13.05.2013 Aufrufe

Tierwohl und Tiergesundheit - Wie nutzen wir Herdendaten zur ...

Tierwohl und Tiergesundheit - Wie nutzen wir Herdendaten zur ...

Tierwohl und Tiergesundheit - Wie nutzen wir Herdendaten zur ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

„<strong>Tierwohl</strong> <strong>und</strong> Tierges<strong>und</strong>heit –<strong>Wie</strong><br />

verwenden <strong>wir</strong> <strong>Herdendaten</strong> <strong>zur</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsüberwachung“<br />

RSA Züchterseminar 2013<br />

Besamungsstation Bismark, 12 & 13 März 2013<br />

Dr. B. Taffe, TGD TSK ST


Faktoren, die <strong>Tierwohl</strong>, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Leistungsbereitschaft von Nutztieren beeinflussen<br />

Trophische Faktoren:<br />

Qualität von Futtermitteln,<br />

Rationszubereitung,<br />

Wasserversorgung<br />

Abiotische Faktoren:<br />

Stallhygiene, Stallklima<br />

Tierkomfort <strong>und</strong> Tier‐<br />

betreuung<br />

Umwelt<br />

nach Mehlhorn &. Bär 1970<br />

Biotische Faktoren<br />

Viren, Bakterien, Parasiten,<br />

Pilze, <strong>und</strong> ihre belebten<br />

Vektoren<br />

Leistung / <strong>Tierwohl</strong>:<br />

→ 60 % Fütterung<br />

→→20% 20 % abiotische Faktoren <strong>und</strong><br />

→20% biotische biotische Faktoren Faktoren <strong>und</strong><br />

Genetik!<br />

→ 20 % Genetik


Wandel des Tierges<strong>und</strong>heitsbegriffs<br />

• Tierges<strong>und</strong>heit bedeutete früher (<strong>und</strong> vielfach auch<br />

noch heute) vor allem das Fehlen von Krankheit!<br />

– Tierseuchen werden durch staatliche<br />

Bekämpfungsmaßnahmen getilgt.<br />

– Einzeltierkrankheiten werden vom Tierarzt kuriert.<br />

– Wenn gehäuft Einzeltiererkrankungen auftreten soll der<br />

Tierarzt möglichst durch Impfung <strong>und</strong> metaphylaktische<br />

Gabe von Antibiotika dem gehäuften Auftreten Einhalt<br />

gebieten.<br />

Nahezu ausschließlich biotische Faktoren standen (<strong>und</strong><br />

stehen) im Fokus der Überlegungen <strong>zur</strong> Tierges<strong>und</strong>heit


Wandel des Tierges<strong>und</strong>heitsbegriffs<br />

• Moderne Tierges<strong>und</strong>heit bedeutet heutzutage „…nicht nur das<br />

Freisein von Krankheit bei Tieren sondern betrifft auch die<br />

entscheidende Beziehung zwischen der Ges<strong>und</strong>heit von Tieren<br />

<strong>und</strong> ihrem Wohlergehen!“(Tierges<strong>und</strong>heitsstrategie der EU „Vorbeugen ist die beste<br />

Medizin“)<br />

– In Anlehnung an den Ges<strong>und</strong>heitsbegriff der WHO von 1948 für den<br />

Menschen („… ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen <strong>und</strong> sozialen<br />

Wohlergehens“)<br />

– „Animal Health“ <strong>und</strong> „Animal Welfare“ gehören untrennbar<br />

zusammen, nicht nur aus ethischer Sicht sondern auch aus<br />

ökonomischer Sicht sowie aus Sicht einer nachhaltigen<br />

Nutztierhaltung!<br />

– Neu in der Novellierung des Tierschutzgesetzes: „Tierhalter sollen<br />

künftig dazu verpflichtet werden, ein Kontrollsystem zu etablieren <strong>und</strong><br />

noch stärker dafür sorgen, dass es den Tieren gut geht. Dabei sollen<br />

<strong>Tierwohl</strong>indikatoren <strong>zur</strong> Beurteilung des Wohlergehens der Tiere<br />

herangezogen werden“ (Homepage BMELV)<br />

Ganzheitliche Betrachtung trophischer, abiotischer <strong>und</strong><br />

biotische Faktoren bei Überlegungen <strong>zur</strong> Tierges<strong>und</strong>heit


