Neue Bußgeldregelungen zum 1. April 2004. Hintergründe ... - SVR
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Verkehrsverwaltungsrecht<br />
Straßenverkehrsrecht<br />
Herausgegeben von Dr. jur. Frank Albrecht, Regierungsdirektor im Bundesverkehrsministerium, Berlin; Hans Buschbell, Rechtsanwalt, Düren/Köln;<br />
Wolfgang Ferner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, Koblenz/Heidelberg; Dr. Christian Grüneberg, Richter am OLG Köln;<br />
Prof. Dr. Jürgen-Detlef Kuckein, Richter am BGH, Karlsruhe; Ulf D.Lemor, Geschäftsführer Europa, Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft,<br />
Brüssel; Dipl. Ing. Dr. Werner Möhler, Aachen; Dr. Dr. Frank Pluisch, Köln; Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch, Universität Tübingen;<br />
Priv. Doz. Dr. Stephan Seidl, Nürnberg/Erlangen.<br />
Schriftleitung:Wolfgang Ferner, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht, Koblenz/Heidelberg; Ass. jur. Rüdiger Balke, Koblenz; Wolfgang E.Halm,<br />
Rechtsanwalt, Köln; Prof. Dr. Helmut Janker, Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, Berlin.<br />
Mit der Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher<br />
und personenbeförderungsrechtlicher Vorschriften vom 22.<br />
Januar 2004 1 , der der Bundesrat im Plenum am 19. Dezember<br />
2003 unter gleichzeitiger Einfügung einer geringfügigen Änderung<br />
zugestimmt hatte, 2 sind einige Neuregelungen vornehmlich<br />
im Bereich der Ahndung von Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten<br />
erlassen worden, die am <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004<br />
in Kraft treten werden. Nachfolgend sollen ein Überblick über<br />
die Änderungen vermittelt und einige <strong>Hintergründe</strong> erläutert<br />
werden.<br />
Hinsichtlich der Zielrichtung lassen sich die Änderungen in<br />
drei Hauptbereiche untergliedern:<br />
<strong>1.</strong> Verbesserung der Sicherheit des LKW-Verkehrs<br />
Die insoweit erlassenen Neuregelungen basieren vor allem<br />
auf den Erkenntnissen und Handlungsempfehlungen, die im<br />
„Programm für mehr Sicherheit im Straßenverkehr“ des<br />
Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen<br />
vom Februar 2001 3 sowie den Empfehlungen des Arbeitskreises<br />
V „Unfallrisiko LKW“ des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstages<br />
2002 4 niedergelegt worden sind. 5 Die Änderungen betreffen<br />
im Einzelnen folgende Verstöße:<br />
Verkehrszivilrecht<br />
Ordnungswidrigkeiten/Strafrecht<br />
Versicherungsrecht<br />
ZEITSCHRIFT FÜR DIE PRAXIS DES VERKEHRSJURISTEN<br />
<strong>Neue</strong> <strong>Bußgeldregelungen</strong> <strong>zum</strong> <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004<br />
<strong>Hintergründe</strong> und Anwendungsfragen<br />
Regierungsdirektor Dr. Frank Albrecht, Berlin<br />
AUFSÄTZE<br />
<strong>1.</strong>1 Überholen mit zu geringer Differenzgeschwindigkeit<br />
(Nr. 18 BKat: von 30 € ohne Punkte auf 40 € mit einem Punkt)<br />
Die Änderung richtet sich hauptsächlich gegen die bekannten<br />
„Elefantenrennen“, die mit der Verschärfung zurückgedrängt<br />
werden sollen. Vor allem wegen der nunmehr vorgesehenen<br />
Eintragung eines Punktes im Verkehrszentralregister (VZR) 6 erhofft<br />
sich der Verordnungsgeber, dass sich die LKW-Fahrer von<br />
der drohenden Sanktion stärker als bisher beeindrucken lassen.<br />
Das setzt natürlich ebenfalls voraus, dass die entsprechenden<br />
Verstöße der LKW-Fahrer durch die Polizeibehörden auch praktisch<br />
in so zahlreichem Umfang geahndet werden, dass der<br />
Eindruck einer nachhaltigen Überwachung verbleibt. Diese eher<br />
praktische Seite stand bisher vor dem Problem, dass unklar<br />
war, was unter einer zu geringen Differenzgeschwindigkeit zu<br />
1 BGBl 2004 I S. 117; mit Begründung abgedruckt im März-Heft des Verkehrsblattes<br />
und einzusehen unter der Homepage des BMVBW: www.bmvbw.de.<br />
2 BR-Drucks. 843/03 (Beschluss).<br />
3 Vgl. „Programm für mehr Sicherheit im Straßenverkehr“ des Bundesministeriums<br />
für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen vom Februar 2001, S. 17 ff.<br />
4 Materialien des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstages 2002, S. 1<strong>1.</strong><br />
5 Vgl. zu den <strong>Hintergründe</strong>n im Unfallgeschehen und den Erfahrungen der Überwachungsbehörden<br />
außerdem Verfasser NZV 2002, 153 ff.<br />
6 § 28 Abs. 2 Nr. 3 StVG i.V.m. Nr. 7 der Anlage 13 (zu § 40) FeV.<br />
<strong>SVR</strong> 3/2004 | 81
AUFSÄTZE | Albrecht, <strong>Neue</strong> <strong>Bußgeldregelungen</strong> <strong>zum</strong> <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004<br />
verstehen ist 7 . Der insoweit einschlägige § 5 Abs. 2 Satz 2 StVO<br />
gibt bisher keinen Aufschluss. Er regelt lediglich, dass nur überholen<br />
darf, wer mit wesentlich höherer Geschwindigkeit als<br />
der zu Überholende fährt. In der Begründung zur Verordnung<br />
stellt der Verordnungsgeber nunmehr klar, dass jedenfalls für<br />
den hier hauptsächlich interessierenden Fall des Überholens auf<br />
Autobahnen eine Differenzgeschwindigkeit von weniger als 10<br />
km/h als unzureichend angesehen werden müsste 8 . Er schließt<br />
sich damit einer Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. an, das<br />
das Überholen eines mit 70 km/h fahrenden Lastzuges durch ein<br />
Fahrzeug, das nur 10 km/h schneller fährt, als unzulässig angesehen<br />
hat. 9 Es ist zu hoffen, dass die Polizeibehörden diesen Hinweis<br />
aufgreifen und mindestens diesen Wert bei der Verkehrsüberwachung<br />
zu Grunde legen sowie entsprechende Vorgänge<br />
ahnden werden und dass sich auch die Rechtsprechung mindestens<br />
hieran orientiert. Trotz der hauptsächlichen Zielrichtung<br />
der Änderung gilt die Verschärfung – was allerdings nur<br />
theoretisch Bedeutung hat – auch für Überholvorgänge mit anderen<br />
Kraftfahrzeugen, z.B. PKW, da weder die Verhaltensvorschriften<br />
noch die Ahndungsregeln eine kraftfahrzeugartbezogene<br />
Beschränkung vorsehen.<br />
<strong>1.</strong>2 mangelnde Ladungssicherung auf LKW (Nr. 102 ff. BKat:<br />
von 35 € ohne Punkte auf 50 € mit einem Punkt, bei konkreter<br />
Gefährdung von 50 € mit drei Punkten auf 75 € mit drei Punkten)<br />
Für die Mängel bei der Ladungssicherung hat der Verordnungsgeber<br />
die Verschärfung auf den Nutzfahrzeugbereich beschränkt,<br />
weil nur hier – und nicht auch im PKW-Bereich –<br />
Missstände zu beklagen sind, denen mit höheren Sanktionen<br />
