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Facharbeit - Schachclub Forchheim

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Ehrenbürg - Gymnasium <strong>Forchheim</strong><br />

Kollegstufenjahrgang 2009/2011<br />

FACHARBEIT<br />

im Fach<br />

Mathematik<br />

Thema: Wertungszahlen im Schach und das <strong>Forchheim</strong>-Open 2010<br />

Verfasser: Johannes Gründel<br />

Leistungskurs: 3M2<br />

Kursleiter: OStR Norbert Knoesel<br />

Schriftliche Wertung: Mündliche Prüfung<br />

_____________________________________<br />

Unterschrift des Kursleiters<br />

Dem Kollegstufenbetreuer vorgelegt am:<br />

____________________________<br />

Datum: _______________<br />

Punkte Punkte


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Einleitung 3<br />

2 Wertungszahlen im Schach 4<br />

2.1 ELO-Zahl 4<br />

2.2 Ingo-Zahl 5<br />

2.2.1 Allgemeines 5<br />

2.2.2 Berechnung 6<br />

2.3 DWZ-Zahl 7<br />

2.3.1 Allgemeines 7<br />

2.3.2 Berechnung 7<br />

2.3.3 Der Entwicklungskoeffizient E 8<br />

2.3.4 Beispiel für eine inoffizielle DWZ-Auswertung 9<br />

2.4 Vergleich der Wertungszahlen 10<br />

2.5 Bedeutung der einzelnen Wertungszahl-Beträge 11<br />

3 Das <strong>Forchheim</strong>-Open 2010 12<br />

3.1 Spielmodus 13<br />

3.2 Reales Ergebnis 13<br />

3.3 Simulation 14<br />

3.3.1 Vorgehensweise 14<br />

3.3.2 Ergebnis der Simulation 16<br />

3.4 Vergleich zwischen Simulation und realem Ergebnis 17<br />

3.5 Betrachtung des Abschneidens ausgewählter Teilnehmer 18<br />

4 Fazit 23<br />

5 Quellenverzeichnis 25<br />

5.1 Literaturquellen 25<br />

5.2 Internetquellen 25<br />

6 Anhang 26<br />

6.1 Fragebogen 26<br />

6.2 Daten-CD 27<br />

7 Erklärung 28


1 Einleitung<br />

„Daß das Schachspiel, diese wundersame Gabe aus dem Morgenlande, nicht<br />

nur das edelste und schönste aller Spiele ist, sondern auch, an der Grenze von<br />

Spiel, Kunst und Wissenschaft stehend, zu den größten geistigen Genüssen<br />

gehört, diese Behauptung wird jeder Schachspieler gern bestätigen. Es hat nur<br />

den einen Fehler, daß es sehr schwer zu erlernen ist.“ 1 So schrieb der deutsche<br />

Arzt und Schachmeister Siegbert Tarrasch im Vorwort seines Lehrbuchs „Das<br />

Schachspiel: Systematisches Lehrbuch für Anfänger und Geübte“. Der<br />

Aussage, dass Schach als Mischung zwischen Spiel, Kunst und Wissenschaft<br />

„zu den größten geistigen Genüssen gehört“, kann ich als Schachspieler<br />

vollständig beipflichten. Aus diesem Grund bot es sich auch als Thema für diese<br />

<strong>Facharbeit</strong> an.<br />

Zunächst soll aus mathematischer Sicht auf die einzelnen Wertungssysteme<br />

des Schachsports, namentlich die ELO-, die Ingo-Zahl und die Deutsche<br />

Wertungszahl (DWZ), eingegangen werden. Danach folgt ein Vergleich dieser<br />

drei, wobei auch erläutert wird, was eine ELO von z.B. 2400 bedeutet.<br />

Basis des zweiten Themengebiets dieser Arbeit ist das <strong>Forchheim</strong>-Open 2010,<br />

ein lokales Schachturnier. Es wurde hiervon eine Simulation angefertigt und mit<br />

dem realen Ergebnis verglichen. Dann wird auf drei Teilnehmer und ihre<br />

Leistungen genauer eingegangen sowie eine inoffizielle DWZ-Auswertung<br />

durchgeführt.<br />

Zum Schluss wird noch ein Fazit aus den Ergebnissen dieser Arbeit gezogen.<br />

Doch im Normalfall beginnt eine Arbeit nicht mit dem Schluss, sondern mit dem<br />

ersten Themenkomplex, also in diesem Fall mit den Wertungszahlen.<br />

1 Junker, K. (Hrsg.), Tarrasch, S., Das Schachspiel: Systematisches Lehrbuch für Anfänger<br />

und Geübte, Zürich, Edition Ohms, 2003, S.6<br />

3


2 Wertungszahlen im Schach<br />

2.1 ELO-Zahl<br />

2<br />

Die ELO-Zahl wurde im Jahr 1960 von Arpad Elo entwickelt und 1970 auf dem<br />

FIDE 3 -Kongress von Siegen weltweit eingeführt, was ein Jahr später auch<br />

umgesetzt wurde. Diese Wertungszahl wird mit Hilfe des Erwartungswerts EA<br />

(bzgl. der Punktzahl pro Spiel) berechnet, welcher sich wie folgt ergibt:<br />

RB steht hierbei für das gegnerische Rating (=Bewertungszahl), RA für das<br />

eigene.<br />

E A muss als Kehrbruch einer Zahl, die größer als 1 ist, im Intervall zwischen 0<br />

und 1 liegen, wobei die Grenzen ausgeschlossen sind, und gibt die erwartete<br />

Punktzahl des Spielers A gegen Spieler B an. Analog verfährt man mit E B .<br />

Dementsprechend muss<br />

E A + E B = 1<br />

gelten, was mathematisch im Folgenden leicht nachzuweisen ist, da sich die<br />

Formeln der Erwartungswerte nur im Vorzeichen der Exponenten<br />

unterscheiden. Zur Vereinfachung wird<br />

R B −R A<br />

400 =−D<br />

definiert:<br />

E AE B=<br />

1 1<br />

−D<br />

110 110 D = 110D110 −D<br />

110 −D ⋅110 D =<br />

210 D 10 −D<br />

110 D 10 − D 10 D −D =<br />

⋅10<br />

2 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Elo-Zahl (Stand: 17.12.2010)<br />

3 Der Weltschachverband<br />

4


=<br />

210 D 10 −D<br />

110 D 10 −D 10 D− D = 210D10 −D<br />

110 D 10 −D =1 q.e.d.<br />

1<br />

Wenn man den Erwartungswert berechnet hat, kann man hieraus relativ einfach<br />

die neue Wertungszahl des Spielers berechnen:<br />

R neu =R A k⋅S A −E A <br />

Hierbei ist k eine Konstante, die von der Anzahl ausgewerteter Partien und der<br />

