Merkblatt 6: Europäischer Geschmacksmusterschutz - TGZ Würzburg
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Zentrum Marke & Patent<br />
ERFINDUNGEN PATENT VERWERTEN<br />
<strong>Merkblatt</strong> 6: Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz<br />
Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster, d. h. das Geschmacksmuster der Europäischen Union,<br />
schützt neue Erscheinungsformen, die geeignet sind, auf den Formen- und Farbensinn eines<br />
Betrachters einzuwirken und die gestalterische Eigenart aufweisen. Das Gemeinschaftsge-<br />
schmacksmuster gewährt einen einheitlichen Schutz im gesamten Gebiet der Europäischen Union.<br />
Es ersetzt dabei nicht die nationalen Geschmacksmuster, sondern tritt neben sie.<br />
Unterschiede zwischen dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster und dem (deutschen) Ge-<br />
schmacksmuster:<br />
• Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster enthält zwei Schutzformen: Das eingetragene und<br />
das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster;<br />
• Im Gemeinschaftsrecht heißt der zu schützende Gegenstand vor der Eintragung Ge-<br />
schmacksmuster und danach Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Nach dem deutschen<br />
Recht wird das Erzeugnis vor der Eintragung als Muster bezeichnet und nach der Eintra-<br />
gung als Geschmacksmuster;<br />
• Innerhalb einer Sammelanmeldung ist beim deutschen Geschmacksmuster die Anzahl der<br />
Muster auf 100 begrenzt, beim Gemeinschaftsgeschmacksmuster unbegrenzt;<br />
• Will der Antragsteller eine sogenannte Ausstellungspriorität in Anspruch nehmen, genügt<br />
für ein deutsches Geschmacksmuster eine Offenbarung auf einer geschützten Ausstellung,<br />
die vom Bundesministerium der Justiz benannt worden ist; beim Gemeinschafts-<br />
geschmacksmuster muss es sich um eine – vergleichsweise seltener stattfindende -<br />
internationale Ausstellung handeln.<br />
A. Schutzinhalt/Schutzwirkung<br />
Der Umfang des Schutzes aus einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster erstreckt sich auf jedes<br />
Geschmacksmuster, das beim informierten Benutzer keinen anderen Gesamteindruck erweckt.<br />
Das eingetragene und bekannt gemachte Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt dem Inhaber<br />
das ausschließliche Recht an der Nutzung sowie das Recht Dritten zu verbieten, es ohne seine<br />
Zustimmung zu verwenden. Das Benutzen/Verwenden umfasst insbesondere die Herstellung, das<br />
Anbieten, das in Verkehr bringen, die Ein- und Ausfuhr und/oder den Besitz von verletzenden Er-<br />
zeugnissen zu den vorgenannten Zwecken.<br />
Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster gewährt nur ein Verbietungsrecht für<br />
den Fall, dass das verletzende Erzeugnis das Ergebnis einer Nachahmung des geschützten<br />
Geschmacksmusters ist, wofür der Inhaber im Verletzungsstreit beweispflichtig ist.<br />
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Nicht geschmacksmusterfähig sind:<br />
• Abstrakte Ideen; Muster, die keine Erscheinungsform eines Erzeugnisses sind;<br />
• Erscheinungsmerkmale, die ausschließlich durch ihre technische Funktion bedingt sind<br />
(Bsp.: Form des Scherkopfs eines Rasierapparates);<br />
• Erscheinungsmerkmale, die für einen Zusammenbau von zwei Erzeugnissen bestimmt sind<br />
(Bsp.: Verbindungsmuffen für Auspuffrohre);<br />
• Erscheinungsmerkmale eines Bauelementes von komplexen Erzeugnissen, die für den<br />
Endbenutzer nicht sichtbar sind (Bsp.: nicht sichtbare Teile eines Kfz);<br />
• funktional vorgegebene Merkmale (Bsp.: Einteilungen auf dem Ziffernblatt einer Uhr);<br />
• Muster, die gegen die öffentliche Ordnung und guten Sitten verstoßen;<br />
• Wappen, Abzeichen und Embleme von öffentlichem Interesse.<br />
