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Mehr Bürgerbeteiligung durch Live-Stream<br />
Antrag Nr. 08-14 / A 02438 der FDP<br />
vom 21.05.2011<br />
Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V 11673<br />
Anlage:<br />
Beschlussvorlage für den Verwaltungs- und Personalausschuss<br />
vom 17.04.2013 (VB)<br />
Direktorium<br />
Presse- und Informationsamt<br />
Direktorium<br />
Rechtsabteilung<br />
Beschluss der Vollversammlung des Stadtrats vom 2. Mai 2013<br />
Öffentliche Sitzung<br />
I. Vortrag des Referenten<br />
Der Verwaltungs- und Personalausschusses vom 17.04.2013 hat die Behandlung und Beschlussfassung<br />
Mehr Bürgerbeteiligung durch Live-Stream, Sitzungsvorlage Nr. 08-14 / V<br />
11673, in die heutige Sitzung der Vollversammlung vertagt, ergänzt um eine Stellungnahme<br />
der Rechtsabteilung des Direktoriums zu den in dieser Sitzung aufgeworfenen Rechtsfragen.<br />
Das Direktorium Rechtsabteilung nimmt zu den zwei von Herrn Stadtrat Amlong im Verwaltungs-<br />
und Personalausschuss vom 17.04.2013 gestellten rechtlichen Themen wie folgt Stellung:<br />
1. Fragen zum Urheberrecht<br />
Sind die im Live-Stream bzw. in der Mediathek eingestellten Reden urheberrechtlich geschützt?<br />
Welchen Umfang und Inhalt hat dieses Urheberrecht? Kann ein Dritter ohne<br />
Rechtsverletzung die Reden auf ein eigenes Portal einstellen, gegebenenfalls auch bearbeiten?<br />
Wer kann gegen etwaige Urheberrechtsverstöße vorgehen, gegebenenfalls wie?<br />
Reden im Stadtrat genießen als Sprachwerke in der Regel urheberrechtlichen Schutz.<br />
Dieser ist jedoch bei ihrer Vervielfältigung, Verarbeitung und öffentlichen Wiedergabe<br />
durch § 48 Abs. 1 Ziffer 2 Urheberrechtsgesetz (UrhG) eingeschränkt.<br />
§ 48 UrhG hat folgenden Wortlaut:<br />
"(1) Zulässig ist<br />
1. die Vervielfältigung und Verbreitung von Reden über Tagesfragen in Zeitungen,<br />
Zeitschriften sowie in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im<br />
Wesentlichen den Tagesinteressen Rechnung tragen, wenn die Reden bei öffentlichen<br />
Versammlungen gehalten oder durch öffentliche Wiedergabe im Sinne von<br />
§ 19a oder § 20 veröffentlicht worden sind, sowie die öffentliche Wiedergabe solcher<br />
Reden,
Seite 2<br />
2. die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Reden, die<br />
bei öffentlichen Verhandlungen vor staatlichen, kommunalen oder kirchlichen<br />
Organen gehalten worden sind.<br />
(2) Unzulässig ist jedoch die Vervielfältigung und Verbreitung der in Absatz 1 Nr. 2 bezeichneten<br />
Reden in Form einer Sammlung, die überwiegend Reden desselben<br />
Urhebers enthält.“<br />
Stadtratssitzungen zählen zu den in § 48 Abs. 1 Ziffer 2 UrhG genannten Fällen von<br />
Reden 1 . Auch ohne Zustimmung des Urhebers ist jede Art der Vervielfältigung, Verbreitung<br />
und öffentlichen Wiedergabe zustimmungs- und vergütungsfrei. Eine Begrenzung<br />
auf bestimmte Datenträger oder Druckerzeugnisse besteht nicht.<br />
Bearbeitungen sind somit nicht zulässig, wobei allerdings im Rahmen der Kunstfreiheit<br />
unter Umständen karikaturistische Bearbeitungen im Einzelfall geschützt sein können.<br />
Nicht zulässig ist dagegen eine Aufnahme in Sammlungen, die überwiegend Reden<br />
derselben Person enthält, § 48 Abs. 2 2 .<br />
Inhaber des Urheberrechts ist die Rednerin bzw. der Redner, der bei urheberrechtswidrigem<br />
Verhalten den Verletzer gerichtlich im Wege einer zivilrechtlichen Unterlassungsklage<br />
belangen könnte.<br />
2. Fragen zum Persönlichkeitsrecht<br />
Ist die Zustimmung/Einwilligung, unter Umständen auch nach einem längeren Zeitraum,<br />
widerruflich? Besteht ein Anspruch auf Löschung der Rede im Falle eines Widerrufs<br />
der Einwilligung? Wie soll die Stadt mit einem solchen Anspruch gegebenenfalls<br />
umgehen?<br />
Datenschutzrechtlich gesehen besteht ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, das heißt,<br />
jede Art von Datenverarbeitung ist grundsätzlich zunächst zum Schutz des Persönlichkeitsrechts<br />
nicht gestattet, es sei denn, der Betroffene hat eingewilligt oder es besteht<br />
eine Rechtsgrundlage für die jeweils vorliegende Art der Datenverarbeitung. Da<br />
eine solche im Falle des Live-Stream der Reden der Stadtratsmitglieder nicht vorliegt,<br />