Spielstärke abhängt: Gilt RA > 2400, so wird k=10 angesetzt. Sollte der Spieler<br />

in seiner Schachkarriere weniger als 25 ELO-ausgewertete Partien gespielt<br />

haben, ergibt sich k=30. In allen anderen Fällen – und das ist die klare Mehrheit<br />

– ist k=15. SA ist die Anzahl erreichter Punkte im auszuwertenden Zeitraum.<br />

Der Sieger bekommt einen Punkt, der Verlierer keinen und für ein Remis beide<br />

Spieler jeweils einen halben Zähler. Die Spiele sind unabhängig voneinander,<br />

daher werden sie alle drei Monate gleichzeitig ausgewertet. Deshalb wird die<br />

Formel leicht modifiziert:<br />

R neu =R a k⋅∑ S A −∑ E A <br />

2.2 Die Ingo-Zahl4<br />

2.2.1 Allgemeines<br />

5<br />

Das Ingo-Wertungssystem ist das älteste in der Schachwelt. Erarbeitet und<br />

1947 vorgestellt wurde es von Anton Hößlinger, der es nach den ersten vier<br />

Buchstaben seiner Geburtsstadt Ingolstadt benannte. Die Ingo-Zahlen der<br />

einzelnen Spieler wurden durch die "Ingo-Zentrale" bzw. ab 1974 durch die<br />

"Ingo-Elo-Zentrale" ermittelt und im sogenannten "Ingo-Spiegel" veröffentlicht.<br />

Nach der Vorstellung wurde das Ingo-System in Westdeutschland übernommen<br />

und erst 1991/92 durch die Deutsche Wertungszahl abgelöst.<br />

4 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Ingo-Zahl (Stand: 16.12.10)<br />

5 Vgl. http://www.schachecke.de/systeme/ingo-system/ingo-system.html (Stand: 16.12.10)<br />

5


2.2.2 Berechnung<br />

Um die Ingo-Zahl zu berechnen, wird zunächst die sogenannte Ingo-Leistung H<br />

des jeweiligen Spielers im entsprechenden Turnier berechnet. Sie ergibt sich<br />

aus der durchschnittlichen Ingo-Zahl der Gegner G und den Ergebnissen der<br />

Partien. Hierbei liegt für S Punkte aus n Partien folgende Formel zu Grunde:<br />

H =G−100 S<br />

n −50<br />

Hat man die Ingo-Leistung berechnet, ergibt sich aus dieser sowie einem<br />

altersbedingten Faktor E und der alten Ingo-Zahl Ia das neue Rating In:<br />

I n = H⋅nI a ⋅E<br />

nE<br />

Die Einführung eines Faktors, der vom Alter abhängt, basierte auf der<br />

Erfahrung, dass die Leistungen der Kinder und Jugendlichen nicht so konstant<br />

sind, wie das bei älteren Spielern 6 der Fall ist. Entsprechend muss die alte Ingo-<br />

Zahl bei Ersteren schwächer gewichtet werden als bei Letzteren. So beträgt E<br />

bei Spielern unter 20 Jahren 10, bei Spielern zwischen 20 und 25 liegt E bei 15.<br />

Für Schachfreunde über 25 ist E mit 20 anzusetzen.<br />

Da die meisten der ausgewerteten Turniere eine einstellige Rundenzahl<br />

vorgegeben hatten, wurde die Ingo-Leistung, offiziell „Halbzahl“ genannt,<br />

normalerweise schwächer gewichtet als Ia. Dies führt zu einer Beständigkeit der<br />

Ingo-Zahl und erhöht daher deren langfristige Aussagekraft.<br />

Ein für Spieler großer Vorteil ist, dass sich bei der Ingo-Zahl der Erwartungswert<br />

P sehr leicht abschätzen lässt:<br />

P=0,5 I Gegner − I eigen<br />

100<br />

6 Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird hier die maskuline Form gewählt. Selbstverständlich<br />

gilt dies alles auch für Spielerinnen.<br />

6


Spielt also ein Spieler mit einer Ingo-Zahl von 20 gegen einen Kontrahenten mit<br />

einem Rating, das 24 beträgt, ergibt sich für ihn als Erwartungswert:<br />

P=0,5 24−20<br />

100 =0,50,04=0,54<br />

Aus 100 Partien gegen diesen Gegner würde der Spieler also durchschnittlich<br />

54 Punkte erzielen. Sein Gegner, dessen Ingo-Zahl geringfügig höher ist, käme<br />

auf 46 Punkte. Aus Gründen der Logik lässt also eine niedrigere Ingo-Zahl auf<br />

einen stärkeren Spieler schließen. Hierauf wird im Kapitel „Bedeutung der<br />

einzelnen Beträge“ näher eingegangen.<br />

2.3 Die Deutsche Wertungszahl (DWZ)<br />

7<br />

2.3.1 Allgemeines<br />

Das DWZ-System löste am 01. Januar 1993 im gesamten Deutschland das<br />

Ingo-System ab. Prinzipiell besteht eine DWZ aus dem Rating und, durch einen<br />

Bindestrich getrennt, dem Index i. Beispielsweise ist meine DWZ im Augenblick<br />

(Stand: 17.12.2010) 1464 – 29. Dies bedeutet, dass das Rating bei 1464 liegt<br />

und es sich um die 29. Wertung handelt. Bei der Ausarbeitung der DWZ-<br />

Formeln spielten die bereits vorhandenen Ingo- und ELO-Systeme eine<br />

maßgebliche Rolle.<br />

2.3.2 Berechnung<br />

Wie zur Berechnung der ELO-Zahl ergibt sich die DWZ bei n Spielen aus einem<br />

Erwartungswert We, für den gilt:<br />

W E =∑ P D oder W E =n P D (durchschnittliche Berechnung)<br />

7 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Wertungszahl (Stand: 17.12.2010), sowie<br />

Deutscher Schachbund, Wertungsordnung Ordnungsbestimmungen zur DWZ-<br />

Spielstärkeberechnung von Schachspielern in Deutschland (Stand 31.01.2009)<br />

7


Die Funktion P (D) beschreibt näherungsweise die erwartete Punktzahl pro<br />

Partie für einen DWZ-Unterschied D. Sie ist identisch mit der zur Berechnung<br />

der ELO-Zahl verwendeten:<br />

1<br />

P D≈<br />

110 −D/ 400 bzw. P D≈<br />

1<br />

−D/ 400<br />

110<br />

Für D gilt, wobei R0 das eigene Rating und Rc das des Gegners darstellt:<br />

D= R 0 −R c respektive D=R 0 − ∑ R C<br />

n<br />

Die genauen Werte für P (D) ergeben sich aus der Wertungsordnung des<br />

Deutschen Schachbunds und sind in deren Anhang 2.1 als Wertetabelle<br />

festgelegt.<br />

Nun kann man aus dem Erwartungswert, dem tatsächlichen Ergebnis W, dem<br />

Entwicklungskoeffizienten (dieser wird im folgenden Kapitel näher betrachtet)<br />

und der eigenen Wertungszahl R0 die neue Wertungszahl Rn berechnen:<br />

R n=R 0 800<br />

En W −W E <br />

2.3.3 Der Entwicklungskoeffizient E<br />

An dieser Formel erkennt man, dass die Ingo-Zahl bei der Entwicklung der<br />

DWZ-Formeln einen gewissen Einfluss hatte, kommt doch hier ein<br />

Entwicklungskoeffizient, basierend auf dem Faktor der Ingo-Berechnung, vor. Er<br />

ergibt sich aus der Spielstärke des Spielers, sowie bei Jugendlichen jeweils<br />

aus einem Beschleunigungsfaktor fB, der nur für W ≥W E in Erscheinung tritt,<br />

und einem Bremszuschlag Sbr. Der Bremszuschlag gilt nur für Spieler mit einer<br />

