Was ist „Vollgeld“? - Sparkassen-SchulService
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<strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>„Vollgeld“</strong>?<br />
Die Schüler/-innen können erklären, wie Giralgeld durch die Banken und <strong>Sparkassen</strong><br />
geschaffen wird. Sie können erklären, wie demgegenüber der Geldkreislauf in einem<br />
Vollgeldsystem aussehen würde und sie können die beiden Systeme vergleichen.<br />
• Nennen drei Beispiele für Vorgänge, in denen Giralgeld (Buchgeld) geschaffen<br />
oder vernichtet wird.<br />
• Wie wird die Geldversorgung der Wirtschaft in einem Vollgeld-System<br />
organisiert?<br />
• Warum kann es in Wirtschaftskrisen einen „bank run“ geben? Warum besteht in<br />
einem Vollgeld-System keine Gefahr eines „bank runs“?<br />
Woher nehmen Banken und <strong>Sparkassen</strong> das Geld, das sie als Kredite vergeben? Auf<br />
den ersten Blick könnte man meinen, dass es sich um die Einlagen ihrer Kunden auf<br />
Spar- und Girokonten handelt, die sie an Kreditsuchende vermitteln. Bei genauerer<br />
Betrachtung merkt man aber, dass dies so gar nicht stimmt. Denn tatsächlich schaffen<br />
die Banken das notwendige Geld selbst. Man spricht von Geldschöpfung, genauer,<br />
von Buch- oder Giralgeldschöpfung. Diese Wirtschaftsfolie vergleicht zwei Geldsysteme,<br />
eines mit und eines ohne Buchgeldschöpfung. Gerade durch den Vergleich<br />
wird die Funktionsweise unseres Geldsystems besonders deutlich.<br />
Die Europäische Zentralbank stellt den Kreditinstituten sogenanntes Zentralbankgeld<br />
zur Verfügung. Darunter kann man sich der Einfachheit halber ruhig das uns<br />
allen bekannte Bargeld vorstellen (es gibt Zentralbankgeld auch als Buchgeld, davon<br />
sehen wir hier ab). Wenn die Kreditinstitute nun Kredite vergeben, so geschieht dies<br />
als Gutschriften auf dem Konto des Kreditnehmers – also als Buchgeld. Dieses Geld<br />
war vorher nicht da, es entsteht tatsächlich erst durch den Buchungsvorgang, es<br />
entsteht aus dem Nichts heraus. Welche Verbindung gibt es zwischen dem Kredit<br />
und dem Zentralbankgeld? Nehmen wir an, dass das durch den Kredit geschaffene<br />
Buchgeld in vollem Umfang Buchgeld bleibt, also auf Giro- oder Sparkonto kursiert.<br />
Dann muss das Kreditinstitut hierfür eine Mindestreserve bei der EZB hinterlegen –<br />
sein Bestand an Zentralbankgeld sinkt. Und wenn die Kontoinhaber Bargeld von<br />
ihren Konten abheben wollen? Dann muss das Kreditinstitut dieses Bargeld auszahlen<br />
– auch in diesem Fall sinkt sein Bestand an Zentralbankgeld.<br />
Zu Ende gedacht heißt dies: Die Kreditinstitute können so lange Buchgeld schaffen<br />
(= Kredite vergeben), bis ihr Bestand an Zentralbankgeld für Mindestreserve oder<br />
Bargeldabhebungen aufgebraucht <strong>ist</strong>. <strong>Was</strong> würde passieren, wenn sie mehr Buchgeld<br />
schaffen wollten? Dann können sie entweder die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve<br />
nicht mehr hinterlegen oder die gewünschten Bargeldauszahlungen<br />
nicht mehr vornehmen – sie wären zahlungsunfähig und würden geschlossen.<br />
Es besteht also ein Zusammenhang zwischen dem von der EZB herausgegebenen<br />