Aufgabenstellung<br />

• Ges<strong>und</strong>heitliche Risiken für die Neuentstehung von<br />

Krankheiten möglichst objektiv <strong>und</strong> betriebsindividuell aus<br />

<strong>Herdendaten</strong> identifizieren<br />

Ganzheitliche Betrachtung von Ges<strong>und</strong>heitsrisiken!<br />

<strong>Herdendaten</strong>, die trophische <strong>und</strong> abiotische Risiken widerspiegeln<br />

in die Risikoidentifizierung mit einbeziehen! (Nicht immer nur die<br />

„biotischen Veterinärdaten“!)<br />

<strong>Herdendaten</strong>, die trophische <strong>und</strong> abiotische Risiken widerspiegeln<br />

für Monitoring / Controlling von Tierges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> <strong>Tierwohl</strong><br />

<strong>nutzen</strong>.


„Gesetzmäßigkeit der häufigsten<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Risiken einer Milchkuh“<br />

Abgang wegen Infektion <strong>und</strong><br />

Dysfunktion von Gebärmutter,<br />

Eierstöcke, Euter & Klauen sowie<br />

Leistungsdepression<br />

Infektion <strong>und</strong> Dysfunktion von<br />

Gebärmutter, Eierstöcke, Euter &<br />

Klauen<br />

Belastung durch<br />

Umstellungen vor,<br />

während <strong>und</strong> nach<br />

der Abkalbung<br />

Chron. Ernährungsmangel<br />

bedingte Abwehrschwäche<br />

Organfunktionsstörung<br />

Verzehrdepression<br />

Ruminale Dysfunktion (PFS)<br />

LMV Körperfettabbau<br />

NEB<br />

Ketose, Leberschaden<br />

Harnstoffbelastung


„Gesetzmäßigkeit der häufigsten<br />

ges<strong>und</strong>heitlichen Risiken einer Milchkuh“<br />

Abgang wegen Infektion <strong>und</strong><br />

Dysfunktion von Gebärmutter,<br />

Eierstöcke, Euter CCP & Klauen sowie<br />

Leistungsdepression<br />

CCP<br />

Infektion <strong>und</strong> Dysfunktion von<br />

Gebärmutter, Eierstöcke, Euter &<br />

Klauen<br />

CCP<br />

Peripartale<br />

Belastung<br />

Chron. Ernährungsmangel<br />

bedingte Abwehrschwäche<br />

Organfunktionsstörung<br />

Verzehrdepression<br />

Ruminale Dysfunktion CCP (PFS)<br />

LMV Körperfettabbau<br />

NEB<br />

Ketose, CCP Leberschaden<br />

Harnstoffbelastung


Critical Control Points<br />

• Abgangsursachen<br />

• Krankheitshäufigkeiten der wichtigsten<br />

Produktionerkrankungen (NGV, GP, LMV, klinische<br />

Mastitis, Metritis, Zysten, Azyklie, Anaphrodisie)<br />

• Stoffwechselkennzahlen<br />

• Fruchtbarkeitskennzahlen<br />

• Euterges<strong>und</strong>heitskennzahlen


OW<br />

ME 25‐30%<br />

VE < 5%<br />

OW<br />

Je Ursache<br />

< 12%<br />

OW<br />

> 3 Laktationen<br />

> 36 Monate<br />

< 30% JK & 2. Lakt.<br />

> 29.000 kg LL<br />

> 15 kg LE<br />

Abgangsursachen<br />

Ø 36% ME<br />

Ø 12% VE<br />

Abgänge<br />

23% Sonst.<br />

21% Stoffw.<br />

17% Klauen<br />

17% UFB<br />

Ø 20%<br />

JK‐Abgänge<br />

Ø 25%<br />

Abgänge<br />

2. Laktatition


Abgangsursachen<br />

• Rückschluss: Der Betrieb hat erhöhte Abgänge durch ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Belastungen, die sowohl den Gebrauchswert der Tiere einschränken als<br />

auch in einem hohen Maße zu Verendungen oder Nottötungen führen!<br />

– Dadurch ist die Wirtschaftlichkeit der Milchkuhhaltung deutlich eingeschränkt!<br />