DWZ R0


Der Beschleunigungsfaktor fB ergibt sich aus der eigenen DWZ R0, muss<br />

mindestens 0,5 und darf höchstens 1,0 betragen:<br />

f B = R 0<br />

2000<br />

Nun berechnet sich E altersabhängig wie folgt:<br />

Für Jugendliche (Spieler bis 20 Jahre): E=[ R0 1000 <br />

4<br />

5]⋅f BS Br<br />

Für Junioren (Spieler zwischen 21 und 25 Jahre): E= R0 1000 <br />

4<br />

10<br />

Für Senioren (Spieler ab 26 Jahre): E= R0 1000 <br />

4<br />

15<br />

Zudem gelten auch beim Entwicklungskoeffizienten E einige Einschränkungen:<br />

Wie bereits oben erläutert, dürfen fB und SBr nur gewisse Werte einnehmen und<br />

sind einzig in der Formel für Jugendliche von Bedeutung. Des Weiteren gelten<br />

für E eine Mindest- und eine Höchstgrenze. Erstere beträgt fünf, Zweitere ist<br />

abhängig von SBr und dem oben genannten Index i. Ist SBr=0, so beträgt die<br />

Höchstgrenze 5i, maximal jedoch 30. Sie liegt für SBr>0 bei 150.<br />

Zuletzt wird E noch auf ganze Zahlen gerundet.<br />

2.3.4 Beispiel für eine inoffizielle DWZ-Auswertung<br />

Zum besseren Verständnis folgt als Beispiel eine inoffizielle Auswertung meines<br />

Ergebnisses beim <strong>Forchheim</strong>-Open 2008 (R0= 1354; i=16):<br />

Die DWZ der Gegner betrugen:<br />

1546 (Dr. Stefan Langer)<br />

1562 (Wolfgang Lober)<br />

1658 (Dr. Herbert Schmid)<br />

795 (Michell Bielewitz)<br />

1650 (Ralf Glawe)<br />

9


Das durchschnittliche Rating der Gegner RC beträgt gerundet also 1442.<br />

Hieraus ergibt sich:<br />

D=R 0 − ∑ R C<br />

n =1354−1442=−88<br />

Gemäß der Wertungsordnung des Schachbunds, Anhang 2.1, beträgt für einen<br />

DWZ-Unterschied von 88 der Erwartungswert des schlechteren Spielers 0,38.<br />

Auf fünf Spiele umgerechnet hätte ich also durchschnittlich 1,9 Punkte machen<br />

müssen. Real konnte ich gegen Dr. Langer und gegen Bielewitz gewinnen,<br />

erzielte also zwei Punkte.<br />

Für die Berechnung des Entwicklungskoeffizienten gilt:<br />

E=[ Ro<br />

1000 <br />

4<br />

5]⋅f BS Br=1,354 4 5⋅0,6770=5,6 ...≈6<br />

Entsprechend ergibt sich:<br />

R n=R 0 800<br />

En ⋅W −W E=1354 800<br />

65 ⋅2−1,9=1361,2...≈1361<br />

Gemäß dieser inoffiziellen Auswertung betrug meine neue DWZ 1361 – 17, ich<br />

habe also sieben Ratingpunkte dazugewonnen.<br />

2.4 Vergleich der Wertungszahlen<br />

Betrachtet man die drei Wertungssysteme, so kristallisiert sich eine deutliche<br />

Ähnlichkeit zwischen ELO und DWZ heraus, die Ingo-Zahl unterscheidet sich<br />

von beiden jedoch stark. Vor allem bei der Gewinnerwartung wird das klar:<br />

Während sich der Erwartungswert bei der Ingo-Zahl aus der Differenz zwischen<br />

gegnerischer und eigener Ingo-Zahl (also wie beim DWZ-System ebenfalls – D)<br />

linear ergibt, liegt beim ELO- und DWZ-System eine Exponentialfunktion vor.<br />

10


P=0,5 1<br />

100 ⋅−D 1<br />

bzw. W E =<br />

110 −D/ 400 mit D=R0-RC<br />

Um beim Ingo-System eine möglichst hohe Gewinnwahrscheinlichkeit zu<br />

erreichen, muss D also negativ sein, das heißt die eigene Ingo-Zahl geringer<br />

sein, als die gegnerische. Dies führt dazu, dass ein geringeres Rating für einen<br />

stärkeren Gegner steht. Für einen möglichst hohen Erwartungswert bei den<br />

neueren Wertungsverfahren muss der Term 10 -D/400 möglichst gegen Null gehen,<br />

was bedeutet, dass -D/400 gegen minus unendlich geht. Um dies zu erreichen<br />

muss +D/400 (und damit +D) nahe an plus unendlich kommen. Deshalb muss<br />

das eigene Rating über dem des Gegners liegen. Also spricht eine hohe ELO-<br />

bzw. DWZ-Zahl für einen stärkeren Gegner.<br />

2.5 Bedeutung der einzelnen Wertungszahl-Beträge<br />

Die eben erworbene Erkenntnis wirft die Frage auf: Was bedeutet welche<br />

Wertungszahl? Aufschluss hierüber gibt folgende Tabelle 8 :<br />

DWZ- bzw.<br />

ELO-Zahl<br />

Ingo-<br />

Zahl<br />

Bedeutung<br />

2804 5 GM Viswanathan Anand (aktuell höchstbewerteter<br />

Spieler)<br />

>2500


Vom Erfinder der ELO-Zahlen, Arpad Elo, wurde eine Umrechnungsformel für<br />

Ingo-Zahl I und ELO-Zahl R, nach der auch obenstehende Tabelle ermittelt<br />

wurde, entwickelt:<br />

R=2840−8⋅I bzw. I =355− R<br />

8<br />

Obwohl ELO-Zahlen und DWZ von der Berechnung her sehr ähnlich sind,<br />

ergeben sich geringfügige Differenzen, wobei erfahrungsgemäß die ELO-Zahl<br />

meist höher ist als die DWZ. Die Unterschiede ergeben sich einerseits aus<br />

verschiedenen Konstanten, andererseits auch dadurch, dass die Mehrheit der<br />

Amateurspieler hauptsächlich Turniere in ihrer eigenen Region spielen. Dies<br />

führt dazu, dass man lokal eher unter sich bleibt. Im Laufe der Zeit führt das zu<br />

einem leichten „Verrutschen“ der Wertungszahlen, sodass sich ihre Bedeutung<br />

regional geringfügig unterscheidet, da man bei der DWZ-Berechnung von der<br />

Normalverteilung ausgeht, allerdings ist deren Maximum in verschiedenen<br />

Regionen unterschiedlich. Ein weiterer Effekt, der sich hierbei auswirkt, ist die<br />