Bargeld und dem gesamten Geldvolumen einer Wirtschaft. Das <strong>ist</strong> kein 1:1-<br />
Zusammenhang, tatsächlich machen die Kreditinstitute aus einem Euro Bargeld<br />
neun Euro Buchgeld (siehe Balkengrafik auf der Folie). Diese „Aufblähung“ der Geldmenge<br />
<strong>ist</strong> an sich gar nicht negativ. Denn erstens kann die EZB die Gesamtmenge<br />
recht fein steuern und zweitens muss sie dazu gerade wegen dieser Aufblähung<br />
keine quantitativ großen Instrumente einsetzen, schließlich wirkt die Geldpolitik ja<br />
mit einer neunfachen Hebelwirkung.<br />
In Zeiten der Wirtschaftskrise kann durch diese neunfache Hebelwirkung ein Problem<br />
entstehen. Denn was passiert, wenn die Menschen zur Bank rennen (bank run)<br />
und ihre Konten auflösen möchten? Im harmlosesten Fall überlebt das betroffene<br />
Institut, kann aber nur noch weniger Kredite vergeben – mit negativen Folgen für<br />
alle (potenziellen) Kreditnehmer. Im schlimmsten Fall wird das Institut zahlungsunfähig.<br />
In jedem Fall löst sich das von ihm geschaffene Buchgeld in die Luft auf, aus<br />
der heraus es geschaffen wurde. Eine Kettenreaktion kann einsetzen und weitere<br />
<strong>Sparkassen</strong> <strong>SchulService</strong><br />
1<br />
Aktuelle<br />
Wirtschaftsfolie<br />
Lernziele<br />
Fragen und Aufgaben<br />
Geld erleichtert<br />
den Handel<br />
Die Buchgeld-<br />
schöpfung ...<br />
... ihre Grenzen, ...<br />
... und ihr Ausmaß<br />
bank run – die Krise
<strong>Was</strong> <strong>ist</strong> <strong>„Vollgeld“</strong>?<br />
Institute können zahlungsunfähig werden. Die Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstituts<br />
bedeutet, dass die von ihm geführten Konten aufgelöst werden, die Konteninhaber<br />
verlieren ihr Vermögen, gesamtwirtschaftlich gehen Nachfrage und Produktion<br />
zurück. Wirtschaftsh<strong>ist</strong>oriker gehen davon aus, dass die Weltwirtschaftskrise<br />
der 1920er Jahre durch einen solchen bank run verursacht wurde. Aus diesem Grund<br />
hilft der Staat „systemrelevanten“ Instituten. Er sichert damit nicht nur die Ex<strong>ist</strong>enz<br />
der Institute, sondern stabilisiert auch die Geldversorgung und damit die Gesamtwirtschaft.<br />
Gibt es keinen anderen Weg, außer dem Einsatz von Steuergeldern? Doch, meinen<br />
jedenfalls die Verfechter von Vollgeld-Systemen. In einem Vollgeld-System <strong>ist</strong> nur<br />
Geld im Umlauf, dass ein vollgültiges gesetzliches Zahlungsmittel <strong>ist</strong> (i. U. zu unserem<br />
Buchgeld). Diese Idee <strong>ist</strong> nicht neu und besagt im Kern: Ein Kreditinstitut darf<br />
Kredite nur in dem Volumen vergeben, wie es Zentralbankgeld hat. Anders gesagt:<br />
Geld würde nur durch die EZB geschaffen – und zwar in der Menge, die für das prognostizierte<br />
Wachstum notwendig <strong>ist</strong>. Wie bisher auch stellt die EZB dieses Zentralbankgeld<br />
den Kreditinstituten zur Verfügung und diese können damit Kredite vergeben<br />
(gegen Zinsen), müssen aber eine hundertprozentige Mindestreserve hinterlegen<br />
(deshalb auch der Begriff 100-Prozent-Geld). Damit schafft ein Kreditinstitut<br />