und dem durchaus eingriffsintensiven Mittel der Punkteeintragung<br />
entgegengewirkt werden soll. Er hat dies außerdem<br />
mit dem besonderen Maß der Verantwortung, das bei der gewerblichen<br />
Güter- und Personenbeförderung besteht, begründet.<br />
Die Verschärfung gilt im Hinblick auf die davon betroffenen<br />
Fahrzeuge somit für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse,<br />
für letztere schon aus praktischen Gründen vor allem für solche<br />
mit Anhänger. Der Begriff des Lastkraftwagens ist insoweit<br />
als identisch mit demjenigen in § 30 StVO und §§ 3, 18<br />
StVO anzusehen mit der Folge, dass die Sanktionsverschärfung<br />
auch für die sog. Kleintransporter ungeachtet ihrer möglicherweise<br />
bestehenden Zulassung als Personenkraftwagen<br />
gilt. 10 Das ist wichtig, weil nach Erkenntnissen aus der Unfallforschung<br />
der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und<br />
des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft schon<br />
wegen der physikalischen Gesetzmäßigkeiten ein Zusammenhang<br />
zwischen dem Unfallgeschehen bei den Kleintransportern<br />
und Mängeln bei der Sicherung der Ladung besteht. 11<br />
Die eigentlich entscheidende inhaltliche <strong>Neue</strong>rung besteht<br />
darin, dass künftig bereits die reine Missachtung der Beladungsvorschriften<br />
die höhere Sanktion und die Punkteeintragung<br />
auslöst, während bisher die Eintragung im VZR nur bei<br />
einer konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer angedroht<br />
war (bisherige Nr. 103 BKat). Damit war die Eintragung<br />
nur auf ganz eklatante Zuwiderhandlungen beschränkt,<br />
bei denen die Mängel bei der Ladungssicherung eine so große<br />
Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Schadens herbeiführten,<br />
dass sein Ausbleiben nur vom Zufall abhing 12 (etwa fast herunter<br />
fallende Ladung, z.B. auf der Autobahn). Entscheidend<br />
82 | <strong>SVR</strong> 3/2004<br />
ist ab <strong>1.</strong>4.2004 nunmehr allein der Maßstab der Erfüllung der<br />
Anforderungen des § 22 Abs. 1 StVO 13 , mithin, ob beim Verstauen<br />
der Ladung die anerkannten Beladungsregeln eingehalten<br />
worden sind. 14 Die Sanktionsvorschrift gilt damit <strong>zum</strong><br />
einen natürlich für den in erster Linie verantwortlichen Fahrer,<br />
15 <strong>zum</strong> anderen darüber hinaus aber für jeden, dem die Aufgabe,<br />
das Fahrzeug zu beladen, übertragen worden ist, z.B. für<br />
den Leiter der Ladearbeiten. 16<br />
<strong>1.</strong>3 versäumte Fristen zur Vorführung von LKW/KOM zur Sicherheitsprüfung<br />
oder Hauptuntersuchung (Nr. 186 ff. BKat: bisher<br />
bei Versäumnis um bis zu 8 Monate 25 € ohne Punkt, künftig ab<br />
vier Monaten 40 € mit einem Punkt, bei Versäumnis über 8 Monate<br />
von derzeit 40 € mit zwei Punkten auf 75 € mit zwei Punkten)<br />
Hintergrund der Änderung ist, dass im gewerblichen Bereich<br />
die Fristen zur Durchführung der Hauptuntersuchungen und<br />
der dazwischen vorgesehenen Sicherheitsprüfungen in erheblichem<br />
Umfang missachtet worden sind. Nach Erhebungen<br />
des TÜV Süddeutschland überschreiten 28 % der LKW und<br />
immerhin 8 % der Kraftomnibusse die Fristen für die Sicherheitsprüfung.<br />
Einer der Gründe besteht darin, dass die mit<br />
der Vorführung verbundenen Stillstandszeiten ganz bewusst<br />
gegenüber den für Fristüberschreitungen bislang drohenden<br />
geringen Verwarnungsgeldern abgewogen worden sind. Das<br />
war auch nahe liegend, weil bei ausreichend langer Überschreitung<br />
der Frist für die Sicherheitsprüfung gleich die<br />
Hauptuntersuchung fällig wird (Nr. 2.5 der Anlage VIII zu<br />
§ 29 StVZO). Diesem erheblichen ökonomischen Vorteil stand<br />
lediglich das Risiko eines Verwarnungsgeldes gegenüber.<br />
Änderungen wurden deshalb in zwei Richtungen vorgenommen:<br />
Zum einen wurde die „Toleranzzeit“ von zwei Monaten,<br />
während derer selbst ein Verwarnungsgeld nicht verhängt<br />
worden ist (eine Regelung, die noch auf der alten Fassung des<br />
7 Die Entscheidungen aus den 50-er und 60er Jahren können auf die heutigen Verhältnisse<br />
jedenfalls auf den Autobahnen nicht mehr übertragen werden und betreffen<br />
überwiegend die Landstraßen und den Innerortsverkehr: BGH VersR 1968,<br />
1040; BayObLG DAR 1961, 204; OLG Oldenburg VRS 24, 170; OLG Braunschweig<br />
VRS 21, 461; BGH VRS 30, 349; BGH, VM März 1959, 14.<br />
8 BR-Drucks. 843/03, S. 14f.<br />
9 VersR 1994, S. 700.<br />
10 Zum Begriff des Lastkraftwagens vgl. BayObLG NJW 2004, 306 = VD 2003, 272;<br />
BayObLGSt 1997, 68 = NZV 1997, 449; ferner OLG Hamm DAR 1976, 217; VRS<br />
56, 127f.; OLG Düsseldorf NZV 1991, 483; Cramer, Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl.,<br />
§ 24 StVO Rn. 20; Mühlhaus, Janiszewski, StVO, 15. Aufl., § 21 Rn. 4; Kramer VD<br />
2003, 267: Danach ist auf die Definition in § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG abzustellen, wonach<br />
Lastkraftwagen Kraftfahrzeuge sind, die nach ihrer Bauart und Einrichtung<br />
zur Beförderung von Gütern, die nicht der Funktion des Fahrzeugs dienen, bestimmt<br />
sind.<br />
11 Vgl. Gwehenberger, Meewes NZV 2004, 12 ff. Daher auch die Forderung des Arbeitskreises<br />
I „Unfallrisiko Kleintransporter“ des 42. Deutschen Verkehrsgerichtstages,<br />
der sich u. A. für eine verbesserte Ladungssicherungstechnik und verstärkte<br />
Kontrollen der Ladungssicherung ausgesprochen hat.<br />
12 Vgl. zur Definition der konkreten Gefährdung z.B. BayObLG VRS 48, 296; OLG<br />
Karlsruhe NZV 1992, 248; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rn. 35 zu<br />
§ 1 StVO.<br />
13 Dieser lautet: „Die Ladung sowie Spannketten, Geräte und sonstige Ladeeinrichtungen<br />
sind verkehrssicher zu verstauen und gegen Herabfallen und vermeidbares<br />
Lärmen besonders zu sichern.“<br />
14 Gegenwärtig gilt die VDI-Richtlinie 2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“,<br />
die auch für die Erfüllung der Anforderungen des § 22 Abs. 1 StVO zu<br />
Grunde zu legen ist („objektiviertes Sachverständigengutachten“); vgl. Hentschel,<br />
Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rn. 13 zu § 22 StVO; OLG Düsseldorf<br />
VRS 77, 369; OLG Koblenz NZV 1992, 163.<br />
15 OLG Hamm vom 6. Februar 1979, Az.: 1 Ss OWi 1341/78.<br />
16 BayObLG VRS 19, 391; BayObLG VM 1963, 43; OLG Hamm VRS 27, 300; OLG<br />
Stuttgart VRS 64, 308, Schindler, Materialien des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstages<br />
2002, S. 189.
