförmige Bauteil mit der Querschnittsfläche<br />

A wird durch die Federkräfte F ¼ 50 N belastet<br />

(äußere Kräfte). Der Stab befindet sich im<br />

Gleichgewicht, das heißt, die beiden Zugkräfte<br />

sind gleich groß (von gleichem Betrag). Sie wirken<br />

auf einer gemeinsamen Wirklinie und sind entgegengesetzt<br />

gerichtet.<br />

a<br />

F = 50 N<br />

b<br />

I<br />

Zugfederbelasteter Rundstab (a),<br />

freigemacht (b)<br />

x<br />

x<br />

A<br />

II<br />

F = 50 N


266<br />

Man denkt sich den Stab an der (beliebigen) Stelle<br />

x –x quer zur Stabachse durchgeschnitten. So entstehen<br />

die beiden Teilstücke I und II. Der Werkstoffzusammenhang<br />

ist damit aufgehoben und eine<br />

Kraftübertragung vom Schnittufer I zum Schnittufer<br />

II nicht mehr möglich: Die beiden Teilstücke<br />

werden durch die äußeren Kräfte nach links und<br />

rechts gerissen.<br />

Im Schnittflächenschwerpunkt SP wird nun eine<br />

Normalkraft FN angebracht, die den Restkörper<br />

wieder ins Gleichgewicht zurückversetzt. Damit<br />

ist diejenige innere Kraft gefunden, die von der<br />

Querschnittsfläche (kurz: Schnittfläche) im unbeschädigten<br />

Zustand übertragen wurde.<br />

Den Betrag der von einem Schnittufer zu übertragenden<br />

inneren Kraft liefern die rechnerischen<br />

Gleichgewichtsbedingungen aus der Statik: Für jedes<br />

Stabteil muss die Summe aller Kräfte gleich<br />

null sein (Kraftmomente wirken hier nicht).<br />

Schnittverfahren:<br />

Im Schnittflächenschwerpunkt SP werden diejenigen<br />

Kräfte und Kraftmomente angebracht,<br />

die den „abgeschnittenen“ Teilkörper in das<br />

Gleichgewicht zurückversetzen. Diese inneren<br />

Kräfte und Kraftmomente hat der Querschnitt<br />

zu übertragen.<br />

5.1.3 Spannung und Beanspruchung<br />

Es wird angenommen, dass mit dem Schnittverfahren<br />

die innere Kraft, die ein Zugstab aufzunehmen<br />

hat, mit FN ¼ 300 N gefunden wurde.<br />

Damit ist noch unklar, ob diese innere Kraft den<br />

Werkstoff stark oder weniger stark „beansprucht“.<br />

Das hängt offenbar davon ab, wie viele<br />

Flächenteilchen an der Kraftübertragung beteiligt<br />

sind, z. B. 60 mm2 oder nur 6 mm2 . Als Maß für<br />

die Höhe der Beanspruchung des Werkstoffes<br />

bietet sich diejenige innere Kraft an, die von der<br />

Flächeneinheit übertragen werden muss, z. B.<br />

von 1 mm2 oder von 1 cm2 .<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Zugfederbelasteter Rundstab getrennt in<br />

Teilstücke I und II und mit inneren Kräften<br />

versehen.<br />

für Teilstück I: für Teilstück II:<br />

F þ FN ¼ 0 FN þ F ¼ 0<br />

FN ¼ F ¼ 50 N FN ¼ F ¼ 50 N<br />

Ergebnis des Schnittverfahrens im Beispiel:<br />

Die untersuchte Querschnittsfläche hat eine in<br />

Normalenrichtung auf die Schnittfläche wirkende<br />

innere Kraft FN ¼ 50 N zu übertragen.<br />

Beachte: Normalkräfte FN stehen rechtwinklig<br />

auf der Schnittfläche, Querkräfte Fq dagegen<br />

liegen in der Schnittfläche.<br />

Nach dem Wechselwirkungsgesetz (Aktion<br />

¼ Reaktion) von Newton müssen die inneren<br />

Kräfte und Kraftmomente beider Schnittufer<br />

gleich groß sein (von gleichem Betrag), jedoch<br />

entgegengesetzten Richtungssinn haben.<br />

Spannung als innere Kraft je Flächeneinheit;<br />

wegen der einfacheren Rechnung wurde ein<br />

Rechteckquerschnitt gewählt.<br />

Beachte: Der Werkstoff wird durch innere<br />

Kräfte beansprucht, derKörper wird durch<br />

äußere Kräfte belastet.


5.1 Grundbegriffe 267<br />

Wird vorausgesetzt, dass jedes Flächenteilchen<br />

eines Querschnitts gleichmäßig an der Kraftübertragung<br />

beteiligt ist, dann ist der Quotient aus<br />

der inneren Kraft (z. B. FN ¼ 300 N) und der<br />

Querschnittsfläche (z. B. A ¼ 6mm 2 ) ein Maß für<br />

die Beanspruchung des Werkstoffs.<br />

Der Quotient aus innerer Kraft und der an der<br />

Kraftübertragung beteiligten Fläche heißt Spannung.<br />

Die Einheit der Spannung muss ebenfalls<br />

der Quotient aus einer Krafteinheit (z. B. Newton)<br />

und einer Flächeneinheit (z. B. mm 2 ) sein:<br />

Die Spannung ist vorstellbar als die pro Flächeneinheit<br />

vom Werkstoff aufzunehmende Kraft.<br />

Einheit der Spannung ist der Quotient aus einer<br />

gesetzlichen Krafteinheit und einer gesetzlichen<br />

Flächeneinheit.<br />

Statt Spannung sagt man auch „mechanische“<br />

Spannung.<br />

Ûbung: Der Kreisquerschnitt eines Stahlstabes<br />

von 3 mm Durchmesser hat eine innere Kraft<br />

FN ¼ 50 N zu übertragen. Es soll die Beanspruchung<br />

des Werkstoffs bestimmt werden.<br />

Die Rechnung zeigt, dass jeder Quadratmillimeter<br />

eine innere Kraft von 7,07 N zu übertragen hat.<br />

Beispiel:<br />

Mit FN ¼ 300 N und A ¼ 6mm 2 beträgt das<br />

Maß für die Beanspruchung des Werkstoffs<br />

50 N/mm 2 . Mit anderen Worten: Jeder Quadratmillimeter<br />

des Querschnitts überträgt<br />

eine Kraft von 50 N.<br />

Man sagt: „Die Spannung beträgt 50 Newton<br />

pro Quadratmillimeter“.<br />

innere Kraft<br />

Spannung ¼<br />

Querschnittsfläche<br />

Einheit der Spannung ¼ N<br />

mm 2<br />

Hinweis: In der Festigkeitslehre wird als<br />

Einheit der mechanischen Spannung das<br />

„Newton pro Quadratmillimeter“ verwendet.<br />

Lösung: Bei d ¼ 3 mm Durchmesser beträgt<br />

die Querschnittsfläche<br />

A ¼ pd2 pð3 mmÞ2<br />

¼ ¼ 7,069 mm<br />

4 4<br />

2<br />

Damit ergibt sich die zu übertragende<br />

Spannung ¼ FN<br />

A ¼<br />

50 N<br />

N<br />

¼ 7,07<br />

7,069 mm2 mm2 5.1.4 Die beiden Spannungsarten (Normalspannung s und Schubspannung t)<br />

Nicht immer liegt die Wirklinie der äußeren Kraft<br />

in der Stabachse, sie kann auch rechtwinklig<br />

(quer) zur Stabachse liegen. Die entsprechenden<br />

inneren Kräfte erhalten daher unterschiedliche Bezeichnungen:<br />

Steht eine innere Kraft in Normalrichtung auf<br />

dem Querschnitt A, dann heißt sie<br />

Normalkraft FN,<br />

liegt die innere Kraft dagegen im Querschnitt A,<br />

dann nennt man sie<br />

Querkraft Fq.<br />

F N<br />

Normalkraft FN<br />

A<br />

F N<br />

F q<br />

Querkraft Fq<br />

F q<br />

A


268<br />

Die beiden inneren Kräfte, die Normalkraft FN<br />

und die Querkraft Fq, stehen rechtwinklig aufeinander,<br />

also auch die aus ihnen zu berechnenden<br />

Spannungen. Es sind daher zwei Spannungsarten<br />

zu unterscheiden.<br />

Wird die Spannung aus einer inneren Normalkraft<br />

FN berechnet, dann heißt sie Normalspannung und<br />

wird mit dem griechischen Buchstaben s (Sigma)<br />

bezeichnet. Wie die Normalkraft FN muss auch die<br />

von ihr herrührende Normalspannung rechtwinklig<br />

auf dem Querschnitt stehen. Spannungen dieser Art<br />

treten als Zugspannung z. B. in Kettengliedern, als<br />

Druckspannung z. B. in Pleuelstangen auf.<br />

Die Normalspannung s, hervorgerufen durch<br />

die Normalkraft FN, steht rechtwinklig auf der<br />

Querschnittsfläche. 1mm 2<br />

Wird die Spannung aus einer inneren Querkraft Fq<br />

berechnet, dann heißt sie Schubspannung und wird<br />

mit dem griechischen Buchstaben t (Tau) bezeichnet.<br />

Wie die Querkraft Fq muss auch die von ihr<br />

herrührende Schubspannung in der Querschnittsfläche<br />

liegen. Spannungen dieser Art treten als Abscherspannung<br />

z. B. in Scherstiften auf.<br />

Die Schubspannung t, hervorgerufen durch die<br />

Querkraft Fq, liegt in der Querschittsfläche.<br />

5.1.5 Die fünf Grundbeanspruchungsarten<br />

1mm 2<br />

Normalspannung σ = FN<br />

A<br />

N<br />

mm2 in<br />

A Querschnittsfläche in mm 2<br />

Schubspannung τ =<br />

F Normalkraft in N<br />

N<br />

( zum Schnitt)<br />

Fq<br />

A<br />

N<br />

mm2 in<br />

A Querschnittsfläche in mm 2<br />

F Querkraft in N<br />

q<br />

( zum Schnitt)<br />

Am stabförmigen Bauteil lassen sich die Beanspruchungsarten am einfachsten erkennen.<br />

Dazu wird das Schnittverfahren (siehe 5.1.2) eingesetzt.<br />

Die Berechnungsgleichungen in den gerasterten Rechtecken werden später hergeleitet.<br />

5.1.5.1 Zugbeanspruchung (Zug)<br />

Die äußeren Kräfte ziehen in Richtung der Stabachse.<br />

Sie versuchen, die beiden Schnittufer I und<br />

II voneinander zu entfernen: Der Stab wird verlängert<br />

(gedehnt). Die innere Kraft FN steht rechtwinklich<br />

auf der Schnittfläche, es entsteht die Normalspannung<br />

sz (Zugspannung).<br />

F<br />

A<br />

Stabachse<br />

5 Festigkeitslehre<br />

sz = FN<br />

N<br />

in<br />

A mm2 Beispiele für Zugbeanspruchung:<br />

Seile, Ketten, Zuganker, Turbinenschaufeln<br />

und Luftschrauben infolge der Fliehkräfte,<br />

Zugstäbe in Fachwerkträgern.<br />

F


5.1 Grundbegriffe 269<br />

5.1.5.2 Druckbeanspruchung (Druck)<br />

Die äußeren Kräfte drücken in Richtung der Stabachse.<br />

Sie versuchen, die beiden Schnittufer einander<br />

näher zu bringen: Der Stab wird verkürzt. Die<br />

innere Kraft FN steht normal (rechtwinklig) zur<br />

Schnittfläche, es entsteht wieder eine Normalspannung<br />

sd (Druckspannung). Bei schlanken Stäben<br />

besteht die Gefahr des „Ausknickens“. Diese Beanspruchungsart<br />

wird als Sonderfall Knickung behandelt<br />

(5.10, Seite 351).<br />

Die Beanspruchung der Berührungsflächen von<br />

zwei aufeinander gepressten Bauteilen heißt<br />

Flächenpressung (5.5, Seite 288).<br />

5.1.5.3 Abscherbeanspruchung (Abscheren)<br />

Beim Scherschneiden wirken zwei gleich große<br />

gegensinnige Kräfte F auf leicht versetzten parallelen<br />

Wirklinien quer zur Stabachse. Sie versuchen,<br />

die beiden Schnittufer parallel zueinander<br />

zu verschieben. Das entstehende Kräftepaar<br />

wird erst in Abschnitt 5.6.1 (Seite 295) in die<br />

Untersuchung einbezogen. Im Schnittufer bewirkt<br />

die innere Querkraft Fq ¼ F die Schubspannung<br />

t. Zur Kennzeichnung der Beanspruchungsart<br />

heißt sie Abscherspannung ta.<br />

5.1.5.4 Biegebeanspruchung (Biegen)<br />

Die äußeren Kräfte ergeben zwei Kräftepaare, die<br />

im Gleichgewicht stehen. Die beiden Kräftepaare<br />

wirken in einer durch die Stabachse verlaufenden<br />

Ebene und versuchen die Schnittufer gegeneinander<br />

schräg zu stellen: Der Stab wird gebogen.<br />

Da das innere Kraftmoment, das Biegemoment<br />

Mb, in einer Ebene rechtwinklig zur Schnittfläche<br />

wirkt, entsteht die Normalspannung s (Biegespannung<br />

sb ¼ Zug- und Druckspannung).<br />

In den Gleichungen sb ¼ Mb=W und tt ¼ MT=Wp<br />

erscheinen die Größen W und Wp. Sie heißen Widerstandsmomente<br />

und werden in einem besonderen<br />

Abschnitt (5.7, Seite 303) behandelt.<br />

F<br />

A<br />

Stabachse<br />

sd = FN<br />

N<br />

in<br />

A mm2 F F<br />

Stabachse ausgeknickt<br />

F<br />

E p2<br />

sK =<br />

l2<br />

Beispiele für Druckbeanspruchung:<br />

Kolbenstangen, Druckspindeln, Säulen,<br />

Lochstempel, Nähmaschinennadeln, Knickstäbe<br />

im Stahlhochbau und Kranbau.<br />

Stabachse<br />

Schneidspalt u<br />

beim Scherschneiden<br />

ta =<br />

F<br />

Fq<br />

N<br />

in<br />

A mm2<br />

F A<br />

Beispiel für Abscherbeanspruchung:<br />

In gescherten (Scherschneiden) und<br />

gestanzten Werkstücken, in Nieten,<br />

Schrauben, Bolzen, Schweißnähten.<br />

M b<br />

F F<br />

F Stabachse<br />

F<br />

sb = Mb<br />

N<br />

in<br />

W mm2<br />

M b<br />

Beispiele für Biegebeanspruchung:<br />

Biegeträger im Stahlhochbau und Kranbau,<br />

Wellen, Achsen, Drehmaschinenbetten,<br />

Spindeln von Arbeitsmaschinen, Kranhaken.


270<br />

5.1.5.5. Torsionsbeanspruchung (Torsion, Verdrehung)<br />

Die äußeren Kräfte ergeben zwei Kräftepaare, die<br />

im Gleichgewicht stehen. Die beiden Kräftepaare<br />

wirken in zwei rechtwinklig (quer) zur Stabachse<br />

stehenden Ebenen und versuchen, die Schnittufer<br />

gegeneinander zu verdrehen: Der Stab wird verdreht<br />

(tordiert).<br />

Da das innere Kraftmoment, das Torsionsmoment<br />

MT, in der Schnittfläche wirkt, entsteht die Schubspannung<br />

t (Torsionsspannung tt).<br />

5.1.5.6 Kurzzeichen für Spannung und Beanspruchung<br />

Aus dem Kurzzeichen für die Spannung (s oder t) sz<br />

erkennt man, ob es sich um eine rechtwinklig (in<br />

Normalenrichtung) auf dem Querschnitt stehende<br />

sz zul<br />

Normalspannung (Kurzzeichen s) oder um eine sd<br />

im Querschnitt liegende Schubspannung (Kurzzei- sd zul<br />

chen t) handelt.<br />

Die Beanspruchungsart, also Zugbeanspruchung,<br />

Druckbeanspruchung, Abscherbeanspruchung,<br />

sb<br />

sb zul<br />

Biegebeanspruchung und Torsionsbeanspruchung ta<br />

wird mit einem Index gekennzeichnet.<br />

ta zul<br />

Eine Einführung in den Begriff der zulässigen<br />

Spannung steht im Abschnitt 5.12 (Seite 375).<br />

Vorläufig wird die zulässige Spannung für alle<br />

Festigkeitsaufgaben gegeben (siehe „Aufgabensammlung<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong>“).<br />

tt<br />

tt zul<br />

5.1.6 Die zusammengesetzte Beanspruchung<br />

Die meisten Bauteile werden durch die äußeren<br />

Kräfte so beansprucht, dass mehrere der vorstehenden<br />

Grundbeanspruchungsarten gleichzeitig auftreten.<br />

Kraftrichtungen mit beliebigem Winkel zur<br />

Stabachse ergeben immer zusammengesetzte Beanspruchung.<br />

Auch hierbei gibt das Schnittverfahren<br />

Aufschluss.<br />

Im beliebigen Schnitt x –x müssen zur Herstellung<br />

des Gleichgewichts am abgetrennten Stabteil die<br />

inneren Kräfte FN und Fq sowie das Biegemoment<br />

Mb angebracht werden. Der Vergleich mit den fünf<br />

Grundbeanspruchungsarten ergibt Zug-, Abscherund<br />

Biegebeanspruchung.<br />

F<br />

F<br />

MT Stabachse<br />

tt = MT<br />

N<br />

in<br />

Wp<br />

mm2<br />

F<br />

F<br />

M T<br />

Beispiele für Torsionsbeanspruchung:<br />

Getriebewellen, Torsionsstabfedern,<br />

Schraubenfedern, Schrauben, Kurbelwellen<br />

Zugspannung<br />

zulässige Zugspannung<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Druckspannung<br />

zulässige Druckspannung<br />

Biegespannung<br />

zulässige Biegespannung<br />

Abscherspannung<br />

zulässige Abscherspannung<br />

Torsionsspannung<br />

zulässige Torsionsspannung<br />

Zusammengesetzte Beanspruchung durch<br />

eine schräg zur Stabachse wirkende Einzelkraft<br />

F


5.1 Grundbegriffe 271<br />

5.1.7 Bestimmen des inneren ebenen Kräftesystems (Schnittverfahren) und der<br />

Beanspruchungsarten<br />

Für die fünf Grundbeanspruchungsarten Zug,<br />

Druck, Abscheren, Biegung und Torsion gelten<br />

einfache Gleichungen, die später gründlich entwickelt<br />

werden. Jetzt geht es darum, Sicherheit im<br />

Erkennen der Beanspruchungsarten zu gewinnen,<br />

die bei den verschiedenartigen Belastungen in den<br />

Bauteilen entstehen. Den Schlüssel zum Verständnis<br />

liefert immer das Schnittverfahren. Dazu ist es<br />

erforderlich, die folgenden Ûbungen gewissenhaft<br />

durchzuarbeiten.<br />

Die Ûbungen eignen sich sehr gut zur Gruppenarbeit:<br />

Jede Gruppe erarbeitet eine Ûbung oder einen<br />

Ûbungsschritt.<br />

Zur Einführung in das Schnittverfahren wird das<br />

allgemeine innere Kräftesystem untersucht.<br />

5.1.7.1 Das allgemeine innere Kräftesystem<br />

Im allgemeinen Fall kann der Querschnitt eines<br />

Bauteils das folgende innere Kräftesystem zu übertragen<br />

haben:<br />

eine normal auf der Schnittfläche stehende innere<br />

Kraft FN, sie erzeugt die Normalspannung s (Zugoder<br />

Druckspannung sz, sd);<br />

eine in der Schnittfläche liegende innere Kraft Fq<br />

(Komponenten Fqx, Fqy), sie erzeugt die Schubspannung<br />

t;<br />

ein normal auf der Schnittfläche wirkendes Biegemoment<br />

Mb (Komponenten Mbx, Mby), es erzeugt<br />

die Normalspannung s (Biegespannung sb);<br />

ein in der Schnittfläche liegendes Torsionsmoment<br />

MT, es erzeugt die Schubspannung t (Torsionsspannung<br />

tt).<br />

Zugbeanspruchung:<br />

sz ¼ FN<br />

A ¼<br />

Normalkraft<br />

Querschnittsfläche<br />

Druckbeanspruchung:<br />

sd ¼ FN<br />

A ¼<br />

Normalkraft<br />

Querschnittsfläche<br />

Biegebeanspruchung:<br />

sb ¼ Mb<br />

W ¼<br />

Biegemoment<br />

axiales Widerstandsmoment<br />

Abscherbeanspruchung:<br />

ta ¼ Fq<br />

A ¼<br />

Querkraft<br />

Querschnittsfläche<br />

Torsionsbeanspruchung:<br />

Torsionsmoment<br />

¼<br />

polares Widerstandsmoment<br />

tt ¼ MT<br />

Wp<br />

z<br />

x<br />

M<br />

F<br />

F qx<br />

F qy<br />

y<br />

y<br />

M = M<br />

y by<br />

M = M<br />

z T<br />

F N<br />

x<br />

M = M<br />

x bx<br />

Das allgemeine innere Kräftesystem<br />

In nicht leicht durchschaubaren Fällen (z. B. Kurbelwelle) ist es zweckmäßig, diese vier statischen<br />

Größen in der Schnittfläche anzubringen und mit den Gleichgewichtsbedingungen am<br />

„abgeschnittenen“ Bauteil die inneren Kräfte und Momente zu bestimmen.<br />

Meist wird es genügen, wenn durch Hinzufügen von inneren Kräften und Kraftmomenten das<br />

abgeschnittene Bauteil Schritt für Schritt ins Gleichgewicht gesetzt wird. Dafür stehen die folgenden<br />

Ûbungen.<br />

z


272<br />

Da diese Ûbungen eine der wichtigsten Grundaufgaben der Festigkeitslehre erfassen, geht man<br />

nach einem Arbeitsplan vor. In jedem Fall müssen zuerst die äußeren Kräfte und Kraftmomente<br />

mit den Gesetzen der Statik bestimmt werden.<br />

5.1.7.2 Arbeitsplan zur Bestimmung des inneren Kräftesystems<br />

und der Beanspruchungarten<br />

Øußere Kräfte und Kraftmomente mit Hilfe der statischen Gleichgewichts- 1. Schritt<br />

bedingungen bestimmen (zeichnerisch oder rechnerisch).<br />

Bauteil durch einen Schnitt quer zur Stabachse an der Stelle schneiden, deren 2. Schritt<br />

Beanspruchung untersucht werden soll.<br />

In den Schnitt Normalkraft FN, Querkraft Fq und Kraftmomente Mb und MT 3. Schritt<br />

so einzeichnen, dass der Restkörper wieder im Gleichgewicht steht.<br />

Beträge der inneren Kräfte und Kraftmomente mit Hilfe der rechnerischen 4. Schritt<br />

Gleichgewichtsbedingungen bestimmen.<br />

Beanspruchungsarten durch Vergleich des inneren Kräftesystems mit den 5. Schritt<br />

Angaben im Abschnitt 5.1.5 festlegen.<br />

Spannungen nach Abschnitt 5.1.7 berechnen. 6. Schritt<br />

Aufgaben Nr. 651–656<br />

5.1.7.3 Ûbungen zum Schnittverfahren<br />

1. Ûbung: Durch die Last F wird ein Seil (Kette,<br />

Draht) belastet. Man macht das Seil frei und zerlegt<br />

es durch den Schnitt x –x in Teil I und II. Der<br />

betrachtete Restkörper ist wieder im Gleichgewicht,<br />

wenn man im Schnitt die normal (rechtwinklig)<br />

zur Schnittfläche wirkende innere Kraft<br />

FN ¼ F ¼ 4000 N anbringt (SFy ¼ 0). Der Vergleich<br />

mit den Angaben im Abschnitt 5.1.5 ergibt,<br />

dass Zugbeanspruchung vorliegt. Es tritt die Normalspannung<br />

sz (Zugspannung) auf. Ihr Betrag<br />

wird bestimmt durch die Zug-Hauptgleichung<br />

sz ¼ FN=A. Inneres Kräftesystem beim Seil<br />

5 Festigkeitslehre


5.1 Grundbegriffe 273<br />

2. Ûbung: Das innere Kräftesystem im Querschnitt<br />

x –x eines Stützträgers soll bestimmt<br />

werden. Zunächst müssen mit Hilfe der Gleichgewichtsbedingungen<br />

am Gesamtkörper die Stützkräfte<br />

FA und FB berechnet werden.<br />

Die Rechnung ergibt<br />

für die Stützkraft FA ¼ 20 kN ¼ 20 000 N<br />

für die Stützkraft FB ¼ 40 kN ¼ 40 000 N<br />

Stützträger, freigemacht<br />

SM ðAÞ ¼ 0 ¼ FB l Fl2<br />

FB ¼ F l2<br />

l<br />

4m<br />

¼ 60 kN ¼ 40 kN<br />

6m<br />

SFy ¼ 0 ¼ FA F þ FB<br />

FA ¼ F FB ¼ 20 kN<br />

Man sieht sich die Teilstücke an, und wählt zunächst<br />

Teil I. Soll sich der Restkörper I nicht mehr<br />

verschieben, muss im Schnitt eine nach unten wirkende<br />

innere Kraft Fq ¼ FA ¼ 20 000 N angebracht<br />

werden (SFy ¼ 0). Nun bilden Fq und FA<br />

jedoch ein Kräftepaar, das den Restkörper rechtsdrehend<br />

belastet. Folglich bringt man im Schnitt<br />

ein linksdrehendes, normal zur Fläche wirkendes<br />

Biegemoment Mb ¼ FAl1 ¼ 60 000 Nm an, das<br />

die Drehung verhindert (SM ðSPÞ ¼ 0).<br />

Auf diese Weise kann auch der Restkörper II untersucht<br />

werden. Stützbalken geschnitten und mit innerem<br />

Kräftesystem versehen. Die inneren Kräftesysteme<br />

in I und II sind gleich groß und<br />

entgegengesetzt gerichtet.<br />

Man erkennt:<br />

Waagerecht wirkende Kräfte sind nicht vorhanden.<br />

Die im Schnitt wirkende innere Kraft<br />

Fq ¼ 20 000 N ergibt nach Abschnitt 5.1.5 Abscherbeanspruchung<br />

mit Schubspannung ta (Abscherspannung).<br />

Ihr Betrag wird bestimmt durch<br />

die Abscher-Hauptgleichung ta ¼ Fq=A.<br />

Außer der inneren Querkraft Fq hat der Querschnitt<br />

noch ein Biegemoment Mb zu übertragen.<br />

Wie jedes Kraftmoment wird auch das Biegemoment<br />

Mb durch ein Kräftepaar erzeugt. Die Teilkräfte<br />

dieses Kräftepaares stehen hier normal zur<br />

Fläche und ergeben nach Abschnitt 5.1.5 Biegebeanspruchung<br />

mit der Normalspannung sb. Ihr<br />

Betrag wird bestimmt durch die Biege-Hauptgleichung<br />

sb ¼ Mb=W. Biegemoment und Kräftepaar


274<br />

3. Ûbung: Durch das Anziehen soll in der Schraubenspindel<br />

der skizzierten Schraubzwinge eine<br />

Längskraft F ¼ 3000 N entstehen. Diese Kraft<br />

wird die Schraubzwinge etwas aufweiten. Es soll<br />

für die willkürlich gelegten Schnitte x –x und y –y<br />

das innere Kräftesystem und die dort vorhandenen<br />

Beanspruchungsarten festgelegt werden.<br />

a) Schnitt x –x<br />

Die Kraft F würde Schnittteil I nach rechts verschieben.<br />

Daher muss man im Schnitt die innere<br />

Kraft Fq ¼ F ¼ 3000 N anbringen (SFx ¼ 0).<br />

Øußere Kraft F und innere Kraft Fq ergeben nun<br />

aber ein Kräftepaar, das den Körper mit dem<br />

rechtsdrehenden Kraftmoment<br />

M ¼ Fl1 ¼ 3000 N 0,2 m ¼ 600 Nm<br />

rechtsherum drehen würde. Gleichgewicht bringt<br />

erst das eingezeichnete linksdrehende Biegemoment<br />

Mb ¼ Fl1 ¼ 600 Nm (SM ðSPÞ ¼ 0). Damit<br />

liegen auch die Beanspruchungsarten fest.<br />

b) Schnitt y –y<br />

Zur Herstellung des Gleichgewichts am abgeschnittenen<br />

Bauteil II muss man im Schnitt die innere<br />

Normalkraft FN ¼ F ¼ 3000 N anbringen<br />

(SFx ¼ 0). Auch hier hat man dann ein Kräftepaar<br />

mit dem Kraftmoment Fl2, dem man mit dem eingezeichneten<br />

Biegemoment Mb ¼ Fl2 rechtsdrehend<br />

entgegenwirken muss (SM ðSPÞ ¼ 0). Damit<br />

liegen auch für diesen Schnitt die Beanspruchungsarten<br />

fest.<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Schraubzwinge mit äußerer Belastung F<br />

SFx ¼ 0 ¼ F Fq<br />

Fq ¼ F ¼ 3000 N<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ Fl1 þ Mb<br />

Mb ¼ Fl1 ¼ 600 Nm<br />

Inneres Kräftesystem<br />

am Teilstück I<br />

Beanspruchungsarten im Schnitt x –x:<br />

Abscherbeanspruchung durch die Querkraft<br />

Fq ¼ F ¼ 3000 N mit Abscherspannung<br />

ta ¼ Fq=A und Biegebeanspruchung durch<br />

das Biegemoment Mb ¼ Fl1 ¼ 600 Nm mit<br />

Biegespannung sb ¼ Mb=W.<br />

SFx ¼ 0 ¼ F þ FN<br />

FN ¼ F ¼ 3000 N<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ Fl2 Mb<br />

Mb ¼ Fl2 ¼ 900 Nm<br />

Inneres Kräftesystem am Teilstück II<br />

Beanspruchungsarten im Schnitt y –y:<br />

Zugbeanspruchung durch die Normalkraft<br />

FN ¼ F ¼ 3000 N mit Zugspannung<br />

sz ¼ FN=A und Biegebeanspruchung durch<br />

das Biegemoment Mb ¼ Fl2 ¼ 900 Nm mit<br />

Biegespannung sb ¼ Mb=W.


5.1 Grundbegriffe 275<br />

4. Ûbung: Nun zu einer recht schwierigen Aufgabe:<br />

Für die drei eingezeichneten Schnittstellen I,<br />

II, III einer Handkurbel sollen das innere Kräftesystem<br />

und die Beanspruchungsarten bestimmt<br />

werden. Gleiche oder ähnliche Probleme sind in<br />

der Praxis häufig. z. B. bei Kurbelwellen, bei<br />

Getriebewellen, überall dort, wo eine äußere Kraft<br />

drehend auf einen Körper wirkt.<br />

a) Schnittstelle I (Bolzen)<br />

Um das Gleichgewicht am abgeschnittenen Bolzen<br />

wieder herzustellen, muss man zunächst die<br />

innere Querkraft Fq ¼ F ¼ 200 N anbringen<br />

(SFy ¼ 0). Dadurch entsteht das aus Fq und F<br />

bestehende (rechtsdrehende) Kräftepaar.<br />

In gleicher Ebene wirkt das linksdrehende Biegemoment<br />

Mb ¼ 200 N 0,120 m ¼ 24 Nm. Es ergibt<br />

sich aus der Momentengleichgewichtsbedingung<br />

um den Schnittflächenschwerpunkt SP<br />

(SM ðSPÞ ¼ 0).<br />

Die Beanspruchungsarten mit der jeweiligen Spannung,<br />

hier Abscherspannung ta und Biegespannung<br />

sb, erhält man durch Vergleich mit den Angaben<br />

im Abschnitt 5.1.5, Seite 268.<br />

SFy ¼ 0 ¼ F þ Fq<br />

Fq ¼ F ¼ 200 N<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ Fl1 þ Mb<br />

Inneres<br />

Kräftesystem<br />

in der<br />

Schnittstelle I<br />

Mb ¼ Fl1 ¼ 200 N 0,12 m ¼ 24 Nm<br />

Beanspruchungsarten im Schnitt I:<br />

Abscherbeanspruchung durch die Querkraft<br />

Fq ¼ F ¼ 200 N mit Abscherspannung<br />

ta ¼ Fq=A und<br />

Biegebeanspruchung durch das Biegemoment<br />

Mb ¼ Fl1 ¼ 24 Nm mit Biegespannung<br />

sb ¼ Mb=W.


276<br />

b) Schnittstelle II (Kurbel)<br />

Bevor das innere Kräftesystem im Schnitt II des<br />

Kurbelarms bestimmt werden kann, muss man<br />

wissen, wie die Handkraft F in Bezug auf den<br />

Kurbelarm wirkt. Um das festzustellen, werden<br />

nach dem Parallelverschiebungssatz (siehe Statik)<br />

im Kurbelarmpunkt A zwei gleich große gegensinnige<br />

Kräfte F angebracht. Man erkennt, dass die<br />

Handkraft im Punkt A zweierlei bewirkt: zum<br />

einen die nach unten gerichtete Kraft F, zum anderen<br />

aber noch das dem Kräftepaar (zweifach gestrichene<br />

Kräfte) entsprechende (rechtsdrehende)<br />

Drehmoment M ¼ Fl0 1 ¼ 26 Nm.<br />

Mit diesem in A wirkenden Kräftesystem kann nun<br />

weitergearbeitet werden.<br />

Die in A angreifende Einzelkraft F ¼ 200 N und<br />

das um A drehende Drehmoment M ¼ 26 Nm sind<br />

dasjenige äußere Kräftesystem, dem man in der<br />

Querschnittsstelle II ein entsprechendes inneres<br />

Kräftesystem entgegensetzen muss.<br />

Der Kurbelarm soll sich weder verschieben noch<br />

soll er sich um seine Längsachse z –z verdrehen.<br />

Die Verschiebung kann ausgeschlossen werden,<br />

indem man im Schnitt die Querkraft<br />

Fq ¼ F ¼ 200 N anbringt (SFy ¼ 0).<br />

Dadurch entsteht ein Kräftepaar (aus F und FqÞ,<br />

dem man im Schnitt ein entsprechendes Moment entgegensetzen<br />

muss. Das kann nur das um die x-Achse<br />

drehende Biegemoment Mb ¼ Fl2 ¼ 40 Nm sein<br />

(SM ðSPÞ ¼ 0).<br />

Nun würde aber das äußere Drehmoment<br />

M ¼ 26 Nm den Kurbelarm um die z-Achse<br />

rechtsherum drehen. Folglich hat der Querschnitt<br />

noch das linksdrehende und in der Fläche liegende<br />

Torsionsmoment MT ¼ 26 Nm zu übertragen.<br />

Statt SM ðSPÞ ¼ 0 müsste man hier exakter<br />

SM ðz-AchseÞ ¼ 0 sagen.<br />

Die Beanspruchungsarten mit der zugehörigen<br />

Spannung erhält man wie gewohnt nach Abschnitt<br />

5.1.5.<br />

Kurbelarm mit Handkraft F und äußerem<br />

Kräftesystem in Punkt A<br />

Inneres Kräftesystem in der Schnittstelle II<br />

SFy ¼ 0 ¼ F þ Fq<br />

Fq ¼ F ¼ 200 N<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ Fl2 þ Mb<br />

Mb ¼ Fl2 ¼ 200 N 0,2 m ¼ 40 Nm<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ M þ MT<br />

MT ¼ M ¼ 26 Nm<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Beanspruchungsarten im Schnitt II:<br />

Abscherbeanspruchung durch die Querkraft<br />

Fq ¼ F ¼ 200 N mit Abscherspannung<br />

ta ¼ Fq=A und<br />

Biegebeanspruchung durch das Biegemoment<br />

Mb ¼ Fl2 ¼ 40 Nm mit Biegespannung<br />

sb ¼ Mb=W und<br />

Torsionsbeanspruchung durch das Torsionsmoment<br />

MT ¼ 26 Nm mit der Torsionsspannung<br />

tt ¼ MT=Wp.


5.1 Grundbegriffe 277<br />

c) Schnittstelle III (Kurbelwelle)<br />

Auch hier muss erst einmal festgestellt werden,<br />

welche Wirkung die Handkraft F auf den zu untersuchenden<br />

Körper ausübt. Dazu wird die Achse<br />

x –x der Welle bis zum Schnittpunkt B verlängert.<br />

Dort bringt man die beiden gleich großen gegensinnigen<br />

Kräfte F an.<br />

Man erhält in Bezug auf die x-Achse die äußere<br />

Kraft F ¼ 200 N und das dem gestrichenen Kräftepaar<br />

entsprechende (rechtsdrehende) Drehmoment<br />

M ¼ Fr ¼ 50 Nm.<br />

Mit diesem in Punkt B wirkenden Kräftesystem<br />

kann man weiterarbeiten.<br />

Schritt für Schritt wird nun der abgeschnittene<br />

Körper ins Gleichgewicht zurückversetzt:<br />

Zuerst bringt man eine nach oben gerichtete Querkraft<br />

Fq im Schnittflächenschwerpunkt an. Damit<br />

wird das Gleichgewicht in der x, y-Ebene wieder<br />

hergestellt (SFy ¼ 0).<br />

Nun ist aber das Kräftepaar F, Fq entstanden, das<br />

die Welle in der x, y-Ebene rechtsdrehend belastet.<br />

Folglich muss man als nächstes ein in gleicher Ebene<br />

wirkendes Kraftmoment im Schnitt anbringen, das<br />

linksdrehende Biegemoment Mb ¼ Fl4 ¼ 52 Nm<br />

(SMðSPÞ ¼ 0).<br />

Bis hierher ist gesichert, dass sich die Welle in<br />

der x, y-Ebene weder verschiebt noch dreht. Sie<br />

würde sich aber unter der Wirkung des Drehmomentes<br />

M um die x-Achse drehen (gegenüber<br />

dem Restteil der Welle). Das verhindert das in<br />

der Schnittebene liegende linksdrehende Torsionsmoment<br />

MT ¼ 50 Nm.<br />

Wie üblich erhält man die Beanspruchungsarten<br />

und die Spannungen nach Abschnitt 5.1.5.<br />

Handkurbel mit Handkraft F und äußerem<br />

Kräftesystem in Punkt B<br />

Inneres Kräftesystem in der Schnittstelle III<br />

SFy ¼ 0 ¼ F þ Fq<br />

Fq ¼ F ¼ 200 N<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ Fl4 þ Mb<br />

Mb ¼ Fl4 ¼ 200 N 0,26 m ¼ 52 Nm<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ M þ MT<br />

MT ¼ M ¼ 50 Nm<br />

Beanspruchungsarten im Schnitt III:<br />

Abscherbeanspruchung durch die Querkraft<br />

Fq ¼ 200 N mit Abscherspannung<br />

ta ¼ Fq=A,<br />

Biegebeanspruchung durch das Biegemoment<br />

Mb ¼ 52 Nm mit Biegespannung<br />

sb ¼ Mb=W und<br />

Torsionsbeanspruchung durch das Torsionsmoment<br />

MT ¼ 50 Nm mit der Torsionsspannung<br />

tt ¼ MT=Wp.


278<br />

5.2 Beanspruchung auf Zug<br />

5.2.1 Spannung<br />

Ein Stab von beliebiger, gleich bleibender Querschnittsfläche<br />

A wird durch die äußere Kraft F auf<br />

Zug beansprucht.<br />

Man legt einen Schnitt x –x quer (rechtwinklig)<br />

zur Stabachse. Das Gleichgewicht am linken Stabteil<br />

wird hergestellt durch die im Schnittflächenschwerpunkt<br />

SP angreifende innere Kraft FN<br />

normal zum Schnitt (Normalkraft). Die Gleichgewichtsbedingung<br />

SFx ¼ 0 ergibt FN ¼ F.<br />

Angenommen jedes Flächenteilchen des Querschnitts<br />

ist gleich stark an der Aufnahme der inneren<br />

Kraft beteiligt. Dann erhält man die Zugspannung<br />

sz einfach als Quotienten aus der<br />

Normalkraft FN und dem Flächeninhalt A der<br />

Querschnittsfläche.<br />

Damit wurde die Zug-Hauptgleichung gefunden,<br />

die für jede gerade vorliegende Aufgabe umgestellt<br />

werden kann.<br />

Ist der Querschnitt längs der Stabachse gleichbleibend,<br />

herrscht auch in jedem Schnitt die gleiche<br />

Spannung. Bei (allmählichen) Querschnittsänderungen<br />

gehört zum kleineren Querschnitt die<br />

größere Spannung und umgekehrt. Die im so genannten<br />

gefährdeten Querschnitt herrschende<br />

Spannung darf den festgelegten zulässigen Spannungswert<br />

nicht überschreiten.<br />

Gefährdet ist bei Zugbeanspruchung der Querschnitt<br />

mit der kleinsten Fläche.<br />

F<br />

F<br />

SP<br />

x<br />

x<br />

F N<br />

Zugbeanspruchter Stab<br />

F<br />

Querschnittsfläche A<br />

Normalkraft FN<br />

Zugspannung sz ¼<br />

Querschnittsfläche A<br />

sz ¼ FN<br />

A<br />

Zug-Hauptgleichung<br />

Je nach vorliegender Aufgabe wird die Zug-<br />

Hauptgleichung umgestellt:<br />

Aerf ¼ FN<br />

sz zul<br />

sz vorh ¼ FN<br />

A<br />

FN max ¼ A sz zul<br />

sz zul<br />

5 Festigkeitslehre<br />

sz FN A<br />

N<br />

N mm2<br />

mm2 erforderlicher<br />

Querschnitt<br />

vorhandene<br />

Spannung<br />

maximale<br />

Belastung<br />

5.2.2 Erkennen des gefährdeten Querschnitts in zugbeanspruchten Bauteilen<br />

Eine festigkeitstechnische Aufgabe kann nur dann richtig gelöst werden, wenn das zu untersuchende<br />

Bauteil richtig freigemacht und der gefährdete Querschnitt Agef richtig erkannt<br />

wird.<br />

Zur Ûbung wird das Aufsuchen des gefährdeten Querschnitts bei Zugbeanspruchung an einigen<br />

häufig vorkommenden Bauteilen erläutert.


5.2 Beanspruchung auf Zug 279<br />

5.2.2.1 Profilstäbe mit Querbohrung<br />

In ungeschwächten Profilstäben (Kreis-, Kreisring,<br />

Rechteck-, Winkel-, Doppel-T-Profile usw.) muss<br />

in jedem Querschnitt längs der Zugachse die gleiche<br />

Spannung herrschen, weil die Querschnittsfläche<br />

überall gleich groß ist. Querbohrungen oder<br />

Querschnittsminderungen anderer Art führen an<br />

dieser Stelle zur Spannungserhöhung. Dort liegt<br />

also auch der gefährdete Querschnitt Agef; für den<br />

man mit den gewählten Bezeichnungen für die<br />

geometrischen Größen (Durchmesser d, Breite b,<br />

Dicke s usw.) eine Gleichung schreiben kann, z. B.<br />

für den gefährdeten Querschnitt eines Flachstahls<br />

in der Form Agef ¼ bs ds ¼ sðb dÞ. Falsch<br />

wäre etwa Agef ¼ bs sd2p=4. 5.2.2.2 Zuglaschen<br />

Øndern sich bei Zugstäben Querschnittsform oder<br />

Flächeninhalt längs der Zugachse, so legt man<br />

einen Schnitt nach jeder Querschnittsänderung; in<br />

der skizzierten Zuglasche beispielsweise die<br />

Schnitte x –x und y –y. Erst der Vergleich der Flächeninhalte<br />

Ax, Ay lässt den gefährdeten Querschnitt<br />

erkennen; er liegt dort, wo der Flächeninhalt<br />

am kleinsten ist, denn nach sz ¼ FN=A<br />

gehört zum kleineren Querschnitt die größere<br />

Spannung und umgekehrt.<br />

5.2.2.3 Zugschrauben<br />

Auch für Schrauben gilt, dass der gefährdete Querschnitt<br />

dort liegt, wo sich der kleinste Flächeninhalt<br />

ergibt. Setzt man einen Schnitt im Gewindegrund<br />

eines Spitzgewindes an, dann endet dieser<br />

Schnitt auf der anderen Seite im Gewindegang,<br />

und die Form des Querschnitts weicht etwas von<br />

der Kreisform ab. Der so entstandene gefährdete<br />

Querschnitt heißt Spannungsquerschnitt AS. Erist<br />

für alle Befestigungsgewinde (Spitzgewinde) berechnet<br />

worden. Man kann ihn in mm 2 den Tabellen<br />

entnehmen (siehe Formelsammlung).<br />

A gef<br />

A gef<br />

∅ D<br />

∅ d<br />

∅d1<br />

s<br />

s<br />

∅d<br />

d<br />

b<br />

s<br />

A = A oder A<br />

gef x y<br />

A gef<br />

d<br />

b<br />

Agef ¼ Ax ¼ p<br />

4 d2<br />

dd1<br />

Agef ¼ Ax ¼ sðb dÞ<br />

Ax ¼ sðD dÞ<br />

Ay ¼ bs<br />

Agef ¼ Ax ¼ AS<br />

AS Spannungsquerschnitt<br />

Hinweis: Als gefährdeten Querschnitt bei<br />

Bewegungsgewinden (z. B. Trapezgewinde)<br />

nimmt man immer den Kernquerschnitt.


280<br />

5.2.2.4 Herabhängende Stäbe oder Seile<br />

Man denkt sich einen frei herabhängenden Stab<br />

der von unten nach oben fortschreitend durch die<br />

Schnitte x1 x1, x2 x2 usw. zerlegt ist, dann hat<br />

der jeweils höher liegende Schnitt eine größere<br />

Teilgewichtskraft FGx aufzunehmen. Das bedeutet,<br />

dass die Spannung an der Einspannstelle am größten<br />

ist. Dort liegt der gefährdete Querschnitt. Da<br />

die Belastung durch das Eigengewicht linear zunimmt,<br />

muss die Begrenzung der Spannungsverteilung<br />

eine Gerade sein. Trägt der Stab am unteren<br />

Ende noch die Last F, dann beträgt die<br />

Gesamtbelastung Fges ¼ F þ FG. Damit ist die<br />

maximale Spannung smax zu berechnen.<br />

Vielfach muss bei solchen Aufgaben die Gewichtskraft<br />

FG ¼ mg berechnet werden. Dazu ersetzt<br />

man die Gewichtskraft durch das Produkt aus dem<br />

Volumen V, der Dichte r des Stoffes und der Fallbeschleunigung<br />

g.<br />

5.2.2.5 Ketten<br />

Zur Vereinfachung werden Ketten entgegen den<br />

tatsächlichen komplizierteren Beanspruchungsverhältnissen<br />

(Biegung) nur auf Zug berechnet. Die<br />

Sicherheit im Hinblick auf die tatsächliche größte<br />

Beanspruchung eines Kettengliedes liegt in der<br />

behördlich vorgeschriebenen zulässigen Zugspannung.<br />

Bei den Rechnungen wird häufig vergessen, dass<br />

der Schnitt x –x zwei Rundstahlquerschnitte trifft.<br />

Aufgaben Nr. 661–694<br />

Agef ¼ Ax<br />

5.2.3 Elastische Formänderung (Hooke’sches Gesetz)<br />

Bei Belastung verändert ein Werkstück seine<br />

Form. Man unterscheidet „elastische“ und „plastische“<br />

Formänderung. Hier wird nur auf die elastische<br />

Formänderung eingegangen, bei der das<br />

Werkstück nach Entlastung seine ursprüngliche<br />

Form wieder annimmt.<br />

F þ FG<br />

smax ¼<br />

Ax<br />

Ax Querschnitt an der Einspannstelle<br />

FG ¼ Vrg FG ¼ mg<br />

FG V r m g<br />

kg m<br />

N ¼<br />

s2 m 3<br />

kg<br />

m 3<br />

kg m<br />

s 2<br />

Agef ¼ 2 p<br />

4 d2 ¼ p<br />

2 d2<br />

Das von Robert Hooke (engl. Physiker,<br />

1635 –1703) gefundene Gesetz ist das<br />

Grundgesetz für jede elastische Verformung<br />

fester Körper.<br />

Im Physik-Lehrbuch 1) wird ein Versuch zum<br />

Hooke’schen Gesetz beschrieben.<br />

1) A. <strong>Böge</strong>, J. Eichler: Physik: Grundlagen, Versuche, Aufgaben, Lösungen. Viewegþ Teubner, 2008<br />

Agef<br />

d<br />

5 Festigkeitslehre


5.2 Beanspruchung auf Zug 281<br />

5.2.3.1 Verlängerung Dl und Dehnung e<br />

Jeder auf Zug beanspruchte Körper (Gummifaden,<br />

Stahldraht, Zugstab eines Fachwerkes usw.) verlängert<br />

sich um einen bestimmten Betrag Dl. Hat<br />

der Körper im ungespannten Zustand die Ursprungslänge<br />

l0, im gespannten Zustand dagegen<br />

die Länge l, so ist seine Verlängerung Dl die Differenz<br />

von Länge l bei Belastung und Ursprungslänge<br />

l0.<br />

Es wird angenommen, ein Stahlstab von beliebiger<br />

Länge l0 verlängere sich bei einer bestimmten<br />

Zugspannung um 10 mm. Dann würde sich ein<br />

doppelt so langer Stab unter sonst gleichen Voraussetzungen<br />

um 20 mm verlängern. Je nach größerer<br />

oder kleinerer Ursprungslänge l0 wird also die Verlängerung<br />

Dl trotz gleicher Spannung größer oder<br />

kleiner. Um längenunabhängige Vergleichswerte<br />

für die Werkstoffbeurteilung zu erhalten, bezieht<br />

man die Verlängerung Dl auf die Ursprungslänge<br />

l0. Dieser Quotient aus Verlängerung Dl und Ursprungslänge<br />

l0 heißt Dehnung e.<br />

In der Werkstoffprüfung gibt man die Dehnung in<br />

Prozenten an. In Festigkeitsrechnungen dagegen<br />

darf nur mit der Dezimalzahl gerechnet werden.<br />

5.2.3.2 Querdehnung eq<br />

An einem Gummifaden erkennt man, dass er bei<br />

Belastung nicht nur länger, sondern auch dünner<br />

wird. Ebenso nimmt auch der Querschnitt eines auf<br />

Zug beanspruchten Metallstabs ab, wenn auch<br />

nicht mit bloßem Auge erkennbar.<br />

Jede Dehnung ist also mit einer Querschnittsminderung<br />

verbunden. Daher hat man entsprechend<br />

der Dehnung e die Querdehnung eq definiert,<br />

und zwar als Verhältnis von Dickenänderung<br />

Dd (entsprechend Dl) und Ursprungsdicke d0 (entsprechend<br />

l0).<br />

Als Verhältnis zweier Längen muss auch die Querdehnung<br />

eq die Einheit Eins erhalten.<br />

Dl ¼ l l0<br />

Stab ungespannt und gespannt<br />

Verlängerung Dl<br />

Dehnung e ¼<br />

Ursprungslänge l0<br />

e ¼ Dl<br />

l0<br />

l l0<br />

¼<br />

l0<br />

Beachte: Als Verhältnis zweier Längen<br />

(Verlängerung Dl und Ursprungslänge l0)ist<br />

die Dehnung e eine Verhältnisgröße mit der<br />

Einheit Eins.<br />

Beispiel: Ein Stab von 100 mm Länge verlängert<br />

sich bei einer bestimmten Belastung um<br />

10 mm. Dann beträgt die Dehnung<br />

e ¼ Dl 10 mm<br />

¼ ¼ 0,1 ð10 %Þ<br />

100 mm<br />

l0<br />

Querdehnung des Stabes<br />

Dickenänderung Dd<br />

Querdehnung eq ¼<br />

ursprüngliche Dicke d0<br />

eq ¼ Dd<br />

d0<br />

¼ d0 d<br />

d0<br />

e Dl, l0, l<br />

1 mm<br />

eq Dd, d0, d<br />

1 mm


282<br />

5.2.3.3 Poisson-Zahl m<br />

Für bestimmte Festigkeitsuntersuchungen ist es<br />

bequem, mit dem Verhältnis von Querdehnung eq<br />

und Dehnung e zu rechnen. Dieses Verhältnis bezeichnet<br />

man als Poisson-Zahl m. FürStahl wurde<br />

die Poisson-Zahl m ¼ 0,3 ermittelt; für Gusseisen<br />

ist m ¼ 0,25; für Gummi ist m ¼ 0,5.<br />

5.2.3.4 Das Hooke’sche Gesetz<br />

Für viele Festigkeitsrechnungen ist es wichtig, den<br />

Zusammenhang zwischen der Spannung s und der<br />

zugehörigen Dehnung e zu erkennen. Beim Ziehen<br />

eines Gummifadens sieht man, dass mit zunehmender<br />

Spannung s auch die Dehnung e (Verlängerung<br />

Dl) ansteigt. Versuche mit Probestäben<br />

(siehe Spannungs-Dehnungs-Diagramm, Seite<br />

375) zeigen, dass bei vielen Werkstoffen die Dehnung<br />

e mit der Spannung s im gleichen Verhältnis<br />

(proportional) wächst. Bei doppelter Spannung s<br />

zeigt sich dann auch die doppelte Dehnung e. Man<br />

kann auch sagen: Das Verhältnis von Spannung s<br />

und Dehnung e ist für jeden Werkstoff ein bestimmter,<br />

in den für die Praxis wichtigen Spannungsgrenzen<br />

gleich bleibender Wert, der Elastizitätsmodul<br />

E.<br />

Der Elastizitätsmodul (kurz: E-Modul) ist eine<br />

Werkstoffkonstante, die man selbst durch einfache<br />

Dehnversuche ermitteln kann. Im Physik-Lehrbuch<br />

ist ein solcher Versuch ausführlich beschrieben.<br />

Die Tabellen 5.8 und 5.9 (Seite 385) enthalten<br />

den E-Modul für die wichtigsten Werkstoffe.<br />

Dem Elastizitätsmodul E entspricht für Schubspannungen<br />

(Abscher- und Torsionsspannung) dem<br />

Schubmodul G (5.6.2, Seite 297).<br />

Querdehnung eq<br />

Poisson-Zahl m ¼<br />

Längsdehnung e<br />

m ¼ eq<br />

e<br />

Spannung s<br />

Elastizitätsmodul E ¼<br />

Dehnung e<br />

Umgestellt und für e ¼ Dl=l0 eingesetzt,<br />

ergibt sich die übliche Form:<br />

s ¼ eE ¼ Dl<br />

E<br />

l0<br />

Hooke’sches Gesetz<br />

Hinweis: Versuche mit druckbeanspruchten<br />

Stäben zeigen die gleichen Gesetzmäßigkeiten<br />

wie bei Zugbeanspruchung:<br />

Das Hooke’sche Gesetz gilt für Zug- und<br />

Druckbeanspruchung. Statt sz und sd<br />

schreibt man daher hier nur s.<br />

Beispiele:<br />

EStahl ¼ 210 000 N<br />

N<br />

¼ 2,1 105<br />

mm2 N<br />

EAlCuMg ¼ 0,72 10 5<br />

mm2 EGG26 ¼ 1,2 10 5<br />

N<br />

mm 2<br />

5 Festigkeitslehre<br />

s, E Dl, l0 e<br />

N<br />

mm 1<br />

mm2 mm 2<br />

Hinweis: Manchmal erscheint eine Aufgabe<br />

nur deshalb schwierig, weil man vergisst,<br />

dass der E-Modul schon bekannt ist<br />

(Tabelle 5.8).


5.2 Beanspruchung auf Zug 283<br />

Nach dem Hooke’schen Gesetz s ¼ eE muss der<br />

E-Modul die Einheit der Spannung haben<br />

(N/mm 2 ), denn die Dehnung e hat die Einheit<br />

Eins. Ûber das Hooke’sche Gesetz E ¼ s=e kann<br />

man den E-Modul auch als diejenige Spannung<br />

ansehen, die bei der Dehnung e ¼ 1 auftreten würde.<br />

Allerdings muss dabei beachtet werden, dass<br />

sich Metallstäbe nicht auf das Doppelte ihrer Ursprungslänge<br />

verlängern lassen und dass das<br />

Hooke’sche Gesetz nur im elastischen Bereich gilt<br />

(Spannungs-Dehnungs-Diagramm, Seite 375).<br />

5.2.3.5 Wärmespannung<br />

Alle Metallstäbe dehnen sich bei Erwärmung aus<br />

und ziehen sich bei Abkühlung wieder auf die Ursprungsgröße<br />

l0 zusammen. Die Verlängerung Dl<br />

(Verkürzung) des Stabes ist abhängig von der Ursprungslänge<br />

l0, von der Temperaturdifferenz<br />

DT ¼ J2 J1 vor und nach der Erwärmung (Abkühlung)<br />

und vom Längenausdehnungskoeffizienten<br />

al (siehe Physik-Lehrbuch).<br />

Wird ein Metallstab durch entsprechende Einspannungen<br />

an der Längenänderung gehindert, dann<br />

müssen Zug- oder Druckspannungen auftreten. Sie<br />

können mit Hilfe des Hooke’schen Gesetzes berechnet<br />

werden. Diese Normalspannungen heißen<br />

Wärmespannung sJ, weil die Temperatur allgemein<br />

mit dem griechischen Buchstaben Theta<br />

bezeichnet wird. Den Elastizitätsmodul E entnimmt<br />

man den Tabellen 5.8 und 5.9, Seite 385, den Längenausdehnungskoeffizienten<br />

al dem Handbuch<br />

Maschinenbau.<br />

5.2.3.6 Formänderungsarbeit Wf<br />

Im elastischen Bereich steigt die Belastung F von<br />

Zug- und Druckstäben proportional zur Längenänderung<br />

an. Dabei verrichtet die Kraft F auf dem<br />

Weg Dl (Verlängerung) eine mechanische Arbeit,<br />

die im Werkstoff gespeichert und bei Entlastung<br />

wieder vollständig frei wird. Man sagt: Der Körper<br />

„federt“.<br />

Das Kraft-Verlängerungs-Schaubild zeigt als Kraftlinie<br />

eine ansteigende Gerade. Die darunter liegende<br />

Fläche entspricht der mechanischen Arbeit.<br />

Beispiel:<br />

Angenommen, ein Probestab verlängert sich<br />

bei der Spannung sz ¼ 1000 N=mm 2 auf das<br />

Doppelte seiner Ursprungslänge. Dann wäre<br />

seine Dehnung e ¼ Dl=l0 ¼ 1 und damit<br />

E ¼ sz<br />

e<br />

¼ 1000<br />

1<br />

Dl ¼ l0 al DT<br />

N<br />

mm<br />

N<br />

¼ 1000 2 mm<br />

2 ¼ sz<br />

Hinweis: Für Stahl ist al St ¼ 12 10 6 1=K,<br />

das heißt, ein Stahlstab von 1 m Länge verändert<br />

sich bei Erwärmung um 1 K ¼ 1 Cum<br />

12 10 6 m ¼ 0,012 mm.<br />

sJ ¼ eE ¼ Dl<br />

E<br />

l0<br />

Hooke’sches Gesetz<br />

in allgemeiner Form<br />

Für die Verlängerung (Verkürzung) wird<br />

Dl ¼ l0 al DT eingesetzt:<br />

sJ ¼ l0 al DT<br />

l0<br />

E<br />

sJ ¼ al DT E<br />

Wärmespannung<br />

Beachte: Die Wärmespannung sJ ist unabhängig<br />

von den Abmessungen des Stabs.<br />

l 0<br />

Kraft<br />

Δl<br />

Δl<br />

W =<br />

f<br />

F Δl<br />

2<br />

Dl, l0 al DT<br />

F<br />

mm<br />

F<br />

Verlängerung<br />

1<br />

K<br />

Kraft-Verlängerung-Schaubild eines elastisch<br />

verlängerten Stabs.<br />

Beachte: Bei Zug- oder Druckfedern<br />

ohne Vorspannung ist die Arbeitsfläche<br />

ein Dreieck.<br />

K<br />

sJ, E al DT<br />

N<br />

mm 2<br />

1<br />

K K


284<br />

Mit Hilfe des Hooke’schen Gesetzes<br />

s ¼ eE ¼ DlE=l0 schreibt man für die Verlängerung<br />

s l0<br />

Dl ¼<br />

E :<br />

Für die Zugkraft F schreibt man mit der Zug-<br />

Hauptgleichung F ¼ s A.<br />

Dann ergibt sich mit Al0 ¼ Volumen V die übliche<br />

Form für Wf.<br />

Die Formänderungsarbeit Wf wird auch als Federarbeit<br />

bezeichnet. Als Einheit erhält man das<br />

Newtonmillimeter. Zur Umrechnung in J ¼ Nm<br />

dividiert man den Betrag durch 1000<br />

(1 mm ¼ 1/1000 m ¼10 3 m).<br />

5.2.4 Reißlänge<br />

Die Belastung frei hängender Seile z. B. in Förderanlagen<br />

setzt sich aus der Nutzlast und der<br />

Eigengewichtskraft des Seiles zusammen. Mit<br />

zunehmender Seillänge wird man infolge der<br />

ansteigenden Gewichtskraft FG des Seiles immer<br />

weniger Nutzlast anhängen dürfen, bis der gefährdete<br />

Querschnitt (Aufhängequerschnitt) nur noch<br />

die Seilgewichtskraft FG tragen kann.<br />

Wie das Bild zeigt, steigt die allein durch die Seilgewichtskraft<br />

verusachte Zugspannung sz linear<br />

mit der Länge an. Das zeigt auch die folgende Entwicklung<br />

(siehe 5.2.2.4, Seite 280).<br />

In der Zug-Hauptgleichung wird die Zugkraft F<br />

durch die Gewichtskraft FG ¼ mg ersetzt. Die<br />

Masse m des Seils ersetzt man durch das Produkt<br />

aus Dichte r und dem Volumen V, letzteres wieder<br />

durch das Produkt aus Querschnittsfläche A und<br />

Seillänge l.<br />

Nach der Gleichung sz ¼ rlgist die Zugspannung<br />

im Seil nicht vom Seildurchmesser abhängig.<br />

Wird in sz ¼ rlg statt der Zugspannung sz die<br />

Zugfestigkeit Rm für den Seilwerkstoff eingesetzt,<br />

so erhält man eine Gleichung für die so genannte<br />

Reißlänge l r, bei der das frei hängende Seil unter<br />

seiner Eigengewichtskraft reißt.<br />

Kraft F Verlängerung Dl<br />

Wf ¼<br />

2<br />

F Dl<br />

Wf ¼<br />

2<br />

s A s l0<br />

Wf ¼<br />

2E<br />

F Dl<br />

Wf ¼<br />

2 ¼ s2V 2E<br />

sz ¼ FG<br />

A<br />

sz ¼ rAlg<br />

¼ rlg<br />

A<br />

sz ¼ rlg<br />

Formänderungsarbeit<br />

FG ¼ mg ¼ rVg¼ rAlg<br />

Hinweis: Die Gleichung für sz zeigt, dass die<br />

Zugspannung gleichmäßig mit der Seillänge l<br />

nach oben hin ansteigt.<br />

sz ¼ rlg; sz ¼ Rm ; l ¼ l r<br />

l r ¼ Rm<br />

rg<br />

Reißlänge<br />

Wf F Dl s, E V<br />

Nmm ¼ 10 3 J N mm<br />

5 Festigkeitslehre<br />

N<br />

mm3<br />

mm2 Rm Zugfestigkeit (Seite 375)<br />

r Dichte<br />

g Fallbeschleunigung


5.3 Beanspruchung auf Druck 285<br />

Setzt man in die Größengleichung für die Reißlänge<br />

die Zugfestigkeit Rm in N/mm2 ein, die Dichte<br />

r in kg/m3 und die Fallbeschleunigung g in m/s2 ,<br />

dann muss bei der Ausrechnung die Flächeneinheit<br />

mm2 in m2 umgewandelt werden. Hierfür gilt<br />

1mm 2 ¼ð10 3 mÞ 2 ¼ 10 6 m 2 :<br />

Damit kann auch eine auf die Längeneinheit km<br />

zugeschnittene Zahlenwertgleichung entwickelt<br />

werden.<br />

Auch nach der Zahlenwertgleichung ist die Reißlänge<br />

eines Seils nicht vom Seildurchmesser oder<br />

vom Querschnitt A abhängig.<br />

Aufgaben Nr. 696–713<br />

5.3 Beanspruchung auf Druck<br />

Die äußeren Kräfte wirken hier entgegengesetzt<br />

wie bei der Zugbeanspruchung. Man kann sagen:<br />

Zug- und Druckbeanspruchung liegen spiegelbildlich<br />

zueinander, und die Gesetzmäßigkeiten<br />

sind von gleicher Art. Das gilt sowohl für die<br />

Spannungsart (Normalspannung) als auch für die<br />

Spannungsverteilung. Daher hat die Druck-Hauptgleichung<br />

die gleiche Form wie die Zug-Hauptgleichung.<br />

Grundsätzlich gilt auch für die Druckbeanspruchung:<br />

Bei gleich bleibendem Querschnitt herrscht in<br />

jedem Schnitt die gleiche Spannung.<br />

Bei Querschnittsänderungen tritt im kleineren<br />

Querschnitt die größere Spannung auf und umgekehrt.<br />

Die im gefährdeten Querschnitt vorhandene Spannung<br />

darf den festgelegten zulässigen Spannungsbetrag<br />

nicht überschreiten.<br />

Gefährdet ist der Querschnitt mit dem kleinsten<br />

Flächeninhalt (siehe auch Seite 278).<br />

Für die Formänderungsarbeit Wf gelten die Beziehungen<br />

von Seite 283.<br />

ðlrÞ ¼ ðRmÞ<br />

ðrÞðgÞ ¼<br />

N<br />

mm 2<br />

kg<br />

m 3<br />

m<br />

s 2<br />

¼ N m3 s 2<br />

mm 2 kg m<br />

kgm<br />

s<br />

ðlrÞ¼<br />

2<br />

m3 s 2<br />

10 6 m2 kg m ¼<br />

kg m4 s2 10 6 m2 kg m s2 ðlrÞ ¼10 6 m ¼ 10 3 km<br />

3 Rm<br />

lr ¼ 10<br />

rg<br />

Zahlenwertgleichung<br />

F<br />

F<br />

x<br />

x<br />

SP FN<br />

Rm siehe Seite 385<br />

A<br />

F<br />

Druckbeanspruchter<br />

Stab<br />

Normalkraft FN<br />

Druckspannung sd ¼<br />

Querschnittsfläche A<br />

sd ¼ FN<br />

A<br />

Druck-Hauptgleichung<br />

Je nach vorliegender Aufgabe wird die<br />

Druck-Hauptgleichung umgestellt:<br />

Aerf ¼ FN<br />

sdzul<br />

sd vorh ¼ FN<br />

A<br />

FN max ¼ Asdzul<br />

sdzul<br />

lr Rm r g<br />

km<br />

N<br />

mm 2<br />

kg<br />

m 3<br />

sd FN A<br />

erforderlicher<br />

Querschnitt<br />

vorhandene<br />

Spannung<br />

maximale<br />

Belastung<br />

m<br />

s 2<br />

N<br />

N mm2<br />

mm2


286<br />

5.4 Ûbungen zur Zug- und Druckbeanspruchung<br />

Hier wird die rechnerische Auswertung der bisher bekannten festigkeitstechnischen Beziehungen<br />

vorgeführt. Der Studierende wird vor allem lernen, welche Form seine Rechnungen haben<br />

müssen und nach welchem Konzept er technische Berechnungen aufbauen sollte.<br />