werden vor Beginn der Videoaufzeichnungen Einwilligungen eingeholt.<br />
Einwilligungen sind grundsätzlich widerruflich, jedoch nur mit Wirkung für die Zukunft.<br />
Einer ursprünglich rechtmäßigen Datenverarbeitung kann nicht durch Widerruf der ihr<br />
zugrunde liegenden Einwilligung mit Wirkung für die Vergangenheit die Grundlage<br />
entzogen werden. Das heißt, dass der Widerruf insbesondere nicht dazu führen<br />
kann, dass etwa für die ursprünglichen Aufnahmen wegen des – nachträglichen -<br />
Entzugs deren Rechtfertigung Schadensersatz geltend gemacht werden könnte oder<br />
eine ordnungswidrige oder gar strafbare Handlung seitens der Stadt vorläge.<br />
Unabhängig davon ist jedoch nach Art. 12 Abs. 1 Bayerisches Datenschutzgesetz<br />
(BayDSG) ein Anspruch auf Löschung der Daten, das heißt der Videoaufzeichnung,<br />
gegeben, wenn die Datenspeicherung unzulässig ist.<br />
1 Dreier/Schulze, Urhebergesetz, 3. Auflage 2006 Beck-Online RdNr. 8<br />
2 Dreier/Schulze, Urhebergesetz, 3. Auflage 2006 Beck-Online RdNr. 10
Seite 3<br />
Da einer fortdauernden Speicherung durch den Widerruf der Einwilligung die Grundlage<br />
für die Zukunft entzogen wird, wird sie gemäß Art. 12 Abs. 1 Ziffer 1 BayDSG<br />
unzulässig, mit der Folge, dass ab dem Zeitpunkt des Widerrufes der Einwilligung ein<br />
Anspruch auf Löschung der Daten besteht 3 .<br />
Nach Auskunft des Presse- und Informationsamtes wäre es im Falle eines Widerrufs<br />
der Einwilligung und einem daraus resultierenden Löschungsanspruch technisch nur<br />
möglich, den gesamten Tagesordnungspunkt aus der Mediathek zu entfernen, da die<br />
Reden in der Regel vor- und nachgängig jeweils aufeinander aufbauen und auch der<br />
Redner, dessen Rede dann zu löschen ist, häufig namentlich genannt wird.<br />
Allerdings könnte dieser Problematik der unterschiedlichen Interessen des Betroffenen<br />
an der Löschung und der Stadt, die Aufzeichnungen zu Dokumentationszwecken<br />
weiter aufbewahren zu können, durch ein Verschieben der Videoaufzeichnungen in<br />
ein Archiv Rechnung getragen werden. Nach Art. 12 Abs. 8 BayDSG hat eine Aufbewahrung<br />
der Daten nach Archivrecht Vorrang vor einer Löschung. Die im Archiv abgelegten<br />
Daten können dann nach den Vorschriften des Archivrechts genutzt werden.<br />
Anhörung der Bezirksausschüsse<br />
In dieser Beratungsangelegenheit ist die Anhörung der Bezirksausschüsse nicht vorgesehen<br />
(vgl. Anlage 1 der BA-Satzung).<br />
Dem Verwaltungsbeirat der Rechtsabteilung des Direktoriums, Herrn Stadtrat Christian Amlong,<br />
ist ein Abdruck der Sitzungsvorlage zugeleitet worden.<br />
II. Antrag des Referenten<br />
1. Mit dem vorgeschlagenen Konzept, in einer halbjährigen Probephase Vollversammlungen<br />
des Stadtrats per Live-Stream ins Internet zu übertragen sowie den aufgezeichneten<br />
Live-Stream – nach Tagesordnungspunkten geschnitten – auch zum späteren<br />
Abruf zur Verfügung zu stellen, besteht Einverständnis.<br />
2. Die Finanzierung des Probebetriebs erfolgt aus Restmitteln des Direktoriums.<br />
3. Der Antrag der FDP vom 12.05.2011 Nr.08-14/A 02438 ist damit geschäftsordnungsgemäß<br />
erledigt.<br />
4. Dieser Beschluss unterliegt der Beschlussvollzugskontrolle.<br />
III. Beschluss<br />
nach Antrag.<br />
3 Simitis u.a., Bundesdatenschutzgesetz 7. Auflage, § 20 RdNr. 39
Der Stadtrat der Landeshauptstadt München<br />
Der / Die Vorsitzende Der Referent<br />
Seite 4<br />
Bürgermeister/-in Christian Ude<br />
ea. Stadtrat / ea. Stadträtin Oberbürgermeister<br />
IV. Abdruck von I. mit III.<br />
über den Stenografischen Sitzungsdienst<br />
an das Direktorium – Dokumentationsstelle<br />
an die Stadtkämmerei<br />
an das Revisionsamt<br />
z. K.<br />
V. Wv. Direktorium- Rechtsabteilung<br />
1. Die Übereinstimmung vorstehenden Abdrucks mit der beglaubigten Zweitschrift wird<br />
bestätigt.<br />
2. an das Direktorium - Presse- und Informationsamt<br />
an das Baureferat<br />
an das Kommunalreferat<br />
an das Kreisverwaltungsreferat<br />
an das Kulturreferat<br />
an das Personal- und Organisationsreferat<br />
an das Referat für Arbeit und Wirtschaft<br />
an das Referat für Gesundheit und Umwelt<br />
an das Referat für Stadtplanung und Bauordnung<br />
an das Schul- und Kultusreferat<br />
an das Sozialreferat<br />
z. K.<br />
Am