KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHT
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NEW PUBLIC MANAGEMENT<br />
Moderne Verwaltungssprache<br />
Mehr Sensibilität<br />
in der Verwaltungssprache<br />
von Stefan Grob<br />
Ämter und Behörden müssen heute ihre Geschäfte transparent und verständlich vermitteln. Dabei soll die<br />
Wortwahl immer mehr auch die politische, gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt berücksichtigen. Hierbei<br />
sind aber viel Sensibilität und Einfühlungsvermögen notwendig. Ein professionelles Coaching hilft den Verwaltungen<br />
im Umgang mit einer «bürgerfreundlichen Sprache».<br />
In der Verwaltungssprache tut sich etwas.<br />
So hat die Berner Stadtregierung Anfang<br />
Juni 2010 einen Sprachleitfaden für die<br />
städtischen Angestellten herausgegeben,<br />
der landauf, landab Kopfschütteln provozierte.<br />
Auch lösten unlängst Publikationen<br />
der Stadt St.Gallen Kontroversen aus,<br />
die vom politischen Parkett auf die Medien<br />
übergriffen. In beiden Fällen ging es<br />
vor allem um die sprachliche Gleichstellung<br />
von Frau und Mann (oder heisst es:<br />
Mann und Frau?). Wobei in Bern die Einführung<br />
einer konsequent «gendergerechten<br />
Sprache» von allen Seiten heftig<br />
kritisiert wurde.<br />
Dass die Verwaltungssprache von der Öffentlichkeit<br />
immer wieder beanstandet<br />
wird, ist nicht neu. Während früher vor allem<br />
das schwerfällige Beamtendeutsch im<br />
Mittelpunkt der Sprachkritik stand, wird<br />
heute zunehmend darüber debattiert, wie<br />
eine politisch korrekte und nicht diskriminierende<br />
Formulierung lauten soll.<br />
Unverständlich umständlich<br />
Grundsätzlich ist die gendergerechte Sprache<br />
ja eine positive Entwicklung in unserer<br />
Gesellschaft. Wenn eine Gemeinde auch<br />
die Bürgerinnen begrüsst, die sie früher nur<br />
stumm mitmeinte, ist das lobenswert.<br />
Wenn eine Broschüre an ihre Leserinnen<br />
und Leser denkt und dies ausdrückt, ebenfalls.<br />
Doch man (und Frau) kann es auch<br />
übertreiben. Denn der Haken an dieser<br />
Genderfreundlichkeit ist, dass unsere Sprache<br />
nicht für jeden maskulinen Begriff auch<br />
eine adäquate feminine Form kennt.<br />
Die Berner Stadtverwaltung hat nun gemeint,<br />
mit ihrem neuen Sprachleitfaden<br />
innovative Wege zu gehen. So schlägt sie<br />
dort zum Beispiel vor, als Alternative zu<br />
24 SKR 1/11<br />
«Eltern» (nur Paare, also ein gesellschaftliches<br />
Auslaufmodell) und zum sperrigen<br />
«Elternteil» (zu maskulin) die originelle<br />
Wortkreation «das Elter» zu verwenden.<br />
Weshalb «Mutter» respektive «Vater»<br />
plötzlich und unbedingt ein Synonym benötigen,<br />
liegt im Dunkeln. Auch schön:<br />
Weil der Fussgängerstreifen impliziere, nur<br />
Fussgänger, also Männer, dürften ihn betreten,<br />
solle er nun nur noch als Zebrastreifen<br />
bezeichnet werden. Ob dies wiederum<br />
den Tierschützern ein Dorn im Auge<br />
ist, wurde zuvor wohl nicht abgeklärt.<br />
Sprachfeminismus<br />
lenkt vom Beamtendeutsch ab<br />
Bei der aktuellen Sprachkritik drängen<br />
sich zwei Fragen auf:<br />
1. Was ist das Ziel<br />
der Verwaltungssprache?<br />
2. Was ist für eine erfolgreiche<br />
Kommunikation notwendig?<br />
Das Ziel einer modernen Verwaltungssprache<br />
besteht darin, verständlich, serviceorientiert<br />
und bürgerfreundlich zu<br />
sein. Aber muss dafür jeder männlichen<br />
Der Autor<br />
Form um jeden Preis auch die weibliche<br />
Entsprechung zur Seite gestellt werden?<br />
Was bedeutet dies für die Verständlichkeit<br />
eines Textes? Viele geschlechtergerechte<br />
Formulierungen verkomplizieren<br />
den Satz und wirken sich negativ auf die<br />
Verständlichkeit aus – und was nützt ein<br />
Text, der nicht verstanden wird? An erster<br />
Stelle muss daher für jede Verwaltung<br />
das Bemühen stehen, möglichst einfach<br />
und verständlich zu kommunizieren.<br />
Moderne Verwaltungssprache<br />
ist lernbar<br />
Wenn auch nicht mehr im Zentrum der<br />
Wahrnehmung, so ist der bürokratische<br />
Sprachcode noch immer weit verbreitet.<br />
Viele offizielle Dokumente wirken auch<br />
heute noch schwerfällig, kompliziert und<br />
unpersönlich. Die genaue Aussage von<br />
Verwaltungen ist für viele deshalb ein Rätsel.<br />
Missverständnisse in der Bevölkerung<br />
und ein Mehraufwand für das Verwaltungspersonal<br />
sind so vorprogrammiert.<br />
Im Sinne einer «Wirkungsorientierten<br />
Verwaltungsführung (WoV)» sollte diesem<br />
Problem aktiv begegnet werden. Eine<br />
Lösung können professionelle Coachings<br />
Stefan Grob ist Inhaber der Textagentur Complecta in St.Gallen.<br />
Er unterrichtet an verschiedenen Schulen die Fächer Kommunikation<br />
und Public Relations. Im Jahr 2009 wurde er mit<br />
dem SWISS TEXT AWARD ausgezeichnet. Der Award berücksichtigt<br />
vor allem die Verwendung einer modernen, verständlichen<br />
Wirtschaftssprache. Mit dem Konzept der modernen<br />
Verwaltungssprache will Stefan Grob nun die Behördenkommunikation<br />
verständlicher gestalten. Er berät Gemeinden bei<br />
der Entwicklung ihres neuen Wordings.