Vortrag Porf. Dr. Klaus Niederdrenk, Rektor der ... - Rheine
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Bildung und Erziehung:<br />
Eine gemeinsame Aufgabe<br />
für Jung und Alt!<br />
Wo stehen wir? Was muss passieren?<br />
Prof. <strong>Dr</strong>. <strong>Klaus</strong> <strong>Nie<strong>der</strong>drenk</strong> (<strong>Rheine</strong>, 12. Januar 2006)<br />
Meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
48149 Münster<br />
www.fh-muenster.de<br />
ich bin <strong>der</strong> Einladung nach <strong>Rheine</strong> sehr gerne gefolgt, weil hier ein enorm wichtiges Zukunftsthema<br />
behandelt wird, das uns alle betrifft: Die demografischen Verän<strong>der</strong>ungen werden<br />
langfristig auf unsere Gesellschaft so gravierende Auswirkungen haben, wie wir sie uns<br />
heutzutage kaum vorzustellen vermögen. Das zentrale Thema zur Sicherung unserer Zukunftsfähigkeit<br />
wird die Bildung sein.<br />
Ich werde mich in diesem Zusammenhang –an Folien orientiert –mit <strong>der</strong> Situation <strong>der</strong> Bildung<br />
allgemein und <strong>der</strong> Akademisierung unserer Berufswelt im Beson<strong>der</strong>en auseinan<strong>der</strong>setzen<br />
und aufzuzeigen versuchen, wo wir heute stehen und mit welchen Defiziten bereits die<br />
<strong>der</strong>zeitige Situation belastet ist. Gleichzeitig möchte ich, ausgehend von offiziellen Prognosen<br />
für die mittelfristige Zukunft, auf die noch erheblich zu steigernde Notwendigkeit zur Verän<strong>der</strong>ungsbereitschaft<br />
aufmerksam machen.<br />
Viele <strong>der</strong> verwendeten Grafiken enthalten detaillierte Zahlenangaben; sie sollten Ihre Aufmerksamkeit<br />
nicht unnötig darauf konzentrieren. Vielmehr kommt es darauf an, die über die<br />
Grafiken wie<strong>der</strong>gegebene relative Situation in unserem Lande im Vergleich zu konkurrierenden<br />
Staaten zu erkennen, weil daraus abzuleiten ist, wo ein großer Handlungsbedarf besteht.<br />
Die zugrunde liegenden Daten entstammen durchweg aktuellen Veröffentlichungen <strong>der</strong> letzten<br />
Monate, vorwiegend von <strong>der</strong> OECD (Organization for Economic Cooperation and Development)<br />
incl. PISA (Programme for International Student Assessment), <strong>der</strong> KMK (Kultusministerkonferenz),<br />
dem DSW (Deutsches Studentenwerk) und dem Statistischen Bundesamt.<br />
- 2 -
Die Bologna-Strategie<br />
- 2 -<br />
(Erklärung <strong>der</strong> Europäischen Bildungsminister, Juni 1999)<br />
Schaffung eines europäischen Hochschulraums<br />
Bis 2009 soll in (inzwischen) 45 europäischen Staaten ein<br />
einheitliches, zweistufiges Studiengangssystem mit den<br />
Abschlüssen Bachelor und Master entstehen.<br />
Leistungspunkte sichern gegenseitige Anerkennung und Mobilit ät.<br />
Qualitätssicherung erfolgt durch Akkreditierung.<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
48149 Münster<br />
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Im Juni 1999 haben sich die Bildungsminister von 29 europäischen Staaten im italienischen<br />
Bologna darauf verständigt, innerhalb <strong>der</strong> folgenden 10 Jahre einen einheitlichen europäischen<br />
Hochschulraum zu schaffen, <strong>der</strong> auf das in den angelsächsischen Staaten schon lange<br />
praktizierte zweistufige Studiengangssystem mit den Abschlüssen Bachelor und Master<br />