Tatsache, dass die ELO-Liste alle drei Monate aktualisiert wird, während dies<br />

bei der DWZ nach jedem ausgewerteten Turnier relativ kurzfristig geschieht.<br />

Gerade aus letzterem Grund ist die DWZ wohl aussagekräftiger als die ELO,<br />

zumal nicht jedes Turnier, das DWZ-ausgewertet ist, auch nach ELO<br />

ausgewertet wird. Andersherum ist das der Fall. Dies liegt daran, dass eine<br />

ELO-Auswertung Kosten an den Weltschachverband FIDE nach sich zieht.<br />

3 Das <strong>Forchheim</strong>-Open 2010<br />

Am ersten Oktober-Wochenende (1.10. bis 3.10.) des Jahres 2010 fand in<br />

<strong>Forchheim</strong> das <strong>Forchheim</strong>-Open statt. Dieses Turnier, das heuer bereits das<br />

neunte Mal durchgeführt wurde, gehört zu den größten Turnieren der<br />

Umgebung und verzeichnete dieses Jahr einen neuen Teilnehmer-Rekord: 192<br />

Schachfreunde im Alter von sieben bis 75 Jahren fanden sich in der<br />

<strong>Forchheim</strong>er Jahn-Halle ein.<br />

12


3.1 Spielmodus<br />

Das <strong>Forchheim</strong>-Open wurde 2010 in zwei getrennten Turnieren, dem A- und<br />

dem B-Open, gespielt. Während im A-Open Spieler mit einer ELO-Zahl bzw.<br />

DWZ, die 1900 übersteigt, mitspielen, kämpfen im B-Open die Amateur-Spieler<br />

mit einer DWZ unter 2000 um die Punkte 9 . Da ja die Mehrheit der Schachspieler<br />

im Amateur-Bereich einzustufen ist, treten im B-Open natürlich mehr Spieler<br />

gegeneinander an als im A-Open. Heuer teilten sich die Kontrahenten wie folgt<br />

auf: Im A-Open nahmen 71 Spieler mit einem DWZ-Durchschnitt von 2055<br />

Punkten teil, im B-Open traten 121 Schachbegeisterte gegeneinander an. Hier<br />

lag der DWZ-Schnitt bei 1705 10 . Beide Turniere werden im Schweizer System<br />

ausgetragen. Dieses geht vereinfacht so, dass immer Spieler mit gleicher<br />

Punktzahl gegeneinander spielen, wobei im beschleunigten Modus, von dem<br />

beim <strong>Forchheim</strong> Open auf Grund der mit fünf Partien geringen Rundenzahl<br />

Gebrauch gemacht wird, der laut DWZ besseren Hälfte bei der Auslosung ein<br />

virtueller Punkt gutgeschrieben wird, um möglichst schnell möglichst gleich gute<br />

Gegner gegeneinander spielen zu lassen. Früher wurde die Auslosung solcher<br />

Turniere durch den Turnierleiter per Hand erledigt, was allerdings naturgemäß<br />

viel Zeit raubt. Statt der manuellen Auslosung wird das digitale Programm<br />

"Swiss-Chess für Windows" 11 verwendet, um den engen Zeitplan des Turniers<br />

einhalten zu können. Turniersieger ist der Spieler mit den meisten Punkten,<br />

wobei im Falle eines Gleichstandes die höhere durchschnittliche Wertungszahl<br />

der Gegner und, falls möglich, die Anzahl der Siege entscheidet.<br />

3.2 Reales Ergebnis<br />

In beiden Turnieren kam es beim Turniersieg zu Überraschungen: Im A-Open<br />

konnte GM Michael Prusikin trotz klarer Favoritenrolle (185 DWZ-Punkte<br />

Vorsprung auf die Nummer zwei der Setzliste) nach Siegen in den beiden<br />

Vorjahren den Titelhattrick nicht erreichen.<br />

9 Spieler mit 1900


Stattdessen gewann mit FM Harald Golda der Siebtgesetzte, der zum Zeitpunkt<br />

des Turniers immerhin über 250 DWZ-Punkte Rückstand auf GM Prusikin hatte.<br />

Im Vergleich zum B-Open sieht dieses Ergebnis eher weniger überraschend<br />

aus: Dort errang mit Robert Wabra ein krasser Außenseiter den Sieger-Pokal.<br />

Schachfreund Wabra, als Nummer 45 der Setzliste mit immerhin 295<br />

Wertungspunkten Rückstand auf den Setzlisten-Ersten ausgestattet, verwies<br />

Dennis Adelhütte, Nummer 15 der Setzliste, und Peter Thürauf, als 23. ins<br />

Turnier gestartet, auf die Plätze. Der Favorit, Tolga Ulusoy, musste sich mit<br />

Rang 22 zufrieden geben.<br />

3.3 Simulation<br />

Zuvor wurde von „Überraschungen“ gesprochen. Betrachtet man die<br />

Teilnehmerliste mit den entsprechenden Wertungszahlen, so kommt man<br />

ziemlich schnell und leicht zu diesem Schluss. Da dieser allerdings nur auf<br />

einem intuitiven Gefühl basiert und nicht auf wissenschaftlichem Grund steht, ist<br />

diese These zunächst mit einem Fragezeichen zu versehen: War das Ergebnis<br />

nicht doch so vorhersehbar? Hätte wirklich der Favorit gewonnen oder wäre ein<br />

anderes Ergebnis wahrscheinlicher? Um diese Fragen wissenschaftlich<br />

beantworten zu können, kann man die Turniere simulieren. Doch wie will man<br />

dabei verfahren?<br />

3.3.1 Vorgehensweise<br />

Zunächst habe ich mir beim Turnierleiter des <strong>Forchheim</strong>-Opens, FIDE-<br />

Schiedsrichter Wolfgang Fiedler, die Swiss-Chess-Datei des Turniers besorgt.<br />

Die Teilnehmerliste und die Auslosung der ersten Runde wurden übernommen,<br />

damit die Simulation möglichst realistisch ist. Im Laufe des Turniers sind sechs<br />