(‐6.500 kg Milch je abgegangene Kuh = ‐1.950 €je abgegangene Kuh, bei Ø 214<br />

abgegangenen Kühen / Jahr in den letzten 24 Monaten = ‐834.600 €!)<br />

– Dabei scheinen Stoffwechselbelastungen eine entscheidende Rolle zu spielen!<br />

(Hypocalcämie? Ketose? Pansenazidose? Harnstoffbelastungen?)<br />

• Frage: Gibt es eine Clusterbildung bei den Verendungen in Bezug auf<br />

Jahreszeit oder Laktationsstand?<br />

– Etwa 35‐40% der Verendungen liegen in den ersten 30 Laktationstagen! Etwa<br />

50% liegen im ersten Laktationsdrittel!<br />

• Rückschluss: Vor allem Abkalbe nahe ges<strong>und</strong>heitliche Belastungen setzen<br />

den Kühen erheblich zu!<br />

– Belastungen sollten identifiziert <strong>und</strong> beseitigt werden!<br />

– Pro‐ <strong>und</strong> metaphylaktische Veterinärkonzepte sollten ggf. mit einbezogen<br />

werden!


Belastungen im Zusammenhang mit der Geburt<br />

OW TG bei Kühen<br />

wie Färsen < 5%!!!<br />

gesamt<br />

Kühe<br />

Risikofaktoren: Wehenschwäche (Hypocalcämie), Verfettung, vermehrt Zwillinge (> 5‐6%)<br />

Färsen<br />

Risikofaktoren: Wehenschwäche (Stress), fehlender Rahmen, Verfettung, zu intensive VB


Belastungen im Zusammenhang mit der Geburt<br />

Tiere bzgl. Rahmenentwicklung <strong>und</strong> Körperkonditionierung<br />

kritisch anschauen! (BCS!)<br />

Kühe<br />

Eignung der Trockensteher‐ <strong>und</strong> Vorbereitungsfütterung<br />

kritisch prüfen!<br />

(Minimale ernährungsphysiologische Fütterungskompetenz<br />

Färsen<br />

beim Tierhalter!!!)<br />

Risikofaktoren: Wehenschwäche (Hypocalcämie), Verfettung, vermehrt Zwillinge (> 5‐6%)


Weitere Belastungen um die Geburt<br />

Unvollständige Diagnosenerfassung, respektive Zuordnungsprobleme (s. 1.560 sonstige Erkrankungen)<br />

OW<br />

NGV < 10%<br />

Risikofaktoren: Wehenschwäche (Hypocalcämie), Selenmangel, vermehrt Zwillinge (> 5‐6%)<br />

OW<br />

GP < 5%*<br />

LMV < 2%<br />

???<br />

???<br />

??? GP??? LMV???<br />

Risikofaktoren: GP & LMV Hypocalcämie, LMV auch Verzehrdepression / Strukturmangel<br />

* < 5 % bezogen auf alle Abkalbungen ab dem 2. Kalb!


Eine viel zu energiereiche TS‐ Fütterung macht die<br />

Muttertiere fetter <strong>und</strong> die Kälber größer als<br />

erforderlich!<br />

→BCS hochtragender Kühe >3,5 <strong>und</strong> Färsen > 4!


BCS hochtragender Kühe >3,5 <strong>und</strong> Färsen > 4!<br />

Exakte Terminierung der VB bei Färsen nicht<br />

einzuhalten, wegen Deckbulleneinsatz!<br />

Azidoserisko infolge schlechter<br />

Pansensynchronisation hoch!<br />

Hypocalcämierisiko infolge unvollständiger<br />

Bilanzierung nicht einzuschätzen!


Krankheitsinzidenzen<br />

• Betriebliche Erfassung der wichtigsten Krankheiten ist eine<br />

Managementaufgabe von besonderer Bedeutung!<br />

• Erhöhte Totgeburten bei Kühen ab 2. Laktation sowie<br />

Indikatorerkrankungen für Hypocalcämie geben einen Hinweis auf<br />

eine ungeeignete Rationsgestaltung in der Vorbereitung!<br />

→ Kalziumgehalt in Bezug auf den Gehalt an sauren <strong>und</strong><br />

alkalischen Valenzen! (Stärke & Zucker oder saure Salze bzw.<br />

Protein & Kalium)<br />

– Rationskorrektur Vorbereitung (Klassisch Kalzium <strong>und</strong> Kaliumarm oder<br />

Anionendiät???)<br />

– Anionendiät ggf. wöchentlich durch Harn pH Messung überwachen!<br />

– Veterinärprophylaxekonzept „Hypocalcämie“ (Vitamin D 3 3‐5 d a. p. <strong>und</strong><br />

Kalziumgaben am Tag der Abkalbung) immer möglich!