§ 29 Abs. 7 StVZO basierte, wonach Prüfplaketten noch zwei<br />
Monate nach dem darauf angegebenen Datum gültig blieben<br />
17 ), auf „Null“ reduziert. Zum anderen wurden die Sanktionen<br />
durchgängig verschärft und die Punkteschwelle auf<br />
Fristüberschreitungen um 4 Monate reduziert. Die Änderungen<br />
beschränken sich – den Erkenntnissen über das Auftreten<br />
der Missstände folgend – auf solche Kraftfahrzeuge, die (neben<br />
der Hauptuntersuchung) nach Nr. 2.5 der Anlage VIII zu<br />
§ 29 StVZO einer Sicherheitsprüfung unterliegen, also Kraftomnibusse<br />
und andere Kfz mit mehr als 8 Fahrgastplätzen, Kfz,<br />
die zur Güterbeförderung bestimmt sind, selbstfahrende Arbeitsmaschinen,<br />
Zugmaschinen sowie andere Kfz, die keine<br />
PKW, Krankenkraftwagen oder Behindertentransportfahrzeuge<br />
mit nicht mehr als 8 Fahrgastplätzen sind, sowie Anhänger<br />
einschließlich angehängter Arbeitsmaschinen und Wohnanhänger.<br />
Auch diese Verschärfung gilt also im Übrigen für die<br />
sog. Kleintransporter, soweit es sich dabei um Fahrzeuge handelt,<br />
die zur Güterbeförderung bestimmt sind, da auch dies –<br />
wie die schweren Nutzfahrzeuge – Fahrzeuge sind, die, wenn<br />
auch erst 36 Monate nach ihrem In-Verkehr-Bringen, in periodischen<br />
Abständen einer Sicherheitsprüfung unterliegen. 18<br />
Für PKW, Krafträder und andere Kfz, für die Sicherheitsprüfungen<br />
nicht vorgesehen sind, bleiben dagegen die bisherigen<br />
Regelungen bestehen. Das gilt auch für die „Toleranzzeit“<br />
von Fristüberschreitungen um bis zu zwei Monate, für die ein<br />
Verwarnungsgeldregelsatz nicht vorgesehen ist und damit<br />
idR nur eine Verwarnung ohne Verwarnungsgeld verhängt<br />
werden sollte. Unverändert sind trotz der bisher bestehenden<br />
Parallelität schließlich die Sanktionsregeln für das Versäumen<br />
der Abgasuntersuchungen geblieben (Nr. 218 BKat), weil diesen<br />
Verkehrssicherheitsrelevanz nicht immanent ist.<br />
<strong>1.</strong>4 Missachtung von Durchfahrverboten für Gefahrgut-LKW im<br />
Wiederholungsfall (Nr. 152.1 BKat: bisher nur erstmalige Begehung<br />
geregelt – 100 €, 3 Punkte, künftig Wiederholungsfall<br />
speziell geregelt – 250 €, 1 Monat Fahrverbot, 3 Punkte)<br />
Inhalt der <strong>Neue</strong>rung sind ein erhöhter Bußgeldregelsatz und –<br />
vor allem – ein Regelfahrverbot für die wiederholte Missachtung<br />
des „Einfahr“-Verbotes für Gefahrgut-LKW (Zeichen 261, 269<br />
StVO). Die amtliche Begründung weist insoweit darauf hin, dass<br />
die Änderung wegen häufig zu beobachtender Zuwiderhandlungen<br />
erforderlich ist. So wird z. B. die entsprechende Sperrung<br />
des Elbtunnels in Hamburg immer wieder missachtet. Das Regelfahrverbot<br />
begründet der Verordnungsgeber damit, dass es<br />
sich bei den Zuwiderhandlungen um grobe Verstöße mit erheblichem<br />
Gefährdungspotenzial handelt. Das Verkehrsverbot ergeht<br />
nach Rn. 1 Ziffer II der VwV-StVO zu Zeichen 261 StVO,<br />
wenn zu befürchten ist, dass durch die gefährlichen Güter infolge<br />
eines Unfalls oder Zwischenfalls, auch das Undichtwerden des<br />
Tankes, Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Umwelt<br />
oder Bauwerke in erheblichem Umfang eintreten können. Als<br />
Beispielsfall nennt die VwV-StVO Gefällstrecken, die unmittelbar<br />
in bebaute Ortslagen führen. Welche Gefahren mit der Missachtung<br />
tatsächlich verbunden sein können, haben die folgenschweren<br />
Tunnelunfälle in den letzten Jahren im europäischen<br />
Ausland gezeigt. Zumindest der wiederholte Verstoß, für den<br />
das Regelfahrverbot nunmehr vorgesehen ist, zeugt daher selbst<br />
bei fahrlässiger Begehungsweise auch in subjektiver Hinsicht von<br />
Albrecht, <strong>Neue</strong> <strong>Bußgeldregelungen</strong> <strong>zum</strong> <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004 | AUFSÄTZE<br />
besonderer Verantwortungslosigkeit, weil gerade von Personen,<br />
die Kraftfahrzeuge mit gefährlichen Gütern führen, verlangt werden<br />
muss, dass sie mit einem Höchstmaß an Sorgfalt darauf<br />
achten, welche Straßen nicht befahren werden dürfen, so dass<br />
in der Regel die Anordnung eines Fahrverbotes zur Einwirkung<br />
auf die Betroffenen erforderlich ist. Die Anforderungen, die das<br />
Bundesverfassungsgericht an die Anordnung von Fahrverboten<br />
stellt, 19 sind damit als im Regelfall erfüllt anzusehen.<br />
Gewisse praktische Probleme kann in bestimmten Fällen die<br />
Tatsache bereiten, dass bei den betreffenden Verstößen zugleich<br />
Bußgeldvorschriften des Gefahrgutrechts verletzt sind. Das ist der<br />
Fall, wenn die jeweilige Autobahnstrecke einerseits durch Zeichen<br />
261 StVO gesperrt ist und es sich andererseits um ein Kfz<br />
handelt, das den Autobahnabschnitt nach § 9 Abs. 11 Nr. 3<br />
GGVSE nicht benutzen darf. Dann gelten sowohl die Bußgeldvorschriften<br />
des § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, § 24 StVG als auch diejenigen<br />
des § 10 Nr. 15 Buchst. c GGVSE, § 10 Nr. 1 GGBefG.<br />
Die Unterschiede liegen in den differierenden Bußgeldrahmen<br />
(Straßenverkehrsrecht: 1Tsd €, Gefahrgutrecht 50 Tsd €) sowie<br />
in der Befugnis zur Anordnung eines Fahrverbotes, das nur bei<br />
Zuwiderhandlungen gegen § 24 StVG, nicht aber auch bei solchen<br />
des Gefahrgutrechts verhängt werden darf (§ 25 Abs. 1<br />
