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Der Apostroph in der Diskussion - OPUS

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Michael Mann: <strong>Der</strong> <strong>Apostroph</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Diskussion</strong> 6<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Rechtschreibreform wäre <strong>Apostroph</strong> be<strong>in</strong>ahe zu Apostrof e<strong>in</strong>gedeutscht<br />

worden (vgl. auch etwa nie<strong>der</strong>l. und norw. apostrof, span. apóstrofo, an<strong>der</strong>erseits engl. und frz.<br />

apostrophe). In <strong>der</strong> Schlußphase <strong>der</strong> Reformvorbereitungen wurde diese „befremdliche“<br />

Variante jedoch zurückgezogen, wie die österreichische Presse am 30.11.1995 schreibt:<br />

In <strong>der</strong> Rechtschreibreform soll nun doch auf zahlreiche Än<strong>der</strong>ungen verzichtet werden, die die<br />

Akzeptanz bee<strong>in</strong>trächtigt hätten. [...] Die Kultusm<strong>in</strong>ister treffen heute <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z zu ihrer 274.<br />

Plenarsitzung zusammen. Dabei stehen die meistkritisierten Auswüchse <strong>der</strong> Rechtschreibreform<br />

auf dem Prüfstand. E<strong>in</strong>e Kommission von Amtschefs hatte den Auftrag, den Politikern neue<br />

Vorschläge auszuarbeiten und vor allem die geplante E<strong>in</strong>deutschung von Fremdwörtern unter die<br />

Lupe zu nehmen. <strong>Der</strong> „Presse“ liegt diese Liste vor. Demnach soll auf befremdliche Än<strong>der</strong>ungen<br />

wie Asfalt, Katastrofe, Apostrof, Strofe und Triumpf verzichtet werden. (König 1995)<br />

4. Me<strong>in</strong>ungen und Vorschläge aus vier Jahrhun<strong>der</strong>ten<br />

4.1 Die Anfänge: <strong>der</strong> Elisionsapostroph <strong>in</strong> Poetiken und Grammatiken<br />

Wilhelm Wackernagels Geschichte <strong>der</strong> deutschen Litteratur (1894) zufolge ersche<strong>in</strong>t <strong>der</strong><br />

<strong>Apostroph</strong> im Deutschen erstmals 1551 <strong>in</strong> Caspar Scheidts Übersetzung von Friedrich<br />

Dedek<strong>in</strong>ds Grobianus (vgl. Wackernagel 1894: 25) 5 . Obwohl Zimmermann (1983/84: 427)<br />

Belege für Genitiv-<strong>Apostroph</strong>-s bereits <strong>in</strong> Schriftstücken aus <strong>der</strong> Mitte des 17. Jhs. aufführt<br />

(etwa 1641: Die Erlassung Abraham Spr<strong>in</strong>g’s, 1659: Girgen Thorman’s Hausfrau) und<br />

Sütterl<strong>in</strong> (1924: 353) rückblickend angibt, daß bereits „bis weit <strong>in</strong> das 18. Jh. h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>“ <strong>der</strong> Plural<br />

nichtdeutscher weiblicher Eigennamen mit <strong>Apostroph</strong> gebildet wurde (die Delila’n, die<br />

Bathseba’n), verzeichnen Grammatiker und Orthographen bis zum Ende des 18. Jh. lediglich<br />

den Elisionsapostroph (als Auslassungszeichen für den Buchstaben e). Die theoretische<br />

Beschäftigung mit dem <strong>Apostroph</strong> beschränkt sich zunächst sogar ausschließlich auf Poetiken,<br />

wie etwa <strong>in</strong> Mart<strong>in</strong> Opitz’ Buch von <strong>der</strong> Deutschen Poeterey aus dem Jahr 1624 o<strong>der</strong> Georg<br />

Philipp Harsdörffers Poetischem Trichter (1650):<br />

Das e / wann es vor e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>n selblautenden Buchstaben zue ende des wortes vorher gehet /<br />

es sey <strong>in</strong> wasserley versen es wolte / wird nicht geschrieben vnd außgesprochen / son<strong>der</strong>n an<br />

se<strong>in</strong>e statt e<strong>in</strong> solches zeichen ’ darfür gesetzt. [...] Hiervon werden außgeschlossen [...] die<br />

eigenen namen / als: Helene / Euphros<strong>in</strong>e; darnach alle e<strong>in</strong>sylbige wörter / als: Schnee, See, wie,<br />

die / &c (Opitz 1624/1978: 386f.).<br />

Es ist aber fFr e<strong>in</strong>en Fehler auszusetzen / wa] auf das e e<strong>in</strong> Stimmer folget / da da] auch <strong>in</strong><br />

ungebundner Rede das e ausgelassen wird / als wann ich sage: es belangt me<strong>in</strong>e Ehre / da h=ret<br />

man / daß die zusammentreffende e E gleichsam <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Syllbe gefFget werden. Also ist die<br />

Reimzeil nicht richtig / wann man setzet:<br />

Me<strong>in</strong>e Angst ist Fbergroß /<br />

es muß das e durch das H<strong>in</strong>terstrichle<strong>in</strong> weggeworffen werden: also: Me<strong>in</strong>’ Angst / etc. Hier<strong>in</strong>nen<br />

haben die W=rter / welche von e<strong>in</strong>em H anfangen / e<strong>in</strong>e Freyheit / daß ich daß H<strong>in</strong>terstrichle<strong>in</strong><br />

gebrauchen kan / und auch auslassen / Ich kan sagen: De<strong>in</strong>’ Hand / und de<strong>in</strong>e Hand (Harsdörffer<br />

1650/1969: 117).<br />

5 H<strong>in</strong>weis aus Biel<strong>in</strong>g, Alexan<strong>der</strong>: Das Pr<strong>in</strong>cip <strong>der</strong> deutschen Interpunktion nebst e<strong>in</strong>er übersichtlichen<br />

Darstellung ihrer Geschichte. Berl<strong>in</strong> 1880. Auszug abgedruckt <strong>in</strong> Garbe (1984: 1-18). Wackernagel schränkt<br />

allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>: „o<strong>der</strong> giebt es schon frühere Beispiele?“ (Wackernagel 1894: 25).

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