Krankheitsinzidenzen<br />

• Erhöhte Totgeburten bei Färsen geben Hinweise auf un<strong>zur</strong>eichende<br />

Rahmenentwicklung, Überkonditionierung <strong>und</strong> zu intensive<br />

Fütterung in der Hochträchtigkeit!<br />

− Optimierung der Färsenaufzucht auf Rahmenentwicklung <strong>und</strong><br />

Körperkondition (Jungrinderaufzucht ist ein Spezialgeschäft <strong>und</strong> keine<br />

Sache für nebenbei!)<br />

− Terminierung der Färsenvorbereitung auf höchstens 14 Tage (keine<br />

Verwendung frei mitlaufender Deckbullen! Aber: Die dauernde<br />

Verwendung von besonders leichtkalbiger Genetik ist ebenfalls<br />

kontraproduktiv!)<br />

− Keine Stressoren <strong>zur</strong> Geburt (Gruppenführung! Vereinzelung! Unruhe etc)


Weitere Krankheitsinzidenzen<br />

Weitere Krankheitsinzidenzen die für die<br />

Problemidentifizierung erfasst werden sollten sind<br />

Klinische Mastitis<br />

Metritis (Grad 1‐3)<br />

Zysten<br />

Azyklie<br />

Anaphrodisie<br />

Infektiöse Lahmheiten (Mortellaro / DD, „Panaritium“ /DID)<br />

Lahmheiten des Rehekomplexes (Sohlen‐ <strong>und</strong><br />

Wandgeschwüre)


Krankheitsinzidenzen<br />

• Krankheiten bedingen einander!<br />

– Hypocalcämie begünstigt das Auftreten von<br />

Gebärmutterentzündungen <strong>und</strong> Mastitis sowie von LMV!<br />

– LMV, Metritis, Ketose <strong>und</strong> Leberschaden sind häufig miteinander<br />

vergesellschafte <strong>und</strong> bedingen einander! („LEAL‐Komplex“)<br />

– Metritis begünstigt die Entstehung von Zysten<br />

– Ketosen, Azidosen <strong>und</strong> Alkalosen bedingen Abwehrschwäche <strong>und</strong><br />

Organfunktionsstörungen <strong>und</strong> damit Metritiden, Mastitiden,<br />

Ovarfunktionsstörungen <strong>und</strong> Klauenerkrankungen<br />

• Zur Aufklärung von Ursachenbeziehungen ist die Kenntnis der<br />

möglichen Kausalitäten unabdingbar!<br />

• An dieser Schnittstelle müssen Tierhalter, Betreuungstierarzt<br />

<strong>und</strong> Fütterungsberater mit ihrer jeweiligen Kernkompetenz<br />

gemeinsam tätig werden


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 1. Milchmenge ‐<br />

• Tägliche Milchmenge <strong>wir</strong>d beeinflusst von der<br />

Herdenzusammensetzung (Frischmelker : Altmelker)<br />

– Die Herdenzusammensetzung spiegelt sich in den Melktagen<br />

wider! (OW 160‐180 Tage)<br />

– Fruchtbarkeitsprobleme <strong>wir</strong>ken sich als Zunahme von Melktagen<br />

aus<br />

– Bei einer Zunahme von Melktagen ist mit Milchmengenrückgang<br />

zu rechnen!<br />

– Bei einem Absinken von Melktagen ist mit einer Zunahme von<br />

Milchmenge zu rechnen!<br />

– Die Zunahme der Milchmenge fällt deutlicher aus bei<br />

Abkalbespitzen mit Altkühen, sie fällt schwächer aus bei<br />

Abkalbespitzen mit Jungkühen!


