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Jahresmagazin 2012 - Tennis-Club SCC Berlin e.V.

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Einzel oder Doppel?<br />

Ein philosophischer Ansatz von Stephan Rüger<br />

<strong>Tennis</strong>! – <strong>Tennis</strong> bedeutet für mich lebenslustige sportliche<br />

Betätigung unter der sommerlichen Sonne eines strahlend<br />

blauen Himmels. Herrlich!<br />

Es regt Körper und Geist gleichermaßen an, flutet den<br />

ansonsten von sitzender Tätigkeit belasteten Organismus mit<br />

Sauerstoff, stählt die mit den Jahren zunehmend erschlaffende<br />

Muskulatur und regt den Verstand zu einem regelrechten<br />

Blitzgewitter neuronaler Aktivitäten an. Da soll noch mal einer<br />

behaupten, Sport sei nicht gesund. Wir wissen es besser, wir<br />

fühlen den Endorphin-Kick, wissen um das gute Gefühl nach<br />

der Anstrengung am nächsten Tag, um das freudige Erwarten<br />

bis zum nächsten Duell. Und die erhöhte Sonneneinstrahlung<br />

im Freien soll bekanntermaßen ja die körpereigene<br />

Vitamin D Produktion ankurbeln. Auch gut, oder? – Mens<br />

sana in corpore sano (ein gesunder Geist in einem gesunden<br />

Körper, Anmerkung der Redaktion).<br />

Alles könnte perfekte sein! Wäre da nicht die ewig quälende<br />

und bohrende Frage nach dem Format unseres nächsten<br />

Matches: Einzel oder Doppel? Alleine auf meiner Seite oder<br />

vier Gleichgesinnte auf dem roten Belag? Das mag trivial<br />

klingen, und der eine oder andere wird intuitiv der einen oder<br />

anderen Variante den spontanen Vorzug geben. Tatsächlich<br />

verbirgt sich hinter so viel kindlicher Fragerei aber auch die<br />

Beobachtung, dass relativ wenige - nach subjektivem Ermessen<br />

jedenfalls - Doppel gespielt werden. Warum ist das bloß so?<br />

Ich für meinen Teil mag Doppel! Ich schätze den höheren<br />

Grad an Kommunikation, die strategischen Erwägungen und<br />

manchmal auch Witzeleien mit meinem Verbündeten gegen<br />

die andere Seite. Die netzübergreifenden Halbsätze, die sich<br />

im Einzel so gerne im unterdrückten Halbgeschreie à la „Wie<br />

viele Bälle hast du?“, „War der Aus?“, „30:15 oder wie?“ mit<br />

ihren oftmals noch einsilbigeren Antworten austauschen,<br />

werden im Doppel angereichert durch echte, vollwertige<br />

Verbalkommunikation. Da erfährt man dann mehr über den<br />

Menschen neben einem auf der eigenen Spielfeldhälfte, über<br />

<strong>Tennis</strong>-<strong>Club</strong> 70 <strong>SCC</strong> e.V.<br />

das Weh und Wohl völlig fremder Familien, Fahrzeuge oder<br />

Gartenbepflanzungen. Da entgeht einem kein defektes<br />

Handy, keine Kinderkrankheit des Nachwuchses oder des<br />

Erfindungsgeistes, kein Urlaubsort mit oder auch ohne<br />

Schaben. Das Ganze natürlich nur, wenn man es mag und<br />

der Funke Anstand oder Neugier einen die Details wissen<br />

lassen möchte. Ich meine echte Anteilnahme, wirkliche<br />

Gespräche, oder zumindest die Möglichkeit dazu.<br />

Versteht mich bitte nicht falsch, was hier vielleicht als<br />

sarkastischer Unterton missverstanden werden könnte, ist<br />

bloß die textliche Überzeichnung eines von mir durchweg<br />

positiv verstandenen Sachverhaltes. Zwischenmenschlicher<br />

Austausch kann gar nicht hoch genug bewertet werden.<br />

Darüber hinaus, jeder vermasselte Ball, der im Einzel längst<br />

„Aus“ gegeben werden würde, kann unter Umständen<br />

im Doppel noch als gekonnter und in der Erprobung<br />

befindlicher Präzisionsschlag neuester Errungenschaft mit<br />

einer Punktwertung zur Geltung kommen. Dem größeren<br />

Doppelfeld sei Dank! Selbst ein unrettbar verkorkster und<br />

im Einzel der Lächerlichkeit preisgegebener Flugballkrepierer<br />

– wir reden in diesem Fall auch gerne vom sogenannten<br />

„Mondball“ – kann im Doppel unter Zuhilfenahme der<br />

Stimme des Spielpartners zumindest als minderschweres<br />

Delikt der schmerzlichen Verunglimpfung entgehen.<br />

Wenigstens unserer Ehrenrettung ist damit gedient,<br />

vorausgesetzt natürlich die volle Solidarität des Spielpartners.<br />

Wo sonst, wenn nicht im Doppel haben wir die Möglichkeit,<br />

einseitig konzentrierte Talente oder Spielstärke durch<br />

den Seitenwechsel zweier gegnerischer Protagonisten zu<br />

harmonischer Ausgewogenheit zu verhelfen? Im Einzel<br />

hieße diese Unausgewogenheit der Kräfte stets ein hohes<br />

Frustpotenzial sowohl auf Seiten des stärkeren als auch<br />

auf der des schwächeren Spielers. Wie diese letztere Partie<br />

endet wissen wir alle: Zwischenmenschlich und interaktiv<br />

bricht bei unseren beiden ungleichen Einzel-Kämpfern nach<br />

dem Match die Eiszeit an. Und glaubt mir, ich übertreibe

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