StVG); darüber hinaus sind je nach landesrechtlicher Regelung<br />
unterschiedliche Bußgeldbehörden zuständig. Der Fall ist vorliegend<br />
nach den Regeln der Gesetzeskonkurrenz, und zwar<br />
hier in Gestalt der Subsidiarität, zu lösen. 20 Die straßenverkehrsrechtliche<br />
Norm, also die Bußgeldbewehrung für die Missachtung<br />
des Verkehrszeichens, beansprucht nur dann Geltung,<br />
wenn nicht bereits die gefahrgutrechtliche Bußgeldbewehrung<br />
eingreift. Das führt in den fraglichen Fällen <strong>zum</strong> höheren Bußgeldrahmen,<br />
wobei das Fahrverbot dennoch nach der überwiegenden<br />
Meinung in Rechtsprechung und Literatur ergänzend angeordnet<br />
werden darf, weil auf die Nebenfolgen des verdrängten<br />
Gesetzes erkannt werden kann. 21<br />
2. Verbesserung der Bussicherheit<br />
Eine Serie <strong>zum</strong> Teil sehr schwerer Busunfälle im Frühsommer<br />
2003, darunter die beiden schwersten Unfälle in Ungarn<br />
(Siofok, 8.5.2003, 33 Tote, vier Schwerverletzte) und am<br />
17.5.2003 in Frankreich (Lyon, 28 Tote, 44 Verletzte), war für<br />
das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen<br />
Veranlassung, sich erneut vertieft mit der Frage zu befassen, ob<br />
17 Die Verlängerung der Gültigkeit der Prüfplaketten um zwei Monate nach dem angegebenen<br />
Monat war 1963 (VO z. Änderung der StVZO vom 25.7.1963; BGBl. I<br />
S. 539) eingeführt worden, um den technischen Prüfstellen eine sachgerechte<br />
Arbeitseinteilung zu ermöglichen. Nachdem dies aufgrund nicht mehr vorhandener<br />
Kapazitätsengpässe nicht mehr erforderlich war, wurde die Regelung 1998<br />
durch die 28. ÄndVStVR vom 20.5.1998 (BGBl. I 1051) abgeschafft.<br />
18 Vgl. Nr. 2.<strong>1.</strong>4.3.1 der Anlage VIII (zu § 29 Abs. 1 bis 4, Abs. 9 und 10) StVZO.<br />
19 BVerfG DAR 1996, 196-199 = NZV 1996, 284-286; BVerfGE 27, 36.<br />
20 Vgl. ausführlich zur Gesetzeskonkurrenz speziell im Straßenverkehrsrecht mit zahlreichen<br />
Beispielsfällen und Auswertung der Rechtsprechung und Literatur Verfasser,<br />
Die Abgrenzung von Tateinheit und Tatmehrheit bei Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten,<br />
Verkehrsverlag J. Fischer, Düsseldorf 2004, S. 156 ff.;<br />
weiterführend: Geppert Jura 2000, 654; Struensee, Die Konkurrenz bei Unterlassungsdelikten,<br />
Bonn 1971, S. 17 ff.; Warda JuS 1964, 89 ff.; Geerds, Zur Lehre der<br />
Konkurrenz im Strafrecht, Kiel 1961, S.151 ff.<br />
21 Dafür: Fischer, StGB, 50. Aufl., Rn. 23 vor § 52 StGB; BGHSt 8, 46 = NJW 1955,<br />
1406; BGHSt 19, 188 = NJW 1964, 559; Göhler, OWiG, 13. Aufl., Rn. 32 vor<br />
§ 19 OWiG; KK-OWiG-Bohnert, 2. Aufl., Rn. 64 zu § 19 OWiG; dagegen:<br />
Geerds, a.a.O., S. 167; kritisch Verfasser a.a.O., S. 166.<br />
<strong>SVR</strong> 3/2004 | 83
AUFSÄTZE | Albrecht, <strong>Neue</strong> <strong>Bußgeldregelungen</strong> <strong>zum</strong> <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004<br />
die bestehenden Regelungen zur Bussicherheit ausreichen oder<br />
ergänzt werden müssen. Auf den Prüfstand wurden sowohl die<br />
rechtliche als auch die organisatorische und technische Situation<br />
gestellt. Dazu fanden diverse Erörterungen mit den betroffenen<br />
Verbänden und den Ländern statt. Dabei hat sich vor allem herausgestellt,<br />
dass der rechtliche Rahmen zur Fahrzeugtechnik und<br />
<strong>zum</strong> Verhalten von Fahrern und Unternehmern unter Verkehrssicherheitsgesichtspunkten<br />
im Wesentlichen den Anforderungen<br />
genügt und dass die Defizite in erster Linie durch eine<br />
unzureichende Durchsetzung der Regeln begründet sind. Die am<br />
<strong>1.</strong> <strong>April</strong> in Kraft tretenden Sanktionsverschärfungen sind ein Resultat<br />
dieser Prüfungen und als eine erste konkrete Reaktion des<br />
Verordnungsgebers zu sehen. Weitere Maßnahmen, vornehmlich<br />
im administrativen und politischen Raum, werden folgen<br />
oder sind – wie die Verstärkung der Kontrollen durch das BAG –<br />
bereits in Angriff genommen worden. 22 Aber auch die Prüfung<br />
von Rechtsfragen, insbesondere im Hinblick darauf, inwieweit<br />
die Sanktionsdrohung für Manipulationen am Geschwindigkeitsbegrenzer<br />
und am EG-Kontrollgerät verschärft werden müssen,<br />
dauert noch an. Bei den jetzt vorgenommenen Änderungen<br />
handelt es sich um diejenigen, die ohne eine umfassende<br />
Umgestaltung des Rechtsrahmens, also unter Ausnutzung noch<br />
bestehender gesetzlicher Spielräume, mit dem Ziel der besseren<br />
Durchsetzung der geltenden Regeln eingestellt werden konnten.<br />
Im Einzelnen geht es um folgende <strong>Neue</strong>rungen:<br />
2.1 Ausdehnung der Bußgeldbewehrung für das Nichtanlegen<br />
von Sicherheitsgurten auf alle Busse (§ 49 Abs. 1 Nr. 20a StVO)<br />
Mit der Änderung wird die Bußgeldbewehrung für das Nichtanlegen<br />
von Gurten, die bisher nicht für Kraftomnibusse mit<br />
einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t bestand, auf<br />
alle Busse ausgedehnt. Die Ausnahme war mit der 29. Verordnung<br />
zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften<br />
vom 25. Juni 1998 23 eingeführt worden, weil damals mit der<br />
tatsächlichen Ausrüstung zunächst nur sehr weniger Busse mit<br />
Gurten zu rechnen war. 24 Inzwischen hat sich die Anzahl der<br />
mit Gurten ausgerüsteten Reisebusse erheblich erhöht. Zudem<br />