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 1. Milchmenge ‐


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 1. Milchmenge ‐<br />

• Milchmenge ist genetisch determiniert, <strong>wir</strong>d aber osmotisch<br />

reguliert!<br />

• Limitierend sind die Wasser‐ <strong>und</strong> die Laktoseverfügbarkeit!<br />

• Wasserverfügbarkeit:<br />

– Gute Zugänglichkeit der Tränke!<br />

– Wasser in Trinkwasserqualität!<br />

– Tägliche Tränkereinigung!<br />

– OW: Je Kuh einer Gruppe ca. 6‐10 cm freie Troglänge, pro 20<br />

Kühe einer Gruppe eine Tränke! (Kipptränken von 1,50‐2,00 m je<br />

20 Kühe einer Gruppe!)


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 1. Milchmenge ‐<br />

• Milchmenge ist genetisch determiniert, <strong>wir</strong>d aber<br />

osmotisch reguliert!<br />

• Limitierend sind die Wasser‐ <strong>und</strong> die<br />

Laktoseverfügbarkeit!<br />

• Laktoseverfügbarkeit:<br />

– Gute Euterges<strong>und</strong>heit! (Laktosesynthese in den Lactocyten<br />

aus Glucose!)<br />

– Gute Leberges<strong>und</strong>heit (Gluconeogenese bei <strong>Wie</strong>derkäuern<br />

aus Propionsäure!)<br />

– Gute Pansenges<strong>und</strong>heit (Mikrobielle Propionsäuresyn‐these<br />

im Pansen bei ungestörter Pansenfermentation!)


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 1. Milchmenge ‐<br />

Bei deutlich unter dem genetischen<br />

Leistungspotential <strong>zur</strong>ück bleibender Milchmenge:<br />

Auch die Fruchtbarkeit kritisch betrachten!<br />

Die Wasserverfügbarkeit überprüfen!<br />

Die „Laktoseentstehungskaskade“ <strong>und</strong> hier<br />

insbesondere Leber‐ <strong>und</strong> Pansenbelastungen<br />

kritisch hinterfragen!


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 2. Milcheiweiß ‐<br />

• MEW = Ruminales Bakterienprotein!<br />

• … ist ausreichend vorhanden, wenn die Bakterien im Pansen ausreichend N<br />

(NH3) <strong>und</strong> ausreichend Energie (Propionsäure) vorfinden!<br />

– Da N in der Fütterung eher selten limitierend ist, bedeutet wenig Milcheiweiß<br />

meist ruminalen Energiemangel!<br />

– … insbesondere wenn Harnstoffwerte hoch sind!<br />

(Cave: Auch bei Störungen der Pansenfermentation kann die Bakterienver‐<br />

mehrung leiden, obwohl u. U. sogar sehr viel ruminale Energie auf dem Futtertisch<br />

liegt!)<br />

– OW DSB:<br />

100 d: min 3,1% 200 d min 3,2% 300 d min 3,3%<br />

Min. 60% der Herde sollten einen MEW > 3,2% haben<br />

Ab MEW 3,2% ist mit einer hinreichend guten Fruchtbarkeit zu rechnen<br />

(Keine Basis für Einzeltierentscheidung <strong>zur</strong> Besamung!!!)


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 3. Milchfett / Fett‐Eiweiß Quotient ‐<br />

• Milchfett entstammt zum Einen dem Körperfettabbau (V. a. bei NEB zu<br />

Laktationsbeginn!!!) <strong>und</strong> zum Anderen der Milchfetteigensynthese<br />

• Gr<strong>und</strong>baustein der Milchfetteigensynthese ist u. a. die im Pansen gebildete<br />

Essigsäure, die von auf Zelluloseabbau spezialisierten Bakterien gebildet<br />

<strong>wir</strong>d, wenn diese entsprechende Milieubedingungen <strong>und</strong> ausreichend<br />

Zellulose vorfinden!<br />

– Viel Milchfett = überstürzter Körperfettabbau zu Laktationsbeginn!<br />

– Viel Milchfett = auch ein physiologisches Altmelkerphänomen bei<br />

abnehmender Milchmengenleistung, das meist parallel mit Körperfettansatz<br />

(„Verfettung“) einhergeht!<br />

– Wenig Milchfett = ruminale Zelluloseabbaustörung<br />

(Pansenfermentationsstörung) oder Rohfasermangel<br />

(Cave: Zu Laktationsbeginn können sich beide Phänomene überlagern <strong>und</strong><br />

dadurch als metabolische Belastungen unerkannt bleiben!)