Spieler ausgestiegen. 12 Dies wurde auch bei der Simulation berücksichtigt und<br />

die Spieler wurden nach der entsprechenden Runde nicht mehr gepaart. Als<br />

nächstes musste eine Entscheidungsregel aufgestellt werden, bei welchem<br />

12 Aus dem A-Open waren das IM Leonid Sobolevski, Ralf-Michael Grosshans (beide nach der<br />

zweiten Runde), sowie Robert Baskin (nach der dritten Runde). Das B-Open konnten Dr.<br />

Jochen Radeck (nach der ersten Runde), Stefan Ratscheu und Dr. Eckhard Suliga (beide<br />

nach der dritten Runde) beenden.<br />

14


Erwartungswert welches Ergebnis eintritt. Diese sollte so lauten, dass die<br />

maximal erreichbare Punktzahl in mindestens 10% der Fälle korrekt<br />

vorhergesagt wird. Hierfür muss man folgenden Ansatz aufstellen:<br />

p 5 0,1<br />

Hieraus folgt durch Ziehen der fünften Wurzel:<br />

p 5 0,1<br />

p0,6309....<br />

Da der hierbei errechnete Wert größer als 0,63 ist, lautet also die<br />

Entscheidungsregel wie folgt:<br />

H1: p≥0,64∨ p≤0,36 → Entscheidung für 1 – 0 bzw. 0 – 1<br />

H2: 0,36 p0,64 → Entscheidung für ein Remis<br />

Da in dieser Spielklasse die Partien hauptsächlich durch individuelle Fehler<br />

entschieden werden, wird das Spielergebnis als unabhängig von den<br />

Spielfarben betrachtet. Der einzige Spieler, der in einem anderen Stärkebereich<br />

liegt und für den diese Annahme also nicht gelten würde, ist GM Michael<br />

Pruskin, der tatsächlich mit Weiß eine Gewinnrate von 53,8% hat. Dem steht<br />

eine Gewinnrate von 41,5% mit Schwarz gegenüber 13 . Da er allerdings, wie<br />

oben bereits festgestellt, einen so enormen DWZ-Vorsprung auf seine Verfolger,<br />

und damit auch eine so große Gewinnwahrscheinlichkeit hat (185 DWZ-Punkte<br />

entsprechen einem Erwartungswert von 0,74 14 , was schon recht deutlich in den<br />

Annahmebereich von H1 fällt), kann auch bei ihm die Farbverteilung<br />

vernachlässigt werden. Ich stütze mich bei meinen Berechnungen auf die DWZ,<br />

da diese regelmäßiger aktualisiert wird 15 und eine möglichst aktuelle<br />

Wertungszahl für das realistische Simulieren unerlässlich ist.<br />

13 Vgl. hierzu http://ratings.fide.com/chess_statistics.phtml?event=4642325<br />

(Stand: 10.12.2010)<br />

14 Vgl. hierzu Wertungsordnung, Seite 35<br />

15 Vgl. Kapitel „Bedeutung der Wertungszahl-Beträge“<br />

15


Die Gewinnwahrscheinlichkeit lässt sich, vom DWZ-Unterschied ausgehend, in<br />

der Wertungsordnung des Deutschen Schachbundes auf Seite 35 (Anhang 2.1)<br />

ablesen.<br />

Hieraus lässt sich das zu erwartende Ergebnis gemäß obiger<br />

Entscheidungsregel ermitteln. Diese Ergebnisse werden nun in Swiss-Chess<br />

eingegeben und die nächste Runde ausgelost. So verfährt man in beiden<br />

Turnieren über alle fünf Runden hinweg. Danach hat man eine Rangliste, die<br />

das Resultat der Simulation darstellt.<br />

3.3.2 Ergebnis der Simulation<br />

Betrachtet man das Ergebnis der Simulation 16 , so stellt man im A-Turnier fest,<br />

dass, wie bereits zuvor vorhergesagt, GM Prusikin alle fünf Spiele gewonnen<br />

hätte und somit Turniersieger geworden wäre. Dies ergibt sich durch den<br />

großen DWZ-Unterschied zu allen anderen Teilnehmern: Wie bereits zuvor<br />

festgestellt, hätte GM Prusikin bereits gegen Christoph Singer, zweit-gesetzt,<br />

einen Erwartungswert von 0,74, was gemäß der Entscheidungsregel zur<br />

Annahme eines Siegs für Prusikin führt. Dementsprechend liegt der<br />

Erwartungswert gegen die anderen Spieler noch höher und dies führt auch zu<br />

einen hypothetischen Sieg des Großmeisters. Die Plätze auf dem Podium<br />

hätten eben jener Christoph Singer und Nummer Vier der Setzliste, Christian<br />

Schramm, belegt. Punktgleich mit diesen beiden, mit ebenfalls vier Zählern<br />

hätte sich Mathias Holzhäuer, neunt-gesetzt, auf Grund des schlechteren<br />

Gegner-Ratings mit dem undankbaren vierten Platz zufrieden geben müssen.<br />

Vergleicht man die weiteren Platzierungen mit der Teilnehmer-Nummer, welche<br />

sich ja aus der Platzierung auf der Setzliste ergibt, so stellt man fest, dass sich<br />

diese beiden Zahlen bei 52 der 71 Teilnehmer, also bei ca. 73,2%, um weniger<br />

als zehn unterscheiden. Dies ergibt an sich Sinn, da man zur Simulation von<br />

der Setzliste ausgegangen ist und diese, genau wie die Entscheidungsregel,<br />

auf der DWZ der Teilnehmer basiert. Die größeren Unterschiede ergeben sich<br />

zum einen aus dem Ausstieg dreier Spieler, die in dieser Statistik ebenfalls<br />

enthalten sind, zum anderen durch schlichtes Glück bzw. Pech bei den<br />

Paarungen. Außerdem sind viele Spieler punktgleich, beispielsweise konnten<br />

16 Vgl. Tabellendokumente im Anhang<br />

16


24 Spieler je zwei Zähler erringen. Hier kommt es dann auf die Zweitwertung,<br />

das Gegner-Rating, an, wodurch die Platzierungen enger beinanderliegen (z.T.<br />

nur ein DWZ-Punkt Unterschied). Dies führt dazu, dass man relativ leicht um<br />

einige Platzierungen besser oder schlechter sein kann als auf der Setzliste.<br />