hat sich in der Praxis gezeigt, dass auch in diesen Bussen<br />
die Gurte häufig nicht angelegt werden, obwohl dadurch die<br />
Folgen bei Busunfällen reduziert werden könnten. Mit der Ausdehnung<br />
der Bußgeldbewehrung sollen deshalb die Bedeutung<br />
der Gurtanlegevorschrift unterstrichen und die Fahrgäste mit<br />
größerem Nachdruck dazu angehalten werden, ihrer Verpflichtung<br />
nachzukommen.<br />
Die in der Anhörung geäußerte Befürchtung, damit werde die<br />
Verantwortung für das Anlegen der Gurte letztlich auf den Busfahrer<br />
auch bei großen Bussen übertragen, obwohl er dazu schon<br />
aus sachlichen Gründen gar nicht in der Lage sei, erscheint unbegründet.<br />
Nach – soweit ersichtlich – einhelliger Meinung ist<br />
schon der Fahrer eines PKW nicht verpflichtet, die Mitfahrer <strong>zum</strong><br />
Anlegen der Gurte anzuhalten; er leistet durch das Fahren auch<br />
keinen Tatbeitrag für den Gurtverstoß des Beifahrers. 25 Der Beifahrer<br />
ist vielmehr idR allein verantwortlich. Diese Grundsätze<br />
gelten dann aber erst Recht, wenn der Fahrgast eines Busses sich<br />
nicht angeschnallt hat. Schwieriger verhält es sich, falls im Bus<br />
(nicht durch Erwachsene begleitete) schuldunfähige Personen,<br />
also insbesondere Kinder, befördert werden. Hier wird für den Parallelfall<br />
der Beförderung im PKW (oder LKW) die Garanten-<br />
84 | <strong>SVR</strong> 3/2004<br />
pflicht des Busfahrers bei ungesicherter Beförderung nicht grundsätzlich<br />
ausgeschlossen. 26 Bei großen Bussen wird indessen zu<br />
berücksichtigen sein, dass der Fahrer objektiv nicht in der Lage<br />
wäre, die Einhaltung der Gurtanlegepflicht durch die Schuldunfähigen<br />
sicherzustellen, so dass seine Verantwortlichkeit unter<br />
dem Gesichtspunkt der für die Garantenverantwortung zu fordernden<br />
Möglichkeit der Vornahme der rechtlich gebotenen<br />
Handlung 27 idR abzulehnen ist.<br />
Sachlich gilt die neue Bußgeldbewehrung für Gurtverstöße in<br />
allen Bussen, für die Gurte vorgeschrieben sind. Entscheidend<br />
sind also die Ausrüstungsvorschriften des § 35a StVZO. Danach<br />
müssen folgende Busse mit Gurten ausgerüstet sein: neue<br />
Typen ab <strong>1.</strong>6. 1998 (< 3,5 t zGG <strong>1.</strong>10.1999), erstmals in den<br />
Verkehr Kommende ab <strong>1.</strong>10.1999 (< 3,5 t ab <strong>1.</strong>10.2001). 28<br />
Die Gurtausrüstungspflicht gilt nicht für Kraftomnibusse, die<br />
sowohl für den Einsatz im Nahverkehr als auch für stehende<br />
Fahrgäste gebaut sind. Dies sind Kraftomnibusse ohne besonderen<br />
Gepäckraum sowie Kraftomnibusse mit zugelassenen<br />
Stehplätzen im Gang und auf einer Fläche, die größer oder<br />
gleich der Fläche für zwei Doppelsitze ist (§ 35a Abs. 6 StVZO).<br />
Diese Ausnahme von der Ausrüstungspflicht führt in verhaltensrechtlicher<br />
Hinsicht dazu, dass die Gurtanlegepflicht auch<br />
dann nicht gilt, wenn zwar ein mit Gurten ausgerüsteter Bus<br />
eingesetzt wird, aber beim betreffenden Verkehr auch Stehplätze<br />
zugelassen sind (z. B. im Innerortsverkehr). Umgekehrt<br />
wird indessen einem Fahrgast wegen der Unmöglichkeit der<br />
Befolgung der Rechtsvorschrift kein Vorwurf zu machen sein,<br />
wenn er sich – was theoretisch möglich ist – in einem Bus befindet,<br />
der trotz Erfüllung der genannten Voraussetzungen<br />
vorschriftswidrig nicht mit Gurten ausgerüstet ist.<br />
2.2 Einführung der Pflicht des Busfahrers, die Fahrgäste über die<br />
Gurtanlegepflicht zu informieren (§ 8 Abs. 2a BOKraft)<br />
Im Zuge der Einstellung der Vorschriften über die Ausrüstung<br />
von Bussen mit Sicherheitsgurten hatte der Verordnungsgeber<br />
zunächst nur vorgesehen, dass Kraftomnibusse, für die<br />
Sicherheitsgurte vorgeschrieben sind, geeignete Informationseinrichtungen<br />
haben müssen, die den Fahrgästen anzeigen,<br />
wann Sicherheitsgurte anzulegen sind (§ 21 Abs. 2 BOKraft). 29<br />
Der Busfahrer ist für die richtige Betätigung dieser Informationseinrichtungen<br />
verantwortlich; Zuwiderhandlungen dagegen<br />
sind bußgeldbewehrt (§ 8 Abs. 2a, § 45 Abs. 2 Nr. 1 BO-<br />
Kraft). Ab <strong>1.</strong>4.2004 muss der Busfahrer darüber hinaus die<br />
Fahrgäste auf eine bestehende Gurtanlegepflicht vor Fahrtantritt<br />
hinweisen (§ 8 Abs. 2a Satz 2 – neu –). Die eingefügte<br />
22 Ein gewisses Programm enthält die Bund-Länder-Initiative „Reisebussicherheit“<br />
vom 2. Juli 2003; vgl. Pressemeldung des BMVBW 243/03 unter www.bmvbw.<br />
bund.de.<br />
23 BGBl. 1998 I S. 1654.<br />
24 Vgl. Amtliche Begründung VKBl 1998, 595 (600).<br />
25 KG VRS 70; BayObLG NZV 1993, 491; Janiszewski NStZ 1986, 257; Hentschel,<br />
Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rn. 7 zu § 21a StVO; BMV v. 28.8.1986, VKBl<br />
1986, 508; eine hier unerhebliche andere Frage ist die der Beteiligung nach § 14<br />
OWiG, falls ein Fahrer den Beifahrer <strong>zum</strong> Verstoß ermutigt; vgl. dazu Bouska DAR<br />
1984, 265.<br />
26 Hentschel, a.a.O., Einleitung, Rn. 87; OLG Karlsruhe VRS 50, 413; vgl. auch Amtliche<br />
Begründung zur 29. ÄndVStVR, VkBl. 1998, 603.<br />
27 Zu der Voraussetzung vgl. Göhler, OWiG, 13. Aufl., Rn. 4 zu § 8 OWiG; KK-OWiG-<br />
Rengier, 2. Aufl., Rn. 55 zu § 8 OWiG.<br />
28 Übergangsvorschrift zu § 35a StVZO in § 72 Abs. 2 StVZO, eingefügt durch VO<br />