Die beiden folgenden Aufgaben sind von der gleichen Art, wie sie in dem Buch „Aufgabensammlung<br />

<strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong>“ zusammengestellt wurden.<br />

Die Lösungsgedanken stehen links, die numerische Rechnung in der rechten Spalte.<br />

1. Ûbung: Ein Stahldraht aus 20MnCr5 von 1 mm<br />

Durchmesser und 2 m Länge wird durch Zugbelastung<br />

um 4 mm verlängert.<br />

Zu bestimmen sind<br />

a) die Dehnung des Drahtes,<br />

b) die vorhandene Zugspannung,<br />

c) die Zugkraft.<br />

d) Es soll nachgewiesen werden, dass im Rechnungsbereich<br />

das Hooke’sche Gesetz tatsächlich<br />

noch gilt.<br />

Lösung:<br />

a) Da Ursprungslänge l0 und Verlängerung Dl gegeben<br />

sind, lässt sich die Dehnung e sofort berechnen<br />

(als Dezimalzahl und in %).<br />

b) Ist eine Formänderung im Spiel, hier die gegebene<br />

Verlängerung Dl, dann ist sicher, dass das<br />

Hooke’sche Gesetz gebraucht wird (sz ¼ eE oder<br />

auch in der Form sz ¼ Dl E=l0Þ. Daher hat man<br />

unter „Gegeben“ auch sofort den E-Modul aufgeschrieben.<br />

c) Die Zugkraft F lässt sich nun über die Zug-<br />

Hauptgleichung mit der vorher bestimmten Zugspannung<br />

berechnen. Allerdings: Das Ergebnis<br />

dieser Rechnung kann nur dann richtig sein, wenn<br />

sz vorh fehlerfrei bestimmt wurde. Auch für Teilrechnungen<br />

sollte man daher immer versuchen,<br />

eine Gleichung für die gesuchte Größe (hier Zugkraft<br />

F) zu entwickeln, in der rechts vom Gleichheitszeichen<br />

nur die gegebenen Ausgangsgrößen<br />

stehen. In diesem Sinn wäre auch die hier vorgeführte<br />

Kontrollrechnung noch nicht exakt, weil<br />

statt pd 2 =4 der schon berechnete Wert für den<br />

Querschnitt A ¼ 0,785 mm 2 eingesetzt wurde.<br />

Gegeben:<br />

A ¼ p<br />

4 d2 ¼ p<br />

4 ð1mmÞ2 ¼ 0,785 mm 2<br />

l0 ¼ 2m¼ 2 10 3 mm ; Dl ¼ 4mm<br />

EStahl ¼ 2,1 10 5<br />

N<br />

mm 2<br />

Gesucht:<br />

a) e b) sz vorh c) F<br />

d) Spannungsnachweis für Hooke<br />

e ¼ Dl<br />

¼<br />

l0<br />

4mm<br />

2 103 mm ¼ 2 10 3 ¼ 0,002<br />

e ¼ 2 10 3 100 % ¼ 2 10 1 % ¼ 0,2 %<br />

sz vorh ¼ FN<br />

A<br />

F<br />

¼ ) führt nicht weiter.<br />

A<br />

sz vorh ¼ eE ¼ 2 10 3 5 N<br />

2,1 10<br />

mm2 sz vorh ¼ 4,2 10 3 5 N<br />

10<br />

F ¼ sz vorh A ¼ 420 N<br />

F ¼ 329,7 N<br />

5 Festigkeitslehre<br />

N<br />

¼ 420<br />

mm2 0,785 mm2<br />

mm2 mm 2<br />

Kontrolle:<br />

sz ¼ Dl<br />

E sz ¼<br />

l0<br />

F<br />

A eingesetzt:<br />

F Dl<br />

¼ E ) nach F aufgelöst:<br />

A l0<br />

F ¼ DlEA<br />

l0<br />

4mm 2,1 10<br />

F ¼<br />

5 N<br />

0,785 mm2<br />

mm2 2 103 mm<br />

F ¼ 329,7 N ðwie obenÞ


5.4 Ûbungen zur Zug- und Druckbeanspruchung 287<br />

d) Nach Tabelle 5.8, Seite 385, beträgt die Rp0,2<br />

Dehngrenze für 20 MnCr5 850 N/mm 2 , d. h. bei<br />

dieser Spannung würde sich der Probestab um<br />

0,2 % bleibend gedehnt haben. Da die hier vorhandene<br />

Spannung (420 N/mm 2 ) weit unter dieser<br />

Dehngrenze 850 N/mm 2 liegt, durfte tatsächlich mit<br />

dem Hooke’schen Gesetz gerechnet werden.<br />

2. Ûbung: Ein Gummipuffer mit Kreisquerschnitt<br />

soll durch eine Druckkraft F ¼ 500 N von 30 mm<br />

auf 25 mm elastisch zusammengedrückt werden.<br />

Der E-Modul der verwendeten Gummisorte ist mit<br />

5 N/mm 2 angegeben.<br />

Zu bestimmen sind<br />

a) die Druckspannung im Gummipuffer,<br />

b) der erforderliche Pufferdurchmesser,<br />

c) die vom Puffer aufgenommene Formänderungsarbeit.<br />

Lösung:<br />

a) Man sollte sich künftig die Erkenntnisse aus der<br />

vorigen Aufgabe zunutze machen und grundsätzlich<br />

die entsprechende Hauptgleichung und das<br />

Hooke’sche Gesetz aufschreiben. Entweder führt<br />

dann eine der beiden Gleichungen direkt zum Ziel<br />

oder beide werden zu einer Gleichung für die gesuchte<br />

Größe entwickelt.<br />

b) Aus der Druck-Hauptgleichung und dem<br />

Hooke’schen Gesetz wird eine Gleichung für die<br />

gesuchte Größe (hier derf) entwickelt. Nur so erhält<br />

man eine „rechnergemäße“ Beziehung, die es ermöglicht,<br />

die gegenseitigen Abhängigkeiten aller<br />

Größen zu diskutieren. Beispielsweise ist zu erkennen,<br />

dass bei größerem E-Modul der erforderliche<br />

Durchmesser kleiner wird, denn E steht im Nenner<br />

der Funktionsgleichung d ¼ f ðF, l0, Dl, EÞ.<br />

c) Die aufgenommene Federarbeit Wf erhält man<br />

direkt aus den gegebenen Größen F und Dl (siehe<br />

Seite 284).<br />

Rp0,2 ¼ 850 N<br />

mm 2<br />

sz vorh ¼ 420 N<br />

< Rp0,2<br />

mm2 Gegeben:<br />

F ¼ 500 N<br />

l0 ¼ 30 mm 10Dl ¼ 5mm<br />

E ¼ 5 N<br />

mm2 Gesucht:<br />

a) sd vorh b) derf c) Wf<br />

sd vorh ¼ F<br />

¼ eE<br />

A<br />

sd vorh ¼ eE ¼ Dl<br />

l0<br />

sd vorh ¼ 0,83 N<br />

mm 2<br />

E ¼ 5mm<br />

30 mm<br />

sd vorh ¼ F Dl<br />

¼ E ; A ¼<br />

A l0<br />

p<br />

4 d2<br />

5 N<br />

mm 2<br />

A ¼ p<br />

4 d2 ¼ Fl0<br />

und daraus<br />

Dl E<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4Fl0 4 500 N 30 mm<br />

derf ¼ ¼<br />

pDlE<br />

p 5mm 5 N<br />

mm2 v<br />

u<br />

t<br />

derf ¼ 27,6 mm<br />

Wf ¼<br />

F Dl<br />

2<br />

500 N 5mm<br />

¼ ¼ 1250 Nmm<br />

2<br />

Wf ¼ 1,25 Nm ¼ 1,25 J


288<br />

5.5 Flächenpressung<br />

5.5.1 Begriff und Hauptgleichung<br />

Unter Flächenpressung p (auch: Pressung) versteht<br />

man die Beanspruchung in den Berührungsflächen<br />

(Oberflächen) zweier gegeneinander gedrückter<br />

Bauteile. Ursache jeder Flächenpressung ist eine<br />

Normalkraft FN, die häufig erst aus der beliebig<br />

gerichteten Kraft F bestimmt werden muss. Werden<br />

zwei ebene Flächen gegeneinander gepresst,<br />

dann gilt:<br />

Die Flächenpressung p ist der Quotient aus der<br />

Normalkraft FN und dem Flächeninhalt A der<br />

Berührungsfläche.<br />

Je nach vorliegender Aufgabe stellt man die<br />

Flächenpressungs-Hauptgleichung um.<br />

5.5.2 Flächenpressung an geneigten Flächen<br />

Im Maschinenbau und in der Feinwerktechnik<br />

stellt sich häufig die Aufgabe, die Flächenpressung<br />

auf geneigten ebenen Flächen zu bestimmen, wie<br />

beispielsweise zwischen den Gleitflächen einer<br />

Prismenführung.<br />

Der herausgeschnittene Teil der Gleitführung<br />

zeigt, dass das Prisma neben der Belastung<br />

F ¼ 800 N die Normalkräfte FN1 und FN2 aufzunehmen<br />

hat. Das zugehörige Krafteck bildet ein<br />

rechtwinkliges Dreieck, aus dem die Gleichungen<br />

für FN1 und FN2 abgelesen werden können.<br />

Sind die Flächeninhalte A1 und A2 der Gleitflächen<br />

bekannt, kann die Flächenpressung p1 und p2 berechnet<br />

werden.<br />

Flächenpressung<br />

ebener Flächen<br />

Normalkraft FN<br />

Flächenpressung p ¼<br />

Berührungsfläche A<br />

p ¼ FN<br />

A<br />

Flächenpressungs-<br />

Hauptgleichung<br />

Aerf ¼ FN<br />

pzul<br />

pvorh ¼ FN<br />

A<br />

FN max ¼ Apzul<br />

p1 ¼ FN1<br />

A1<br />

p2 ¼ FN2<br />

A2<br />

A2<br />

pzul<br />

5 Festigkeitslehre<br />

p FN A<br />

N<br />

N mm2<br />

mm2 erforderliche<br />

Berührungsfläche<br />

vorhandene<br />

Flächenpressung<br />

maximale<br />

Normalkraft<br />

F<br />

¼<br />

A1 cos a<br />

F tan a<br />

¼ ¼ 0,462 N<br />

mm2 ¼ 0,462 N<br />

mm 2


5.5 Flächenpressung 289<br />

Die Flächenpressung p1 auf der geneigten Gleitfläche<br />

A1 lässt sich bequemer nach folgender<br />

Ûberlegung berechnen:<br />

Im Nenner der Gleichung p1 ¼ F=ðA1 cos aÞ steht<br />

der Ausdruck A1 cos a. Das ist die Projektion der<br />

Berührungsfläche A1 auf die zur Wirklinie von F<br />

rechtwinklige Ebene. Daraus folgt: Man kann –<br />

ohne den Umweg über die Normalkraft – mit der<br />

Kraft F und der so genannten projizierten Berührungsfläche<br />

Aproj die Flächenpressung p berechnen.<br />

In Zweifelsfällen führt der Weg über das exakte<br />

Freimachen und das Bestimmen der Normalkräfte<br />

FN immer zum Ziel. Jedoch ist es in vielen praktischen<br />

Fällen einfacher, mit der projizierte Fläche<br />

zu rechnen. Typische technische Beispiele zeigen<br />

die folgenden Bilder.<br />

p ¼ F<br />

Aproj<br />

Typische techische Beispiele für die Verwendung der Gleichung p ¼ F=Aproj<br />

p F Aproj<br />

N<br />

N mm2<br />

mm2 Beachte: Aproj ist die Projektion der Berührungsfläche<br />

auf eine Ebene, die rechtwinklig<br />

zur Wirklinie der Belastung F steht.<br />

Beispielsweise ist beim Kegelzapfen Aproj<br />

eine Kreisringfläche, wie das folgende Bild<br />

zeigt.


290<br />

5.5.3 Flächenpressung am Gewinde<br />

Der Verschleiß an den Gewindegängen einer<br />

Schraubenverbindung ist von der Flächenpressung<br />

zwischen Mutter- und Bolzengewinde abhängig.<br />

Vor allem bei so genannten Bewegungsschrauben<br />

(Spindeln in Pressen, Leitspindeln in Drehmaschinen<br />

usw.) muss die Mutterhöhe m so groß gemacht<br />

werden, dass die zulässige Flächenpressung im<br />

Gewinde nicht überschritten wird.<br />

Für Bewegungsschrauben benutzt man hauptsächlich<br />

metrisches ISO-Trapezgewinde, seltener metrisches<br />

ISO-Gewinde. Für beide Formen gelten<br />

die im Bild eingetragenen Bezeichnungen.<br />

Zur Herleitung einer Gleichung für die erforderliche<br />

Mutterhöhe m geht man von der projizierten<br />

Fläche eines Gewindeganges aus (DAproj). Diese<br />

projizierte Fläche DAproj ist eine Kreisringfläche<br />

mit der Tragtiefe H1 als Ringbreite (siehe auch<br />

Bilder Seite 289).<br />

Die Anzahl der tragenden Gewindegänge i erhält<br />

man, wenn die Mutterhöhe m durch die Gewindesteigung<br />

P dividiert wird.<br />

Die gesamte projizierte Berührungsfläche Aproj<br />

zwischen Gewindebolzen und Mutter muss das<br />

Produkt aus DAproj und i sein. Damit erhält man<br />

eine Gleichung zur Berechnung der Flächenpressung<br />

p im Gewinde.<br />

Bei dieser Berechnung wird vorausgesetzt, dass<br />

alle beteiligten Gewindegänge gleichmäßig tragen.<br />

Tatsächlich werden die ersten Gänge stärker beansprucht.<br />

Zum Schluss wird die Flächepressungsgleichung<br />

zur Berechnung der erforderlichen Mutterhöhe<br />

merf umgestellt.<br />

Bezeichnungen am Trapezgewinde<br />

DAproj ¼ pd2 H1<br />

Mutterhöhe m<br />

i ¼<br />

Gewindesteigung P<br />

Aproj ¼ DAproj i ¼ pd2 H1 i ¼ pd2 H1<br />

p ¼ F<br />

¼<br />

Aproj<br />

FP<br />

pd2 H1 m pzul<br />

m<br />

P<br />

Flächenpressungsgleichung für Gewinde<br />

FP<br />

merf ¼<br />

pd2 H1 pzul<br />

m, P, d2, H1 F p<br />

mm N<br />

N<br />

mm2 5 Festigkeitslehre<br />

erforderliche<br />

Mutterhöhe


5.5 Flächenpressung 291<br />

5.5.4 Flächenpressung in Gleitlagern, Niet- und Bolzenverbindungen<br />

Schwieriger als bei ebenen Flächen sind die Pressungsverhältnisse<br />

an der Oberfläche eines Lagerzapfens,<br />

eines Bolzens oder eines Nietes. Die Flächenpressung<br />

ist in Belastungsrichtung am größten<br />

(pmax) und nimmt nach den Seiten hin bis auf null<br />

ab. Der Maximalwert pmax müsste eingesetzt werden,<br />

wenn z. B. für ein Gleitlager die erforderliche<br />

Lagerlänge l bestimmt werden soll. Beziehungen<br />

zur Berechnung von pmax hat Hertz aufgestellt<br />

(Hertz’sche Gleichungen, siehe Seite 292). Diese<br />

Gleichungen sind nicht einfach aufgebaut. Deshalb<br />

arbeitet man bei der Berechnung von Gleitlagerabmessungen<br />

sowie bei Niet- oder Bolzenverbindungen<br />

nicht mit den Hertz’schen Gleichungen,<br />

sondern rechnet mit einem Mittelwert p der Flächenpressung.<br />

Dazu denkt man sich die Kraft F<br />

gleichmäßig über die projizierte Fläche Aproj des<br />

Zapfens (Bolzen, Niet) verteilt.<br />

Der „Fehler“ bei dieser Betrachtung wird dadurch<br />

ausgeglichen, dass man die zulässige Flächenpressung<br />

entsprechend niedriger festlegt, so dass die<br />

tatsächlich auftretende Pressung pmax von den verwendeten<br />

Werkstoffen vertragen wird.<br />

Die Flächenpressung am Nietschaft wird Lochleibungsdruck<br />

sl genannt. Er ist abhängig von der<br />

aufzunehmenden Kraft F, von der Anzahl n der<br />

Niete und von der projizierten Schaltfläche<br />

Aproj ¼ d1s eines Nietes.<br />

Bei einschnittigen Nietverbindungen muss man für<br />

s die kleinere der beiden Blechdicken einsetzen,<br />

weil hier der größere Lochleibungsdruck auftritt.<br />

Ist die Verbindung mehrschnittig, dann ist s die<br />

kleinere der beiden Bleckdickensummen in einer<br />

Kraftrichtung. Im skizzierten Beispiel (vierschnittig)<br />

müsste man also s ¼ 10,5 mm in die Gleichung<br />

für den Lochleibungsdruck sl einsetzen.<br />

p ¼ F<br />

¼<br />

Aproj<br />

F<br />

dl<br />

pzul<br />

Flächenpressungsgleichung<br />

für Gleitlager und Bolzenverbindungen<br />

sl ¼ F<br />

¼<br />

nAproj<br />

F<br />

nd1s<br />

sl zul<br />

Flächenpressungsgleichung<br />

für Nietverbindungen<br />

p F d, l<br />

N<br />

N mm<br />

mm2


292<br />

5.5.5 Flächenpressung an gewölbten Flächen (Hertz’sche Gleichungen)<br />

Die Flächenpressung zwischen Körpern mit gekrümmter<br />

(gewölbter) Oberfläche lässt sich mit<br />

den von Hertz aufgestellten Gleichungen berechnen.<br />

Diese Beanspruchungsart tritt beispielsweise<br />

zwischen den Wälzkörpern (Kugeln, Walzen, Rollen,<br />

Nadeln) und Laufringen von Wälzlagern auf<br />

(Kugellager, Kegelrollenlager, usw.).<br />

Die Hertz’schen Gleichungen gelten unter folgenden<br />

Voraussetzungen:<br />

a) Die Körper verhalten sich vollkommen elastisch<br />

(keine bleibende Formänderung).<br />

b) Es gilt das Hook’sche Gesetz s ¼ eE.<br />

c) Die elastische Verformung ist klein gegenüber<br />

den Abmessungen des Körpers.<br />

d) In der Berührungsfläche beider Körper treten<br />

nur Normalspannungen s auf, keine Schubspannungen<br />

t.<br />

Bedeutung der Formelzeichen:<br />

a Radius der kreisförmigen oder halben<br />

Breite der rechteckigen Druckfläche in mm<br />

F Druckkraft in N<br />

m Poisson-Zahl, Verhältnisgröße mit der<br />

Einheit 1, siehe Seite 282<br />

r Krümmungsradius der Kugel oder des Zylinders<br />

in mm; bei Krümmung beider Körper<br />

ist die Summe beider Krümmungen<br />

einzusetzen, also 1=r ¼ 1=r1 þ 1=r2.<br />

Für die ebene Platte ist 1=r2 ¼ 0, für die<br />

Hohlkugel ist 1=r2 negativ einzusetzen.<br />

E Elastizitätsmodul in N/mm 2 ; bei unterschiedlichen<br />

E-Moduln ist<br />

E ¼ 2E1E2=ðE1 þ E2Þ einzusetzen.<br />

l Länge des Zylinders in mm<br />

p Druck auf der Berührungsfläche im<br />

Abstand r in N/mm 2<br />

p0 ¼ pmax Druck in der Mitte der<br />

Berührungsfläche in N/mm 2<br />

r veränderlicher Radius oder Ordinate in<br />

Breitenrichtung der Berührungsfläche<br />

in mm<br />

d Gesamtabplattung in mm, d. h. die<br />

gesamte Näherung der beiden Körper<br />

5.5.5.1 Pressung zwischen Kugel und Ebene oder zwischen zwei Kugeln<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

1,5ð1 m<br />

a ¼<br />

2 r<br />

rffiffiffiffiffi<br />

3 Þ Fr<br />

3 Fr<br />

¼ 1,11<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi E<br />

E<br />

a<br />

p ¼ p0<br />

2 r2 p<br />

a<br />

p0 ¼ 1<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

1,5 FE<br />

p<br />

2<br />

r2ð1 m2Þ 2<br />

s<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3<br />

FE<br />

¼ 0,388<br />

2<br />

r2 r<br />

3 1,5 F<br />

¼<br />

pa2 d ¼ a2<br />

r ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2,25ð1 m2Þ 2 F 2<br />

E 2 s<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3<br />

F<br />

¼ 1,23<br />

r<br />

2<br />

E 2 r<br />

3<br />

r<br />

5.5.5.2 Pressung zwischen Zylinder und Ebene oder zwischen zwei Zylindern<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

8ð1 m<br />

a ¼<br />

2 r<br />

rffiffiffiffiffiffi<br />

Þ Fr Fr<br />

¼ 1,52<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi pEl<br />

El<br />

a<br />

p ¼ p0<br />

2 r2 r<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi a<br />

FE<br />

p0 ¼<br />

2prlð1 m2 s<br />

rffiffiffiffiffiffi<br />

FE<br />

¼ 0,418 ¼<br />

Þ<br />

rl<br />

2F<br />

pal<br />

5 Festigkeitslehre


5.5 Flächenpressung 293<br />

5.5.6 Ûbungen zur Flächenpressung<br />

1. Ûbung: Eine Zugspindel soll über die Mutter in<br />

Längsrichtung 20 kN übertragen. Die Zugspannung<br />

in der Spindel darf 80 N/mm2 nicht überschreiten,<br />

die Flächenpressung im Gewinde soll<br />

höchstens 15 N/mm2 betragen.<br />

Zu bestimmen sind<br />

das erforderliche Trapezgewinde,<br />

die erforderliche Mutterhöhe.<br />

Lösung: Der Kernquerschnitt der Zugspindel muss<br />

bei sz zul ¼ 80 N=mm2 die Zugkraft F ¼ 20 000 N<br />

übertragen. Aus der Zug-Hauptgleichung (Seite<br />

278) findet man für Aerf ¼ 250 mm2 Kernquerschnitt.<br />

Aus der Formelsammlung wird dasjenige Trapezgewinde<br />

gewählt, das den nächstgrößeren Kernquerschnitt<br />

A3 ¼ 269 mm2 besitzt.<br />

Zur Berechnung der Mutterhöhe m setzt man in<br />

die Gleichung nach Seite 290 die gegebenen und<br />

die aus der Gewindetafel (Formelsammlung) entnommenen<br />

Größen ein.<br />

Als Normmaß wird m ¼ 40 mm gewählt.<br />

2. Ûbung: Ein Gleitlager hat eine Radialkraft<br />

Fr ¼ 15 000 N und eine Axialkraft Fa ¼ 6000 N<br />

aufzunehmen. Das Bauverhältnis soll l=d ¼ 1,2,<br />

die zulässige Flächenpressung 5 N/mm 2 betragen.<br />

Zu bestimmen sind die Maße d, D, l.<br />

Lösung: In die Flächenpressungsgleichung für<br />

Gleitlager, Seite 291, wird aus dem vorgegebenen<br />

Bauverhältnis l=d ¼ 1,2 entweder d ¼ l=1,2 oder<br />

für l ¼ 1,2d eingesetzt. Hier entscheidet man sich<br />

für die zweite Möglichkeit und erhält damit eine<br />

Gleichung zur Bestimmung des erforderlichen<br />

Wellendurchmessers d. Im anderen Fall hätte sich<br />

eine Gleichung zur Berechnung der Lagerlänge l<br />

ergeben.<br />

Aus dem Bauverhältnis l=d ¼ 1,2 ergibt sich die<br />

Lagerungslänge l.<br />

Gegeben:<br />

Zugkraft F ¼ 20 kN ¼ 20 10 3 N<br />

szzul ¼ 80 N<br />

mm 2 pzul ¼ 15 N<br />

mm 2<br />

Gesucht:<br />

Trapezgewinde<br />

Mutterhöhe m<br />

sz ¼ F<br />

A (Zug-Hauptgleichung)<br />

Aerf ¼ F 20 000 N<br />

¼<br />

szzul<br />

80 N<br />

mm2 ¼ 250 mm 2<br />

Gewählt wird Tr 24 5 mit A3 ¼ 269 mm2 ,<br />

Steigung P ¼ 5 mm, Flankendurchmesser<br />

d2 ¼ 21,5 mm, Tragtiefe H1 ¼ 2,5 mm.<br />

FP<br />

merf ¼<br />

pd2 H1 pzul<br />

20 10<br />

merf ¼<br />

3 N 5mm<br />

p 21,5 mm 2,5 mm 15 N<br />

mm2 merf ¼ 39,48 mm; m ¼ 40 mm gewählt<br />

p ¼ Fr<br />

¼<br />

Aproj<br />

Fr<br />

dl<br />

p ¼ Fr Fr<br />

¼<br />

d 1,2d 1,2d2 derf ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Fr<br />

l<br />

¼ 1,2 ) l ¼ 1,2d<br />

d<br />

s<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

15 000 N<br />

¼<br />

1,2pzul 1,2 5 N<br />

mm2 v<br />

u<br />

t<br />

derf ¼ 50 mm<br />

l ¼ 1,2d ¼ 1,2 50 mm ¼ 60 mm


294<br />

Man setzt die Beziehung für den Kreisringquerschnitt<br />

A in die Flächenpressungs-Hauptgleichung<br />

p ¼ FN=A ¼ Fa=A ein und entwickelt eine Gleichung<br />

zur Berechnung des erforderlichen Bunddurchmessers<br />

D ¼ f (Fa, pzul, d), aus der D berechnet<br />

werden kann.<br />

Gewählt wird D ¼ 65 mm als nächsthöheres<br />

Normmaß.<br />

3. Ûbung: Für die Festigkeitsüberprüfung (Spannungsnachweis)<br />

der Abmessungen eines Zahnrades,<br />

insbesondere des gewählten Modus, ist die<br />

Flächenpressung pC im Wälzpunkt C der beiden<br />

Zahnflanken von besonderer Bedeutung. pC darf<br />

nicht größer sein als ein Grenzwert pzul, der in Versuchen<br />

ermittelt wurde.<br />

Die Krümmungsradien r1 und r2 für die skizzierte<br />

Nullstellung beider Räder lassen sich berechnen;<br />

hier ist r1 ¼ 60 mm, r2 ¼ 40 mm.<br />

Für b ¼ 50 mm Zahnradbreite und<br />

pzul ¼ 520 N/mm 2 soll die maximale Normalkraft<br />

FN max bestimmt werden, die zwischen den beiden<br />

Zahnflanken auftreten darf.<br />

Lösung: Die Berührung zweier Zahnflanken im<br />

Wälzpunkt C entspricht der Pressung zwischen<br />

zwei Zylindern nach 5.5.5.2, Seite 292.<br />

Da beide Körper gekrümmt sind, muss der Krümmungsradius<br />

r aus 1=r ¼ 1=r1 þ 1=r2 berechnet<br />

werden. Diese Gleichung kann man in eine zweckmäßigere<br />

Form bringen und daraus dann r berechnen.<br />

Die Ausgangsgleichung wird nach FNmax umgestellt,<br />

wobei man auch noch pC ¼ pzul setzt. Wegen<br />

der Wurzel muss die Gleichung zuerst quadriert<br />

werden. Das Elastizitätsmodul für Stahl beträgt wie<br />

üblich 2,1 10 5 N/mm 2 . Man erhält als Ergebnis<br />

für die größte Normalkraft FNmax ¼ 9187 N.<br />

Damit kann der Konstrukteur das maximal zulässige<br />

Drehmoment und die entsprechende Getriebeleistung<br />

festlegen.<br />

Aufgaben Nr. 714–736<br />

Fa<br />

p ¼ FN<br />

A ¼ p<br />

4 ðD2<br />

Derf ¼<br />

d 2 Þ<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4Fa<br />

þ d2 s<br />

ppzul<br />

D ¼ f ðFa, pzul, dÞ<br />

Derf ¼ 63,47 mm D ¼ 65 mm gewählt<br />

rffiffiffiffiffiffiffi<br />

FE<br />

p0 ¼ 0,418<br />

rl<br />

p0 ¼ pC F ¼ FN l ¼ b<br />

1 1<br />

¼ þ<br />

r r1<br />

1<br />

¼<br />

r2<br />

r2 þ r1<br />

r1r2<br />

Hertz’sche Gleichung<br />

r ¼ r1r2 ð60 40Þ mm2<br />

¼ ¼ 24 mm<br />

r1 þ r2 ð60 þ 40Þ mm<br />

pC 2 ¼ 0,418 2<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffi!<br />

2<br />

FNE<br />

rb<br />

pC 2 2 FNE<br />

¼ 0,418<br />

rb<br />

FN max ¼ p2zul rb<br />

0,4182E FN max ¼<br />

2<br />

530 N<br />

mm2 24 mm 50 mm<br />

0,4182 2,1 105 N<br />

¼ 9187 N<br />

5 Festigkeitslehre<br />

mm 2<br />

¼


5.6 Beanspruchung auf Abscheren 295<br />

5.6 Beanspruchung auf Abscheren<br />

5.6.1 Spannung<br />

Die Beanspruchungsart Abscheren tritt immer dann<br />

auf, wenn die Belastung F rechtwinklig (quer) zur<br />

Achse des Bauteils wirkt.<br />

Praktisches Beispiel für das Auftreten von Abscherspannungen<br />

ist das Scherschneiden. Die äußeren<br />

Schnittkräfte F bilden ein Kräftepaar mit<br />

dem (kleinen) Wirkabstand u (Schneidspalt). Das<br />

entsprechend kleine Kraftmoment M ¼ Fu wird<br />

bei dieser Untersuchung venachlässigt.<br />

In der Schnittfläche des Werkstücks W wird das<br />

Kräftegleichgewicht durch die innere Schnittkraft<br />

Fq (Querkraft) ¼ F wieder hergestellt. Fq wirkt<br />

tangential zur Schnittebene, die auftretende Spannung<br />

ist also die Schubspannung t (Tangentialspannung).<br />

Zur Kennzeichnung der Beanspruchungsart<br />

nennt man sie Abscherspannung ta.<br />

Vereinfachend wird zunächst angenommen, dass<br />

jedes Flächenteilchen gleichmäßig an der Ûbertragung<br />

der inneren Kraft Fq beteiligt ist. Dann erhält<br />

die Abscher-Hauptgleichung die gleiche Form wie<br />

die schon bekannten Zug/Druck-Hauptgleichungen.<br />

Die Abscherfestigkeit taB von Stahl und Gusseisen<br />

kann aus der Zugfestigkeit Rm bestimmt werden:<br />

für Flussstahl ist taB ¼ 0,85 Rm<br />

für Gusseisen ist taB ¼ 1,1 Rm<br />

Die Abscherfestigkeit taB wird für Aufgaben aus<br />

der Stanzereitechnik gebraucht (siehe z. B. Aufgabe<br />

741 aus der Aufgabensammlung).<br />

Zur richtigen Festlegung des gefährdeten Querschnitts<br />

in Abscheraufgaben geben die nachstehenden<br />

Lehrbeispiele Anregungen.<br />

W<br />

F = F<br />

q<br />

u<br />

F<br />

F<br />

F<br />

s<br />

A<br />

A = Querschnittsfläche<br />

Scherschneiden (Parallelschnitt)<br />

A ¼ ls Querschnittsfläche,<br />

W Werkstück, F Schnittkraft,<br />

u Schneidspalt<br />

l<br />

F<br />

Querkraft Fq<br />

Abscherspannung ta ¼<br />

Querschnittsfläche A<br />

ta ¼ Fq<br />

A<br />

Abscher-<br />

Hauptgleichung<br />

Je nach vorliegender Aufgabe wird die<br />

Abscher-Hauptgleichung umgestellt:<br />

Aerf ¼ Fq<br />

ta zul<br />

ta vorh ¼ Fq<br />

A<br />

Fq max ¼ Ata zul<br />

ta zul<br />

F<br />

ta Fq A<br />

N<br />

N mm2<br />

mm2 erforderlicher<br />

Querschnitt<br />

vorhandene<br />

Spannung<br />

maximale<br />

Belastung


296<br />

Bei den auf Abscheren zu berechnenden Bauteilen<br />

wie Niete und Bolzen tritt außer der Querkraft<br />

noch ein Biegemoment auf. Allein deshalb ist eine<br />

einfache Schubspannungsverteilung im Querschnitt<br />

nicht zu erwarten. In warm eingezogenen<br />

Nieten tritt keine Schubspannung auf, sie werden<br />

durch das Schrumpfen auf Zug beansprucht und<br />

trotzdem auf Abscheren berechnet. Genauere rechnerische<br />

Untersuchungen am Rechteckquerschnitt<br />

zeigen eine parabolische Schubspannungsverteilung<br />

mit t ¼ 0 in der Randfaser und t ¼ tmax in<br />

der mittleren Faserschicht.<br />

Mit dem Mittelwert tmittel ¼ ta ¼ Fq=A ergibt die<br />

Rechnung für den Rechteckquerschnitt<br />

tmax ¼ð3=2Þ ta, d. h. die maximale Schubspannung<br />

ist um 50 % größer als die rechnerische Abscherspannung<br />

ta ¼ Fq=A.<br />

Niete und Bolzen werden mit der Abscher-Hauptgleichung<br />

berechnet, obwohl in der Schnittfläche<br />

noch ein Biegemoment übertragen werden muss.<br />

Berücksichtigt wird dies durch eine geringere zulässige<br />

Spannung ta zul. Bei längeren Bolzen sollte<br />

die Biegespannung überprüft werden.<br />

Die zulässigen Abscherspannungen für Nietverbindungen<br />

im Stahlhoch- und Kranbau sind vorgeschrieben<br />

(siehe Tabellen 5.5 und 5.6, Seite<br />

364).<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Schubspannungsverteilung im schubbeanspruchten<br />

Rechteckquerschnitt<br />

Für die folgenden Querschnittsformen gilt:<br />

Rechteckquerschnitt tmax ¼ð3=2Þ ta<br />

Kreisquerschnitt tmax ¼ð4=3Þ ta<br />

Rohrquerschnitt tmax ca. 2 ta<br />

Schnittuntersuchung<br />

am Niet


5.6 Beanspruchung auf Abscheren 297<br />

5.6.2 Elastische Formänderung (Hooke’sches Gesetz für Schub)<br />

Am Beispiel einer würfelförmigen Schubfeder kann<br />

die Formänderung bei Schub erläutert werden:<br />

Die Kraft F verschiebt die beiden Schnittufer 1<br />

und 2 parallel gegeneinander, so dass sich die Seitenflächen<br />

des Würfels um den Winkel g neigen.<br />

Für kleine Winkel g darf angenommen werden,<br />

dass der Abstand l0 der beiden Schnittufer während<br />

der elastischen Formänderung erhalten bleibt.<br />

Dann ist der Tangens des Winkels g ungefähr<br />

gleich dem Winkel in der Einheit rad, also<br />

tan g ¼ Dl=l0 g. Der Winkel g wird als Schiebung<br />

bezeichnet.<br />

Man versteht die Zusammenhänge besser und erhält<br />

zusätzlich eine gute Gedächtnisstütze, wenn<br />

man die Formänderung bei Schub und bei Zug<br />

(5.2.3.4, Seite 282) einander gegenüberstellt.<br />

Die bei Schubverformungen auftretende Schubspannung<br />

t wächst mit der Schiebung g verhältnisgleich:<br />

Bei doppelter Schiebung stellt sich die doppelte<br />

Spannung ein.<br />

Wie bei der Zugbeanspruchung (Seite 282) ist<br />

auch hier das Verhältnis von Spannung t und<br />

Schiebung g ein bestimmter und bei elastischer<br />

Verformung gleich bleibender Wert. Nach DIN<br />

1304 heißt er Schubmodul G.<br />

Wird die Gleichung für den Schubmodul G umgestellt,<br />

erhält man das Hooke’sche Gesetz für Schub<br />

mit dem gleichen Aufbau wie bei Zugbeanspruchung.<br />

Die Definitionsgleichung für den Schubmodul<br />

G ¼ t=g gibt zu erkennen, dass G die Einheit der<br />

Spannung besitzt (vgl. mit 5.2.3.4, Seite 282).<br />

Ebenso wie das Elastizitätsmodul E ist auch der<br />

Schubmodul G eine Werkstoffkonstante, die den<br />

Tabellen auf Seite 385 entnommen werden können.<br />

Aufgaben Nr. 738–765<br />

Verschiebung Dl<br />

Schiebung g ¼<br />

Schnittuferabstand l0<br />

tan g g ¼ Dl<br />

l0<br />

Bei Zug ist die Dehnung e das Verhältnis von<br />

Verlängerung Dl und Ursprungslänge l0, bei<br />

Schub ist die Schiebung g das Verhältnis von<br />

Verschiebung Dl und Schnittuferabstand l0.<br />

Bei Zug wächst die Dehnung e proportional<br />

mit der Normalspannung s (siehe Seite 282),<br />

bei Schub wächst die Schiebung g proportional<br />

mit der Schubspannung t.<br />

Schubspannung t<br />

Schubmodul G ¼<br />

Schiebung g<br />

t ¼ gG ¼ Dl<br />

G<br />

l0<br />

Hook’sches Gesetz<br />

für Schub<br />

ðGÞ ¼ ðtÞ<br />

ðgÞ ¼<br />

N<br />

mm2 rad<br />

Beispiel:<br />

¼ N<br />

mm 2<br />

g Dl, l0<br />

rad mm<br />

t, G l, l0 g<br />

N<br />

mm 1 ¼ rad<br />

mm2 GStahl ¼ 80 000 N<br />

N<br />

¼ 8 104<br />

mm2 mm2


298<br />

Lehrbeispiel: Nietverbindung im Stahlhochbau<br />

Aufgabenstellung:<br />

An einen L 200 100 10 soll ein Flachstahl genietet<br />

werden. Zugkraft F ¼ 70 kN.<br />

Nietung und Flachstahlprofil sind zu berechnen, wenn<br />

das Breitenverhältnis für den Flachstahl<br />

Breite b<br />

¼ 10 gewählt wird<br />

Dicke s<br />

Niete aus USt 36-1; Stab aus S235JR (St 37); Lastfall H<br />

(Hauptlasten, siehe Tabelle 5.5, Seite 364)<br />

Lösung:<br />

a) Stabprofil:<br />

Beanspruchung auf Zug, gefährdeter Querschnitt im Schnitt quer zur Stabachse durch ein Nietloch.<br />

Die Schwächung des Stabprofils durch die Nietlöcher wird durch das<br />

Verschwächungsverhältnis v ¼ An<br />

A ¼<br />

Nutzquerschnitt<br />

ungeschwächter Querschnitt berücksichtigt:<br />

Man wählt v 0,8.<br />

Die zulässige Spannung wird der Tabelle 5.5, Seite 364, entnommen.<br />

Für Bauteile aus S235JR szzul¼ 160 N<br />

mm2 A erf ¼ F<br />

sz zulv<br />

70 000 N<br />

A erf ¼<br />

160 N<br />

¼ 547 mm<br />

0,8<br />

mm2 2 ¼ bs ¼ 10 s s ¼ 10 s 2<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

A erf<br />

A erf ¼ ¼<br />

10<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

54, 7 mm2 p<br />

¼ 7,4 mm<br />

s ¼ 8mm b¼ 10 s ¼ 80 mm gewählt: 80 8<br />

b) Nietdurchmesser d1:<br />

Der Nietdurchmesser wird nach der Erfahrungsformel gewählt:<br />

d1 s þ 10 mm d1 ¼ 8mmþ 10 mm ¼ 18 mm<br />

s kleinste Blechdicke<br />

d1 Durchmesser des<br />

geschlagenen Nietes<br />

(dmax ¼ 28 mm nach DIN 997)<br />

gewählt: d1 ¼ 17 mm<br />

A1 ¼ 227 mm2 Rohnietdurchmesser d ¼ 16 mm<br />

F = 70 kN<br />

200<br />

s<br />

5 Festigkeitslehre<br />

100


5.6 Beanspruchung auf Abscheren 299<br />

c) Nietanzahl n:<br />

Beanspruchung der Niete auf Abscheren. (Einschnittige Verbindung: m ¼ 1)<br />

F<br />

n erf ¼<br />

ta zul ¼ 140<br />

ta zulA1m<br />

N<br />

mm2 70 000 N<br />

n erf ¼<br />

140 N<br />

mm2 227 mm2 ¼ 2,2<br />

1<br />

(für Nietverbindungen<br />

mit Bauteilen aus S235JR<br />

und Nietwerkstoff USt 36-1<br />

nach Tabelle 5.5)<br />

gewählt: n ¼ 3 Niete<br />

d) Nachprüfung des Lochleibungsdruckes sl:<br />

Der Lochleibungsdruck kann unzulässig hohe Werte erreichen, auch wenn der Niet auf Abscheren sicher<br />

bestimmt wurde.<br />

sl vorh ¼ F<br />

d1sn<br />

slzul¼ 280 N<br />

mm2 nach Tabelle 5:5 sl<br />

70 000 N<br />

vorh ¼<br />

17 mm 8mm 3<br />

s kleinste Blechdicke<br />

s ¼ 8mm<br />

¼ 172 N<br />

mm 2<br />

sl vorh ¼ 172 N<br />

mm2 < slzul¼ 280 N<br />

mm2 3 Niete zulässig mit d ¼ 16 mm<br />

Rohnietdurchmesser<br />

e) Spannungsnachweis für Stabprofil im Schnitt I –II:<br />

sz vorh ¼ F<br />

8mmdick<br />

70 000 N<br />

sz vorh ¼<br />

80 mm 8mm 17 mm 8mm<br />

An<br />

sz vorh ¼ 139 N<br />

mm 2 < szzul ¼ 160 N<br />

mm 2<br />

f) Nietbild:<br />

Das Nietbild wird mit den Maßen für Nietabstand a und Randabstand e entwickelt.<br />

e=35 a=45 a=45 e=35<br />

I II<br />

17<br />

80<br />

e’ = 40<br />

160<br />

Nietabstand:<br />

a 2,5d1 ¼ 2,5 17 mm ¼ 42, 5 mm<br />

a 45 mm<br />

Randabstand:<br />

e ¼ 2d1 ¼ 2 17 mm ¼ 34 mm<br />

e 35 mm<br />

seitlicher Randabstand:<br />

e0 1, 5 d1 ¼ 1, 5 17 mm ¼ 25, 5 mm<br />

für 80 8 wird:<br />

e0 40 mm<br />

¼ 139 N<br />

mm 2


300<br />

Lehrbeispiel: Nietverbindung im Stahlbau<br />

Aufgabenstellung:<br />

Für eine Laufbühne sollen Konsolbleche an Stützen genietet<br />

werden. Belch S235JR; Niete USt 36-1. Zulässige Spannungen<br />

nach Tabelle 5.5, Seite 364.<br />

Es sind die Abmessungen des Blechs (s und h) und die<br />

Vernietung zu berechnen. Lastfall H.<br />

Lösung:<br />

a) Konsolblech<br />

Beanspruchung auf Biegung; gefährdeter Querschnitt in der Nietreihe.<br />

Werf ¼ Mb max<br />

sb zul ¼ 160<br />

sb zul<br />

N<br />

mm2 Werf ¼ Fl 12 000 N 600 mm<br />

¼<br />

sb zul<br />

160 N<br />

mm2 ¼ 45 10 3 mm 3<br />

W ¼ sh2<br />

6<br />

b) Nietdurchmesser d1<br />

bei ungeschwächtem Querschnitt.<br />

Die Schwächung des Querschnitts wird durch das Verschwächungsverhältnis<br />

v ¼ 0,8 berücksichtigt:<br />

Werf ¼ 45 103 mm3 ¼ 56, 25 10<br />

0,8<br />

3 mm 3<br />

Daraus kann (bei s ¼ 8 mm (gewählt)) die Konsolblechhöhe h berechnet werden:<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

6Werf 6 56, 25 10<br />

herf ¼ ¼<br />

s<br />

3 mm3 r<br />

¼ 205 mm<br />

8mm<br />

gewählt: h ¼ 210 mm<br />

d1 s þ 10 mm d1 Durchmesser des geschlagenen Nietes: d1 ¼ 8mmþ10 mm ¼ 18 mm<br />

gewählt: d1 ¼ 19 mm<br />

A1 ¼ 284 mm2 c) Nietanzahl<br />

210<br />

30<br />

30 50 50 50<br />

Rohnietdurchmesser d ¼ 18 mm<br />

h<br />

l = 600 mm F = 12 kN<br />

Es werden zunächst n ¼ 4 Niete gewählt, weil diese gut in der Höhe<br />

verteilt werden können (a ¼ 2,5 d ¼ 2,5 18 mm ¼ 50 mm).<br />

Das Nietsystem muss sowohl das äußere Biegemoment Mb ¼ Fl als<br />

auch die Querkraft übertragen. Dabei werden die äußeren Niete am<br />

stärksten beansprucht. Die Abscherspannung und der Lochleibungsdruck<br />

sind nachzuprüfen.<br />

s<br />

5 Festigkeitslehre


5.6 Beanspruchung auf Abscheren 301<br />

3a<br />

2<br />

a<br />

2<br />

Konsolblech freigemacht<br />

(Kräfte bezogen auf Blech-<br />

Lochquerschnitt)<br />

Fmax<br />

F1<br />

F2<br />

F 1<br />

F<br />

4<br />

F<br />

4<br />

F 2<br />

F<br />

4<br />

F<br />

4<br />

F 1<br />

F 2<br />

F2<br />

Fmax<br />

F = F<br />

q<br />

Kräfte bezogen auf den<br />

einzelnen Niet<br />

(Reaktionskräfte aus<br />

obiger Skizze)<br />

SP = Schwerpunkt<br />

des Nietsystems<br />

F1<br />

l<br />

F<br />

Aus der Skizze des freigemachten Konsolblechs entnimmt<br />

man:<br />

SMðSP Þ ¼ 0<br />

2F1<br />

3<br />

a þ 2F2<br />

2<br />

a<br />

2<br />

Fl ¼ 0<br />

Das Belastungsbild zeigt die Proportion:<br />

3<br />

F1<br />

¼<br />

F2<br />

a<br />

2<br />

¼<br />

a<br />

2<br />

3<br />

daraus :<br />

1<br />

F2 ¼ F1<br />

3 eingesetz in SM ðSP Þ ¼ 0<br />

2F1<br />

3 F1<br />

a þ 2<br />

2 3<br />

a<br />

2<br />

Fl ¼ 0<br />

F1 3a þ a<br />

3 ¼ Fl ¼ 12 kN 600 mm ¼ 7,2 106 Nmm<br />

F1 ¼ 7,2 106 Nmm<br />

3 50 mm þ 50<br />

3 mm<br />

¼ 43 200 N<br />

Die maximale Nietbelastung wird:<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 F<br />

Fmax ¼ F1 þ ¼ ð43,2 10<br />

4<br />

3 NÞ 2 þð3 103 NÞ 2<br />

q<br />

Fmax ¼ 43 300 N<br />

Die zusätzliche Belastung der Niete druch die Querkraft F/4 hätte<br />

man hier nicht zu berücksichtigen brauchen.<br />

Abscherspannung ta :<br />

ta ¼ Fmax<br />

A1<br />

43 300 N<br />

N<br />

¼ ¼ 152,46<br />

284 mm 2 mm 2 > ta zul ¼ 140 N<br />

Die zulässige Abscherspannung ist also überschritten.<br />

Neue Abmessungen geschätzt und nachgeprüft:<br />

4 Niete mit d1 ¼ 21 mm ; A1 ¼ 346 mm 2<br />

Blechhöhe h¼ 210 mm<br />

Nachprüfung für 4 Niete mit d1 ¼ 21 mm:<br />

Abscherspannung ta:<br />

43 300 N N<br />

¼ ¼ 125<br />

346 mm 2 mm 2 < ta zul¼ 140 N<br />

ta ¼ Fmax<br />

A1<br />

Lochleibungsdruck sl:<br />

sl ¼ Fmax<br />

d1s ¼<br />

43 300 N<br />

21 mm 8mm<br />

mm 2<br />

mm 2<br />

¼ 258 N<br />

mm 2 < sl zul ¼ 280 N<br />

mm 2<br />

4 Niete mit d ¼ 20 mm Rohnietdruchmesser zulässig .


302<br />

Lehrbeispiel: Zugbolzen<br />

Aufgabenstellung<br />

Für den skizzierten Zugbolzen, der von einer Kraft F ¼ 2 104 N ruhend<br />

belastet wird, sind zu bestimmen:<br />

a) Der erforderliche Bolzendurchmesser d, wenn szzul¼ 60 N<br />

ist.<br />

mm 2<br />

b) Der Kopfdurchmesser D, wenn die Flächenpressung an der Berührungsstelle<br />

p zul ¼ 15 N<br />

nicht überschreiten soll.<br />

mm 2<br />

c) Die Kopfhöhe h bei einer zulässigen Abscherspannung<br />

ta zul ¼ 30 N<br />

mm 2<br />

Lösung:<br />

a) Bolzendurchmesser d:<br />

sz ¼ F<br />

A<br />

b) Kopfdurchmesser D:<br />

p ¼ F<br />

A<br />

c) Kopfhöheh:<br />

ta ¼ F<br />

A<br />

h<br />

S = Zylindermantel<br />

F<br />

A erf ¼ F<br />

sz zul<br />

¼<br />

d erf ¼ 20,6 mm<br />

gewählt: d ¼ 22 mm<br />

Aerf ¼ F<br />

pzul<br />

A ¼ p<br />

4 ðD2<br />

¼<br />

20 000 N<br />

60 N<br />

mm 2<br />

¼ 333 mm 2<br />

20 000 N<br />

15 N<br />

mm 2<br />

¼ 1 333 mm 2 ðRingflächeÞ<br />

d 2 Þ D 2 ¼ 4<br />

A þ d2<br />

p<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4<br />

Derf ¼<br />

p Aerf þ d2 r<br />

Bohrung angefast: Für d hier 22 mm þ 3mm¼ 25 mm<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4<br />

Derf ¼<br />

p 1 333 þ 252 mm2 s<br />

¼ 48,2 mm<br />

gewählt: D ¼ 50 mm<br />

Aerf ¼ F<br />

ta zul<br />

¼<br />

20 000 N<br />

30 N<br />

mm 2<br />

¼ 667 mm 2<br />

A ¼ pdh herf ¼ Serf 667 mm2<br />

¼ ¼ 9,66 mm<br />

pd p 22 mm<br />

gewählt: h ¼ 10 mm<br />

h<br />

5 Festigkeitslehre<br />

D<br />

d+3mm<br />

d


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 303<br />

5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W<br />

Es bleibt selbstverständlich dem Lehrer überlassen, an welcher Stelle er im Stoffplan die Flächenmomente<br />

2. Grades und die Widerstandsmomente behandelt. Mancher Lehrer wird diesen<br />

Abschnitt erst einmal auslassen, um mit der Torsionsbeanspruchung und der Herleitung der<br />

Torsions-Hauptgleichung (5.8.2, Seite 322) einen engeren Bezug zu den Flächenmomenten<br />

herzustellen. Einige Lehrer sind der Meinung, man sollte auch noch die Biege-Hauptgleichung<br />

(5.9.4, Seite 330) vor diesen Abschnitt ziehen.<br />

Zum leichteren Einstieg für den Studierenden wurde der Stoff in Teilschritte zerlegt, und die<br />

Teilprobleme werden so eingehend behandelt, dass auch das Selbststudium zum Ziel führt. Die<br />

Aufgabenstellungen in den Ûbungen des Abschnitts 5.7.4, Seite 306 und 5.7.7, Seite 316, können<br />

den Gruppen zur selbstständigen Lösung vorgelegt werden.<br />

5.7.1 Gleichmäßige und lineare Spannungsverteilung (Gegenüberstellung)<br />

Zum Verständnis der Beanspruchungsarten Torsion,<br />

Biegung und Knickung muss man eine geometrische<br />

Betrachtung vorausschicken.<br />

Die bisher bekannten Hauptgleichungen sind alle<br />

nach dem gleichen Schema aufgebaut:<br />

Im Zähler des Bruchs steht in allen Fällen die<br />

Kraft F als statische Größe, im Nenner die Querschnittsfläche<br />

A als geometrische Größe, weil bei<br />

diesen vier Beanspruchungsarten jedes Flächenteilchen<br />

den gleichen Spannungsbetrag zu übertragen<br />

hat. Anders gesagt: Die Spannung (oder Pressung)<br />

ist gleichmäßig über dem Querschnitt<br />

verteilt.<br />

Das ist bei den Beanspruchungsarten Torsion und<br />

Biegung anders. Hier haben die Randfasern des<br />

Querschnitts die größte Spannung zu übertragen.<br />

(tmax bei Torsion und smax bei Biegung).<br />

Nach der Querschnittsmitte zu, genauer: zur neutralen<br />

Faser hin, sinkt die Spannung gleichmäßig<br />

bis auf null ab. Man spricht dann von einer linearen<br />

Spannungsverteilung, im Gegensatz zur<br />

gleichmäßigen Spannungsverteilung bei den Beanspruchungsarten<br />

Zug, Druck, Abscheren und<br />

Flächenpressung.<br />

Aussagebegrenzung: Alle Erläuterungen zur Torsionsbeanspruchung<br />

gelten nur für Kreis- und Kreisringquerschnitte.<br />

sz, d ¼ FN<br />

A<br />

Zug/Druck-<br />

Hauptgleichung<br />

p ¼ FN<br />

A<br />

ta ¼ Fq<br />

A<br />

Abscher-<br />

Hauptgleichung<br />

sl ¼ F1<br />

Aproj<br />

Flächenpressungs-Hauptgleichungen<br />

Spannungsbild bei Torsions- und Biegebeanspruchung<br />

(lineare Spannungsverteilung)


304<br />

5.7.2 Definition der Flächenmomente 2. Grades<br />

Aus der unterschiedlichen Spannungsverteilung<br />

gegenüber Zug-, Druck-, Abscher- und Pressungsbeanspruchung<br />

wird verständlich, dass die Hauptgleichungen<br />

für Biegung und Torsion nicht ganz<br />

so einfach aufgebaut sein können, wie die bisher<br />

bekannten Hauptgleichungen.<br />

Tatsächlich erscheint in den Herleitungen dieser<br />

Gleichungen (5.8.2, Seite 322 und 5.9.4, Seite<br />

330) nicht mehr die Querschnittsfläche als geometrische<br />

Größe im Nenner, sondern ein Summenausdruck,<br />

der als Flächenmoment 2. Grades I bezeichnet<br />

wird.<br />

Das Flächenmoment für Biegung heißt axiales,<br />

das für Torsion von Stäben mit Kreis- oder Kreisringquerschnitt<br />

(Wellen) heißt polares Flächenmoment<br />

2. Grades. Da beide Flächenmomente aus<br />

der Herleitung heraus gleichartig aufgebaut sind,<br />

gilt die folgende Definition:<br />

Multipliziert man jedes Flächenteilchen DA<br />

einer Fläche mit dem Quadrat seines Abstandes<br />

von einem Bezugspunkt oder von einer Bezugsachse<br />

(r, x, y), dann ergibt die Summe dieser<br />

Produkte das Flächenmoment zweiten Grades<br />

I dieser Fläche.<br />

Bezugsachse ist immer diejenige neutrale Faser<br />

des Querschnitts, um die gebogen oder verdreht<br />

wird (x –x, y –y oder 0).<br />

Aus dieser Definition ergibt sich auch die Einheit<br />

mm 4 (Fläche mal Abstandsquadrat).<br />

Beachte:<br />

Gleichmäßige Spannungsverteilung bei Zug,<br />

Druck, Abscheren und Flächenpressung.<br />

Lineare Spannungsverteilung bei Biegung<br />

und Torsion.<br />

sb ¼ Mb<br />

I<br />

e tt ¼ MT<br />

Biege- und Torsions-Hauptgleichung in noch<br />

nicht endgültiger Form (siehe Seite 323 und<br />

331).<br />

Ip<br />

Ix ¼ DA1y1 2 þ DA2y2 2 þ DA3y3 2 þ ...þ DAnyn 2<br />

Iy ¼ DA1x1 2 þ DA2x2 2 þ DA3x3 2 þ ...þ DAnxn 2<br />

Ix ¼ SDAy 2<br />

Iy ¼ SDAx 2<br />

axiales Flächenmoment<br />

2. Grades (für Biegung<br />

und Knickung erforderlich)<br />

Definitionsgleichung<br />

Ip ¼ DA1r1 2 þ DA2r2 2 þ DA3r3 2 þ ...þ DAnrn 2<br />

Ip ¼ SDA r 2<br />

Definitionsgleichung<br />

5 Festigkeitslehre<br />

r<br />

polares Flächenmoment<br />

2. Grades (für Torsion<br />

von Stäben mit Kreisoder<br />

Kreisringquerschnitt<br />

erforderlich)<br />

ðIÞ ¼ðAÞ ðx, y, rÞ 2 ¼ mm 2 mm 2 ¼ mm 4<br />

ðIÞ ¼mm 4<br />

Hinweis: Man geht hier von der Längeneinheit<br />

mm aus, weil im Maschinenbau und in<br />

der Feinwerktechnik damit gearbeitet wird.<br />

Grundsätzlich dürfen auch cm und m benutzt<br />

werden (cm 4 ,m 4 ).


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 305<br />

In den Herleitungen der Abschnitte 5.8.2 (Seite<br />

322) und 5.9.4 (Seite 330) erscheint außer dem<br />

Summenausdruck der Quotient Ip/r (bei Torsion)<br />

und I/e (bei Biegung). Darin sind r und e die<br />

Randfaserabstände, d. h. die Abstände vom Bezugspunkt<br />

oder von der Bezugsachse bis zur<br />

Randfaser. Dieser Quotient heißt<br />

Widerstandsmoment W ¼<br />

Flächenmoment I<br />

Randfaserabstand r ðoder eÞ<br />

Am häufigsten werden die Widerstandsmomente<br />

in Bezug auf die beiden in der Querschnittsfläche<br />

liegenden Achsen x, y und in Bezug auf die rechtwinklig<br />

zum Querschnitt stehende 0-Achse gebraucht.<br />

Nach den Achsen werden sie auch bezeichnet.<br />

Mit Hilfe der Integralrechnung lassen sich für die<br />

verschiedenen Querschnittsformen Berechnungsgleichungen<br />

entwickeln; die wichtigsten sind in<br />

den Tabellen 5.1 (Seite 309) und 5.2 (Seite 311)<br />

zusammengestellt. Für genormte Profile (Winkel-,<br />

I-Profil usw.) enthalten die Profilstahltabellen ausgerechnete<br />

Werte für Flächenmomente I und Widerstandsmomente<br />

W.<br />

5.7.3 Herleitungsübung<br />

Um das Verständnis für das Flächenmoment zu<br />

vertiefen, wird erst einmal versucht, eine Berechnungsgleichung<br />

für das Flächenmoment Ix eines<br />

Rechteckquerschnitts ohne Integralrechnung zu<br />

entwickeln. Bezugsachse soll also die waagerecht<br />

im Rechteckquerschnitt liegende x-Achse sein.<br />

Was bei dieser Untersuchung herauskommen<br />

muss, kann aus Tabelle 5.1, Seite 309, abgelesen<br />

werden: In Bezug auf die dort eingezeichnete<br />

waagerechte Achse muss I ¼ bh 3 =12 sein.<br />

Randfaserabstand e und r<br />

Wx ¼ Ix<br />

W ¼ I<br />

e<br />

Wp ¼ Ip<br />

r<br />

ex<br />

Wy ¼ Iy<br />

ey<br />

Wp ¼ Ip<br />

r<br />

W, Wp I, Ip e, r<br />

mm 3 mm 4 mm<br />

axiales Widerstandsmoment<br />

in Bezug auf die x-Achse<br />

axiales Widerstandsmoment<br />

in Bezug auf die y-Achse<br />

polares Widerstandsmoment<br />

in Bezug auf die Verdrehachse<br />

0 (gilt nur für Kreisoder<br />

Kreisringquerschnitt)<br />

Gegebener Rechteckquerschnitt bh, zerlegt<br />

in Flächenstreifen DA parallel zur x-Achse.


