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FAHRMODELLE | JÜRGEN BEHRENDT<br />
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Die Paula III ist ein sehr bekanntes Baukastenmodell<br />
und die Version als Tonnenleger weit verbreitet. Erst<br />
als ein Kollege sie auf einen bürstenlosen Antrieb und<br />
LiPo-Akkus umbaute und sie dann so richtig schnell<br />
unterwegs war, kamen uns im Verein verschiedene<br />
Ideen, in welchen Varianten man das Boot noch bauen<br />
könnte – <strong>zum</strong> Beispiel als Raketenschnellboot.<br />
Der Rumpf ist hervorragend dafür geeignet. Mit passender<br />
Motorisierung kommt er schnell ins Gleiten.<br />
Zudem bietet er viel Platz für Einbauten und Sonderfunktionen<br />
und liegt aufgrund seiner Breite auch sehr<br />
stabil auf dem Wasser.<br />
o bestellten Vereinsmitglieder<br />
und ich bei robbe fünfmal<br />
Rumpf und Deck der<br />
Paula III. Mit meiner Vorliebe für den<br />
Nachbau von Kriegsschiffen und in<br />
dem Wunsch, eine effektvolle Sonderfunktion<br />
aufs Wasser zu bringen, fing<br />
ich an, mein Raketenschnellboot zu<br />
konstruieren. Trotz einiger Schwierigkeiten<br />
mit der Sonderfunktion konnte<br />
ich meine persönliche Vorstellung<br />
schließlich in die Tat umsetzen.<br />
Rumpf und Aufbau<br />
Als Antrieb wählte ich einen konventionellen<br />
Bürstenmotor der Baugröße<br />
600, der von einem LiPo-Akku gespeist<br />
wird. Neben Steuerung und Aufnahme<br />
für Akku und Regler baute ich auch<br />
eine Wasserpumpe mit ein. Platz ist<br />
ja genug im Rumpf vorhanden. Der<br />
erste Fahrversuch war jedoch ernüchternd.<br />
Das Boot kam nicht ins Gleiten.<br />
Außerdem wurde der Motor sehr heiß.<br />
Mit einem etwas kleineren Propeller, ei-<br />
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58 MODELLWERFT 10/2012
MODELLWERFT 10/2012<br />
FAHRMODELLE | JÜRGEN BEHRENDT<br />
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FAHRMODELLE | JÜRGEN BEHRENDT<br />
Die Paula erhielt im Heck ein Podest für den Raketenwerfer<br />
Änderungen am Fahrstand: Eine Zwischenwand wurde<br />
eingezogen und passende Seitenwände angefertigt <br />
ner Wasserkühlung und einer geänderten<br />
Polung beim Motor (!) war dieses<br />
Problem erledigt. Jetzt konnte ich das<br />
Deck verkleben.<br />
Neben der vorgesehenen Öffnung für<br />
den Fahrerstand schnitt ich eine weitere<br />
Luke ins Achterschiff und klebte<br />
einen Süllrand ein. Dort sollte der<br />
Raketenwerfer seinen Platz finden.<br />
Sowohl die Halter im Schiff als auch<br />
der Süllrand und alle anderen Teile<br />
wurden aus 1-mm-ABS gefertigt. Die<br />
Predator (lateinisch „Jäger“) ist das erste<br />
Modell, bei dem ich ganz auf Holz verzichtet<br />
habe. Lediglich der Schiffsständer<br />
entstand aus Holz; hier baute ich<br />
eine breitere Version als die von robbe<br />
gedachte, damit ich Trageschnüre anbringen<br />
konnte.<br />
Der Kabinenunterbau war beim gelieferten<br />
Deck mit dabei, doch wollte ich<br />
den Fahrstand ausbauen. So schnitt ich<br />
eine große Öffnung in den Unterbau<br />
und klebte zusätzliche Wände sowie<br />
einen Boden ein. Jetzt sah der Fahrstand<br />
schon richtig „gepanzert“ aus. In<br />
der Mitte entstand die Rückwand mit<br />
Die Bordkanone kann mit Wasser „schießen“; Drahtspiralen<br />
verhindern Knicke in den Schläuchen<br />