v. 26.5.1998 (BGBl. I S. 1159).<br />
29 Eingef. durch VO v. 26. Mai 1998 (BGBl. I S. 1159).
Hinweispflicht soll dazu beitragen, Busreisenden die besondere<br />
Bedeutung des Anlegens von Sicherheitsgurten zu verdeutlichen.<br />
„Vor Fahrtantritt“ bedeutet dabei vor dem Fahrtbeginn.<br />
Auch später zusteigenden Fahrgästen ist nach der<br />
amtlichen Begründung in gleicher Weise der Hinweis auf eine<br />
bestehende Gurtanlagepflicht zu geben. Nach einer Fahrtunterbrechung<br />
mit Verlassen des Busses ist bei Antritt der<br />
2.3 Verschärfung der Sanktionen für Geschwindigkeitsverstöße (Anlage zu Nr. 11 BKat)<br />
Albrecht, <strong>Neue</strong> <strong>Bußgeldregelungen</strong> <strong>zum</strong> <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004 | AUFSÄTZE<br />
Weiterfahrt erneut auf die Gurtanlagepflicht hinzuweisen. Der<br />
Fahrzeugführer kann den Hinweis selbst mündlich – im Regelfall<br />
über eine Lautsprecheranlage – geben oder etwa unter<br />
Einsatz eines Tonwiedergabegerätes. Die Regierungsvorlage<br />
sah außerdem vor, dass auch diese ergänzende Rechtspflicht<br />
mit Geldbuße bedroht wird. 30 Der Bundesrat hat die Bußgeldbewehrung<br />
hingegen gestrichen. 31<br />
2.3.1 für Fahrer von Bussen mit Fahrgästen (und gleichzeitig für Fahrer von Lkw mit gefährlichen Gütern)<br />
Die Änderungen lauten:<br />
Überschreitung Regelsatz (€) Fahrverbot Punkte<br />
in km/h (keine Änderung)<br />
Innerorts Außerorts innerorts außerorts innerorts außerorts<br />
bis 10 30 ➔ 35 20 ➔ 30 – – – –<br />
11 – 15 35 ➔ 40 30 ➔ 35 – – – –<br />
bis 15 für mehr als<br />
5 Minuten Dauer oder<br />
in mehr als zwei Fällen<br />
nach Fahrtantritt<br />
75 ➔ 100 60 ➔ 75 – – 1 1<br />
16 – 20 75 ➔ 100 60 ➔ 75 – – 1 1<br />
21 – 25 100 ➔ 125 75 ➔ 100 kein FV ➔ 1 M. – 2 2<br />
26 – 30 125 ➔ 175 100 ➔ 150 1 Monat kein FV ➔ 1 M. 3 3<br />
31 – 40 175 ➔ 225 150 ➔ 200 1 M. ➔ 2 M. 1 Monat 3 3<br />
41 – 50 250 ➔ 300 225 ➔ 250 2 M. ➔ 3 M. 2 Monate 4 4<br />
51 – 60 350 ➔ 375 325 ➔ 350 3 Monate 3 Monate 4 4<br />
über 60 475 ➔ 475 425 ➔ 425 3 Monate 3 Monate 4 4<br />
2.3.2 Verschärfung des Fahrverbotes bei Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Bussen ohne Fahrgäste (und „normale“ LKW)<br />
Überschreitung Regelsatz (€) Fahrverbot Punkte<br />
in km/h (keine Änderungen) (Änderungen) (keine Änderung)<br />
Innerorts Außerorts innerorts außerorts innerorts außerorts<br />
bis 10 20 15 – – – –<br />
11 – 15 30 25 – – – –<br />
bis 15 für mehr<br />
als 5 Minuten Dauer<br />
oder in mehr als zwei<br />
Fällen nach Fahrtantritt<br />
50 40 – – 1 1<br />
16 – 20 50 40 – – 1 1<br />
21 – 25 60 60 – – 1 1<br />
26 – 30 90 60 kein FV ➔ 1 M. – 3 3<br />
31 – 40 125 100 1 Monat kein FV ➔ 1 M. 3 3<br />
41 – 50 175 150 2 Monate 1 Monat 4 3<br />
51 – 60 300 275 3 Monate 2 Monate 4 4<br />
über 60 425 375 3 Monate 3 Monate 4 4<br />
30 BR-Drucks. 843/03, S. 11, 24.<br />
31 BR-Drucks. 843/03 (Beschluss); Begründung: „Die vom Bundesministerium für Verkehr,<br />
Bau- und Wohnungswesen vorgesehene Bußgeldbewehrung von Zuwiderhandlungen<br />
gegen die Hinweispflicht soll der in Artikel 4 Nr. 1 normierten Verhaltenspflicht<br />
den nötigen Nachdruck verleihen. Der Hinweis des Fahrzeugführers<br />
stellt einen zusätzlichen „Service“ (mit verkehrserzieherischem Hintergrund) für<br />
den Fahrgast dar, der sich als Verkehrsteilnehmer grundsätzlich selbst über die für<br />
die Teilnahme am Verkehr geltenden Regelungen zu informieren und diese zu beachten<br />
hat. Es ist nicht gerechtfertigt, diesen „Service“ mit einer Bußgeldbewehrung<br />
zu versehen. Ferner würde die Bußgeldbewehrung in der Praxis große<br />
Vollzugsprobleme aufwerfen.“<br />
<strong>SVR</strong> 3/2004 | 85
AUFSÄTZE | Albrecht, <strong>Neue</strong> <strong>Bußgeldregelungen</strong> <strong>zum</strong> <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004<br />
2.4 Verschärfung der Sanktionen für Verstöße der Busfahrer und -unternehmer gegen technische Vorschriften und Vorschriften über<br />
Geschwindigkeitsbegrenzer (Nr. 214 ff., Nr. 223 f. BKat)<br />
Bisherige Regelung Neuregelung<br />
■ Fahrzeugmängel – Sanktionen gelten unabhängig<br />
von der Fahrzeugart<br />
Fälle: Unvorschriftsmäßigkeit, wenn dadurch die<br />
Verkehrssicherheit wesentlich beeinträchtigt war<br />
(insb. Lenkeinrichtungen, Bremsen, Einrichtungen<br />
zur Verbindung von Fahrzeugen, Ladung oder Besetzung)<br />
für Busse und Lkw andere Kfz<br />
Fahrer (Nr. 214 bis 214.3 BKat 50,- €,3 Punkte 100,- €, 3 Punkte keine Änderung<br />
bei Bussen mit Fahrgästen 75,- €, 3 Punkte 150,- €, 3 Punkte<br />
Halter (Nr. 189.2 bis 189.3 BKat) 75,- €, 3 Punkte 150,- €, 3 Punkte keine Änderung<br />
bei Bussen mit Fahrgästen 112,50 €, 3 Punkte 225,- €, 3 Punkte<br />
■ Geschwindigkeitsbegrenzer<br />
Fälle: Begrenzer fehlte, war auf unzulässige<br />
Werte eingestellt oder wurde nicht benutzt<br />
Fahrer (Nr. 223 BKat) 50,- €, 3 Punkte 100,- €, 3 Punkte nicht relevant<br />
bei Bussen mit Fahrgästen 75,- €, 3 Punkte 150,- €, 3 Punkte<br />
Halter (Nr. 224 BKat) 75,- €, 3 Punkte 150,- €, 3 Punkte nicht relevant<br />
bei Bussen mit Fahrgästen 112,50 €, 3 Punkte 225,- €, 3 Punkte<br />
3. Neuregelungen mit vorrangiger Auswirkung im<br />
PKW-Bereich<br />