306<br />

Lösung: Die Rechteckfläche von der Breite b und<br />

der Höhe h wird in 8 Flächenstreifen gleicher Höhe<br />

zerlegt, deren Flächeninhalt dann DA ¼ bh=8<br />

beträgt. Die mittleren Abstände der Flächenstreifen<br />

von der Bezugsachse x drückt man als Bruchteile<br />

der Gesamthöhe h aus und bildet die Produkte<br />

aus Flächenteilchen DA und zugehörigem Abstandsquadrat.<br />

DA1y1 2 ¼ bh<br />

8<br />

DA2y2 2 ¼ bh<br />

8<br />

DA3y3 2 ¼ bh<br />

8<br />

DA4y4 2 ¼ bh<br />

8<br />

1<br />

16 h<br />

3<br />

16 h<br />

5<br />

16 h<br />

7<br />

16 h<br />

Die Definitionsgleichung weist den weiteren Weg: Gemäß Ix ¼ SDAy 2 summiert man die<br />

Produkte aus Flächenteilchen DA und Abstandsquadrat und rechnet die bestimmten Zahlen aus:<br />

Ix ¼ SDAy 2 ¼ðDA1 y1 2 þ DA2 y2 2 þ DA3 y3 2 þ DA4 y4 2 Þ 2<br />

Ausgerechnet ergibt das:<br />

Ix ¼ bh 1<br />

8 256 h2 þ bh 9<br />

8 256 h2 þ bh 25<br />

8 256 h2 þ bh 49<br />

8 256 h2<br />

Ix ¼ 2 bh<br />

8<br />

h2 bh3<br />

ð1 þ 9 þ 25 þ 49Þ ¼<br />

256 12,2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

2<br />

Beachte: Jedes Flächenteilchen<br />

DA1, DA2, DA3,<br />

DA4 ist oberhalb und<br />

unterhalb der x-Achse<br />

vorhanden, erscheint<br />

also zweimal in der<br />

Rechnung.<br />

Der Vergleich mit der Gleichung in Tabelle 5.1, Seite 309 (Ix ¼ bh 3 =12) zeigt, dass schon die<br />

grobe Aufteilung des Querschnitts dicht an den richtigen Wert im Nenner heranführt (12,2 statt<br />

12). Auf gleiche Weise können sämtliche Gleichungen der Tabellen 5.1 und 5.2 genügend<br />

genau entwickelt werden. Allerdings führt die Integralrechnung schneller zum genauen Ergebnis.<br />

5.7.4 Ûbungen mit Flächen- und Widerstandsmomenten einfacher Querschnitte<br />

1. Ûbung: Für eine Welle von 60 mm Durchmesser<br />

sollen die axialen und polaren Flächen- und<br />

Widerstandsmomente berechnet werden.<br />

Die erforderlichen Gleichungen stehen in den Tabellen<br />

5.1 und 5.2 ab Seite 309.<br />

Lösung: Wegen der Querschnittssymmetrie sind<br />

die axialen Flächenmomente Ix, Iy und die zugehörigen<br />

Widerstandsmomente Wx, Wy, jeweils gleich<br />

groß.<br />

Die axialen Widerstandsmomente Wx und Wy können<br />

auch einfacher aus den vorher berechneten<br />

Flächenmomenten bestimmt werden, wenn man<br />

sich daran erinnert, dass allgemein W ¼ I=e ist<br />

(e Randfaserabstand).<br />

Gegeben:<br />

Wellendurchmesser d ¼ 60 mm<br />

Gesucht:<br />

Ix, Wx, Iy, Wy, Ip, Wp<br />

Ix ¼ Iy ¼ pd4<br />

64 ¼ 63,6 104 mm 4<br />

Wx ¼ Wy ¼ pd3<br />

32 ¼ 21,2 103 mm 3<br />

Wx ¼ Ix Ix<br />

¼<br />

e ðd=2Þ ¼ 21, 2 103 mm 3<br />

Wy ¼ Iy<br />

e<br />

wie vorher<br />

5 Festigkeitslehre


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 307<br />

Ein Vergleich der Ergebnisse und auch der Gleichungen<br />

aus den Tabellen 5.1 und 5.2 zeigt:<br />

Die polaren Flächen- und Widerstandsmomente<br />

(Ip, Wp) sind beim Kreisquerschnitt und beim<br />

Kreisringquerschnitt doppelt so groß wie die<br />

axialen Widerstandsmomente (I, W ).<br />

2. Ûbung: Für eine Hohlwelle von 60 mm Außenund<br />

40 mm Innendurchmesser sollen wie in der<br />

ersten Ûbung die axialen und polaren Flächenund<br />

Widerstandsmomente bestimmt werden.<br />

Lösung: Die axialen Flächen- und Widerstandsmomente<br />

sind auch hier wegen der Querschnittssymmetrie<br />

für jede Schwerachse jeweils gleich<br />

groß, so dass man sie einfach mit I und W bezeichnen<br />

kann.<br />

Auch hier erkennt man wieder, dass die polaren<br />

Flächenmomente doppelt so groß sind wie die<br />

axialen, so dass Ip und Wp noch einfacher hätte berechnet<br />

werden können (Ip ¼ 2I und Wp ¼ 2W).<br />

3. Ûbung: Für einen Holzbalken mit Rechteckquerschnitt<br />

von 180 mm Höhe und 90 mm Breite<br />

sollen die axialen Flächenmomente 2. Grades<br />

bestimmt werden. Wird nichts anderes gesagt,<br />

gelten als Bezugsachsen die beiden rechtwinklig<br />

aufeinander stehenden „Hauptachsen“ (x- und<br />

y-Achse).<br />

Lösung: Die axialen Flächenmomente sind ein<br />

Maß für die Steifigkeit des Querschnitts gegen<br />

Biegung oder Knickung. Der Balken ist „hochkant“<br />

schwerer zu biegen (Ix ¼ 43,74 10 6 mm 4 )<br />

als „flachkant“ (Iy ¼ 10,94 10 6 mm 4 ). Bei Knickbeanspruchung<br />

würde er nach der Seite mit dem<br />

geringsten I ausknicken, also flachkant (um die<br />

y-Achse), weil Iy < Ix ist.<br />

Ip ¼<br />

4 pd p<br />

¼<br />

32 32 ð60 mmÞ4 ¼ 127,2 10 4 mm 4<br />

Wp ¼ pd3 p<br />

¼<br />

16 16 ð60 mmÞ3 ¼ 42,4 10 3 mm 3<br />

oder einfacher wie beim axialen Widerstandsmoment:<br />

Wp ¼ Ip<br />

r ¼ 127,2 104 mm4 ¼ 42,4 10<br />

30 mm<br />

3 mm 3<br />

Gegeben:<br />

D ¼ da ¼ 60 mm, d ¼ di ¼ 40 mm<br />

Gesucht:<br />

Ix, Iy, Ip, Wx, Wy, Wp<br />

I ¼ p<br />

64 ðD4<br />

I ¼ 51,1 10 4 mm 4<br />

d 4 Þ¼ p<br />

64 ð604<br />

40 4 Þ mm 4<br />

W ¼ I<br />

ðD=2Þ ¼ 51,1 104 mm4 ¼ 17 10<br />

30 mm<br />

3 mm 3<br />

Ip ¼ p 4<br />

ðda<br />

32<br />

Ip ¼ 102,1 10 4 mm 4<br />

di 4 Þ¼ p<br />

32 ð604<br />

40 4 Þ mm 4<br />

Wp ¼ Ip<br />

ðda=2Þ ¼ 102,1 104 mm4 ¼ 34 10<br />

30 mm<br />

3 mm 3<br />

Gegeben:<br />

Rechteckquerschnitt mit h ¼ 180 mm,<br />

b ¼ 90 mm<br />

Gesucht:<br />

Ix, Wx, Iy, Wy<br />

Ix ¼ bh3<br />

12 ¼ 43,74 106 mm 4<br />

Wx ¼ Ix<br />

e ¼ 48,6 104 mm 3<br />

Iy ¼ hb3<br />

12 ¼ 10,94 106 mm 4<br />

Wy ¼ Iy<br />

e ¼ 24,3 104 mm 3


308<br />

4. Ûbung: Für den skizzierten Querschnitt<br />

(H-Profil) sollen die axialen Flächenmomente um<br />

die x- und y-Achse berechnet werden, damit festgelegt<br />

werden kann, um welche Achse ein Balken<br />

mit diesem Querschnitt die größere Biege- und<br />

Knicksteifigkeit besitzt.<br />

Lösung: Man benutzt die Gleichungen aus Tabelle 5.1 von Seite 310 zur Bestimmung von Ix<br />

und Iy und erkennt aus den Ergebnissen:<br />

Die größere Steifigkeit gegen Biegung und Knickung besitzt ein Balken dieses Querschnitts<br />

um die y-Achse (Iy > Ix). Bei Knickung würde er um die x-Achse ausknicken, weil Ix < Iy ist.<br />

Ix ¼ BH3 þ bh 3<br />

12<br />

Ix ¼ 17,19 10 6 mm 4<br />

¼ 60 mm ð150 mmÞ3 þ 140 mm ð30 mmÞ 3<br />

12<br />

Wx ¼ Ix<br />

e ¼ 17,19 106 mm4 ¼ 22,92 10<br />

75 mm<br />

4 mm 3<br />

Iy ¼ BH3 bh 3<br />

12<br />

Iy ¼ 72,56 10 6 mm 4<br />

150 mm ð200 mmÞ3 120 mm ð140 mmÞ<br />

¼ 3<br />

12<br />

Wy ¼ Iy<br />

e ¼ 72,56 106 mm4 ¼ 72,56 10<br />

100 mm<br />

4 mm 3<br />

Beachte:<br />

Flächenmomente I (nicht<br />

Widerstandsmomente W)von<br />

Teilflächen dürfen dann addiert<br />

oder subtrahiert werden,<br />

wenn sich die Schwerachsen<br />

der Teilflächen mit der Bezugsachse<br />

des Querschnitts<br />

decken. Das lässt sich hier sowohl<br />

für Ix als auch für Iy<br />

durch eine entsprechende Zerlegung<br />

der Gesamtfläche erreichen.<br />

Das Vorgehen wird<br />

im folgenden Abschnitt 5.7.5<br />

auf Seite 312 erläutert.<br />

5. Ûbung: Zur Ûbung im Auswerten von Tabellen sollen die Flächenmomente 2. Grades gegen<br />

Biegung und Knickung und die Widerstandsmomente aus den Profilstahltabellen herausgesucht<br />

werden (siehe Formelsammlung).<br />

Lösung:<br />

IPE 100 A¼ 1030 mm2 Ix ¼ 171 104 mm4 Wx ¼ 34,2 103 mm3 Iy ¼ 15,9 10 4 mm 4 Wy ¼ 5,79 10 3 mm 3<br />

größter Widerstand gegen Biegung und Knickung also um die x-Achse.<br />

U 100 A¼ 1350 mm 2 Ix ¼ 206 10 4 mm 4 Wx ¼ 41,2 10 3 mm 3<br />

Iy ¼ 29,3 10 4 mm 4 Wy1 ¼ 18,9 10 3 mm 3<br />

Wy2 ¼ 8,49 10 3 mm 3<br />

L 60 6 A¼ 691 mm 2 Ix ¼ 22,8 10 4 mm 4 Wx1 ¼ 13,5 10 3 mm 3<br />

Wx2 ¼ 5,29 10 3 mm 3<br />

5 Festigkeitslehre


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 309<br />

Tabelle 5.1 Axiale Flächenmomente 2. Grades I, Widerstandsmomente W und Trägheitsradius i<br />

für Biegung und Knickung<br />

Ix ¼ bh3<br />

12<br />

Wx ¼ bh2<br />

6<br />

ix ¼ 0,289 h<br />

I ¼ 5<br />

pffiffi<br />

3<br />

Iy ¼ hb3<br />

12<br />

Wy ¼ hb2<br />

6<br />

iy ¼ 0,289 b<br />

16 s4 ¼ 0,5413s 4<br />

W ¼ 0,5413s 3<br />

i ¼ 0,456s<br />

I ¼ 6b2 þ 6bb1 þ b1 2<br />

36 ð2b þ b1Þ<br />

W ¼ 6b2 þ 6bb1 þ b1 2<br />

12 ð3b þ 2b1Þ<br />

e ¼ 1<br />

3<br />

4 pd<br />

I ¼<br />

64<br />

W ¼ pd3<br />

32<br />

i ¼ d<br />

4<br />

Ix ¼ pa3b 4<br />

Wx ¼ pa2b 4<br />

ix ¼ a<br />

2<br />

3b þ 2b1<br />

2b þ b1<br />

d 4<br />

20<br />

d 3<br />

10<br />

Ix ¼ 0,0068d 4<br />

Wx1 ¼ 0,0238d 3<br />

Wy ¼ 0,049d 3<br />

Ix ¼ 0,1098 ðR 4<br />

Iy ¼ p R 4 r 4<br />

8<br />

h<br />

h 3<br />

h 2<br />

Iy ¼ pb3a 4<br />

Wy ¼ pb2a 4<br />

iy ¼ b<br />

2<br />

Iy ¼ 0,0245d 4<br />

Wx2 ¼ 0,0323d 3<br />

ix ¼ 0,132d<br />

r 4 Þ 0,283R 2 2 R r<br />

r<br />

R þ r<br />

Wy ¼ p ðR 4 r 4 Þ<br />

8R<br />

Ix ¼ Iy ¼ ID ¼ h4<br />

12<br />

Wx ¼ Wy ¼ h3<br />

6<br />

i ¼ 0,289 h<br />

I ¼ 5<br />

pffiffi<br />

3<br />

pffiffi h<br />

WD ¼ 2<br />

3<br />

12<br />

16 s4 ¼ 0,5413s 4<br />

W ¼ 5<br />

8 s 3 ¼ 0,625s 3<br />

i ¼ 0,456s<br />

I ¼ ah3<br />

36<br />

W ¼ ah2<br />

24<br />

I ¼ p<br />

64 ðD4<br />

e ¼ 2<br />

3 h<br />

i ¼ 0,236 h<br />

d 4 Þ<br />

W ¼ p D<br />

32<br />

4 d 4<br />

D<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

i ¼ 0,25 D 2 þ d 2<br />

p<br />

Ix ¼ p<br />

4 ða3b a1 3 b1Þ<br />

Ix<br />

p<br />

4 a2d ða þ 3bÞ<br />

W ¼ Ix<br />

a<br />

e1 ¼ 4r<br />

¼ 0,4244r<br />

3p<br />

Wx1 ¼ Ix<br />

e1<br />

Wx2 ¼ Ix<br />

e2<br />

p<br />

4<br />

ad ða þ 3bÞ<br />

e1 ¼ 2 ðD 3 d 3 Þ<br />

3p ðD 2 d 2 Þ


310<br />

Fortsetzung Tabelle 5.1<br />

Ix ¼ b<br />

12 ðH3 h 3 Þ<br />

Wx ¼ b<br />

6H ðH3 h 3 Þ<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ix ¼<br />

H3 h3 s<br />

12 ðH hÞ<br />

I ¼ bðh3 h1 3Þþb1ðh1 3 h2 3 12<br />

Þ<br />

W ¼ bðh3 h1 3Þþb1ðh1 3 h2 3 6h<br />

Þ<br />

I ¼ BH3 þ bh3 12<br />

W ¼ BH3 þ bh3 6H<br />

I ¼ BH3 bh3 12<br />

W ¼ BH3 bh3 6H<br />

I ¼ 1<br />

3<br />

e1 ¼ 1<br />

2<br />

ðBe1 3<br />

e2 ¼ H e1<br />

I ¼ 1<br />

3<br />

e1 ¼ 1<br />

2<br />

aH 2 þ bd 2<br />

aH þ bd<br />

ðBe1 3<br />

e2 ¼ H e1<br />

bh 3 þ ae2 3 Þ<br />

bh 3 þ B1e2 3<br />

3 b<br />

Iy ¼ ðH<br />

12<br />

hÞ<br />

2 b<br />

Wy ¼ ðH<br />

6<br />

hÞ<br />

iy ¼ 0,289b<br />

b1h1 3 Þ<br />

aH 2 þ bd 2 þ b1 d1 ð2H d1Þ<br />

aH þ bd þ b1d1<br />

5 Festigkeitslehre


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 311<br />

Tabelle 5.2 Polare Flächenmomente 2. Grades Ip und Widerstandsmomente Wp für Torsion 1)<br />

Querschnitt<br />

Widerstandsmoment<br />

Wp<br />

Wp ¼ p<br />

16 d3 d 3<br />

5<br />

Wp ¼ p<br />

16<br />

ha<br />

ba<br />

hi<br />

da 4 di 4<br />

da<br />

Wt ¼ p<br />

16 nb3<br />

h<br />

¼ n > 1<br />

b<br />

¼ hi<br />

¼ n > 1<br />

bi<br />

¼<br />

ha<br />

bi<br />

¼ a < 1<br />

ba<br />

Wt ¼ p<br />

16 nba 3 ð1 a 4 Þ<br />

Flächenmoment<br />

Ip<br />

Ip ¼ p 4 d<br />

d<br />

32<br />

Ip ¼ p 4<br />

ðda<br />

32<br />

It ¼ p<br />

16<br />

It ¼ p<br />

16<br />

4<br />

10<br />

n 3 b 4<br />

n 2 þ 1<br />

n 3<br />

n 2 þ 1<br />

di 4 Þ<br />

ba 4 ð1 a 4 Þ<br />

Wt ¼ 0,208a 3 It ¼ 0,14a 4 ¼ a4<br />

7,1<br />

Wt ¼ 0,05b 3 ¼ pffiffi<br />

7,5 3<br />

3 h 2It<br />

Wt ¼ ¼<br />

13 h<br />

h 3<br />

pffiffiffi<br />

15 3<br />

It ¼ h4<br />

It ¼ b4<br />

46,2<br />

Bemerkung<br />

größte Spannung<br />

in allen Punkten des<br />

Umfanges<br />

größte Spannung<br />

in allen Punkten des<br />

Umfanges<br />

in den Endpunkten der<br />

kleinen Achse:<br />

ttmax¼ MT<br />

Wt<br />

in den Endpunkten der<br />

großen Achse:<br />

tt ¼ ttmax<br />

n<br />

in den Endpunkten der<br />

kleinen Achse: ttmax<br />

in den Endpunkten der<br />

großen Achse:<br />

tt ¼ ttmax<br />

n<br />

in der Mitte der Seite:<br />

ttmax<br />

in den Ecken: tt ¼ 0<br />

in der Mitte der Seite:<br />

ttmax<br />

in den Ecken: tt ¼ 0<br />

1) Der Torsion nicht kreisförmiger Querschnitte liegen andere schwierigere Gleichungen zugrunde als beim<br />

Kreis- oder Kreisringquerschnitt. Zur klaren Unterscheidung werden benannt: It Torsionsflächenmoment, Wt<br />

Torsionswiderstandsmoment. Es gelten die Gleichungen: Torsionsspannung ttmax¼ MT=Wt; Verdrehwinkel<br />

j ¼ MTl=ðGItÞ.


312<br />

5.7.5 Axiale Flächenmomente 2. Grades symmetrischer Querschnitte<br />

Lassen sich Querschnitte derart in Teilflächen zerlegen, dass alle Teilschwerachsen mit der<br />

Gesamtschwerachse zusammenfallen, dann kann das Flächenmoment 2. Grades des Gesamtquerschnitts<br />

aus der Summe oder Differenz der Teilflächenmomente berechnet werden.<br />

Anders ausgedrückt:<br />

Flächenmomente 2. Grades dürfen addiert und subtrahiert werden, wenn Teil- und Gesamtschwerachse<br />

zusammenfallen.<br />

Widerstandsmomete dürfen keinesfalls addiert oder subtrahiert werden.<br />

Man kann sich am Beispiel eines H-Profils klarmachen, wie vorzugehen ist. Das Profil lässt<br />

sich in drei Teilflächen zerlegen, deren Teilschwerachsen mit der Gesamtschwerachse x –x zusammenfallen.<br />

Gesamtflächenmoment<br />

2. Grades als Summe von<br />

Teilflächenmomenten<br />

Nun wird das Gesamtflächenmoment einfach aus der Summe der Teilflächenmomente berechnet.<br />

Die Teilflächen sind Rechtecke, für die I ¼ bh 3 =12 gilt (Tabelle 5.1, Seite 309):<br />

Ix ¼ 2I1 þ I2 ¼ 2<br />

30 mm ð150 mmÞ3<br />

12<br />

Wx ¼ Ix<br />

e ¼ 17,19 106 mm4 ¼ 22,92 10<br />

75 mm<br />

4 mm 3<br />

140 mm ð30 mmÞ3<br />

þ ¼ 17,19 10<br />

12<br />

6 mm 4<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Auch das axiale Flächenmoment des Querschnitts für die y-Achse lässt sich so bestimmen.<br />

Zur besseren Ûbersicht dreht man für die Rechnung den Querschnitt um 90 .<br />

Gesamtflächenmoment<br />

2. Grades als Differenz von<br />

Teilflächenmomenten


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 313<br />

Wie vorher wird der Rechengang aus dem Bild der Teilflächen abgelesen, das heißt, man subtrahiert<br />

vom Teilflächenmoment I1 das doppelte Teilflächenmoment I2:<br />

Iy ¼ I1 2I2 ¼<br />

150 mm ð200 mmÞ3<br />

12<br />

Wy ¼ Iy<br />

e ¼ 72,56 106 mm4 ¼ 72,56 10<br />

100 mm<br />

4 mm 3<br />

2<br />

60 mm ð140 mmÞ3<br />

12<br />

¼ 72,56 10 6 mm 4<br />

In der folgenden Bildtafel sind andere symmetrische Querschnitte so zerlegt, dass die Teilschwerachsen<br />

mit der Gesamtschwerachse zusammenfallen. Das Gesamtflächenmoment<br />

2. Grades kann dann als Summe oder Differenz der Teilflächenmomente berechnet werden.<br />

5.7.6 Axiale Flächenmomente 2. Grades unsymmetrischer Querschnitte<br />

(Steiner’scher Verschiebesatz)<br />

Zerlegt man die skizzierten unsymmetrischen<br />

Querschnitte in die Teilflächen A1 und A2, dann<br />

fällt auf, dass die Schwerachsen der Teilflächen<br />

(x1 x1 und x2 x2) nicht mit der Gesamtschwerachse<br />

x –x zusammenfallen. Beim Winkelprofil<br />

gilt das auch für die Achse y –y. Die Schwerachsen<br />

aller Teilflächen sind gegenüber den Gesamtschwerachsen<br />

um die Längen l parallel verschoben.<br />

Daher dürfen hier die Teilflächenmomente 2. Grades<br />

nicht einfach addiert werden, wie bei den<br />

Querschnitten in Abschnitt 5.7.5 auf Seite 312.<br />

Die Vorgehensweise in solchen Fällen kann am<br />

Beispiel des T-Profils gelernt werden. Dabei soll<br />

man aus dem speziellen Beispiel eine allgemein<br />

gültige Beziehung entwickeln.<br />

Profile mit gleichen<br />

Gesamt- und<br />

Teilschwerachsen<br />

Teil- und Gesamtschwerachsen unsymmetrischer<br />

zusammengesetzter Querschnitte


314<br />

5.7.6.1 Erste Herleitung des Steiner’schen Satzes 1)<br />

Für ein T-Profil soll das axiale Flächenmoment Ix<br />

für die Gesamtschwerachse x –x ermittelt werden.<br />

Das Problem wird vereinfacht, indem nur die Teilfläche<br />

A1 betrachtet wird. Deren Teilschwerachse<br />

x1 x1 liegt um die Länge l1 gegenüber der Gesamtschwerachse<br />

parallel verschoben. Erinnerung:<br />

Das Flächenmomet Ix1 der Teilfläche A1 in Bezug<br />

auf die Teilschwerachse x1 x1 ist bekannt; mit<br />

Ix1 ¼ bh 3 =12 könnte man es sofort berechnen. Es<br />

wird aber eine Gleichung gesucht, in der das Flächenmoment<br />

der Teilfläche A1 auf die Gesamtschwerachse<br />

x x bezogen ist.<br />

Das erreicht man mit dem folgenden Kunstgriff.<br />

Es wird ein zur Achse x x symmetrisches Profil<br />

gebildet, indem man die obere Teilfläche A1 noch<br />

einmal unterhalb der x-Achse ansetzt. Dann kann<br />

man nach Abschnitt 5.7.5, Seite 312, vorgehen<br />

und das Gesamtflächenmomemt in Bezug auf die<br />

x-Achse mit den allgemeinen Bezeichnungen bestimmen.<br />

Man subtrahiert vom Flächenmoment<br />

der aus bH gebildeten Rechteckfläche das Flächenmoment<br />

der Rechteckfläche bðH 2hÞ;<br />

(beide Schwerachsen decken sich). Dieses Flächenmoment<br />

muss doppelt so groß sein wie das<br />

von nur einer Teilfläche A1 gebildete Flächenmoment<br />

Ix, da die beiden Teilflächen A1 symmetrisch<br />

zur x-Achse liegen. Es kann also Ixges ¼ 2Ix gesetzt<br />

werden.<br />

Mit der bekannten Gleichung zur Berechnung des<br />

Flächenmomentes von Rechteckquerschnitten findet<br />

man die Ausgangsbeziehung, in die man für<br />

die Höhe H die Beziehung H ¼ 2l1 þ h einführt<br />

(siehe Skizze).<br />

Die Differenz der Potenzausdrücke<br />

ð2l1 þ hÞ 3<br />

ð2l1 hÞ 3<br />

wird gesondert berechnet und das Ergebnis eingesetzt.<br />

1) Jakob Steiner, Schweizer Mathematiker, 1796 –1863.<br />

Ixges ¼ 2Ix ¼ bH3<br />

12<br />

2Ix ¼ bð2l1 þ hÞ 3<br />

12<br />

bðH 2hÞ 3<br />

12<br />

b ð2l1 þ h 2hÞ 3<br />

12<br />

2Ix ¼ b½ð2l1 þ hÞ 3<br />

ð2l1 hÞ 3 Š<br />

12<br />

ð2l1 þ hÞ 3<br />

5 Festigkeitslehre<br />

ð2l1 hÞ 3 ¼ 24hl1 2 þ 2h 3


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 315<br />

Nach der Ausrechnung erhält man rechts vom<br />

Gleichheitszeichen eine Summe. Diese kann mit<br />

bh ¼ A1 vereinfacht werden. Darüber hinaus ist<br />

bekannt, dass bh 3 =12 das axiale Flächenmoment<br />

Ix1 der Teilfläche A1 in Bezug auf die eigene<br />

Schwerachse x1 x1 ist. Damit wurde der Verschiebesatz<br />

von Steiner gefunden:<br />

Das axiale Flächenmoment 2. Grades Ix einer<br />

Teilfläche A1 in Bezug auf eine zur Schwerachse<br />

um den Abstand l1 parallel verschobene Achse<br />

ist gleich dem Flächenmoment Ix1 der Teilfläche<br />

in Bezug auf deren Schwerachse, vemehrt um<br />

das Produkt aus der Teilfläche A1 und dem<br />

Abstandsquadrat l1 2 .<br />

Häufig muss mit mehreren Teilflächen A1, A2 ...<br />

gerechnet werden, deren Teilschwerachsen die Abstände<br />

l1, l2 ... von der Bezugsachse haben. Dazu<br />

schreibt man den Steiner’schen Satz in allgemeiner<br />

Form. I1, I2 ... sind die Flächenmomente 2. Grades<br />

der Teilflächen in Bezug auf die eigene Teilschwerachse.<br />

Sie werden mit den Gleichungen aus<br />

Tabelle 5.1, Seite 309, berechnet.<br />

2Ix ¼ bð24hl1 2 þ 2h3Þ ¼<br />

12<br />

24bhl1 2 þ 2bh3 12<br />

Ix ¼ bhl1 2 þ bh3<br />

12<br />

Ix ¼ A1 l1 2 þ Ix1<br />

Ix ¼ Ix1 þ A1l1 2 Verschiebesatz<br />

von Steiner<br />

Ix Flächenmoment für parallele Achse x –x<br />

Ix1 Flächenmoment der Teilfläche in Bezug<br />

auf die eigene Schwerachse x1 x1<br />

A1 Flächeninhalt der Teilfläche<br />

l1 Abstand der parallelen Achsen<br />

I ¼ I1 þ A1l1 2 þ I2 þ A2l2 2 þ ...þ In þ Anln 2<br />

Verschiebesatz von Steiner<br />

Beachte: Fallen Teilschwerachsen und<br />

Bezugsachse zusammen, dann sind die<br />

Abstände l1, l2 ...gleich null, und es wird<br />

I ¼ I1 þ I2 þ ...þ In, d. h. die Teilflächenmomente<br />

2. Grades werden einfach addiert<br />

(siehe Tabelle 5.7.5, Seite 312).<br />

5.7.6.2 Zweite Herleitung des Steiner’schen Satzes<br />

Gesucht wird wieder eine Beziehung zur Berechnung<br />

des Flächenmomentes 2. Grades Ix einer<br />

Teilfläche A1 in Bezug auf eine zur Teilschwerachse<br />

x1 x1 parallel um den Abstand l1 verschobene<br />

Achse x x. Das Flächenmoment Ix1 der Teilfläche<br />

wird als bekannt vorausgesetzt (Tabelle 5.1,<br />

Seite 309). Man beginnt die Entwicklung mit der<br />

Lösungsskizze<br />

für alle Achsen gültigen allgemeinen Definitionsgleichung:<br />

Als „Abstandsquadrat“ wird hier ðl1 þ yÞ 2 einge- Ix ¼ SDA ðl1 þ yÞ<br />

setzt. Nach der Ausrechnung erhält man eine Summe<br />

von drei Gliedern. Die konstanten Größen werden<br />

vor das Summenzeichen geschrieben.<br />

2<br />

Ix ¼ SDA ðl1 2 þ 2l1 y þ y 2 Þ<br />

Ix ¼ SDAl1 2 þ SDA2l1 y þ SDAy 2<br />

Ix ¼ l1 2 SDA þ 2l1 SDAyþ SDAy 2<br />

Das erste Glied ergibt das Produkt aus dem<br />

Abstandsquadrat und der Teilfläche, weil<br />

SDA ¼ A1 ist.<br />

l1 2 SDA ¼ l1 2 A1


316<br />

Das zweite Glied ist gleich null, denn der Faktor<br />

SDAy stellt die Summe der Flächenmomente<br />

1. Grades aller Flächenteilchen DA in Bezug auf<br />

die Achse x1 x1 dar. Da das die Schwerachse der<br />

Fläche A1 ist, wird y0 ¼ 0 und damit auch das<br />

Produkt A1y0.<br />

Das dritte Glied ist das axiale Flächenmoment Ix1<br />

der Teilfläche A1, bezogen auf die Teilschwerachse<br />

x1 x1.<br />

Damit erhält man zum Schluss die gleiche Form<br />

für den Steiner’schen Satz wie in der ersten Herleitung<br />

über den speziellen Fall auf Seite 314.<br />

2l1SDAy ¼ 2l1A1y0 ¼ 0<br />

Beachte: Das Produkt aus einer Fläche A und<br />

ihrem Schwerpunktsabstand x oder y von<br />

einer Bezugsachse heißt Flächenmoment<br />

1. Grades (siehe Schwerpunktslehre 2.2.1,<br />

ab Seite 77).<br />

SDAy 2 ¼ Ix1<br />

Ix ¼ Ix1 þ A1l1 2<br />

5.7.6.3 Arbeitsplan zur Berechnung axialer Flächenmomente 2. Grades<br />

Querschnitt in Teilflächen A1, A2 ... zerlegen und deren Flächenschwerpunkte<br />

S1, S2 ...bestimmen.<br />

Abstände l1, l2 ...der Teilschwerachsen von der Bezugsachse für das Flächenmoment<br />

festlegen.<br />

Flächenmomente I1, I2 ...der Teilflächen A1, A2 ...nach Tabelle 5.1<br />

(Seite 309) berechnen.<br />

Flächeninhalte der Teilflächen und die Quadrate der Abstände (l1 2 , l2 2 ...)<br />

berechnen.<br />

Verschiebesatz<br />

von Steiner<br />

5.7.7 Ûbungen mit Flächen- und Widerstandsmomenten zusammengesetzter<br />

Querschnitte<br />

1. Ûbung: Für das skizzierte Winkelprofil soll das<br />

axiale Flächenmoment 2. Grades für die Profilschwerachse<br />

x x bestimmt werden.<br />

Nach dem Lösungsplan zerlegt man den Querschnitt<br />

in die Teilflächen A1 und A2. Die Lage der<br />

Teilschwerpunkte ergibt sich aus den gegebenen<br />

Längenmaßen, ebenso die Abstände l1, l2.<br />

5 Festigkeitslehre<br />

1. Schritt<br />

2. Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

Steiner’schen Satz aufstellen und ausrechnen. 5. Schritt


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 317<br />

Lösung:<br />

Ix ¼ I1 þ A1l1 2 þ I2 þ A2l2 2<br />

Ix ¼ð0,75 þ 144 þ 229 þ 87,5Þ 10 4 mm 4<br />

Ix ¼ 461,25 10 4 mm 4<br />

Aus dem Flächenmoment Ix erhält man die beiden<br />

axialen Widerstandsmomente Wx1 und Wx2.<br />

2. Ûbung: Da der Steiner’sche Satz für beliebige<br />

parallele Achsen gilt, kann das axiale Flächenmoment<br />

des Winkelprofils aus der 1. Ûbung auch für<br />

die Achse N –N bestimmt werden.<br />

Die Schwerpunkte SP1 und SP2 der Teilflächen<br />

sind festgelegt, ebenso die Abstände der Teilschwerachsen<br />

von der Bezugsachse N –N mit<br />

l1 ¼ 5mmundl2 ¼ 70 mm.<br />

Lösung:<br />

IN ¼ I1 þ A1l1 2 þ I2 þ A2l2 2<br />

IN ¼ð0,75 þ 9 0,25 þ 229 þ 14 49Þ 10 4 mm 4<br />

IN ¼ 918 10 4 mm 4<br />

Nebenrechnung:<br />

I1 ¼ bh3 90 mm ð10 mmÞ3<br />

¼ ¼<br />

12 12<br />

¼ 0,75 10 4 mm 4<br />

A1 ¼ bh ¼ 900 mm 2 ; l1 ¼ 40 mm<br />

I2 ¼ bh3 10 mm ð140 mmÞ3<br />

¼ ¼<br />

12 12<br />

¼ 229 10 4 mm 4<br />

A2 ¼ bh ¼ 1400 mm 2 ; l2 ¼ 25 mm<br />

¼<br />

e1<br />

461,25 104mm4 45 mm<br />

¼ 10,25 10 4 mm 3<br />

Wx1 ¼ Ix<br />

¼<br />

e2<br />

461,25 104 mm4 95 mm<br />

¼ 4,86 10 4 mm 3<br />

Wx2 ¼ Ix<br />

Nebenrechnung:<br />

I1 ¼ bh3<br />

12 ¼ 0,75 104 mm 4<br />

A1 ¼ bh ¼ 9 10 2 mm 2<br />

¼<br />

¼<br />

l1 2 ¼ð5mmÞ 2 ¼ 0,25 10 2 mm 2<br />

I2 ¼ bh3<br />

12 ¼ 229 104 mm 4<br />

A2 ¼ bh ¼ 14 10 2 mm 2<br />

l2 2 ¼ð70 mmÞ 2 ¼ 49 10 2 mm 2


318<br />

3. Ûbung: Zu bestimmen sind das axiale Flächenmoment<br />

Ix und die Widerstandsmomente Wx1, Wx2<br />

für den skizzierten zusammengesetzten Querschnitt.<br />

Lösung: Es werden Fehler vermieden, wenn man<br />

sich eine kleine Ûbersicht zusammenstellt, etwa in<br />

der Form:<br />

Teilfläche A<br />

in mm 2<br />

1<br />

2<br />

204,7 10 2<br />

100 10 2<br />

Gesamt 304,7 10 2<br />

e<br />

in mm<br />

200<br />

412,5<br />

l<br />

in mm<br />

70<br />

142,5<br />

l 2<br />

in mm 2<br />

49 10 2<br />

203 10 2<br />

Die Teilschwerpunkte SP1 und SP2 liegen im Abstand<br />

e1 und e2 von der unteren Kante (¼ Bezugsachse<br />

für die Schwerpunktsbestimmung) entfernt.<br />

Die Lage des Gesamtschwerpunktes SP berechnet<br />

man nach 2.2.3.1, Seite 77. Als Bezugsachse wird<br />

die Unterkante des Querschnitts benutzt.<br />

Mit e0 kann man die Abstände der Teilschwerachsen<br />

von der Bezugskante x –x bestimmen.<br />

Nun lassen sich die Flächenmomente I1 und I2 der<br />

Teilflächen in Bezug auf ihre Schwerachsen berechnen.<br />

Zur Berechnung von I1 wird nach 5.7.5,<br />

ab Seite 312, vorgegangen.<br />

Es sind nun alle Größen vorhanden, die zur Berechnung<br />

des Flächenmomentes Ix gebraucht werden.<br />

Damit stellt man wieder den Steiner’schen<br />

Satz auf.<br />

Zum Schluss werden die beiden axialen Widerstandsmomente<br />

Wx1 und Wx2 berechnet. Der äußere Randfaserabstand<br />

für Wx1 ist die Länge e0 ¼ 270 mm,<br />

für Wx2 dagegen 425 mm e0 ¼ 155 mm.<br />

I<br />

in mm 4<br />

59 556 10 4<br />

52 10 4<br />

400 mm<br />

e1 ¼ ¼ 200 mm<br />

2<br />

e2 ¼ð400 þ 12,5Þ mm ¼ 412,5 mm<br />

e0 ¼ A1e1 þ A2e2<br />

¼ 270 mm<br />

A1 þ A2<br />

l1 ¼ e0 e1 ¼ 70 mm ; l1 2 ¼ 49 10 2 mm 2<br />

l2 ¼ e2 e0 ¼ 142,5 mm ; l2 2 ¼ 203 10 2 mm 2<br />

300 mm ð400 mmÞ3<br />

I1 ¼<br />

12<br />

I1 ¼ 59 556 10 4 mm 4<br />

2<br />

143 mm ð348 mmÞ3<br />

12<br />

400 mm ð25 mmÞ3<br />

I2 ¼ ¼ 52 10<br />

12<br />

4 mm 4<br />

Ix ¼ I1 þ A1l1 2 þ I2 þ A2l2 2<br />

Ix ¼ð59 556þ204,7 49þ52þ100 203Þ 10 4 mm 4<br />

Ix ¼ 89 938 10 4 mm 4<br />

Wx1 ¼ Ix<br />

Wx2 ¼<br />

e0<br />

¼ 89 938 104 mm 4<br />

270 mm<br />

Ix<br />

5 Festigkeitslehre<br />

9 10 8 mm 4<br />

¼ 3331 10 3 mm 3<br />

¼ 5802 10<br />

425 mm e0<br />

3 mm 3


5.7 Flächenmomente 2. Grades I und Widerstandsmomente W 319<br />

4. Ûbung: Für den skizzierten unsymmetrischen<br />

Querschnitt sollen die Flächen- und Widerstandsmomente<br />

berechnet werden.<br />

Lösung für die x-Achse: Man denkt sich den<br />

Querschnitt entstanden aus der vollen Rechteckfläche<br />

(200 300) mm2 abzüglich der Hohlraumfläche<br />

(160 150) mm2 , also A ¼ A1 A2. Mit<br />

dieser Ûberlegung berechnet man sowohl die<br />

Schwerpunktslage (e0) als auch die Flächenmomente<br />

2. Grades. Es wird mit der Schwerpunktsberechnung<br />

begonnen:<br />

Unsymmetrischer Querschnitt mit Hohlraum<br />

Ae0 ¼ A1 150 mm A2 175 mm ðMomentensatz für Flächen nach 2:2:3:1, Seite 80Þ<br />

A1 ¼ð200 300Þ mm 2 ¼ 600 10 2 mm 2 ; A2 ¼ð160 150Þ mm 2 ¼ 240 10 2 mm 2<br />

A ¼ A1 A2 ¼ð600 240Þ 10 2 mm 2 ¼ 360 10 2 mm 2<br />

e0 ¼ 600 102 mm 2 1,5 10 2 mm 240 10 2 mm 2 1,75 10 2 mm<br />

360 10 2 mm 2<br />

¼ 900 104 mm 3 420 10 4 mm 3<br />

3,6 10 4 mm 2<br />

e0 ¼ 133 mm<br />

l1 ¼ 150 mm e0 ¼ 17mm ; l1 2 ¼ 2,89 10 2 mm 2 ; l2 ¼ 175mm e0 ¼ 42mm<br />

l2 2 ¼ 17,6 10 2 mm 2<br />

200 mm ð300 mmÞ3<br />

I1 ¼ ¼ 45 000 10<br />

12<br />

4 mm 4 160 mm ð150 mmÞ3<br />

; I2 ¼ ¼ 4500 10<br />

12<br />

4 mm 4<br />

Ix ¼ I1 þ A1l1 2<br />

ðI2 þ A2l2 2 Þ¼ð45 000 þ 600 2,89 4500 240 17,6Þ 10 4 mm 4<br />

Ix ¼ 3,8 10 8 mm 4<br />

Wx1 ¼ Ix<br />

Wx2 ¼<br />

e0<br />

¼ 3,8 108 mm 4<br />

133 mm ¼ 2,85 106 mm 3<br />

Ix<br />

300 mm e0<br />

¼ 3,8 108 mm 4<br />

167 mm ¼ 2,28 106 mm 3<br />

Lösung für die y-Achse: Die Berechnung der Flächen-<br />

und Widerstandsmomente für die y-Achse<br />

ist einfacher als für die x-Achse, weil jetzt Teilschwerachsen<br />

und Gesamtschwerachse zusammenfallen:<br />

300 mm ð200 mmÞ3<br />

Iy ¼ I1 I2 ¼<br />

12<br />

150 mm ð160 mmÞ 3<br />

12<br />

Iy ¼ 1,488 10 8 mm 4<br />

Wy1 ¼ Wy2 ¼ Iy<br />

e ¼ 1,488 108 mm4 ¼ 1,488 10<br />

100 mm<br />

6 mm 3<br />

¼


320<br />

5. Ûbung: Ein Träger hat den skizzierten zusammengesetzten<br />

Querschnitt aus genormten L-Stählen<br />

und Blechen. Mit Hilfe der Profilstahltabelle<br />

aus der Formelsammlung ist zu berechnen:<br />

a) das Flächenmoment der oberen und unteren<br />

Gurtplatte,<br />

b) das Flächenmoment des Stegblechs,<br />

c) das Flächenmoment der L-Profile,<br />

d) das Gesamtflächenmoment in Bezug auf die<br />

Gesamtschwerachse 0 –0.<br />

e) das Widerstandsmoment.<br />

Lösung:<br />

200 mm ð10 mmÞ3<br />

aÞ I1 ¼ I2 ¼ ¼ 1,67 10<br />

12<br />

4 mm 4<br />

¼ 2250 10 4 mm 4<br />

bÞ I3 ¼<br />

cÞ I4 ¼ I5 ¼ I6 ¼ I7 ¼ 52,6 10 4 mm 4 ðFormelsammlungÞ<br />

dÞ Iges ¼ 2ðI1 þ A1l1 2 ÞþðI3 þ A3l3 2 Þþ4ðI4 þ A4l4 2 Þ<br />

10 mm ð300 mmÞ3<br />

12<br />

Zwischenrechnung: A1 ¼ 200 10 mm 2 ¼ 20 10 2 mm 2 ; l1 ¼ 155 mm<br />

l1 2 ¼ 240 10 2 mm 2<br />

A3 ¼ 10 300 mm2 ¼ 30 102 mm2 ; l3 ¼ 0 ; l3 2 ¼ 0<br />

A4 ¼ 11,9 102 mm2 ðFormelsammlungÞ<br />

l4 ¼ð150 20,5Þ mm ¼ 129,5 mm ; l4 2 ¼ 167,7 102 mm2 9603<br />

zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{<br />

Iges ¼½2ð1,67 þ 20 240Þ þð2250 þ 30 0Þþ4 ð52,6 þ 11,9 167,7ÞŠ 10 4 mm 4<br />

¼<br />

¼ 2 10 8 mm 4<br />

e) W ¼ Iges<br />

e ¼ 2 108 mm 4<br />

1,6 10 2 mm ¼ 1,25 106 mm 3<br />

Obwohl die Einzelflächenmomente I1 und I2 der Gurtplatten nur je 1,67 10 4 mm 4 betragen,<br />

tragen sie doch den größten Anteil ( 9600 10 4 mm 4 10 8 mm 4 ) zum Iges bei, einfach deshalb,<br />

weil sie am weitesten von der Bezugsachse 0 –0 entfernt liegen.<br />

Daraus erkennt man:<br />

Es kommt beim Flächenmoment 2. Grades eines Querschnitts nicht auf den Flächeninhalt,<br />

sondern auf die Flächenform an, d. h. es muss möglichst viel Werkstoff möglichst weit von der<br />

Bezugsachse entfernt liegen, wenn der Querschnitt ein großes Flächenmoment haben soll.<br />

Weiter kann man sagen: Bohrungen in Schwerpunktsnähe haben nur geringen Einfluss; sie<br />

mindern das Flächenmoment 2. Grades nur geringfügig.<br />

Aufgaben Nr. 766–808<br />

5 Festigkeitslehre<br />

¼


5.8 Beanspruchung auf Torsion 321<br />

5.8 Beanspruchung auf Torsion<br />

Die folgenden Herleitungen und Berechnungsgleichungen gelten für rotationssymmetrische<br />

Querschnitte (Kreise und Kreisringe). Für andere Querschnitte siehe Tabelle 5.2, Seite 311.<br />

5.8.1 Spannungsverteilung<br />

Eine Welle wird durch das Drehmoment M auf<br />

Torsion (Verdrehung) beansprucht. Ein achsparallel<br />

angebrachter Kreidestrich geht dabei in eine<br />

Schraubenlinie über. Man legt einen Schnitt rechtwinklig<br />

zur Stabachse und stellt durch das innere<br />

Torsionsmoment MT ¼ M das Gleichgewicht am<br />

Stabteil I wieder her. Die Mantelgerade AB ist zur<br />

Schraubenlinie AC geworden. Die Schnittufer werden<br />

demnach drehend gegeneinander verschoben.<br />

Es entsteht eine in der Fläche wirkende Schubspannung.<br />

Sie heißt Torsionsspannung tt.<br />

Im Gegensatz zur Zug-, Druck- und Abscherbeanspruchung<br />

werden die Werkstoffteilchen bei<br />

der Torsionsbeanspruchung nicht gleich stark verformt.<br />

Dementsprechend wird sich auch eine andere<br />

Spannungsverteilung über dem Querschnitt einstellen<br />

müssen. Verformungs- und Spannungsbild<br />

geben darüber Aufschluss.<br />

Das Verformungsbild des Schnittufers zeigt, dass<br />

die Stoffteilchen umso weiter drehend gegeneinander<br />

verschoben werden, je weiter sie von<br />

der Wellenachse entfernt liegen. Man sieht, dass<br />

Teilchen B auf dem Bogen b nach C gewandert<br />

ist, d. h. die stärkste Verdrehung stellt sich am<br />

Querschnittsumfang ein. Im Abstand r von der<br />

Wellenachse ist die Verdrehung schon geringer<br />

(B 0 wandert auf Db nach C 0 ). Die Wellenachse 0<br />

selbst ist unverformt.<br />

Im elastischen Bereich ist die Verformung der<br />

Spannung proportional (siehe Hooke’sches Gesetz,<br />

5.2.3.4, Seite 282), d. h. die Spannung muss im<br />

Querschnitt ebenso verteilt sein wie die Verformung.<br />

Man spricht von einer linearen Spannungsverteilung:<br />

Die Wellenachse ist unverformt, also<br />

spannungsfrei. Die Spannung wächst mit r bis<br />

zum Höchstwert tmax am Querschnittsumfang<br />

(Randspannung). Mit dieser Randspannung müssen<br />

die Festigkeitsrechnungen erfolgen.<br />

Torsionsbeanspruchte Welle<br />

Verformungsbild<br />

Die Verformungen wachsen linear mit dem<br />

Abstand von der neutralen Faser:<br />

Db r<br />

¼<br />

b r<br />

Nach Hooke sind die Verformungen den<br />

Spannungen proportional:<br />

Db t<br />

t<br />

¼ und folglich ¼<br />

b tmax<br />

tmax<br />

r<br />

r<br />

Daraus ergibt sich die Spannung t an einer<br />

beliebigen Stelle:<br />

t ¼ tmax<br />

r<br />

r<br />

Spannungsbild


322<br />

Bei Torsion erhalten die Randfasern die stärkste<br />

Beanspruchung, die Wellenachse ist spannungslos.<br />

Daher kann die Wellenachse auch<br />

zentrisch ausgebohrt werden.<br />

5.8.2 Herleitung der Torsions-Hauptgleichung<br />

Das Flächenteilchen DA im Abstand r von der<br />

Wellenachse (Spannungsbild) überträgt die im<br />

Querschnitt liegende Teilkraft DF. Unter der Annahme,<br />

daß die Spannung t über dem (sehr klein<br />

gedachten) Flächenteilchen DA gleichmäßig verteilt<br />

ist (wie beim Abscheren), kann man<br />

DF ¼ DAt schreiben.<br />

Die Teilkraft DF wirkt in Bezug auf die Wellenachse<br />

drehend am Hebelarm r. Sie erzeugt also<br />

ein „kleines“ Torsionsmoment DMT ¼ DFr.<br />

Mit der Spannung t kann man nichts anfangen;<br />

dagegen wird die Randfaserspannung tmax gebraucht,<br />

denn durch sie wird der Werkstoff am<br />

stärksten beansprucht. Man ersetzt daher t durch<br />

die aus dem Spannungsbild abgelesene Beziehung<br />

t ¼ tmax r=r und erhält damit eine erweiterte<br />

Gleichung für das Torsionsmoment DMT.<br />

Die Summe dieser kleinen Torsionsmomente ist<br />

das im Querschnitt wirkende (innere) Torsionsmoment<br />

MT.<br />

Die gleich bleibenden Größen tmax und r können<br />

vor das Summenzeichen gesetzt werden.<br />

Der Summenausdruck SDAr 2 ist das schon bekannte<br />

polare Flächenmoment 2. Grades Ip; der<br />

Ausdruck Ip=r ist das polare Widerstandsmoment<br />

Wp. Nur wegen der einfachen Schreibweise wird<br />

tmax ¼ tt eingesetzt. tt ist also ab jetzt immer die<br />

Randfaserspannung, die größte Spannung im<br />

Querschnitt.<br />

Hinweis: Vor allem im Fahrzeugbau wird<br />

der Konstrukteur Hohlwellen vorsehen<br />

(Leichtbau).<br />

DF ¼ DAt<br />

DMT ¼ DFr ¼ DAtr<br />

DMT ¼ DAtr ¼ DAtmax<br />

DMT ¼ tmax<br />

r DAr2<br />

MT ¼ SDMT<br />

r<br />

r r<br />

MT ¼ SDMT ¼ S tmax<br />

r DAr2<br />

MT ¼ tmax<br />

r SDAr2<br />

SDAr 2 ¼ Ip (siehe 5.7.2, Seite 304)<br />

Ip<br />

¼ Wp<br />

r<br />

MT ¼ tt<br />

Ip<br />

¼ ttWp<br />

r<br />

5 Festigkeitslehre


5.8 Beanspruchung auf Torsion 323<br />

Die gefundene Gleichung löst man nach der Spannung<br />

auf und erhält so die gesuchte Torsions-Hauptgleichung.<br />

Torsionsmoment MT<br />

Torsionsspannung tt ¼<br />

polares Widerstandsmoment Wp<br />

Am häufigsten werden Kreisring- und Kreisquerschnitte<br />

zu berechnen sein. Wird aus Torsionsmoment<br />

MT und zulässiger Torsionsspannung tt zul<br />

das erforderliche Widerstandsmoment Wp erf ermittelt,<br />

dann lassen sich mit den Gleichungen in<br />

Tabelle 5.2, Seite 311, die erforderlichen Durchmesser<br />

(d, da, di) berechnen. Ob dabei mit den genauen<br />

Gleichungen oder mit den abgerundeten Beziehungen<br />

gerechnet wird, ist gleichgültig.<br />

Statt zuerst Wperf und daraus erst den Durchmesser<br />

zu bestimmen, kann man auch sofort eine Gleichung<br />

für den erforderlichen Durchmesser entwickeln.<br />

Das wird in den folgenden Lehrbeispielen<br />

vorgeführt.<br />

Das die Welle beanspruchende Torsionsmoment<br />

MT ist gleich dem von der Welle zu übertragenden<br />

Drehmoment M.<br />

Das Drehmoment M wird entweder mit der<br />

Größengleichung P ¼ Mw oder mit der im Maschinenbau<br />

gebräuchlichen Zahlenwertgleichung<br />

bestimmt. Dann sind die im Einheitenraster angegebenen<br />

Einheiten zu benutzen. Bei der Größengleichung<br />

ist man von dieser Bedingung frei.<br />

Die Zahlenwertgleichung ist hier zugeschnitten<br />

auf die Einheit Nm für das Drehmoment M, wenn<br />

die Leistung P in kW und die Drehzahl n in min 1<br />

eingesetzt werden.<br />

tt ¼ MT<br />

Wp<br />

Torsions-<br />

Hauptgleichung<br />

tt MT Wp<br />

N<br />

Nmm mm3<br />

mm2 Je nach vorliegender Aufgabe wird die<br />

Torsions-Hauptgleichung umgestellt:<br />

Wperf ¼ MT<br />

tt zul<br />

tt vorh ¼ MT<br />

Wp<br />

MTmax ¼ Wptt zul<br />

MT ¼ M<br />

M ¼ P<br />

w<br />

tt zul<br />

w ¼ 2pn<br />

erforderliches<br />

Widerstandsmoment<br />

vorhandene<br />

Spannung<br />

maximales<br />

Torsionsmoment<br />

Größengleichung zwischen Drehmoment M,<br />

Leistung P und Winkelgeschwindigkeit w<br />

M ¼ 9550 P<br />

n<br />

M P n<br />

Nm kW min 1<br />

Zahlenwertgleichung mit P in kW und n in<br />

U/min ¼ 1/min ¼ min 1


324<br />

5.8.3 Formänderung bei Torsion<br />

Zwei benachbarte Querschnitte einer Welle werden<br />

durch Torsionsbeanspruchung gegeneinander verdreht.<br />

Bringt man vor der Verformung auf der Welle<br />

mit der Wellenlänge l den Kreidestrich AB an,<br />

dann wird daraus nach der Verformung die Schraubenlinie<br />

AC. Zugleich dreht sich der Radius OB<br />

um den Kreismittelpunkt O in die Stellung OC,<br />

das heißt, die beiden Stirnflächen der Welle haben<br />

sich um den Verdrehwinkel j gegeneinander verdreht.<br />

Die stärkste Verformung zeigt die Randfaser: Das<br />

Stoffteilchen in B durchläuft die Formänderung b<br />

(Bogen BC _<br />

).<br />

Im Bereich der elastischen Formänderung gilt<br />

auch bei Torsion das Hooke’sche Gesetz, in das<br />

die entsprechenden Größen der Torsionsbeanspruchung<br />

eingesetzt werden. Man setzt für<br />

Zugspannung s ) Torsionsspannung tt<br />

Formänderung Dl ) Formänderung b<br />

Stablänge l0 ) Wellenlänge l<br />

Stoffkonstante E ) Stoffkonstante G<br />

(Elastizitätsmodul) (Schubmodul)<br />

Das Bogenstück BC _<br />

¼ b ist vom Radius r abhängig.<br />

Es ist einfacher, mit dem Verdrehwinkel j in<br />

Grad zu rechnen. Zwischen b und j besteht eine<br />

Beziehung, die man aus der Skizze für die Formänderung<br />

(oben) ablesen kann.<br />

Es wird nun in die Gleichung j ¼ b 180 =pr der<br />

Wert b ¼ tt l=G nach dem Hooke’schen Gesetz<br />

eingesetzt.<br />

Für tt kann man auch tt ¼ MT=Wp und für<br />

Wp r ¼ Ip einsetzen und damit drei Formänderungsgleichungen<br />

für Torsionsbeanspruchung entwickeln.<br />

Man erkennt aus den Gleichungen, dass bei Stahlwellen<br />

der Verdrehwinkel j unabhängig von der<br />

Werkstoffgüte ist, denn der Schubmodul G ist für<br />

alle Stahlsorten gleich groß (siehe Tabelle 5.8,<br />

Seite 385).<br />

tt ¼ b<br />

l G , s ¼ Dl<br />

E<br />

l0<br />

Hooke’sches<br />

Gesetz für<br />

Torsion<br />

Hooke’sches<br />

Gesetz für<br />

Zug/Druck<br />

Formänderung<br />

bei Torsionsbeanspruchung<br />

Beachte: Der Schubmodul G entspricht<br />

dem Elastizitätsmodul (siehe Tabelle 5.8,<br />

Seite 385) und Abschnitt 5.6.2, Seite 297):<br />

GStahl ¼ 80000 N/mm 2<br />

EStahl ¼ 210000 N/mm 2<br />

b j<br />

¼<br />

2pr 360<br />

b 360<br />

j ¼<br />

2pr<br />

j ¼ b<br />

r<br />

j ¼ ttl<br />

Gr<br />

j ¼ tt l<br />

Gr<br />

180<br />

p<br />

180<br />

p<br />

180<br />

p<br />

j ¼ MT l<br />

Wp rG<br />

j ¼ MT l<br />

IpG<br />

180<br />

p<br />

¼ b<br />

r<br />

180<br />

p<br />

5 Festigkeitslehre<br />

180<br />

p<br />

j tt, G l, r MT<br />

N<br />

mm2 mm Nmm<br />

Wp Ip<br />

mm 3 mm 4


5.8 Beanspruchung auf Torsion 325<br />

5.8.4 Formänderungsarbeit Wf<br />

Bei der Beanspruchung einer Welle auf Torsion<br />

steigt das Torsionsmoment MT von null bis zu einem<br />

Höchstwert proportional zum Verdrehwinkel<br />

an. Dabei wird in der Welle eine Formänderungsarbeit<br />

Wf gespeichert. Die Gleichung dafür liest<br />

man wieder aus dem Arbeitsdiagramm als Fläche<br />

unter der Belastungskurve ab. Das Arbeitsdiagramm<br />

oder Federungsdiagramm entsteht, wenn<br />

über dem Verdrehwinkel j das Torsionsmoment<br />

MT aufgetragen wird.<br />

Geht die Belastung von null aus, dann ist die Fläche<br />

unter der Federkennlinie ein Dreieck und es<br />

gilt Wf ¼ MTj=2. Bei vorbelasteter Feder ergibt<br />

sich eine Trapezfläche mit entsprechender Flächenformel.<br />

Die Neigung der Federkennlinie ist ein Maß für<br />

die „Härte“ oder „Weichheit“ der Feder. Eine Feder<br />

ist umso weicher, je flacher die Kennlinie verläuft<br />

oder, rechnerisch ausgedrückt, je kleiner die<br />

Federrate R ist. Sie entspricht dem Tangens des<br />

Neigungswinkels a (siehe Arbeitsdiagramm).<br />

Für Torsionsstabfedern von kreisförmigem Querschnitt<br />

kann man wie für die Zugfedern auf Seite<br />

284 die Gleichung für die Formänderungsarbeit<br />

weiter entwickeln, indem für MT ¼ ttWp (Torsions-Hauptgleichung)<br />

und für Wp ¼ pd 3 =16 (Tabelle<br />

5.2. Seite 311) eingesetzt wird.<br />

Mit der Formänderungsgleichung für den Verdrehwinkel<br />

j erhält man die endgültige Form der gesuchten<br />

Beziehung für Wf.<br />

Solange die Torsionsbeanspruchung im elastischen Bereich liegt, wird die im Werkstoff<br />

gespeicherte Arbeit bei Entlastung wieder vollständig frei. Torsions- oder Drehstabfedern verwendet<br />

man z. B. als Wagenfeder oder Drehstab-Stabilisator im Kraftfahrzeugbau, für Drehmomentenschlüssel<br />

zum Anziehen von Schrauben und Muttern oder im Messgerätebau.<br />

Aufgaben Nr. 809–833<br />

Torsionsmoment<br />

0<br />

Dreieckfläche =<br />

MT<br />

f<br />

W f =<br />

2<br />

Verdrehwinkel<br />

f<br />

Belastungslinie = Federkennlinie<br />

a<br />

M T<br />

Arbeitsdiagramm für Torsionsstabfedern im<br />

Gültigkeitsbereich des Hooke’schen Gesetzes<br />

(MT j)<br />

Wf ¼ MT<br />

j<br />

2<br />

Formänderungsarbeit<br />

(Federarbeit)<br />

R ¼ MT<br />

j<br />

Federrate<br />

MT ¼ ttWp<br />

j ¼ tt l<br />

G d<br />

2<br />

Wf ¼ MT<br />

Wf ¼ MT<br />

¼ tan a<br />

j<br />

2 ¼ tt A d<br />

4<br />

Wp ¼ pd3<br />

16<br />

¼ pd2<br />

4<br />

pd2 l ¼ Volumen V<br />

4<br />

j<br />

2 ¼ tt 2V 4G<br />

Wf MT j R<br />

J Nm rad ¼ 1 Nm<br />

rad<br />

tt l<br />

G d<br />

2 2<br />

¼ tt 2V 4G<br />

d<br />

4<br />

Formänderungsarbeit<br />

(Federarbeit),<br />

vergleiche mit<br />

Seite 284


326<br />

Lehrbeispiel: Torsionsstabfeder<br />

Aufgabenstellung:<br />

Eine Torsionsstabfeder soll für folgende<br />

Einbaugrößen berechnet werden:<br />

l1 ¼ 400 mm<br />

l ¼ 600 mm<br />

F ¼ 2500 N<br />

Werkstoff mit tt zul¼ 320 N<br />

mm 2<br />

N<br />

G ¼ 80 000<br />

mm 2<br />

Es sind zu berechnen:<br />

a) Federdurchmesser d bei Vollprofil<br />

b) Federweg f<br />

c) Außendurchmesser D und Innendurchmesser d für Rohrquerschnitt der Feder mit D<br />

Feder<br />

F<br />

Stellung bei<br />

ungespannter Feder<br />

10<br />

¼<br />

d 8<br />

d) Federweg f’ für Rohrquerschnitt.<br />

Lösung:<br />

a) Federdurchmesser d: MT ¼ Fl1 ¼ 2500 N 400 mm ¼ 10 6 Nmm<br />

tt ¼ Mt<br />

Wp<br />

b) Federweg f: Ip ¼ pd4<br />

32<br />

j ¼ MT l<br />

IpG<br />

c) Rohrquerschnitt: Wp erf ¼ MT<br />

Wp ¼ p<br />

16<br />

D 4 d 4<br />

D<br />

Wp ¼ pd3<br />

16<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3 16MT 16 10<br />

derf ¼ ¼<br />

p tt zul<br />

6 Nmm<br />

p 320 N<br />

mm 2<br />

v<br />

u<br />

¼ 25,2 mm<br />

t3<br />

¼ p 254<br />

32 mm4 ¼ 3,83 10 4 mm 4<br />

j ¼ 106 Nmm 0,6 103 mm<br />

3,83 104 mm4 N<br />

8 104 mm 2<br />

¼ 0,196 rad<br />

f ¼ jl1 ¼ 0,196 400 mm ¼ 78,4 mm<br />

tt zul<br />

¼ 106 Nmm<br />

320 N<br />

mm 2<br />

¼ 3,125 10 3 mm 3<br />

Wp erf ¼ p<br />

16<br />

D4 d4 ¼<br />

D<br />

p<br />

16<br />

D4 ð0,8DÞ 4<br />

D<br />

Derf ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3,125 103 mm 3<br />

s<br />

3<br />

¼ 29,98 mm<br />

0,116<br />

¼ p<br />

16<br />

d) Federweg f’: Ip ¼ pðD4 d4 Þ<br />

¼<br />

32<br />

pð304 244Þ mm4 ¼ 4,695 10<br />

32<br />

4 mm 4<br />

Ip ¼ p<br />

32 ðD4<br />

d 4 Þ j ¼ MT l<br />

IpG ¼<br />

106 Nmm 0,6 103 mm<br />

4,695 104 mm4 N<br />

8 104 mm 2<br />

¼ 0,16 rad<br />

l<br />

f 0 ¼ jl1 ¼ 0,16 400 mm ¼ 64 mm<br />

l 1<br />

f<br />

5 Festigkeitslehre<br />

gewählt:<br />

d ¼ 25 mm<br />

d ¼ 0,8 D<br />

D4 ð1 0,84Þ ¼ 0,116 D<br />

D<br />

3<br />

gewählt:<br />

D ¼ 30 mm<br />

d ¼ 0,8 D ¼ 24 mm


5.8 Beanspruchung auf Torsion 327<br />

Lehrbeispiel: Verdrehwinkel (Drehmomentschlüssel)<br />

Aufgabenstellung<br />

Ein Torsionsstab-Messgerät soll bei einem Torsionsmoment<br />

von MT ¼ 8 Nm einen Verdrehwinkel von j ¼ 35 anzeigen.<br />

Werkstoff 42CrMo4 mit tt zul ¼ 400 N/mm2 .<br />

Bestimme:<br />

a) Stabdurchmesser d<br />

b) Stablänge l<br />

Lösung:<br />

a) Stabdurchmesser d:<br />

tt ¼ MT<br />

Wp<br />

Wp erf ¼ MT<br />

tt zul<br />

Wp ¼ pd3<br />

16<br />

derf ¼ 4,67 mm<br />

gewählt: d ¼ 4,8 mm<br />

b) Stablänge l aus der Verdrehwinkel-Gleichung:<br />

j ¼ MT l<br />

GIp<br />

180<br />

p<br />

4 N<br />

G ¼ 8 10<br />

mm 2<br />

¼ 8 103 Nmm<br />

400 N<br />

mm2 ¼ 20 mm 3<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3 16 Wp erf 16 20 mm<br />

derf ¼<br />

¼<br />

p<br />

3<br />

r<br />

3<br />

p<br />

Ip ¼ pd4<br />

32 ¼ p 4,84 mm4 ¼ 52 mm<br />

32<br />

4<br />

l ¼ pjGIp<br />

4 N<br />

p 35 8 10 52 mm4<br />

mm 2<br />

¼<br />

180 MT 180 8 103 Nmm<br />

¼ 317,65 mm


328<br />

5.9 Beanspruchung auf Biegung<br />

5.9.1 Spannungsarten und inneres Kräftesystem bei Biegeträgern<br />

Der skizzierte Stab wird durch die Kraft F auf Biegung<br />

beansprucht. Die vor der Belastung gerade<br />

Stabachse verformt sich zur Biegelinie.<br />

Auf Biegung beanspruchte gerade stabförmige<br />

Bauteile wie Achsen, Wellen, Hebel nennt man<br />

Träger oder auch Balken.<br />

An einer beliebigen Stelle der Trägerlänge l legt<br />

man den Schnitt x –x rechtwinklig zur Stabachse<br />

und bringt im Schnittflächenschwerpunkt dasjenige<br />

innere Kräftesystem an (Fq und Mb), das den<br />

Restteil I ins Gleichgewicht setzt.<br />

Nach der Berechnung der Stützkräfte FA ¼ 500 N<br />

und FB ¼ 1500 N ergibt die Untersuchung des<br />

Kräftegleichgewichts für Trägerteil I:<br />

SFy ¼ 0 ¼þFA Fq Fq ¼ FA ¼ 500 N<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ FA x þ Mb<br />

Mb ¼ FA x ¼ 500 N 1,2 m ¼ 600 Nm<br />

Der Querschnitt hat demnach wegen SFy ¼ 0 die<br />

in der Fläche liegende Querkraft Fq ¼ FA ¼ 500 N<br />

zu übertragen. Die Querkraft Fq ruft die Schubspannung<br />

t hervor.<br />

Aus SMðSPÞ ¼ 0 ergibt sich weiter, dass der Querschnitt<br />

noch das rechtwinklig zur Fläche wirkende<br />

Biegemoment Mb ¼ FA x ¼ 600 Nm zu übertragen<br />

hat.<br />

Die Lage der größten Durchbiegung fmax wird<br />

durch die Länge xm bestimmt:<br />

xm ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ðl 2 l2 2 p<br />

Þ=3 ¼ 2,23 m<br />

Bei Biegung muss der Querschnitt eine Querkraft<br />

Fq und ein Biegemoment Mb übertragen.<br />

Das Biegemoment belastet den Querschnitt am<br />

stärksten; es erzeugt Biegespannungen sb:<br />

FA<br />

FA<br />

x = 1,2 m<br />

l =4m<br />

l 1 =3m l 2 =1m<br />

x<br />

F = 2000 N<br />

A B<br />

Biegelinie<br />

(l2 - l 2 )/3 = 2,23 m<br />

2<br />

fmax -Stelle<br />

x m =<br />

x<br />

xm F<br />

M b Mb<br />

SP SP<br />

Fq Fq<br />

5 Festigkeitslehre<br />

F B<br />

Inneres Kräftesystem bei Biegung<br />

Hinweis: Das Biegemoment Mb ruft im<br />

Schnitt die Normalspannung s hervor, weil<br />

es dem in Normalenrichtung auf der Fläche<br />

stehenden Kräftepaar FN entspricht. Diese<br />

Normalspannung heißt Biegespannung sb<br />

und besteht aus Zug- und Druckspannungen,<br />

entsprechend den beiden Normalkräften FN<br />

(Zug- und Druckkraft).<br />

Hinweis: Bei langen Stäben ist der Einfluss<br />

der Querkraft gering, d. h. die Schubspannung<br />

t kann daher meist vernachlässigt werden.<br />

Bei kurzen, dicken Stäben ist zu prüfen,<br />

ob der Wert zulässig ist.<br />

F N<br />

F N


5.9 Beanspruchung auf Biegung 329<br />

5.9.2 Bestimmung der Biegemomente und Querkräfte an beliebigen Trägerstellen<br />

Das Biegemoment Mb für eine beliebige Stelle längs des Biegeträgers erhält man als Momentensumme<br />

für die Schnittstelle am linken oder rechten Trägerteil; ebenso erhält man die Querkraft<br />

Fq als Kraftsumme an einem der beiden Teile. Am besten wird Schritt für Schritt nach<br />

folgendem Arbeitsplan vorgegangen:<br />

Arbeitsplan zur Biegemomenten- und Querkraftbestimmung:<br />

Freimachen des Bauteils (Biegeträger). 1. Schritt<br />

Bestimmung der Stützkräfte mit den drei statischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