aufbaut. Damit soll gewährleistet werden, dass Hochschulausbildungen gemäß einem quasi<br />
weltweiten Standard auf jeden Fall europaweit vergleichbar werden und Studierende schon<br />
während des Studiums Erfahrungen an Universitäten in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n sammeln können.<br />
Dazu werden Studiengänge aus so genannten Modulen aufgebaut, die mit Kredit- o<strong>der</strong> Leistungspunkten<br />
versehen werden und auf dieser Basis eine gegenseitige Anerkennung ermöglichen.<br />
Eine weitere Konsequenz ist, dass nicht mehr <strong>der</strong> Staat –und in <strong>der</strong> Ausführung das zuständige<br />
Ministerium –für die Qualität eines Studienangebotes an einer staatlichen Hochschule<br />
verantwortlich ist, son<strong>der</strong>n unabhängige Agenturen, die eine Qualitätssicherung eines jeden<br />
Studiengangs über eine so genannte Akkreditierung gewährleisten. Ein solches Gütesiegel<br />
erfolgt auf Zeit, so dass regelmäßig –prinzipiell alle fünf Jahre –jedes Angebot einer neuen<br />
Qualitätsüberprüfung unterworfen werden muss.<br />
Im Abstand von zwei Jahren beobachten auf politischer Ebene Folgekonferenzen die Entwicklung<br />
und nehmen unter Umständen eine beschleunigende Einwirkung vor. Bis zum Jahr<br />
2005 haben sich viele weitere europäische Staaten diesem Modell angeschlossen. Mittlerweile<br />
sind es 45 (inkl. Russland, Vatikan, Aserbaidschan usw.), so dass nun quasi eine flächendeckende<br />
Abstimmung, die vom Atlantik bis zum Pazifik reicht, vorliegt.<br />
- 3 -
- 3 -<br />
Verän<strong>der</strong>ungen durch 'Bologna'<br />
Beruf<br />
Diplom,<br />
Magister<br />
•••<br />
(4-5 Jahre)<br />
Beruf<br />
Beruf<br />
Master<br />
(1-2 Jahre)<br />
Beruf<br />
••••• •••••<br />
Bachelor<br />
(3-4 Jahre)<br />
Beruf<br />
Master<br />
(1-2 Jahre)<br />
Beruf berufsbegl.<br />
Master<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Die durch die Bologna-Vorgaben bedingten Verän<strong>der</strong>ungen bedeuten für das deutsche<br />
Hochschulsystem eine Revolution. Bisher war es üblich, in <strong>der</strong> Hochschule ein Studium aufzunehmen,<br />
das mit einem Diplom, Magister o<strong>der</strong> Staatsexamen endet. Die Regelstudienzeit<br />
betrug zwischen acht und zehn Semestern. Anschließend war für die meisten <strong>der</strong> Weg in<br />
den Beruf vorgezeichnet.<br />
Durch das neue, zweistufige Studiengangssystem sind viele Verän<strong>der</strong>ungen möglich, und es<br />
erlaubt zugleich, auf die neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen des „lebenslangen Lernens“ zu reagieren.<br />
Die fachliche Grundqualifikation wird über einen Studiengang gelegt, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Regel<br />
drei Jahre dauert und mit einem Bachelorgrad abschließt. Anschließend ist es möglich, wie<br />
bisher die berufliche Laufbahn einzuschlagen. Die Höherqualifizierung in einer zweiten Stufe,<br />
in <strong>der</strong> Regel ein zweijähriger Masterstudiengang, kann nach einer Berufsphase o<strong>der</strong> direkt<br />
nach dem Bachelorstudium aufgenommen werden, um dann mit verbesserten beruflichen<br />
Aussichten eine entsprechende Karriere einzuschlagen. Heute noch unüblich, aber in zehn<br />
Jahren sicherlich <strong>der</strong> Standardfall, wird eine Höherqualifizierung über einen Masterstudiengang<br />
