Infobrief Sanierungsrecht I/2013 - Schultze & Braun GmbH
Infobrief Sanierungsrecht I/2013 - Schultze & Braun GmbH
Infobrief Sanierungsrecht I/2013 - Schultze & Braun GmbH
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Praxistipp:<br />
<strong>Infobrief</strong> Restrukturierung, Sanierung & Insolvenz<br />
Berlin I/<strong>2013</strong><br />
Ein Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, der mit der laufenden<br />
Buchführung und/oder dem Jahresabschluss<br />
beauftragt ist und damit die detaillierte wirtschaftliche<br />
Situation kennt, hat die Pflicht, sich die Frage<br />
zu stellen, ob eine Fortführung des Unternehmens<br />
gegeben ist. Sollte er Anhaltspunkte sehen, die gegen<br />
einen „going-concern“ sprechen, hat er, resultierend<br />
aus seinen vertraglichen Nebenpflichten, dafür Sorge<br />
zu tragen, dass der Geschäftsführer genauestens<br />
da rüber aufgeklärt wird, welche Folgen sich ergeben,<br />
wenn dieser keinen Insolvenzantrag stellt.<br />
Werden Berater – gleich ob Steuerberater, Wirtschaftsprüfer,<br />
Rechtsanwalt oder Unternehmensberater<br />
– dagegen in der Unternehmenskrise mit der<br />
Beratung konkret in Bezug auf die Krise beauftragt,<br />
so ergeben sich weitere Pflichten, die sogar drittschützende<br />
Wirkung haben können.<br />
Zur Minimierung des Haftungsrisikos sollten bei<br />
der Sanierungsberatung die einschlägigen Standards<br />
(IDW S 6) und die strengstmöglichen Belehrungspflichten<br />
zu Grunde gelegt werden.<br />
BGH, Urt. v. 14.06.2012 – IX ZR 145/11<br />
BGH, Urt. v. 09.06.2011 – IX ZR 75/10<br />
BGH, Urt. v. 27.11.1997 – IX ZR 141/96<br />
BGH, Urt. v. 03.04.1990 – XI ZR 206/88<br />
OLG Celle, Urt. v. 06.04.2011 – 3 U 190/10<br />
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.02.2010 – I-24 U<br />
100/09<br />
OLG Köln, Urt. v. 24.09.2009 – 18 U 134/05<br />
OLG Celle, Urt. v. 23.10.2003 – 26 U 199/02<br />
LG Saarbrücken, Urt. v. 28.11.2011 – 9 O 261/10<br />
LG Stuttgart, Urt. v. 16.07.2010 – 14 StL 3/10<br />
Dr. Volker Beissenhirtz, LL.M., Berlin<br />
VBeissenhirtz@schubra.de<br />
Stud. jur. Marlies Mundstock, Berlin<br />
MMundstock@schubra.de<br />
10<br />
4. Aktuelle Entwicklungen im<br />
internationalen Insolvenzrecht<br />
In der jüngeren Vergangenheit sind zahlreiche Entscheidungen<br />
zum internationalen Insolvenzrecht<br />
ergangen, die wir nachfolgend in einem kurzen Überblick<br />
darstellen und würdigen möchten.<br />
EuGH<br />
1. Rastelli, Urt. v. 15.12.2011 – Az.: C - 191/101<br />
(Vgl. dazu: Newsletter von <strong>Schultze</strong> & <strong>Braun</strong> vom<br />
08.03.2012)<br />
Im Urteil vom 15. Dezember 2011 entschied der<br />
EuGH über die Frage, ob das Gericht eines Mitgliedsstaates,<br />
das das Hauptinsolvenzverfahren gegen eine<br />
Gesellschaft eröffnet hat, die ihren Mittelpunkt der<br />
hauptsächlichen Interessen in diesem Mitgliedsstaat<br />
hat, das Insolvenzverfahren auf eine weitere Gesellschaft,<br />
die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat<br />
hat, erweitern kann.<br />
Im Ausgangsverfahren hatte der Insolvenzverwalter<br />
eines französischen Unternehmens, über dessen Vermögen<br />
das Insolvenzverfahren in Frankreich eröffnet<br />
wurde, beantragt, das Insolvenzverfahren auf ein anderes<br />
Unternehmen mit satzungsmäßigem Sitz in Italien<br />
zu erweitern. Als Grund nannte er die Vermischung<br />
der Vermögensmassen der beiden Unternehmen. Die<br />
Erweiterung wäre nach französischem Insolvenzrecht<br />
zulässig.<br />
Der EuGH entschied, dass das Gericht eines Mitgliedsstaates<br />
unter Anwendung einer innerstaatlichen<br />
Vorschrift nur dann das Insolvenzverfahren auf eine<br />
zweite Gesellschaft, die ihren Sitz in einem anderen<br />
Mitgliedsstaat hat, erweitern kann, wenn nachgewiesen<br />
wird, dass sich der Mittelpunkt der hauptsächlichen<br />
Interessen der zweiten Gesellschaft im<br />
erstgenannten Mitgliedsstaat befindet (hier also in<br />
Frankreich). Zudem stellte der EuGH klar, dass die<br />
Feststellung allein, dass eine Vermischung der Vermögensmassen<br />
der beiden Gesellschaften vorliegt,<br />
nicht für den Nachweis ausreicht, dass sich der Mittelpunkt<br />
der hauptsächlichen Interessen der von der<br />
Klage betroffenen Gesellschaft ebenfalls in diesem<br />
Mitgliedsstaat befindet.<br />
Der EuGH stärkt mit dieser Entscheidung die Ausschließlichkeit<br />
des in Art. 3 I EuInsVO gegebenen<br />
Gerichtsstandes, der sich nach dem Mittelpunkt der<br />
hauptsächlichen Interessen richtet. Da eine Gesellschaft<br />
immer nur einen Mittelpunkt der hauptsächlichen<br />
Interessen haben kann, führt dies zu einer Ein-