B. Schutzvoraussetzungen<br />
1. Geschmacksmuster<br />
• Geschmacksmuster ist die Erscheinungsform eines Erzeugnisses oder eines Teils davon,<br />
einschließlich Verpackung, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen,<br />
Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur, des Werkstoffs oder der Verzierung ergibt;<br />
• Wenn der Gegenstand ein zweidimensionales Design hat, spricht man von einem Flächen-<br />
muster, bei einem dreidimensionalen Design dagegen von einem Modell;<br />
• Geschützt werden auch typografische Schriftzeichen, d. h. Schriftarten und Zahlen (aber<br />
nicht der Buchstabe an sich).<br />
2. Neuheit<br />
• Am Stichtag ist den in der Gemeinschaft (EU) tätigen Fachkreisen kein identisches<br />
(darunter fallen auch lediglich unwesentliche Unterscheidungsmerkmale) Muster bekannt<br />
und konnte ihnen auch nicht bekannt sein (auch Offenbarungen in Drittstaaten können den<br />
in der Gemeinschaft tätigen Fachkreisen die Möglichkeit der Kenntnisnahme geben, bspw.<br />
die Offenbarung von Computergehäusen auf asiatischen Märkten);<br />
• Maßgeblicher Zeitpunkt für den Stichtag: Tag der Anmeldung bei eingetragenen<br />
Gemeinschaftsgeschmacksmustern, bei nicht eingetragenen Gemeinschaftsge-<br />
schmacksmustern Tag der erstmaligen Veröffentlichung.<br />
Unbeachtlich sind: Offenbarungen, wenn sie vom Entwerfer oder seinem Rechtsnachfolger<br />
weniger als zwölf Monate vor dem Anmeldetag des Gemeinschaftsgeschmacksmusters der<br />
Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.<br />
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3. Eigenart<br />
Ein Geschmacksmuster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es bei einem in-<br />
formierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes<br />
vorveröffentlichtes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft. Ob sich ein<br />
Geschmacksmuster von einem anderen Geschmacksmuster unterscheidet, kann immer<br />
nur im Vergleich mit einem einzelnen Muster des vorbekannten Formenschatzes ermittelt<br />
werden (Grundsatz des Einzelvergleichs). Eine Überdurchschnittlichkeit der<br />
Gestaltungshöhe ist nicht erforderlich. Bei der Beurteilung der Eigenart wird berücksichtigt,<br />
ob in einer Erzeugnisklasse bereits eine hohe Musterdichte existiert. Ist dies der Fall, sind<br />
die Anforderungen an den Unterscheidungsgrad entsprechend geringer.<br />
C. Erteilungsverfahren<br />
Die schriftliche Anmeldung in deutscher Sprache kann grundsätzlich sowohl beim Deutschen<br />
Patent- und Markenamt (DPMA) in München als auch beim Harmonisierungsamt für den<br />
Binnenmarkt (HABM) in Alicante (Spanien) erfolgen. Da für diese Eintragung allerdings<br />
ausschließlich das HABM zuständig ist, werden beim DPMA eingereichte Anmeldungen an das<br />
HABM weitergeleitet. Für die Weiterleitung wird dann eine zusätzliche Gebühr (25,- €) fällig.<br />
Zu den ausgefüllten vorgeschriebenen Vordrucken (Formulare können unter http://oami.europa.eu<br />
→ Formulare → nicht elektronische Formulare herunter geladen werden; direkte Online-<br />
Anmeldung über → elektronische Formulare möglich) sollte die Anmeldung außerdem Angaben<br />
zur Identität des Anmelders, die Angabe der Einreichungssprache, eine Darstellung des Musters<br />
sowie dessen Beschreibung enthalten. Um eine rasche Eintragung zu erreichen, sollten nur solche<br />
Angaben gemacht werden, die in der Eurolocarno-Klassifikation enthalten sind (siehe<br />
http://oami.europa.eu/de/design/eurolocarno.htm). Beachte: Die Wiedergabe des<br />
Geschmacksmusters muss die entscheidenden Merkmale eindeutig erkennen lassen, denn nur auf<br />
diese erstreckt sich letztlich der Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz.<br />