sein, <strong>der</strong> parallel zur beruflichen Praxis, das heißt abends und am Wochenende, durchgeführt<br />
wird.<br />
Das neue, zweistufige Studiensystem unterscheidet übrigens nicht mehr zwischen Universitäten<br />
und Fachhochschulen. Wechsel zwischen Bachelor und Master sind untereinan<strong>der</strong> als<br />
gleichwertig erlaubt, und ein Masterabschluss, wo auch immer erworben, bereitet grundsätzlich<br />
auch den Weg zur Einschlagung einer weiteren wissenschaftlichen Karriere (Promotion)<br />
vor. Künftig werden deshalb ausgewiesene Standortprofile viel bedeuten<strong>der</strong> werden.<br />
- 4 -
Master<br />
- 4 -<br />
Zweistufiges Studiensystem<br />
A<br />
Master<br />
B<br />
Bachelor-<br />
Studiengang<br />
Master<br />
C<br />
•<br />
Bachelor<br />
I<br />
Master-<br />
Studiengang<br />
Bachelor<br />
II<br />
Bachelor<br />
III<br />
•<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Mit dem zweistufigen Studiengangssystem wird eine zusätzliche Dimension im wissenschaftlichen<br />
Qualifizierungsweg zugelassen. Dadurch können persönliche Fähigkeiten individueller<br />
ausgenutzt und gleichzeitig viele unterschiedliche Bedürfnisse im späteren Berufsleben befriedigt<br />
werden. Man muss dabei die Ebene zwischen <strong>der</strong> ersten und <strong>der</strong> zweiten Qualifikationsstufe<br />
als eine <strong>Dr</strong>ehscheibe verstehen, die durch vielerlei Kombinationen genutzt werden<br />
kann. Beispielsweise qualifiziert ein Bachelorabschluss für mehrere Masterstudiengänge: So<br />
wird eine Bachelorqualifikation in <strong>der</strong> Ingenieurwissenschaft Maschinenbau die Aufnahme<br />
eines Masterstudiengangs ebenfalls in <strong>der</strong> Disziplin Maschinenbau zulassen, um sich damit<br />
für herausgehobene Ansprüche, beispielsweise in Forschungsabteilungen größerer Unternehmen<br />
dieser Branche, zu qualifizieren. Man kann dann aber auch durchaus einen Masterstudiengang<br />
in <strong>der</strong> Betriebswirtschaft aufnehmen und dadurch eine interdisziplinäre berufliche<br />
Qualifikation erwerben, die man heutzutage als Wirtschaftsingenieur bezeichnet. Nichtsdestotrotz<br />
ist es ebenso möglich, einen Masterstudiengang im Feld <strong>der</strong> Logistik aufzugreifen<br />
und sich dadurch <strong>der</strong> technisch orientierten Logistikbranche zu öffnen. Genauso kann eine<br />
vertiefende Master-Qualifikation im Bereich <strong>der</strong> Mechatronik erfolgen uns so weiter.<br />
Umgekehrt wird ein Masterangebot in <strong>der</strong> Regel von Bachelorabsolventen unterschiedlicher<br />
Fachrichtungen studiert werden können. Auch hierzu ein Beispiel: Erstqualifizierende Studiengänge,<br />
die dem Bauingenieurwesen, <strong>der</strong> Betriebswirtschaft o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Rechtswissenschaft<br />
zugeordnet sind, werden es erlauben, einen Masterstudiengang in Facility Management aufzunehmen.<br />
Mit dem in Deutschland neuen Berufsbild des Facility-Managers ist die ganzheitliche<br />
Gebäudebewirtschaftung von <strong>der</strong> Entstehung über verschiedenartige Nutzungen und<br />
Umwidmungen bis hin zur Entsorgung gemeint. Derartige Managementansprüche bündeln<br />
Kenntnisse und Fertigkeiten, die auf die genannten Basisqualifikationen aufbauen.<br />
- 5 -
Die Lissabon-Strategie<br />
(EU Son<strong>der</strong>gipfel, März 2000)<br />
- 5 -<br />