Der rutschfeste Decksbelag entstand aus 240-er Schleifpapier<br />
Zugangstür, am Ende des Fahrstands<br />
Treppen und vorn die Aufnahme für<br />
das Steuerruder. Die Kabinenwände<br />
fertigte ich selbst an; sie sind dem<br />
Aufbau der Ur-Paula nachempfunden.<br />
Details und Bemalung<br />
Bereits jetzt war mir klar, dass die Predator<br />
kein Geisterschiff werden sollte (s.<br />
auch MW 05/2012). Im Kaufhaus fiel<br />
mir ein Paket Actionfiguren in die Hände,<br />
die sowohl von der Aufmachung<br />
als auch vom Maßstab her passten. Ich<br />
musste sie nur noch etwas nachbearbeiten<br />
und umlackieren.<br />
Auf dem vorderen Deck installierte ich<br />
die Babette für die Doppelkanone; sie<br />
wird von einem Standard-Servomotor<br />
angetrieben. Als Decksbelag imitierte<br />
ich den rutschfesten Belag, den ich<br />
<strong>zum</strong> ersten Mal auf dem Vorbild meines<br />
Minenjagdboots Weiden gesehen hatte.<br />
Bei mir besteht der Belag aus grobem<br />
240er-Schleifpapier, das ich aufklebte<br />
und anschließend mit Bootslack versiegelte.<br />
Etwas aufwendig waren dabei die<br />
Ausschnitte der Bordwandverstrebung.<br />
60 MODELLWERFT 10/2012
Eine moderne Tarnlackierung unterstreicht den Einsatzbereich der Predator<br />
Der Raketenwerfer besitzt 3 Waben, die Raketen<br />
werden an Messingstäben geführt<br />
Mit dem Schließen der achterlichen<br />
Öffnung konnte ich bereits an die<br />
Lackierung von Rumpf und Deck<br />
denken. Ich wollte von Anfang an<br />
eine aggressive und modern wirkende<br />
Tarnlackierung; so entstanden die Dreiecke<br />
in Weiß, Grau und Schwarz. Das<br />
Unterwasserschiff wurde schwarz, das<br />
Deck dunkelgrau gestrichen.<br />
Ein Servo mit Delay-Funktion richtet den<br />
Werfer in Abschussposition auf<br />
Mit dem Ausbau des Fahrstands ging es<br />
dann weiter. Als Bodenbelag verklebte<br />
ich Alu-Gitter (ehemalige Spritzschutzsiebe<br />
aus dem Supermarkt). Die verschiedenen<br />
Anzeigen und Instrumente<br />
entstanden als Ausdruck auf dem<br />
Computer. Der Steuermann erhielt<br />
eine Funkausrüstung. Bevor ich dann<br />
das schwarz lackierte Dach der Kabine<br />
schloss, installierte ich noch das Radar<br />
und die Positionslampen.<br />
Die Bordkanone sollte als Zwillingsgeschütz<br />
mit Wasser „schießen“ können;<br />
auch sie ist eine Eigenkonstruktion.<br />
Das Abknicken der Schläuche beim<br />
Schwenken behob ich durch den Einbau<br />
kleiner Spiralen.<br />
Die Testfahrten, die jetzt erfolgten, absolvierte<br />
die Predator teilweise auf der<br />
Faszination Modellbau in Friedrichshafen.<br />
Dabei zeigte das Modell trotz<br />
aufgewühltem Messebecken eine hervorragende<br />
„Seetüchtigkeit“ und eine<br />
Unempfindlichkeit gegenüber Spritzwasser.<br />
Zufrieden mit dem Ergebnis<br />
begann ich im heimischen Keller mit<br />
dem Bau des Raketenwerfers.<br />
Die Raketenwa e<br />
Als Erstes baute ich aus einem Stück<br />
Papprohr eine Versuchsrakete mit<br />
Leitflossen, Raketenmotor und Spitze.<br />
Leider wurde die Produktion der sogenannten<br />
Micro-Maxx-Raketenmotoren<br />
eingestellt, sodass ich auf die nächste<br />
Größe ausweichen musste. Auf der<br />
Messe in Friedrichshafen deckte ich<br />
mich mit der nötigen Ausrüstung ein<br />
(Motoren, Spitzen, elektrische Zünder<br />