Im Rahmen einer Eingangs- und Formalprüfung prüft das HABM, ob die formellen<br />
Voraussetzungen der Anmeldung erfüllt sind und ob Geschmacksmusterfähigkeit bejaht werden<br />
kann. Eine Prüfung der Schutzvoraussetzungen „Neuheit“ und „Eigenart“ findet dagegen nicht<br />
statt. Diese Voraussetzungen können im Streitfalle durch die ordentlichen Gerichte geprüft werden.<br />
Grundsätzlich besteht aber eine Vermutung für die Rechtsgültigkeit von eingetragenen<br />
Geschmacksmustern (→ Beweislastumkehr).<br />
Wenn die Anmeldung den formellen Erfordernissen genügt und keine Ausschlussgründe nach Art.<br />
8, 9 Gemeinschaftsgeschmacksmuster-Verordnung (GGV) vorliegen, verfügt das HABM die<br />
Eintragung in das elektronisch geführte Gemeinschaftsgeschmacksmusterregister. Mit der<br />
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Eintragung beginnt der Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz. Nach der Eintragung in das<br />
Register erfolgt die Bekanntmachung im Blatt für Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das im<br />
Internet unter der Adresse http://oami.europa.eu/ows/rw/pages/RCD/RCDBulletin.de.do öffentlich<br />
zugänglich und recherchierbar ist.<br />
Es kann eine Aufschiebung der Bildbekanntmachung um bis zu 30 Monate nach dem<br />
Anmeldetag erfolgen. Während der Aufschiebungsfrist besteht aber kein Schutz mit absoluter<br />
Sperrwirkung, sondern nur Nachahmungsschutz ( Inhaber muss beweisen, dass das<br />
Verletzungsmuster das Ergebnis einer Nachahmung des Schutzmusters ist).<br />
Hat der Anmelder das Geschmacksmuster bereits zuvor in einem Mitgliedsstaat der Pariser<br />
Verbandsübereinkunft (PVÜ) oder einer vergleichbaren Organisation angemeldet, kann er eine<br />
sogenannte Auslandspriorität innerhalb von sechs Monaten nach Einreichung der ersten<br />
Anmeldung in Anspruch nehmen. Die wirksame Inanspruchnahme dieser Priorität bewirkt, dass<br />
der Prioritätstag an die Stelle des Anmeldetages tritt. Die Auslandspriorität kann dabei nicht nur auf<br />
der Grundlage eines vorangemeldeten Geschmacksmusters, sondern auch eines<br />
Gebrauchsmusters beansprucht werden.<br />
Darüber hinaus kann ein Prioritätsrecht auch aus einer Offenbarung des Gegenstandes des<br />
Geschmacksmusters auf einer internationalen Ausstellung hergeleitet werden<br />
(Ausstellungspriorität). Auch hierbei gilt eine Frist von sechs Monaten ab dem Tag der ersten<br />
Zurschaustellung. Die Inanspruchnahme einer Ausstellungspriorität hat die gleiche Wirkung wie die<br />
Inanspruchnahme einer Auslandspriorität.<br />
Für den Fall, dass mehrere Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen werden sollen, gibt es<br />
im Übrigen auch die Möglichkeit der Sammelanmeldung, die zahlenmäßig nicht begrenzt ist.<br />
Voraussetzung ist lediglich, dass die Geschmackmuster derselben Klasse angehören.<br />
D. Schutzdauer<br />
Die Schutzdauer des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster beträgt zunächst 5 Jahre<br />
und kann auf maximal 25 Jahre verlängert werden. Die Frist beginnt mit dem Tag der Anmeldung.<br />
Die Schutzdauer des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters beträgt maximal 3<br />
Jahre, wobei maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der Tag ist, an dem es der Öffentlichkeit<br />
erstmals bekannt gemacht worden ist. Notwendig für diese Bekanntmachung ist eine Offenbarung<br />
in der Weise, dass die in der Gemeinschaft tätigen Fachkreise des betreffenden Wirtschaftszweigs<br />
unter normalen Umständen von dem Geschmacksmuster Kenntnis erlangen konnten. Die<br />
Offenbarung muss außerdem auch auf dem Gebiet der EU stattgefunden haben.<br />
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E. Kosten<br />
Eintragungsgebühr (Schutzdauer zunächst 5 Jahre)<br />