Im B-Open wäre Helmut Luther, seines Zeichens Setzlisten-Zweiter, mit nur<br />

einem Remis gegen Nummer sieben der Setzliste, Jonathan Winter, gemäß der<br />

Simulation als Turniersieger zu beglückwünschen gewesen. Ihm wären, mit<br />

einem halben Punkt Rückstand, die fünft- und sechst-gesetzten Dieter<br />

Heunemann bzw. Andreas Krauss gefolgt. Der Setzlisten-Primus, Tolga Ulusoy,<br />

hätte Platz vier belegt. Helmut Luther hätte in dieser Simulation großes Glück<br />

bei den Paarungen gehabt: Sein nominell stärkster Gegner wäre oben<br />

erwähnter Jonathan Winter gewesen, als weitere Gegner hätte er es mit den<br />

Nummern 33, 64, 18 und neun zu tun gehabt, gegen welche er einen Sieg<br />

erringen hätte können. Tolga Ulusoy hingegen hätte in den letzten beiden<br />

Runden die zuvor genannten Dieter Heunemann und Andreas Krauss als<br />

Gegner zugelost bekommen, wodurch er auf ein Remis mehr als der errechnete<br />

Turniersieger käme.<br />

Auch hier wurden die weiteren Platzierungen mit den Teilnehmer-Nummern<br />

verglichen: Bei 105 der 121 Teilnehmer wäre dieser Unterschied einstellig<br />

gewesen, was einer Quote von ca. 86,8% entspricht. Diese ist noch höher als<br />

im A-Open, was wohl durch die größere Teilnehmerzahl zu erklären ist.<br />

Nach der Simulation ergibt sich also in beiden Turnieren eine hohe Quote an<br />

Spielern, die in dem Bereich gelandet sind, in dem sie auch zu Beginn auf der<br />

Setzliste standen. Dies führt mich zu dem Schluss, dass die Simulation relativ<br />

gut ist, wenn man von einer absoluten Aussagekraft der DWZ ausgeht.<br />

3.4 Vergleich zwischen Simulation und realem Ergebnis<br />

Vergleicht man allerdings die Simulation und das echte Ergebnis, so stellt man<br />

fest, dass in beiden Turnieren jeweils nur einmal die richtige Platzierung eines<br />

Spielers korrekt vorhergesagt wurde: Im A-Open war das bei Stefan Duzy (65.<br />

Platz), im B-Open bei Heinrich Kunkel (114. Platz) der Fall. Um den<br />

durchschnittlichen Irrtum der Simulation zu berechnen, summiert man die<br />

Beträge der Differenz zwischen Platzierung in der Simulation und der realen<br />

17


Platzierung auf und teilt die entstandene natürliche Zahl durch die Anzahl der<br />

Teilnehmer im jeweiligen Turnier. Im A-Open kommt man dann auf einen<br />

durchschnittlichen Irrtum von ca. 12,5 bzw. sogar ca. 21,4 Plätzen im B-Open.<br />

Auf mögliche Gründe hierfür soll im Schluss genauer eingegangen werden.<br />

3.5 Betrachtung des Abschneidens ausgewählter Teilnehmer<br />

Zu Beginn des Opens habe ich Fragebögen an neun ausgewählte Spieler des<br />

<strong>Schachclub</strong>s <strong>Forchheim</strong>, Dr. Reinmar Killmann, Michael Stephan, Robert<br />

Wagner, Kristin Braun, Heinz Heger, Josef Gründel, Martin Killmann (alle B-<br />

Open), sowie FM Alexander Seyb und Léon Mons (beide A-Open) ausgegeben.<br />

Die Schachfreunde sollten vor dem Turnier ihre Erwartungen bezüglich<br />

Punktzahl und Platzierung, während des Turniers die einzelnen Gegner (mit<br />

Wertungszahlen), sowie Erwartung und Ergebnis dokumentieren. Nach dem<br />

Turnier sollten sie noch eine eigene Wertung zur Turnierleistung abgeben. Im<br />

Folgenden soll exemplarisch das unterschiedlich erfolgreiche Abschneiden von<br />

FM Alexander Seyb, Martin Killmann und Dr. Reinmar Killmann näher betrachtet<br />

werden, auch im Vergleich zur Simulation, sowie eine inoffizielle Auswertung<br />

nach DWZ (bei FM Seyb auch nach ELO und Ingo) durchgeführt werden:<br />

Zu Beginn soll auf die Teilnehmer des A-Opens näher eingegangen werden: FM<br />

Alexander Seyb (DWZ 2288, ELO 2294) erwartete sich als Dritt-Gesetzter vor<br />

dem Turnier vier Punkte und damit Platz drei bis sechs. Seine fünf Gegner<br />

hatten DWZ im Bereich von 1960 bis 2214:<br />

Runde Gegner ELO DWZ Erwartung Ergebnis P (D) EA<br />

1. Runde FM Krockenberger,<br />

Martin<br />

2187 2133 Sieg Sieg 0,71 0,65<br />

2. Runde FM Heimrath, Reiner 2231 2175 Remis Sieg 0,65 0,59<br />

3. Runde Walter, Thomas 2109 2101 Sieg Remis 0,74 0,74<br />

4. Runde Barnickel, Josef 2048 1960 Sieg Remis 0,87 0,8<br />

5. Runde FM Holzhäuer,<br />

Mathias<br />

2284 2214 Remis Sieg 0,6 0,51<br />

Summiert man die einzelnen Erwartungswerte auf, ergibt sich WE=3,57. Da<br />

18


seine DWZ über 2000 liegt, gelten fB=1 und SBr=0. Der Entwicklungskoeffizient<br />

bei FM Seyb, 19 Jahre alt, beträgt:<br />

E=[ R0 1000 <br />

4<br />

5]⋅f BS Br =2,288 4 5⋅10=32,4...<br />

Durch die Einschränkung, dass E für SBr=0 maximal 30 betragen darf, ergibt<br />

sich E=30. Als neues Rating errechnet man:<br />

R n =R 0 800<br />

En ⋅W −W E =2288800<br />

35 ⋅4−3,57=2297,8...≈2298<br />

Aus der offiziellen Berechnung ergibt sich Rn=2297 17 . Dies liegt daran, dass für<br />

P(D) genauere Werte gewählt werden, während an dieser Stelle die Tabelle der<br />

Wertungsordnung zu Grunde liegt.<br />

Für die ELO-Berechnung ergibt sich:<br />

∑ E A =3,29<br />

Daher setzt man an:<br />

R neu =R A k⋅ S A −E A =229415⋅4−3,29=2304,65≈2305<br />

Dementsprechend hat FM Seyb durch das <strong>Forchheim</strong>-Open knapp elf ELO-<br />

Punkte dazu gewonnen. Bei der vierteljährlichen Auswertung werden aber<br />

sämtliche ELO-ausgewerteten Turniere berücksichtigt, deshalb kann hier kein<br />

offizieller Wert angegeben werden. Als fiktive Ingo-Zahl für FM Seyb vor dem<br />

Turnier errechnet man:<br />

I =355− R 2294<br />

=355−<br />

8 8 =68,25≈68<br />

17 Vgl: http://schachbund.de/dwz/turniere/2007.html?code=B039-210-FOA (Stand 18.12.2010)<br />

19


Die Ingo-Zahlen seiner Gegner errechnen sich analog und ergeben (in<br />

Reihenfolge, gerundet): 82; 76; 91; 99 und 70, also durchschnittlich 83,6 = G<br />