usw.). Der Innendurchmesser des<br />
Raketenkörpers beträgt 18 mm, <strong>zum</strong><br />
Einsatz kommen B-4-0-Motoren. Mit<br />
Spitze ist die Rakete knapp 12 cm lang.<br />
Sie diente mir beim Bau des Werfers als<br />
Grundlage für alle Abmessungen.<br />
Kabelführung der Elektrozündung Die Zünder werden von unten in die Raketenmotoren eingeführt<br />
MODELLWERFT 10/2012<br />
FAHRMODELLE | JÜRGEN BEHRENDT<br />
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FAHRMODELLE | JÜRGEN BEHRENDT<br />
Per Servo werden die Kontakte zu den Zündern geschlossen<br />
Aus ABS baute ich drei Waben für insgesamt<br />
drei Raketenkörper und konstruierte<br />
dazu eine um 90 Grad nach<br />
oben schwenkbare Aufnahme. Geschwenkt<br />
wird wieder mit einem Standard-Servomotor,<br />
der mit einer Delay-<br />
Funktion verzögert arbeitet. Er wurde<br />
liegend in den Sockel des Werfers<br />
eingebaut. Die Raketen selbst werden<br />
auf Messingstäben in den Waben „aufgehängt“,<br />
an denen sie frei nach vorn,<br />
d. h. nach oben herausgleiten können.<br />
Für die Sicherheit beim Umgang mit<br />
den Raketen habe ich drei Schutzschalter<br />
eingebaut. Mit einem mechanischen<br />
Schalter gebe ich die Stromversorgung<br />
für die elektrische Zündung erst dann<br />
frei, wenn alle Arbeiten am Modell beendet<br />
sind (Raketen laden, einschalten,<br />
Boot zu Wasser lassen), das Schwenken<br />
in die Senkrechte schließt einen zweiten<br />
Kontakt. So wird verhindert, dass<br />
die Raketen aus Versehen in einer waagerechten<br />
Position gezündet werden<br />
und dann entweder in den Fahrerstand<br />
krachen oder unkontrolliert über den<br />
See fliegen und Personen oder andere<br />
Modelle gefährden.<br />
Erst wenn diese beiden Voraussetzungen<br />
gegeben sind, kann ich mithilfe einer<br />
elektrischen Zündung alle drei Raketen<br />
einzeln und unabhängig voneinander<br />
starten. Dies erfolgt durch Schließen<br />
von Kontakten mittels einer mechanischen<br />
Ansteuerung durch ein Servo, das<br />
an der Unterseite des Werfers befestigt<br />
ist. Die Zündung selbst wird mit dem<br />
vom Raketenfachhandel mitgelieferten<br />
Elektro-Einmalzünder, der in den Raketenmotor<br />
gesteckt wird, erreicht.<br />
Zum Schutz des Decks und der Aufbauten<br />
habe ich am Heck des Boots<br />
eine Art „Brennraum“ geschaffen, der<br />
mit dem Aufstellen des Werfers nach<br />
drei Seiten geschlossen wird. Über das<br />
offene Heck können die Rückstoßgase<br />
der Raketen ungehindert entweichen.<br />
Bei der ersten Version verwendete ich<br />
noch Alufolie, was sich jedoch als unzureichend<br />
herausstellte. Der Werfer<br />
selbst wurde auf die Abdeckung der<br />
Achterdecksöffnung montiert und<br />
kann so jederzeit abgenommen und<br />
gewartet werden.<br />
Nach den ersten Trockentests verwirklichte<br />
ich eine Ausbaustufe der Raketen<br />
mit Kunststoffkörper (Kabelschutzrohr).<br />
Der Werfer wurde nun wie schon<br />
Rumpf und Aufbau mit einem Tarnanstrich<br />
lackiert. Einige Details, wie weitere<br />
Figuren, ein Reserve-Geschützrohr<br />
oder Antennen, runden das Bild ab.<br />
Als Flagge verwende ich den mit einem<br />
roten Balken durchgestrichenen<br />
„Jolly Roger“ (Totenkopfflagge), was<br />
bedeuten soll, dass die Predator ein Piratenjäger<br />
ist. Als das Modell fertig war,<br />