• Bei Einzelanmeldung: 230,- €<br />
• Bei Sammelanmeldung:<br />
- Zusätzlich für das 2. bis 10. Geschmacksmuster: jeweils 115,- €<br />
- Zusätzlich ab dem 11. Geschmacksmuster: jeweils 50,- €<br />
Bekanntmachungsgebühr (Schutzdauer zunächst 5 Jahre)<br />
• Bei Einzelanmeldung: 120,- €<br />
• Bei Sammelanmeldung:<br />
- Zusätzlich für das 2. bis 10. Geschmacksmuster: jeweils 60,- €<br />
- Zusätzlich ab dem 11. Geschmacksmuster: jeweils 30,- €<br />
Gebühr für die Aufschiebung der Bildbekanntmachung<br />
• Bei Einzelanmeldung: 40,- €<br />
• Bei Sammelanmeldung:<br />
- Zusätzlich für das 2. bis 10. Geschmacksmuster: jeweils 20,- €<br />
- Zusätzlich ab dem 11. Geschmacksmuster: jeweils 10,- €<br />
Die Verlängerungsgebühren sind progressiv und betragen für jedes Geschmacksmuster (auch<br />
innerhalb einer Sammelanmeldung) für jeweils weitere 5 Jahre 90,- €; 120,- €; 150,- € und 180,- €.<br />
Gesamtübersicht über alle Gebühren kann unter http://oami.europa.eu → Geschmacksmuster →<br />
Gebühren nachgelesen werden.<br />
F. Schutzverfahren<br />
1. Beschwerdeverfahren<br />
Gegen die Entscheidungen des HABM ist innerhalb von zwei Monaten bei der Beschwerdekam-<br />
mer des Gemeinschaftsgeschmacksmusteramtes Beschwerde möglich. Diese überprüft die<br />
Entscheidung entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers sowohl in sachlicher als auch in<br />
rechtlicher Hinsicht.<br />
Gegen die Entscheidungen der Beschwerdekammern ist ebenfalls innerhalb von zwei Monaten<br />
Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) möglich. Der EuGH überprüft die Entscheidung der<br />
Beschwerdekammern dann allerdings nur noch in rechtlicher Hinsicht.<br />
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2. Nichtigkeitsverfahren<br />
Zwar gibt es kein Einspruchsverfahren, aber die Möglichkeit, ein eingetragenes Gemeinschaftsge-<br />
schmacksmuster anzugreifen, indem beim HABM ein Antrag auf Löschung gestellt wird.<br />
Für ein nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster gibt es dagegen kein<br />
Nichtigkeitsverfahren vor dem HABM, da das HABM nur für Eintragungen zuständig ist. Dennoch<br />
gibt es auch hierfür Schutzmöglichkeiten: So bleibt die Klage auf Erklärung der Nichtigkeit bei den<br />
zuständigen Gerichten sowie die Widerklage auf Feststellung der Nichtigkeit in einem eventuellen<br />
Verletzungsverfahren.<br />
3. Verletzungsverfahren<br />
Vor Erhebung einer Klage sollte der Schutzrechtsinhaber zunächst eine Berechtigungsanfrage<br />
und / oder eine Abmahnung aussprechen (zur grundsätzlichen Vorgehensweise vgl. <strong>Merkblatt</strong><br />
<strong>Geschmacksmusterschutz</strong>).<br />
Wird das eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster durch einen Dritten verletzt, so kann der<br />
Rechtsinhaber gegen die Verletzung in dem EU-Mitgliedstaat Klage erheben, in dem der Beklagte<br />
seinen Sitz hat. Die Entscheidungen dieses Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichtes haben<br />
EU-weite Wirkung.<br />
Eine Verletzungsklage kann auch in jedem Land anhängig gemacht werden, in dem eine Verlet-<br />
zung begangen wurde. Das danach zuständige Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht ist aber<br />
dann nur für diese nationalen Verletzungshandlungen zuständig, weshalb das Urteil auch nur in<br />
diesem einen Land seine Wirkung entfaltet.<br />
Wegen paralleler Verletzungen in anderen europäischen Ländern kann und muss daher noch ein-<br />
mal zusätzlich geklagt werden.<br />
Im Verletzungsverfahren eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters wird von<br />
der Rechtsgültigkeit des Musters ausgegangen, wenn der Inhaber beweist, dass er das<br />
Geschmacksmuster erstmals öffentlich zugänglich gemacht hat und darlegt, inwieweit es Eigenart<br />