„Beschäftigung, Wirtschaftsreformen und sozialer Zusammenhalt<br />
–für ein Europa <strong>der</strong> Innovation und des Wissens“<br />
Bis 2010 soll die EU <strong>der</strong> wettbewerbsfähigste und dynamischste<br />
wissensbasierte Wirtschaftsraum in <strong>der</strong> Welt sein.<br />
Dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren<br />
Arbeitsplätzen soll einen größeren sozialen Zusammenhalt sichern.<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Eine weitere große europäische Zukunftslinie wurde bei einem EU-Son<strong>der</strong>gipfel in Lissabon<br />
im März 2000 festgelegt. Es handelt sich um die so genannte Lissabon-Strategie. Dabei geht<br />
es darum, ein Europa <strong>der</strong> Innovation und des Wissens zu schaffen, was Beschäftigung für<br />
alle erlaubt, adäquate Wirtschaftsreformen zulässt und für den sozialen Zusammenhalt sorgt.<br />
Auch hier gibt es ein Zehn-Jahres-Ziel: Bis 2010 soll die Europäische Union <strong>der</strong> wettbewerbsfähigste<br />
und dynamischste wissensbasierte Wirtschaftsraum in <strong>der</strong> Welt sein. Das Ziel<br />
will man über dauerhaftes Wirtschaftswachstum erreichen. Sich allein darauf zu verlassen,<br />
ist nach den bisher gemachten Erfahrungen sicherlich gewagt. Es bleibt eine große Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
für Politik und Wissenschaft, Alternativen zu diesem Grundgedanken zu entwickeln<br />
(ich komme später noch einmal darauf zurück).<br />
Die Lissabon-Strategie umfasst insgesamt 14 Politikbereiche, wobei ein erheblicher Anteil<br />
Bildung und Wissenschaft zuzuordnen ist. Bedeutet „Bologna“ für unser Hochschulsystem im<br />
Wesentlichen eine qualitativ-curiculare Herausfor<strong>der</strong>ung, so wird durch „Lissabon“ eine<br />
quantitative Anfor<strong>der</strong>ung in beson<strong>der</strong>em Maße gestellt, denn nur eine erhebliche Erhöhung<br />
<strong>der</strong> Akademisierungsquote wird die hochgesteckten Ziele ermöglichen.<br />
- 6 -
Anteil <strong>der</strong> Akademiker<br />
Stand 2003<br />
1. Norwegen<br />
2. USA<br />
3. Dänemark<br />
4. Kanada<br />
Quelle: OECD (2005)<br />
5. Nie<strong>der</strong>lande<br />
7. Japan<br />
19 %<br />
10. Vereinigtes Königreich<br />
18. Deutschland<br />
Wo stehen wir heute?<br />
14 %<br />
14 %<br />
22 %<br />
25 %<br />
27 %<br />
22 % 25 %<br />
21 %<br />
24 %<br />
26 %<br />
29 %<br />
29 %<br />
30 %<br />
28 %<br />
- 6 -<br />
37 %<br />
25- bis 64-Jährige<br />
25- bis 34-Jährige<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Nimmt man sich die jüngste OECD-Studie, die Ende des letzten Jahres hierzu veröffentlicht<br />
wurde, zur Hand, so stellt man fest, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Akademiker im berufsfähigen Alter<br />
(25 bis 64 Jahre) in Deutschland gegenüber den an<strong>der</strong>en Industrienationen sehr gering ist;<br />
wir liegen nur am hinteren Ende <strong>der</strong> Bewertungsskala. Eine feinere Betrachtung, die auch<br />
Aussagen über die in den letzten Jahren qualifizierten Akademiker (25 bis 34 Jahre) macht,<br />
zeigt, dass dieser Anteil auch noch stagniert. An<strong>der</strong>e Nationen verstehen es viel besser, einen<br />
höheren Anteil jüngerer Menschen durch eine wissenschaftliche Ausbildung fit für die<br />
Zukunft zu machen.<br />
- 7 -
- 7 -<br />
Öffentliche Ausgaben für Bildung<br />
staatlich und privat in Prozent des BIP, Stand 2002<br />