(SFx ¼ 0, SFy ¼ 0, SM ¼ 0).<br />

Momentensumme für die Schnittstelle bilden. Damit ergibt sich das dort<br />

vorhandene Biegemoment Mb.<br />

Kraftsumme für die Schnittstelle bilden (nur Querkräfte nehmen). Damit<br />

ergibt sich die dort vorhandene Querkraft Fq.<br />

Man schaut von der Schnittstelle aus nach links<br />

(oder rechts) und addiert die Momente. Das Ergebnis<br />

ist das Biegemoment Mb:<br />

Man schaut von der Schnittstelle aus nach links<br />

(oder rechts) und addiert die Querkräfte.<br />

Das Ergebnis ist die Querkraft Fq.<br />

5.9.3 Spannungsverteilung im Trägerquerschnitt bei Biegung<br />

Die äußere Kraft F biegt den Träger nach unten<br />

durch. Die vorher gerade Trägerachse wird eine<br />

gekrümmte Linie, auch Biegelinie oder „elastische<br />

Linie“ genannt.<br />

Zwei vorher parallele Schnitte ab; cd stellen sich<br />

bei Biegebelastung schräg gegeneinander: a 0 b 0 ,<br />

c 0 d 0 . Dabei werden die oberen Werkstoff-Fasern<br />

verkürzt (Stauchung e), die unteren dagegen verlängert<br />

(Dehnung þe), so wie es das Verformungsbild<br />

auf der folgenden Seite zeigt.<br />

2.Schritt<br />

3. Schritt<br />

4. Schritt<br />

Hinweis: Dieser Merksatz veranschaulicht<br />

den dritten und vierten Schritt. Da sich Biegemoment<br />

und Querkraft längs des Trägers<br />

ändern, müssen mehrere Schnittstellen untersucht<br />

werden.<br />

Biegebeanspruchter Träger (Biegeträger)


330<br />

Zwischen den oberen (gestauchten) und den unteren<br />

(gestreckten) Stoffteilchen muss eine Faserschicht<br />

liegen, die sich weder verkürzt noch verlängert,<br />

die ihre Länge also beibehält. Das ist die<br />

„neutrale Faserschicht“, bei der e ¼ 0 ist. Sie<br />

geht durch den Schwerpunkt SP der Schnittfläche.<br />

Nach dem Hooke’schen Gesetz sind im elastischen<br />

Bereich die Spannungen ebenso verteilt wie die<br />

Formänderungen. Wie die Längenänderung wächst<br />

auch die Spannung von der neutralen Faserschicht<br />

(Nulllinie) nach oben und unten gleichmäßig. Die<br />

Spannung verteilt sich linear. Die neutrale Faserschicht<br />

ist unverformt, also auch spannungslos.<br />

Die Spannung wächst mit dem Abstand y von der<br />

neutralen Faser bis zum Höchstwert þsmax (Zugspannung)<br />

und smax (Druckspannung). Genau<br />

wie bei der Torsion muss man also auch bei der<br />

Biegung mit der Randspannung smax rechnen, wobei<br />

die Unterscheidung zwischen þsmax als größter<br />

Zugspannung und smax als größter Druckspannung<br />

nur bei solchen Werkstoffen notwendig<br />

ist, die auf Zug und Druck unterschiedlich reagieren,<br />

z. B. Gusseisen.<br />

Bei Biegung erhalten die Randfasern die stärkste<br />

Beanspruchung, die neutrale Faserschicht<br />

ist spannungslos, Bohrungen in Schwerpunktsnähe<br />

schaden daher nicht. Biegespannungen<br />

sind Zug- und Druckspannungen (Normalspannungen).<br />

Sie sind linear über dem Querschnitt<br />

verteilt.<br />

5.9.4 Herleitung der Biege-Hauptgleichung<br />

Das Flächenteilchen DA im Abstand y von der<br />

x-Achse (Schwerachse) überträgt die rechtwinklig<br />

auf dem Querschnitt stehende Teilkraft DF. Unter<br />

der Annahme, dass die Spannung s gleichmäßig<br />

über dem Flächenteilchen DA verteilt ist (wie bei<br />

Zugbeanspruchung), kann man für DF ¼ DAs<br />

schreiben.<br />

Verformungsbild<br />

Die Verformungen wachsen linear mit dem<br />

Abstand von der neutralen Faserschicht.<br />

Nach Hooke sind die Verformungen den<br />

Spannungen proportional, also wachsen auch<br />

die Spannungen linear mit dem Abstand von<br />

der neutralen Faserschicht. Wie das Spannungsbild<br />

zeigt, ist<br />

s<br />

¼ y<br />

e<br />

smax<br />

Daraus ergibt sich für die Spannung s an<br />

einer beliebigen Stelle:<br />

s ¼ smax<br />

y<br />

e<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Spannungsbild


5.9 Beanspruchung auf Biegung 331<br />

Die Teilkraft DF wirkt in Bezug auf die x-Achse<br />

drehend am Hebelarm y, sie erzeugt also ein „kleines“<br />

Innenmoment DMi ¼ DFy.<br />

Die Spannung s ändert ihren Betrag mit dem Abstand<br />

y. Für die Hauptgleichung braucht man die<br />

Randfaserspannung smax, weil sie den Werkstoff<br />

am stärksten beansprucht. Es wird daher s durch<br />

die aus dem Spannungsbild abgelesene Beziehung<br />

s ¼ smax y=e ersetzt.<br />

Die Summe der kleinen Innenmomente DMi hält<br />

dem einwirkenden Biegemoment Mb das Gleichgewicht.<br />

Die gleichbleibenden Größen smax und Randfaserabstand<br />

e können vor das Summenzeichen gesetzt<br />

werden.<br />

Der Summenausdruck SDAy 2 ist das schon bekannte<br />

axiale Flächenmoment 2. Grades I, der<br />

Ausdruck I=e ist das axiale Widerstandsmoment W.<br />

Die gefundene Gleichung löst man nach der Spannung<br />

auf und erhält so die gesuchte Biege-Hauptgleichung.<br />

Biegemoment Mb<br />

Biegespannung sb ¼<br />

axialesWiderstandsmoment W<br />

Hat man aus Biegemoment und zulässiger<br />

Biegespannung das erforderliche axiale Widerstandsmoment<br />

Werf berechnet, können mit den<br />

Gleichungen aus Tabelle 5.1, Seite 309, die Querschnittsmaße<br />

festgelegt werden.<br />

Bei Trägern mit konstantem Querschnitt, z. B. bei<br />

allen Profilstählen, reicht die Bestimmung des<br />

maximalen Biegemomentes aus. Dagegen ist es<br />

bei abgesetzten Bauteilen nötig, das Biegemoment<br />

für sämtliche Ûbergangsstellen zu ermitteln und zu<br />

garantieren, dass sb vorh sbzulist. DMi ¼ DFy ¼ DAs y<br />

DMi ¼ DAs y ¼ DAsmax<br />

DMi ¼ smax<br />

e DAy2<br />

y<br />

e y<br />

Mb ¼ SDMi ¼ S smax<br />

e DAy2<br />

Mb ¼ smax<br />

e SDAy2<br />

I<br />

Mb ¼ sb ¼ sbW<br />

e<br />

Hinweis: Nur wegen der einfacheren Schreibweise<br />

wird sb, statt smax geschrieben. sb ist<br />

also immer die Randfaserspannung, die<br />

größte Spannung im Querschnitt.<br />

sb ¼ Mb<br />

W<br />

Biege-Hauptgleichung<br />

Je nach vorliegender Aufgabe wird die Biege-<br />

Hauptgleichung umgestellt:<br />

Werf ¼ Mb max<br />

sbzul<br />

sb vorh ¼ Mb max<br />

W<br />

Mb max ¼ Wsb zul<br />

erforderliches<br />

Widerstandsmoment<br />

sb zul<br />

sb Mb W<br />

N<br />

Nmm mm3<br />

mm2 vorhandene<br />

Spannung<br />

maximales<br />

Biegemoment


332<br />

5.9.5 Spannungsverteilung im unsymmetrischen Querschnitt<br />

Das skizzierte T-Profil (z. B. nach DIN EN 10025)<br />

ist zur y-Achse symmetrisch, zur x-Achse jedoch<br />

unsymmetrisch. Es gibt dann zwei verschieden<br />

große Randfaserabstände e1 6¼ e2 und damit auch<br />

die beiden unterschiedlichen Widerstandsmomente<br />

W1 und W2.<br />

Aus der Beziehung Ix=e1 ¼ W1 erhält man im Beispiel<br />

des T-Profils die größte Zugspannung, die<br />

kleiner sein muss als sz zul.<br />

Aus der Beziehung Ix=e2 ¼ W2 erhält man die<br />

größte Druckspannung, die kleiner sein muss als<br />

sd zul.<br />

Ûbung: Aus der Profilstahltabelle für das T-Profil<br />

T80 ist abzulesen: Ix ¼ 73,7 10 4 mm 4 , Randfaserabstand<br />

e1 ¼ 22,2 mm, damit wird e2 ¼<br />

ð80 22,2Þ mm ¼ 57,8 mm. Für das zu übertragende<br />

Biegemoment Mbx ¼ 520 Nm sind die beiden<br />

Randfaserspannungen (sb1, sb2) zu berechnen.<br />

5.9.6 Gültigkeitsbedingungen für die Biege-Hauptgleichung<br />

Die Biegehauptgleichung sb ¼ Mb=W gilt unter<br />

folgenden Voraussetzungen:<br />

1. Die Stabachse ist gerade, also nicht gekrümmt<br />

wie z. B. beim Kranhaken.<br />

2. Die Belastungen F liegen in einer Ebene, die<br />

durch die Stabachse geht. Das ist gleichzeitig<br />

die Ebene, in der die Biegemomente wirken.<br />

3. Die Querschnitte bleiben bei der Beanspruchung<br />

eben.<br />

4. Für den Werkstoff gilt das Hooke’sche Gesetz.<br />

5. Der Elastizitätsmodul ist für Zug- und Druckbeanspruchung<br />

gleich groß (wie bei Stahl).<br />

6. Die Spannungen bleiben unter der Proportionalitätsgrenze<br />

sP (siehe Seite 375).<br />

Spannungsverteilung im unsymmetrischen<br />

Querschnitt<br />

sz max ¼ Mbx e1<br />

Ix<br />

sd max ¼ Mbx e2<br />

Lösung:<br />

Ix<br />

sb1 ¼ Mbx e1<br />

Ix<br />

sb1 ¼ 15,7 N<br />

mm 2<br />

sb2 ¼ Mbx e2<br />

Ix<br />

sb2 ¼ 40,8 N<br />

mm 2<br />

¼ Mb<br />

W1<br />

¼ Mb<br />

W2<br />

größte<br />

Zugspannung<br />

größte<br />

Druckspannung<br />

¼ 520 103 Nmm 22,2 mm<br />

73,7 10 4 mm 4<br />

¼ 520 103 Nmm 57,8 mm<br />

73,7 10 4 mm 4<br />

Rechteckträger, biegebeansprucht<br />

5 Festigkeitslehre


5.9 Beanspruchung auf Biegung 333<br />

5.9.7 Ûbungen zur Berechnung des Biegemomenten- und Querkraftverlaufs<br />

bei den wichtigsten Trägerarten und Belastungen<br />

Man unterscheidet Freiträger und Stützträger.<br />

Ein typischer Freiträger ist z. B. das angeschweißte<br />

Konsolblech.<br />

Stützträger sind z. B. alle zwei- oder mehrfach an<br />

den Trägerenden gelagerte Achsen oder Wellen.<br />

Ein Stützträger wird als Kragträger bezeichnet,<br />

wenn er mit einem oder mit beiden Enden über die<br />

Lagerstelle hinausragt.<br />

5.9.7.1 Freiträger mit Einzellast<br />

Eine Blattfeder wird nach Skizze im Abstand<br />

l ¼ 120 mm von der Einspannstelle B durch die<br />

Federkraft F ¼ 100 N biegend und abscherend<br />

belastet.<br />

Es wird der Biegemomenten- und Querkraftverlauf<br />

(Mb- und Fq-Linie) gesucht. Dazu lässt man eine<br />

Schnittebene x –x von A nach B wandern und ermittelt<br />

von dort aus Biegemoment Mb und Querkraft<br />

Fq nach dem Arbeitsplan Seite 329.<br />

Erste Arbeit ist immer die Ermittlung der Stützkräfte<br />

und Momente am freigemachten Träger mit<br />

Hilfe der Gleichgewichtsbedingungen SFx ¼ 0,<br />

SFy ¼ 0 und SM ¼ 0. Die Rechnung ergibt<br />

FB ¼ 100 N, MðBÞ ¼ 12 Nm.<br />

Für die eingezeichnete Schnittebene x –x im Abstand<br />

x vom Kraftangriffspunkt A erhält man die<br />

Funktionsgleichung für<br />

a) das Biegemoment MbðxÞ ¼ Fx und für<br />

b) die Querkraft FqðxÞ ¼ F<br />

Für die Festigkeitsberechnungen werden hier nur<br />

die Beträge der Biegemomente und Querkräfte<br />

gebraucht.<br />

In einem Mb, x-Diagramm ist MbðxÞ ¼ Fxdie Gleichung<br />

einer mit zunehmendem Abstand x<br />

ansteigenden Geraden. Das Biegemoment MbðxÞ wächst also proportional von null bis zum Größtwert<br />

Mb max an der Einspannstelle B.<br />

Dort beträgt bei x ¼ l ¼ 120 mm das Biegemoment<br />

Mb max ¼ Fl¼ 100 N 120 mm ¼ 12 000 Nmm ¼<br />

¼ 12 Nm.<br />

Trägerarten: Freiträger, Stützträger,<br />

Kragträger<br />

Lageskizze einer Blattfeder als Freiträger mit<br />

Einzellast<br />

SFy ¼ 0 ¼ F þ FB ! FB ¼ F ¼ 100 N<br />

SM ðBÞ ¼ 0 ¼ Fl M ðBÞ ! M ðBÞ ¼ Fl<br />

M ðBÞ ¼ 100 N 120 mm ¼ 12 000 Nmm<br />

Für den Freiträger mit Einzellast gelten die<br />

Funktionsgleichungen:<br />

MbðxÞ ¼ Fx<br />

FqðxÞ ¼ F<br />

Mb, x-Diagramm<br />

Beachte: Die Vorzeichenregel für die Biegemomente<br />

Mb werden aus der Statik übernommen<br />

(Seite 4).<br />

Mb max ¼ Fl<br />

Maximales Biegemoment


334<br />

Die Querkraft Fq ist an jeder Trägerstelle gleich<br />

groß: Fq ¼ F ¼ 100 N. Daher hat die Querkraftfläche<br />

im Fq, x-Diagramm Rechteckform mit dem<br />

Flächeninhalt Aq ¼b Fl.<br />

Das ist exakt die Gleichung für das im Einspannquerschnitt<br />

zu übertragende maximale Biegemoment.<br />

Gleiches gilt für das Biegemoment M bðxÞ<br />

an der Schnittstelle: A qðxÞ ¼b M bðxÞ ¼ Fx.<br />

Von links nach rechts fortschreitend (A ! B)<br />

lässt sich für jeden Trägerquerschnitt die Gleichung<br />

für das Biegemoment Mb aus der Flächenformel<br />

für die Querkraftfläche Aq ablesen<br />

(Querkraftsatz).<br />

5.9.7.2 Freiträger mit mehreren Einzellasten<br />

Der skizzierte Freiträger wird durch drei Einzelkräfte<br />

F1, F2, F3 belastet.<br />

Gesucht werden die Querkraftfläche und eine Gleichung<br />

für das maximale Biegemoment Mb max in<br />

der Einspannstelle B des Trägers. Auch hier setzt<br />

man als erstes die Gleichgewichtsbedingungen an<br />

und berechnet FB ¼ 45 kN und MðBÞ ¼ 190 kNm.<br />

Es wurde festgestellt, dass die Querkraftfläche<br />

dem Biegemoment in der betrachteten Schnittstelle<br />

entspricht. Daher zeichnet man als erstes nach<br />

dem Arbeitsplan auf Seite 329 den Querkraftverlauf<br />

maßstäblich auf. Dann ergibt sich:<br />

Fq1 ¼ F1, Fq2 ¼ F1 þ F2, Fq3 ¼ F1 þ F2 þ F3.<br />

Wegen SFy ¼ 0 ist Fq4 ¼ Fq3 ¼ F1 þ F2 þ F3<br />

nach oben gerichtet.<br />

Das maximale Biegemoment Mb max entspricht<br />

dem Flächeninhalt Aq der gesamten Querkraftfläche.<br />

Darin ist das Produkt F1l1 das Biegemoment<br />

Mb1 allein aus der Kraft F1, ebenso Mb2 ¼ F2l2<br />

allein durch die Kraft F2 und Mb3 ¼ F3l3 allein<br />

durch F3.<br />

Die berechneten Ordinatenwerte trägt man im<br />

Mb, x-Diagramm auf und verbindet die Punkte<br />

durch Gerade miteinander, weil zwischen den<br />

Kraftangriffspunkten das Biegemoment linear zunimmt<br />

wie beim Freiträger mit Einzellast.<br />

Fq, x-Diagramm<br />

Aq ¼b Mb max<br />

Mb max ¼ Fl<br />

Maximales Biegemoment<br />

Beachte: Dieser Satz von der Querkraftfläche<br />

gilt für alle Trägerarten und Belastungen. Vor<br />

allem Lage und Betrag des maximalen Biegemoments<br />

lassen sich danach am einfachsten<br />

ermitteln.<br />

Lageskizze des Freiträgers mit Einzellasten<br />

Fq, x-Diagramm<br />

Aq ¼b Mb max ¼ Mb1 þ Mb2 þ Mb3<br />

Mb max ¼ F1l1 þ F2l2 þ F3l3<br />

Maximales Biegemoment<br />

Mb, x-Diagramm<br />

5 Festigkeitslehre


5.9 Beanspruchung auf Biegung 335<br />

5.9.7.3 Freiträger mit konstanter Streckenlast (gleichmäßig verteilte Streckenlast)<br />

In einer Stahlbaukonstruktion wird ein Profilstahlträger<br />

IPE 360 nach DIN 1025 verwendet. Der<br />

360 mm hohe Freiträger hat eine Eigengewichtskraft<br />

von F 0 ¼ 560 N/m (siehe Formelsammlung).<br />

Das ist der typische Fall einer konstanten Streckenlast<br />

F 0 . Beim Profilstahlträger wird sie in<br />

Newton pro Meter (N/m) angegeben.<br />

Gesucht werden wieder die Querkraftfläche und<br />

eine Gleichung für das maximale Biegemoment<br />

Mb max an der Einspannstelle B des Trägers.<br />

Die Gleichgewichtsbedingungen SFy ¼ 0 und<br />

SM ðBÞ ¼ 0 liefern hier FB ¼ 2240 N und<br />

M ðBÞ ¼ 4480 Nm.<br />

Man zeichnet wie im vorhergehenden Fall zuerst<br />

das maßstäbliche Fq, x-Diagramm und geht dazu<br />

genau so vor wie bei der Einzelkraftbelastung. Die<br />

Querkraftfläche Aq wird durch die Querkraftlinie<br />

stufenartig begrenzt. Bei feinerer Unterteilung der<br />

Streckenlast, z. B. in acht Teilstrecken, ergibt sich<br />

eine immer feinere Stufung, bis die Querkraftfläche<br />

Aq eine Dreieckfläche wird.<br />

Mit der Erkenntnis, dass der gesamte Flächeninhalt<br />

Aq dem maximalen Biegemoment an der<br />

Einspannstelle entspricht, erhält man die Gleichung<br />

für Mb max ¼ Fl=2 ¼ F 0 l 2 =2.<br />

Auch bei dieser Trägerbelastung zeigt sich, welche<br />

Bedeutung Querkraftlinie und -fläche haben. Sie<br />

sollte daher immer als erstes aufgezeichnet werden.<br />

Wie bei der Gesamtfläche erhält man auch mit der<br />

Teilfläche A qðxÞ das im Schnitt x –x wirksame Biegemoment<br />

M bðxÞ.<br />

Die entsprechende Gleichung M bðxÞ ¼ F 0 x 2 =2ist<br />

die Funktionsgleichung zum Aufzeichnen des<br />

Mb, x-Diagrammes. Sie ist die Gleichung einer Parabel,<br />

wie die Mb-Linie im skizzierten Mb,<br />

x-Diagramm zeigt.<br />

Lageskizze des<br />

Freiträgers mit konstanter Streckenlast<br />

Fq, x-Diagramm<br />

Aq ¼b Mb max<br />

0 l2<br />

Mb max ¼ F<br />

2<br />

Maximales Biegemoment<br />

M b<br />

0<br />

x<br />

M = F’<br />

b(x)<br />

x2<br />

Mb-Linie 2<br />

M b max<br />

A Mb(x) B<br />

M,x b -Diagramm<br />

x


336<br />

5.9.7.4 Freiträger mit Mischlast (Einzellast und konstante Streckenlast)<br />

Bei Mischlast haben Biegeträger Strecken- und<br />

Einzellasten zu tragen. Diesen Fall zeigt der<br />

skizzierte Freiträger. Maße und Streckenlast<br />

F 0 ¼ 560 N/m sind dieselben wie bei der vorangegangenen<br />

Ûbung in 5.9.7.3. Zusätzlich wird der<br />

Träger durch die Einzelkraft F1 ¼ 1500 N belastet.<br />

Sie wirkt im Abstand l1 ¼ 3 m vom Einspannpunkt<br />

B unter dem Winkel a ¼ 60 zur Trägerachse.<br />

Biegend wirkt aber nur die rechtwinklig zur<br />

Trägerachse stehende Komponente F1 sin a.<br />

Die waagerechte Komponente F1 cos a muss die<br />

Einspannung in B aufnehmen (FBx ¼ F1 cos a).<br />

Gesucht werden wieder die Querkraftfläche und<br />

eine Gleichung für das maximale Biegemoment<br />

Mb max an der Einspannstelle B des Trägers.<br />

Mit den Angaben der Lageskizze wird maßstäblich<br />

das Fq, x-Diagramm gezeichnet.<br />

Vom Punkt A an nach rechts fortschreitend setzt<br />

man an die erste Streckenlast F 0 ¼ 560 N/m die<br />

Kraftkomponente F1 sin a ¼ 1299 N an. Danach<br />

folgen auf ihren Wirklinien die restlichen drei<br />

Streckenlasten und zum Abschluss die im Einspannquerschnitt<br />

B wirkende Gleichgewichtskraft<br />

FBy ¼ F 0 l þ F1 sin a.<br />

Die gesamte Querkraftfläche Aq setzt sich aus der<br />

Dreieckfläche Aq1 ¼b F 0 l 2 =2 und der Parallelogrammfläche<br />

F1 sin a l1 zusammen. Mbmax an der<br />

Einspannstelle B entspricht dem Inhalt dieser beiden<br />

Teilflächen. Es kann also die Berechnungsgleichung<br />

sofort aufgeschrieben werden.<br />

Man wäre zu der Gleichung für Mb max auch auf<br />

anderem Weg gekommen.<br />

Man hätte die Querkraftfläche nacheinander für<br />

den Träger mit konstanter Streckenlast F 0 und für<br />

die Einzelbelastung F1 sin a zeichnen können. Der<br />

Grundgedanke dazu: Der Träger wird erst allein<br />

mit der Streckenlast und danach allein mit der Einzelkraft<br />

belastet (Ûberlagerungsprinzip).<br />

Lageskizze des Freiträgers mit Mischlast<br />

Die Auswertung der Gleichgewichtsbedingungen<br />

ergibt:<br />

FBx ¼ 705 N FBy ¼ 3540 N<br />

M ðBÞ ¼ 8377 Nm<br />

Fq, x-Diagramm<br />

Aq ¼ Aq1 þ Aq2 ¼b Mb max<br />

Mb max ¼ F 0 l 2<br />

2 þ F1 sin al1<br />

Maximales Biegemoment<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Hinweis: Das Verfahren, Belastungen schrittweise<br />

aufzusetzen, heißt Ûberlagerungsverfahren<br />

(auch: Ûberlagerungsprinzip oder<br />

Superpositionsprinzip).


5.9 Beanspruchung auf Biegung 337<br />

Zum Aufzeichnen des Mb, x-Diagramms berechnet<br />

man einige MbðxÞ-Werte oder entwickelt die Funktionsgleichung<br />

für den Graphen.<br />

Für Querschnitte von x ¼ 0 bis zur Lastangriffsstelle<br />

von F1 gilt:<br />

MbðxÞ ¼ F 0 x x 0 F<br />

¼<br />

2 2 x2<br />

An der Einspannstelle B gilt:<br />

M bðxÞ ¼<br />

F 0<br />

2 x2 þF1 sin a½x ðl l1ÞŠ<br />

Der Ausdruck F 0 x 2 =2 weist auf einen parabolischen<br />

Kurvenverlauf hin.<br />

Beispiel für das maximale Biegemoment:<br />

Mit x ¼ l wird<br />

0 F<br />

Mbðx¼lÞ ¼<br />

2 l 2 þ F1 sin a l1 ¼ Mbmax<br />

Mb max ¼ 560 N<br />

2 m 42 m 2 þ1500 N sin 60 3m<br />

Mb max ¼ 8377 Nm<br />

5.9.7.5 Stützträger mit Einzellast<br />

Wie bei Freiträgern lassen sich auch für Stützträger<br />

für jeden Querschnitt x Biegemoment M bðxÞ und<br />

Querkraft F qðxÞ berechnen (Arbeitsplan in 5.9.2).<br />

Der skizzierte Stützträger wird mit der Einzelkraft<br />

F ¼ 6000 N biegend belastet.<br />

Erste Aufgabe ist auch hier, am freigemachten Träger<br />

(Lageskizze) mit Hilfe der Gleichgewichtsbedingungen<br />

SFy ¼ 0 und SM ðBÞ ¼ 0 die Stützkräfte<br />

FA und FB zu berechnen.<br />

Die Berechnung ergibt hier FA ¼ 4000 N,<br />

FB ¼ 2000 N.<br />

Für die eingezeichneten Schnittstellen 1, 2 und 3<br />

berechnet man die Biegemomente Mb1, Mb2 und<br />

Mb3 unter Beachtung der Vorzeichen (linksdrehend<br />

(þ), rechtsdrehend ( ÞÞ. Für jeden Schnitt zwischen<br />

dem Lagerpunkt A und der Kraftangriffsstelle<br />

ist das Biegemoment M bðxÞ ¼ FAx. Das ist<br />

im Mb, x-Schaubild der Graph einer Geraden<br />

ðy ¼ mx mit m ¼ konstant).<br />

M bðxÞ-Diagramm<br />

Aufgaben Nr. 835–863<br />

Lageskizze des frei gemachten Stützträgers<br />

mit Einzellast F ¼ 6000 N<br />

Mb1 ¼ FAx1 ¼ 4000 N 1m¼ 4000 Nm<br />

Mb2 ¼ FAx2 ¼ 4000 N 2m¼ 8000 Nm<br />

Mb3 ¼ FAx3 þ Fðx3 x2Þ<br />

¼ 4000 N 4mþ 6000 N 2m<br />

¼ 4000 Nm<br />

M bðxÞ-Diagramm


338<br />

Das Querkraftschaubild (Fq, x-Diagramm) wird<br />

wie beim Freiträger maßstäblich aufgezeichnet:<br />

Von A nach B fortschreitend trägt man die aus dem<br />

Lageplan erkennbaren Kräfte aneinander. Es ergeben<br />

sich zwei gleich große Rechteckflächen über<br />

und unter der Nulllinie:<br />

Das Biegemoment M bðxÞ in jedem Trägerquerschnitt<br />

entspricht der Fläche links oder rechts<br />

vom Schnitt.<br />

Das größte Biegemoment Mbmax liegt dort, wo<br />

die Querkraftlinie durch die Nulllinie geht. Geht<br />

die Querkraftlinie mehrfach durch null, muss<br />

für alle Nulldurchgänge das Biegemoment berechnet<br />

und so Mb max bestimmt werden.<br />

Greift die Einzelkraft in der Mitte des Trägers an,<br />

dann wird mit FA ¼ FB ¼ F=2 und l1 ¼ l=2 das<br />

maximale Biegemoment<br />

Mb max ¼ðF=2Þðl=2Þ¼ Fl=4.<br />

5.9.7.6 Stützträger (Kragträger) mit mehreren Einzellasten<br />

Die Querkraftfläche im Fq, x-Diagramm zeigt zwei<br />

Nulldurchgänge (1 und 2).<br />

Um festzustellen, welche der beiden Querschnittsstellen<br />

das maximale Biegemoment Mbmax zu<br />

übertragen hat, führt man eine Vergleichsrechnung<br />

durch (ohne Berücksichtigung der Vorzeichen).<br />

Fq, x-Diagramm<br />

Mb max ¼b Aq<br />

Mb max ¼ FAl1 FBðl l1Þ<br />

FA ¼ 4000 N FB ¼ 2000 N<br />

Maximales<br />

Biegemoment<br />

Mb max ¼ FAl1 ¼ 4000 N 2m¼ 8000 Nm<br />

Mb max ¼ FBðl l1Þ ¼2000N 4m¼ 8000Nm<br />

Beachte: Beim Stützträger mit Einzellast<br />

wirkt Mb max dort, wo die Einzelkraft angreift.<br />

Berechnet wird Mb max aus der Querkraftfläche<br />

rechts oder links vom Nulldurchgang.<br />

Nulldurchgang 1:<br />

Mb1 ¼b Aq1 ¼b FAl1<br />

Mb1 ¼ 9,583 kN 2,5 m<br />

Mb1 ¼ 23,958 kNm<br />

5 Festigkeitslehre


5.9 Beanspruchung auf Biegung 339<br />

Das Biegemoment Mb1 erhält man am einfachsten<br />

über die Rechteckfläche links vom Nulldurchgang<br />

1. Zur Mb2-Berechnung wird die Fläche rechts<br />

vom Nulldurchgang 2 genommen.<br />

Die Rechnung zeigt:<br />

Das größte Biegemoment tritt im Nulldurchgang 2<br />

auf. Mb2 ¼ 40 kNm > Mb1 ¼ 23,958 kNm. Damit<br />

hat man die Mb max-Stelle und den Betrag des<br />

maximalen Biegemoments gefunden.<br />

Zur Kontrolle kann die Fläche links vom Nulldurchgang<br />

2 berechnet werden. Die algebraische<br />

Summe der Flächeninhalte Aq1 und Aq3 muss<br />

gleich dem Flächeninhalt Aq2 sein.<br />

Begründung: Das Biegemoment Mb2 im linken<br />

Schnittufer des Querschnitts 2 muss gleich dem<br />

Biegemoment im rechten Schnittufer sein.<br />

Die beiden Beträge haben entgegengesetztes Vorzeichen<br />

( 40 kNm, þ40 kNm), weil für den<br />

Schwerpunkt des Querschnitts SM ¼ 0 erfüllt sein<br />

muss.<br />

M bðxÞ-Diagramm<br />

Die Trägerstelle mit M bðxÞ ¼ 0 liegt zwischen den<br />

Lagerpunkten A und B. Für diese Schnittstelle<br />

muss die Summe der Querkraftflächen Aq1 und<br />

A qðxÞ gleich null sein.<br />

Nulldurchgang 2:<br />

Mb2 ¼b Aq2 ¼b F3l2<br />

Mb2 ¼ 20 kN 2m<br />

Mb2 ¼ 40 kNm<br />

Mb max ¼ Mb2 ¼ F3l2<br />

Mb max ¼ 40 kNm<br />

Mb2 ¼ FAl1 ðF1 FAÞðl l1Þ F2l3<br />

¼ð9,583 2,5 ð25 9,583Þ 3,5 10 1Þ kNm<br />

Mb2 ¼ 40 kNm<br />

Mb2 þ Mb2 ¼ 0<br />

Mb2 ¼ Mb2<br />

Zum Aufzeichnen des Mb, x-Diagramms<br />

werden die Biegemomente an den Lastangriffsstellen<br />

berechnet:<br />

Für x ¼ l1 ist:<br />

MbðxÞ ¼ FAl1 ¼ 9,583 kN 2,5 m<br />

¼ 23,958 kNm<br />

Für x ¼ l l3 ist:<br />

MbðxÞ ¼ F4ðl l3ÞþF1ðl l3 l1Þ<br />

¼ 9,583 kN 5mþ 25 kN 2,5 m<br />

¼ 14,585 kNm<br />

Für x ¼ l ist:<br />

Mb2 ¼ FAl þ F1ðl l1ÞþF2l3<br />

¼ 9,583 kN 6mþ 25 kN 3,5 m þ 10 kN 1m<br />

¼ 40 kNm ¼ Mb max<br />

Aq1 ¼ AqðxÞ FAl1 ¼ðx l1ÞðF1 FAÞ<br />

x ¼ FAl1 9,583 kN 2,5 m<br />

þ l1 ¼ þ 2,5 m<br />

F1 FA 25 kN 9,583 kN<br />

x ¼ 4,059 m


340<br />

5.9.7.7 Stützträger (Kragträger) mit konstanter Streckenlast<br />

Die Querkraftfläche zeigt auch hier zwei Nulldurchgänge<br />

(1 und 2) wie beim vorhergehenden<br />

Träger.<br />

Nur an einem der beiden kann Mb max auftreten.<br />

Auch hier lässt sich nicht sofort erkennen, welche<br />

der beiden Querkraftflächen größer ist, Aq1 oder<br />

Aq2. Daher müssen beide berechnet werden.<br />

Eine Kathete des rechtwinkligen Dreiecks der<br />

Querkraftfläche Aq1 hat die Länge x. Sie kann abgemessen<br />

oder berechnet werden.<br />

Zur Rechnung benutzt man hier die Tatsache, dass<br />

beim Nulldurchgang, von links nach rechts gesehen,<br />

die Querkraft gleich null geworden ist.<br />

Nun lassen sich beide Querkraftflächen auswerten<br />

und damit das maximale Biegemoment und dessen<br />

Lage bestimmen.<br />

Die Vergleichsrechnung zeigt, dass das maximale<br />

Biegemoment Mb max von 4410 Nm im linken<br />

Nulldurchgang 1 auftritt.<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Beachte: Das Biegemoment Mb1 im Nulldurchgang<br />

1 berechnet man mit Blickrichtung<br />

von 1 nach links und sieht Aq1.Für den<br />

Querschnitt 2 blickt man vom Lagerpunkt B<br />

aus nach rechts und sieht Aq2.<br />

Vom Nulldurchgang 1 aus nach links gesehen<br />

ergibt:<br />

FA F 0x ¼ 0<br />

x ¼ FA 4200 N<br />

¼<br />

F 0<br />

2000 N<br />

¼ 2,1 m<br />

m<br />

x ¼ 2,1 m<br />

Mb1 ¼b Aq1 ¼ FAx 4200 N 2,1 m<br />

¼<br />

2 2<br />

Mb1 ¼ 4410 Nm<br />

Mb2 ¼b Aq2 ¼ F 0 2<br />

l1 0 l1<br />

l1 ¼ F<br />

2 2<br />

Mb2 ¼ 2000 N 4m<br />

m<br />

2<br />

¼ 4000 Nm < Mb1<br />

2<br />

Mb max ¼ Mb1 ¼ 4410 Nm


5.9 Beanspruchung auf Biegung 341<br />

M bðxÞ-Diagramm<br />

Für die beiden Nulldurchgänge im Fq, x-Diagramm<br />

sollen die Biegemomente berechnet werden.<br />

Für die Schnittstelle 1 wurde x ¼ 2,1 m ermittelt.<br />

Das Biegemoment in der Lagerstelle B wird mit<br />

x ¼ l1 ¼ 2 m berechnet.<br />

Ein Verlgeich zeigt, dass im Trägerquerschnitt 1<br />

das größte Biegemoment auftritt: Mb1 > Mb2.<br />

Zur Ermittlung der Schnittstelle für den Nulldurchgang<br />

der Mb, x-Kurve ist Mb ¼ 0 in die Gleichung<br />

für die Schnittstelle 1 einzusetzen. Die Rechnung<br />

zeigt, dass im Trägerquerschnitt bei x ¼ 4,2 m das<br />

Biegemoment gleich null ist.<br />

Aufgaben Nr. 864–880<br />

Im Gegensatz zum Freiträger (5.9.7.4) sind<br />

hier wegen des Stützlagers B zwei Funktionsgleichungen<br />

zum Aufzeichnen des Mb, x-Diagramms<br />

erforderlich.<br />

Für die Mb-Werte zwischen 0 und B gilt mit<br />

Blick nach links in Richtung A in der Lageskizze:<br />

Mb1 ¼ F 0 x 2<br />

FA x<br />

2<br />

Für die Mb-Werte rechts von B gilt mit Blick<br />

nach rechts:<br />

Mb2 ¼ F 0 x 2<br />

2<br />

In beiden Gleichungen erscheint der mathematische<br />

Ausdruck F 0 x 2 =2. Die entsprechenden<br />

Kurvenzüge müssen daher parabolischen<br />

Verlauf haben (siehe Mb, x-Diagramm).<br />

Mb1 ¼ F 0 x 2<br />

2<br />

FA x<br />

2000<br />

Mb1 ¼<br />

N<br />

ð2,1 mÞ2<br />

m<br />

2<br />

Mb1 ¼ 4410 Nm<br />

Mb2 ¼ F 0x2 2 ¼<br />

2000 N<br />

m ð2mÞ2<br />

2<br />

Mb2 ¼ 4000 Nm<br />

Mb1 ¼ F 0 x 2<br />

2<br />

FAx ¼ 0<br />

4200 N 2,1 m<br />

F 0x2 2<br />

FA x ¼ 0;x<br />

0 F<br />

x<br />

2<br />

FA ¼ 0;x 6¼ 0<br />

x ¼ FA 2 4200 N 2<br />

¼<br />

F 0<br />

2000 N<br />

¼ 4,2 m<br />

m


342<br />

5.9.7.8 Stützträger mit Mischlast (Einzellast und konstante Streckenlast)<br />

Lageskizze mit Fq, x-Diagramm<br />

Mb, x-Diagramm<br />

Dieser Fall zeigt besonders deutlich, wie einfach sich Lage und Betrag von Mb max mit Hilfe<br />

der Querkraftfläche bestimmen lassen.<br />

Nachdem die Stützkräfte berechnet wurden, kann der Querkraftverlauf aufgezeichnet werden.<br />

Bei nur einem Nulldurchgang liegt die Mb max-Stelle sofort fest. Das Maß x wird abgemessen<br />

oder berechnet. Damit lässt sich dann aus der Querkraftfläche rechts oder links vom Nulldurchgang<br />

Mb max berechnen.<br />

Aufgaben Nr. 881–897<br />

Zum Aufzeichnen des Mb, x-Diagramms<br />

genügt es, die Mb-Werte für die Querschnitte<br />

unter dem Lastangriff von F und an den beiden<br />

Begrenzungen der Streckenlast F 0 zu<br />

berechnen:<br />

MbðFÞ ¼ FAl1 ¼ 3300 Nm<br />

M bðlinksÞ ¼ FA l l2<br />

þ F l l2<br />

¼ 4275 Nm<br />

l3<br />

2 þ<br />

l3<br />

þ l1<br />

2<br />

l3<br />

MbðrechtsÞ ¼ FB l2 ¼ 2625 Nm<br />

2<br />

Der Mb-Verlauf zwischen den Endpunkten<br />

der Ordinatenwerte und den Nullpunkten A<br />

und B muss liniear sein (siehe 5.9.7.1 und<br />

5.9.7.2). Dazwischen liegt der parabolische<br />

Kurvenzug für den Mb-Verlauf infolge der<br />

Streckenlast F 0 (siehe 5.9.7.3).<br />

5 Festigkeitslehre


5.9 Beanspruchung auf Biegung 343<br />

5.9.8 Träger gleicher Biegespannung<br />

5.9.8.1 Allgemeine Anformungsgleichung<br />

Hat ein Biegeträger durchgehend gleichen Querschnitt<br />

(W ¼ konstant), dann hat im Normalfall<br />

jeder Querschnitt eine andere Biegespannung sb.<br />

Die Maximalspannung sb max tritt nur in dem<br />

Querschnitt auf, der das maximale Biegemoment<br />

zu übertragen hat.<br />

Durch die so genannte Anformung erreicht man,<br />

dass jeder Querschnitt gerade so groß wird, wie es<br />

zur Aufnahme der zulässigen Biegespannung sbzul<br />

erforderlich ist. Man hat dann einen Träger gestaltet,<br />

der in allen Querschnitten die gleiche Biegespannung<br />

aufweist.<br />

Für jeden beliebigen Querschnitt x gilt die Biege-<br />

Hauptgleichung sbx ¼ Mbx=Wx, mit Biegemoment<br />

Mbx und dem Widerstandsmoment Wx. Gleiche<br />

Biegespannung sbx ¼ sb zul werden dann erreicht,<br />

wenn dafür gesorgt wird, dass überall der Quotient<br />

Mbx=Wx gleich groß ist. Diese Bedingung führt zur<br />

Anformungsgleichung in der allgemeinen Form.<br />

5.9.8.2 Achsen und Wellen<br />

Am Beispiel einer Radachse von kreisförmigem<br />

Querschnitt wird die Anformung von Achsen und<br />

Wellen erläutert:<br />

Die Einspannstelle hat das maximale Biegemoment<br />

Mb max ¼ Fl zu übertragen und der (beliebige)<br />

Querschnitt x x das Biegemoment Mbx ¼ Flx.<br />

Die Anformung erfordert, dass der Quotient aus<br />

Biegemoment Mb und Widerstandsmoment W in<br />

allen Querschnitten gleich groß bleibt.<br />

Für die Mbmax-Stelle gilt Mb max=Wmax ¼ sbzul,für<br />

jede beliebige Stelle Mbx=Wx ¼ sbzul, so dass man<br />

beide Quotienten gleichsetzen kann.<br />

Beim Kreisquerschnitt gilt für das axiale Widerstandsmoment<br />

W ¼ 0,1d 3 . Wird dieser Ausdruck<br />

in die Ausgangsgleichung eingesetzt und außerdem<br />

die beiden Biegemomente durch Fl und Flx<br />

ersetzt, dann erhält man die gesuchte Anformungsgleichung<br />

für Achsen und Wellen mit kreisförmigem<br />

Querschnitt.<br />

sbx ¼ Mbx<br />

¼ sb zul ¼ konstant<br />

Wx<br />

Mbx1<br />

¼<br />

Wx1<br />

Mbx2<br />

¼ ...¼ konstant<br />

Wx2<br />

Anformungsgleichung, allgemeine Form<br />

Mbmax<br />

Wmax<br />

Fl<br />

Flx<br />

¼ Mbx<br />

)<br />

Wx<br />

Mbmax<br />

¼<br />

Mbx<br />

Wmax<br />

Wx<br />

¼ 0,1d 3 max<br />

0,1dx 3<br />

dx ¼ dmax<br />

rffiffiffi<br />

3<br />

lx<br />

l<br />

l<br />

lx<br />

¼ d 3 max<br />

dx 3<br />

Anformungsgleichung für Achsen und Wellen


344<br />

Mit der Anformungsgleichung können nun die Durchmesser dx für mehrere Trägerstellen x<br />

berechnet und in eine Wertetabelle eingetragen werden:<br />

Wertetabelle<br />

Lastentfernung lx ¼ l<br />

Wurzelfaktor ¼ 1<br />

3<br />

4 l<br />

rffiffiffiffi<br />

3 3<br />

0,9<br />

4<br />

1<br />

2 l<br />

rffiffiffiffi<br />

3 1<br />

0,8<br />

2<br />

1<br />

4 l<br />

rffiffiffiffi<br />

3 1<br />

0,63<br />

4<br />

1<br />

8 l<br />

rffiffiffiffi<br />

3 1<br />

0,5<br />

8<br />

Durchmesser dx ¼ dmax d1 ¼ 0,9 dmax d2 ¼ 0,8 dmax d3 ¼ 0,63 dmax d4 ¼ 0,5 dmax<br />

Die Durchmesser nehmen vom Höchstwert dmax<br />

an der Einspannstelle bis zum Trägerende nach<br />

einer kubischen Parabel ab. Als praktische Ausführung<br />

der Anformung dient die Kegelform. Der<br />

Kegelstumpfmantel muss den Parabelkörper einhüllen.<br />

Mit der Anformungsgleichung lässt sich die Anformung<br />

als Graph gut auf dem Rechner darstellen.<br />

5.9.8.3 Biegefeder mit Rechteckquerschnitt<br />

Der Rechteckquerschnitt von Biegeträgern lässt<br />

sich in der Breite b oder in der Höheh anformen.<br />

Als Beispiel kann man die Biegefeder als Biegeträger<br />

ansehen und sie in der Breite b anformen,<br />

also die Höhe (Dicke) h konstant halten. Dazu<br />

wird in gleicher Weise vorgegangen wie unter<br />

5.9.8.2 bei der angeformten Achse. Statt<br />

W ¼ 0,1 d 3 muss man hier W ¼ bh 2 =6 einsetzen<br />

(Tabelle 5.1, Seite 309). Die Anformung der Höhe<br />

h bei konstanter Breite b wird im Anschluss unter<br />

5.9.8.4 behandelt.<br />

Die Anformungsgleichung zeigt, dass die Breite<br />

von bmax an der Einspannstelle bis zum Trägerende<br />

gleichmäßig abnimmt. Es entsteht eine Dreieckblattfeder<br />

von gleichbleibender Dicke h.<br />

Wird der Wert bmax zu groß, teilt man die Blattfeder<br />

in gleich breite Streifen auf und schichtet<br />

diese aufeinander zur Mehrschichtfeder.<br />

Bei z ¼ Blattzahl ist bmax ¼ zb0, wobei b0 die<br />

Blattbreite ist.<br />

Anformung einer Radachse<br />

Mbmax<br />

Mbx<br />

Fl<br />

Flx<br />

¼ Wmax<br />

Wx<br />

¼ bmax h 2 6<br />

bx h 2 6<br />

bx ¼ bmax<br />

lx<br />

l<br />

l<br />

lx<br />

¼ bmax<br />

bx<br />

Anformungsgleichung<br />

für Blattfedern<br />

Anformung einer Biegefeder<br />

5 Festigkeitslehre


5.9 Beanspruchung auf Biegung 345<br />

5.9.8.4 Konsolträger mit Einzellast<br />

Das Belastungsschema ist beim Konsolträger das<br />

gleiche wie bei der Blattfeder, nur wird man beim<br />

Konsolträger nicht die Breite b, sondern die Höhe<br />

h anformen.<br />

Wird auch hier wieder vom Rechteckquerschnitt ausgegangen,<br />

also W ¼ bh2 =6, dann kürzt sich in der<br />

Gleichung unter anderem die Breite b heraus. Man<br />

erhält die Anformungsgleichung für die Höhehx.<br />

Mit der Anformungsgleichung kann die Höhe hx<br />

für mehrere Trägerstellen x berechnet und in eine<br />

Wertetabelle eingetragen werden:<br />

Wertetabelle<br />

Lastentfernung lx ¼ l<br />

3l<br />

4<br />

Trägerhöhe hx ¼ hmax h1 ¼ 0,866 hmax h2 ¼ 0,707 hmax h3 ¼ 0,5 hmax h4 ¼ 0,354 hmax<br />

Die Höhen h1, h2 ...nehmen vom Höchstwert hmax<br />

an der Einspannstelle bis zum Trägerende nach einer<br />

quadratischen Parabel ab.<br />

Auch hier ist eine Graphik auf dem Rechner leicht<br />

zu erstellen.<br />

5.9.8.5 Konsolträger mit Streckenlast<br />

Auch bei gleichmäßig verteilter Last wird man einen<br />

Konsolträger nach der Höhe h anformen.<br />

Im Gegensatz zum Konsolträger mit Einzellast hat<br />

man hier in die allgemeine Anformungsgleichung<br />

für die Biegemomente einzusetzen:<br />

Mb max ¼ F 0 l 2 =2 und Mbx ¼ F 0 lx 2 =2. Dann wird<br />

in gewohnter Weise die Anformungsgleichung entwickelt.<br />

Sie ist ebenso aufgebaut wie die Gleichung<br />

in 5.9.8.3: Die Höhe hx wächst proportional<br />

mit lx.<br />

Die Querschnittshöhe nimmt vom Höchstwert hmax<br />

an der Einspannstelle bis zum Trägerende gleichmäßig<br />

ab. Es entsteht ein Träger in Hochdreieckform<br />

(Keilform).<br />

l<br />

2<br />

Mbmax<br />

Mbx<br />

Fl<br />

Flx<br />

¼ Wmax<br />

Wx<br />

¼ bh2 max 6<br />

bhx 2 6<br />

hx ¼ h max<br />

rffiffiffi<br />

lx<br />

l<br />

l<br />

4<br />

l<br />

lx<br />

¼ h 2 max<br />

hx 2<br />

Anformungsgleichung<br />

für Konsolträger<br />

l<br />

8<br />

Angeformter Konsolträger mit Einzellast<br />

Mbmax<br />

Mbx<br />

¼ Wmax<br />

Wx<br />

F 0l 2 =2<br />

F0 lx 2 =2 ¼ bh2max6 bhx 26 hx ¼ hmax<br />

lx<br />

l<br />

l 2<br />

lx 2 ¼ h 2 max<br />

hx 2<br />

Anformungsgleichung für<br />

Freiträger mit Streckenlast<br />

Angeformter<br />

Konsolträger<br />

mit<br />

Streckenlast


346<br />

5.9.9 Formänderung bei Biegung 1)<br />

Wird ein Stab elastisch gebogen, dann behält nur<br />

die neutrale Faserschicht ihre ursprüngliche Länge<br />

bei, alle anderen Schichten verlängern oder verkürzen<br />

sich.<br />

Die in der neutralen Faserschicht liegende und vor<br />

dem Kraftangriff noch gerade Stabachse wird zur<br />

Biegelinie verformt. Dabei entsteht die Durchbiegung<br />

f. Die Endtangente t der Biegelinie liegt unter<br />

dem Neigungswinkel a.<br />

Beide Größen sind für die Konstruktion von<br />

Biegeträgern aller Art von Bedeutung, z. B. für<br />

Getriebewellen. Es sollen deshalb Berechnungsgleichungen<br />

für Durchbiegung und Neigung der<br />

Biegelinie entwickelt werden. Dabei geht man immer<br />

von einem Träger mit gleichbleibendem Querschnitt<br />

aus (Achse, -Träger).<br />

5.9.9.1 Krümmungsradius, Krümmung<br />

Die beiden dicht beieinander liegenden Schnittufer<br />

1 und 2, die vor der Verformung parallel zueinander<br />

lagen, stehen nun unter dem Winkel j<br />

zueinander geneigt. Ihre Fluchtlinien schneiden<br />

sich im Krümmungsmittelpunkt 0 und ergeben<br />

den Krümmungsradius r x an der untersuchten<br />

Trägerstelle x.<br />

Gegenüber dem kleinen Bogenstück s der Biegelinie<br />

hat sich die äußere Zugfaser um Ds verlängert.<br />

Mit dem Øhnlichkeitssatz erhält man die<br />

Proportion Ds=s ¼ e=r x .<br />

Geometrische Verhältnisse am<br />

einseitig eingespannten Biegeträger<br />

(Freiträger) mit Einzellast;<br />

Krümmung stark übertrieben<br />

gezeichnet.<br />

s þ Ds<br />

s ¼ rx þ e<br />

ðÄhnlichkeitssatzÞ<br />

r x<br />

1 þ Ds e<br />

¼ 1 þ<br />

s rx ) Ds e<br />

¼<br />

s rx 1) Formeln zur Berechnung der Stützkräfte, Momente und Durchbiegungungen bei Biegeträgern<br />

siehe A. <strong>Böge</strong>: Formeln und Tabellen zur <strong>Technische</strong>n <strong>Mechanik</strong>, Verlag Vieweg+ Teubner.<br />

5 Festigkeitslehre


5.9 Beanspruchung auf Biegung 347<br />

Mit dem Hooke’schen Gesetz, hier also mit<br />

sx ¼ eE, ergibt sich aus der Ausgangsproportion<br />

Ds=s ¼ e=r x eine Beziehung für den Krümmungsradius<br />

r x an der untersuchten Trägerstelle x.<br />

Darin ist sx die zwischen den Schnittufern herrschende<br />

Biegespannung.<br />

Schreibt man die Biegehauptgleichung in der<br />

Form sb ¼ Mb e=I nach 5.9.5 (Seite 332), dann<br />

lassen sich Biegespannung sx und Randfaserabstand<br />

e durch die Größen Biegemoment Mx und<br />

axiales Flächenmoment 2. Grades I ersetzen.<br />

Der Kehrwert des Krümmungsradius wird als<br />

Krümmung kx bezeichnet.<br />

5.9.9.2 Allgemeine Durchbiegungsgleichung<br />

Durch die Neigung der einzelnen Querschnitte entsteht<br />

am Trägerende die Durchbiegung f. Werden<br />

in den Punkten 1 und 2 an die Biegelinie die Tangenten<br />

angelegt, so schließen sie ebenso wie die<br />

Krümmungsradien r x den Winkel j ein. Die Tangenten<br />

schneiden auf der Vertikalen am Trägerende<br />

(Wirklinie von F) von der gesamten Durchbiegung<br />

f das stark übertrieben gezeichnete Stück D f<br />

ab. Es ist also f ¼ SDf :<br />

Aus der Øhnlichkeit der schraffierten Dreiecke an<br />

der Biegelinie ergibt sich die Proportion<br />

s=r x ¼ D f =x. Für den Krümmungsradius r x kann<br />

die oben hergeleitete Beziehung eingesetzt werden.<br />

Werden noch die Teillängen D f summiert,<br />

dann findet man die gesuchte Gleichung für die<br />

gesamte Durchbiegung f . Elastizitätsmodul E und<br />

Flächenmoment 2. Grades I sind Konstante, sie<br />

können also vor das Summenzeichen S gezogen<br />

werden.<br />

Ds<br />

¼ Dehnung e ðsiehe 5:2:3:1; Seite 281Þ<br />

s<br />

e ¼ sx<br />

E Hooke0sches Gesetz nach 5:2:3:4Þ<br />

Ds e<br />

¼ ¼<br />

s rx sx<br />

E und daraus r eE<br />

x ¼<br />

sx<br />

r x ¼ eE<br />

sx<br />

r x ¼ EI<br />

Mx<br />

Krümmungsradius<br />

kx ¼ 1<br />

¼<br />

rx Mx<br />

EI<br />

r x<br />

1<br />

ϕ<br />

r x<br />

s<br />

s<br />

sx ¼ Mx e e<br />

) ¼<br />

I sx<br />

I<br />

Mx<br />

2<br />

ϕ<br />

Krümmung<br />

x<br />

Biegelinie<br />

F<br />

f<br />

Beachte: Nur im Grenzfall sind die beiden<br />

schraffierten Dreiecke ähnlich.<br />

s<br />

r x<br />

D f sx<br />

¼ ) D f ¼<br />

x rx D f ¼ sxMx<br />

EI<br />

¼ 1<br />

EI Mx sx<br />

f ¼ SDf ¼ S 1<br />

EI Mx sx<br />

f ¼ 1<br />

EI SMx sx<br />

r x E I Mx<br />

mm<br />

N<br />

mm 2 mm4 Nmm<br />

f<br />

α


348<br />

Das Produkt Mx s (Biegemoment mal Teillänge s an<br />

der Trägerstelle x) ist im Bild der Momentenfläche<br />

das Teilstück DAM der gesamten Momentenfläche<br />

AM. Aus der Schwerpunktslehre (2.2, Seite 77) ist<br />

bekannt, dass die Summe der Momente der Teilflächen<br />

gleich dem Moment der Gesamtfläche ist.<br />

Mit x0 als Schwerpunktsabstand der gesamten<br />

Momentenfläche (hier Dreieckfläche) ergibt sich<br />

abschließend die allgemeine Durchbiegungsgleichung.<br />

Die Momentenfläche DAM ist das Produkt aus<br />

dem Biegemoment Mx und der Teillänge s; folglich<br />

hat AM die Einheit Nmm mm ¼ Nmm 2 .<br />

5.9.9.3 Neigungswinkel der Biegelinie<br />

Das Bild zur allgemeinen Durchbiegungsgleichung<br />

zeigt, dass zwei dicht benachbarte Tangenten<br />

an die Biegelinie den Winkel j einschließen.<br />

Der Neigungswinkel a der Endtangente ist also<br />

die Summe aller Winkel j. Die Gleichung<br />

j ¼ s=r ist die Definitionsgleichung für den<br />

Winkel j. Das Produkt Mxs ist gleich dem Flächeninhalt<br />

der Teilfläche DAM; außerdem ist<br />

SDAM ¼ AM.<br />

Es ist bekannt, dass für kleine Winkel mit der<br />

Einheit rad auch der Tangens des Winkels eingesetzt<br />

werden kann. Damit ist die Endform für die<br />

Gleichung des Neigungswinkels a gefunden. In<br />

der zweiten Form dieser Beziehung hat man entsprechend<br />

der allgemeinen Durchbiegungsgleichung<br />

AM=EI ¼ f =x0 einzusetzen.<br />

SMxsx ¼ SDAMx ¼ AM x0<br />

f ¼ 1<br />

EI AMx0<br />

Allgemeine Durchbiegungsgleichung<br />

f E I AM x0<br />

mm<br />

N<br />

mm 2 mm4 Nmm 2 mm<br />

Bogenstück s<br />

j ¼<br />

Krümmungsradius r<br />

a ¼ Sj ¼<br />

P s<br />

a ¼<br />

EI<br />

Mx<br />

P s<br />

r<br />

r ¼ EI<br />

eingesetzt<br />

Mx<br />

P sMx 1<br />

¼ ¼<br />

EI EI SMx s<br />

a ¼ 1<br />

EI SDAM ¼ 1<br />

EI AM<br />

a ¼ arc a ¼ tan a<br />

tan a ¼ 1<br />

EI AM<br />

tan a ¼ f<br />

x0<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Neigung der Endtangente<br />

an die Biegelinie


5.9 Beanspruchung auf Biegung 349<br />

5.9.10 Ûbungen zur Durchbiegungsgleichung<br />

1. Ûbung: Freiträger mit Einzellast<br />

Für den skizzierten Freiträger mit Einzellast hat<br />

die Momentenfläche die Form eines Dreiecks. Mit<br />

der Balkenlänge l und der Dreieckshöhe Mb max<br />

¼ Fl lässt sich der Flächeninhalt AM ausdrücken.<br />

Der Schwerpunktsabstand der Dreieckfläche beträgt<br />

x0 ¼ 2l=3. Mit den Beziehungen für Mb max,<br />

AM und x0 erhält man aus der allgemeinen Durchbiegungsgleichung<br />

die spezielle Durchbiegungsgleichung<br />

und die Gleichung zur Berechnung des<br />

Neigungswinkels a für die Endtangente.<br />

2. Ûbung: Freiträger mit konstanter Streckenlast<br />

Die Momentenfläche beim Freiträger mit konstanter<br />

Streckenlast wird von einer Parabel begrenzt<br />

(siehe 5.9.7.3, Seite 335). Der Flächeninhalt AM ist<br />

gleich einem Drittel der umschriebenen Rechteckfläche:<br />

AM ¼ Mb max l=3. Der Schwerpunktsabstand<br />

beträgt x0 ¼ 3l=4 (Formelsammlung).<br />

Das maximale Biegemoment ist hier halb so groß<br />

wie beim Freiträger mit Einzellast, also Mbmax ¼<br />

Fl=2, mit der Resultierenden aus der Streckenlast<br />

F ¼ F 0 l.<br />

Damit erhält man wie in der 1. Ûbung die spezielle<br />

Durchbiegungsgleichung und die Gleichung für<br />

den Neigungswinkel a der Endtangente an die<br />

Biegelinie.<br />

3. Ûbung: Stützträger mit Einzellast in Trägermitte<br />

Zur Herleitung einer Gleichung für die maximale<br />

Durchbiegung f in Trägermitte darf nur mit der<br />

Momentenfläche bis zur Stelle der größten Durchbiegung<br />

gerechnet werden. Das ist zugleich die<br />

Mb max-Stelle, mit Mb max ¼ðF=2Þ ðl=2Þ ¼Fl=4<br />

(siehe 5.9.7.5, Seite 337). Der Schwerpunktsabstand<br />

der Momentenfläche AM (Dreieckfläche) beträgt<br />

x0 ¼ l=3.<br />

f ¼ 1<br />

EI AM x0; AM ¼ Mb max<br />

l l Fl2<br />

¼ Fl ¼<br />

2 2 2<br />

f ¼ 1<br />

EI<br />

Fl2 2<br />

2<br />

3 l<br />

f ¼ Fl3<br />

3EI<br />

tan a ¼ f<br />

x0<br />

¼ Fl2<br />

2EI<br />

f ¼ 1<br />

EI AM x0 ; AM ¼ 1<br />

3 Mbmaxl ¼ 1<br />

3<br />

f ¼ 1<br />

EI<br />

f ¼ Fl3<br />

8EI<br />

Fl 2<br />

6<br />

3<br />

4 l<br />

tan a ¼ f<br />

x0<br />

¼ Fl2<br />

6EI<br />

Fl<br />

2 l


350<br />

Mit dem Ausdruck für x0 und mit der Beziehung<br />

für den Flächeninhalt der Momentenfläche<br />

AM ¼ Fl 2 =16 ergibt sich die spezielle Durchbiegungsgleichung<br />

und die Gleichung zur Berechnung<br />

des Neigungswinkels a für die Endtangente.<br />

4. Ûbung: Stützträger mit konstanter Streckenlast<br />

Zur Herleitung einer Gleichung für die maximale<br />

Durchbiegung f in Trägermitte darf nur mit der<br />

Momentenfläche bis zur Stelle der größten Durchbiegung<br />

gerechnet werden (siehe 3. Ûbung).<br />

Das ist hier zugleich die Mb max-Stelle, mit<br />

Mb max ¼ Fl=8. Der Flächeninhalt AM der Parabelfläche<br />

beträgt zwei Drittel der umschriebenen<br />

Rechteckfläche (siehe 2. Ûbung). Der Schwerpunktsabstand<br />

beträgt 5l=16 (siehe auch Handbuch<br />

Maschinenbau, Flächenschwerpunkt).<br />

Wie in der 2. Ûbung wird die Resultierende der<br />

Streckenlast mit F ¼ F 0 l berechnet.<br />

Wie in den vorhergehenden Ûbungen geht man<br />

von der allgemeinen Durchbiegungsgleichung aus,<br />

um die speziellen Gleichungen für f und tan a zu<br />

bekommen.<br />

5. Ûbung: Biegeträger mit mehreren Belastungen (Ûberlagerungsprinzip)<br />

In praktischen Aufgaben wirken häufig mehrere<br />

Belastungen zugleich in einer Ebene biegend, z. B.<br />

eine Einzelkraft neben der gleichmäßig über dem<br />

Träger verteilten Eigengewichtskraft. Solche Aufgabenstellungen<br />

löst man nach dem Ûberlagerungsprinzip.<br />

Es besteht darin, dass man sich die<br />

Belastungen einzeln auf den Träger aufgesetzt vorstellt,<br />

deren Einzeldurchbiegungen f1, f2, f3 ... mit<br />

den bekannten Gleichungen bestimmt und zum<br />

Schluss diese Beträge addiert.<br />

Im vorliegenden Fall sind die Gleichungen für f1<br />

(3. Ûbung) und f2 (4. Ûbung) bekannt und es kann damit<br />

eine Gleichung fürfges ¼ f1 þ f2 erstellt werden.<br />

f ¼ 1<br />

EI AM x0<br />

AM ¼ Mb max<br />

f ¼ 1<br />

EI<br />

f ¼ Fl3<br />

48EI<br />

l Fl<br />

¼<br />

4 4<br />

Fl2 l<br />

16 3<br />

f ¼ 1<br />

EI AM x0<br />

AM ¼ 2<br />

3 Mbmax<br />

f ¼ 1<br />

EI<br />

f ¼ 5<br />

384<br />

Fl 2<br />

24<br />

Fl 3<br />

EI<br />

l<br />

2<br />

5<br />

16 l<br />

fges ¼ f1 þ f2 ¼ Fl3<br />

EI<br />

fges ¼ 0,034 Fl3<br />

EI<br />

l Fl2<br />

¼<br />

4 16<br />

tan a ¼ f<br />

¼ 2<br />

3<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Fl<br />

8<br />

x0<br />

¼ l<br />

2<br />

tan a ¼ f<br />

¼ Fl2<br />

16EI<br />

x0<br />

1 5<br />

þ<br />

48 384<br />

¼ Fl2<br />

24EI


5.10 Beanspruchung auf Knickung 351<br />

5.10 Beanspruchung auf Knickung<br />

5.10.1 Grundbegriffe<br />

Ist bei der Beanspruchung auf Druck der Stab sehr<br />

schlank, d. h. ist die Stablänge l im Verhältnis zu<br />

seiner Querschnittsfläche A sehr groß, so besteht<br />

die Gefahr des seitlichen Ausknickens. Das kann<br />

geschehen, obwohl der Stab genau in Richtung<br />

seiner Achse belastet wird und obwohl die Druckspannung<br />

sd noch unter der Proportionalitätsgrenze<br />

sdP liegt. Die Tragfähigkeit ist also schon<br />

vorher erschöpft. Knickung ist daher auch kein<br />

Spannungsproblem wie Zug, Druck, Biegung und<br />

Torsion, sondern ein Stabilitätsproblem: Trotz gleicher<br />

Querschnittsfläche A und gleicher Druckkraft<br />

F steigt die Gefahr des Ausknickens mit zunehmender<br />

Länge l.<br />

Die besondere Problematik der Knickung hat zur<br />

Definition besonderer Größen geführt.<br />

Knickkraft FK ist diejenige Kraft, bei der das Ausknicken<br />

eines Stabes gerade beginnt. Dividiert<br />

man die Knickkraft FK durch die Querschnittsfläche<br />

A, erhält man eine Spannung, die als Knickspannung<br />

sK bezeichnet wird. Entsprechend der<br />

Definition von FK herrscht die Knickspannung sK<br />

dann, wenn der Stab auszuknicken beginnt.<br />

Da ein Bauteil nicht ausknicken darf, ist dafür zu<br />

sorgen, dass die tatsächliche Belastung, die Druckkraft<br />

F, immer wesentlich kleiner bleibt als die<br />

Knickkraft FK. Das gleiche gilt dann auch für die<br />

tatsächlich im Bauteil vorhandene Druckspannung<br />

sd vorh und für die Knickspannung sK. Immer muss<br />

sd vorh < sK sein. Knickkraft FK und Knickspannung<br />

sK sind also Größen, die niemals erreicht<br />

werden dürfen.<br />

Beispiele knickgefährdeter Bauteile aus dem<br />

Maschinenbau:<br />

Pleuelstangen, Kolbenstangen, Stößel,<br />

Spindeln von Pressen, Bremsgestänge<br />

zunehmende Länge bedeutet<br />

zunehmende Knickgefahr<br />

A<br />

F<br />

l<br />

A<br />

F<br />

l<br />

A<br />

F<br />

l<br />

Neue Größen sind:<br />

Knickkraft FK, Knickspannung sK, Trägheitsradius<br />

i, Schlankheitsgrad l (Lambda)<br />

A<br />

F<br />

l<br />

Knickkraft FK<br />

Knickspannung sK ¼<br />

Querschnittsfläche A<br />

sK ¼ FK<br />

A<br />

Sicherheit gegen Knicken<br />

ðKnicksicherheit vÞ<br />

v ¼ FK<br />

F<br />

¼ sK<br />

sd vorh<br />

sK FK A<br />

N<br />

mm 2 N mm 2<br />

Knickkraft FK<br />

v ¼<br />

Druckkraft F<br />

v 3 ...10 im<br />

Maschinenbau


352<br />

Die Knickkraft FK (Knickspannung sK) ist diejenige<br />

Kraft (Spannung), bei der das Ausknicken<br />

beginnt. Die vorhandene Druckkraft muss<br />

mit Sicherheit unter der Knickkraft bleiben,<br />

ebenso die vorhandene Druckspannung unter<br />

der Knickspannung.<br />

5.10.2 Elastische Knickung (Eulerfall)<br />

Für den Fall, dass die Knickspannung sK noch unterhalb<br />

der Proportionalitätsgrenze sdP des Werkstoffs<br />

liegt, hat Euler 1) eine Gleichung für die<br />

Knickkraft FK entwickelt.<br />

Mit einem Lineal kann man sich klarmachen, dass<br />

ein Stab immer um diejenige Achse knickt, für die<br />

das axiale Flächenmoment 2. Grades den kleinsten<br />

Wert hat (Imin).<br />

Die Knickkraft FK, also diejenige Kraft, bei der<br />

das Knicken gerade beginnen würde, kann allein<br />

durch die Führungsverhältnisse verändert werden,<br />

unter denen sich die Stabenden in Richtung der<br />

Stabachse aufeinander zu bewegen. Je sicherer es<br />

ist, dass die Druckkraft F während des Zusammendrückens<br />

exakt in der Stabachse wirkt, desto<br />

größer kann die Knickkraft FK angesetzt werden.<br />

Mit Ausnahme der Einspannung mit freiem Ende<br />

(Fall 1) sollte immer nach dem Grundfall (Fall 2)<br />

gearbeitet werden, das heißt, man setzt nicht<br />

s ¼ 0,707l (Fall 3) oder s ¼ 0,5l (Fall 4), sondern<br />

s ¼ l in die Eulergleichung ein.<br />

Die Eulergleichung wird nun so geschrieben, wie<br />

sie für das Lösen von praktischen Aufgaben gebraucht<br />

wird. Dazu sollte man sich der Beziehung<br />

zwischen Knickkraft FK und vorhandener Druckkraft<br />

F über die Knicksicherheit v ¼ FK=F erinnern.<br />

Statt Imin wird Ierf geschrieben, in Anlehnung<br />

an die Arbeitsgleichungen der vorangegangenen<br />

Beanspruchungsarten. Ist das erforderliche axiale<br />

Flächenmoment 2. Grades Ierf berechnet, können<br />

mit den Gleichungen aus Tabelle 5.1, Seite 309,<br />

die Querschnittsmaße festgelegt werden.<br />

1) Leonhard Euler, Mathematiker, 1707–1783<br />

Beispiel:<br />

Für die Kolbenstange einer Kolbenpumpe sei<br />

die Knickkraft FK ¼ 20 000 N. Mit Knicksicherheit<br />

v ¼ 8 darf die vorhandene Druckkraft<br />

höchstens<br />

F ¼ FK=v ¼ 20 000 N=8 ¼ 2500 N betragen.<br />

2<br />

EIminp<br />

FK ¼<br />

s2 E Elastizitätsmodul (Tabelle 5.8, Seite 385)<br />

Imin kleinstes axiales Flächenmoment<br />

2. Grades des Querschnitts (Tabelle 5.1,<br />

Seite 309)<br />

s freie Knicklänge<br />

FK ¼ Fv ¼ EImin p 2<br />

Ierf ¼ vFs2<br />

E p 2<br />

s 2<br />

5 Festigkeitslehre<br />

FK E I s<br />

N<br />

N<br />

mm2 mm4 mm<br />

Ierf v F E<br />

mm4 1 N<br />

N<br />

mm2 v Knicksicherheit (Einheit Eins)<br />

F vorhandene Druckkraft<br />

s ¼ l Einspannlänge<br />

E Elastizitätsmodul (Tabelle 5.8, Seite 385)