3.1 Rechtswidriges Telefonieren während der Fahrt (Streichung<br />
Nr. 109 ff. BKat und Übernahme in den Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog<br />
bei gleichzeitiger Anhebung der Geldbuße für<br />
Kfz-Führer von 30 € – ohne Punkt – auf 40 € – mit Punkt – und<br />
für Radfahrer von 15 € auf 25 € – weiter ohne Punkt -).<br />
Inhalt der Änderung ist die Anhebung der Regelgeldbuße für<br />
Zuwiderhandlungen gegen § 23 Abs. 1a StVO (Verbot des<br />
Telefonierens mit dem Hörer in der Hand, sog. „hand-held“-<br />
Verbot) in den Bußgeldbereich. Hintergrund sind die hinlänglich<br />
bekannten erheblichen Vollzugsdefizite. Die Verschärfung<br />
konnte wegen der Regelung des § 1 Abs. 2 BKatV<br />
allerdings nicht im Rahmen des Bußgeldkataloges erfolgen.<br />
Die im Bußgeldkatalog bestimmten Beträge gehen hiernach<br />
von fahrlässiger Begehung aus. Anders als bei den meisten Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten<br />
kommt ein fahrlässiger<br />
Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO aber kaum in Betracht. Selbst<br />
Personen, die die Vorschrift nicht kennen sollten, handeln<br />
im vermeidbaren Verbotsirrtum und damit vorsätzlich, weil sie<br />
lediglich irrtümlich annehmen, das Tun sei erlaubt. 32<br />
Diese Divergenz bestand zwar im Prinzip bereits bei der im Zusammenhang<br />
mit der 33. ÄndVStVR erfolgten Einstellung der<br />
das Telefonieren betreffenden Tatbestände in den damaligen Ver-<br />
86 | <strong>SVR</strong> 3/2004<br />
warnungsgeldkatalog. 33 Sie erschien seinerzeit jedoch im Interesse<br />
der Allgemeinprävention und der bundesweit einheitlichen<br />
Ahndungshöhe hinnehmbar. Denn der Verwarnungsgeldkatalog<br />
war bis zu seiner Übernahme in die Bußgeldkatalog-Verordnung<br />
<strong>zum</strong> <strong>1.</strong> Januar 2002 34 nur eine Verwaltungsvorschrift, an<br />
die geringere rechtsförmliche Anforderungen als an eine Verordnung<br />
zu stellen sind. Auch nach der Übernahme sämtlicher<br />
Verwarnungsgeldregelungen in den Bußgeldkatalog verblieb<br />
die Sanktionshöhe noch im Verwarnungsgeldbereich. Mit der<br />
jetzigen Verschärfung in den Bußgeldbereich erhielt dieser Gesichtspunkt<br />
nunmehr neues Gewicht.<br />
Der Verordnungsgeber hielt es deshalb für angezeigt, so vorzugehen<br />
wie dies auch bei anderen ausschließlich oder regelmäßig<br />
vorsätzlich begangenen Zuwiderhandlungen, wie der Beteiligung<br />
an illegalen Kfz-Rennen, erfolgt ist. Der betreffende Tatbestand<br />
wird in solchen Fällen nicht im Bußgeldkatalog geregelt,<br />
sondern es erfolgt eine Absprache der Länder über die<br />
regelmäßige Höhe der Ahndung. Die bundesweite Einheitlich-<br />
32 Zu dieser Art der Fallgestaltung vgl. BGHSt 2, 194, 19, 297; Hentschel, Straßenverkehrsrecht,<br />
37. Aufl., Rn. 34 ff. zu § 24 StVG; Mühlhaus, Janiszewski, StVO, 15.<br />
Aufl., Einl., Rn. 68.<br />
33 VwV v. 26.<strong>1.</strong>2001 (BAnz. S. 1419).<br />
34 Vgl. dazu Amtl. Begründung zur BKatV, VKBl. 2001, 560 ff.
keit wird dann über deren Erlasse, seit <strong>1.</strong> Januar 2003 durch<br />
den Bundeseinheitlichen Tatbestandskatalog, 35 gewährleistet.<br />
Für die Zuwiderhandlung gegen § 23 Abs. 1a StVO wird die<br />
dort festgelegte Sanktion – so die Amtliche Begründung zur<br />
Verordnung ausdrücklich 36 – 40 € bei einer Kraftfahrerin oder<br />
einem Kraftfahrer und 25 € bei einer Radfahrerin oder einem<br />
Radfahrer betragen.<br />
3.2 Weitere Änderungen sind:<br />
■ die Verschärfung der Regelgeldbuße für das Parken an Engstellen<br />
mit Behinderung von Rettungsfahrzeugen im Einsatz<br />
(Nr. 51a.3 BKat: bisher nicht ausdrücklich geregelt,<br />
künftig 40 € mit einem Punkt). Damit ist der Verordnungsgeber<br />
zwar ausnahmsweise von seinem Grundsatz abgerückt,<br />
dass Zuwiderhandlungen im ruhenden Verkehr<br />
als geringfügige Ordnungswidrigkeiten anzusehen sind. Das<br />
ist vorliegend aber wegen der tatsächlichen und potenziellen<br />
Folgen gerechtfertigt. Denn wird ein Einsatzfahrzeug<br />
konkret behindert, so kann dies das Leben derjenigen oder<br />
desjenigen gefährden, zu deren oder dessen Rettung das<br />
Einsatzfahrzeug ausgerückt ist. Insofern wiegt die Zuwiderhandlung<br />
noch deutlich schwerer als etwa das Parken auf<br />
einem Behindertenparkplatz, wenn dadurch Berechtigten<br />
das Parken verwehrt wird. Auch hier besteht zwar eine konkrete<br />
Behinderung, der Verordnungsgeber war Forderungen,<br />
die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße zu bedrohen<br />
und in das Verkehrszentralregister einzutragen, wegen<br />
des erwähnten Grundsatzes jedoch nicht gefolgt;<br />
■ die neue Regelgeldbuße für das Einfahren in einen Kreisverkehr<br />
in unzulässiger Richtung (Nr. 139 BKat: 20 € ohne<br />
Punkt) sowie<br />
■ die Anhebung des Verwarnungsgeldes für die Anbringung<br />
unzulässiger lichttechnischer Einrichtungen (Nr. 22<strong>1.</strong>2<br />
BKat: von 5 € auf 20 €).<br />
4. Ausblick auf geplante Neuregelungen im Bereich<br />
der Sanktionen für Verkehrsverstöße<br />
In den parlamentarischen Beratungen befinden sich insoweit<br />
gegenwärtig zwei Gesetzentwürfe, zu denen die Erörterungen<br />
noch andauern, und zwar<br />
■ der Entwurf für ein Justizmodernisierungsgesetz (JuMoG). 37<br />