aufweist. Da das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster nur einen Nachahmungs-<br />
schutz gewährt, obliegt dem Berechtigten auch der Nachweis dafür, dass der Entwerfer des<br />
verletzenden Erzeugnisses den Gegenstand des Schutzrechtes entweder gekannt hat oder dass<br />
es ihm bekannt sein konnte und dass aufgrund wesentlicher Übereinstimmungen der erste<br />
Anschein auf eine Nachbildung schließen lässt. Die Beweislast, dass keine Nachahmung, sondern<br />
ein selbständiger Entwurf des Verletzers vorliegt, liegt dann beim Beklagten.<br />
<strong>Merkblatt</strong> 6: <strong>Europäischer</strong> <strong>Geschmacksmusterschutz</strong> 6
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G. Hinweise<br />
• Mit nur einer einzigen Anmeldung besteht für das Gemeinschaftsgeschmacksmuster<br />
einheitlicher Schutz in allen Mitgliedstaaten der EU;<br />
• Im Gegensatz zur Gemeinschaftsmarke muss der Anmelder bzw. Inhaber nicht Angehöri-<br />
ger eines Verbandstaates der Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) oder der Welt-<br />
handelsorganisation (WTO) sein;<br />
• Um die Verletzung der Rechte Dritter zu vermeiden, empfiehlt sich vor der Anmeldung beim<br />
HABM in Alicante eine Recherche im Gemeinschaftsgeschmacksmusterregister durchfüh-<br />
ren zu lassen. Dies ist deshalb so wichtig, da das HABM bei der späteren Erteilung keine<br />
Prüfung der Schutzvoraussetzungen mehr vornehmen wird.<br />
• Für ganze Kollektion (anzahlmäßig nicht begrenzt) lohnen sich normalerweise Sammelan-<br />
meldungen, da diese wesentlich kostengünstiger als Einzelanmeldungen sind;<br />
• Ähnlich der internationalen Registrierung von Marken (vgl. <strong>Merkblatt</strong> Internationaler und<br />
<strong>Europäischer</strong> Markenschutz) kann auch ein Geschmacksmuster durch eine internationale<br />
Registrierung auf weitere Länder ausgedehnt werden. Dem Haager Abkommen über die<br />
internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle gehören aktuell 56<br />
Mitgliedsstaaten an (Aufstellung der Vertragsstaaten: www.wipo.int/hague/en/members).<br />
Die internationale Registrierung erfolgt bei der World Intellectual Property Organisation<br />
(WIPO) in Genf in französischer oder englischer Sprache. Der Anmelder muss einem<br />
Vertragsstaat angehören oder dort seinen Sitz haben. Schutzfähigkeit, -dauer und –wirkung<br />
richten sich nach dem jeweiligen nationalen Recht der Vertragsstaaten.<br />
• Eine Selbstanmeldung ohne fachliche Unterstützung ist nur zu empfehlen, wenn bereits<br />
Erfahrungen mit dem Verfassen von Gemeinschaftsgeschmacksmusterschriften bestehen.<br />
Ansonsten ist das Risiko groß, dass formale und strategische Fehler bei der Anmeldung<br />
entstehen. Es wird daher geraten, entsprechende Fachleute, wie z.B. einen Patentanwalt,<br />
zu Rate zu ziehen. Die Kosten für die professionelle Erstellung einer Gemeinschaftsge-<br />
schmacksmusterschrift und die damit zusammenhängenden Dienstleistungen des Patent-<br />
anwalts belaufen sich insgesamt auf ca. 1.200 €.<br />
Stand: Mai 2012<br />
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Herausgeber und Ansprechpartner:<br />
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c/o Technologie- und Gründerzentrum <strong>Würzburg</strong><br />
Sedanstraße 27 · 97082 <strong>Würzburg</strong><br />
Tel: 0931 4194-350 · Fax: 0931 4194-205<br />
info@tgz-wuerzburg.de · www.tgz-wuerzburg.de<br />
Hinweis: Dieses <strong>Merkblatt</strong> soll nur erste Informationen geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Voll-<br />
ständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Rich-<br />
tigkeit nicht übernommen werden.<br />
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