5.10 Beanspruchung auf Knickung 353<br />

Die nach Ierf aufgelöste Eulergleichung garantiert<br />

nicht, dass der vorliegende Fall tatsächlich im Gültigkeitsbereich<br />

dieser Gleichung liegt, also im Gültigkeitsbereich<br />

des Hooke’schen Gesetzes. Nur in<br />

diesem Bereich ist der E-Modul eine Konstante,<br />

und nur für diesen Fall kann die Eulergleichung<br />

gelten.<br />

Um zu wissen, ob und wann man im Einzelfall mit<br />

der Eulergleichung rechnen darf, wird eine Gleichung<br />

für die Knickspannung sK entwickelt. Dazu<br />

benutzt man die Beziehung sK ¼ FK=A. Zur Vereinfachung<br />

wird statt Imin nur I geschrieben.<br />

Mit dem Ziel, eine möglichst einfach aufgebaute<br />

Gleichung für sK zu erhalten, hat man zwei neue<br />

Größen eingeführt, den Trägheitsradius i und den<br />

Schlankheitsgrad l:<br />

Zunächst bieten sich die beiden geometrischen<br />

Größen I und A zur Vereinfachung an. Man setzt<br />

das axiale Flächenmoment I ¼ i 2 A und bezeichnet<br />

i als den Trägheitsradius des Querschnitts.<br />

Für den Kreisquerschnitt ist nach Tabelle 5.1, Seite<br />

309, das axiale Flächenmoment I ¼ pd 4 =64;<br />

die Kreisfläche berechnet sich aus A ¼ pd 2 =4.<br />

Damit erhält man eine sehr einfache Beziehung für<br />

den Trägheitsradius eines Kreisquerschnitts.<br />

Nach der Einführung des Trägheitsradius erscheint<br />

bei entsprechender Schreibweise in der Eulergleichung<br />

für die Knickspannung nun der Quotient<br />

s 2 =i 2 (siehe oben). Die Wurzel daraus heißt<br />

Schlankheitsgrad l.<br />

Damit ist die einfachste Form für die Eulergleichung<br />

gefunden. Sie zeigt, dass Stäbe von gleichem<br />

Schlankheitsgrad (geometrisch ähnliche<br />

Stäbe) die gleiche Knickspannung sK haben und<br />

dass sK außer von l nur vom Elastizitätsmodul E<br />

abhängig ist.<br />

Beachte: Die Eulergleichung gilt nur dann,<br />

wenn die Knickspannung sK gleich oder<br />

kleiner ist als die Proportionalitätsgrenze sdP<br />

des Werkstoffs.<br />

Zur Proportionalitätsgrenze siehe<br />

Abschnitt 5.12.1, Seite 375.<br />

sK ¼ FK<br />

A<br />

¼ EIp2<br />

s 2 A<br />

sK ¼ E p 2 I<br />

A<br />

1<br />

s 2<br />

sK ¼ E p 2 ðI=AÞ<br />

s2 ¼ E p2 i2 E p2<br />

¼<br />

s2 ðs2 =i2Þ rffiffiffiffi<br />

I<br />

Trägheitsradius i ¼<br />

A<br />

i 2 ¼ I<br />

A<br />

(Gleichungen für i in Tabelle 5.1, Seite 309)<br />

4 pd<br />

I ¼<br />

64<br />

rffiffiffiffiffiffi<br />

I<br />

i ¼<br />

A<br />

i ¼ d<br />

4<br />

2 pd<br />

A ¼<br />

4<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

pd<br />

¼<br />

4 4<br />

64 pd 2<br />

r<br />

Trägheitsradius<br />

für Kreisquerschnitt<br />

freie Knicklänge s<br />

Schlankheitsgrad l ¼<br />

Trägheitsradius i<br />

l ¼ s<br />

i<br />

E p2<br />

sK ¼<br />

l 2<br />

Knickspannung<br />

sK, E l s, i<br />

N<br />

mm 2 1 mm


354<br />

Trägt man entsprechend der Eulergleichung die<br />

Knickspannung sK über dem Schlankheitsgrad l<br />

auf, so ergibt sich eine Hyperbel dritten Grades. Es<br />

wird mit dem Elastizitätsmodul für Stahl gerechnet:<br />

E ¼ 210 000 N=mm 2 ¼ 2,1 10 5 N=mm 2 :<br />

Bekannt ist, dass die Eulergleichung nur gilt, solange<br />

die Knickspannung sK sdP (Proportionalitätsgrenze)<br />

ist. Mit diesem Wert für sdP (für<br />

S235JR etwa 190 N/mm2 ) kann mit einer Waagerechten<br />

im Diagramm die obere und linke Grenze<br />

des Gültigkeitsbereichs für die Eulergleichung<br />

festgelegt werden (elastischer Bereich). Lotet man<br />

vom Schnittpunkt der Waagerechten mit der Euler-<br />

Hyperbel auf die l-Achse, dann wird als einfaches<br />

Kriterium für alle Rechnungen der Grenzschlankheitsgrad<br />

l0 gefunden. Nur mit Schlankheitsgraden<br />

l rechts vom Grenzschlankheitsgrad l0 ist<br />

die Gültigkeit der Eulergleichung gewahrt (siehe<br />

Arbeitsplan 5.10.4, Seite 356).<br />

Ûber die Eulergleichung für die Knickspannung<br />

kann man den Grenzschlankheitsgrad l0 für verschiedene<br />

Werkstoffe in Abhängigkeit von der Proportionalitätsgrenze<br />

sdP berechnen. Da l0 immer<br />

der untere Grenzwert ist, für den die Eulergleichung<br />

gerade noch gilt, wird l0 ¼ lmin geschrieben.<br />

Je höher die Proportionalitätsgrenze sdP des Werkstoffs<br />

liegt, umso kleiner ist der Grenzschlankheitsgrad<br />

l0, das heißt, umso größer wird der Bereich,<br />

für den die Eulergleichung gilt.<br />

Für die wichtigsten Werkstoffe gibt Tabelle 5.3 die<br />

Grenzschlankheitsgrade zur Euler’schen Knickberechnung<br />

an.<br />

Die Eulergleichung gilt nur, solange der errechnete<br />

Schlankheitsgrad l gleich oder größer ist<br />

als der in Tabelle 5.3 angegebene Grenzschlankheitsgrad<br />

l0. Gültigkeitsbereich der Eulergleichung:<br />

s=i ¼ lvorh l0.<br />

Euler-Hyperbel mit Grenzschlankheitsgrad<br />

l0 für S235JR<br />

Beachte: Bei allen Rechnungen nach Euler<br />

muss garantiert sein, dass der vorhandene<br />

Schlankheitsgrad lvorh größer ist als der<br />

Grenzschlankheitsgrad l0:<br />

lvorh > l0<br />

rffiffiffiffiffiffiffi<br />

E<br />

l0 ¼ lmin ¼ p<br />

Eulerbedingung<br />

sdP<br />

Grenzschlankheitsgrad<br />

Beispiel:<br />

Für den Werkstoff Stahl mit<br />

E ¼ 2,1 10 5 N=mm 2 und einer Proportionalitätsgrenze<br />

sdP ¼ 190 N=mm 2 (S235JR)<br />

wird der Grenzschlankheitsgrad:<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

rffiffiffiffiffiffiffi<br />

2,1 10<br />

E<br />

l0 ¼ p ¼ p<br />

sdP<br />

5 N<br />

mm2 190 N<br />

mm2 v<br />

u<br />

t<br />

l0 ¼ 104,44<br />

5 Festigkeitslehre


5.10 Beanspruchung auf Knickung 355<br />

Tabelle 5.3 Grenzschlankheitsgrad l0 für Euler’sche Knickung und Tetmajergleichungen<br />

Werkstoff E-Modul in N<br />

mm 2<br />

Nadelholz<br />

Gusseisen<br />

S235JR<br />

E295 und E335<br />

Al –Cu –Mg<br />

Al –Mg3<br />

10 000<br />

100 000<br />

210 000<br />

210 000<br />

70 000<br />

70 000<br />

Grenzschlankheitsgrad<br />

l0<br />

100<br />

80<br />

105<br />

89<br />

66<br />

110<br />

5.10.3 Unelastische Knickung (Tetmajerfall)<br />

Es wird nun die Frage geklärt, was zu tun ist, wenn<br />

sich bei der Nachrechnung des Schlankheitsgrades<br />

l mit den gegebenen Abmessungen zeigt, dass der<br />

Grenzschlankheitsgrad l0 (Tabelle 5.3) unterschritten<br />

worden ist (lvorh < l0).<br />

In diesem Fall können die Eulergleichungen nicht<br />

mehr gelten. Man hätte dann mit einer Knickspannung<br />

sK gerechnet, die größer ist als die Proportionalitätsgrenze<br />

sdP. In diesem Spannungsbereich<br />

gilt das Hooke’sche Gesetz, das Euler seiner Gleichung<br />

zugrunde gelegt hat, nicht mehr. Das wird<br />

daran erkannt, dass in den Eulergleichungen für<br />

die Knickkraft FK und Knickspannung sK der<br />

Elastizitätsmodul E erscheint.<br />

Tetmajer und andere Forscher haben für die Fälle<br />

lvorh < l0 aus vielen Versuchen Berechnungsgleichungen<br />

entwickelt. Weil diesen Versuchen Knickspannungen<br />

sK zugrunde liegen, die größer sind<br />

als die Proportionalitätsgrenze sdP, spricht man<br />

von unelastischer Knickung.<br />

Mit den Tetmajergleichungen ist eine unmittelbare<br />

Berechnung der Querschnittsabmessungen im Gegensatz<br />

zum Eulerfall nicht möglich.<br />

Bei allen Knickaufgaben mit unbekannten Querschnittsabmessungen,<br />

also auch unbekanntem<br />

Schlankheitsgrad l, berechnet man daher zunächst<br />

das erforderliche axiale Flächenmoment 2. Grades<br />

aus der Eulergleichung und bestimmt nach Tabelle<br />

5.1, Seite 309, die Querschnittsabmessungen (im<br />

Beispiel den Durchmesser d) und den Trägheitsradius<br />

i.<br />

Tetmajergleichungen<br />

für sK in N<br />

mm 2<br />

sK ¼ 29,3 0,194 l<br />

sK ¼ 776 12 l þ 0,053 l 2<br />

sK ¼ 310 1,14 l<br />

sK ¼ 335 0,62 l<br />

Beachte: Die Tetmajergleichungen sind<br />

Zahlenwergleichungen mit sK in N/mm 2 .<br />

Beispiel:<br />

Für einen knickbeanspruchten Stab aus<br />

S235JR stellt sich heraus:<br />

lvorh ¼ s 100 mm<br />

¼<br />

i 2mm ¼ 50 < l0 ðS235JRÞ ¼ 105<br />

Für lvorh ¼ 50 und E ¼ 2,1 10 5 N=mm 2<br />

wird<br />

E p2<br />

sK ¼<br />

l<br />

2 ¼<br />

2,1 10 5<br />

N<br />

p2<br />

mm2 2500<br />

¼ 829 N<br />

mm 2<br />

Die Proportionalitätsgrenze für S235JR liegt<br />

dagegen bei etwa 190 N/mm 2 (siehe auch<br />

Euler-Hyperbel Seite 354).<br />

Beispiel:<br />

Nach Tabelle 5.3 ergibt sich mit l ¼ 50 aus<br />

der Tetmajergleichung für S235JR<br />

sK ¼ 310 1,14 l<br />

sK ¼ð310 1,14 50Þ N N<br />

¼ 253<br />

mm2 mm2 Beispiel:<br />

Für einen Stab aus S235JR (Kreisquerschnitt)<br />

wird bei s ¼ l ¼ 300 mm, F ¼ 10 000 N und<br />

10-facher Knicksicherheit (v ¼ 10):<br />

Ierf ¼ vFl2<br />

E p2 ¼ 10 10 4 N 9 10 4 mm2 N<br />

Ierf ¼ 4342 mm 4<br />

2,1 10 5<br />

derf ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

4<br />

20 Ierf ¼ 17,2 mm<br />

i ¼ d<br />

¼ 4,3 mm<br />

4<br />

p2<br />

mm2


356<br />

Jetzt lässt sich der vorhandene Schlankheitsgrad<br />

berechnen und mit dem Grenzschlankheitsgrad<br />

(Tabelle 5.3, Seite 355) vergleichen. Ist lvorh größer<br />

als l0, dann war die Rechnung nach Euler zulässig.<br />

Die Aufgabe wäre also gelöst.<br />

Im anderen Fall berechnet man lvorh mit etwas vergrößerten<br />

Abmessungen und bestimmt damit nach<br />

Tetmajer die Knickspannung sK.<br />

Zur Ûberprüfung der Knicksicherheit v muss die<br />

vorhandene Druckspannung ermittelt werden. Ist<br />

vvorh kleiner als die geforderte Knicksicherheit verf,<br />

sind die Querschnittsabmessungen noch ein oder<br />

mehrere Male zu vergrößern, bis endlich verf erreicht<br />

wird.<br />

5.10.4 Arbeitsplan für Knickungsaufgaben<br />

Aufgaben Nr. 898–916<br />

lvorh ¼ s 300 mm<br />

¼<br />

i 4,3 mm ¼ 69,8 < l0 ¼ 105<br />

Also war die Rechnung nach Euler nicht zulässig<br />

(lvorh < l0), daher mit etwas vergrößertem<br />

d ¼ 20 mm nach Tetmajer:<br />

lvorh ¼ l<br />

d=4<br />

¼ 4l<br />

d<br />

4 300 mm<br />

¼ ¼ 60<br />

20 mm<br />

sK ¼ 310 1,14 lvorh ¼ 241,6 N<br />

mm2 sd vorh ¼ F<br />

A ¼ 104 N<br />

N<br />

¼ 31,85<br />

314 mm2 mm2 vvorh ¼ sK 241,6 N=mm2<br />

¼ ¼ 7,586<br />

sd vorh 31,85 N=mm2 vvorh ¼ 7,586 < verf ¼ 10<br />

Knickkraft FK aus Sicherheit v und Belastung F berechnen. 1. Schritt<br />

Erforderliches Flächenmoment 2. Grades Ierf nach der Eulergleichung 2. Schritt<br />

berechnen.<br />

Durchmesser oder andere Querschnittsabmessungen mit den Gleichungen 3. Schritt<br />

aus Tabelle 5.1 (Seite 309) festlegen<br />

Trägheitsradius i nach Tabelle 5.1 berechnen. 4. Schritt<br />

Schlankheitsradius lvorh berechnen und mit dem Grenzschlankheitsgrad l0<br />

nach Tabelle 5.3 vergleichen. Ist lvorh l0, ist die Rechnung beendet.<br />

Bei lvorh kleiner als l0 wird mit den Tetmajer-Formeln aus Tabelle 5.3 die<br />

Knickspannung sK berechnet. Dabei lvorh (eventuell neu mit vergößertem<br />

Querschnitt), nicht etwa l0 einsetzen.<br />

5. Schritt<br />

6. Schritt<br />

Vorhandene Druckspannung sd vorh ¼ F=A berechnen 7. Schritt<br />

Mit sK und sd vorh die vorhandene Sicherheit v berechnen und mit der<br />

geforderten Sicherheit vergleichen.<br />

Bei zu kleiner Sicherheit v müssen die Querschnittsabmessungen weiter<br />

vergrößert werden. Die Rechnung ist vom 5. Schritt an zu wiederholen.<br />

Eventuell muss noch die auftretende Druckspannung sd vorh mit der zulässigen<br />

Druckspannung sdzul verglichen werden.<br />

5 Festigkeitslehre<br />

8. Schritt<br />

9. Schritt<br />

10. Schritt


5.10 Beanspruchung auf Knickung 357<br />

Lehrbeispiel: Knickung im elastischen Bereich<br />

Aufgabenstellung:<br />

Die Kolbenstange einer Wasserpumpe hat einen<br />

kreisförmigen Querschnitt.<br />

Werkstoff: E295 mit einer zulässigen Druckspannung<br />

von 98 N<br />

mm 2<br />

Gegebene Größen:<br />

F ¼ 80 kN; Sicherheit gegen Knicken n ¼ 3,5<br />

Gesucht: Kolbenstangendurchmesser d<br />

Lösung:<br />

a) Kolbenstangendurchmesser d:<br />

FK ¼ EIp2<br />

s 2<br />

Ierf ¼ FK s 2<br />

Ep 2<br />

Knickkraft FK ¼ Fn<br />

s ¼ l (Grundfall)<br />

Ierf ¼ Fnl2<br />

Ep2 ¼ 80 103 N 3,5 ð1,4 103 mmÞ 2<br />

2,1 105 N<br />

¼ 26,48 10 4 mm 4<br />

p2<br />

mm2 pd<br />

Io<br />

4<br />

64 ) derf<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4 64 Ierf 64 26,48 10<br />

¼ ¼<br />

p<br />

4 mm4 r<br />

4<br />

¼ 48,2 mm<br />

p<br />

gewählt: d ¼ 50 mm (Normalmaß nach DIN 3)<br />

b) Nachprüfung des Schlankheitsgrades l:<br />

l ¼ s<br />

rffiffiffiffiffiffi<br />

l<br />

Io<br />

¼ io ¼ ¼<br />

i i<br />

Ao<br />

d<br />

4<br />

(s ¼ l)<br />

1400 mm 4<br />

l ¼<br />

50 mm ¼ 112 > l0 ð 89Þ<br />

Also war die Rechnung nach Euler richtig.<br />

c) Spannungsnachweis für die Druckspannung sd:<br />

sd vorh ¼ F<br />

A ¼ 80 103 N 4<br />

502 mm2 N<br />

¼ 40,7<br />

p mm 2 < sd zul¼ 98 N<br />

mm 2<br />

Die zulässige Spannung wurde eingehalten.<br />

d<br />

F F<br />

l = 1400 mm


358<br />

Lehrbeispiel: Knickung im unelastischen Bereich<br />

Aufgabenstellung:<br />

Ein Hydraulikarbeitszylinder soll eine Kraft F ¼ 100 kN<br />

aufbringen. Die freie Knicklänge beträgts ¼ l ¼ 350 mm.<br />

Es ist der Durchmesser der Kolbenstange mit kreisförmigem<br />

Querschnitt zu bestimmen. Sicherheit gegen Knicken n ¼ 5.<br />

Werkstoff E295.<br />

Lösung:<br />

FK ¼ EIp2<br />

s 2<br />

I ¼ pd4<br />

64<br />

l ¼ s<br />

i<br />

¼ l<br />

i<br />

Die Knickkraft FK , die der Stab gerade noch aushält, soll sein:<br />

FK ¼ Fn ¼ 100 kN 5 ¼ 500 kN<br />

Ierf ¼ FK s2 Ep2 ¼ 500 103 N 3,52 104 mm 2<br />

2,1 105 N<br />

¼ 2,955 10 4 mm 4<br />

p2<br />

mm 2<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4 64 Ierf 64 2,955 10<br />

derf ¼ ¼<br />

p<br />

4 mm4 r<br />

4<br />

¼ 27,85 mm<br />

p<br />

gewählt: d ¼ 30 mm<br />

Nachprüfung des Schlankheitsgrades:<br />

l ¼ 4s 4 350 mm<br />

¼<br />

d 30 mm ¼ 46,7 < l0 ¼ 89<br />

Die Rechnung nach Euler ist also unzulässig.<br />

Nachrechnung nach Tetmajer:<br />

Da l ¼ 47 sehr weit im Tetmajer-Bereich liegt, wird der Durchmesser<br />

erhöht auf d ¼ 35 mm. Dadurch wird<br />

l ¼<br />

4 350 mm<br />

¼ 40<br />

35 mm<br />

sK ¼ 335 0,62 l sK¼335 0,62 40 ¼ 310,2 N<br />

mm 2<br />

Die vorhandene Druckspannung sd vorh ist:<br />

sd vorh ¼ F<br />

A ¼ 100 103 N 4<br />

352 mm2 N<br />

¼ 103,94<br />

p mm 2<br />

nvorh ¼ sK<br />

310,2<br />

¼<br />

sd vorh<br />

N<br />

mm 2<br />

103,94 N<br />

mm 2<br />

¼ 2,98 < nerf ¼ 5 d neu gewählt: d ¼ 45 mm<br />

Neuer Schlankheitsgrad l ¼<br />

sK ¼ 335 0,62 31,1 ¼ 315,7 N<br />

mm 2<br />

sd vorh ¼ 100 103 N 4<br />

452 mm2 N<br />

¼ 62,88<br />

p mm 2<br />

nvorh ¼ sK<br />

sd vorh<br />

4 350 mm<br />

¼ 31,1<br />

45 mm<br />

5 Festigkeitslehre<br />

315,7<br />

¼<br />

N<br />

mm 2<br />

62,88 N<br />

mm 2<br />

¼ 5,02 Die verlangte Sicherheit ist vorhanden:<br />

l<br />

d<br />

F


5.10 Beanspruchung auf Knickung 359<br />

5.10.5 Knickung im Stahlbau<br />

5.10.5.1 Vorschriften<br />

Die in den vorhergehenden Abschnitten entwickelten<br />

Knickungsgleichungen gelten nicht für die<br />

Druckstäbe im Stahlbau. Hier sind die Berechnungsverfahren<br />

und die dabei verwendeten Gleichungen<br />

in Normen vorgeschrieben.<br />

5.10.5.2 Tragsicherheitsnachweis bei<br />

einteiligen Knickstäben<br />

Nach DIN 18 800, Teil 2, muss die so genannte<br />

Tragsicherheit nachgewiesen werden. Tragsicherheit<br />

besteht dann, wenn in der Ausweichrichtung<br />

des Stabquerschnitts bei mittiger Druckbelastung<br />

die Bedingung der Tragsicherheits-Hauptgleichung<br />

erfüllt ist. Die dazu erforderlichen Berechnungen<br />

enthält der Arbeitsplan (AP) in 5.10.5.4.<br />

5.10.5.3 Herleitung einer Entwurfsformel<br />

(Zugeschnittene Größengleichung)<br />

Der Tragsicherheitsnachweis nach DIN 18 800 ist<br />

nur möglich, wenn die geometrischen Größen des<br />

Knickstabs bekannt sind (Querschnittsfläche A und<br />

axiales Flächenmoment I). Man nimmt daher versuchsweise<br />

einen Stabquerschnitt (Profil) an oder<br />

verwendet die folgende Entwurfsformel zur Profilermittlung.<br />

Sie wird hier aus der für elastische<br />

Knickung gültigen Eulergleichung entwickelt.<br />

Für die überschlägige Querschnittsbestimmung<br />

nimmt man eine Sicherheit an, z. B. v ¼ 3. Mit<br />

dem Elastizitätsmodul für Baustahl E ¼ 210 000<br />

N/mm 2 und 10 3 N ¼ 1 kN fasst man die Konstanten<br />

zusammen und erhält die Entwurfsformel.<br />

5.10.5.4 Arbeitsplan (AP) zum Tragsicherheitsnachweis<br />

bei einteiligen Knickstäben<br />

Sind sowohl die Belastung F des Knickstabs als<br />

auch das Stabprofil bekannt, bestimmt man der<br />

Reihe nach die folgenden Größen:<br />

Bis zum Erscheinen einer Europäischen<br />

Norm (EN) gilt für die Ausbildung von<br />

Druckstäben die Norm DIN 18 800 vom Nov.<br />

1990. Diese ersetzt die DIN 4114 von 1953,<br />

in der für die Knickungsberechnung das so<br />

genannte Omegaverfahren vorgeschrieben<br />

war.<br />

F<br />

jFpl<br />

1<br />

Tragsicherheits-Hauptgleichung<br />

F Belastung (Normalkraft) in Richtung der<br />

Stabachse<br />

Fpl Normalkraft im vollplastischen Zustand<br />

nach AP Nr. 8<br />

j Abminderungsfaktor nach AP Nr. 6<br />

Im Abschnitt 5.10.2 wird die Eulergleichung<br />

entwickelt:<br />

2 vFsK<br />

Ierf ¼<br />

E p2 Ierf v F sK E<br />

mm4 1 N mm N/mm2 Ierf erforderliches axiales Flächenmoment<br />

v Knicksicherheit<br />

F vorhandene Druckkraft (Normalkraft)<br />

sK Knicklänge<br />

E Elastizitätsmodul (Tabelle 5.8, Seite 385)<br />

Ierf ¼<br />

2 3 FsK<br />

210 000 p2 Ierf 1,5 10 3 FsK 2<br />

Entwurfsformel<br />

F Fpl j<br />

N N 1<br />

I F sK<br />

mm 4 kN mm<br />

Gegeben: Stabprofil (z. B. IPE 200), Werkstoff<br />

(z. B. S235JR), Belastung F des Druckstabs<br />

(z. B. F ¼ 50 kN).<br />

Gesucht: Tragsicherheit


360<br />

1. Knicklänge sK<br />

Die Knicklänge sK entspricht der freien Knicklänge<br />

s in Abschnitt 5.10.2 (Seite 352) (Eulerfall)<br />

und es gilt auch das Bild für die Führungsverhältnisse<br />

mit den Fällen 1 bis 4 (siehe Seite 352).<br />

Die Druckstäbe in Fachwerken können in der<br />

Fachwerkebene oder rechtwinklig dazu ausweichen<br />

(ausknicken).<br />

Für das Ausweichen in der Fachwerkebene ist die<br />

Systemlänge l der geschätzte Abstand der beiden<br />

Anschlussverbindungen an den Stabenden.<br />

Für das Ausweichen rechtwinklig zur Fachwerkebene<br />

ist die Systemlänge l der Abstand der Netzlinien.<br />

2. Schlankheitsgrad lK und Trägheitsradius i<br />

Der Schlankheitsgrad lK wird wie bei der Euler’schen<br />

Knickung in 5.10.2 (Seite 353) aus der<br />

Knicklänge sK und dem Trägheitsradius i berechnet.<br />

Der Trägheitsradius i ist die Wurzel aus dem Flächenmoment<br />

2. Grades I und der Querschnittsfläche<br />

A des Knickstabprofils.<br />

Die Beträge für das Flächenmoment I und die entsprechende<br />

Querschnittsfläche A werden den Profilstahltabellen<br />

entnommen. 1)<br />

3. Bezogener Schlankheitsgrad lK<br />

Der bezogene Schlankheitsgrad lK ist der Quotient<br />

aus dem Schlankheitsgrad lK und dem Bezugsschlankheitsgrad<br />

la, der von den Festigkeitswerten<br />

E (Elastizitätsmodul) und Re (Streckgrenze) des<br />

Profilwerkstoffs abhängt.<br />

sK b l<br />

sK ¼ bl<br />

mm 1 mm<br />

b Knicklängenbeiwert nach Bild in 5.10.2.<br />

Danach ist einzusetzen für<br />

Fall 1 Fall 2 Fall 3 Fall 4<br />

b ¼ 2 b ¼ 1 b ¼ 0,7 b ¼ 0,5<br />

Ausweichen in der<br />

Fachwerkebene<br />

lK ¼ sK<br />

i<br />

rffiffiffiffi<br />

I<br />

i ¼<br />

A<br />

lK ¼ lK<br />

la<br />

1) Formeln und Tabellen zur <strong>Technische</strong>n <strong>Mechanik</strong>, Vieweg þ Teubner, 21. Auflage<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Ausweichen rechtwinklig<br />

zur Fachwerkebene<br />

lK sK i<br />

1 mm mm<br />

i I A<br />

mm mm 4 mm 2<br />

lK lK la<br />

1 1 1


5.10 Beanspruchung auf Knickung 361<br />

4. Bezugsschlankheitsgrad la<br />

Der Elastizitätsmodul für Stahl beträgt<br />

E ¼ 210 000 N=mm 2 , die Streckgrenze Re ist abhängig<br />

vom verwendeten Werkstoff des Knickstabs.<br />

Für die im Stahlbau häufig verwendeten<br />

Werkstoffe ergibt sich damit:<br />

Bei S235JR (RSt 37-2) mit Re ¼ 235 N=mm 2 und<br />

einer Erzeugnisdicke t 40 mm zu la ¼ 93,9, bei<br />

S355J2G3 (St 52-3) mit Re ¼ 355 N=mm 2 und einer<br />

Erzeugnisdicke t 40 mm zu la ¼ 76,4.<br />

In Klammern stehen die früher gültigen Bezeichnungen<br />

für Baustahl.<br />

5. Ermittlung der Knickspannungslinien<br />

Den im Stahlbau verwendeten verschiedenen Querschnittsformen<br />

(z. B. U-, L-, T-Profile) sind so genannte<br />

Knickspannungslinien a, b, c, d zugeordnet.<br />

Sie werden Tabelle 5.4 entnommen. Ausführlichere<br />

Hinweise in DIN 18 800, Teil 2, Tabelle 5.<br />

rffiffiffiffiffi<br />

E<br />

la ¼ p<br />

Re<br />

la ¼ 93,9 für S235JR und t 40 mm<br />

la ¼ 76,4 für S355J2G3 und t 40 mm<br />

Beispiel:<br />

Einem Doppel-T-Profil mit den Werten<br />

h=b > 1,2 und Erzeugnisdicke t 40 mm ist<br />

nach Tabelle 5.4 die Knickspannungslinie b<br />

zugeordnet, wenn das Ausknicken rechtwinklig<br />

zur y-Achse erfolgt.<br />

Die Werte für t (Steg- oder Flanschdicke)<br />

stehen in den Profilstahltabellen. 1)<br />

1) Formeln und Tabellen zur <strong>Technische</strong>n <strong>Mechanik</strong>, Verlag Vieweg +<br />

Teubner, 21. Auflage<br />

la E Re<br />

1<br />

N<br />

mm 2<br />

N<br />

mm 2


362<br />

6. Abminderungsfaktor j<br />

Bereich lK 0,2 Bereich lK > 0,2 Bereich lK > 3,0<br />

j ¼ 1 j ¼<br />

mit<br />

1<br />

1<br />

p j ¼<br />

lK ðlK þ aÞ<br />

k þ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

k 2 lK 2<br />

k ¼ 0,5 ½1 þ a ðlK 0,2ÞþlK 2 Š<br />

7. Parameter a zur Berechnung des Abminderungsfaktors j<br />

Knickspannungslinie a b c d<br />

8. Normalkraft Fpl<br />

a 0,21 0,34 0,49 0,76<br />

Fpl ist diejenige Normalkraft, bei der im Werkstoff<br />

des Stabes vom Querschnitt A vollplastischer Zustand<br />

erreicht wird. Als Widerstandsgröße wird die<br />

Streckgrenze Re oder die obere Streckgrenze ReH<br />

eingesetzt.<br />

5.10.5.5 Zusammengesetzte Knickstäbe<br />

Die Berechnungsgleichungen im obigen Arbeitsplan<br />

gelten für mittig belastete einteilige Knickstäbe.<br />

Dazu gehören auch die aus mehreren Walzprofilen<br />

zusammengesetzten Knickstäbe, wenn die<br />

Einzelprofile durch Nieten oder Schweißen (nicht<br />

Schrauben) so verbunden sind, dass sie als einzelnes<br />

Bauglied angesehen werden können.<br />

Die Gleichungen gelten nicht für Knickstäbe,<br />

deren Querschnitt eine stofffreie Achse y –y hat.<br />

Fpl ¼ Re A<br />

Re Streckgrenze, siehe Tabelle 5.8<br />

(Seite 385)<br />

A Querschnittsfläche, siehe Tabellen<br />

4.27 –4.31 1)<br />

1) Formeln und Tabellen zur <strong>Technische</strong>n <strong>Mechanik</strong>, Vieweg þ Teubner, 21. Auflage<br />

Fpl Re A<br />

N<br />

5 Festigkeitslehre<br />

N<br />

mm2<br />

mm2


5.10 Beanspruchung auf Knickung 363<br />

Tabelle 5.4 Zuordnung der Knickspannungslinien zu den Stab-Querschnittsformen<br />

Hohlprofile<br />

d D=10<br />

geschweißte<br />

Kastenquerschnitte<br />

Stab-Querschnittsformen<br />

Ausknicken<br />

rechtwinklig<br />

zur Achse<br />

warm gefertigt x –x<br />

y –y<br />

kalt gefertigt x –x<br />

y –y<br />

dicke Schweißnaht<br />

und<br />

hx=tx < 30<br />

hy=ty < 30<br />

x –x<br />

y –y<br />

x –x<br />

y –y<br />

gewalzte I-Profile h=b > 1,2 t 40 mm x –x<br />

y –y<br />

geschweißte<br />

I-Querschnitte<br />

(tn ¼ t, t1, t2)<br />

gewalzte Profile<br />

und Vollquerschnitte<br />

h=b > 1,2 40 < t 80 mm<br />

h=b < 1,2 t 80 mm<br />

x –x<br />

y –y<br />

t > 80 mm x –x<br />

y –y<br />

tn 40 mm x –x<br />

y –y<br />

tn > 40 mm x –x<br />

y –y<br />

x –x<br />

y –y<br />

Knickspannungslinie<br />

a<br />

b<br />

b<br />

c<br />

a<br />

b<br />

b<br />

c<br />

d<br />

b<br />

c<br />

c<br />

d<br />

c


364<br />

Tabelle 5.5 Zulässige Spannungen im Stahlhochbau<br />

a) Zulässige Spannungen in N/mm2 für Bauteile<br />

Spannungsart<br />

S235<br />

Werkstoff<br />

S355<br />

Lastfall<br />

E360<br />

1)<br />

H HZ H HZ H HZ<br />

Druck und Biegedruck, wenn Stabilitätsnachweis<br />

nach DIN 18800 erforderlich ist<br />

140 160 210 240 410 460<br />

Zug und Biegezug, Biegedruck, wenn Stabilitätsnachweis<br />

nach DIN 18800 erforderlich ist<br />

160 180 240 270 410 460<br />

Schub 92 104 139 156 240 270<br />

b) Zulässige Spannungen in N/mm 2 für Verbindungsmittel<br />

Spannungsart<br />

Niete (DIN 124 und DIN 302) Passschrauben (DIN 7986)<br />

Ust 36-1<br />

für Bauteile<br />

aus S235<br />

RSt 44-2<br />

für Bauteile<br />

aus S355<br />

4.6<br />

für Bauteile<br />

aus S235<br />

5.6<br />

für Bauteile<br />

aus S355<br />

Lastfall 1)<br />

H HZ H HZ H HZ H HZ<br />

Abscheren ta zul 140 160 210 240 140 160 210 240<br />

Lochleibungsdruck sl zul 280 320 420 480 280 320 420 480<br />

Zug sz zul 48 54 72 81 112 112 150 150<br />

Tabelle 5.6 Zulässige Spannungen im Kranbau für Stahlbauteile und ihre Verbindungsmittel<br />

a) Zulässige Spannungen in N/mm2 für Bauteile<br />

Werkstoff Außer dem allgemeinen Spannungsnachweis<br />

Spannungsart<br />

S235 S355<br />

Lastfall<br />

auf Sicherheit gegen Erreichen der Fließgrenze<br />

ist für Krane mit mehr als 20000<br />

Spannungsspielen noch ein Betriebsfestigkeitsnachweis<br />

auf Sicherheit gegen Bruch bei<br />

zeitlich veränderlichen, häufig wiederholten<br />

Spannungen für die LastfälleHzuführen.<br />

Zulässige Spannungen beim Betriebsfestigkeitsnachweis<br />

siehe Normblatt.<br />

1)<br />

H HZ H HZ<br />

Zug- und Vergleichsspannung<br />

Druckspannung, Nachweis auf Knicken<br />

Schubspannung<br />

160<br />

140<br />

92<br />

180<br />

160<br />

104<br />

240<br />

210<br />

138<br />

270<br />

240<br />

156<br />

b) Zulässige Spannungen in N/mm 2 für Verbindungsmittel<br />

Spannungsart<br />

Abscheren einschnittig<br />

zweischnittig<br />

Lochleibungsdruck einschnittig<br />

zweischnittig<br />

Zug einschnittig<br />

zweischnittig<br />

Passschrauben (DIN 7986) Rohe Schrauben (DIN 7900) Niete<br />

4.6<br />

für Bautiele<br />

aus S235<br />

5.6<br />

für Bauteile<br />

aus S355<br />

4.6<br />

für Bauteile<br />

aus S235<br />

5.6<br />

für Bauteile<br />

aus S355<br />

(DIN 124)<br />

für Bauteile<br />

aus S235<br />

Lastfall 1)<br />

H HZ H HZ H HZ H HZ H HZ<br />

84<br />

112<br />

210<br />

280<br />

100<br />

100<br />

96<br />

128<br />

240<br />

320<br />

110<br />

110<br />

126<br />

168<br />

315<br />

420<br />

140<br />

140<br />

144<br />

192<br />

360<br />

480<br />

154<br />

154<br />

5 Festigkeitslehre<br />

70 80 70 80 84<br />

112<br />

160 180 160 180 210<br />

280<br />

100 110 140 154 30<br />

30<br />

1) Einteilung nach DIN 18801 in Hauptlasten (H), Zusatzlasten (Z) und Sonderlasten (S). Hauptlasten (H) sind alle planmäßigen<br />

äußeren Lasten und Einwirkungen, die nicht nur kurzzeitig auftreten wie ständige Last, planmäßige Verkehrslast,<br />

Schneelast, sonstige Massenkräfte. Zusatzlasten (Z) sind alle übrigen bei der planmäßigen Nutzung auftretenden Lasten und<br />

Einwirkungen wie Windlast, Bremslast, Seitenstoßlast, nur kurzzeitig auftretende Massenkräfte, Wärmewirkung. Sonderlasten<br />

(S) sind nicht planmäßige mögliche Lasten und Einwirkungen aus möglichen Baugrundbewegungen.<br />

96<br />

128<br />

240<br />

320<br />

30<br />

30


5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 365<br />

5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung<br />

5.11.1 Zug und Biegung<br />

Am Beispiel der skizzierten Schraubzwinge kann<br />

man sich Klarheit über das innere Kräfte- und<br />

Spannungssystem verschaffen und die Spannungsgleichungen<br />

herleiten. Wie gewohnt, wird ein<br />

Schnitt x –x an eine zweckmäßige Querschnittsstelle<br />

gelegt und dort dasjenige innere Kräftesystem<br />

angebracht, durch das der Restkörper wieder<br />

ins Gleichgewicht gesetzt wird.<br />

Aus der Kraft-Gleichgewichtsbedingung SFy ¼ 0<br />

ergibt sich als innere Kraft die Zugkraft FN und<br />

aus der Momentengleichgewichtsbedingung das<br />

Biegemoment Mb.<br />

Die innere Kraft FN (Normalkraft) ruft im Querschnitt<br />

x –x die gleichmäßig verteilte Zugspannung<br />

sz ¼ FN=A hervor (Zug-Hauptgleichung).<br />

Durch das innere Biegemoment Mb entsteht im<br />

Querschnitt x –x das bekannte System der Biegespannung,<br />

aufgebaut aus den linear verteilten<br />

Zug- und Druckspannungen (Biege-Hauptgleichung).<br />

Im symmetrischen Querschnitt sind die<br />

Größtwerte beider Normalspannungen gleich groß,<br />

also sbz ¼ sbd ¼ sb ¼ Mb=W.<br />

Sowohl Zug- als auch Biegebeanspruchung ergeben<br />

Normalspannungen s (rechtwinklig auf der<br />

Schnittfläche stehend), die wie parallele Kräfte<br />

addiert und subtrahiert werden können. Trägt man<br />

an die Spitzen der Biegespannung die Zugspannung<br />

richtungsgemäß an, erhält man das Bild der<br />

Gesamtspannung (resultierende Spannung).<br />

Aus dem Bild der Gesamtspannung lassen sich<br />

nun leicht die Beziehungen für die resultierende<br />

Zug- und Druckspannung ablesen. Beide müssen<br />

gleich oder kleiner als die zugehörige zulässige<br />

Spannung sein.<br />

Schraubzwinge Inneres Kräftesystem<br />

SFy ¼ 0 ¼ FN F ) FN ¼ F<br />

SMðSPÞ ¼ 0 ¼ Mb Fl) Mb ¼ Fl<br />

Gleichmäßig verteilte Zugspannung<br />

Linear verteilte Biegespannung<br />

sres Zug ¼ sbz þ sz sz zul<br />

sres Druck ¼ sbd sz sd zul<br />

sz ¼ FN<br />

A<br />

sb ¼ Mb<br />

W<br />

Bild der resultierenden<br />

Spannung


366<br />

Manchmal ist es zweckmäßiger, die Biegespannungen<br />

sbz und sbd nicht mit dem Widerstandsmoment<br />

W, sondern mit dem axialen Flächenmoment<br />

2. Grades I zu bestimmen. Das gilt vor allem<br />

bei unsymmetrischen Querschnitten mit unterschiedlichen<br />

Randfaserabständen e (siehe 5.9.5,<br />

Seite 332). In beide Gleichungen wurde für das<br />

Biegemoment Mb ¼ Fleingesetzt.<br />

Wie das Bild der resultierenden Spannung zeigt,<br />

ist die spannungsfreie Faserschicht um den Betrag<br />

a nach links verschoben. Aus der Øhnlichkeit der<br />

schraffierten Dreiecke erhält man eine Proportion,<br />

die zu einer einfachen Beziehung für die Verschiebungsgröße<br />

a weiterentwickelt werden kann.<br />

Aus dem Spannungsbild erkennen man weiter,<br />

dass die Verschiebungsgröße a ein Kriterium für<br />

die Spannungsverteilung ist.<br />

5.11.2 Druck und Biegung<br />

Grundsätzlich unterscheidet sich diese Beanspruchung<br />

von der vorangegangenen nur dadurch, dass<br />

sich hier der Biegespannung sb nicht eine Zugspannung<br />

sz, sondern die Druckspannung sd<br />

überlagert. Wieder erhält man das Bild der resultierenden<br />

Spannung, indem an die Spitzen der Biegespannung<br />

richtungsgemäß die über dem Querschnitt<br />

konstante Druckspannung angetragen wird.<br />

Die resultierende Druckspannung sres Druck ergibt<br />

sich ebenso wie die resultierende Zugspannung<br />

sres Zug nach dem Spannungsbild wieder als Summe<br />

oder Differenz der beiden Normalspannungen.<br />

Ist die Stablänge eines auf Druck und Biegung beanspruchten<br />

Bauteils groß im Verhältnis zum<br />

Querschnitt (schlanker Stab), dann muss auf Knickung<br />

nachgerechnet werden.<br />

sbz ¼ Mb e1<br />

I<br />

sbd ¼ Mb e2<br />

I<br />

a<br />

sz<br />

¼ Fle1<br />

I<br />

¼ Fle2<br />

I<br />

sres Zug ¼ Fle1 F<br />

þ<br />

I A<br />

sres Druck ¼ Fle2<br />

I<br />

F<br />

A<br />

¼ e<br />

) a ¼<br />

sbz<br />

sz<br />

e<br />

sbz<br />

sz zul<br />

sd zul<br />

sz ¼ F<br />

A und sbz ¼ Mb Fle<br />

¼ eingesetzt :<br />

W I<br />

a ¼ Fl<br />

2 I=A i<br />

e ¼ ¼<br />

AFle l l<br />

a > e bedeutet, dass nur Zugspannungen<br />

auftreten<br />

a < e bedeutet, dass sowohl Zug- als auch<br />

Druckspannungen auftreten<br />

Bild der resultierenden Spannung<br />

sres Druck ¼ sbd þ sd sd zul<br />

sres Zug ¼ sbz sd sz zul<br />

sres Druck ¼ Fle F<br />

þ<br />

I A<br />

sres Zug ¼ Fle<br />

I<br />

F<br />

A<br />

5 Festigkeitslehre


5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 367<br />

5.11.3 Ûbung zur zusammengesetzten Beanspruchung durch Normalspannungen<br />

An einem Träger aus IPE 160 ist ein 12 mm dickes<br />

Knotenblech angeschweißt, das die Zugkraft F in<br />

den Träger einleitet. Wie groß darf diese Zugkraft<br />

im Hinblick auf den Querschnitt A –B des Trägers<br />

höchstens werden, wenn<br />

sz zul ¼ sd zul ¼ 120 N/mm 2 nicht überschritten<br />

werden darf ?<br />

Lösung: Wie gewohnt wird der abgeschnittene<br />

Restkörper durch das innere Kräftesystem wieder<br />

ins Gleichgewicht gesetzt. Als inneres Kräftesystem<br />

erscheint die Zugkraft FN ¼ F und das Biegemoment<br />

Mb ¼ Fl.<br />

Mit der Vorstellung vom inneren Kräftesystem ist<br />

es leicht, das Bild der resultierenden Spannung zu<br />

skizzieren, wenn man zuerst den Verlauf der Biegespannung<br />

zeichnet und darauf die konstante<br />

Zugspannung aufsetzt. Allerdings weiss man noch<br />

nicht, ob die Verschiebungsgröße a tatsächlich<br />

kleiner ist als der Randfaserabstand e. Das wird<br />

erst die Rechnung erweisen.<br />

In der Formstahltabelle finden sich alle für die<br />

weitere Rechnung nötigen Größen, wobei vor<br />

allem darauf geachtet werden muss, dass das richtige<br />

Flächenmoment 2. Grades abgelesen wird,<br />

hier also Ix.<br />

Die Frage, ob die Verschiebungsgröße a größer<br />

oder kleiner als der Randfaserabstand e ist, wird<br />

durch die Rechnung a ¼ i 2 =l schnell geklärt. Da<br />

hier tatsächlich a < e ist, muss neben sres Zug noch<br />

sres Druck auftreten.<br />

Die resultierende Zugspannung sres Zug ist größer<br />

als die resultierende Druckspannung sres Druck.<br />

Folglich geht man von der Beziehung<br />

sres Zug ¼ sz þ sbz sz zul<br />

aus, schreibt sie in der erweiterten Form und entwickelt<br />

daraus eine „gleich-kleiner-Beziehung“ für<br />

die Zugkraft F.<br />

Das Ergebnis sagt aus, das die Zugkraft F immer<br />

unter 93 079 N bleiben muss, wenn sz zul nicht<br />

überschritten werden soll.<br />

Ix ¼ 869 cm 4 ¼ 869 10 4 mm 4<br />

A ¼ 20,1 cm 2 ¼ 20,1 10 2 mm 2<br />

Inneres<br />

Kräftesystem<br />

Bild der resultierenden<br />

Spannung<br />

Trägheitsradius i ¼ 6,58 cm ¼ 65,8 mm<br />

Randfaserabstand e ¼ 80 mm<br />

2 2 i i<br />

a ¼ ¼<br />

l e þ s<br />

ð65,8 mmÞ2<br />

¼<br />

86 mm<br />

2<br />

a ¼ 50,3 mm < e ¼ 80 mm<br />

F Fle<br />

þ<br />

A I<br />

F 1 le<br />

þ<br />

A I<br />

F<br />

F<br />

sz zul<br />

1 le<br />

þ<br />

A I<br />

sz zul<br />

sz zul<br />

120 N<br />

mm2 1 86 mm 80 mm<br />

þ<br />

2010 mm2 869 104 mm4 ¼ 93 079 N


368<br />

Zuerst wird die Zugspannung sz, dann die Biegespannung<br />

sbz ¼ sbd ¼ sb berechnet. Beide setzt<br />

man zur resultierenden Spannung zusammen und<br />

vergleicht diese Beträge mit der angegebenen zulässigen<br />

Spannung. Für die Zugseite ist das<br />

zugleich eine Kontrolle der Kraftberechnung,<br />

denn nur bei richtiger Rechnung kann sich<br />

sres Zug ¼ sz zul¼ 120 N/mm 2 ergeben.<br />

Die resultierende Druckspannung sres Druck erhält<br />

man nach dem Spannungsbild als Differenz von<br />

Biege- und Zugspannung (sres Druck ¼ sbd sz).<br />

Aufgaben Nr. 927–938<br />

5.11.4 Biegung und Torsion<br />

5.11.4.1 Festigkeitshypothesen und Vergleichsspannung sv<br />

Wellen sollen Drehmomente übertragen, z. B. vom<br />

Elektromotor über ein Zahnradpaar auf eine zweite<br />

Getriebewelle. Neben der dadurch hervorgerufenen<br />

Torsionsbeanspruchung tritt aber auch noch Biegung<br />

auf. Der Querschnitt einer Welle hat demnach<br />

sowohl Normalspannungen (Biegespannung sb)<br />

als auch Schubspannungen (Torsionsspannung tt)<br />

aufzunehmen. Während die Normalspannung<br />

rechtwinklig auf dem Querschnitt steht, liegt die<br />

Schubspannung im Querschnitt. Eine einfache<br />

Addition beider Spannungen – wie bei Biegung<br />

und Zug/Druck – ist hier nicht möglich.<br />

Da beide Spannungsarten rechtwinklig aufeinander<br />

stehen, könnte man auf den Gedanken kommen,<br />

sie wie zwei Kräfte geometrisch zu einer<br />

resultierenden Spannung sres ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

s2 þ t2 p<br />

zusammenzusetzen.<br />

So einfach geht das schon deshalb<br />

nicht, weil der Werkstoff gegenüber einer Schubspannung<br />

anders reagiert als gegenüber einer Normalspannung<br />

(vergleiche Schub- und Elastizitätsmodul,<br />

Seite 385).<br />

5 Festigkeitslehre<br />

sz ¼ F 93 079 N N<br />

¼ ¼ 46,3<br />

A 2010 mm2 mm2 sbz ¼ sbd ¼ sb ¼ Fle<br />

I<br />

93 079 N 86 mm 80 mm<br />

sb ¼<br />

869 104 mm4 sbz ¼ sbd ¼ 73,7 N<br />

mm2 sres Zug ¼ sz þ sbz ¼ð46,3 þ 73,7Þ N<br />

mm 2<br />

sres Zug ¼ 120 N<br />

mm 2 ¼ sz zul<br />

sres Druck ¼ sbd sz ¼ð73,7 46,3Þ N<br />

mm 2<br />

sres Druck ¼ 27,4 N<br />

mm 2 < sd zul ¼ 120 N<br />

mm 2<br />

Kräfte und Momente in Bezug auf die<br />

obere Getriebewelle


5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 369<br />

Alle Festigkeitshypothesen zur Lösung dieses Problems<br />

laufen darauf hinaus, mit Hilfe einer so genannten<br />

Vergleichsspannung sv die gemeinsame<br />

Wirkung der beiden ungleichartigen Spannungen<br />

zu erfassen. Die Vergleichsspannung wird auch<br />

ideelle Spannung genannt.<br />

Hier wird mit der Vergleichsspannung nach der<br />

Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie<br />

gearbeitet, weil sie mit Versuchsergebnissen gut<br />

übereinstimmt. Die geometrische Addition beider<br />

Spannungen nach der vorherigen Ûberlegung ist<br />

noch erkennbar.<br />

Der bei tt stehende Faktor a0 heißt Anstrengungsverhältnis.<br />

Es ist abhängig von den Grenzfestigkeitswerten<br />

für den betreffenden Werkstoff.<br />

Für Wellen aus Stahl ist das Verhältnis der zulässigen<br />

Spannungen in Abhängigkeit vom jeweiligen<br />

Belastungsfall annähernd bekannt, so dass man die<br />

angegebenen Werte für a0 einsetzen kann.<br />

Der Begriff Belastungsfall wird im Abschnitt<br />

5.12.2.3 (Seite 376) erläutert.<br />

5.11.4.2 Vergleichsmoment Mv<br />

Für Wellen mit Kreis- oder Kreisringquerschnitt<br />

lässt sich die Gleichung für die Vergleichsspannung<br />

weiter entwickeln. Dazu werden für die<br />

Spannungen sb und tt entsprechend den zugehörigen<br />

Hauptgleichungen, die Quotienten aus dem<br />

Kraftmoment und dem Widerstandsmoment eingesetzt.<br />

Die Gleichungen für axiales und polares Widerstandsmoment<br />

bei Kreis- und Kreisringquerschnitten<br />

zeigen, dass das polare Widerstandsmoment<br />

Wp doppelt so groß ist wie das axiale Widerstandsmoment<br />

WðWp ¼ 2WÞ, so dass im Nenner der<br />

Torsions-Hauptgleichung Wp durch 2W ersetzt<br />

werden kann.<br />

Hinweis: Bekannt geworden sind vor allem<br />

die Dehnungshypothese, die Schubspannungshypothese<br />

und die Hypothese der<br />

größten Gestaltänderungsenergie.<br />

sv ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

sb 2 þ 3ða0ttÞ 2<br />

q<br />

a0 ¼ sb Grenz<br />

1,73tGrenz<br />

sb zul<br />

Anstrengungsverhältnis<br />

a0 ¼ 1 wenn sb und tt im gleichen<br />

Belastungsfall wirken<br />

a0 ¼ 0,7 wenn sb wechselnd (III) und tt<br />

schwellend (II) wirkt (Hauptfall<br />

bei Wellen, weil die Randfasern<br />

während jeder Wellenumdrehung<br />

einmal unter þsb und einmal<br />

unter sb stehen.<br />

sv ¼<br />

sb ¼ Mb<br />

sv ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

sb 2 þ 3ða0ttÞ 2<br />

q<br />

tt ¼ MT<br />

¼<br />

Wp<br />

MT<br />

W<br />

2W eingesetzt:<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mb<br />

W<br />

2<br />

MT<br />

þ3 a0<br />

2W<br />

Beispiel:<br />

Für den Kreisquerschnitt ist<br />

pd 3<br />

W ¼<br />

32<br />

und<br />

3 pd<br />

Wp ¼<br />

16<br />

also auch<br />

Wp ¼ 2 pd3<br />

¼ 2W<br />

32<br />

2


370<br />

Das Quadrat des Widerstandsmoments lässt sich<br />

unter der Wurzel ausklammern und dann als 1/W<br />

vor die Wurzel schreiben. Bringt man das Widerstandsmoment<br />

W nun noch auf die linke Seite der<br />

Gleichung, dann erhält man dort das Produkt<br />

svW. In Anlehnung an die Bezeichnung in der<br />

Biege-Hauptgleichung (Biegemoment Mb ¼ sbW)<br />

wird hier das entsprechende Produkt als Vergleichsmoment<br />

Mv bezeichnet.<br />

Das Vergleichsmoment Mv lässt sich auch zeichnerisch<br />

bestimmen (rechtwinkliges Dreieck, Lehrsatz<br />

des Pythagoras), wenn man beachtet, dass<br />

0,866 2 a0 2 MT 2 ¼ 0,75 (a0 MT) 2 ist.<br />

Entsprechend der Biege-Hauptgleichung schreibt<br />

man sv ¼ Mv=W sb zul und entwickelt daraus<br />

mit W ¼ 0,1d 3 eine Gleichung für den erforderlichen<br />

Durchmesser einer Welle mit Kreisquerschnitt.<br />

Ebenso kann man bei Kreisquerschnitt verfahren<br />

und<br />

Werf ¼ Mv=sb zul ¼ 0,1d 3 erf ð1 q4 Þ<br />

schreiben, wenn man q ¼ di=d setzt. Auf diese<br />

Weise erhält man auch für den Kreisringquerschnitt<br />

eine Gleichung für den erforderlichen<br />

Aussendurchmesser d.<br />

5.11.4.3 Ûbung zu Biegung und Torsion<br />

Der gefährdete Querschnitt einer Getriebewelle<br />

(Kreisquerschnitt) wird durch ein Biegemoment<br />

und ein Torsionsmoment beansprucht. Daraus sollen<br />

Vergleichsmoment und Wellendurchmesser bestimmt<br />

werden. Für das Anstrengungsverhältnis<br />

wird a0 ¼ 0,7 eingesetzt (siehe Seite 369).<br />

Lösung: Die Lösung macht keine<br />

Schwierigkeiten, weil hier nur mit den<br />

entwickelten Gleichungen zu arbeiten<br />

ist.<br />

Aufgaben Nr. 939–949<br />

sv ¼<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mb 2<br />

W<br />

sv ¼ 1<br />

W 4 ða0 MTÞ 2<br />

r<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

svW ¼ Mb 2 þ 0,75ða0 MTÞ 2<br />

q<br />

MT<br />

2<br />

þ 3a0<br />

2<br />

2 4W 2<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mb 2 þ 3<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mv ¼ Mb 2 þ 0,75ða0 MTÞ 2<br />

q<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3 Mv<br />

derf ¼<br />

0,1sb zul<br />

gilt für Kreisquerschnitt<br />

derf ¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mv<br />

0,1sb zulð1 q 4 s<br />

3<br />

Þ<br />

gilt für Kreisquerschnitt mit:<br />

Innendurchmesser di<br />

q ¼<br />

Außendurchmesser d<br />

Vergleichsmoment<br />

Zeichnerische Bestimmung<br />

des Vergleichsmoments<br />

Mv<br />

Gegeben: Mb ¼ 416 Nm<br />

MT ¼ 200 Nm<br />

sb zul ¼ 60 N=mm 2 ,gewählt<br />

a0 ¼ 0,7<br />

Gesucht: Mv und d<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mv ¼ Mb 2 þ 0,75ða0 MTÞ 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mv ¼ ð416 103 NmmÞ 2 þ 0,75ð0,7 200 103 NmmÞ 2<br />

q<br />

Mv ¼ 43,3 10 4 Nmm<br />

rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3 Mv 433 10<br />

derf ¼ ¼<br />

0,1sb zul<br />

3 Nmm<br />

0,1 60 N<br />

mm2 v<br />

u<br />

t3<br />

5 Festigkeitslehre<br />

derf Mv sb zul<br />

mm Nmm<br />

N<br />

mm 2<br />

derf ¼ 41,6 mm dausgeführt ¼ 42 mm ðNormmaßÞ


5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 371<br />

Lehrbeispiel: Berechnung einer Getriebewelle<br />

Aufgabenstellung:<br />

Ein Getriebe mit Geradzahn-Stirnrädern<br />

(Eingriffswinkel a ¼ 20 ) soll eine<br />

Gesamtübersetzung<br />

iges ¼ n1<br />

1<br />

960 min<br />

¼ ¼ 20<br />

n4<br />

1<br />

48 min<br />

durch zwei Zahnradpaare ermöglichen.<br />

Die Entwurfsberechnung ergab die Teilkreisdurchmesser:<br />

d1 ¼ 48 mm<br />

d2 ¼ 240 mm i1 ¼ 5<br />

d3 ¼ 72 mm i2 ¼ 4<br />

d4 ¼ 288 mm<br />

Getriebeskizze<br />

Es wird die Aufgabe gestellt, den Durchmesser für die Getriebewelle II festzulegen, für die Werkstoff E335<br />

verwendet werden soll. Da der Wirkungsgrad h für Zahnradgetriebe sehr gut ist (hier etwa h 0,96), kann<br />

er bei Festigkeitsrechnungen unberücksichtigt bleiben.<br />

Lösung:<br />

Die zu übertragenden Drehmomente können aus gegebener Antriebsleistung P ¼ 8 kW und Antriebsdrehzahl<br />

n ¼ 960 min 1 berechnet werden.<br />

M ¼ 9550 P<br />

n<br />

M ¼ Fu<br />

F 3<br />

F u<br />

F u2<br />

F u3<br />

<br />

M<br />

d<br />

2<br />

F 2<br />

I<br />

<br />

d<br />

d<br />

2<br />

Wälzpunkt C 1<br />

II<br />

III<br />

Rad 1<br />

Rad 2<br />

Rad 3<br />

Wälzpunkt C 3<br />

Rad 4<br />

MI ¼ 9550 P<br />

8<br />

¼ 9550 Nm ¼ 79,583 Nm<br />

n 960<br />

MII ¼ MIi1 ¼ 79,583 Nm 5 ¼ 397,915 Nm<br />

MIII ¼ MIIi2 ¼ 397,915 Nm 4 ¼ 1591,66 Nm<br />

Aus den errechneten Drehmomenten ergeben sich die Umfangskräfte<br />

am Teilkreisumfang:<br />

Fu2 ¼ 2MII<br />

d2<br />

Fu3 ¼ 2MII<br />

d3<br />

P=8kW<br />

n = 960 min –1<br />

Rad 2<br />

Rad 4<br />

Rad 1<br />

Rad 3<br />

80 120 80<br />

Welle I<br />

¼ 2 397,915 103 Nmm<br />

¼ 3316 N<br />

240 mm<br />

¼ 2 397,915 103 Nmm<br />

¼ 11 053 N<br />

72 mm<br />

Die Umfangskräfte Fu2 und Fu3 sind Komponenten der in Eingriffsrichtung<br />

auf die Zähne wirkenden Zahnkräfte F2 und F3 .<br />

Der Eingriffswinkel beträgta ¼ 20 .<br />

Beginn des Eingriffs<br />

Wälzvorgang in C3 vergrößert<br />

F u3<br />

<br />

Fu3 F3 =<br />

cos <br />

C 3<br />

Eingriffslinie<br />

i 1<br />

i 2<br />

II<br />

III<br />

Ende des Eingriffs<br />

70°


372<br />

Beachte: F3 ist die von Rad 4 auf Rad 3 ausgeübte Kraft.<br />

Die Kraftrichtungen nach dem Gefühl prüfen: Zahnrad 2 muss von Rad 1 nach unten,<br />