Hieraus ergibt sich:<br />

H =G−100⋅ S<br />

n −50=83,6−100⋅4<br />

5 −50=53,6<br />

I neu = H⋅nI alt ⋅E<br />

nE<br />

53,6⋅568⋅10<br />

= =63,2≈63<br />

15<br />

Diese rechnet man wieder in ELO um, um eine Kontrolle des Ergebnisses zu<br />

erreichen:<br />

R=2840−8⋅I neu =2840−8⋅63,2=2334,4≈2334<br />

Dieser Wert unterscheidet sich stark von der zuvor ausgerechneten ELO-Zahl<br />

(2305), was daran liegt, dass die Gewinnerwartung bei der Ingo-Zahl linear<br />

verläuft und nicht, wie bei der ELO-Zahl, exponentiell und dementsprechend der<br />

Erwartungswert niedriger ist.<br />

P=0,5 G− I alt<br />

100<br />

83,6−68<br />

⋅n=0,5 ⋅5=3,28<br />

100<br />

Entsprechend deutlicher hat FM Seyb diesen auch übertroffen.<br />

Im echten Turnier erreichte er den dritten Platz, der auch seiner Setzlisten-<br />

Platzierung entspricht. Die Unentschieden gegen deutlich schwächere Gegner<br />

bildeten einen Wermutstropfen. Entsprechend war FM Seyb „enttäuscht über<br />

Runde 3+4, durch Sieg in Runde 5 aber insgesamt zufrieden“ 18 .<br />

In der Simulation wäre FM Seyb auf dem sechsten Platz gelandet, mit 3,5<br />

Punkten.Zählt man die Erwartungswerte in der Simulation zusammen, ergibt<br />

sich WE=0,71+0,69+0,61+0,51+0,63 = 3,15. Von daher kann der Schachfreund<br />

mit seiner Leistung sehr zufrieden sein.<br />

18 Fragebogen an Alexander Seyb<br />

20


Sehr zufrieden konnte auch Martin Killmann (DWZ 1849; ELO 1705; 16 Jahre)<br />

mit seinem Resultat im B-Open sein. Als Nummer elf der Setzliste ins Turnier<br />

gestartet, erwartete er sich 3,5 bis vier Punkte und eine Platzierung zwischen<br />

Rang zehn und 20. Die DWZ seines Gegner lagen zwischen 1500 und 1757.<br />

Runde Gegner DWZ Erwartung Ergebnis P (D)<br />

1. Runde Wissel, Daniel 1685 Sieg Remis 0,72<br />

2. Runde Müller, Roland 1661 Sieg Sieg 0,74<br />

3. Runde Seifert, Heinz 1534 Sieg Sieg 0,86<br />

4. Runde Koch, Christian 1500 Sieg Sieg 0,89<br />

5. Runde Schlötterer, Hermann 1757 Sieg/Remis Sieg 0,63<br />

Aus der Tabelle ergibt sich WE=3,84. Der Bremszuschlag ist mit 0 anzusetzen<br />

(DWZ>1300), als Beschleunigungsfaktor ergibt sich: f B = 1849<br />

2000 =0,9245<br />

Also berechnet man den Entwicklungskoeffizienten:<br />

E= R0 1000 <br />

4<br />

5⋅f BS Br =1,849 4 5⋅0,92450=15,4 ...≈15<br />

Nun folgt als neues Rating:<br />

R N =R 0 800<br />

E n ⋅W −W E =1849800<br />

20 ⋅4,5−3,84=1875,4≈1875<br />

Dieser Wert stimmt mit dem vom DWZ-Referenten Herbert Ganslmayer<br />

errechneten, offiziellen Wert überein 19 .<br />

Am Ende des Turniers belegte Martin Killmann mit 4,5 Zählern, und damit<br />

punktgleich mit dem Turniersieger, Platz fünf. Seine persönliche Wertung zum<br />

Turnier war: „Geil!“ 20 Da er 0,66 Punkte mehr erreicht hat, als zu erwarten<br />

gewesen wäre, und sechs Plätze vor seiner Setzlistenplatzierung gelandet ist,<br />

kann man diese Eigenbewertung nachvollziehen.<br />

19 Vgl. http://schachbund.de/dwz/turniere/2007.html?code=B039-210-FOB (Stand: 18.12.2010)<br />

20 Fragebogen am Martin Killmann<br />

21


In der Simulation hätte er sich mit Platz 17 zufrieden geben müssen, also sechs<br />

Plätze unter der Startposition und zwölf unter dem realen Ergebnis. Es hätte<br />

sich WE = 0,72 + 0,87 + 0,61 + 0,63 + 0,58 = 3,41 ergeben, was über einen<br />

Punkt unter dem realen Ergebnis liegt. Auch Martin Killmann kann also positiv<br />

auf das Open zurückblicken.<br />

Etwas anders sieht das bei dessen Vater, Dr. Reinmar Killmann (DWZ: 1689;<br />

ELO: 1648; 48 Jahre), aus: Zu Beginn auf Platz 41 gesetzt, setzte er sich als<br />

Ziel drei Punkte und Platz 40. Er musste sich mit Gegnern, die DWZ zwischen<br />

1129 und 1904 besaßen, messen:<br />

Runde Gegner DWZ Erwartung Ergebnis P (D)<br />

1. Runde Körber,Thomas 1838 Niederlage/Remis Remis 0,3<br />

2. Runde Pühn, Georg 1904 Niederlage Niederlage 0,23<br />

3. Runde Gottlieb, Michael 1201 Sieg Sieg 0,96<br />

4. Runde Askri, Samir 1327 Sieg Niederlage 0,9<br />

5. Runde Klinkhammer,<br />

Christopher<br />

W E =∑ P D=0,30,230,960,90,98=3,37<br />

1129 Sieg Sieg 0,98<br />

Aufgrund Dr. Killmanns Alter von 48 Jahren fallen Beschleunigungsfaktor und<br />

Bremszuschlag weg, als Entwicklungskoeffizient ergibt sich für ihn als Senior 21 :<br />

E= R0 1000 <br />

4<br />

15=1,689 4 15=23,1...≈23<br />

Zur Berechnung des neuen Ratings ist also anzusetzen:<br />

R neu =R 0 800<br />

En ⋅W −W E =1689800<br />

28 ⋅2,5−3,37=1664,1...≈1664<br />

21 Vgl. Kapitel „DWZ-Berechnung“<br />

22


Die offizielle Auswertung ergibt 1662. Grund hierfür sind, wie bereits oben, die<br />

genaueren Werte für P(D).<br />

In der Rangliste belegt Dr. Killmann mit 2,5 Punkten nur Platz 73, was um 32<br />