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 3. Milchfett / Fett‐Eiweiß Quotient ‐<br />

• Im Fett‐Eiweiß Quotient (FEQ) spiegeln sich ruminale Energieversorgung<br />

<strong>und</strong> das Spannungsfeld Körperfettabbau / ruminale Fetteigensynthese<br />

wider<br />

– < 100 d FEQ > 1,5 = Risiko eines „übermäßigen Körperfettabaus infolge<br />

Energiemangels“ = „Ketoserisko“<br />

– FEQ < 1,0 = Risiko einer reduzierten ruminalen Milchfetteigensynthese<br />

(Rohfasermangel?!) bei gleichzeitig relativ hohem ruminalem Energieangebot =<br />

„Pansenazidoserisiko“<br />

– OW DSB<br />

Einzeltier : Milchfett > 3,8%, FEQ < 1,5 <strong>und</strong> > 1,0<br />

Gruppenbetrachtung: Milchfett > 3,8%, FEQ < 1,4 <strong>und</strong> > 1,1<br />

Anzahl Merkmalsträger mit FEQ > 1,5 < 100 d oder mit FEQ < 1,0<br />

jeweils < 5% (HL‐Herden ‐10%)


Stoffwechselkennzahlen (MLP)<br />

‐ 4. Milchharnstoff‐<br />

• Milchharnstoffwerte spiegeln den Umsatz des Futter –N <strong>und</strong> den<br />

NH3 Anfall im Pansen wider<br />

• Hohe Harnstoffwerte =<br />

– Störung der Pansenfermentation im Sinne einer Pansenalkalose?!<br />

– Ruminaler Energiemangel (Zusätzlich MEW niedrig)<br />

– Absolutes Proteinüberangebot (Zusätzlich MEW hoch)<br />

– Leberbelastung durch vermeidbare Entgiftungsleistung, die auch<br />

Klauenschäden induzieren <strong>und</strong> das Gebärmuttermilieu negativ<br />

beeinflussen kann (Puerperales Metritisrisiko! Samenkapazitation in der<br />

Brunst!)<br />

– OW<br />

Einzeltier 150‐300 ppm<br />

Gruppenbetrachtung 200‐250 ppm


Stoffwechselinterpretation aus<br />

Milchinhaltsstoffen


Stoffwechselinterpretation aus<br />

Milchinhaltsstoffen<br />

Die gleiche<br />

Ration!<br />

Referenzniveau 8.000 kg


Stoffwechselinterpretation aus<br />

Milchinhaltsstoffen<br />

Merkmalsträger „Ketose“<br />

Merkmalsträger „Pansenfermentationsstörung“


Stoffwechselinterpretation aus<br />

Milchinhaltsstoffen


Berechnete Ration / Vorgelegte Ration /<br />

umgesetzte Ration<br />

• Die MLP spiegelt die vom Tier umgesetzte<br />

Ration wieder! Sie muss abgeglichen werden<br />

– … mit der berechneten Ration<br />

(Rationsberechnung!)<br />

– … mit der auf dem Futtertisch vorgelegten Ration!<br />

(Vollrationsanalyse / Futterverzehrmessung)<br />

• Ein geeignetes Hilfswerkzeug sind hier<br />

Rationschecklisten für Laktationsrationen


Berechnete Ration / Vorgelegte Ration /<br />

umgesetzte Ration<br />

Energiemangel systemimmanent vorgegeben!<br />

Zusätzlich eingeschränkter Futterverzehr ( ca. 14 kg TS)<br />

… wegen peripartaler Belastungen (s. o.)<br />

… wegen eingeschränktem Wasserangebot?!<br />

Selektives Fressverhalten (Langstroh!)<br />

→ absoluter Mangel an sw Rfa (< 300 g / 100 kg KGW)