Rad 3 dagegen von Rad 4 nach oben gedrückt werden.<br />

F2 ¼ Fu2 3316 N<br />

¼ ¼ 3529 N<br />

cos a cos 20<br />

F3 ¼ Fu3<br />

cos a<br />

11 053 N<br />

¼ ¼ 11 762 N<br />

cos 20<br />

Diese Zähnekräfte F2 und F3 beanspruchen die Welle II auf Verdrehung und Biegung: Man bringt in den<br />

Radmittelpunkten je zwei Kräfte F2 bzw. F3 an (zweite und vierte statische Grundoperation), dann<br />

ergibt sich je ein Kräftepaar (Drehmoment MII) und eine Einzelkraft (Biegekraft F2 und F3 ).<br />

F2<br />

Biegekraft F2<br />

Rad 1 Kräftepaar<br />

erzeugt + MII<br />

F2x<br />

40°<br />

II<br />

F2y<br />

Rad 2<br />

Biegekraft F3<br />

F 3x<br />

Rad 4<br />

Die Kräftepaare ergeben Momente, die gleich groß sind und sich entgegenwirken:<br />

þMII MII ¼ 0; Welle II wird davon auf Verdrehung beansprucht. Die Komponenten Fx und Fy der<br />

Biegekräfte F2 und F3 sind aus dem Krafteck abzulesen:<br />

F2y ¼ F2 sin 40 ¼ 3529 N sin 40 ¼ 2268 N<br />

F2x ¼ F2 cos 40 ¼ 3529 N cos 40 ¼ 2703 N<br />

F3y ¼ F3 sin 20 ¼ 11 762 N sin 20 ¼ 4023 N<br />

F3x ¼ F3 cos 20 ¼ 11 762 N cos 20 ¼ 11 053 N<br />

F 3<br />

Kräftepaar<br />

erzeugt – M II<br />

Die perspektivische Belastungsskizze gibt Aufschluss über die Weiterentwicklung der Rechnung:<br />

F Ax<br />

Lager A<br />

F Ay<br />

F 2x<br />

80 80<br />

120<br />

F2<br />

F 2y<br />

Rad 2<br />

Welle II<br />

F 3y<br />

F 3x F Bx<br />

Rad 3<br />

F By<br />

Lager B<br />

20°<br />

F3y Rad 3<br />

II<br />

III<br />

F 3<br />

5 Festigkeitslehre


5.11 Zusammengesetzte Beanspruchung 373<br />

Man bestimmt nun die Stützkraft-Komponenten FAx ,FAy ,FBx ,FBy mit Hilfe der statischen Gleichgewichtsbedingungen<br />

(aus Platzgründen kann hier SM ¼ 0 nicht ausgeschrieben werden):<br />

waagerechte Ebene senkrechte Ebene<br />

SMðAÞ ¼ 0 ¼ ... SMðAÞ ¼ 0 ¼ ...<br />

FBx ¼ F2x 80 mm þ F3x<br />

280 mm<br />

200 mm<br />

FBy ¼ F3y 200 mm þ F2y<br />

280 mm<br />

80 mm<br />

FBx ¼ 8667 N FBy ¼ 2226 N<br />

SFx ¼ 0 ¼þFAx F2x F3x þ FBx SFy ¼ 0 ¼þFAy F2y þ F3y FBy<br />

FAx ¼ 5089 N FAy ¼ 471 N<br />

Die Komponenten werden geometrisch addiert:<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FA ¼ FAx 2 þ FAy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

¼ 50892 N2 þ 4712 N2 p<br />

¼ 5111 N<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

FB ¼ FBx 2 þ FBy 2<br />

q<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

¼ 8667 2 N2 þ 2226 2 N2 p<br />

¼ 8948 N<br />

Zur Ermittlung der größten Biegebeanspruchung werden für die beiden Ebenen die Momentenflächen<br />

gekennzeichnet und zu einer resultierenden Momentenfläche geometrisch addiert.<br />

F Ax<br />

F Ay<br />

waagerechte Ebene<br />

F 2x<br />

F 2y<br />

F 3x<br />

senkrechte Ebene<br />

F 3y<br />

resultierende Momentenfläche<br />

M res2<br />

M res3<br />

F Bx<br />

FBy<br />

M2x =F ·80mm<br />

=40,7·10 Nmm<br />

Ax<br />

Die größte Biegebeanspruchung ist bei Rad 3 vorhanden.<br />

q<br />

Mb max ¼ Mres 3 ¼<br />

Mb max ¼<br />

4<br />

geometrische Addition<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

M3x 2 þ M3y 2<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

ð69,3 104 NmmÞ 2 þð17,8 104 NmmÞ 2<br />

q<br />

Mb max ¼ 71,55 10 4 Nmm<br />

M res2<br />

Mres3<br />

M = F · 80 mm<br />

2y Ay<br />

= 3,77 · 104 Nmm<br />

M3x<br />

=F ·80mm<br />

= 69,3 · 10 Nmm<br />

Bx<br />

4<br />

M = F · 80 mm<br />

3y By<br />

= 17,8 · 104 Nmm


374<br />

Die Welle II wird beim Rad 3 beansprucht durch<br />

das Biegemoment Mb max ¼ 71,55 10 4 Nmm und<br />

das Torsionsmoment MT ¼ 39,79 10 4 Nmm.<br />

Weil das Torsionsmoment MT ¼ MII in der Welle II von Rad 2 bis Rad 3 konstant ist, ergibt sich der gefährdete<br />

Querschnitt im Punkt der größten Biegebeanspruchung, also bei Rad 3.<br />

Das resultierende Moment Mv aus Biege- und Torsionsbeanspruchung (¼ Vergleichsmoment) beträgt:<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mv ¼ Mb 2 þ 0,75ða0MT Þ 2<br />

q<br />

Bei gleichbleibender Drehrichtung liegt wechselnde Biege- und schwellende Torsionsbeanspruchung vor,<br />

also a0 ¼ 0,7<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

Mv ¼ ð71,55 104 NmmÞ 2 þ 0,75ð0,7 39,79 104 NmmÞ 2<br />

q<br />

Mv ¼ 75,51 10 4 Nmm<br />

Nach Abschnitt 5.11.4.2 (Seite 369) lässt sich das Vergleichsmoment Mv auch zeichnerisch bestimmen.<br />

Beachte: 0,866 a0 MT ¼ 0,866 0,7 MT ¼ 0,606 MT .<br />

0,606 M T<br />

4 Nmm<br />

Momentenmaßstab MM ¼ 15 10<br />

cm<br />

(1 cm ¼b 15 104 Nmm)<br />

Ergebnis:<br />

4 Nmm<br />

Mv ¼ 5cm 15 10<br />

cm ¼ 75 104 Nmm<br />

Mit dem Vergleichsmoment Mv und der zulässigen Biegespannung kann der Wellendurchmesser<br />

bestimmt werden:<br />

sv ¼ Mv<br />

M v<br />

M bmax<br />

W sbzul W ¼ 0,1d 3 für den Kreisquerschnitt eingesetzt und nach d aufgelöst :<br />

sffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

3 Mv<br />

derf ¼<br />

0,1sb zul<br />

sb zul ¼ 80 N<br />

mm 2 gewählt<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

75,51 10<br />

derf ¼<br />

4 Nmm<br />

0,1 80 N<br />

mm 2<br />

v<br />

u<br />

u3<br />

t<br />

derf ¼ 45,53 mm d ¼ 46 mm gewählt ðNormmaßÞ<br />

5 Festigkeitslehre


5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit 375<br />

5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit<br />

5.12.1 Festigkeitswerte im Spannungs-Dehnungs-Diagramm<br />

Beim Zugversuch nach DIN EN 10002 wird eine<br />

Zugprobe allmählich verlängert und die dabei von<br />

der Zugprüfmaschine angezeigte Zugkraft F ermittelt.<br />

Aus der Zugkraft F wird die auf den<br />

Ausgangsquerschnitt A0 bezogene Zugspannung<br />

sz ¼ F=A0 berechnet. Ebenso aus der Längenänderung<br />

Dl die auf die Messlänge l0 bezogene Dehnung<br />

e.<br />

Zu jeder berechneten Spannung gehört ein bestimmter<br />

Dehnungswert. Trägt man die Spannung<br />

s über der Dehnung e in ein rechwinkliges Achsenkreuz<br />

ein, dann erhält man das Spannungs-Dehnungs-Diagramm.<br />

Bis zum Punkt E verhält sich<br />

Stahl elastisch. Der zugehörige Festigkeitswert ist<br />

die Elastizitätsgrenze sE. Bei anschließender Entlastung<br />

ist keine bleibende Dehnung festzustellen.<br />

Bis zum Punkt P ist der Spannungsanstieg geradlinig,<br />

also gilt bis zur Proportionalitätsgrenze sP<br />

das Hooke’sche Gesetz s ¼ eE. Der Elastizitätsmodul<br />

E erscheint im schraffierten Dreieck als<br />

Tangens des Neigungswinkels der Spannungslinie<br />

(tan j ¼b E).<br />

Die den Punkten P und E entsprechenden Festigkeitswerte<br />

(Proportionalitäts- und Elastizitätsgrenze)<br />

sind nicht leicht zu bestimmen.<br />

Anders dagegen ist es mit Punkt S (Streckgrenze<br />

Re). Er ist durch einen plötzlichen Spannungsabfall<br />

deutlich markiert (jedenfalls bei weichem<br />

Stahl) und erscheint in allen Festigkeitsangaben.<br />

Die Streckgrenze ist der wichtigste Festigkeitswert<br />

bei statischer (ruhender) Belastung. Den eigentümlichen<br />

Zustand des Spannungsabfalls bei fortschreitender<br />

Verlängerung des Stabes nennt man<br />

Fließen des Werkstoffes.<br />

Es gibt Werkstoffe ohne erkennbare Streckgrenze<br />

(z. B. legierte Stähle). Als gleichwertigen Ersatz<br />

ermittelt man für diese Werkstoffe die 0,2 %-<br />

Dehngrenze und nennt die dort wirkende Spannung<br />

Rp0,2.<br />

Verlängerung Dl<br />

Dehnung e ¼<br />

Ursprungslänge l0<br />

e ¼ Dl<br />

l0<br />

l l0<br />

¼<br />

l0<br />

Spannungs-Dehnungs-Diagramm für Stahl<br />

(schematisch)<br />

Zusammenfassung der Festigkeitswerte für<br />

Zugbeanspruchung (Tabelle 5.8, Seite 385):<br />

Elastizitätsgrenze<br />

Proportionalitätsgrenze<br />

e Dl, l, l0<br />

1 mm<br />

von geringerer<br />

Bedeutung<br />

sE<br />

sP<br />

Re Streckgrenze, wichtigster Kennwert,<br />

für S235JR z. B. Re ¼ 235 N/mm2 Rm Zugfestigkeit für S235JR<br />

z. B. Rm 360 N/mm 2<br />

Rp0,2 0,2 %-Dehngrenze ist die Spannung,<br />

bei der nach Entlastung der Zugprobe<br />

eine bleibende Dehnung e ¼ 0,2 %<br />

zurückbleibt.


376<br />

5.12.2 Einflüsse auf die Festigkeit des Bauteils<br />

5.12.2.1 Beanspruchungsart und Festigkeit<br />

Die verschiedenen Beanspruchungsarten (Zug, Abscheren,<br />

Biegung usw.) rufen in den Bauteilen<br />

Spannungen verschiedener Richtung (Normal- und<br />

Schubspannungen) hervor. Auch die Spannungsverteilung<br />

über dem Querschnitt ist z. B. bei Zug<br />

und Biegung verschieden, so dass es einleuchtet,<br />

dass die Festigkeitswerte für die einzelnen Beanspruchungsarten<br />

zum Teil recht unterschiedlich<br />

sind.<br />

Den erheblichen Unterschied zwischen Zug- und<br />

Druckfestigkeit bei Gusseisen erklärt der Gefügeaufbau:<br />

Die zwischen den Korngrenzen liegenden<br />

Graphitteilchen vermindern bei Zugbeanspruchung<br />

den Zusammenhang der Körner, während sie bei<br />

Druck mittragen.<br />

Stahl hält im Gegensatz zu Gusseisen bei Zugund<br />

Druckbeanspruchung gleich viel aus. Andere<br />

Festigkeitswerte werden von der Art der Beanspruchung<br />

beeinflusst. So ändert sich beispielsweise<br />

die Streckgrenze bei E295 in folgender Weise:<br />

Re bei Zug ¼ 280 N/mm 2<br />

Re bei Biegung ¼ 350 N/mm 2<br />

Re bei Verdrehung ¼ 190 N/mm 2<br />

5.12.2.2 Temperatur und Festigkeit<br />

Bei höherer Temperatur als 20 ºC wird die Festigkeit<br />

des Werkstoffs vermindert. Zum Vergleich die<br />

Streckgrenzwerte für GJMW-400-5:<br />

Re bei 20 ºC ¼ 220 N/mm 2<br />

Re bei 200 ºC ¼ 180 N/mm 2<br />

Re bei 300 ºC ¼ 140 N/mm 2<br />

5.12.2.3 Belastungsart und Festigkeit<br />

Die Festigkeit eines Bauteils ist nicht nur von der<br />

Beanspruchungsart wie Zug, Verdrehung usw. abhängig;<br />

sie wird außerdem sehr stark beeinflusst<br />

durch die Belastungsart, d. h. durch den zeitlichen<br />

Verlauf der jeweils vorliegenden Spannung.<br />

5 Festigkeitslehre<br />

Beispiel:<br />

Die Zugfestigkeit Rm von GJL-200 bei<br />

Raumtemperatur beträgt (siehe Tabelle 5.9,<br />

Seite 385):<br />

Zugfestigkeit Rm ¼ 200 N/mm2 Druckfestigkeit sdB ¼ 720 N/mm2 Biegefestigkeit sbB ¼ 290 N/mm2 sdB 4 Rm (gilt nur für GJL)<br />

Beachte: Bei der Auswahl der Festigkeitswerte<br />

ist die Beanspruchungsart (Zug,<br />

Druck, Biegung, Torsion) zu berücksichtigen.<br />

Beachte: Bei der Auswahl der Festigkeitswerte<br />

ist die Temperatur zu berücksichtigen.<br />

Beachte: Man unterscheidet drei idealisierte<br />

Belastungsfälle: ruhende, schwellende und<br />

wechselnde Belastung (Fall I, II und III).


5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit 377<br />

a) Ruhende (statische) Belastung<br />

Wird ein Blechband nach Skizze im Schraubstock<br />

in eine Richtung gebogen und dort festgehalten,<br />

liegt festigkeitstechnisch „statische“ oder „ruhende“<br />

Belastung vor. Die Spannung s steigt dabei von<br />

null auf einen Höchstwert an und bleibt dann gleich<br />

groß. Diese Belastungsart wird als Belastungsfall I<br />

bezeichnet. Er kann bei jeder Beanspruchungsart<br />

auftreten (Zug, Druck, Biegung, Torsion).<br />

Man unterscheidet in der Zustandsbeschreibung<br />

zwischen Belastung und Beanspruchung.<br />

Für Festigkeitsrechnungen maßgebend ist die im<br />

Zugversuch nach DIN 10 020 ermittelte Streckgrenze<br />

Re oder die für festere Stahlsorten entsprechende<br />

0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 (siehe 5.12.1) und<br />

Tabelle 5.8 (Seite 385).<br />

b) Schwellende (dynamische) Belastung<br />

Wird das Blechband fortwährend in eine Richtung<br />

gebogen und von dort in die Ausgangsstellung<br />

zurückgeführt, ist das „schwellende“ Belastung.<br />

Die Spannung s schwillt dabei zwischen null und<br />

einem Höchstwert an und ab. Die Zeitdauer einer<br />

solchen Schwingung ist festigkeitstechnisch ohne<br />

Einfluss.<br />

Diese Belastungsart ist als Belastungsfall II bekannt.<br />

Er kann ebenfalls bei jeder Beanspruchungsart<br />

auftreten.<br />

Für Festigkeitsrechnungen an Bauteilen, die in<br />

dieser Weise belastet werden, ist die im Dauerschwingversuch<br />

nach DIN 50 100 ermittelte<br />

Schwellfestigkeit sSch oder tSch maßgebend<br />

(Werte in Tabelle 5.8).<br />

c) Wechselnde (dynamische) Belastung<br />

Wird das Blechband fortwährend in entgegengesetzte<br />

Richtungen gebogen, ist das „wechselnde“<br />

Belastung. Ebenso wie die Belastung F wechselt<br />

die Spannung s ihre Richtung zwischen gleich<br />

großen Plus- und Minuswerten. Auch hier ist die<br />

Schwingungsfrequenz festigkeitstechnisch ohne<br />

Einfluss. Diese Belastungsart ist als Belastungsfall<br />

III bekannt. Er kann ebenfalls bei jeder Beanspruchungsart<br />

auftreten.<br />

Belastungsart ruhend<br />

Belastungsart schwellend<br />

Die Schwellfestigkeit ist diejenige Spannung,<br />

die ein schwellend belasteter, glatter,<br />

polierter Probestab dauernd erträgt,<br />

ohne zu brechen.<br />

Balastungsart wechselnd


378<br />

Für Festigkeitsrechnungen an Bauteilen, die in<br />

dieser Weise belastet werden, ist die im Dauerschwingversuch<br />

nach DIN 50100 ermittelte Wechselfestigkeit<br />

sW oder tW maßgebend (Werte in Tabelle<br />

5.8).<br />

Wie Tabelle 5.8 zeigt, ist die Wechselfestigkeit<br />

immer kleiner als die entsprechende Schwellfestigkeit:<br />

Ein wiederholt hin- und her gebogenes<br />

Bauteil bricht nach einer geringeren Anzahl Lastwechsel<br />

als ein schwellend belastetes Teil.<br />

5.12.2.4 Gestalt und Dauerfestigkeit<br />

Die Festigkeitswerte sSch, tSch, sW, tW aus dem<br />

Dauerschwingversuch nach DIN 50100 werden<br />

mit dem Sammelbegriff „Dauerfestigkeit sD, tD“<br />

bezeichnet. Man ermittelt sie an glatten, polierten<br />

Stäben mit einem Durchmesser von 7 bis 15 mm,<br />

am häufigsten als Biegewechselfestigkeit sbW.<br />

Sollen die an Probestäben gemessenen Festigkeitswerte<br />

auf Bauteile anderer Größe, Form und Oberfläche<br />

übertragen werden, dann ist noch zu beachten:<br />

a) Größe und Dauerfestigkeit<br />

Die Dauerfestigkeitswerte nehmen vor allem bei<br />

Biegebeanspruchung mit steigendem Durchmesser<br />

ab. Bei Großteilen muss also mit kleineren Werten<br />

gerechnet werden.<br />

b) Form und Dauerfestigkeit<br />

Die meisten Bauteile weichen von der Form des<br />

Probestabs ab, hauptsächlich durch Kerben jeder<br />

Form. Im erweiterten Sinn ist jede schroffe Querschnittsänderung<br />

eine Kerbe.<br />

Die Kerbe ruft im Querschnitt örtliche Spannungsspitzen<br />

hervor. Messungen zeigen, dass die Spannungsspitze<br />

im Kerbgrund ein Mehrfaches der<br />

rechnerischen Spannung betragen kann. Die rechnerische<br />

Spannung heißt Nennspannung sn. Die<br />

Spannungsspitze wird umso größer, je spitzer die<br />

Kerbe ist; jedoch tritt nicht bei allen Werkstoffen<br />

die Spannungserhöhung in gleichem Maß auf.<br />

Hochlegierte und gehärtete Stähle sind am kerbempfindlichsten,<br />

Gusseisen und viele Leichtmetalllegierungen<br />

sind wenig kerbempfindlich.<br />

Die Wechselfestigkeit ist diejenige Spannung,<br />

die ein wechselnd belasteter, glatter,<br />

polierter Probestab dauernd erträgt,<br />

ohne zu brechen.<br />

Beispiele (siehe Tabelle 5.8, Seite 385):<br />

sb Sch, E335 ¼ 435 N/mm2 tt Sch, E295 ¼ 160 N/mm2 ¼ 310 N/mm2 szW, E360<br />

ttW, S235JR ¼ 105 N/mm2 5 Festigkeitslehre<br />

Beachte: Die Beanspruchungsart wird mit<br />

kleinem, die Belastungsart mit großem Buchstaben<br />

gekennzeichnet.<br />

Beispiele:<br />

10 % weniger bei 20 mm Durchmesser<br />

20 % weniger bei 30 mm Durchmesser<br />

30 % weniger bei 50 mm Durchmesser<br />

40 % weniger bei 100 mm Durchmesser<br />

Beispiele für Kerben:<br />

Wellenabsätze, Keilnuten, Bohrungen,<br />

Naben.<br />

Spannungsverlauf im Kerbquerschnitt<br />

(Belastungsart wechselnd,<br />

Beanspruchungsart Zug/Druck).


5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit 379<br />

Die tatsächliche örtliche Spannungsspitze smax ist<br />

die Kerbspannung, die aus Nennspannung sn und<br />

1) so genannter Kerbwirkungszahl bk berechnet<br />

wird.<br />

Jede Kerbe verringert demnach die Dauerfestigkeit<br />

des Bauteiles mehr oder weniger, wie man am Beispiel<br />

eines wechselnd auf Biegung beanspruchten<br />

Probestabs erkennen kann. sbWK ist die Kerb-<br />

Wechselfestigkeit.<br />

Der festigkeitsmindernde Einfluss der Kerbe wird<br />

bei hochfesten Stählen besonders deutlich.<br />

Die Dauerfestigkeitswerte sSch, sW, tSch, tW<br />

kennzeichnen diejenige Spannung, die ein<br />

glatter, polierter Probestab im Dauerschwingversuch<br />

(DIN 50100) dauernd erträgt, ohne zu<br />

brechen.<br />

Die Kerb-Dauerfestigkeitswerte sSch K, sWK,<br />

tSch K, tWK geben diejenigen Spannungen an,<br />

die ein gekerbter Probestab im Dauerschwingversuch<br />

dauernd erträgt, ohne zu brechen.<br />

Mit bekannter Kerbwirkungszahl bk und Dauerfestigkeit<br />

kann die Kerb-Dauerfestigkeit berechnet<br />

werden.<br />

Angenommen, die Kerbwirkungszahl bk einer mit<br />

Lagerzapfen abgesetzten Welle aus E295 sei bekannt<br />

(bk ¼ 1,8). Die Welle wird wechselnd auf<br />

Biegung beansprucht. Dann kann mit dem Festigkeitswert<br />

aus Tabelle 5.8 (Seite 385), die Kerbwechselfestigkeit<br />

sbWK berechnet werden.<br />

c) Oberfläche und Dauerfestigkeit<br />

Die Probestäbe sind poliert und geläppt. Eine<br />

andere Oberflächengüte setzt die Dauerfestigkeit<br />

des Bauteils herab.<br />

Oberflächendrücken, Härten und Ziehen kann<br />

dagegen die Dauerfestigkeit deutlich erhöhen.<br />

smax ¼ sn b k<br />

Beispiel:<br />

Biege-Wechselfestigkeit des glatten, polierten<br />

und des gekerbten (Index K) Stabes aus E295.<br />

sbW, glatt ¼ 245 N=mm 2 ðTabelle 5:8; Seite 385Þ<br />

sbWK ¼ 136,1 N=mm 2<br />

Beispiel:<br />

Für Federstahl beträgt:<br />

sbW ¼ 560 N=mm 2<br />

ðWechselfestigkeitÞ<br />

sbWK ¼ 270 N=mm 2 ðKerb-Wechselfestigkeit)<br />

Das Verhältnis von Dauerfestigkeit zur Kerb-<br />

Dauerfestigkeit nennt man die<br />

Kerbwirkungszahl b k ¼ Dauerfestigkeit<br />

Kerb-<br />

Dauerfestigkeit<br />

b k ¼ sD<br />

sDK<br />

Kerbwirkungszahl<br />

(Tabelle 5.7, Seite 385)<br />

Die Kerbwirkungszahl b K ist abhängig vom<br />

Werkstoff, von der Kerbform und von der<br />

Beanspruchungsart des gekerbten Stabes.<br />

sDK ¼ sD<br />

b k<br />

Kerb-Dauerfestigkeit<br />

Beispiel:<br />

sbW, E295 ¼ 245 N=mm 2 (Tabelle 5.8)<br />

sbWK ¼ sbW<br />

b k<br />

245<br />

¼<br />

N<br />

mm2 ¼ 136,1<br />

1,8<br />

N<br />

mm2 Hinweis: Man rechnet mit einem Abzug<br />

von 10% bei geschliffener Oberfläche,<br />

von 20% bei geschlichteter Oberfläche und<br />

von 30% bei Walz-, Glüh- oder Gusshaut.<br />

1) Beachte: Zu den Rechnungen nach der FKM-Richtlinie (siehe 5.12.3.5) wird mit der Kerbwirkungszahl Kf gearbeitet.


380<br />

5.12.3 Spannungsbegriffe<br />

5.12.3.1 Nennspannung<br />

Berechnet man die Normal- oder Schubspannung (s, t) mit den klassischen Gleichungen der<br />

Festigkeitslehre (wie im Buch), z. B. die Normalspannung sz ¼ F=A in einem Zugstab, wird<br />

die Zuspannung als Zug-Nennspannung sz, n bezeichnet. Vereinbart gelten die Bedingungen:<br />

a) gleichmäßig verteilter Kraftfluss über dem belasteten Querschnitt, b) es treten nur elastische<br />

Verformungen auf, c) die Schnittflächen bleiben dabei eben.<br />

5.12.3.2 Úrtliche Spannung<br />

Bei den praktisch verwendeten Bauteilen treten die obigen Bedingungen selten zusammen auf.<br />

Die Bauteile weichen von der idealisierten Form des glatten, polierten Probestabs im genormten<br />

Zugversuch ab, z. B. durch Kerben aller Art (Rundkerbe, Spitzkerbe), durch Absätze mit unterschiedlichen<br />

Abrundungsradien, durch Querbohrungen und Wanddurchbrüche. Dadurch ändern<br />

sich Verlauf und Dichte der Kraftflusslinien, sie werden an Querschnittsübergängen zusammengedrängt<br />

und die auftretende Spannung wird um eine Formzahl größer als die berechnete Nennspannung<br />

sz, n ¼ F=A. Diese Spannung nennt man örtliche Spannung oder Kerbspannung.<br />

5.12.3.3 Zulässige Spannung<br />

Die zulässige Spannung wird zur Bestimmung geometrischer<br />

Größen am Bauteil gebraucht. Beispielsweise<br />

soll der erforderliche Querschnitt Aerf<br />

(Durchmesser d) eines Zugankers aus Stahl S235JR<br />

bei gegebener maximaler Zugkraft Fmax ¼ 50 MN<br />

ermittelt werden. Es liegt schwellende Belastung<br />

vor. Für die Zugbeanspruchung gilt die Nennspannungsgleichung<br />

sz, n ¼ F=A oder Aerf ¼ Fmax=sz zul.<br />

Zur Wahl der zulässigen Spannung sz zul wird der<br />

Werkstoffkennwert Kw des Werkstoffs zugrunde<br />

gelegt.<br />

Bei ruhender Belastung wäre dies die Streckgrenze<br />

Re des Werkstoffs: Kw ¼ Re ¼ 235 N/mm 2<br />

(Tabelle 5.8, Seite 385 für S235JR).<br />

In festigkeitstechnische Entwurfsberechnungen<br />

führt man den Ausnutzungsgrad n < 1 ein und<br />

setzt sz zul ¼ sz Entwurf ¼ n Kw ¼ n Re.<br />

Bei dynamischer Belastung wird als Werkstoffkennwert<br />

Kw die Schwell- oder Wechselfestigkeit<br />

(Tabelle 5.8) eingesetzt (Kw ¼ sz Sch oder sz, dW).<br />

Mit sz Sch, S235JR ¼ 158 N=mm 2<br />

und Ausnutzungsgrad<br />

n ¼ 0,8 für schwellende Belastung<br />

und geschmiedetes Bauteil erhält man den gesuchten<br />

erforderlichen Durchmesser derf ¼ 22,5 mm.<br />

Weitere Rechnungen werden mit dem nächst höheren<br />

Normmaß dNorm ¼ 25 mm durchgeführt.<br />

Spannungs-Dehnungs-Diagramm (schematisch)<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4Fmax<br />

5 Festigkeitslehre<br />

s<br />

derf ¼<br />

¼<br />

p n sz; Sch<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

4 50 10<br />

¼<br />

3 N mm2 s<br />

¼ 22,5 mm<br />

p 0,8 158 N<br />

dNorm ¼ 20


5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit 381<br />

5.12.3.4 Berechnungen im Buch<br />

Aufgaben zur Festigkeitslehre werden im Lehrbuch (Beispiele, Ûbungen) und im Lösungsbuch<br />

zur Aufgabensammlung1) auf folgenden Wegen gelöst:<br />

a) Gestalt und Bemaßung des Bauteils sind in einer Konstruktionsskizze dargestellt:<br />

Mit den Gesetzen der Statik werden die von außen auf das Bauteil einwirkenden Kräfte F<br />

(Normal- und Querkräfte) und Momente M (Dreh-, Biege- und Torsionsmomente) ermittelt.<br />

Mit diesen Größen lassen sich die inneren Kräfte und Momente bestimmen (siehe 5.1.7, Seite<br />

271). Daraus können die auftretenden Nennspannungen svorh und tvorh und die Formänderungen<br />

(z. B. Längenänderungen Dl) am vorhandenen Bauteil berechnet werden.<br />

b) Vom geplanten Bauteil sind die Hauptmaße für eine Entwurfsskizze zu berechnen:<br />

Die Hauptabmessungen wie Kantenlängen l oder Durchmesser d am Entwurf werden mit einer<br />

zulässigen Spannung szul und tzul ermittelt. Man nennt diese Entwurfsberechnung das<br />

„Dimensionieren“ des Bauteils. Dazu ist eine „zulässige“ Spannung vorzugeben (szul ¼<br />

sEntwurf), die aus Tabellen entnommen oder aus Erfahrungswerten festgelegt werden kann.<br />

Für die Festigkeitsrechnungen im Lehrbuch und für die entsprechenden Aufgaben in der<br />

Aufgabensammlung werden die Bezeichnungen szul ¼ sEntwurf methodisch gleichwertig verwendet.<br />

5.12.3.5 Praktische Festigkeitsberechnungen im Maschinenbau<br />

Ziel aller Festigkeitsrechnungen ist die Ermittlung der vorhandenen Spannung und der Nachweis,<br />

dass ein konstruiertes Bauteil mit Sicherheit „hält“. So muss seine geforderte oder erwartete<br />

Tragfähigkeit unter allen denkbaren Umständen gewährleistet sein, es darf z. B. auch bei<br />

Dauerbelastung in der vorgeschriebenen Lebensdauer nicht brechen oder seine Form bleibend<br />

so verändern, dass es seine Funktion nicht mehr ausreichend erfüllt. Das gilt für den Maschinen-<br />

und Gerätebau ebenso wie für den Stahlbau- und Stahlhochbau (Brücken- und Gebäudebau)<br />

, den Schiffs- und Flugzeugbau. Am Ende dieser Berechnungen steht der Zahlenwert für<br />

die „Sicherheit S geforderter Mindestsicherheit Smin“. Die Festigkeitsrechnung beginnt mit dem Festlegen der Entwurfs- oder Dimensionierungsspannung<br />

sEntwurf szul. Damit werden die Hauptmaße der Konstruktion berechnet, z. B. der<br />

Durchmesser einer Welle an einer bestimmten Stelle, dem sog. gefährdeten Querschnitt.<br />

Mit der Wahl des Werkstoffs liegen die Festigkeitsgrößen vor, z. B. die Zug-, Druck-, Biegeund<br />

Torsions-Wechselfestigkeit (szW, sdW, sbW, ttW) oder die entsprechenden 0,2%-Dehngrenzen<br />

(Rp 0,2). Diese aus Tabellen greifbaren Werte sind an genormten (glatten, polierten)<br />

Probestäben ermittelt worden (also nicht am Maschinenbauteil selbst) oder an Bauteilen mit<br />

anderer Oberflächenbeschaffenheit, anderer Form usw. Zur Ermittlung der sog. Gestaltfestigkeit<br />

werden Faktoren K in die Berechnung der Sicherheit SD gegen Dauerbruch (Dauerhaltbarkeit)<br />

oder gegen bleibende Verformung (Fließgrenze) eingeführt, z. B. der Rauheitsfaktor KFs<br />

oder die Kerbwirkungszahl Kf, die aus der Kerbformzahl Kt berechnet werden kann. Auf diese<br />

Weise wird z. B. die Biegewechselfestigkeit des Probestabs sbW in die Biegewechselfestigkeit<br />

sbWK des gekerbten Stabs umgerechnet.<br />

1) Lösungen zur Aufgabensammlung <strong>Technische</strong> <strong>Mechanik</strong>, <strong>Böge</strong>/Schlemmer, 14. Auflage 2009,<br />

Vieweg þ Teubner


382<br />

Die dazu erforderlichen Rechnungsgänge, Methoden und Tabellen liegen unter anderem vor in:<br />

FKM-Richtlinie: Rechnerischer Festigkeitsnachweis für Maschinenbauteile, 5. erweiterte Ausgabe<br />

2003, VDMAVerlag;<br />

DIN 743 Tragfähigkeitsberechnung von Wellen und Achsen, Oktober 2000;<br />

VDI-Richtlinie, VDI 2230: Systematische Berechnung hoch beanspruchter Schraubenverbindungen.<br />

5.12.4 Dauerbruchsicherheit<br />

5.12.4.1 Sicherheit S D bei ruhender Belastung<br />

Ruhende Belastung ist im Maschinenbau selten.<br />

Der zugehörige Festigkeitswert ist für Baustahl die<br />

Streckgrenze Re des verwendeten Werkstoffs und<br />

der vorliegenden Beanspruchungsart (Zug, Druck,<br />

Biegung, Torsion). Bei festeren Stahlsorten wie<br />

Vergütungsstahl tritt an die Stelle der Streckgrenze<br />

die 0,2 %-Dehngrenze R p 0,2 (siehe 5.12.1). Eine<br />

Ûbersicht gibt Tabelle 5.8.<br />

Bei Werkstoffen ohne ausgeprägte Fließgrenze wie<br />

Gusseisen werden die Zugfestigkeit Rm und die<br />

Bruchfestigkeiten sdB, sbB aus Tabelle 5.9 verwendet.<br />

SD ¼ Re<br />

¼<br />

sn<br />

Rp0;2<br />

sn<br />

Smin ¼ 1,5<br />

(gilt für Stahl; sn Nennspannung)<br />

SD ¼ Rm<br />

sn<br />

Smin ¼ 2,0<br />

(gilt für Gusseisen)<br />

Kerbwirkungen sind beim Belastungsfall I (ruhend) nicht zu berücksichtigen. Die Bruchgefahr<br />

wird bei Ruhelast durch Kerben nicht erhöht, sondern durch Stützwirkung weniger belasteter<br />

Stoffteilchen eher vermindert. Bei GJL (Lamellengusseisen) ist die Kerbwirkung durch das<br />

schon von Graphitteilchen vorgekerbte Gefüge selbst bei dynamischer Belastung (schwellend,<br />

wechselnd) kaum spürbar (Kerbwirkungszahl b k ¼ 1).<br />

5.12.4.2 Sicherheit SD bei dynamischer Belastung<br />

Schwellende und wechselnde Belastung tritt im<br />

Maschinenbau am häufigsten auf.<br />

SD ¼<br />

Der zugehörige Festigkeitswert ist die Dauerfestigkeit<br />

sD des verwendeten Werkstoffs bei der vorliegenden<br />

Beanspruchungsart (Zug=Druck, Biegung,<br />

Torsion).<br />

sD b1 b2<br />

bk sn<br />

Smin ¼ 1,2<br />

(für Bauteile mit Kerbwirkung)<br />

5 Festigkeitslehre<br />

sn Nennspannung,<br />

b 1 Oberflächenbeiwert, siehe Diagramm,<br />

b2 Größenbeiwert, siehe Diagramm,<br />

bk Kerbwirkungszahl siehe Tabelle 5.7<br />

(Seite 385).


5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit 383<br />

Die Dauerfestigkeit s D des Probestabs wird durch<br />

die Faktoren b 1, b 2, b k verringert, sie erhalten in<br />

der neueren Literatur 1) zum Teil andere Bezeichnungen<br />

z. B. K f, b statt b k, b für die Kerbwirkungszahl<br />

bei Biegebeanspruchung.<br />

Die vorhandene Sicherheit vvorh lässt sich mit der<br />

Dauerfestigkeit, der Nennspannung sn und den<br />

beiden Beiwerten für Oberflächen- und Größeneinfluss<br />

sowie der Kerbwirkungszahl b k bestimmen.<br />

Die Nennspannung sn ist die Spannung, die mit<br />

Hilfe der bekannten Hauptgleichungen berechnet<br />

wurde.<br />

Der Oberflächenbeiwert b1<br />

berücksichtigt das Zurückgehen<br />

der Dauerfestigkeit<br />

durch Oberflächenrauigkeiten<br />

(Schleif- oder Drehriefen,<br />

Poren, Walznarben).<br />

Der Größenbeiwert b2 berücksichtigt<br />

das Zurückgehen<br />

der Dauerfestigkeit mit<br />

zunehmender Baugröße. b2<br />

kann nur für Wellen angegeben<br />

werden.<br />

5.12.5 Ûbungen zur Dauerfestigkeit<br />

1. Ûbung: Ein Bauteil aus S235JR wird durch<br />

F ¼ 6000 N schwellend auf Zug beansprucht.<br />

Gefährdeter Querschnitt A ¼ 100 mm2 Kerbwirkungszahl bk ¼ 3,1.<br />

Die vorhandene Sicherheit und die maximale<br />

Spannung sollen berechnet werden.<br />

Lösung: Die Nennspannung sn wird immer aus<br />

den bekannten Hauptgleichungen berechnet, hier<br />

also aus der Zug-Hauptgleichung.<br />

vvorh ¼ sDb1b2<br />

sn<br />

¼ mindestens 1,2<br />

bei Bauteilen ohne Kerbwirkung<br />

vvorh ¼ sDb1b2<br />

sn b k<br />

¼ mindestens 1,2<br />

bei Bauteilen mit Kerbwirkung, b k bekannt<br />

Gegeben: Werkstoff S235JR<br />

Zugkraft F ¼ 6000 N<br />

Belastungsfall II (schwellend)<br />

Querschnitt A ¼ 100 mm 2<br />

Kerbwirkungszahl b k ¼ 3,1<br />

Gesucht: Vorhandene Sicherheit SD; vorh<br />

Spannungsspitze smax<br />

sn ¼ F<br />

A<br />

1) z. B. FKM-Richtlinie für den rechnerischen Festigkeitsnachweis, siehe Seite 382<br />

6000 N N<br />

¼ ¼ 60<br />

100 mm2 mm2


384<br />

Aus Tabelle 5.8 wird die Zug-Schwellfestigkeit<br />

des Werkstoffs S235JR entnommen<br />

(sz Sch ¼ 158 N=mm 2 )<br />

und bestimmt damit die vorhandene Sicherheit.<br />

Die Spannungsspitze ist das Produkt aus Nennspannung<br />

und Kerbwirkungszahl. Die Rechnung<br />

zeigt, dass smax > szSch ist.<br />

Abschließend bestimmt man noch die Festigkeit<br />

des gekerbten Bauteils, die Kerb-Dauerfestigkeit<br />

sDK. Sie soll größer sein als die geforderte Mindestsicherheit<br />

Smin ¼ 1,2.<br />

2. Ûbung: Für eine auf Biegung schwellend beanspruchte<br />

Achse aus S275JO ist die vorhandene<br />

Sicherheit Svorh zu ermitteln.<br />

Der Querschnitt ist durch eine Sicherungsring-<br />

Kerbe geschwächt.<br />

Lösung: Aus Tabelle 5.8 wird die Schwellfestig-<br />

keit sb Sch ¼ 320 N=mm 2 entnommen, aus Tabelle<br />

5.7 die Kerbwirkungszahl bk kerben.<br />

3fürSicherungs Die vorhandene Nennspannung beträgt mit<br />

d ¼ 50 mm sn ¼ 25,5 N/mm2 .<br />

Mit dem Oberflächenwert b1 ¼ 0,85 (geschlichtet)<br />

und mit dem Größenbeiwert b2 ¼ 0,7 (für<br />

40 ...120 mm) kann die Sicherhet SD gegen<br />

Dauerbruch berechnet werden. Die vorhandene<br />

Sicherheit ist größer als die Mindestsicherheit:<br />

SD vorh ¼ 2,5 > Smin ¼ 1,2.<br />

3. Ûbung: Der gefährdete Querschnitt des skizzierten<br />

Flachstabs wird mit einer Zugspannung<br />

(Nennspannung) sz, n ¼ 60 N/mm 2 schwellend<br />

beansprucht. Zu ermitteln ist die Sicherheit SD gegen<br />

Dauerbruch.<br />

Lösung: Mit szSch ¼ 158 N=mm 2 aus Tabelle 5.8<br />

und b k ¼ 1,8 aus Tabelle 5.7 für Flachstäbe mit<br />

Querbohrung sowie b1 ¼ 0,8 (geschruppt) und<br />

b2 ¼ 1 (geschätzt) ist die Sicherheit<br />

SD vorh ¼ 1,17 < Smin ¼ 1,2.<br />

vvorh ¼ szSch<br />

¼<br />

sn bk 158 N<br />

mm 2<br />

60 N<br />

3,1<br />

mm2 ¼ 0,85<br />

smax ¼ sn bk ¼ 60 N<br />

N<br />

3,1 ¼ 186<br />

mm2 mm2 sDK ¼ sz Sch K ¼ sz Sch<br />

b k<br />

Gegeben:<br />

Werkstoff S275JO<br />

Belastungsfall II<br />

Biegebeanspruchung<br />

Durchmesser d ¼ 50 mm<br />

Gesucht:<br />

Sicherheit gegen Dauerbruch<br />

SD ¼ sD b1 b2<br />

b k sn<br />

¼<br />

sn Nennspannung,<br />

158<br />

¼<br />

N<br />

mm2 ¼ 51<br />

3,1<br />

N<br />

mm2 320 N<br />

0,85 0,7<br />

mm2 3 25,5 N<br />

mm2 ¼ 2,5 > Smin<br />

b1 Oberflächenbeiwert, siehe Diagramm,<br />

b2 Größenbeiwert, siehe Diagramm,<br />

bk Kerbwirkungszahl siehe Tabelle 5.7.<br />

Gegeben: Werkstoff S235JR<br />

Belastungsfall II<br />

Zugbeanspruchung<br />

Nennspannung 60 N/mm 2<br />

Gesucht:<br />

Sicherheit SD<br />

SD ¼ sD b1 b2<br />

b k sn<br />

¼<br />

5 Festigkeitslehre<br />

158 N<br />

0,8 1,0<br />

mm2 1,8 60 N<br />

mm2 ¼ 1,17


5.12 Festigkeit, zulässige Spannung, Sicherheit 385<br />

Tabelle 5.7 Richtwerte für die Kerbwirkungszahl b k<br />

Kerbform Beanspruchung Werkstoff b k<br />

Hinterdrehung in Welle (Rundkerbe)<br />

Hinterdrehung in Welle (Rundkerbe)<br />

Eindrehung für Sicherungsring in Welle<br />

abgesetzte Welle (Lagerzapfen)<br />

abgesetzte Welle (Lagerzapfen)<br />

Passfedernut in Welle<br />

Passfedernut in Welle<br />

Passfedernut in Welle<br />

Passfedernut in Welle<br />

Querbohrung in Achse (Schmierloch)<br />

Bohrung in Flachstab<br />

Bohrung in Flachstab<br />

Welle an Ûbergangsstelle zu festsitzender Nabe<br />

Tabelle 5.8 Festigkeitswerte für Stähle (alle Werte in N/mm 2 )<br />

Biegung<br />

Verdrehung<br />

Biegung und Verdrehung<br />

Biegung<br />

Verdrehung<br />

Biegung<br />

Biegung<br />

Verdrehung<br />

Verdrehung<br />

Biegung und Verdrehung<br />

Zug<br />

Biegung<br />

Biegung und Verdrehung<br />

|fflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

|fflfflfflfflfflfflfflffl{zfflfflfflfflfflfflfflffl}<br />

S235JR-E335<br />

CrNiSt<br />

S235JR-E335<br />

CrNiSt<br />

S235JR-E335<br />

Werkstoff Rm Re, Rp0,2 szd Sch szd W s b Sch 5Þ sbW t tSch 6Þ ttW Elastizitätsmodul<br />

E<br />

S235JR<br />

S275JO<br />

E295<br />

S355JO<br />

E335<br />

E360<br />

50 CrMo4 2)<br />

20 MnCr5 3)<br />

34 CrAlNi7 4)<br />

360<br />

430<br />

490<br />

510<br />

590<br />

690<br />

1100<br />

1200<br />

900<br />

235<br />

275<br />

295<br />

355<br />

335<br />

360<br />

900<br />

850<br />

680<br />

158<br />

185<br />

205<br />

215<br />

240<br />

270<br />

385<br />

365<br />

335<br />

160<br />

195<br />

220<br />

230<br />

265<br />

310<br />

495<br />

480<br />

405<br />

270<br />

320<br />

370<br />

380<br />

435<br />

500<br />

785<br />

765<br />

650<br />

180<br />

215<br />

245<br />

255<br />

290<br />

340<br />

525<br />

510<br />

435<br />

115<br />

140<br />

160<br />

165<br />

200<br />

220<br />

350<br />

335<br />

300<br />

105<br />

125<br />

145<br />

150<br />

170<br />

200<br />

315<br />

305<br />

260<br />

1) Richtwerte für dB < 16 mm, 2) Vergütungsstahl, 3) Einsatzstahl, 4) Nitrierstahl,<br />

5) berechnet mit 1,5 sbW, 6) berechnet mit 1,1 ttW<br />

Tabelle 5.9 Festigkeitswerte für Gusseisen (alle Werte in N/mm 2 )<br />

210000<br />

210000<br />

210000<br />

210000<br />

210000<br />

210000<br />

210000<br />

210000<br />

210000<br />

1,5 ...2,2<br />

1,3 ...1,8<br />

3 ...4<br />

1,5 ...2,0<br />

1,3 ...1,8<br />

1,5<br />

1,8<br />

2,3<br />

2,8<br />

1,4 ...1,7<br />

1,6 ...1,8<br />

1,3 ...1,5<br />

2<br />

Schubmodul<br />

G<br />

80000<br />

80000<br />

80000<br />

80000<br />

80000<br />

80000<br />

80000<br />

80000<br />

80000<br />

Werkstoff Rm Re, Rp0,2 sdB sbB szdW sbW ttW Elastizitätsmodul E Schubmodul G<br />

GJL-150<br />

GJL-200<br />

GJL-250<br />

GJL-300<br />

GJL-350<br />

GJMW-400-5<br />

GJMB-350-10<br />

150<br />

200<br />

250<br />

300<br />

350<br />

400<br />

350<br />

90<br />

130<br />

165<br />

195<br />

228<br />

220<br />

200<br />

600<br />

720<br />

840<br />

960<br />

1080<br />

1000<br />

1200<br />

250<br />

290<br />

340<br />

390<br />

490<br />

800<br />

700<br />

40<br />

50<br />

60<br />

75<br />

85<br />

120<br />

1000<br />

70<br />

90<br />

120<br />

140<br />

145<br />

140<br />

120<br />

60<br />

75<br />

100<br />

120<br />

125<br />

115<br />

100<br />

82000<br />

100000<br />

110000<br />

120000<br />

130000<br />

175000<br />

175000<br />

35000<br />

40000<br />

43000<br />

49000<br />

52000<br />

67000<br />

67000<br />

Diese Werte gelten für 15–30 mm Wanddicke; für 8–15 mm 10% höher, für > 30 mm 10% niedriger;<br />

Dauerfestigkeitswerte im bearbeiteten Zustand; für Gusshaut 20 % Abzug.


386<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

Formelzeichen und Einheiten 1)<br />

m kg Masse<br />

p N/m 2 ¼ Pa, bar Druck<br />

qm kg/s Massenstrom<br />

qV m 3 /s Volumenstrom<br />

Re 1 Reynolds’sche Zahl (Re-Zahl)<br />

t s Zeit<br />

V m 3 Volumen<br />

w m/s Strömungsgeschwindigkeit<br />

a 1 Durchflusszahl bei Blenden<br />

z 1 Widerstandszahl eines einzelnen Hindernisses in Rohrleitungen<br />

h 1 Wirkungsgrad<br />

h Ns/m 2 ¼ kg/ms dynamische Viskosität<br />

l 1 Widerstandszahl für Rohrleitung<br />

m 1 Reibungszahl zwischen Kolben und Dichtung<br />

m 1 Ausflusszahl<br />

v m 2 /s kinematische Viskosität; v ¼ h=r<br />

r kg/m 3 Dichte<br />

j 1 Geschwindigkeitszahl<br />

6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik)<br />

6.1.1 Eigenschaften der Flüssigkeiten<br />

Flüssigkeiten unterscheiden sich von festen Körpern<br />

durch leichte Verschiebbarkeit der Teilchen.<br />

Während bei festen Körpern vielfach erhebliche<br />

Kräfte nötig sind, um ihre Form zu ändern, ist die<br />

Formänderung einer Flüssigkeit ohne Krafteinwirkung<br />

möglich, wenn nur hinreichend Zeit zur Verfügung<br />

steht. Bei raschem Formwechsel ist auch<br />

bei Flüssigkeiten ein Widerstand spürbar; er hat<br />

seine Ursache in der „Zähigkeit“ (Viskosität) und<br />

der Massenträgheit.<br />

In Ruhezuständen oder bei sehr langsamen Bewegungen<br />

darf der Widerstand gegen Formänderung<br />

gleich null gesetzt werden.<br />

Hinweis:<br />

Fluid ist die übergeordnete Bezeichung für<br />

Flüssigkeiten, Gase und Dämpfe. Das Wort<br />

„Hydraulik“ kommt aus dem Griechischen:<br />

hydro ¼ Wasser.<br />

Im übertragenen Sinn spricht man von<br />

„Hydraulik“ auch bei Verwendung anderer<br />

Flüssigkeiten, wie z. B. Úl (Úlhydraulik).<br />

Die Hydraulik behandelt alle Vorgänge, bei<br />

denen Kräfte und Bewegungen durch eine<br />

Flüssigkeit übertragen werden. Die Flüssigkeit<br />

ist der Energieträger, z. B. im hydraulischen<br />

Getriebe, bestehend aus den hydraulischen<br />

Elementen Pumpe, Motor und<br />

Leitung.<br />

Der widerstandslosen Formänderung der Flüssigkeiten steht ihr großer Widerstand bei Volumenänderung<br />

gegenüber. Beispielsweise wird es nicht gelingen, 1 Liter Wasser in ein Gefäß<br />

von 1/2 Liter hineinzupressen. Ebensowenig ist es möglich, 1/2 Liter Wasser auf ein Volumen<br />

von einem Liter auszudehnen. Erst bei sehr hohen Drücken ist eine kleine Volumenänderung<br />

messbar, z. B. in Einspritzleitungen von Dieselmotoren. Wasser drückt sich bei einem Druck<br />

von 1000 bar um ca. 5% zusammen. Stöße und Drücke werden daher in unvermindeter Stärke<br />

übertragen, z. B. Wasserschläge in Rohrleitungen und Drücke in hydraulischen Pressen.<br />

1) siehe Fußnote Seite 1


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 387<br />

6.1.2 Hydrostatischer Druck (Flüssigkeitsdruck, hydraulische Pressung)<br />

In der Festigkeitslehre nennt man die im Inneren<br />

eines festen Körpers je Flächeneinheit aufzunehmende<br />

Kraft die Spannung. Die Spannung in einer<br />

ruhenden Flüssigkeit heißt hydrostatischer Druck<br />

oder kurz Druck p.<br />

Der hydrostatische Druck ist die je Flächeneinheit<br />

von außen (oder in ihrem Inneren) auf<br />

eine Flüssigkeit wirkende Kraft.<br />

Die Einheit des Druckes ergibt sich aus der Definitionsgleichung<br />

p ¼ F=A: Sie ist der Quotient aus<br />

einer Krafteinheit und einer Flächeneinheit.<br />

Die gesetzliche und internationale Einheit<br />

(SI-Einheit) des Druckes p ist das Newton je<br />

Quadratmeter. Einheitenname: Pascal mit dem<br />

Kurzzeichen Pa:<br />

1 N<br />

¼ 1Pa<br />

m2 Die früher gebräuchliche Druckeinheit<br />

kp/cm 2 ¼ at ist ungefähr so groß wie das Bar<br />

(1 at 1 bar).<br />

6.1.3 Druckverteilung in einer Flüssigkeit ohne Berücksichtigung der Schwerkraft,<br />

das Druck-Ausbreitungsgesetz<br />

Jede Flüssigkeit hat eine Masse und folglich auch<br />

eine Schwerkraft, die Gewichtskraft FG. In vielen<br />

Fällen, z. B. bei hohen Drücken, braucht man sie<br />

nicht zu berücksichtigen.<br />

Man stellt sich im Inneren einer Flüssigkeit einen<br />

flachliegenden „Flüssigkeitsquader“ vor. Es ist<br />

kein Fehler, wenn dieser „Flüssigkeitskörper“ als<br />

erstarrte Flüssigkeit betrachtet wird und die Gesetze<br />

der Statik starrer Körper auf ihn anwendet.<br />

Beachte: Der Druck p steht immer<br />

rechtwinklig auf der betrachteten Fläche.<br />

Kraft F<br />

p ¼<br />

Fläche A<br />

hydrostatischer Druck<br />

ðpÞ ¼ ðFÞ N<br />

¼<br />

ðAÞ m2 ¼ Nm 2 ¼ Pascal ðPaÞ<br />

Hinweis: Weitere gesetzliche Einheiten sind<br />

1 MPa (Megapascal) ¼ 106 6 N<br />

Pa ¼ 10<br />

m2 1 bar (Bar) ¼ 105 5 N<br />

Pa ¼ 10<br />

m2 Einheitenname nach<br />

Blaise Pascal, 1623–1662<br />

1 bar ¼ 10 N<br />

cm 2<br />

1 kp<br />

¼ 1at:<br />

cm2 p F A<br />

N<br />

m 2<br />

N m 2


388<br />

Es soll das Gleichgewicht gegen Verschieben<br />

längs der Prismenachse betrachtet werden wobei<br />

man zunächst annimmt, dass die Drücke auf die<br />

Stirnseiten (p1 und p2) verschieden groß sind. Da<br />

die Druckkräfte auf den Seitenflächen immer<br />

rechtwinklig auf diese Flächen wirken, tragen sie<br />

zu den Kräften F1 und F2 auf die Stirnflächen<br />

nichts bei.<br />

Da der Quader in der Flüssigkeit ruht, muss für die<br />

auf die Stirnflächen wirkenden Kräfte F1 und F2<br />

die Gleichgewichtsbedingung SF ¼ 0 erfüllt sein.<br />

Die Entwicklung der Gleichung zeigt, dass der<br />

Druck an beiden Stirnseiten gleich ist. Dasselbe<br />

muss auch für die anderen einander gegenüberliegenden<br />

Flächen gelten.<br />

Daraus ergibt sich das von Pascal aufgestellte<br />

Druck-Ausbreitungsgesetz:<br />

Der Druck, der auf irgendeinen Teil einer abgesperrten<br />

Flüssigkeit ausgeübt wird, breitet sich<br />

nach allen Richtungen hin gleichmäßig aus.<br />

6.1.4 Anwendungen des Druck-Ausbreitungsgesetzes<br />

6.1.4.1 Hydraulischer Hebebock<br />

An das vollständig mit Wasser gefüllte Gefäß eines<br />

Wasserdruckhebebocks sind zwei Zylinder angeschlossen,<br />

in denen Kolben gleiten. Die Kolbenflächen<br />

sind A1 und A2. Auf den Kolben mit der<br />

Fläche A1 wirkt die Triebkraft F1.<br />

Es sollen die Beziehungen zwischen den Kolbenkräften,<br />

Kolbenflächen und Kolbenwegen untersucht<br />

werden.<br />

Der Druck in der abgeschlossenen Flüssigkeit ist<br />

überall gleich groß. Man kann ihn aus Triebkraft<br />

F1 und Triebkolbenfläche A1 oder aus der Last F2<br />

und der Lastkolbenfläche A2 berechnen. Hat der<br />

Triebkolben einen kleineren Durchmesser als der<br />

Lastkolben, kann man mit kleiner Triebkraft<br />

größere Lasten heben.<br />

Beachte: Weil p ¼ F=A ist, ist auch F ¼ pA,<br />

also F1 ¼ p1 A und F2 ¼ p2 A.<br />

SF ¼ 0 ¼ F1 F2 ¼ p1 A p2 A<br />

p1 A ¼ p2 A ! p1 ¼ p2<br />

d. h. es herrscht Druckgleichheit:<br />

p1 ¼ p2 ¼ p3 ¼ ...<br />

Beachte: Das Druck-Ausbreitungsgesetz,<br />

also Druckgleichheit an jeder Stelle der<br />

Flüssigkeit, gilt nur ohne Berücksichtigung<br />

der Schwerkraft der Flüssigkeit.<br />

Hydraulischer Hebebock<br />

p ¼ F1<br />

¼<br />

A1<br />

F2<br />

¼ ...¼<br />

A2<br />

Fn<br />

An<br />

F1<br />

F2<br />

¼ A1<br />

A2<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

Die Kolbenkräfte verhalten<br />

sich zueinander wie die<br />

Kolbenflächen.