Damit sollen u. A. die Regelungen zu den Tilgungsfristen für<br />
Eintragungen im VZR (§ 29 StVG) überarbeitet werden.<br />
Der Regierungsentwurf sieht vor, dass die Hemmung des<br />
Ablaufs der Tilgungsfrist künftig bereits dann eintreten<br />
soll, wenn eine neue Tat vor Ablauf der Tilgungsfrist begangen<br />
worden ist und bis <strong>zum</strong> Ablauf der sog. Überliegefrist<br />
(zzt. drei Monate, künftig ein Jahr) zu einer weiteren Eintragung<br />
führt. Gegenwärtig knüpft die Tilgungshemmung<br />
an der Rechtskraft der Entscheidung wegen der neuen Tat<br />
an. Mit der Neuregelung soll verhindert werden, dass Betroffene<br />
Rechtsmittel nur deshalb einlegen, um das Verfahren<br />
so lange hinaus zu zögern, bis bereits bestehende<br />
Eintragungen getilgt sind. Der Bundesrat 38 hat im ersten<br />
Durchgang darüber hinaus vorgeschlagen, die Tilgungsregeln<br />
außerdem so zu ändern, dass auch Eintragungen<br />
während der Überliegefrist für Zwecke des Bußgeld- und<br />
Albrecht, <strong>Neue</strong> <strong>Bußgeldregelungen</strong> <strong>zum</strong> <strong>1.</strong> <strong>April</strong> 2004 | AUFSÄTZE<br />
Strafverfahrens verwertet werden können. Gegenwärtig<br />
gilt insoweit ein Übermittlungsverbot (§ 29 Abs. 7 Satz 1<br />
StVG). Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme<br />
bereits darauf aufmerksam gemacht, dass dies eine faktische<br />
Verlängerung der Tilgungsfristen zur Folge hätte. 39 Dies ginge<br />
– <strong>zum</strong>al es sich auch um eine ganz erhebliche zeitliche<br />
Verlängerung handeln würde – deutlich über den Regelungszweck<br />
hinaus. Das Ergebnis der weiteren Beratungen,<br />
insbesondere in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages<br />
sowie im zweiten Durchgang, bleibt abzuwarten.<br />
■ der Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Sanktionenrechts.<br />
40 Mit diesem Gesetzentwurf der Bundesregierung<br />
sollen die Möglichkeiten erweitert werden, um auf Straftäter<br />
bei kleiner und mittlerer Kriminalität besser einwirken<br />
und insbesondere die Vollstreckung kurzer Freiheitsstrafen<br />
vermeiden zu können. Vorgesehen sind u. A. Neuregelungen<br />
<strong>zum</strong> Fahrverbot im Strafrecht (§ 44 StGB). Dieses soll<br />
zur Hauptstrafe umgestaltet werden. Bisher kann das Fahrverbot<br />
nur neben einer Geldstrafe verhängt werden, künftig<br />
soll es bei Verkehrsstraftaten eigenständig verhängt<br />
werden dürfen. Die Änderung soll nach den Vorstellungen<br />
der Bundesregierung die häufigere Verhängung des Fahrverbotes<br />
bei allgemeiner Kriminalität bewirken, zugleich<br />
aber die Voraussetzung, dass zwischen der Straftat und dem<br />
Führen eines Kfz ein Zusammenhang bestanden haben<br />
muss, erhalten (z.B. Abtransport von Diebesgut mit dem<br />
PKW). Die Höchstdauer des Fahrverbotes soll zugleich von<br />
z.Zt. 3 Monaten auf 6 Monate verlängert und seine Wirksamkeit<br />
auf einen Monat nach Rechtskraft des Urteils (bisher<br />
mit Rechtskraft des Urteils) festgelegt werden. Der<br />
Bundesrat hat im ersten Durchgang 41 darüber hinaus die generelle<br />
Ausdehnung des Fahrverbotes auf die allgemeine<br />
Kriminalität, also als eigenständige Sanktion bei allen Straftaten,<br />
beschlossen. 42 Auch insoweit sind die weiteren Erörterungen,<br />
insbesondere in den Ausschüssen des Deutschen<br />
Bundestages, abzuwarten. Auswirkungen auf die Ahndung<br />
von Verkehrsordnungswidrigkeiten werden sich auch nach<br />
dem Beschluss des Bundesrates aber nicht ergeben.<br />
35 Die Tatbestandskataloge der Länder enthielten im Interesse der Vereinheitlichung<br />
und Vereinfachung der Verwaltungspraxis für die häufigsten Verkehrsverstöße vorformulierte<br />
Tatvorwürfe, mit denen die Regelungen der BKatV umgesetzt sowie<br />
dort im Verwarnungsgeldbereich bestehende Lücken geschlossen worden sind. Die<br />
Kataloge dienten mit dem dort eingeführten System der Tatbestandsnummern<br />
der möglichst einfachen Fixierung festgestellter Verkehrsverstöße vor Ort sowie der<br />
Automatisierung der Verarbeitung dieser Feststellungen im Bußgeldverfahren.<br />
Die meisten Länder haben in der Vergangenheit den von Hessen erarbeiteten Tatbestandskatalog,<br />
ergänzt um länderspezifische Regelungen, angewandt. Darüber<br />
hinaus galten einige weitere Kataloge einzelner Länder. Seit <strong>1.</strong><strong>1.</strong>2003 gilt der<br />
Bundeseinheitliche Tatbestandskatalog, der diese Funktion nunmehr übernommen<br />
hat (vgl. hierzu § 4 Abs. 1 Nr. 3 Abs. 1a der VwV-VZR; BAnz. 2000, S. 17269).<br />
36 BR-Drucks. 843/03, S. 18.<br />
37 BT-Drs. 15/1508.<br />
38 BT-Drs. 15/1508, S. 46.<br />
39 BT-Drs. 15/1508, S. 52.<br />
40 BR-Drucks. 3/04.<br />
41 Plenum am 13. Februar 2004; BR-Drs. 3/04 (Beschluss).<br />
42 Zu den – überzeugenden – Gegenargumenten vgl. insbesondere Abschlussbericht<br />
der Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sanktionensystems vom März<br />
2000, S. 32 (veröffentlicht unter: www.bmj.de/images/10365.pdf); König NZV<br />
2001, 6 ff.; Röwer, Blutalkohol 38, 90; Schäpe in Materialien des 39. Deutschen Verkehrsgerichtstages,<br />
S. 90 ff. Der Arbeitskreis II des 39. VGT 2001 hatte die Ausdehnung<br />
abgelehnt.<br />
<strong>SVR</strong> 3/2004 | 87