Euterges<strong>und</strong>heit<br />

Anzahl euterges<strong>und</strong>er Kühe / Jungkühe<br />

• Euterges<strong>und</strong> bedeutet ZZ < 100.000/ ml<br />

– Auf Herdenniveau ZZ < 150.000 / ml<br />

• In einer Herde mit wenig Problemen in Sachen<br />

Euterges<strong>und</strong>heit liegt der Anteil<br />

– … euterges<strong>und</strong>er Kühe bei > 60%<br />

– … der Anteil Millionäre 700.000/ml) < 5%<br />

– … der Anteil zellstarker Kühe > 400.000/ml < 15%


Euterges<strong>und</strong>heit<br />

Anzahl euterges<strong>und</strong>er Kühe / Jungkühe<br />

Der Anteil euterges<strong>und</strong>er Kühe in der Herde liegt bei höchstens 56%<br />

ZZ‐ Millionärinnen in der Herde liegen im Mittel um 10 %<br />

ZZ starke Kühe (> 400.000/ml) liegen im Mittel bei etwa 15‐20 %


OW<br />

< 30% NI bei JK<br />

< 15 % NI bei AK<br />

> 50% Ausheilung<br />

Euterges<strong>und</strong>heit<br />

Neuinfektionen im Trockenstehen


Euterges<strong>und</strong>heit<br />

Neuinfektionen im Trockenstehen<br />

Hohe Neuinfektionsraten bedeuten in Abhängigkeit vom Leitkeim<br />

… unbefriedigende Umwelthygiene bei hochtragenden Färsen<br />

<strong>und</strong> trockenstehenden Kühen?! (Stallbe<strong>wir</strong>tschaftung?<br />

Strohlagerung?)<br />

… Melkhygienemängel in etwaigen Kolostrumgruppen?!<br />

Hohe Neuinfektionsraten bedingen oft (scheinbar) eine schlechte<br />

Ausheilungsrate<br />

Hohe Neuinfektionsraten <strong>und</strong> unbefriedigende Ausheilungsrate bei<br />

Kühen mit einem Umweltleitkeim sind eine Indikation für<br />

zusätzliches Zitzenversiegeln zum TS


Euterges<strong>und</strong>heit<br />

Neuinfektionen in der Laktation


Euterges<strong>und</strong>heit<br />

Neuinfektionen in der Laktation<br />

Die meisten Neuinfektionen in der Laktation erfolgen im ersten<br />

Laktationsmonat! (JK 2/3??? AK 1/3???)<br />

Als Ursachen für vermehrt Neuinfektionen im Laktationsverlauf<br />

müssen bedacht werden:<br />

… ungewöhnliche hohe Stoffwechselbelastungen im weiteren<br />

Laktationsverlauf!!!<br />

… ein gesamthaft hoher Herdeninfektionsdruck?! (Euterhygiene<br />

oder Umwelthygiene?)<br />

… eine Verschlechterung der Zitzenkonditionierung durch<br />

fortlaufend ungünstige Einflüsse der Melktechnik auf die Zitze?!


Fruchtbarkeit<br />

• Fruchtbarkeitsstörungen können Management‐ <strong>und</strong><br />

Stoffwechsel bedingt <strong>und</strong> / oder infektiöser Natur sein<br />

• Neben fruchtbarkeitsspezifischen Krankheitshäufigkeiten <strong>und</strong><br />

Zuchthygienedaten (Metritis, Zysten, Azyklie, Anaphrodosie, s. o.)<br />

geben die Besamungsdaten (Trächtigkeitsrate aus Erstbesamung,<br />

Rast‐ & Verzögerungszeit, Brunstnutzungsrate & Besamungsindex sowie<br />

die Rastzeitintervallauswertung <strong>und</strong> die Auswertung der<br />

Brunstwiedererkennung) Ansätze <strong>zur</strong> Problemerkennung /<br />

Problemdifferenzierung.<br />

• Eine die Leistung berücksichtigende, individuell anzu‐<br />

strebende Zwischenkalbezeit errechnet sich nach der<br />

Formel:<br />

– bei 6.000 kg / Kuh <strong>und</strong> Jahr → 365 d ZKZ<br />

– Je 1000 kg / Kuh <strong>und</strong> Jahr mehr → 10 d ZKZ mehr<br />

– Z. B. bei 10.000 kg / Kuh <strong>und</strong> Jahr → 405 d ZKZ


Fruchtbarkeitskennzahlen<br />

Quelle: ITB®<br />

Besamungaufwand (TI) Anzahl Besamungen je Trächtigkeit der tragend gewordenen<br />