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 389<br />

Bewegt sich der Triebkolben um die Strecke s1<br />

nach unten, so verdrängt er das Volumen V ¼ A1 s1.<br />

Das vom Triebkolben verdrängte Volumen muss<br />

gleich dem vom Lastkolben freigegebenen Raum<br />

V ¼ A2 s2 sein.<br />

Zum gleichen Ergebnis kommt man mit der Ûberlegung,<br />

dass die Triebarbeit W ¼ F1 s1 gleich der<br />

Lastarbeit W ¼ F2 s2 sein muss, wenn die Reibung<br />

unberücksichtigt bleibt. Für F ¼ pA eingesetzt<br />

ergibt sich für das Verhältnis der Kolbenwege<br />

s1=s2 ¼ A2=A1.<br />

Wird in die zuletzt gefundene Gleichung schließlich<br />

für die Fläche A1 ¼ pd1 2 =4 und für die Fläche<br />

A2 ¼ pd2 2 =4 eingesetzt, dann erhält man die<br />

Beziehung zwischen Kolbenwegen und Kolbendurchmessern.<br />

Ûbung: Mit einem hydraulischen Hebebock soll<br />

am Lastkolben eine Kraft von 80 kN erzeugt<br />

werden. Mit einer entsprechenden Hebelübersetzung<br />

wird auf den Triebkolben eine Triebkraft von<br />

1,2 kN ausgeübt. Der hydrostatische Druck im<br />

Behälter soll 45 bar betragen.<br />

Ohne Berücksichtigung der Reibung sind die<br />

Durchmesser der beiden Zylinder zu bestimmen.<br />

Außerdem ist die erforderliche Hebelübersetzung<br />

für eine Handkraft von 150 N zu berechnen.<br />

Lösung: Aus dem hydrostatischen Druck p, der<br />

Triebkraft F1 und der Hubkraft F2 können mit<br />

Hilfe der Druckgleichung die Kolbenflächen A1<br />

und A2 und daraus die Zylinderdurchmesser d1<br />

und d2 berechnet werden. Man setzt für<br />

1kN¼ 103 5 N<br />

N und 1 bar ¼ 10<br />

m2 in die Gleichungen ein und erhält die Kolbenflächen<br />

in der Einheit m2 . Mit 10 6 m2 ¼ 1mm2 kann dann umrechnet werden.<br />

Die erforderliche Hebelübersetzung i drückt man<br />

durch das Verhältnis der Triebkraft F1 zur Handkraft<br />

F aus.<br />

V ¼ A1 s1 ¼ A2 s2<br />

s1<br />

s2<br />

¼ A2<br />

A1<br />

W ¼ F1 s1 ¼ F2 s2<br />

s1<br />

s2<br />

s1<br />

s2<br />

pA1 s1 ¼ pA2 s2<br />

s1<br />

s2<br />

¼ A2<br />

A1<br />

¼ A2<br />

¼<br />

A1<br />

pd2 2 =4<br />

pd1 2 =4<br />

2<br />

d2<br />

¼<br />

d1 2<br />

Die Kolbenwege verhalten<br />

sich umgekehrt zueinander<br />

wie die Kolbenflächen.<br />

Die Kolbenwege verhalten<br />

sich umgekehrt zueinander<br />

wie die Quadrate der Kolbendurchmesser.<br />

Gegeben:<br />

Hubkraft F2 ¼ 80 kN ¼ 80 10 3 N<br />

Triebkraft F1 ¼ 1,2 kN ¼ 1; 2 10 3 N<br />

Druck p ¼ 45 bar ¼ 45 10 5 N/m 2<br />

Handkraft F ¼ 150 N<br />

Gesucht:<br />

Triebkolbendurchmesser d1<br />

Lastkolbendurchmesser d2<br />

Hebelübersetzung i<br />

p ¼ F1<br />

A1<br />

daraus erhält man<br />

A1 ¼ F1<br />

p ¼ 1,2 103 N<br />

45 10 5 N=m 2 ¼ 2,67 10 4 m 2<br />

A1 ¼ 267 mm 2<br />

p ¼ F2<br />

A2<br />

d1 ¼ 18,4 mm<br />

daraus erhält man<br />

A2 ¼ F2<br />

p ¼ 80 103 N<br />

45 10 5 N=m 2 ¼ 1,778 10 2 m 2<br />

A2 ¼ 17 780 mm 2<br />

i ¼ F1<br />

F<br />

1200 N<br />

¼ ¼ 8 : 1<br />

150 N<br />

d2 ¼ 150,5 mm


390<br />

6.1.4.2 Druckkraft auf gewölbte Böden<br />

Der zylindrische Kessel wird in Richtung seiner<br />

Längsachse durch die beiden Kräfte F1 und F2 belastet.<br />

Beide Kräfte sind gleich groß und werden<br />

aus dem inneren Ûberdruck p und der kreisförmigen<br />

Querschnittsfläche berechnet.<br />

Die Querschnittsfläche ist die Projektion der gewölbten<br />

Böden auf eine Ebene rechtwinklig zur<br />

Kraftrichtung.<br />

Im technischen Anwendungsbereich sind die Drücke<br />

meist in bar und die Durchmesser in mm oder<br />

cm gegeben. Man sollte diese Größen wie in der<br />

vorangegangenen Ûbung vor der Rechnung in die<br />

kohärenten Einheiten umrechnen.<br />

Um die dabei möglichen Fehler zu vermeiden,<br />

kann man aber auch eine Zahlenwertgleichung<br />

benutzen, in die der Druck in bar und der Durchmesser<br />

in mm unmittelbar eingesetzt werden.<br />

6.1.4.3 Beanspruchung einer Kessel- oder Rohrlängsnaht<br />

Die Kraft F, die einen Kessel oder ein Rohr in<br />

radialer Richtung auseinanderzureißen versucht,<br />

wird in ähnlicher Weise berechnet wie die Axialkraft<br />

auf gewölbte Böden. Die projezierte Fläche<br />

ist ein Rechteck mit den Seitenlängen d (lichter<br />

Durchmesser) und l (Kessel- oder Rohrlänge). Aus<br />

der Beziehung p ¼ F=A ergibt sich die Gleichung<br />

für die Kraft F.<br />

Auch hier kann eine Zahlenwertgleichung benutzt<br />

werden in die man den Druck p in bar, den Durchmesser<br />

d und die Länge l in mm einsetzt.<br />

Ist s die Wanddicke des Kessels oder Rohrs, dann<br />

erzeugt die Radialkraft F in zwei einander gegenüberliegenden<br />

Längsnähten die Zugspannung<br />

s ¼ F=A ¼ F=2 sl. Wird in diese Gleichung für<br />

F ¼ pdl eingesetzt, dann erhält man schließlich<br />

eine Gleichung für die erforderliche Wanddicke s<br />

bei gegebener zulässiger Spannung szul.<br />

F1 ¼ F2 ¼ p p<br />

4 d2<br />

F1 ¼ F2 ¼ 0,1p p<br />

4 d2<br />

Zahlenwertgleichung<br />

p ¼ F F<br />

¼<br />

A dl<br />

F ¼ pdl<br />

F ¼ 0,1pdl<br />

Zahlenwertgleichung<br />

s ¼ F<br />

A<br />

s ¼ pdl<br />

2sl<br />

serf ¼ pd<br />

2szul<br />

Wanddicke<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

F1, F2 p d<br />

N Pa ¼ N<br />

m2 m<br />

F1, F2 p d<br />

N bar mm<br />

F p d, l<br />

N Pa ¼ N<br />

m2 m<br />

F p d, l<br />

N bar mm<br />

A Bruchfläche beim Auseinanderreißen;<br />

es entstehen<br />

zwei Bruchflächen A ¼ 2sl.<br />

Daraus folgt die erforderliche<br />

Wanddicke:<br />

s p d szul<br />

m Pa ¼ N<br />

m 2<br />

m<br />

N<br />

m 2


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 391<br />

Gebräuchlich ist eine Zahlenwertgleichung mit der<br />

zulässigen Zugspannung in N/mm 2 .<br />

6.1.4.4 Hydraulische Presse<br />

Die hydraulische Presse arbeitet wie der hydraulische<br />

Hebebock in 6.1.4.1. Auch hier gilt das<br />

Druck-Ausbreitungsgesetz. Beim Hebebock wurde<br />

die Reibung an den Dichtungsstellen vernachlässigt.<br />

Bei der hydraulischen Presse wird die Reibung<br />

berücksichtigt.<br />

Bei reibungsfreiem Betrieb verhalten sich die<br />

Kräfte zueinander wie die Kolbenflächen. Daraus<br />

erhält man eine Gleichung für die Presskraft F2.<br />

Soll die Reibung berücksichtigt werden, dann<br />

muss man sich klar darüber sein, dass die Reibungskräfte<br />

an den Dichtungsstellen den Kolbenkräften<br />

entgegen wirken. Die Lippendichtungen<br />

werden mit dem Druck p an die Kolben auf einer<br />

Ringfläche angepresst, die sich aus dem Kolbenumfang<br />

pd und der Dichtungshöhe h ergibt.<br />

Um in der Flüssigkeit den Druck p zu erzeugen,<br />

muss die tatsächliche Triebkraft F 0 1 um die Reibungskraft<br />

FR1 größer sein als bei reibungsfreiem<br />

Betrieb. Die Presskraft F 0 2<br />

dagegen ist um die Rei-<br />

bungskraft FR2 kleiner. Wird das Verhältnis<br />

F 0 1 =F 0 2 ¼ðF1þ FR1Þ=ðF2 FR2Þ gebildet, dann<br />

kann man daraus eine Gleichung zur Berechnung<br />

in Abhängigkeit<br />

der tatsächlichen Presskraft F 0 2<br />

von der tatsächlichen Triebkraft F 0 1<br />

, den Zylinder-<br />

durchmessern d1 und d2 und der Reibungszahl m<br />

zwischen Dichtung und Kolben entwickeln.<br />

Den letzten Faktor in der Gleichung für die Presskraft<br />

bezeichnet man als Wirkungsgrad h der<br />

hydraulischen Presse.<br />

Man erkennt, dass dieser Faktor von der Reibungszahl,<br />

den Kolbendurchmessern und den Höhen der<br />

Kolbendichtungen abhängt.<br />

serf ¼ pd<br />

20szul<br />

Zahlenwertgleichung<br />

F1<br />

F2<br />

¼ A1<br />

p<br />

4<br />

¼<br />

A2 p<br />

4<br />

d2<br />

F2 ¼ F1<br />

2<br />

d1 2<br />

d1 2<br />

d2 2<br />

FR1 ¼ FN1 m ¼ ppd1 h1 m<br />

FR2 ¼ FN2 m ¼ ppd2 h2 m<br />

F 0 1<br />

F 0 2<br />

Presskraft bei reibungsfreiem<br />

Betrieb<br />

p<br />

¼ p<br />

4 d1 2 þ ppd1 h1 m ¼ p p 2<br />

d1<br />

4<br />

p 2<br />

¼ p d2<br />

4<br />

ppd2 h2 m ¼ p p 2<br />

d2<br />

4<br />

Beide Gleichungen durcheinander dividiert:<br />

F 0 1<br />

F 0 2<br />

p<br />

¼<br />

p 2<br />

d1<br />

4<br />

p p 2<br />

d2<br />

4<br />

F 0 2 ¼ F 0 d2<br />

1<br />

2<br />

d1 2<br />

1 þ 4m h1<br />

d1<br />

1 4m h2<br />

d2<br />

1 4m h2<br />

d2<br />

1 þ 4m h1<br />

d1<br />

2<br />

d1<br />

¼<br />

d2 2<br />

1 þ 4m h1<br />

d1<br />

1 4m h2<br />

1 þ 4m h1<br />

d1<br />

1 4m h2<br />

Presskraft bei Berücksichtigung der Reibung<br />

1 4m<br />

h ¼<br />

h2<br />

d2<br />

1 þ 4m h1<br />

d1<br />

F 0 2 ¼ F 0 d2<br />

1<br />

2<br />

h<br />

d1<br />

2<br />

s p d szul<br />

mm bar mm N<br />

mm 2<br />

Wirkungsgrad<br />

Presskraft bei Berücksichtigung<br />

der Reibung<br />

d2<br />

d2


392<br />

Ûbung: Der Lastkolben einer hydraulischen Presse<br />

hat 500 mm Durchmesser, der Triebkolben hat<br />

40 mm Durchmesser. Die Höhen der Lederdichtungen<br />

betragen h2 ¼ 100 mm und h1 ¼ 16 mm.<br />

Die Reibungszahl beträgt m ¼ 0,1.<br />

a) Wie groß ist der Wirkungsgrad h?<br />

b) Wie groß ist die Presskraft F 0 2 , wenn die Triebkraft<br />

F 0 1 ¼ 1000 N wirkt?<br />

c) Wie groß ist das Hubverhältnis der Kolben?<br />

Lösung:<br />

a) Der Wirkungsgrad wird mit der bekannten<br />

Gleichung aus den Kolbendurchmessern d1, d2,<br />

den Dichtungshöhen h1, h2 und der Reibungszahl<br />

m bestimmt.<br />

b) Da der Wirkungsgrad bekannt ist, verwendet<br />

man die letzte Presskraftgleichung und berechnet<br />

F 0 2 aus der Triebkraft F 0 1 , den Kolbendurchmessern<br />

d1, d2 und dem Wirkungsgrad.<br />

c) Unter dem Hubverhältnis versteht man das<br />

Verhältnis der Kolbenwege s2=s1.<br />

Aufgaben Nr. 1001–1012<br />

6.1.5 Druckverteilung in einer Flüssigkeit unter Berücksichtigung<br />

der Schwerkraft<br />

Im Abschnitt 6.1.3 (Seite 387) wurde gezeigt, dass<br />

der Druck in jeder waagerechten Ebene innerhalb<br />

einer Flüssigkeit konstant ist. Anders ausgedrückt:<br />

Der Druck an allen Stellen gleicher Flüssigkeitshöhe<br />

ist gleich groß.<br />

Es soll nun festgestellt werden, welche Beziehungen<br />

zwischen verschiedenen horizontalen Ebenen<br />

bestehen. Dazu wird das Gleichgewicht eines Flüssigkeitsquaders,<br />

dessen Längsachse vertikal steht,<br />

untersucht.<br />

Die Gewichtskraft FG (Schwerkraft) muss man<br />

jetzt in die Gleichgewichtsbetrachtung in Richtung<br />

der Längsachse mit einbeziehen.<br />

Gegeben:<br />

Lastkolbendurchmesser d2 ¼ 500 mm<br />

Triebkolbendurchmesser d1 ¼ 40 mm<br />

Dichtungshöhe h2 ¼ 100 mm<br />

Dichtungshöhe h1 ¼ 16 mm<br />

Triebkraft F 0 1¼ 1000 N<br />

Reibungszahl<br />

Gesucht:<br />

m ¼ 0,1<br />

Wirkungsgrad h, Presskraft F 0 2 ,<br />

Hubverhältnis s2=s1<br />

1 4m<br />

h ¼<br />

h2<br />

d2<br />

1 þ 4m h1<br />

10 cm<br />

1 4 0,1<br />

¼<br />

50 cm<br />

¼ 0,79<br />

1,6 cm<br />

1 þ 4 0,1<br />

4cm<br />

F 0 2 ¼ F0 d2<br />

1<br />

2<br />

F 0 2<br />

s2<br />

s1<br />

d1<br />

¼ 123,4 kN<br />

2<br />

d1<br />

¼<br />

d2<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

ð500 mmÞ2<br />

h ¼ 1kN<br />

d1<br />

2<br />

ð40 mmÞ 2 0,79<br />

ð40 mmÞ2 1<br />

¼ ¼ 2 2<br />

ð500 mmÞ 156,25


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 393<br />

Nach den Gesetzen der Statik müssen die Druckkräfte<br />

F1 und F2 die auf die Stirnseiten des Quaders<br />

einwirken und die Gewichtskraft FG die<br />

Gleichgewichtsbedingung erfüllen. Wird die Ansatzgleichung<br />

weiter entwickelt, dann ergibt sich<br />

eine Beziehung zwischen beiden Drücken p1, p2<br />

und der Druckwirkung der Schwerkraft (rgh).<br />

Legt man die obere Stirnfläche des Quaders in die<br />

Flüssigkeitsoberfläche, so ist dort der Druck<br />

p1 ¼ 0. Auf seine untere Stirnfläche wirkt dann<br />

allein der Druck p ð¼ p2Þ, der durch die Schwerkraft<br />

in der Tiefe h verursacht wird. Der hydrostatische<br />

Druck ist an allen Stellen gleicher Tiefe<br />

gleich groß. Die Funktionsgleichung p ¼ f ðr, hÞ<br />

zeigt, dass der hydrostatische Druck proportional<br />

mit der Flüssigkeitsdichte und der Tiefe zunimmt.<br />

Die Einheitenrechnung kann bei dieser Gleichung<br />

Schwierigkeiten bereiten.<br />

Man muss die Einheit kg/s 2 m mit 1 ¼ m/m erweitern,<br />

um die Druckeinheit Pa zu erhalten.<br />

Die Erkenntnis über den hydrostatischen Druck<br />

von Flüssigkeiten infolge ihrer Schwerkraft verwendet<br />

man unter anderem zum Messen von<br />

Drücken, besonders des Luftdrucks. Den Luftdruckunterschied<br />

zwischen zwei voneinander abgeschlossenen<br />

Räumen (oder Gefäßen) kann man<br />

z. B. mit einem beiderseits offenen U-Rohr messen,<br />

das teilweise mit einer Flüssigkeit gefüllt ist<br />

(siehe Skizze).<br />

Der Druck auf die Flüssigkeit an der Stelle E2 des<br />

U-Rohrs ist gleich dem absoluten Luftdruck im<br />

abgeschlossenen Raum (z. B. in einem Kesselraum).<br />

Der Druck in waagerechten Ebenen einer zusammenhängenden<br />

Flüssigkeit ist konstant. Folglich<br />

herrscht an der Stelle E1 des U-Rohrs der gleiche<br />

Druck p2 wie bei E2. Der Druck p2 ist die Summe<br />

aus dem Flüssigkeitsdruck der Säule von der<br />

Höhe h und dem Atmosphärendruck (äußeren<br />

Luftdruck) p1.<br />

SFy ¼ 0 ¼ F2 F1 FG<br />

F2 ¼ F1 þ FG<br />

für F1 ¼ p1A, F2 ¼ p2 A und<br />

FG ¼ rgV ¼ rgAh gesetzt, ergibt<br />

p2 A ¼ p1A þ rgAh.<br />

p2 ¼ p1 þ rgh<br />

p ¼ rgh<br />

Druck infolge<br />

der Schwerkraft<br />

Die Flüssigkeitshöhe h, die den Druck p<br />

hervorruft, heißt Druckhöhe oder auch<br />

Pressungshöhe.<br />

ðpÞ ¼ðrÞðgÞðhÞ ¼ kg<br />

m3 kg m<br />

s2 kg m=s2<br />

¼<br />

m2 m2 N<br />

¼<br />

m<br />

m kg<br />

m ¼<br />

s2 s2 m<br />

2 ¼ Pa<br />

Beispiel:<br />

Der Kesselraum eines Schiffs wird durch<br />

ein Gebläse unter Ûberdruck pü gesetzt. Das<br />

mit Wasser gefüllte U-Rohr-Manometer zeigt<br />

einen Höhenunterschied von 200 mm an.<br />

Der äußere Luftdruck beträgt 1027 mbar.<br />

Zu berechnen ist der Ûberdruck pü und der<br />

absolute Druck p2 im Kesselraum.<br />

Lösung:<br />

Den Ûberdruck pü berechnet man aus der<br />

Flüssigkeitshöhe h ¼ 200 mm.<br />

3 kg m<br />

pü ¼ rgh ¼ 10 9,81 0,2 m ¼ 1962 Pa<br />

3 2<br />

m<br />

p r g h<br />

Pa ¼ N<br />

m 2<br />

pü ¼ 19,62 mbar<br />

p2 ¼ p1 þ pü ¼ 1027 mbar þ 19,62 mbar<br />

p2 ¼ 1047 mbar<br />

s<br />

kg<br />

m 3<br />

m<br />

s 2<br />

m


394<br />

6.1.6 Kommunizierende Röhren<br />

Kommunizierende Röhren sind oben offene, unten<br />

miteinander verbundene Röhren (vgl. U-Rohr).<br />

Enthält dieses Röhrengefäß nur eine Flüssigkeit,<br />

so steht sie in den beiden Schenkeln gleich hoch,<br />

unabhängig von der Form und Größe der Schenkel.<br />

Die Flüssigkeitsspiegel stehen immer waagerecht.<br />

Enthält das Gefäß zwei Flüssigkeiten von<br />

verschiedener Dichte, so steht bei Gleichgewicht<br />

die leichtere Flüssigkeit in dem einen Schenkel<br />

höher als die schwerere in dem anderen Schenkel.<br />

Sind r 1 und r 2 die Flüssigkeitsdichten und h1 und<br />

h2 ihre Flüssigkeitshöhen über der Trennebene<br />

A B, so sind in dieser Ebene die Drücke in beiden<br />

Schenkeln gleich groß: p1 ¼ p2 ¼ p. Die Entwicklung<br />

der Gleichung zeigt, dass sich die Flüssigkeitshöhen<br />

über der Trennebene umgekehrt zueinander<br />

verhalten wie die Flüssigkeitsdichten.<br />

6.1.7 Bodenkraft<br />

Auf den waagerechten Boden eines Flüssigkeitsbehälters<br />

wirkt der hydrostatische Druck p ¼ rgh<br />

(h Flüssigkeitshöhe über dem Boden). Die<br />

Bodenfläche A wird dann mit der Bodenkraft<br />

Fb ¼ pA ¼ rghA belastet.<br />

Die Belastung des Bodens ist also abhängig von<br />

der Flüssigkeitshöhe h über dem Boden, von der<br />

Bodenfläche A und von der Dichte der Flüssigkeit.<br />

Sie ist dagegen unabhängig von der Form des Gefäßes.<br />

Das zeigt auch die Versuchsanordnung zur<br />

Messung der Bodenkraft. Die vier Behälter haben<br />

die gleiche Bodenfläche A, die über einen Hebel<br />

gegen die Bodenöffung gepresst wird. Füllt man<br />

die Gefäße nacheinander mit Wasser, so wird man<br />

feststellen, dass sich die Bodenklappe bei allen<br />

Gefäßen bei der gleichen Füllhöhe h öffnet. Die<br />

Bodenkraft ist in allen vier Fällen gleich groß.<br />

p ¼ p1 ¼ p2 ¼ r 1 gh1 ¼ r 2 gh2<br />

h1<br />

h2<br />

¼ r 2<br />

r 1<br />

Beispiel:<br />

Wie groß ist die Dichte eines Úls, das einer<br />

500 mm hohen Wassersäule mit einer Höhe<br />

von 545 mm das Gleichgewicht hält?<br />

Lösung:<br />

h1<br />

h2<br />

¼ r 2<br />

r 1<br />

r 2 ¼ h1 r 1<br />

h2<br />

und daraus<br />

500 mm 1000<br />

¼<br />

kg<br />

m3 ¼ 917<br />

545 mm<br />

kg<br />

m3 Fb ¼ pA ¼ rghA Bodenkraft<br />

Fb p r g h A<br />

N Pa ¼ N<br />

m 2<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

kg<br />

m 3<br />

m<br />

m m2<br />

s2


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 395<br />

6.1.8 Seitenkraft<br />

Da sich der Druck in einer Flüssigkeit nach allen<br />

Seiten hin gleichmäßig ausbreitet, wird nicht nur<br />

der Boden eines Gefäßes belastet, sondern auch<br />

seine Seitenwände.<br />

Teilt man die rechteckige Seitenwand eines Gefäßes<br />

in eine Anzahl schmaler Flächenstreifen DA<br />

von gleichem Flächeninhalt, so wird z. B. das<br />

Flächenteilchen DA unter der Höhe h1 mit<br />

F1 ¼ rgh1 DA, dasjenige unter der Höhe h2 mit<br />

F2 ¼ rgh2 DA belastet. Die Belastung nimmt<br />

proportional mit der Höhe nach dem Flüssigkeitsspiegel<br />

hin ab. Das Belastungsbild veranschaulicht<br />

diese Tatsache.<br />

Die Gesamtbelastung der Seitenfläche, die Seitenkraft<br />

Fs, ist die Summe aller Teilkräfte F.<br />

Der Klammerwert ist, bezogen auf den Flüssigkeitsspiegel,<br />

die Summe aller Flächenmomente der<br />

Teilflächen DA. Diese Summe muss gleich dem<br />

Flächenmoment der gesamten Fläche A sein (siehe<br />

2.2.1, Seite 77 Flächenschwerpunkt). Für die Seitenkraft<br />

Fs ergibt sich daraus eine Funktionsgleichung<br />

der Form Fs ¼ f ðA, y0, rÞ. Daraus geht<br />

hervor, dass die Seitenkraft vom Betrag der Seitenfläche<br />

A, von ihrem Schwerpunktsabstand y0, d.h.<br />

also ihrer Form, und von der Dichte r der Flüssigkeit<br />

abhängt.<br />

Der Angriffspunkt der Seitenkraft Fs heißt Druckmittelpunkt<br />

D, er liegt immer tiefer als der Schwerpunkt<br />

der gedrückten Fläche. Ist z. B. die gedrückte<br />

Fläche ein Rechteck, so ist das Belastungsbild ein<br />

Dreieck. Die Resultierende Fs aller Teilkräfte F<br />

muss durch den Schwerpunkt D des Dreiecks gehen,<br />

der h=3 von der Basis bzw. 2h=3 vom Flüssigkeitsspiegel<br />

entfernt liegt.<br />

Ist e der Abstand des Druckmittelpunkts D vom<br />

Flächenschwerpunkt, so gilt allgemein:<br />

Fs ¼ SF ¼ rg DAh1 þ rg DAh2 þ ...rg DAhn<br />

Fs ¼ rgðDAh1 þ DAh2 þ ...DAhnÞ¼rgAy0<br />

Fs ¼ rgAy0<br />

Seitenkraft<br />

y0 Schwerpunktsabstand der belasteten<br />

Seitenfläche vom Flüssigkeitsspiegel<br />

Beachte: Diese Momente der Flächen<br />

(DAh, Ay0) heißen nach DIN 1304<br />

„Flächenmomente 1. Grades“.<br />

e ¼ I<br />

Ay0<br />

Abstand<br />

e<br />

m<br />

I<br />

m<br />

A y0<br />

des Druckmittelpunkts<br />

vom Schwerpunkt<br />

4 m2 m<br />

y ¼ y0 þ e<br />

Abstand<br />

des Druckmittelpunkts<br />

vom Flüssigkeitsspiegel<br />

Flächenmoment 2. Grades der gedrückten Fläche bezogen auf die waagerechte Flächenschwerachse<br />

e ¼<br />

Flächenmoment 1. Grades der gedrückten Fläche bezogen auf den Flüssigkeitsspiegel


396<br />

Die Gleichungen für Seitenkraft und Abstände<br />

gelten nicht nur für die ganze Seitenwand und<br />

Rechteckflächen, sondern auch für Teile oder<br />

Ausschnitte der Wand von beliebiger Form.<br />

1. Ûbung: Eine Ufermauer wird einseitig durch<br />

den Druck des Wassers belastet, das 6 m über der<br />

Sohle steht.<br />

a) Wie groß ist die Seitenkraft Fs für b ¼ 1m<br />

Mauerlänge?<br />

b) Wie tief liegt der Druckmittelpunkt unter dem<br />

Wasserspiegel?<br />

c) Wie groß ist das Kippmoment je Meter Länge,<br />

bezogen auf die Kippkante A?<br />

Lösung:<br />

a) Die gedrückte Fläche ist ein Rechteck mit<br />

Breite b ¼ 1 m und Höhe h ¼ 6 m. Ihr Schwerpunkt<br />

liegt in halber Höhe: y0 ¼ h=2 ¼ 3m.<br />

Die Kraft Fs wird mit der Seitenkraft-Gleichung<br />

berechnet.<br />

b) Das Flächenmoment 2. Grades der Rechteckfläche<br />

ist I ¼ bh 3 =12, ihr Flächeninhalt A ¼ bh<br />

und ihr Schwerpunktsabstand y0 ¼ h=2. Mit<br />

diesen Größen entwickelt man eine Gleichung<br />

für den Druckmittelpunktsabstand e.<br />

c) Das Kippmoment ist das Produkt aus der Seitenkraft<br />

Fs und ihrem Wirkabstand l von der<br />

Kippkante A.<br />

2. Ûbung: In einem Wehr befindet sich 1 m unter<br />

dem höchsten Wasserspiegel eine rechteckige<br />

Úffnung von 400 mm Breite und 600 mm Höhe.<br />

Die Úffnung ist mit einer drehbaren Klappe verschlossen,<br />

die sich öffnen soll, falls die Höhe des<br />

Wasserspiegels 1,80 m übersteigt.<br />

Beispiel:<br />

Für die im Bild dargestellte Rechteckfläche<br />

wird<br />

e ¼ I<br />

¼<br />

Ay0<br />

bh 3<br />

12<br />

bh h<br />

2<br />

¼ h<br />

6<br />

y ¼ y0 þ e ¼ h h 2<br />

þ ¼<br />

2 6 3 h<br />

d. h. der Druckmittelpunkt D liegt um 2h=3<br />

unter dem Flüssigkeitsspiegel.<br />

Gegeben:<br />

h ¼ 6m b ¼ 1m<br />

r ¼ 1000 kg=m 3<br />

Gesucht:<br />

Seitenkraft Fs<br />

Abstand y<br />

Kippmoment Mk<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

3 kg m<br />

Fs ¼ rgAy0 ¼ 10 9,81 1m 6m 3m<br />

m3 s2 3 kg m<br />

Fs ¼ 17,6 10 ¼ 176,6 kN<br />

s2 e ¼ I<br />

¼<br />

Ay0<br />

h 6m<br />

¼ ¼ 1m<br />

6 6<br />

(Entwicklung der Gleichung füre siehe oben)<br />

y ¼ y0 þ e ¼ 3mþ 1m¼ 4m<br />

Mk ¼ Fs l ¼ 176,6 kN ð6m 4mÞ<br />

Mk ¼ 352,2 kNm


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 397<br />

Mit welcher Gewichtskraft FG muss der Klappenhebel<br />

belastet werden, wenn der Klappendrehpunkt<br />

950 mm unter dem höchsten Wasserspiegel<br />

liegt und die Hebelausladung 800 mm beträgt?<br />

Lösung: Um die Momentenverhältnisse an der<br />

Klappe untersuchen zu können, muss man die<br />

Seitenkraft Fs kennen, mit der die Klappe durch<br />

den Wasserdruck belastet wird. Dafür wird zuerst<br />

der Schwerpunktsabstand der Klappenfläche<br />

(Rechteck) vom höchsten Flüssigkeitsspiegel bestimmt:<br />

y0 ¼ l1 þ h=2.<br />

Außerdem muss der Angriffspunkt der Seitenkraft<br />

bekannt sein. Man ermittelt hierfür den Druckmittelpunkts-Abstand<br />

e und daraus den Abstand y<br />

der Seitenkraft vom Wasserspiegel.<br />

Die Klappe muss im Momentengleichgewicht<br />

sein. Man ermittelt den Wirklinienabstand l4 der<br />

Kraft Fs vom Klappendrehpunkt A und setzt dann<br />

die Momentengleichgewichtsbedingung für den<br />

Drehpunkt A an.<br />

6.1.9 Auftriebskraft<br />

Taucht ein Körper in eine Flüssigkeit ein, so wird<br />

seine Oberfläche allseitig durch den Flüssigkeitsdruck<br />

belastet. Die horizontalen Druckkräfte F3<br />

heben sich auf, aber in vertikaler Richtung ist die<br />

nach oben gerichtete Kraft F2 größer als die nach<br />

unten gerichtete Kraft F1.<br />

Die Resultierende dieser beiden Kräfte ist nach<br />

oben gerichtet. Sie heißt Auftriebskraft<br />

Fa ¼ F2 F1.<br />

Wird die Gleichung Fa ¼ F2 F1 weiter entwickelt,<br />

dann erkennt man, dass die Auftriebskraft<br />

Fa genauso groß ist wie die Gewichtskraft FG der<br />

von dem eingetauchten Körper verdrängten Flüssigkeitsmenge.<br />

Ihr Angriffspunkt muss demzufolge<br />

im Schwerpunkt F der verdrängten Flüssigkeitsmenge<br />

liegen (Verdrängungsschwerpunkt,<br />

Formschwerpunkt). Das gilt auch für teilweise eingetauchte,<br />

also schwimmende Körper.<br />

Gegeben:<br />

Úffnungsabstand l1 ¼ 1m<br />

Úffnungshöhe h ¼ 0,6 m<br />

Úffnungsbreite b ¼ 0,4 m<br />

Drehpunktsabstand l2 ¼ 0,95 m<br />

Hebelausladung l3 ¼ 0,8 m<br />

Dichte r ¼ 10 3 kg/m 3<br />

Gesucht:<br />

Gewichtskraft FG<br />

y0 ¼ l1 þ h<br />

¼ 1mþ 0,3 m ¼ 1,3 m<br />

2<br />

Dann ist die Seitenkraft<br />

3 kg m<br />

Fs ¼ rgAy0 ¼ 10 9,81<br />

m3 s2 0,24 m2 1,3 m<br />

Fs ¼ 3,06 10 3 N ¼ 3060 N<br />

e ¼ I<br />

¼<br />

Ay0<br />

bh3<br />

¼<br />

12bhy0<br />

h2<br />

¼ 0,023 m<br />

12y0<br />

y ¼ y0 þ e ¼ 1,3 m þ 0,023 m ¼ 1,323 m<br />

l4 ¼ y l2 ¼ 1,323m 0,95m ¼ 0,373m<br />

SMðAÞ ¼ 0 ¼ Fs l4 FG l3<br />

l4 0,373 m<br />

FG ¼ Fs ¼ 3060 N ¼ 1427 N<br />

0,8 m<br />

l3<br />

Vollständig<br />

eingetauchter<br />

Körper:<br />

Verdrägungsschwerpunkt<br />

F<br />

fällt mit Körperschwerpunkt<br />

K<br />

zusammen<br />

Es ist F1 ¼ rgh1A und F2 ¼ rgh2A und Fa ¼ F2 F1 ¼ rgAðh2 h1Þ<br />

Hierin ist Aðh2 h1Þ ¼V das Volumen,<br />

rAðh2 h1Þ ¼rV ¼ m die Masse und<br />

rAðh2 h1Þ g ¼ mg die Gewichtskraft der<br />

verdrängten Flüssigkeitsmenge.<br />

Fa V r g<br />

Fa ¼ Vrg<br />

Auftriebskraft<br />

N m 3 kg<br />

m 3<br />

m<br />

s 2


398<br />

Auftriebskraft und Gewichtskraft des eingetauchten<br />

Körpers sind entgegengerichtete Kräfte. Daraus<br />

folgt:<br />

Die Gewichtskraft eines in eine Flüssigkeit eingetauchten<br />

Körpers verringert sich (scheinbar)<br />

um die Gewichtskraft der von ihm verdrängten<br />

Flüssigkeitsmenge.<br />

Ûbung: Ein Körper mit der Masse mk ¼ 250 g<br />

hängt ganz in Wasser eingetaucht an einer Waage.<br />

Die Waage ist im Gleichgewicht, wenn sie mit<br />

einem Wägestück von 200 g Masse belastet ist.<br />

Wie groß sind Volumen V und Dichte r k des Körpers?<br />

Lösung: Die Auftriebskraft Fa am Körper ist die<br />

Differenz der Gewichtskräfte des Körpers FGk und<br />

des Wägestücks FG. In die Auftriebsgleichung<br />

setzt man für die Kräfte die Produkte aus Masse<br />

und Fallbeschleunigung ein und erkennt, dass die<br />

Masse mw des verdrängten Wassers gleich der Differenz<br />

zwischen Körpermasse mk und Wägestückmasse<br />

m ist.<br />

Aus der Beziehung mw ¼ Vr w wird das Verdrängungsvolumen<br />

V bestimmt, das gleich dem Körpervolumen<br />

V sein muss.<br />

Die Körpermasse mk ist das Produkt aus dem<br />

Volumen V und der Körperdichte r k . Aus dieser<br />

Beziehung kann die Dichte r k des eingetauchten<br />

Körpers bestimmt werden.<br />

Aufgaben Nr. 1013–1024<br />

6.1.10 Schwimmen<br />

Wirken nur die Gewichtskraft FG und die Auftriebskraft<br />

Fa auf einen Körper, so richtet sich sein<br />

Verhalten in einer Flüssigkeit danach, wie groß die<br />

Auftriebskraft ist.<br />

Schwimmender<br />

Körper:<br />

Verdrängungsschwerpunkt<br />

F<br />

liegt unter dem<br />

Körperschwerpunkt<br />

K.<br />

Beachte: Die Auftriebskraft ist nach oben<br />

gerichtet und gleich der Gewichtskraft der<br />

vom Körper verdrängten Flüssigkeitsmenge.<br />

Sie greift im Formschwerpunkt F (Verdrängungsschwerpunkt)<br />

der verdrängten Flüssigkeitsmenge<br />

an.<br />

Gegeben:<br />

Masse des Körpers mk ¼ 250 g<br />

Masse des Wägestücks m ¼ 200 g<br />

Dichte des Wassers rw ¼ 103 kg=m 3<br />

Gesucht:<br />

Volumen V und Dichte r k des Körpers<br />

Fa ¼ FGk FG<br />

mw g ¼ mk g mg<br />

Daraus ergibt sich:<br />

mw ¼ mk m<br />

mw ¼ Vr w , folglich ist<br />

V ¼ mw<br />

r w<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

¼ mk m<br />

r w<br />

(mw Masse des verdrängten<br />

Wassers)<br />

¼ 50 10 3 kg<br />

3 kg<br />

10<br />

m 3<br />

V ¼ 50 10 6 m 3 ¼ 50 cm 3<br />

mk ¼ Vrk folglich ist<br />

rk ¼ mk<br />

V ¼ 250 10 3 kg<br />

50 10 6 kg<br />

¼ 5 103<br />

m3 m3 Beispiel:<br />

Wie tief taucht ein Würfel aus Gusseisen mit<br />

a ¼ 10 cm Kantenlänge und der Dichte<br />

r1 ¼ 7500 kg/m3 in ein Quecksilberbad mit<br />

der Dichte r2 ¼ 13 600 kg/m3 ein?


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 399<br />

Ist die Auftriebskraft kleiner als die Gewichtskraft<br />

des Körpers, so sinkt er. Ist die Auftriebskraft<br />

gleich der Gewichtskraft, so bleibt der Körper an<br />

jeder beliebigen Stelle innerhalb der Flüssigkeit, er<br />

schwebt. Ist die Auftriebskraft größer als die<br />

Gewichtskraft, schwimmt der Körper an der Oberfläche.<br />

Er ist im Gleichgewicht, wenn er so weit<br />

auftaucht, dass die Auftriebskraft (¼ Gewichtskraft<br />

der verdrängten Flüssigkeit) gleich der Gewichtskraft<br />

des schwimmenden Körpers ist. Dann<br />

ist auch die Masse der verdrängten Flüssigkeit<br />

gleich der Masse des Körpers.<br />

6.1.11 Gleichgewichtslagen schwimmender Körper<br />

Man unterscheidet bei schwimmenden Körpern<br />

stabile und labile Gleichgewichtslagen.<br />

Das Bild zeigt den Fall einer stabilen Schwimmlage.<br />

Zwei Kräfte wirken auf den schwimmenden<br />

Körper: Die im Körperschwerpunkt K angreifende,<br />

nach unten gerichtete Schwerkraft FG (Gewichtskraft)<br />

und die im Verdrängungsschwerpunkt F angreifende<br />

Auftriebskraft Fa. In der Gleichgewichtslage<br />

wirken die beiden gleich großen Kräfte Fa und<br />

FG längs der gemeinsamen Wirklinie W – der Körpermittellinie<br />

– in entgegengesetzter Richtung.<br />

Dreht man nun den Körper in der Zeichenebene<br />

nach links (Schräglage), so wird die vorher vertikale<br />

Mittellinie W um den Winkel j geneigt.<br />

Dabei bleibt zwar die Lage des Körperschwerpunkts<br />

K erhalten, jedoch bringt jede Neigungsänderung<br />

den Verdrängungsschwerpunkt F an eine<br />

andere Stelle. Das heißt aber auch: Die Parallelkräfte<br />

Fa und FG bekommen einen mehr oder<br />

weniger großen Wirkabstand h, sie bilden ein<br />

rechtsdrehendes Kräftepaar.<br />

Das Drehmoment von Auftriebskraft Fa und Gewichtskraft<br />

FG wirkt der Drehung des Körpers entgegen:<br />

Der Körper hat also eine stabile Schwimmlage.<br />

Das Wiederaufrichtungsmoment – die Stabilität –<br />

hängt vom Wirkabstand h ab. Er heißt deshalb<br />

auch: Hebelarm der statischen Stabilität.<br />

Lösung:<br />

Die Masse des Würfels ist<br />

m1 ¼ V1r1 ¼ a 3 r1 ¼ 10 3 m 3 3 kg<br />

7,5 10<br />

m3 m1 ¼ 7,5 kg<br />

Bei Schwimmen ist die Masse m2 des verdrängten<br />

Quecksilbers gleich der Masse m1<br />

des Würfels. Das verdrängte Quecksilbervolumen<br />

hat die Form eines quadratischen<br />

Prismas mit der Höheh: V2 ¼ a2h: Folglich ist:<br />

m2 ¼ V2 r 2 ¼ a 2 hr 2 ¼ m1<br />

h ¼ m1<br />

a 2 r 2<br />

7,5 kg<br />

¼<br />

10 2 m2 3 kg<br />

13,6 10<br />

m3 ¼ 5,51 cm<br />

Stabile Schwimmlage<br />

Fa Auftriebskraft, in F angreifend<br />

FG Gewichtskraft, in K angreifend<br />

W Mittellinie des Körpers<br />

(Schwimmachse)<br />

F Verdrängungsschwerpunkt ¼ Schwerpunkt<br />

der verdrängten Flüssigkeit<br />

K Schwerpunkt des Körpers<br />

M Metazentrum ¼ Schnittpunkt der<br />

Mittellinie W mit der Wirklinie der<br />

Auftriebskraft<br />

h ¼ MK sin j Hebelarm der statischen<br />

Stabilität<br />

j Neigungswinkel<br />

MK metazentrische Höhe


400<br />

Jeder andere Neigungswinkel j bringt eine andere<br />

Lage des Verdrängungsschwerpunktes F und damit<br />

auch einen anderen Hebelarm h.<br />

Kennzeichnend und entscheidend für das Verhalten<br />

eines schwimmenden Körpers bei Störungen<br />

des Gleichgewichts ist das so genannte Metazentrum<br />

M, der Schnittpunkt der Körpermittellinie W<br />

mit der Wirklinie der Auftriebskraft: Liegt Müber<br />

dem Körperschwerpunkt K, so schwimmt der<br />

Körper stabil. Das Drehmoment von Auftriebskraft<br />

und Gewichtskraft hat dann eine aufrichtende<br />

Wirkung. Die Strecke MK heißt metazentrische<br />

Höhe.<br />

Die labile Schwimmlage erkennt man sofort daran,<br />

dass das Metazentrum M unterhalb des Körperschwerpunkts<br />

K liegt. Der nach links gedrehte<br />

Körper richtet sich nicht wieder auf. Das linksdrehende<br />

Kräftepaar aus Auftriebskraft und Gewichtskraft<br />

unterstützt die Drehung des Körpers<br />

noch, bis er in die stabile Schwimmlage kommt.<br />

6.1.12 Stabilität eines Schiffes<br />

Das Bild zeigt ein Schiff von bestimmtem Ausrüstungszustand<br />

geneigt um zwei verschiedene<br />

Neigungswinkel j 1 und j 2. Während bei allen<br />

Neigungen die Lage des Schiffsschwerpunkts K<br />

unverändert bleibt, bekommt der Verdrängungsschwerpunkt<br />

F jeweils eine andere Lage (hier<br />

von F1 nach F2). Damit ändert sich auch die<br />

Lage des Metazentrums M (hier von M1 nach<br />

M2), es wandert je nach Neigung auf der Schiffsmittellinie<br />

auf- oder abwärts, die metazentrische<br />

Höhe MK wird größer oder kleiner. Ebenso verändert<br />

sich der Hebelarm h, dessen Größe die<br />

Stabilität des Schiffes, d. h. sein Wiederaufrichtungsvermögen<br />

bestimmt. Ist h klein, so ist auch<br />

das Drehmoment von Schiffsgewichtskraft FG<br />

und Auftriebskraft Fa klein.<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

Labile Schwimmlage


6.1 Statik der Flüssigkeiten (Hydrostatik) 401<br />

Durch Auftragen der Größe h in Abhängigkeit<br />

vom Neigungswinkel j erhält man die „Stabilitätskurve“.<br />

Sie vermittelt eine Vorstellung von den<br />

Stabilitätseigenschaften des Schiffes. Je steiler die<br />

Hebelarmkurve gleich im Anfang ansteigt, d. h. je<br />

rascher die Hebelarme h zunehmen, desto stabiler<br />

(steifer) ist das Schiff. Die aufrichtenden Drehmomente<br />

sind dann schon bei Neigungsbeginn<br />

verhältnismäßig groß. Je flacher dagegen die<br />

Hebelarmkurve verläuft, desto weicher (ranker) ist<br />

das Schiff. Das größte Aufrichtungsvermögen<br />

wird gekennzeichnet durch den höchsten Punkt<br />

der Kurve, d. h. durch den maximalen Hebelarm h.<br />

Er liegt im Beispiel bei 35 . Bei einem guten<br />

Schiff liegt er zwischen 30 und 45 .10 bis 15<br />

sind schon unzulässig schlechte Werte.<br />

Neigt sich das Schiff über den Nulldurchgang der<br />

Hebelarmkurve hinaus (hier bei 75 ), so kehrt sich<br />

die Momentendrehrichtung um und unterstützt die<br />

Neigung des Schiffs; es würde kentern. Dieser<br />

Punkt wird deshalb auch Kenterpunkt genannt.<br />

Der Bereich von 0 bis zum Kenterpunkt heißt<br />

„Umfang der Stabilität“. Der Kenterpunkt (hier<br />

75 ) gilt jedoch nur dann, wenn das Schiff z. B. im<br />

Seegang bis auf diesen Winkel aufgeschaukelt<br />

würde, ohne dass ein kontinuierlich wirkendes<br />

krängendes Moment, z. B. durch einseitige Beladung,<br />

Trossenzug, Winddruck oder Zentrifugalkraft<br />

im Drehkreis verursacht wird. Neigt sich<br />

dagegen das Schiff druch ein solches, anhaltend<br />

wirkendes Moment bis zu dem Winkel, bei dem<br />

die Hebelarmkurve ihr Maximum besitzt (hier<br />

35 ), so kentert es bereits bei dieser Schräglage,<br />

nicht erst beim eigentlichen Kenterpunkt.<br />

Treten ein kontinuierlich wirkendes, jedoch zum<br />

Kentern allein nicht ausreichendes krängendes<br />

Moment und Schlingerbewegungen gleichzeitig<br />

auf, so liegt der Kenterwinkel zwischen Kurvenmaximum<br />

und Nulldurchgang (hier zwischen 35<br />

und 75 ). Das Schiff schlingert dann um diejenige<br />

Neigung als Mittellage, die dem krängenden<br />

Moment entspricht.<br />

Stabilitätskurve<br />

Hinweis:<br />

1. Sehr stabile (steife) Schiffe haben unangenehme,<br />

im Verhältnis zur Größe rasche<br />

Schlingerbewegungen. Im Fall der Resonanz<br />

mit den Wellenbewegungen, die bei<br />

diesen Schiffen leichter eintritt, werden<br />

die Ausschläge groß.<br />

2. Wenig stabile, ranke (weiche) Schiffe<br />

haben angenehme, im Verhältnis zur<br />

Größe langsame, meist kleine Schlingerbewegungen.<br />

3. Bei einem guten, seetüchtigen Schiff<br />

liegen die Eigenschaften dazwischen.


402<br />

6.2 Dynamik der Fluide (Strömungsmechanik)<br />

Die folgenden Gesetzmäßigkeiten gelten nicht nur für Flüssigkeiten, sondern auch für Gase<br />

und Dämpfe, wenn ihre Strömungsgeschwindigkeit unter 100 m/s liegt, was in der Technik<br />

meist der Fall ist. Diese Flüssigkeiten, Gase und Dämpfe nennt man Fluide.<br />

6.2.1 Kontinuitätsgleichung (Stetigkeitsgleichung)<br />

Verändert ein Fluid sein Volumen nicht, so muss<br />

durch die verschiedenen Querschnitte A1, A2 einer<br />

Leitung in jeder Sekunde das gleiche Volumen<br />

fließen.<br />

Das in einer Sekunde gleichförmig durch einen<br />

Strömungsquerschnitt fließende Volumen heißt<br />

Volumenstrom qV (auch Volumendurchfluss<br />

und Volumendurchsatz genannt).<br />

Der Volumenstrom qV ist das Produkt aus dem<br />

Strömungsquerschnitt A und der Strömungsgeschwindigkeit<br />

w. Er ist in allen Strömungsquerschnitten<br />

konstant.<br />

6.2.2 Bernoulli’sche Gleichung (Energieerhaltungssatz der Strömung)<br />

6.2.2.1 Horizontale Strömung (Strömung ohne Höhenunterschied)<br />

In einer horizontalen Leitung mit veränderlichem<br />

Querschnitt strömt ein Fluid. Im Querschnitt A<br />

hat es die kinetische Energie Ekin 1 ¼ mw1 2 =2,<br />

im Querschnitt E die kinetische Energie<br />

Ekin 2 ¼ mw2 2 =2 (siehe 4.7.3, Seite 220).<br />

Da der Leitungsquerschnitt A2 > A1 ist, muss<br />

nach der Kontinuitätsgleichung die Strömungsgeschwindigkeit<br />

w2 < w1 sein. Die Drücke p1, p2<br />

heißen statische Drücke.<br />

Beachte: Die kohärente Einheit des<br />

Volumenstroms qV ist das<br />

Kubikmeter<br />

Sekunde<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

¼ m3<br />

s<br />

Volumenstrom qV ¼ Aw<br />

qV ¼ A1w1 ¼ A2w2 ¼ konstant<br />

Kontinuitätsgleichung<br />

qV A w<br />

m 3<br />

s<br />

m 2<br />

m<br />

s


6.2 Dynamik der Fluide (Strömungsmechanik) 403<br />

An einer beliebigen Stelle, z. B. bei A, wird dem<br />

Fluid über einen Kolben durch die Kraft F1 längs<br />

des Weges s1 die Arbeit W1 ¼ F1s1 zugeführt. Bei<br />

E wird gegen die Kraft F2 die Arbeit W2 ¼ F2s2<br />

abgeführt.<br />

Nach dem Energieerhaltungssatz (siehe 4.7.5, Seite<br />

221) ist die Energie EE am Ende dieses Vorganges<br />

gleich der Energie EA am Anfang, vermehrt um<br />

die zugeführte Arbeit Wzu und vermindert um die<br />

abgeführte Arbeit Wab:<br />

Wird in den Quotienten für die kinetische Energie<br />

für die Masse m das Produkt Volumen V multipliziert<br />

mit der Dichte r eingesetzt, dann erhält man<br />

den Energieerhaltungssatz in einer neuen Form.<br />

Auch die AusdrückeF1s1 und F2s2 können weiterentwickelt<br />

werden, indem man für die Kräfte<br />

F ¼ pAund fürAsdas Volumen V setzt.<br />

Der Energieerhaltungssatz erhält dann eine Form,<br />

in der die Quotienten rw2V=2 die kinetische<br />

Energie des Fluids und die Produkte pV seine<br />

Druckenergie darstellen.<br />

Dividiert man den Energieerhaltungssatz noch<br />

durch das Volumen V, dann erhält man die<br />

Bernoulli’sche Druckgleichung für horizontal strömende<br />

Fluide.<br />

Die einzelnen Glieder der Bernoulligleichung sind<br />

also nichts anderes, als die Energien je Volumeneinheit.<br />

Aus der Druckgleichung erkennt man:<br />

Bei horizontaler Strömung ist die Summe aus<br />

dem statischen Druck p und dem kinetischen<br />

Druck q ¼ rw 2 =2 konstant.<br />

6.2.2.2 Nichthorizontale Strömung (Strömung mit Höhenunterschied)<br />

Der einzige Unterschied gegenüber der horizontalen<br />

Strömung besteht darin, dass die Fluidteilchen<br />

im Verlauf der Strömung ihre Höhenlage gegenüber<br />

einer beliebig gewählten horizontalen Bezugsebene<br />

ändern. Dadurch erhalten sie verschieden<br />

große potenzielle Energie (Lageenergie).<br />

W1 ¼ F1 s1<br />

W2 ¼ F2 s2<br />

zugeführte Arbeit abgeführte Arbeit<br />

EE ¼ EA þ Wzu Wab<br />

Ekin 2 ¼ Ekin 1 þ W1 W2<br />

mw2 2<br />

2<br />

mw1 2<br />

2<br />

¼ mw1 2<br />

2 þ F1 s1 F2 s2<br />

¼ rw1 2<br />

2<br />

V<br />

F1 s1 ¼ p1 A1 s1 ¼ p1V<br />

F2 s2 ¼ p2 A2 s2 ¼ p2V<br />

mw2 2<br />

2<br />

¼ rw2 2<br />

2<br />

r<br />

2 w2 2 V ¼ r<br />

2 w1 2 V þ p1V p2V<br />

Energieerhaltungssatz für horizontale<br />

Strömung<br />

p1 þ r<br />

2 w1 2 ¼ p2 þ r 2<br />

w2<br />

2<br />

Bernoulli’sche Druckgleichung für<br />

horizontale Strömung<br />

p r w V<br />

Pa ¼ N<br />

m 2<br />

kg<br />

m 3<br />

m<br />

s m3<br />

Beachte: Der kinetische Druck q ¼ rw 2 =2<br />

wird auch Geschwindigkeitsdruck oder<br />

Staudruck genannt.<br />

V


404<br />

Im Energieerhaltungssatz muss also noch die<br />

potenzielle Energie Epot ¼ mgh im Anfangs- und<br />

Endzustand hinzugefügt werden, hier bezogen auf<br />

die gekennzeichnete Bezugsebene.<br />

Wird dann wieder m ¼ Vr und<br />

Fs ¼ pV gesetzt, erhält man den Energieerhaltungssatz<br />

für die nicht horizontale<br />

Strömung.<br />

Die Division durch das Volumen V ergibt wieder<br />

die Energien je Volumeneinheit und damit die Bernoulli’sche<br />

Druckgleichung für nicht horizontal<br />

strömende Fluide.<br />

Man erkennt:<br />

In einem Fluid ist die Summe aus dem statischen<br />

Druck p, dem kinetischen Druck q ¼ rw 2 =2<br />

und dem geodätischen Druck rgh konstant.<br />

In der Praxis wird die Bernoulli-Gleichung oft in<br />

einer anderen Form angewendet. Wird die Druckgleichung<br />

durch rg dividiert, dann ergeben sich<br />

für die einzelnen Glieder Ausdrücke, die Höhen<br />

darstellen.<br />

Die auf diese Weise gewonnene Gleichung nennt<br />

man die Bernoulli’sche Druckhöhengleichung für<br />

nicht-horizontal strömende Fluide.<br />

Man erkennt:<br />

Bei nicht-horizontaler Strömung ist die Summe<br />

aus der statischen Druckhöhe, der kinetischen<br />

Druckhöhe und der geodätischen Druckhöhe<br />

konstant.<br />

Die drei Gleichungen dieses Abschnitts sind auch<br />

für die horizontale Strömung anwendbar. Dann ist<br />

h1 ¼ h2 und die Glieder, welche die Höhenlage<br />

berücksichtigen, fallen aus den Gleichungen<br />

heraus.<br />

EE ¼ EA þ Wzu Wab<br />

mw2 2<br />

2 þ mgh2 ¼<br />

mw1 2<br />

2 þ mgh1 þ F1 s1 F2 s2<br />

r<br />

2 w2 2 V þ rgh2V ¼ r<br />

2 w1 2 V þ rgh1V þ p1V p2V<br />

Energieerhaltungssatz für nicht-horizontale Strömung<br />

p1 þ rgh1 þ r<br />

2 w1 2 ¼ p2 þ rgh2 þ r<br />

2<br />

Bernoulli’sche Druckgleichung für nichthorizontale<br />

Strömung<br />

w2 2<br />

Beachte:<br />

p statischer Druck<br />

q ¼ r<br />

2 w2 kinetischer Druck (Geschwindigkeitsdruck,<br />

Staudruck)<br />

rgh geodätischer Druck<br />

Die Summe der drei Drücke ist der Gesamtdruck<br />

pges. Er ist an allen Stellen der Leitung<br />

gleich groß.<br />

p1<br />

rg þ h1<br />

2<br />

w1 p2<br />

þ ¼<br />

2g rg þ h2<br />

2<br />

w2<br />

þ<br />

2g<br />

Bernoulli’sche Druckhöhengleichung für<br />

nicht-horizontale Strömung<br />

p r g h w V<br />

Pa ¼ N<br />

m 2<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

kg<br />

m 3<br />

m<br />

s 2<br />

m<br />

Beachte:<br />

p<br />

statische Druckhöhe<br />

rg<br />

w2 kinetische Druckhöhe<br />

2g<br />

h geodätische Druckhöhe<br />

m<br />

s<br />

m 3<br />

Die Summe der drei Höhen ist die Gesamthöhe<br />

H. Sie ist für alle Stellen der Leitung<br />

gleich groß.


6.2 Dynamik der Fluide (Strömungsmechanik) 405<br />

6.2.3 Anwendung der Bernoulligleichung<br />

6.2.3.1 Druck in einer Leitung<br />

In einer Leitung herrscht im Querschnitt 1 der<br />

Druck p ¼ 1,2 bar. Das Fluid hat eine Geschwindigkeit<br />

w1 ¼ 5 m/s. Es soll sich im ersten Fall um<br />

Wasser (r w ¼ 1000 kg/m 3 ), im zweiten Fall um<br />

Luft von 20 C(r l ¼ 1,4 kg/m 3 ) handeln.<br />

Der Atmosphärendruck beträgt in beiden Fällen<br />

p0 ¼ 1050 mbar.<br />

In beiden Fällen sollen für den Querschnitt 2 der<br />

Druck p2 und der Unterdruck pu gegenüber dem<br />

Atmosphärendruck p0 ermittelt werden.<br />

Es wird zunächst nach der Kontinuitätsgleichung<br />

die Strömungsgeschwindigkeit w2 im Querschnitt 2<br />

berechnet.<br />

Dann entwickelt man aus der Bernoulli’schen<br />

Druckgleichung für die horizontale Strömung eine<br />

Gleichung für den Druck p2.<br />

Für den Fall des strömenden Wassers setzt man in<br />

diese Gleichung neben den anderen Größen die<br />

Dichte des Wassers r w ¼ 1000 kg/m 3 ein.<br />

Der Unterdruck wird aus dem Atmosphärendruck<br />

p0 und dem Druck p2 in der Leitung berechnet.<br />

Für den Fall der strömenden Luft verfährt man genauso,<br />

jetzt mit r ¼ 1,4 kg/m 3 . Dabei wird voraus<br />

gesetzt, dass auch bei einem strömenden Gas die<br />

Dichte r l konstant bleibt.<br />

Die Rechnung ergibt im Querschnitt 2 einen größeren<br />

Druck als in der Atmosphäre. Es herrscht<br />

also kein Unterdruck, sondern Ûberdruck.<br />

Aufgaben Nr. 1025–1027<br />

Gegeben:<br />

Druck p1 ¼ 1,2 bar ¼ 1,2 10 5 Pa<br />

Geschwindigkeit w1 ¼ 5 m/s<br />

Dichte des Wassers r w ¼ 1000 kg/m 3<br />

Dichte der Luft r l ¼ 1,4 kg/m 3<br />

Atmosphärendruck p0 ¼ 1050 mbar<br />

Gesucht:<br />

Druck p2<br />

Unterdruck pu<br />

A1w1 ¼ A2w2<br />

w2 ¼ A1<br />

A2<br />

w1 ¼<br />

707 mm2 m<br />

5<br />

254 mm2 s<br />

p1 þ r<br />

2 w1 2 ¼ p2 þ r<br />

2<br />

p2 ¼ p1 þ r<br />

2<br />

w1 2<br />

r<br />

w2 2<br />

5 N<br />

p2 ¼ 1,2 10<br />

m2 þ 103 kg<br />

2m3 ð5 2<br />

p2 ¼ 1,2 10 5 Pa 0,844 10 5 Pa<br />

p2 ¼ 0,356 10 5 Pa ¼ 356 mbar<br />

¼ 13,92 m<br />

s<br />

2 w2 2 ¼ p1 þ r<br />

2 ðw1 2 w2 2 Þ<br />

13,92 2 Þ m2<br />

s 2<br />

pu ¼ p0 p2 ¼ 1050 mbar 356 mbar<br />

pu ¼ 694 mbar<br />

p2 ¼ p1 þ r<br />

2 ðw1 2 w2 2 Þ<br />

p2 ¼ 1,2 10 5 Pa þ 0,7 kg<br />

m2<br />

ð25 194Þ<br />

m3 s2 p2 ¼ 1,2 10 5 Pa 118 Pa ¼ 1,1988 bar<br />

pü ¼ p2 p0 ¼ 1198,8 mbar 1050 mbar<br />

pü ¼ 148,8 mbar


406<br />

6.2.3.2 Ausfluss aus einem Gefäß<br />

Angenommen, die Fluidspiegelfläche B eines Gefäßes<br />

sei groß gegenüber der Ausflussöffnung A.<br />

Dann sinken die Fluidteilchen bei B sehr langsam<br />

ab, und man kann das Quadrat ihrer Geschwindigkeit<br />

gegen das der Geschwindigkeit bei A vernachlässigen.<br />

Da das Gefäß bei A und B offen ist, ist<br />

der statische Druck an beiden Stellen gleich dem<br />

Atmosphärendruck p0 ¼ pA ¼ pB.<br />

Die Ausflussgeschwindigkeit wird mit der Bernoulli’schen<br />

Druckhöhengleichung ermittelt. Die<br />

Entwicklung führt zu der Gleichung für die theoretische<br />

Ausflussgeschwindigkeit wA ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh.<br />

Ein Vergleich mit den Gleichungen für den freien<br />

Fall in Tabelle 4.1, Seite 154, zeigt die Ûbereinstimmung<br />

mit der Gleichung vt ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2g Ds (mit Ds ¼ hÞ<br />

für die Endgeschwindigkeit vt eines Körpers nach<br />

dem freien Fall um die Fallhöhe h. Die theoretische<br />

Ausflussgeschwindigkeit wA ist demnach ebenso<br />

groß wie die Endgeschwindigkeit vt eines um die<br />

Höheh frei fallenden Flüssigkeitteilchens.<br />

Die Höhe h, die dem Fluid die Geschwindigkeit w<br />

erteilt, nennt man die Geschwindigkeitshöhe.<br />

Nach der gleichen Ûberlegung, die zur Kontinuitätsgleichung<br />

führte, strömt aus einer Úffnung mit<br />

dem Querschnitt A in jeder Sekunde der Volumenstrom<br />

qV ¼ Aw aus.<br />

Der wirkliche Volumenstrom ist kleiner als der<br />

theoretische, weil die Ausflussgeschwindigkeit we<br />

infolge der inneren Reibung und der Reibung an<br />

den Gefäßwänden nicht ganz den theoretischen<br />

Wert w ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh erreicht. Dieser Einfluss wird<br />

durch die Geschwindigkeitszahl j < 1 berücksichtigt.<br />

Von noch größerem Einfluss auf die Verringerung<br />

des Volumenstroms ist die Einschnürung (so genannte<br />

Kontraktion) des Fluidstrahls: Die Stromfäden<br />

im Inneren des Gefäßes laufen radial auf die<br />

Úffnung zu und können nicht plötzlich in Strahlrichtung<br />

umlenken. Der wirkliche Strahlquerschnitt<br />

ist dann nicht A sondern aA. a ist die Kontraktionszahl;<br />

sie ist immer kleiner als eins. Das<br />

Produkt aj heißt Ausflusszahl m.<br />

Bernoulli’sche Druckhöhengleichung:<br />

p0<br />

rg 2<br />

wB p0<br />

þ hB þ ¼<br />

2g rg þ hA<br />

2<br />

wA<br />

þ<br />

2g<br />

Die statische Druckhöhe p0=rg fällt auf beiden<br />

Seiten heraus, die Geschwindigkeitshöhe<br />

wB 2 =2g kann vernachlässigt werden und es<br />

bleibt:<br />

wA 2<br />

2g ¼ hB hA ¼ h<br />

w ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffi p theoretische Ausfluss-<br />

2gh geschwindigkeit<br />

h ¼ w2<br />

2g<br />

Geschwindigkeitshöhe<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffi theoretischer<br />

qV ¼ Aw ¼ A 2gh Volumenstrom<br />

we ¼ jw ¼ j ffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh<br />

wirkliche Ausflussgeschwindigkeit<br />

j ist abhängig von der Zähigkeit des Fluids<br />

und beträgt für Wasser 0,97 ...0,99.<br />

Strahlkontraktion<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)


6.2 Dynamik der Fluide (Strömungsmechanik) 407<br />

Der wirkliche Volumenstrom qVe ist das Produkt<br />

aus Ausflusszahl m und theoretischem Volumenstrom<br />

qV.<br />

Die Ausflusszahl m ist abhängig von der Form der<br />

Ausflussöffnung. Drei Hauptformen mit den zugehörigen<br />

Ausflusszahlen für Wasser zeigt das<br />

nebenstehende Bild.<br />

Ûbung: Ein Wasserbehälter hat eine Bodenöffnung<br />

von 65 mm Durchmesser. Sie liegt 5 m unter<br />

dem unveränderlich gedachten Wasserspiegel. Die<br />

Ausflusszahl beträgt 0,8.<br />

In welcher Zeit fließen Ve ¼ 2,5 m 3 Wasser aus<br />

der Bodenöffnung?<br />

Lösung: Zunächst wird die Querschnittsfläche A<br />

der Bodenöffnung berechnet.<br />

Um festzustellen, wieviel Wasser in einer Sekunde<br />

ausströmt, berechnt man den Volumenstrom qVe.<br />

Demnach kann aus dem Ausflussvolumen Ve und<br />

dem sekundlichen Ausflussvolumen ¼ Volumenstrom<br />

qVe die Ausflusszeit t berechnet werden.<br />

6.2.3.3 Ausfluss unter dem Fluidspiegel<br />

Verbindet eine Ausflussöffnung zwei benachbarte<br />

Gefäße unterhalb ihrer Fluidspiegel, so strömt das<br />

Fluid aus dem Gefäß 1 in das Gefäß 2 über, solange<br />

noch eine Höhendifferenz h ¼ h1 h2 vorhanden<br />

ist.<br />

Die theoretische Ausflussgeschwindigkeit w ist<br />

von dieser Druckhöhendifferenz abhängig, ebenso<br />

der wirkliche Volumenstrom qVe.<br />

6.2.3.4 Ausfluss bei Ûberdruck im Gefäß<br />

Auf dem Fluidspiegel B eines Gefäßes lastet der<br />

Druck p1, während an der Ausflussöffnung A der<br />

Atmosphärendruck p0 herrscht. Man nimmt wieder<br />

an, dass die Geschwindigkeit der Fluidteilchen bei<br />

B vernachlässigbar klein ist.<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

qVe ¼ mqV ¼ mA 2gh<br />

wirklicher Volumenstrom<br />

Ausflusszahlen für Wasser<br />

Gegeben:<br />

Úffnungsdurchmesser d ¼ 65 mm<br />

Geschwindigkeitshöhe h ¼ 5m<br />

Ausflusszahl m ¼ 0,8<br />

wirkliches Ausflussvolumen Ve¼ 2,5 m 3<br />

Gesucht:<br />

Ausflusszeit t<br />

A ¼ p<br />

4 d 2 ¼ p<br />

4 ð0,065 mÞ2 ¼ 0,00332 m 2<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

qVe ¼ mA 2gh<br />

qVe ¼ 0,8 0,00332 m 2<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2 9,81 m<br />

r<br />

5m<br />

s2 ¼ 0,0263 m3<br />

s<br />

t ¼ Ve 2,5 m3<br />

¼<br />

qVe<br />

0,0263 m3<br />

¼ 95 s<br />

s<br />

w ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

p<br />

2g ðh1 h2Þ<br />

theoretische<br />

Ausflussgeschwindigkeit<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi wirklicher<br />

qVe ¼ mA 2g ðh1 h2Þ<br />

Volumenstrom


408<br />

Die Ausflussgeschwindigkeit ermittelt man mit<br />

Hilfe der Bernoulli’schen Druckhöhengleichung.<br />

Darin ist wB 2 =2g vernachlässigbar, also gleich<br />

null. Statt der beiden geodätischen Höhen hA<br />

und hB wird die geodätische Höhendifferenz<br />

h ¼ hB hA eingesetzt und erhält damit eine<br />

Gleichung für die theoretische Ausflussgeschwindigkeit<br />

wA ¼ w.<br />

Den wirklichen Volumenstrom bekommt man mit<br />

dieser Geschwindigkeit, der Úffnungsfläche A und<br />

der Ausflusszahl m mit Hilfe der bekannten Gleichung.<br />

Wird nun noch der Ûberdruck pü im Behälter<br />

gegenüber dem äußeren Luftdruck für die Druckdifferenz<br />

p1 p0 gesetzt, dann vereinfacht sich die<br />

Gleichung.<br />

Ûbung: In einem Dampfkessel lastet auf der<br />

Wasseroberfläche ein Ûberdruck von 3,5 bar. Das<br />

Ablassrohr liegt 2,3 m unter dem Wasserspiegel<br />

und hat eine lichte Weite von 50 mm. Die Ausflusszahl<br />

beträgt 0,8.<br />

Wieviel Wasser strömt in jeder Sekunde durch das<br />

Rohr?<br />

Lösung: Zunächst wird die Querschnittsfläche A<br />

des Ablassrohrs berechnet.<br />

Dann bestimmt man mit Hilfe der bekannten Gleichung<br />

den Volumenstrom qVe. Dabei muss beachtet<br />

werden, dass der Ûberdruck pü mit der Einheit<br />

Pa ¼ N=m 2 eingesetzt wird (1 bar ¼ 10 5 Pa).<br />

6.2.3.5 Ausfluss bei sinkendem Fluidspiegel<br />

Bei den bisherigen Betrachtungen wurde die geodätische<br />

Druckhöhe h des Fluidspiegels gegenüber<br />

der Ausflussöffnung als konstant angenommen.<br />

Damit war auch die Ausflussgeschwindigkeit<br />

konstant.<br />

p1<br />

rg þ hB<br />

2<br />

wB p0<br />

þ ¼<br />

2g rg þ hA<br />

2<br />

wA<br />

þ<br />

2g<br />

wA 2<br />

2g<br />

¼ p1<br />

rg<br />

p0<br />

rg þ hB hA ¼ p1 p0<br />

rg<br />

þ h<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

w ¼ 2g hþ p1<br />

s theoretische<br />

p0<br />

rg<br />

Ausflussgeschwindigkeit<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

qVe ¼ mAw ¼ mA 2g hþ p1<br />

s<br />

p0<br />

rg<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

qVe ¼ mA 2g hþ pü<br />

s<br />

rg<br />

wirklicher Volumenstrom<br />

qVe m A g h p1, p0, pü r<br />

m 3<br />

s<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

1 m 2 m<br />

s 2<br />

m Pa ¼ N<br />

m 2<br />

kg<br />

m 3<br />

Gegeben:<br />

Ûberdruck Pü ¼ 3,5 bar ¼ 3,5 10 5 Pa<br />

geodätische Druckhöhendifferenz h ¼ 2,3 m<br />

Rohrdurchmesser d ¼ 50 mm<br />

Ausflusszahl m ¼ 0,8<br />

Gesucht:<br />

wirklicher Volumenstrom qVe<br />

A ¼ p<br />

4 d 2 ¼ p<br />

4 25 10 4 m 2 ¼ 19,63 10 4 m 2<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

qVe ¼ mA 2g hþ pü<br />

s<br />

rg<br />

¼ 0,0429 m<br />

s2


6.2 Dynamik der Fluide (Strömungsmechanik) 409<br />

Soll ein Gefäß aber ganz oder teilweise entleert<br />

werden, dann muss man den absinkenden Fluidspiegel<br />

berücksichtigen. Mit sinkendem Fluidspiegel<br />

nimmt die Ausflussgeschwindigkeit w und<br />

natürlich auch der Volumenstrom qVe ab.<br />

Die Ausflussgeschwindigkeit folgt dem Gesetz<br />

des freien Falls: w ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh.<br />

Weil hier die Höhe<br />

aber nicht zu- sondern abnimmt, handelt es sich<br />

um einen gleichmäßig verzögerten Geschwindigkeitsverlauf.<br />

Man rechnt deshalb in diesem Fall mit der mittleren<br />

Ausflussgeschwindigkeit wm und erhält daraus<br />

den mittleren Volumenstrom qVem. Das wirklich<br />

ausfließende Volumen Ve ist das Produkt aus<br />

dem mittleren Volumenstrom qVem und der Ausflusszeit<br />

t: Ve ¼ qVem t. Aus dieser Beziehung<br />

kann schließlich auch die Ausflusszeit t ¼ Ve=qVem<br />

ermittelt werden.<br />

Soll das Gefäß völlig entleert werden, verringert<br />

sich die Ausflussgeschwindigkeit vom Anfangswert<br />

w1 bis auf w2 ¼ 0, weil die Höhe h2 am Ende<br />

der Entleerung gleich null ist. Damit vereinfachen<br />

sich die Gleichungen durch den Fortfall des letzten<br />

Zähler- oder Nennerglieds.<br />

Ûbung: Ein zylindrischer Wasserbehälter von 8 m<br />

Durchmesser hat in seinem Boden eine Ausflussöffnung<br />

von 400 mm Durchmesser. Das Wasser<br />

steht im Behälter 6 m hoch. Die Ausflusszahl beträgt<br />

0,65.<br />

In welcher Zeit fließen 120 m 3 Wasser aus?<br />

Lösung: Da nicht bekannt ist, ob der Behälter<br />

nach der Entnahme von 120 m 3 Wasser teilweise<br />

oder völlig entleert ist, wird zunächst die Wasserspiegelhöhe<br />

h2 nach der Entnahme bestimmt.<br />

Dann berechnet man die Ausflusszeit mit der Gleichung<br />

für teilweise Entleerung.<br />

Aufgaben Nr. 1028–1035<br />

Bei teilweiser Entleerung sind die Ausflussgeschwindigkeiten<br />

w1 ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh1 und w2 ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh2<br />

wm ¼ w1 þ w2<br />

2<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2gh1 þ<br />

¼<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh2<br />

2<br />

mittlere theoretische Ausflussgeschwindigkeit<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2gh1 þ<br />

qVem ¼ mA<br />

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh2<br />

2<br />

mittlerer wirklicher Volumenstrom<br />

t ¼ Ve<br />

2Ve<br />

¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

qVem mA ð 2gh1 þ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p<br />

2gh2Þ<br />

wirkliche Ausflusszeit<br />

wm ¼<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2gh1<br />

2<br />

pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

2gh1<br />

qVem ¼ mA<br />

2<br />

mittlere theoretische<br />

Ausflussgeschwindigkeit<br />

bei völliger Entleerung<br />

mittlerer<br />

wirklicher<br />

Volumenstrom<br />

2Ve<br />

t ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi wirkliche Ausflusszeit<br />

mA 2gh1<br />

Gegeben:<br />

Behälterdurchmesser d ¼ 8mm<br />

Úffnungsdurchmesser d1 ¼ 0,4 m<br />

Wasserspiegelhöhe h1 ¼ 6m<br />

Ausflusszahl m ¼ 0,65<br />

wirkliches Ausflussvolumen Ve¼ 120 m 3<br />

Gesucht: Ausflusszeit t<br />

Ve ¼ p<br />

4 d 2 ðh1 h2Þ<br />

h2 ¼ h1<br />

4Ve 4 120 m3<br />

¼ 6m ¼ 3,61 m<br />

pd 2 2<br />

p ð8mÞ<br />

Der Behälter wird nur teilweise entleert.<br />

2Ve<br />

t ¼ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi<br />

mA ð 2gh1 þ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi p ¼ 152,5 s<br />