zwar auch wieder Buchgeld, doch <strong>ist</strong> jeder Buchgeld-Euro durch einen Bargeld-Euro<br />
gedeckt. Man kann auch sagen: in dem Maß, wie durch die Kreditvergabe Buchgeld<br />
entsteht, wird Zentralbankgeld stillgelegt, so dass die umlaufende Geldmenge konstant<br />
bleibt. Das Geschäftsmodell der Kreditinstitute bleibt also im Kern erhalten –<br />
sie konkurrieren um Kreditnehmer und erzielen Gewinne über die Verzinsung der<br />
vergebenen Kredite.<br />
Dieses vielleicht abwegig anmutende Gedankenspiel wurde von einer ganzen Reihe<br />
namhafter Ökonomen propagiert (z. B. von Walter Eucken, einem Vater der sozialen<br />
Marktwirtschaft, oder dem Nobelpre<strong>ist</strong>räger Milton Friedman und vielen anderen).<br />
Und auch zurzeit <strong>ist</strong> es wieder in der wirtschaftspolitischen Diskussion. In einer<br />
2012 erschienenen Studie zeigten zwei IWF-Ökonomen anhand von Modellrechnungen,<br />
welche Folgen das System für die US-Wirtschaft hätte: die Gesamtwirtschaft<br />
wäre deutlich stabiler, sprich, die Konjunkturausschläge nach unten und oben wären<br />
deutlich geringer, die Gefahr eines bank runs würde komplett entfallen, Kreditinstitute<br />
wären nicht mehr systemrelevant und müssten nicht mehr mit steuerfinanzierten<br />
Rettungsschirmen geschützt werden. Die Wirtschaftsle<strong>ist</strong>ung stiege um bis zu<br />
10 Prozent, in der Konsequenz nähme die Staatsverschuldung ab und die privaten<br />
Vermögen würden steigen.<br />
Die Folie zeigt ganz links das derzeitige System der Buchgeldschöpfung: Zentralbankgeld<br />
fließt an die Kreditinstitute, diese schöpfen daraus ein Vielfaches an<br />
Buchgeld, erst wenn ihr Zentralbankgeldbestand komplett aufgebraucht <strong>ist</strong>, kommt<br />
die Buchgeldschöpfung zum Erliegen. Auf der Folie <strong>ist</strong> dies durch zwei gleichdicke<br />
Pfeile von der EZB weg und zu ihr hin dargestellt (sprich: von Bargeld wird abstrahiert,<br />
das Zentralbankgeld der Kreditinstitute wird nur durch die Mindestreservepflicht<br />
in Anspruch genommen). In der Mitte sieht man das Vollgeldsystem, in dem<br />
die Kreditinstitute lediglich das Zentralbankgeld der EZB an die Privaten durchreichen<br />
(deshalb hier zwei gleich dicke Pfeile). Ganz rechts <strong>ist</strong> das Ausmaß der Buchgeldschöpfung<br />
mit aktuellen Zahlen aus Deutschland dargestellt.<br />
Ausführliche Darstellungen und Unterrichtsmaterialien zur Buchgeldschöpfung, die<br />
für Schüler der Sekundarstufen geeignet sind, bietet die Deutsche Bundesbank:<br />
www.bundesbank.de: Service Schule und Bildung Unterrichtsmaterialien<br />
Eine Darstellung des Vollgeldsystems findet man beispielsweise hier:<br />
www.monetative.de oder www.monetative.ch<br />
<strong>Sparkassen</strong> <strong>SchulService</strong><br />
2<br />
Aktuelle<br />
Wirtschaftsfolie<br />
Die Alternative:<br />
Vollgeld<br />
Vollgeld und<br />
seine Folgen<br />
Zur Folien-<br />
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www.sparkassenverlag.de<br />
Redaktion: Hannes Wirth<br />
Herstellung: Jeanette Nickoll<br />
Satz: media office gmbh,<br />
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