Tiere


Fruchtbarkeit


Fruchtbarkeit<br />

Eine geringe TREB bei hoher Brunstnutzung <strong>und</strong> eine verlängerte<br />

Verzögerungszeit können Management bedingte oder echt<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Ursachen haben!<br />

Ges<strong>und</strong>heitliche Ursachen können metabolisch bedingt oder infektiös<br />

sein <strong>und</strong> müssen differentialdiagnostisch abgeklärt werden<br />

Metabolisch aus MLP (s. o.) <strong>und</strong> / oder durch Stoffwechselprofile<br />

Infektiös: Anlass bezogenes blutserologisches Screening auf Bruc.,<br />

BHV‐1, BVD, SBV, Neospora caninum, Leptospiren, Q‐Fieber,<br />

Chlamydien


Intensivanalyse Fruchtbarkeit<br />

Rastzeitauswertung


Intensivanalyse Fruchtbarkeit<br />

Rastzeitauswertung<br />

Bei vergleichbarer Leistung ist eine Verbesserung von<br />

Trächtigkeitsergebnissen aus Erstbesamung (Anstieg der TREB von 25<br />

auf 38%) erst nach einer mittleren Rastzeit von 114 Tagen erkennbar<br />

Bis dahin ist davon auszugehen, dass der katabole Stoffwechsel einer<br />

guten Konzeptionsrate entgegen steht<br />

Aber: Nicht deswegen jetzt die Besamung generell nach hinten<br />

verlagern sondern die Tiere früher aus dem „Energieloch“ befreien!


Intensivanalyse Fruchtbarkeit<br />

Auswertung Zwischenbesamungszeit


Intensivanalyse Fruchtbarkeit<br />

Auswertung Zwischenbesamungszeit<br />

Doppelbesamungen <strong>und</strong> Zwischenbrunsten sind nicht verantwortlich<br />

für den hohen Besamungsaufwand!<br />

Eine zyklische Brunstwiedererkennung von 31,5% ist un<strong>zur</strong>eichend!<br />

Häufigkeit / Qualität der Brunstbeobachtung?<br />

Problem „Stille Brunst“? (Klauen? Boden‐ & Lichtverhältnisse?)<br />

Azyklisches Umrindern mit 15,5 % spricht für eine moderate<br />

Bedeutung von embryonalem Frühtod (EFT)<br />

EFT kann stoffwechsel‐ <strong>und</strong> oder infektiös bedingt sein!<br />

EFT sollte im Ausschlussverfahren abgeklärt werden!


Fazit<br />

• Kennzahlen mit ges<strong>und</strong>heitlichem Informationswert sind Bioindikatoren für<br />

<strong>Tierwohl</strong> <strong>und</strong> Tierges<strong>und</strong>heit!<br />

• Voraussetzung, sie zu <strong>nutzen</strong> ist eine geeignete Dokumentation von<br />

<strong>Herdendaten</strong> <strong>und</strong> ein Festhalten an der Milchkontrolle<br />

• Sie ermöglichen jederzeit eine objektive betriebliche Positionsbestimmung<br />

in Sachen Tierges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> weisen auf ges<strong>und</strong>heitlich relvante<br />

Produktionsrisiken <strong>und</strong> betriebliche Reserven hin!<br />

• Sie sind als CCP für eine konsequente Überwachung (Controlling!) von<br />

Produktionsrisiken gut geeignet <strong>und</strong> helfen Störungen frühzeitig zu<br />

erkennen <strong>und</strong> abzustellen. Dadurch werden gleichermaßen Ökonomie <strong>und</strong><br />

Nachhaltigkeit der Produktion aber auch <strong>Tierwohl</strong> <strong>und</strong> Tierges<strong>und</strong>heit<br />

optimiert!<br />

• Kennzahlen mit tierges<strong>und</strong>heitlichem Informationswert erfüllen damit auch<br />

auf Betriebsebene die Forderungen an den Tierhalter nach der Einführung<br />

eines Kontrollsystem, das ergebnisbezogenen das Wohlergehen der<br />

gehaltenen Tiere überwacht, wie es in der Novellierung der<br />

Tierschutzgesetzgebung gefordert <strong>wir</strong>d.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!