2gh2Þ


410<br />

6.2.4 Strömung in Rohrleitungen<br />

Fließt ein Fluid durch eine Rohrleitung, so muss<br />

es dabei Reibungswiderstände an den Rohrwänden<br />

überwinden. Die Folge ist ein Druckabfall Dp<br />

(Druckverlust), der von der Fluiddichte r, der<br />

Strömungsgeschwindigkeit w, dem Verhältnis zwischen<br />

Rohrlänge l und Rohrdurchmesser d und der<br />

Rohrreibungszahl l abhängt.<br />

Die Reibungszahl l (auch Widerstandszahl genannt)<br />

ist abhängig von der Reynolds’schen Zahl<br />

Re und von der Rauigkeit der Rohrwandung.<br />

1. Ûbung: Durch eine gerade, 600 m lange Rohrleitung<br />

von 400 mm Durchmesser fließen 12 m 3<br />

Wasser in der Minute.<br />

Die Widerstandszahl beträgt 0,03.<br />

Es soll die Ausflussgeschwindigkeit w und der<br />

Druckabfall Dp in der Rohrleitung berechnet<br />

werden.<br />

Lösung: Nach der Ûberlegung, die zur Kontinuitätsgleichung<br />

führte, fließt aus der Leitung der Volumenstrom<br />

qV ¼ Aw aus. Aus dieser Beziehung<br />

berechnet man die Ausflussgeschwindigkeit<br />

w ¼ Strömungsgeschwindigkeit.<br />

Mit den bekannten Größen wird der Druckabfall<br />

Dp ermittelt.<br />

2. Ûbung: Durch eine Rohrleitung von 100 NW<br />

und 60 m Länge sollen 210 m 3 Wasser je Stunde<br />

gedrückt werden.<br />

Welcher Druckunterschied ist zwischen den beiden<br />

Leitungsenden erforderlich, wenn die Rohrreibungszahl<br />

l ¼ 0,03 beträgt?<br />

Lösung: Hier führen dieselben Gedanken wie in<br />

der ersten Ûbung zum Ergebnis.<br />

Aufgaben Nr. 1036–1038<br />

Dp ¼ l l<br />

d<br />

r<br />

2 w2<br />

Druckabfall<br />

Dp l l, d r w<br />

Pa ¼ N<br />

m 2<br />

1 m<br />

kg<br />

m 3<br />

Gegeben:<br />

Rohrlänge l ¼ 600 m<br />

Rohrdurchmesser d ¼ 0,4 m<br />

Volumenstrom qV ¼ 12 m 3 /min ¼ 0,2 m 3 /s<br />

Rohrreibungszahl l ¼ 0,03<br />

Gesucht:<br />

Ausflussgeschwindigkeit w, Druckabfall Dp<br />

m<br />

s<br />

qV ¼ Aw<br />

w ¼ qV<br />

A ¼ 0,2 m3 =s m<br />

¼ 1,59 2<br />

p=4 ð0,4Þ s<br />

Dp ¼ llrw2<br />

2d ¼<br />

0,03 600 m 10<br />

m3 2 0,4 m<br />

3 kg<br />

1,59 m<br />

s<br />

Dp ¼ 56 880 N=m 2 ¼ 56 880 Pa 0,569 bar<br />

Gegeben:<br />

Rohrdurchmesser d ¼ 100 mm ¼ 0,1 m<br />

Rohrlänge l ¼ 60 m<br />

Volumenstrom qV ¼ 210 m 3 =h ¼ 0,0583 m 3 =s<br />

Rohrreibungszahl l ¼ 0,03<br />

Gesucht:<br />

Druckabfall Dp<br />

w ¼ qV<br />

A ¼<br />

0,0583 m3<br />

s m<br />

p ¼ 7,43<br />

ð0,1 s<br />

mÞ2<br />

4<br />

Dp ¼ llrw2<br />

2d<br />

6 Fluidmechanik (Hydraulik)<br />

¼ 4,97 bar<br />

2


Sachwortverzeichnis 411<br />

Sachwortverzeichnis<br />

A<br />

a, t-Diagramm 147, 150, 152<br />

abgeleitete Größen 144<br />

Abminderungsfaktor 362<br />

Abscher-<br />

– Hauptgleichung 295<br />

– beanspruchung 269, 271<br />

– festigkeit 295<br />

– Spannung 295<br />

Abscheren 295<br />

absoluter Druck 393<br />

Abtriebsdrehzahl 181<br />

Abtriebsmoment 216<br />

Achsen 343<br />

actio gleich reactio 192<br />

Additionstheoreme 102, 107, 202<br />

Øhnlichkeitssatz 346<br />

Allgemeine Durchbiegungsgleichung 347<br />

allgemeines Kräftesystem 21, 38<br />

Amboss 231<br />

Amplitude 246, 249<br />

Amplituden-Frequenz-Diagramm 261<br />

Analogie 240<br />

– -schluss 182<br />

– -verfahren 213<br />

Analogien bei Schwingungen 258<br />

analytische Lösung 101, 103, 106<br />

analytische Methode 22, 36<br />

Anfangsenergie 221<br />

Anfangsgeschwindigkeit 146, 154<br />

Anfangswinkelgeschwindigkeit 187<br />

Anformungsgleichung 343<br />

Anlaufreibung 116<br />

Anstrengungsverhältnis 369<br />

Anströmquerschnitt 157<br />

Antriebsdrehzahl 181<br />

Antriebsleistung 211<br />

Antriebsmoment 216<br />

Anzugsmoment 121, 123<br />

Aproj 289<br />

Arbeit 203, 213, 245<br />

Arbeit einer veränderlichen Kraft 205<br />

Arbeit, Ûbungen 206, 212, 216<br />

Arbeit, zeichnerische Darstellung 204<br />

Arbeitsdiagramm 214, 325<br />

Arbeitsfähigkeit 218, 240<br />

Atmosphärendruck 393, 405<br />

Auflagereibmoment 121<br />

Auflagerkräfte 2<br />

Auftriebskraft 397, 400<br />

Ausflussgeschwindigieit 406, 409<br />

Ausflussöffnung 406<br />

Ausflussvolumen 407<br />

Ausflusszahl 406–409<br />

Ausfluss aus einem Gefäß 406<br />

– bei sinkendem Fluidspiegel 408<br />

– bei Ûberdruck im Gefäß 407<br />

– unter dem Fluidspiegel 408<br />

Ausflusszeit 409<br />

Ausknicken 269, 351<br />

Auslaufversuch 241<br />

Auslenkung 246, 249<br />

Auslenkung-Zeit-Gesetz 247<br />

Auslenkung-Zeit-Linie 248<br />

Ausrollweg 222<br />

äußere Kräfte 265<br />

axiale Flächenmomente 303<br />

– Herleitung 304<br />

– Tabelle 309<br />

– symmetrischer Querschnitte 312<br />

– unsymmetrischer Querschnitte 313<br />

– Ûbungen 306<br />

axiale Widerstandsmomente 303<br />

– Ûbungen 306<br />

– Tabelle 309<br />

Axialkraft 64<br />

B<br />

Backenbremse 95, 128, 129<br />

Bandbremse 132<br />

Bandreibung 132<br />

Bar 387<br />

Bärmasse 228<br />

Basiseinheiten 144, 149, 152<br />

Basisgrößen 144<br />

Baugrößen 180<br />

Bauverhältnis 293<br />

Beanspruchung 266, 378<br />

– auf Abscheren 295<br />

– auf Biegung 328<br />

– auf Druck 285


412<br />

– auf Knickung 351<br />

– auf Torsion 321<br />

– auf Zug 278<br />

–, zusammengesetzte 270, 365<br />

Beanspruchungsart 268, 270, 271<br />

Befestigungsgewinde 279<br />

Befestigungsschraube 123<br />

Befestigungsschraube mit Spitzgewinde 121<br />

Beharrungsgesetz 188<br />

Beharrungsvermögen 188<br />

Belastungsart und Festigkeit 376<br />

– ruhend 377<br />

– schwellend 377<br />

– wechselnd 377<br />

Belastungsbild, Konsolblech 301<br />

Belastungsfall 377<br />

– I 377<br />

– II 377<br />

– III 377<br />

Belastungskräfte 2<br />

Bemaßung eines Bauteils 381<br />

Berechnung axialer Flächenmomente 2. Grades,<br />

Ûbungen 316<br />

Berechnung des Biegemomenten- und Querkraftverlaufs,<br />

Ûbungen 333<br />

Bernoulligleichung 403<br />

–, Anwendungen 405<br />

Bernoulli’sche Druckgleichung 403<br />

– Druckhöhengleichung 404, 406, 408<br />

– Gleichung 402<br />

Berührungsflächen 13, 289<br />

Beschleunigung 144, 152, 154, 182, 245<br />

beschleunigte Bewegung, Formeln 154<br />

Beschleunigung-Zeit-Diagramm 147, 150, 152<br />

Beschleunigung-Zeit-Gesetz 247<br />

Beschleunigung-Zeit-Linie 248<br />

Beschleunigungs-Linie 150, 152<br />

Beschleunigungsarbeit 220, 240<br />

Beschleunigungsbegriff 150<br />

Beschleunigungskraft 245<br />

Beschleunigungsmoment 245<br />

Bestimmung des Flächenschwerpunkts 79<br />

Bestimmung des inneren Kräftesystems und der<br />

Beanspruchungsarten 272<br />

Betrag einer Kraft 3<br />

Betragszeichen 24<br />

Bewegungsänderung 189<br />

Bewegungsaufgaben, Arbeitsplan 153<br />

Bewegungsbahn 145<br />

Bewegungsenergie 218<br />

Bewegungsgröße 202, 224<br />

Bewegungslehre 144<br />

Bewegungsprobe 15, 18, 19<br />

Sachwortverzeichnis<br />

Bewegungsschraube 290<br />

– mit Flachgewinde 119<br />

– mit Spitz- oder Trapezgewinde 120<br />

Bewegungszustand 7, 145, 179, 189, 224<br />

Bewegung des Kolbens 151<br />

Bewegung in Getrieben 180<br />

bezogener Schlankheitsgrad 360<br />

Bezugsachse 236<br />

Bezugsebene 219, 221<br />

Bezugsschlankheitsgrad 361<br />

Biege-Hauptgleichung 331, 343, 365<br />

–, Gültigkeitsbedingungen 332<br />

–, Herleitung 330<br />

Biegebeanspruchung 269, 271, 273<br />

Biegefeder 344<br />

Biegefestigkeit 376<br />

Biegelinie 328, 346, 348<br />

Biegemoment 2, 271, 328, 331, 333–343,<br />

347, 365<br />

Biegemoment und Kräfepaar 273<br />

Biegemomenten- und Querkraftbestimmung,<br />

Arbeitsplan 329<br />

Biegemomentenverlauf 333<br />

Biegepresse 62<br />

Biegespannung 328, 331, 343, 365<br />

Biegeträger 329<br />

– mit mehreren Belastungen 350<br />

Biegewechselfestigkeit 379, 380<br />

Biegung 269, 328<br />

– und Torsion 368<br />

– –, Ûbung 370<br />

Blattfeder 333, 344<br />

Bodenfläche 394<br />

Bodenklappe 394<br />

Bodenkraft 394<br />

Bogen 78<br />

Bogenhöhe 79<br />

Bogenlänge 78, 84<br />

Bogenmaß 124, 159, 348<br />

Bohrmaschinentisch 115<br />

Bolzenverbindungen 291<br />

Bremsbacke 95, 128<br />

Bremsen 128<br />

Bremshebel 95, 128, 130, 132<br />

Bremshebeldrehpunkt 128, 132<br />

Bremsklotz 95<br />

Bremskraft 128, 130, 133, 194, 203<br />

Bremsmoment 95, 128, 130, 132, 239<br />

Bremsscheibe 95, 97, 128, 132<br />

Bremsversuch 239<br />

Bremsverzögerung 156, 160<br />

Bremsweg 160, 198<br />

Bruchfestigkeit 382


Sachwortverzeichnis 413<br />

C<br />

Cremonaplan 74<br />

–, Arbeitsplan 75<br />

Culmann’sche Gerade 50–52<br />

D<br />

d’Alembert 195<br />

d’Alembert’sches Prinzip 195<br />

Dachbinder 68<br />

Dachpfanne 175<br />

Dachtraufe 175<br />

Dämpfung einer Schwingung 258<br />

Dauerbruchsicherheit 382<br />

Dauerfestigkeit 378, 383<br />

Dauerfestigkeitswerte 378<br />

Dauerschwingversuch 377<br />

Definitionsgleichung, Beispiele 182, 193, 203,<br />

213, 297, 304, 306<br />

Dehngrenze 375, 377<br />

Dehnung 281, 375<br />

Dehnungshypothese 369<br />

Diagramme der gleichförmigen Bewegung 148<br />

Dichte 189, 191, 394<br />

–, Einheit 191<br />

–, Luft 157<br />

Dichtungshöhe 391<br />

Dichtungsstellen 391<br />

Dickenänderung 281<br />

Differenzbremse 132<br />

Doppelbackenbremse 130<br />

Drall 239<br />

Dreharbeit 214, 245<br />

Drehbewegung 176, 232, 241<br />

–, Arbeit, Leistung, Wirkungsgrad 213<br />

–, gleichmäßig beschleunigte 182<br />

Drehimpuls 239<br />

Drehleistung 213, 215, 245<br />

Drehmoment 2, 4, 5, 16, 122, 127, 213, 233,<br />

239, 323<br />

Drehmomentschlüssel 123, 327<br />

Drehsinn des Drehmoments 4<br />

Drehstab-Stabilisator 325<br />

Drehstabfedern 325<br />

Drehung 6, 7<br />

Drehweg 214<br />

Drehwinkel 179, 182, 186, 213, 245<br />

Drehwinkelgleichungen 185<br />

Drehwirkung 4, 6<br />

Drehzahl 176, 180, 215<br />

Dreieck 78<br />

– -blattfeder 344<br />

– -fläche 78<br />

Dreiecksumfang 84<br />

Dreiecksverband 68<br />

Dreikräfteverfahren 48, 96<br />

–, Arbeitsplan 50<br />

dreiwertige Lager 17<br />

Druck 269, 387, 393, 404<br />

Druck-Ausbreitungsgesetz 387<br />

Druck-Hauptgleichung 285<br />

Druck- und Zugbeanspruchung, Ûbungen 286<br />

Druckabfall 410<br />

Druckbeanspruchung 269, 271, 285<br />

Druckdifferenz 408<br />

Druckeinheit 387, 393<br />

Druckenergie 403<br />

Druckgleichung 403, 404<br />

Druckhöhe 393, 404<br />

Druckhöhendifferenz 407<br />

Druckkraft 351<br />

– auf gewölbte Böden 390<br />

Druckmittelpunkt 395<br />

Druckspannung 285<br />

Druckstäbe im Stahlbau 359<br />

Druckverlust 410<br />

Druckverteilung in einer Flüssigkeit 387, 392<br />

Druck in einer Leitung 405<br />

Druck und Biegung 366<br />

Durchbiegung 346, 350<br />

Durchbiegungsgleichung 347–350<br />

–, Ûbungen 349<br />

Durchschnittsgeschwindigkeit 148, 177<br />

Dynamik 143, 144<br />

– der Drehbewegung 232<br />

– der Fluide 402<br />

– der geradlinigen Bewegung 188<br />

dynamische Belastung 377<br />

Dynamisches Grundgesetz 192, 220, 232, 239<br />

– für Drehung 233<br />

– –, Ûbungen 193, 239<br />

E<br />

E-Modul 282<br />

Ebenenwinkel 92, 103<br />

Eigenfrequenz 261<br />

Eigenschwingungen 260<br />

Einbahnverkehr 33, 37<br />

Einbahnverkehrsregel 33, 35, 49, 52<br />

Eingriffslinie 181<br />

Eingriffspunkt 65<br />

Eingriffswinkel 181, 371<br />

Einheit<br />

– der Arbeit 203<br />

– der Beschleunigung 152<br />

– der Dichte 191<br />

– des Drucks 387


414<br />

– der Kraft 1, 2, 193, 393<br />

– der Leistung 209<br />

– der Masse 190<br />

– Eins 149, 281<br />

Einheiten<br />

–, Dynamik 143<br />

–, Festigkeitslehre 262<br />

–, Hydraulik 386<br />

–, Statik 1<br />

–, Umrechnungen Einheitskreis 180<br />

–, Geschwindigkeit 149<br />

Einscheibenbremse 133<br />

einschnittige Nietverbindung 291<br />

Einspannlänge 352<br />

Einspannmoment 17<br />

Einspannpunkt 336<br />

Einspannstelle 333, 336, 343<br />

Einspannung 352<br />

Eintreiben von Keilen 228<br />

einwertige Lager 15<br />

Einzellast 337<br />

Einzelübersetzung 182<br />

Einzelwirkungsgrad 211<br />

elastische Knickung 352<br />

elastische Formänderung 280, 297, 324<br />

elastischer Bereich 354<br />

elastischer Stoß 225<br />

Elastizitätsgrenze 375<br />

Elastizitätsmodul 282, 324, 375, 385<br />

elektrische Arbeit 204<br />

Elongation 249<br />

Endenergie 221<br />

Endgeschwindigkeit 146, 154<br />

Endtangente 346, 348, 350<br />

Endwinkelgeschwindigkeit 186<br />

Energie 218<br />

–, Einheit 218<br />

– austausch 225<br />

– bilanz 221, 231<br />

Energieerhaltungssatz 219, 221, 226, 241, 402,<br />

403<br />

Energieerhaltungssatz der Strömung 402<br />

–, Ûbungen 222<br />

Energieumwandlung 218<br />

Energieverluste 219, 227, 229, 231<br />

Entwurfsformel 359<br />

Entwurfsberechnungen 380<br />

erforderliche Berührungsfläche 288<br />

erforderlicher Querschnitt 278, 285<br />

erforderliches Widerstandsmoment 323, 331<br />

Ermittlung<br />

– der Resultierenden, rechnerisch 22, 38<br />

– der Resultierenden, zeichnerisch 26, 40<br />

Sachwortverzeichnis<br />

– unbekannter Kräfte, Arbeitsplan 45<br />

– unbekannter Kräfte, rechnerisch 28, 44<br />

– unbekannter Kräfte, zeichnerisch 32, 48<br />

Ersatzkraft 3, 8, 91, 93, 95, 102, 104<br />

Erregerfrequenz 261<br />

erzwungene Schwingung 246, 260<br />

Euler 124, 352, 356, 358<br />

– -Hyperbel 354<br />

– -fall 352<br />

– -gleichung 352–355<br />

––,Gültigkeitsbereich 354<br />

Euler’sche<br />

– Gleichung 124, 127<br />

– Knickung 352<br />

– Zahl 124<br />

exzentrischer Stoß 224<br />

Eytelwein 124<br />

F<br />

F, s-Diagramm 204, 213<br />

Fachwerke 68<br />

Fachwerkträger 68<br />

Fadenpendel 256<br />

Fahrbahnneigung 243<br />

Fahrrad 5<br />

Fahrwerkbremse 129<br />

Fahrwiderstand 134–137, 194, 222<br />

–, Ûbungen 135<br />

Fahrwiderstandszahl 134<br />

Fallbeschleunigung 146, 157, 190<br />

Fallhammer 218, 230<br />

Fallhöhe 223<br />

Federarbeit 205, 220, 284, 287, 325<br />

Federdiagramm 205, 207<br />

Federdurchmesser 326<br />

Federkennlinie 205, 208, 325<br />

Federkraft 205, 207<br />

Federrate 205, 207, 252, 325<br />

Federreihenschaltung 253<br />

Federparallelschaltung 253<br />

Federungsdiagramm 325<br />

Federwaage 90<br />

Federweg 205, 326<br />

Feldkräfte 11<br />

Feste Rolle 138<br />

Festigkeit 375<br />

Festigkeitslehre 262<br />

Festigkeitsberechnungen im Maschinenbau 381<br />

Festigkeitsrechnung 2<br />

Festigkeitswerte 375, 382, 385<br />

Festlager 2, 15, 16, 53<br />

Festlagerkraft 60, 63<br />

Festlagerpunkt 53, 54, 56


Sachwortverzeichnis 415<br />

Flächen- und Widerstandsmomente zusammengesetzter<br />

Querschnitte, Ûbungen 316<br />

Flächenmoment – Herleitungsübung 305<br />

Flächenmomente 304, 395<br />

Flächenmomente 2. Grades 303, 308, 312, 319, 396<br />

–, Ûbungen 306<br />

Flächenpressung 269, 288, 291<br />

– am Gewinde 290<br />

– an geneigten Flächen 288<br />

– an gewölbten Flächen 292<br />

– an Nieten 291<br />

– an Schrauben 290<br />

– in Gleitlagern 291<br />

–, Ûbungen 293<br />

Flächenpressungs-Hauptgleichung 288<br />

Flächenpressungsgleichungen 291<br />

Flächenschwerpunkt 77, 86<br />

–, Ûbung 81<br />

Flachführung 115<br />

Flachgewinde 120<br />

Flachriemengetriebe 127<br />

Flankendurchmesser 122<br />

Flankenradius 119<br />

Flankenumfang 119<br />

Flankenwinkel 120<br />

Flasche 141<br />

Fliehkraft 242, 245<br />

–, Ûbungen 243<br />

Fließen des Werkstoffes 375<br />

Fluidmechanik 386, 402<br />

Flüssigkeiten, Eigenschaften 386<br />

Flüssigkeits-<br />

– behälter 394<br />

– dichten 394<br />

– druck 387, 393<br />

– höhe 392<br />

– menge 397<br />

– oberfläche 393<br />

– quader 387<br />

– reibung 116<br />

– säule, Schwingung 257<br />

Form und Dauerfestigkeit 380<br />

Formänderung 324<br />

– bei Biegung 346<br />

– bei Schub 297<br />

– bei Torsion 324<br />

Formänderungsarbeit 205, 218, 220, 225, 283<br />

– bei Torsion 325<br />

Formänderungsgleichungen 324<br />

Formelzeichen und Einheiten, Dynamik 143<br />

–, Festigkeitslehre 262,<br />

Hydraulik 386<br />

–, Statik 1<br />

Fq, x-Diagramm 334–342<br />

Freier Fall 145, 157<br />

– mit Luftwiderstand 158<br />

– ohne Luftwiderstand 157<br />

freie Knicklänge 352<br />

freie Schwingung 246<br />

freigemachtes Konsolblech 301<br />

Freiheitsgrade 6<br />

Freimachen 11–17, 95<br />

–, Arbeitsplan 17<br />

–, Ûbungen 18–20<br />

Freischneiden 12<br />

Freiträger 17, 333, 336<br />

– mit Einzellast 333, 349<br />

– mit konstanter Streckenlast 335, 349<br />

– mit mehreren Einzellasten 334<br />

– mit Mischlast 336<br />

– mit Streckenlast 345<br />

Frequenz 249<br />

Führungsbuchse 116<br />

Führungslänge 116<br />

Führungsverhältnisse 352<br />

Funktionsgleichung 98, 103, 393, 395<br />

–, Beispiele 168, 185, 197, 200, 286, 333<br />

Fußkreisdurchmesser 181<br />

G<br />

Galilei 188<br />

gedämpfte Schwingung 246<br />

gefährdeter Querschnitt 278, 285<br />

Gelenke 13<br />

Gelenkpunkte 13, 68<br />

Gelenkviereck 69<br />

geodätische Druckhöhe 404<br />

geodätischer Druck 404<br />

geometrische Addition 165, 373<br />

Gesamtenergie 230<br />

Gesamtflächenmoment 320<br />

– 2. Grades 312<br />

Gesamtmoment 55, 61<br />

Gesamtresultierende 40<br />

Gesamtschwerpunkt 80, 85<br />

Gesamtspannung 365<br />

Gesamtübersetzung 182<br />

Gesamtwirkungsgrad 211<br />

geschlossenes Krafteck 33<br />

Geschwindigkeit 144, 148, 157, 182<br />

Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm<br />

(v, t-Diagramm) 145, 149<br />

Geschwindigkeits-<br />

– änderung 151<br />

– begriff 148<br />

– druck 403


416<br />

– einheit 148<br />

– Umrechnungsbeziehung 149<br />

– höhe 406<br />

– Linie 150<br />

– zunahme 146, 151<br />

Geschwindigkeit-Zeit-Gesetz 247<br />

Geschwindigkeit-Zeit-Linie 248<br />

Gesetz der Dynamik 192<br />

Gestalt und Dauerfestigkeit 378<br />

Getriebe 180, 371<br />

Getriebewelle 2, 16, 64, 264, 333, 368, 371<br />

Getriebezwischenwelle 64, 67<br />

Gewichtskraft 11, 12, 189<br />

– der verdrängten Flüssigkeit 399<br />

Gewinde 289<br />

Gewindeflankendurchmesser 122<br />

Gewindegänge 290<br />

Gewindelinie 119<br />

Gewindereibmoment 120–122<br />

Gewindesteigung 119, 290<br />

gleichförmige Bewegung 145, 148<br />

Gleichgewicht 2, 6, 29, 189<br />

–, indifferentes 87<br />

–, labiles 87<br />

–, stabiles 87<br />

Gleichgewichtsbedingungen 7, 16<br />

–, rechnerische 29, 44<br />

–, zeichnerische 33, 48<br />

Gleichgewichtslagen 87<br />

– schwimmender Körper 399<br />

Gleichgewichtszustände 189<br />

gleichmäßig beschleunigte Bewegung 145<br />

gleichmäßig beschleunigte und verzögerte<br />

Bewegung, Ûbungen 160<br />

Gleichung der Wurfbahn 168<br />

Gleichungssysteme 53<br />

Gleitfläche 90, 91<br />

Gleitführung 288<br />

Gleitlager 15, 293<br />

Gleitreibung 90, 91<br />

Gramm 190<br />

Grauguss (Gusseisen) 376<br />

Grenzschlankheitsgrad 354, 356<br />

–, Tabelle 355<br />

Größe und Dauerfestigkeit 378<br />

Größenbeiwert 383<br />

Größengleichung 178, 180, 323<br />

Grundaufgaben der Statik 22, 38<br />

Grundbeanspruchungsarten 268<br />

Grundgleichung 153<br />

– der gleichförmigen Bewegung 148<br />

Grundkreisdurchmesser 181<br />

Guldin’sche<br />

– Oberflächenregel 86<br />

– Regeln 86<br />

– –, Ûbungen 87<br />

– Volumenregel 86<br />

Gummipuffer 287<br />

Gurte 68<br />

Gurtplatten 320<br />

Gusseisen (Grauguss) 376, 378, 385<br />

Sachwortverzeichnis<br />

H<br />

Haftreibkraft 92, 201<br />

Haftreibung 90, 91<br />

Haftreibwinkel 92<br />

Haftreibzahl 92<br />

Halbkreisbogen 84<br />

Halbkreisfläche 78<br />

Halslager 16, 19, 44, 48<br />

Halslagerkraft 44, 48<br />

Haltekraftgleichung 106, 109<br />

Haltekraft 119, 121<br />

Handkraft 121, 276<br />

Handkurbel 275, 277<br />

Handraddurchmesser 122<br />

Handwinde 217<br />

Hangabtriebskomponente 206<br />

Hangabtriebskraft 134, 137<br />

harmonische Schwingung 246<br />

Hauptaufgaben der Statik 21<br />

Hauptgleichung<br />

–, Druck 285<br />

–, Flächenpressung 288<br />

–, Zug 278<br />

Hebebock 391<br />

Hebelarm<br />

– der Rollreibung 134, 136<br />

– der statischen Stabilität 399, 401<br />

Hebeldrehpunkt 129, 132<br />

Hebelübersetzung 389<br />

Herleitung des Steiner’schen Satzes 314<br />

Hertz’sche Gleichungen 292, 294<br />

Höhenenergie 218<br />

Hohlwellen 322<br />

Hohlzylinder 235, 238<br />

Hooke 280<br />

Hooke’sches Gesetz 280, 282, 297, 347<br />

– für Schub 297<br />

– für Torsion 324<br />

Horizontalbewegung 167, 170<br />

horizontale Strömung 402<br />

Hubarbeit 120, 139, 206, 210, 216, 218, 223<br />

Hubgeschwindigkeit 212<br />

Hubhöhe 207<br />

Hubleistung 210


Sachwortverzeichnis 417<br />

Hubverhältnis 392<br />

Hubweg 139<br />

Hubwerksbremse 128<br />

Hydraulik 386<br />

Hydraulikkolben 62<br />

Hydraulikzylinder 133, 358<br />

hydraulische Elemente 386<br />

hydraulische Presse 391<br />

hydraulische Pressung 387<br />

hydraulischer Hebebock 388<br />

Hydrostatik 386<br />

hydrostatischer Druck 387, 389, 393<br />

Hypothese der größten Gestaltänderungsenergie<br />

369<br />

I<br />

ideelle Spannung 369<br />

Impuls 202, 224<br />

Impulserhaltungssatz 202, 224, 240, 245<br />

– für Drehung 239<br />

innere Kräfte 265<br />

inneres Kräftesystem 265, 271, 365, 367<br />

– bei Biegeträgern 328<br />

–, Ûbungen 272<br />

Internationales Einheitensystem 1<br />

J<br />

Joule 203, 219<br />

K<br />

Kantenpressung 265<br />

Kegel 87<br />

Kegelbremse 133<br />

Kegelkupplung 289<br />

Kegelstumpf 344<br />

Kegelzapfen 289<br />

Keilnut 114<br />

Keilreibkraft 114<br />

Keilreibzahl 114<br />

Keilriemen 114<br />

Keilwinkel 114<br />

Kentern 401<br />

Kenterpunkt 401<br />

Kenterwinkel 401<br />

Kerb-Dauerfestigkeit 379<br />

Kerbformen 385<br />

Kerbquerschnitt 378<br />

Kerbwechselfestigkeit 379<br />

Kerbwirkung 379, 382<br />

Kerbwirkungszahl 385<br />

Kernquerschnitt 293<br />

Kesselnaht 390<br />

Ketten 12, 280<br />

Kilogramm 190<br />

Kilowatt 215<br />

Kinematik 144<br />

kinetische Druckhöhe 404<br />

kinetische Energie 218, 220, 222, 240, 245, 402<br />

kinetischer Druck 403<br />

Kippen 88<br />

Kippkante 88, 136, 396<br />

Kippmoment 88, 244, 396<br />

Klappendrehpunkt 397<br />

Klapptisch 62<br />

Klemmbedingung 115, 116<br />

Klemmen 115<br />

Klotzbremsen 128<br />

Knickkraft 351, 352<br />

Knickung im Stahlbau 359<br />

Knicksicherheit 351, 356<br />

Knickspannung 351–356<br />

Knickspannungslinien 361, 363<br />

Knickstäbe 360, 362<br />

Knickung 269, 351<br />

–, elastische 352<br />

–, unelastische 355<br />

Knickungsaufgaben, Arbeitsplan 356<br />

Knoten 68<br />

Knotenblech 68<br />

Knotenschnittverfahren 70, 71<br />

Kolbendichtungen 391<br />

Kolbendurchmesser 389, 391<br />

Kolbenflächen 388, 391<br />

Kolbengeschwindigkeit 176<br />

Kolbenkräfte 388<br />

Kolbenpumpe 352<br />

Kolbenstange 357, 358<br />

Kolbenwege 389<br />

kommunizierende Röhren 394<br />

Konsolblech 300, 333<br />

–, freigemacht 301<br />

Konsolträger<br />

– mit Einzellast 345<br />

– mit Streckenlast 345<br />

konstante Streckenlast 336<br />

Kontinuitätsgleichung 402, 405<br />

Kontraktion 406<br />

Kontraktionszahl 406<br />

Koordinaten 62<br />

– des Festlagerpunktes 54<br />

– – Loslagerpunktes 54<br />

Koordinatenbedingung 54, 55, 60<br />

Koordinatendifferenz 54<br />

Kopfdurchmesser 302<br />

Kopfhöhe 302<br />

Kopfkreisdurchmesser 181


418<br />

Kosinussatz 37, 166<br />

Kraft 2, 3<br />

–, Einheit 2, 193<br />

– -Verlängerung-Schaubild 283<br />

– -Weg-Diagramm 204<br />

Krafteck 8<br />

Kräftedreiecke 8<br />

kräftefreies System 226<br />

Kräftegleichgewicht 328<br />

Kräftegleichgewichtsbedingung 50, 57, 58, 66<br />

Kräftemaßstab 3<br />

Kräftepaar 4, 270, 273, 372<br />

Kräfteparallelogramm 8<br />

Kräfteplan 27, 31, 33, 41<br />

Kräftereduktion 8, 22, 26, 38, 40, 191<br />

Kräftesystem 21<br />

Kraftmoment 2, 4<br />

–, Einheit 2<br />

Kraftstoß 202, 224<br />

Kraftzerlegung 9<br />

Kragträger 333, 338<br />

Krängungswinkel 401<br />

Kran 206, 209, 212<br />

Kranhaken 12, 193<br />

Kreisabschnitt 79<br />

Kreisausschnitt 78<br />

Kreisbahn 177, 189<br />

Kreisbewegung 145, 176, 182, 213<br />

–, Arbeitsplan 184<br />

–, Formeln 186<br />

Kreisbogen 84<br />

Kreisfrequenz 249<br />

Kreisgröße 182, 184, 213<br />

–, Gegenüberstellung 213<br />

Kreiskegel 235<br />

Kreiskegelstumpf 235<br />

Kreisringstück 78<br />

Kreiszylinder 235, 238<br />

krummlinige Bewegung 145<br />

Krümmung 346<br />

Krümmungsmittelpunkt 346<br />

Krümmungsradius 294, 346–348<br />

kubische Parabel 344<br />

Kugel 87, 235<br />

Kugellager 15<br />

Kupplung 90, 239<br />

Kupplungsbelag 289<br />

Kurbel 214<br />

Kurbelarm 276<br />

Kurbelgetriebe 176<br />

Kurbelwelle 176, 214<br />

Kurvenradius 243<br />

Sachwortverzeichnis<br />

L<br />

labile Schwimmlage 400<br />

Lageplan 3, 27<br />

Lager 19, 116<br />

Lagerreibkraft 117<br />

Lagerungslänge 293<br />

Lagerverluste 211<br />

Lagerzapfen 116, 385<br />

Lageskizze 18, 19<br />

Längenausdehnungskoeffizient 283<br />

Längsdehnung 281<br />

Längsvorschub 164, 165<br />

Lambda 351<br />

Lastarbeit 389<br />

Lastfälle 364<br />

Lastheben 139<br />

Lastkahn 125<br />

Lastkolben 388, 392<br />

Lasttrum 127<br />

Laufkatze 166<br />

Laufkran 166<br />

Leertrum 127<br />

Lehrbeispiele:<br />

– Berechnung einer Getriebewelle 371<br />

– Knickung im elastischen Bereich 357<br />

– Knickung im unelastischen Bereich 358<br />

– Nietverbindung im Stahlbau 300<br />

– Nietverbindung im Stahlhochbau 298<br />

– Prinzip von d’Alembert 198<br />

– Rechnerische Bestimmung der Resultierenden<br />

Fr eines zentralen Kräftesystems 30<br />

– Reibung in Ruhe und Bewegung 94<br />

– Seileckverfahren, Zusammensetzung zweier<br />

Parallelkräfte 43<br />

– Torsionsstabfeder 326<br />

– Verdrehwinkel (Drehmomentschlüssel) 327<br />

– v, t-Diagramm 156<br />

– Wirkungsgrad 217<br />

– Zeichnerische Bestimmung der Resultierenden<br />

Fr eines zentralen Kräftesystems 31<br />

– Zugbolzen 302<br />

Leistung 209, 213, 245, 323<br />

–, Ûbungen 212, 216<br />

Leistungsgleichung 209, 215<br />

Leiter 18<br />

Leiteraufgabe 98<br />

Leitungsquerschnitt 402<br />

Lichtgeschwindigkeit 191<br />

lineare Spannungsverteilung 303, 321<br />

lineares Kraftgesetz 250<br />

Linienmomente 83<br />

Linienschwerpunkt 83, 86<br />

Linienzüge 84


Sachwortverzeichnis 419<br />

Lochleibungsdruck 291, 299, 364<br />

lose Rolle 139<br />

Loslager 2, 15, 46, 53<br />

Loslagerkraft 47, 60, 63<br />

– Fehlerwarnung 57<br />

Loslagerpunkt 53, 56<br />

Lösungsmethoden der Statik 22<br />

Lückenweite 181<br />

Luftdichte 157<br />

Luftdruck 393, 408<br />

Lüften der Bremse 133<br />

Luftwiderstand 145, 157<br />

Luftwiderstandsbeiwert 157<br />

M<br />

M, j-Diagramm 213<br />

Magnetfeld 11<br />

Mantelfläche 86<br />

Masse 189, 238<br />

Masseneinheit 190<br />

Massenmoment 232<br />

Massenschwerpunkt 242<br />

maximale Belastung 278, 285<br />

maximale Normalkraft 288<br />

maximales Biegemoment 331, 333–337<br />

maximales Torsionsmoment 323<br />

Mb, x-Diagramm 333–342<br />

mechanische Arbeit 203, 283<br />

mechanische Energiearten 218<br />

mechanische Schwingungen 246<br />

Megapascal 387<br />

Mehrfachübersetzung 182<br />

Mehrscheibenbremsen 133<br />

Mehrschichtfeder 344<br />

mehrschnittige Nietverbindung 291<br />

metazentrische Höhe 399<br />

Metazentrum 399<br />

Mischlast 336<br />

Mischreibung 116<br />

Mittelpunktsgeschwindigkeit 178<br />

mittlere Geschwindigkeit 151, 152<br />

mittlere Leistung 209<br />

mittlere Winkelgeschwindigkeit 183<br />

Mobilkran 89<br />

Modul 181<br />

Momentangeschwindigkeit 151, 158,<br />

172<br />

Momentanwegstrecke 159<br />

Momentenbedingung 60<br />

Momentenbezugspunkt 45, 79, 82, 85<br />

Momentendrehpunkt 54, 140<br />

Momentendrehsinn 4, 80, 82<br />

Momentenfläche 348<br />

Momentengleichgewichtsbedingung 46, 56, 65,<br />

96, 128, 130, 131, 134, 397<br />

Momentensatz 38, 77, 80, 82, 85<br />

–, Arbeitsplan 39<br />

– für Flächen 77, 79, 319<br />

– für Linien 83, 85<br />

Momentenstoß 239<br />

Momentensumme 86<br />

Momentenverhältnis 88<br />

Motordrehmoment 127<br />

Mutterhöhe 290, 293<br />

N<br />

Neigungswinkel 346, 348, 401<br />

Nennspannung 380<br />

neutrale Faser 321<br />

neutrale Faserschicht 330<br />

Newton 2, 188, 191<br />

Newtonmeter 2, 203<br />

Newton’sches Axiom 192<br />

– erstes 188<br />

– zweites 191<br />

Nietabstand 299<br />

Nietanzahl 299<br />

Nietbild 299<br />

Nietdurchmesser 300<br />

Niete 364<br />

Nieten 227<br />

Nietverbindung 298<br />

Normalkeilriemen 114<br />

Normalkraft 13, 15, 16, 90, 268, 271<br />

Normalspannung 267, 268, 273<br />

Normfallbeschleunigung 157, 190, 192<br />

Normgewichtskraft 190, 192<br />

Nulldurchgang 337–340<br />

Nulllinie 330<br />

Nutzarbeit 120, 139, 211<br />

Nutzleistung 211<br />

Nutzquerschnitt 298<br />

O<br />

w, t-Diagramm 182, 186<br />

Oberfläche 86<br />

Oberfläche und Dauerfestigkeit 379<br />

Oberflächenbeiwert 383<br />

Oberflächenberechnung 86<br />

Oberflächenkräfte 11<br />

Obergurt 68<br />

örtliche Spannung 380<br />

Ortsvektor 165<br />

Ortsveränderung 144, 165<br />

Oszillator 260


420<br />

P<br />

Parabel 167, 335, 344<br />

Parabelfläche 350<br />

Parallelogramm 78<br />

Parallelogrammfläche 78<br />

Parallelogrammkonstruktion, wiederholte 40<br />

Parallelogrammsatz 8, 165<br />

Parallelogrammumfang 84<br />

Parallelschaltung von Federn 253<br />

Pascal 387<br />

Passfedernut 385<br />

Passschrauben 364<br />

Pendelstütze 13<br />

Periode (Schwingung) 249<br />

Periodendauer 176, 249<br />

physikalische Größe 2<br />

Planvorschub 164, 165<br />

Platin-Iridiumzylinder 190<br />

Poisson-Zahl 282<br />

Pol 41<br />

Polstrahl 41<br />

polare Flächenmomente 307, Tabelle 311<br />

polare Widerstandsmomente, Tabelle 311<br />

polares Flächenmoment 2. Grades 304<br />

polares Widerstandsmoment 305, 323<br />

Polstrahlen 41<br />

Polygon-Fachwerkträger 68<br />

Polynomdivision 141<br />

potentielle Energie 218, 222, 403<br />

Pressenstößel 115<br />

Presskraft 391<br />

Presskraftgleichung 391<br />

Pressung 292<br />

Pressungshöhe 393<br />

Prinzip von d’Alembert 195<br />

–, Arbeitsplan 197<br />

–, Ûbungen 197<br />

prismatische Nut 35<br />

Prismenführung 114, 288<br />

Probestab 381<br />

Profilfläche 86, 87<br />

Profillinie 86, 87<br />

Profilstäbe 279<br />

Profilstahlträger 335<br />

Programmablaufplan 61<br />

Programmschleife 61<br />

Programmverzweigung 61<br />

Projektionsfläche 158<br />

projizierte Berührungsfläche 289<br />

–, technische Beispiele 289<br />

projizierte Fläche 289, 291, 390<br />

Proportionalitätsgrenze 354, 375<br />

Pythagoras 58, 67, 166, 169, 370<br />

Q<br />

Quadranten 22, 53<br />

quadratische Gleichung 173<br />

–, Beispiele 153, 164, 172<br />

Querbohrung 279, 385<br />

Querdehnung 281<br />

Querkraft 268, 271, 329<br />

Querkraftfläche 334–340<br />

Querkraftlinie 335, 337<br />

Querkraftsatz 334<br />

Querkraftschaubild 337<br />

Querkraftverlauf 333, 340<br />

Querlager 116, 118<br />

Querschnittsfläche 265, 351<br />

Querschnittsformen 305<br />

Sachwortverzeichnis<br />

R<br />

Radachse 344<br />

Radialkraft 14, 20, 64, 368<br />

Radiant (rad) 124, 179<br />

Rammen 228<br />

Randabstand 299<br />

Randfaser 324<br />

Randfaserabstand 305, 332, 366, 367<br />

Randfaserspannung 322, 331, 332<br />

Randspannung 321<br />

Rauigkeit 410<br />

räumliches Kräftesystem 64<br />

Reaktionszeit 162<br />

rechnerische Ermittlung<br />

– der Resultierenden, Arbeitsplan 26<br />

rechnerische Gleichgewichtsbedingungen 28,<br />

44, 46<br />

Rechnerprogramm 53, 55, 58, 61<br />

Rechteck 235<br />

reduzierte Masse 238<br />

Reibungsarbeit 208, 210, 221, 241<br />

–, Diskussion der Formel 209<br />

Reibungskraft 13, 90, 95<br />

Reibungsleistung 117, 210<br />

Reibungsmoment 116–118<br />

Reibungsradgetriebe 181<br />

reibungsschlüssige Schraubenverbindung<br />

123<br />

Reibung 13, 90<br />

– am Spurzapfen 117<br />

– am Tragzapfen 116<br />

– an Maschinenteilen 114<br />

– auf der schiefen Ebene 100<br />

– auf der schiefen Ebene, Ûbungen 113<br />

Reibungsaufgaben 95<br />

Reibungskegel 93, 115<br />

Reibungswinkel 91, 92


Sachwortverzeichnis 421<br />

Reibungszahl 91, 92<br />

–, Ermittlung 92<br />

–, Wertetafel 92<br />

Reißlänge 284<br />

Reihenschaltung von Federn 252<br />

Relativgeschwindigkeit 226<br />

Relativitätstheorie 191<br />

Resonator 260<br />

Resonanz 260<br />

Resultierende 3, 8, 22, 26, 202<br />

resultierende<br />

– Druckspannung 366<br />

– Federrate 252<br />

– Kraft 189, 191, 193, 233<br />

– Momentenfläche 373<br />

– Spannung 365, 368<br />

– Zugspannug 367<br />

resultierendes<br />

– Moment 60, 374<br />

– Drehmoment 240<br />

Reynolds’sche Zahl 410<br />

Richtgröße 250<br />

Richtungsannahme 33<br />

Richtungsregel 28<br />

Richtungssinn 3<br />

Richtungswinkel 3, 10, 22, 28, 33, 59, 61, 169,<br />

172<br />

– der Loslagerkraft 54<br />

Riemen 12<br />

Riemengetriebe 127, 180<br />

Riemenkräfte 16<br />

Riemenscheibe 127<br />

Riemenvorspannkraft 127<br />

Riemenvorspannung 127<br />

Ring 235<br />

Ringfläche 86<br />

Ringspurlager 118<br />

Ringspurzapfen 117<br />

Ringvolumen 86<br />

Ritter’sches Schnittverfahren 72<br />

– Arbeitsplan 73<br />

Rohnietdurchmesser 298<br />

Rohrlängsnaht 390<br />

Rohrleitung 410<br />

Rohrreibungszahl 410<br />

Rollbedingung 135<br />

Rolle 14, 138<br />

Rollendrehpunkt 138<br />

Rollenradius 138<br />

Rollenzug 138, 141<br />

–, Ûbung 142<br />

Rollkörper 14, 134<br />

Rollkraft 134, 136<br />

Rollmoment 135<br />

Rollradius 134<br />

Rollreibung 135<br />

Rollwiderstand 13, 91, 134<br />

Rotation 232<br />

Rotationsarbeit 214<br />

Rotationsenergie 240, 245<br />

Rotationskörper 86<br />

Rotationsleistung 215<br />

Rückprallgeschwindigkeit 229<br />

Rückstellmoment 254<br />

ruhende Belastung 377<br />

Ruhezustand 189<br />

Rundkerbe 385<br />

Rutschbeginn 98<br />

Rutsche 113<br />

Rutschen 198<br />

S<br />

s, h-Diagramm 170<br />

s, t-Diagramm 149, 159<br />

Sackrutsche 222<br />

Schabotte 228, 230<br />

Schabottemasse 230<br />

Schallgeschwindigkeit 163<br />

Schallzeit 163<br />

Scheibenbremsen 133<br />

Scheibenkupplung 239<br />

Scheitelhöhe 171<br />

Schiebung 297<br />

schiefe Ebene 92, 100, 102, 188, 199<br />

schiefer Stoß 224<br />

Schiffsmittellinie 400<br />

Schiffsschwerpunkt 400<br />

Schlagwirkungsgrad 228, 231<br />

Schlankheitsgrad 353, 356, 360<br />

Schleifendurchlauf 61<br />

Schleifscheibe 178, 241<br />

Schlingerbewegungen 401<br />

Schlupf 180<br />

Schlüsselradius 121<br />

Schmieden 227<br />

Schmiedevorgang 228<br />

Schmierloch 385<br />

Schnittfläche 266, 365<br />

Schnittgeschwindigkeit 178, 212<br />

Schnittkraft 212<br />

Schnittkraftmessgerät 212<br />

Schnittmethode 266<br />

Schnittufer 266, 270, 297, 339, 347<br />

Schnittuntersuchung am Niet 296<br />

Schnittverfahren 265, 270<br />

–, Ûbungen 272


422<br />

Schrägaufzug 20<br />

Schräger Wurf 170<br />

Schräglage 399<br />

Schrägstirnradgetriebe 67<br />

Schraube 119, 121<br />

–, Ûbungen 122<br />

Schrauben 279, 364<br />

Schraubenfederpendel 251<br />

Schraubenlängskraft 119, 121, 122<br />

Schraubgetriebe 103, 119<br />

Schraubverbindung 121, 123<br />

Schraubzwinge 274, 365<br />

Schubfeder 297<br />

Schubkraftgleichung 110–113<br />

Schubmodul 297, 324, 327, 385<br />

Schubspannung 268, 273, 296, 321, 328<br />

Schubspannungshypothese 369<br />

Schubspannungsverteilung 296<br />

Schubverformung 297<br />

schwellende Belastung 377<br />

Schwellfestigkeit 377<br />

Schwenkarm 19<br />

Schwerachse 236<br />

Schwerebene 76<br />

Schwerefeld 11<br />

Schwerependel 256<br />

Schwerkraft 76<br />

Schwerlinie 76, 81, 82<br />

Schwerpunkt 76, 83<br />

–, zusammengesetzter Flächen 79<br />

Schwerpunktsabstand 78, 81, 83, 395<br />

Schwerpunktsberechung 319<br />

Schwerpunktsbestimmung 83<br />

– für Flächen, Arbeitsplan 80<br />

– für Liniengebilde, Arbeitsplan 85<br />

Schwerpunktslage 83<br />

Schwerpunktslehre 76, 86<br />

Schwerpunktsweg 87<br />

Schwimmen 398<br />

Schwimmlage 399<br />

Schwingung 176<br />

Schwingung, erzwungene 260<br />

Schwingungen, Analogien 258<br />

Schwingungsdauer 249<br />

Schwingungsweite 249<br />

Sechstelkreisbogen 84<br />

Sechstelkreisfläche 78<br />

Sehnenlänge 78, 84<br />

Seil 12<br />

Seileck 42<br />

Seileckverfahren 41, 76<br />

–, Arbeitsplan 42<br />

Seilgewichtskraft 284<br />

Sachwortverzeichnis<br />

Seilkraft 124<br />

Seilreibkraft 124, 127<br />

Seilreibung 124, 132<br />

–, Ûbungen 125<br />

Seilstrahlen 42<br />

Seilzugkraft 124, 126<br />

Seitenhalbierende 78<br />

Seitenkraft 395, 397<br />

– -Gleichung 396<br />

selbsterregte Schwingung 246<br />

Selbsthemmung 119, 128, 132, 209<br />

Selbsthemmungsbedingung 93, 108, 128<br />

Selbsthemmungsbereich 93<br />

Selbsthemmungsgrenze 120<br />

Sicherheit 356<br />

– gegen Dauerbruch 382<br />

– gegen Knicken 351<br />

Sicherheitsgrad gegen Kippen 88<br />

Sicherungsring 385<br />

Sicherungsring-Kerbe 384<br />

SI-Einheiten 1<br />

Sinkgeschwindigkeit 158<br />

Sinussatz 37, 102, 167, 201<br />

Skalar 3, 203, 209<br />

Spannrolle 127<br />

Spannschienen 127<br />

Spannung 266, 278, 380<br />

Spannungart 268<br />

Spannungsbegriffe 380<br />

Spannungsbild 303, 321, 330, 366<br />

Spannungsenergie 218, 220, 225<br />

Spannungs-Dehnungs-Diagramm 375<br />

Spannungshypothese 369<br />

Spannungsnachweis 286, 299, 368, 382<br />

Spannungsquerschnitt 278<br />

Spannungsspitze 378<br />

Spannungsverlauf 378<br />

Spannungsverteilung 321<br />

– imTrägerquerschnitt bei Biegung 329<br />

– im unsymmetrischen Querschnitt 332<br />

Spannwellenbetrieb 127<br />

Spillanlage 126<br />

Spillkopf 125<br />

Spindelkopf 122<br />

Spindelpresse 103<br />

Spurlager 16, 19, 44, 49<br />

Spurlagerkraft 44, 49<br />

Spurzapfen 117<br />

Spurzapfenreibzahl 117<br />

stabile Schwimmlage 399<br />

– eines Schiffes 400<br />

Stabilitätsproblem 351<br />

Stabilitätskurve 401


Sachwortverzeichnis 423<br />

Stahlbau 68<br />

Standfläche 88<br />

Standmoment 88<br />

Standsicherheit 87, 88<br />

–, Ûbungen 89<br />

Standsicherheitsgleichung 88<br />

Statik 1, 2<br />

– der Flüssigkeiten 386<br />

statische Belastung 377<br />

statische Bestimmtheit 69, 70<br />

statische Druckhöhe 404<br />

statischer Druck 403<br />

Staudruck 403<br />

s, t-Diagramm 149, 159<br />

Steigungswinkel 119, 122, 170<br />

Steigzeit 171<br />

Steiner’scher Verschiebesatz 236, 314–316<br />

Stetigkeitsgleichung 402<br />

Strebe 68<br />

stofffreie Biegeachse 362<br />

Stoß 202, 224<br />

–, Sonderfälle 226<br />

–, Ûbungen 230<br />

–, wirklicher 228<br />

Stoßabschnitt 225, 227, 229<br />

Stoßbegriff 224<br />

Stößel 151<br />

Stößelbewegung 147<br />

Stoßnormale 224, 226<br />

Stoßzahlen 229<br />

Stoßzahlgleichung 229<br />

Strahlquerschnitt 406<br />

Strahlungsenergie 218<br />

Strecke 83<br />

Streckenlast 335, 340<br />

Streckgrenze 375, 382, 385<br />

Stromfäden 406<br />

Strömung 402–404<br />

– in Rohrleitungen 410<br />

– mit Höhenunterschied 403<br />

Strömungsgeschwindigkeit 166, 402, 405, 410<br />

Strömungsmechanik 402<br />

Strömungsquerschnitt 402<br />

Stützbalken 273<br />

Stützflächen 13<br />

Stützhaken 16<br />

Stützkraftberechung 53, 62<br />

–, Programmablaufplan 61<br />

Stützkraftermittlung beim räumlichen Kräftesystem<br />

64<br />

Stützkräfte 2, 11, 16, 53, 64, 273<br />

Stützkraftkomponenten 64<br />

Stützträger 273, 333, 337<br />

– mit Einellast 337, 349<br />

– mit konstanter Streckenlast 340, 349<br />

– mit mehreren Einzellasten 338<br />

– mit Mischlast 340<br />

Summenbremse 132<br />

Summenformeln 202<br />

Symmetrieebene 76, 81, 84<br />

systemanalytisch 53<br />

systemanalytisches Lösungsverfahren 62<br />

– zur Stützkraftberechnung 53<br />

Systemgleichungen, Zusammenstellung 60<br />

T<br />

Tangensfunktion 24, 136<br />

Tangentialbeschleunigung 184, 186, 232<br />

Tangentialgröße 177, 184<br />

Tangentialkraft 13, 20, 64, 90, 214, 232<br />

Tangentialverzögerung 187<br />

Teilkreisdurchmesser 181<br />

Teilschwerpunkt 79<br />

Teilung 181<br />

Temperaturdifferenz 223<br />

Temperatur und Festigkeit 376<br />

Tetmajer 355, 358<br />

Tetmajergleichungen 355<br />

Tonne 190<br />

Torsion 270, 321<br />

–, Formänderung 324<br />

Torsionsbeanspruchung 270<br />

Torsions-Hauptgleichung 323<br />

–, Herleitung 322<br />

Torsionsmoment 2, 270, 321, 325, 327<br />

Torsionspendel 254<br />

Torsionsspannung 270, 321, 323<br />

Torsionsstabfeder 214, 325, 326<br />

Torsionsstab-Messgerät 326<br />

Totpunkt 151<br />

Trag- und Spurzapfenreibung, Ûbungen 118<br />

Träger 15<br />

– gleicher Biegespannung 343<br />

Trägerbelastung 335<br />

Tragsicherheit 359<br />

Tragsicherheitsnachweis 359<br />

Trägheit 188<br />

Trägheitsgesetz 7, 177, 188, 191, 242<br />

Trägheitskraft 158, 196, 201, 245<br />

Trägheitsmoment 232, 236, 245, 255<br />

–, Ûbung 234<br />

Trägheitsmomente, Gleichungen 235<br />

Trägheitsradius 233, 238, 309, 351, 367<br />

Tragtiefe 290<br />

Tragzapfen 116<br />

Tragzapfenreibzahl 116


424<br />

Translation 6, 188<br />

translatorische und rotatorische Größen, Gegenüberstellung<br />

245<br />

Transportband 200<br />

Trapez 78<br />

Trapezgewinde 120, 122, 279, 293<br />

–, Bezeichnungen 290<br />

Tretkurbel 5<br />

Triebarbeit 389<br />

Triebkolben 388, 392<br />

Triebkraft 189, 388, 391<br />

trigonometrische<br />

– Lösung 102, 104, 107<br />

– Auswertung 37<br />

– Methode 37<br />

Trum 127<br />

U<br />

U-Rohr 393<br />

U-Rohrmanometer 393<br />

Ûberdruck 393, 405, 408<br />

Ûberlagerung 164<br />

– von beschleunigter Bewegung 167<br />

– von gleichförmig geradlinigen Bewegungen<br />

166<br />

Ûberlagerungsprinzip 165, 336, 350<br />

Ûbersetzung 181, 216<br />

–, Ûbungen 216<br />

Ûbersetzungsverhältnis 181<br />

Ufermauer 396<br />

Umdrehung 176, 179<br />

Umdrehungsfrequenz 143<br />

Umfahrungssinn 37<br />

Umfangsgeschwindigkeit 117, 177, 212, 215<br />

Umfangskraft 16, 119, 368, 371<br />

Umkehrpunkt 151<br />

Umlaufzeit 176<br />

Umlenkrolle 138<br />

Umrechnungsbeziehung 149<br />

– (Grad in rad) 124<br />

Umschlingungswinkel 124, 126<br />

unelastische Knickung 355<br />

unelastischer Stoß 227<br />

ungleichförmige Bewegung 145<br />

unsymmetrische Querschnitte 313, 319<br />

Unterdruck 405<br />

Untergurt 68<br />

Ursprungslänge 281, 283, 375<br />

V<br />

v, t-Diagramm 144, 147, 152, 156, 182<br />

– des freien Falls 146<br />

– eines Stößelhubes 147<br />

– für senkrechten Wurf 146<br />

–, Ûbungen 146<br />

v-Linie 146, 152<br />

Vektor 3, 8, 152, 226<br />

verdrängte Flüssigkeitsmenge 397<br />

Verdrängungsschwerpunkt 397–399<br />

Verdrehung 270, 321<br />

Verdrehwinkel 324, 325, 327<br />

Verformungsarbeit 218, 231<br />

Verformungsbild 321, 330<br />

Verformungsenergie 218<br />

Vergleichsmoment 369, 374<br />

–, zeichnerische Bestimmung 370<br />

Vergleichsspannung 368<br />

Verhältnisgröße 281<br />

Verkürzung 283<br />

Verlängerung 281, 283, 375<br />

Versatzwinkel 64<br />

Verschiebegeschwindigkeit 210, 213<br />

Verschiebekraft 14, 207, 210, 213<br />

Verschiebesatz (Steiner’sche) 236, 314–316<br />

Verschiebeweg 207, 213, 245<br />

Verschiebung 6<br />

Verschiebungsgröße 366<br />

Verschwächungsverhältnis 298<br />

Vertikalbewegung 167, 170<br />

verzögerte Bewegung, Formeln 155<br />

Verzögerung 144, 147, 155<br />

Vierkräfteverfahren 50<br />

–, Arbeitsplan 52<br />

Viertelkreisbogen 84<br />

Viertelkreisfläche 78<br />

Viskosität 386<br />

Vollspurzapfen 117<br />

Volumen 191<br />

Volumenänderung 386<br />

Volumenberechnung 86<br />

Volumenkräfte 11<br />

Volumenstrom 402, 406–409<br />

vorhandene Flächenpressung 288<br />

vorhandene Spannung 278, 285, 323, 331<br />

Vorschubbewegung 145<br />

Vorspannkraft 119, 207<br />

W<br />

Waagerecht-Stoßmaschine 147<br />

Waagerechter Wurf 165, 167<br />

Walze 35<br />

Wälzpunkt 371<br />

Wanddicke eines Kessels 390<br />

Wanddrehkran 19, 44, 48<br />

Wärme 223<br />

Wärmekapazität 223<br />

Sachwortverzeichnis


Sachwortverzeichnis 425<br />

Wärmemenge 204, 223<br />

Wärmespannung 283<br />

Wasserdruckhebebock 388<br />

Wassersäule 394<br />

Watt 209<br />

Wattsekunde 203<br />

Wechselfestigkeit 377, 379<br />

wechselnde Belastung 377<br />

Wechselwirkungsgesetz 192, 224<br />

Weg-Linie 149<br />

Weg-Zeit-Diagramm 149<br />

Wegabschnitt 144, 148, 154, 182<br />

Wegeinheit 148<br />

Weggleichung 153, 167<br />

– für Rollenzüge 141<br />

Wehr 396<br />

Wellen 343<br />

Wellenachse 322<br />

Wellendrehmoment 116<br />

Werkzeugträger 148<br />

Widerstandsmoment 303, 305, 309, 312, 319,<br />

320, 323, 366<br />

–, Ûbungen 306<br />

Widerstandszahl 410<br />

Winkelbeschleunigung 182, 186, 232, 245<br />

Winkelgeschwindigkeit 118, 179, 213, 215, 245,<br />

323<br />

Winkelgeschwindigkeitsänderung 183<br />

Winkelhebel 46, 53<br />

Winkelprofil 316<br />

Winkelverzögerung 187, 233<br />

Wirkabstand 2, 214<br />

– der Auflagereibkraft 121<br />

wirklicher Stoß 228<br />

Wirklinie 3<br />

Wirkungsgrad 203, 210, 216, 230<br />

– der festen Rolle 139<br />

– der hydraulischen Presse 391<br />

– der losen Rolle 140<br />

– mr des Rollenzuges 142<br />

– für Schraubgetriebe 120<br />

–, Ûbungen 212, 216<br />

–, Beispiele 211<br />

Wirkungsgradgleichung 139, 228<br />

Wirkungsgradtabelle 142<br />

Wurfbahn 170<br />

– beim waagerechten Wurf 168<br />

Wurfhöhe 170<br />

Wurfparabel 168, 173<br />

Wurfweite 168, 170, 174<br />

Wurfzeit 171, 173<br />

Z<br />

Zähigkeit 386<br />

Zahlenwertgleichung 178, 180, 215, 285, 323,<br />

355, 390<br />

Zahndicke 181<br />

Zahneingriff 64<br />

Zähnezahlen 181<br />

Zahnflanken 294<br />

Zahnfußhöhe 181<br />

Zahnkopfhöhe 181<br />

Zahnkraft 65<br />

Zahnkraftkomponente 16, 64<br />

Zahnrad 294<br />

Zahnradgetriebe 180<br />

Zahnradkraft 16<br />

Zapfenradius 138<br />

Zapfenreibzahl 116, 118<br />

zeichnerische Ermittlung<br />

– der Resultierenden, Arbeitsplan 28<br />

– unbekannter Kräfte, Arbeitsplan 34<br />

Zeitabschnitt 144, 148, 154, 182, 186<br />

Zeiteinheit 148<br />

Zeitkonstante 158<br />

zentrales Kräftesystem 21, 22<br />

Zentrifugalkraft 243<br />

Zentripetalbeschleunigung 242, 247<br />

Zentripetalkraft 242, 250<br />

Zerlegung einer Kraft 9<br />

Ziehschlitten 115<br />

Zug 268, 278<br />

Zug- und Druckbeanspruchung, Ûbungen<br />

286<br />

Zug und Biegung 365<br />

Zugbeanspruchung 268, 271, 278<br />

Zugbolzen 302<br />

Zug-Hauptgleichung 278, 365<br />

Zughaken 20, 137<br />

Zugkraft 12, 137<br />

– an der festen Rolle 138<br />

– beim Lastheben 140<br />

Zugkraftgleichung 101, 103<br />

– für Rollenzüge 141<br />

Zugfestigkeit 284, 375<br />

Zuglaschen 279<br />

Zugschrauben 279<br />

Zugspannung 278<br />

Zugversuch 375<br />

zulässige Spannung 380<br />

– Begriff 380<br />

– für Bauteile 364<br />

– für Verbindungsmittel 364<br />

– Spannungen im Stahlhochbau 364<br />

zusammengesetzter Querschnitt 320


426<br />

Zusammensetzen und Zerlegen von Wegen,<br />

Geschwindigkeiten und Beschleunigungen 165<br />

Zweigelenkstäbe 13, 68<br />

zweischnittig 364<br />

zweiwertige Lager 15<br />

Zwischenresultierende 40<br />

Zylinderführung 115<br />

Zylinderführungsbuchse 115<br />

Zylindermantel 235<br />

Sachwortverzeichnis

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