musste ich aber erst einmal warten, bis<br />
die Gewässer eisfrei waren.<br />
Jungfernfahrt<br />
Die erste Fahrt des fertigen Modells<br />
fand auf unserem Vereinsgewässer in<br />
der Nähe von Weiden statt, am Ostermontag,<br />
als das Fahren draußen endlich<br />
wieder möglich war. Die optisch<br />
aggressive Lackierung und die Drähte<br />
am Heck der Raketen weckten großes<br />
Interesse und führten zu wilden Spekulationen.<br />
Die Spannung stieg und nach<br />
der offiziellen Schiffstaufe wollte ich es<br />
endlich wissen. Bestückt mit drei Raketen<br />
lief die Predator zur ersten „Feindfahrt“<br />
aus. Das Fahrverhalten war trotz<br />
der hoch liegenden Masse des Werfers<br />
einwandfrei, was sicher an dem breiten<br />
Rumpf lag. Nach ein paar Runden gab<br />
ich per Schalter die Möglichkeit der<br />
Zündung frei, bremste das Schnellboot<br />
etwa in der Mitte des Gewässers<br />
ab und stellte den Werfer senkrecht.<br />
Drei – zwei – eins – Zündung! Man sah<br />
ein kurzes Aufblitzen am Heck, doch<br />
nichts bewegte sich. Offensichtlich war<br />
nur der Zünddraht durchgeglüht.<br />
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Durchatmen und ein zweiter Versuch!<br />
Ich stellte die Zündung auf die Backbordrakete<br />
um und … mit einem lauten<br />
Fauchen rauschte die Rakete in den<br />
Himmel. Ein „Ah!“ der anwesenden<br />
Vereinskollegen beruhigte meine vibrierenden<br />
Nerven. Es hatte geklappt.<br />
Die Schutzmechanismen funktionierten<br />
und die Zündung schließlich<br />
auch. Die Rakete überschlug sich zwar<br />
am Ende der Flugbahn, konnte aber<br />
unversehrt wieder geborgen werden.<br />
Den Werfer wieder in Ruhestellung<br />
ge fahren, drehte ich nun erleichtert<br />
ein paar Runden und schoss dann<br />
erfolgreich auch noch die Steuerbordrakete<br />
ab.<br />
Zurück aus dem Wasser bestätigte sich,<br />
dass bei der mittleren Rakete nur der<br />
Zünddraht durchgebrannt war. Die<br />
Backbord- und die Steuerbord-Rakete<br />
hatten jedoch einwandfrei gezündet<br />
und Brandspuren hinterlassen. Die<br />
Alufolie konnte zwar das Schlimmste<br />
verhindern, hielt jedoch der Hitze, die<br />
der Raketenmotor entfaltet, auf Dauer<br />
nicht stand. Ich tauschte sie nach<br />
diesem ersten Test gegen ein Stück aus<br />
1-mm-Aluminiumblech aus.<br />
Mit nun verbesserten Raketen (länger,<br />
größere Leitbleche, Fallschirm) waren<br />
die folgenden Abschüsse alle erfolgreich.<br />
Die Raketen überschlagen sich<br />
nicht mehr und das Aluminiumblech<br />
hält der Hitze und dem Druck stand.<br />
Wie auf Videoaufnahmen (s. Youtube)<br />
zu sehen ist, drückt die Rakete beim<br />
Start sogar den Bootskörper etwas tiefer,<br />
Rauch und Geräuschentwicklung<br />
sehen spektakulär aus.<br />
Fazit<br />
Der Umbau von der braven Paula<br />
zur kriegerischen Predator ist absolut<br />
gelungen. Sowohl die Idee als auch<br />
die Umsetzung beim Bau machten<br />
mir riesigen Spaß. Es hat mir einfach<br />
gefallen, einmal wieder nach eigenen<br />
Vorstellungen und ohne festes Vorbild<br />
zu bauen.<br />
Das Ergebnis spricht für sich!<br />
Aluminiumblech schützt das Modell beim Start der Raketen „Geisterschiffe“ sind out: Action-Figuren beleben das Deck der Predator<br />
MODELLWERFT 10/2012<br />
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