Plätze schlechter ist als seine Setzlisten-Position. In der Simulation hingegen<br />

hätte er mit drei Punkten Platz 48 belegt. Als Erwartungswert hätte sich<br />

W E =0,30,930,720,60,6=3,15<br />

ergeben. Dementsprechend blieb Dr. Killmann, trotz einer guten ersten Runde,<br />

hinter seinen Erwartungen zurück.<br />

4 Fazit<br />

Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Es gibt mehrere verschiedene<br />

Wertungssysteme, die in sich teilweise ähnlich sind (ELO und DWZ), teilweise<br />

aber auch klar unterschiedlich (ELO und Ingo). Auf jeden Fall haben ELO und<br />

Ingo die DWZ geprägt und entscheidend beeinflusst. Die Wertungssysteme<br />

haben auch eine verschiedene Aussagekraft: Die DWZ ist in Deutschland am<br />

aussagekräftigsten, da sie am verbreitetsten ist und regelmäßiger aktualisiert<br />

wird als die ELO-Zahl. Das Ingo-System fehlt an dieser Stelle, da es ein<br />

historisches, nicht mehr verwendetes System darstellt. Der größte Unterschied<br />

zwischen Ingo- und ELO- bzw. DWZ-System besteht wohl in der Bedeutung der<br />

Zahlenwerte: Steht eine hohe ELO respektive DWZ für einen starken Spieler,<br />

tut das im Gegensatz dazu eine niedrige Ingo.<br />

Als weiteres Ergebnis kann man festhalten: Das Ergebnis eines Schachturniers<br />

lässt sich nicht mit mathematischen Mitteln vorhersagen.<br />

Es wirken schlicht viel zu viele diverse, teilweise nicht vorhersehbare Faktoren.<br />

Vor allem menschliche Schwächen machen eine realistische Prognose<br />

schwierig: Seien es Trauer über ein eben verstorbenes Haustier, eine<br />

Formkrise, gesundheitliche Mängel, diverse Ablenkungen, psychologische<br />

Aspekte gegen einen „Angstgegner“ oder Zeitnot: Die Gründe für schlechtes<br />

23


Abschneiden sind zahlreich, ebenso aber natürlich umgekehrt die für positive<br />

Überraschungen.<br />

Hier könnte man eine gute Tages- bzw. Wochenendform nennen, ferner zum<br />

Beispiel Selbstvertrauen nach einem persönlichen Erfolg, Unterbewertung<br />

durch das Rating, verstärkter Trainingsaufwand, gute Vorbereitung auf den<br />

nächsten Gegner oder schlichtes Glück.<br />

Aber genau das macht den Reiz des Schachspiels und jeden Sports aus: Das<br />

Spiel muss erst gespielt werden, bevor man über das Ergebnis reden kann.<br />

Letztendlich liegt die Wahrheit, nicht wie im Fußball auf dem Platz, sondern auf<br />

dem Brett. Ein hierzu passendes Zitat stammt vom berühmten Schachspieler<br />

Savielly Tartakower: „Immer der vorletzte Fehler gewinnt!“ 22<br />

22 Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Tartakowerismen (Stand: 19.12.2010)<br />

24


5 Quellenverzeichnis:<br />

5.1 Literaturquellen:<br />

(1) Junker, K. (Hrsg.), Tarrasch, S., Das Schachspiel: Systematisches<br />

Lehrbuch für Anfänger und Geübte, Zürich, Edition Ohms, 2003<br />

(2) Deutscher Schachbund (Hrsg.), Wertungsordnung, Ordnungsbe-<br />

stimmungen zur DWZ-Spielstärkebewertung von Schachspielern in<br />

Deutschland (Stand: 31.01.2009)<br />

5.2 Internetquellen:<br />

(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Ingo-Zahl<br />

(Stand: 16.12.2010)<br />

(4) http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Wertungszahl<br />

(Stand: 17.12.2010)<br />

(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Elo-Zahl<br />

(Stand: 17.12.2010)<br />

(6) http://de.wikipedia.org/wiki/Tartakowerismen<br />

(Stand: 19.12.2010)<br />

(7) http://www.schachecke.de/systeme/ingo-system/ingo-system.html<br />

(Stand: 16.12.10)<br />

(8) http://ratings.fide.com/chess_statistics.phtml?event=4642325<br />

(Stand: 10.12.2010)<br />

(9) http://schachbund.de/dwz/turniere/2007.html?code=B039-210-FOA<br />

(Stand 18.12.2010)<br />

(10) http://schachbund.de/dwz/turniere/2007.html?code=B039-210-FOB<br />

(Stand: 18.12.2010)<br />

25


6 Anhang<br />

6.1 Fragebogen<br />

Servus,<br />

Ich muss heuer diese wahnsinnig tolle <strong>Facharbeit</strong> schreiben. Ich habe mir als<br />

Thema „Wertungszahlen im Schach und das <strong>Forchheim</strong>-Open“ ausgewählt. Im<br />

Rahmen dieser Arbeit möchte ich ein paar Spieler, u.A. Dich, näher betrachten,<br />

am Ende eine inoffizielle Wertungszahlen-Auswertung durchführen und die<br />

Erwartungen der Spieler vergleichen. Dafür bräuchte ich aber deine Hilfe: Du<br />

müsstest diesen „Fragebogen“ ausfüllen (dürfte selbsterklärend sein). Ich habe<br />

mit dem Schiedsrichtern an diesem Wochenende so viel um die Ohren (vier<br />

Termine), dass ich es unmöglich schaffe, selbst vorbeizukommen. Deshalb<br />

wende Dich bitte bei Fragen vertrauensvoll an Josef.<br />

Danke,<br />

Johannes<br />

Jetzt zum eigentlichen „Fragebogen“:<br />

Vor dem Turnier:<br />

Name: ______________________ ELO (wenn vorhanden):____ DWZ:____<br />

Meine Erwartung vom Turnier: Punkte: ___ Platz: ____<br />

Während des Turniers:<br />

Runde Gegner ELO DWZ Farbe Erwartung Ergebnis<br />

1. Runde<br />

2. Runde<br />

3. Runde<br />

4. Runde<br />

5. Runde<br />

Nach dem Turnier:<br />

Ergebnis: __/__ Platzierung: ____<br />

eigene Wertung (enttäuscht, überrascht, euphorisch, etc.): ________________<br />

26


6.2. Daten-CD<br />

Inhalt:<br />

– Tabellendokumente zur Simulation von A- und B-Open<br />

– Swiss-Chess-Dateien zur Simulation von A- und B-Open<br />

– Ausgefüllte Fragebögen von FM Alexander Seyb und Martin Killmann<br />

– html-Dateien der Internetquellen<br />

27


7 Erklärung<br />

Ich erkläre hiermit, dass ich die <strong>Facharbeit</strong> ohne fremde Hilfe angefertigt und<br />

nur die im Literaturverzeichnis angeführten Quellen und Hilfsmittel benutzt<br />

habe.<br />

Hagenau, den<br />

28

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