5,8<br />
Län<strong>der</strong>mittel<br />
Quelle:OECD (2005)<br />
Dänemark<br />
7,1 6,9<br />
Schweden<br />
6,4<br />
Belgien<br />
Frankreich<br />
6,1 6,0 6,0 5,9 5,8 5,7<br />
Finnland<br />
USA<br />
Verein. Königreich<br />
Portugal<br />
Österreich<br />
Deutschland<br />
5,3 5,1<br />
Nie<strong>der</strong>lande<br />
4,9 4,9<br />
4,7<br />
4,4<br />
4,1<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Die gleiche Studie <strong>der</strong> OECD zeigt auch auf, dass bei den öffentlichen Ausgaben für Bildung<br />
Deutschland sich ebenfalls unterdurchschnittlich verhält. Selbst unter Hinzuziehung privater<br />
Mittel für Bildung, <strong>der</strong>en Anteil in den Säulen jeweils oben etwas heller dargestellt ist, gelingt<br />
es Deutschland mit 5,3% des Bruttoinlandsproduktes nicht, den Län<strong>der</strong>mittelwert von 5,8%<br />
zu erreichen. Der Bezug zum Bruttoinlandsprodukt gibt dabei die jeweilige Relation zur nationalen<br />
Wirtschaftskraft wie<strong>der</strong>.<br />
Italien<br />
Spanien<br />
Japan<br />
Irland<br />
Griechenland<br />
- 8 -
- 8 -<br />
Jährliche Ausgaben pro Schüler<br />
im Sekundarbereich, Stand 2003<br />
9.200 $<br />
USA<br />
8.300 $<br />
Frankreich<br />
Quelle: PISA/OECD (2005)<br />
8.000 $<br />
Dänemark<br />
7.200 $<br />
Australien<br />
Län<strong>der</strong>mittel<br />
7.000 $ 7.000 $<br />
Deutschland<br />
6.400 $<br />
Verein. Königreich<br />
Spanien<br />
Griechenland<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
48149 Münster<br />
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Verfeinert man diese Betrachtung auf die jährlichen Ausgaben für einen Schüler im Sekundarbereich,<br />
so stellt man fest, dass –absolut gesehen –pro Schüler mit 7.000 $ <strong>der</strong> Durchschnittswert<br />
unter allen OECD-Industrienationen erreicht wird. Zumindest im Schulbereich<br />
liegt somit keine finanzielle Unterausstattung vor; dies ist allerdings nur bedingt ein Maßstab<br />
auch in qualitativer Hinsicht.<br />
6.000 $<br />
4.100 $<br />
- 9 -
- 9 -<br />
Jährliche Ausgaben pro Studierenden<br />
im Tertiärbereich ohne FuE-Aktivitäten, Stand 2003<br />
USA<br />
18.300 $<br />
Quelle: OECD (2005)<br />
12.000 $<br />
Dänemark<br />
Verein. Königreich<br />
9.400 $ 9.300 $<br />
Australien<br />
Frankreich<br />
8.000 $ 7.900 $<br />
Län<strong>der</strong>mittel<br />
Deutschland<br />
6.300 $<br />
6.000 $<br />
4.200 $<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Betrachtet man hingegen die Ausgaben pro Studierenden an den deutschen Hochschulen<br />
ohne Berücksichtigung <strong>der</strong> Finanzierung zusätzlicher Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten<br />
(FuE), so stellt man fest, dass <strong>der</strong> Hochschulbereich in dieser Hinsicht deutlich unterfinanziert<br />
ist. Gegenüber dem Län<strong>der</strong>mittel von 7.900 $ pro Studierenden erreicht Deutschland<br />
mit 6.300 $ nicht einmal 80% des Durchschnittswertes.<br />
Spanien<br />
Griechenland<br />
- 10 -
- 10 -<br />
Öffentliche Ausgaben für<br />
Forschung und Entwicklung (FuE)<br />
in Prozent des BIP, Stand 2003<br />
Län<strong>der</strong>mittel<br />
2,1<br />
Schweden<br />
4,3<br />
Quelle:OECD (2005)<br />
3,5<br />
Finnland<br />
3,2<br />
Japan<br />
2,6<br />
USA<br />
Deutschland<br />
2,5 2,5<br />
Dänemark<br />
2,4<br />
Belgien<br />
2,3<br />
Österreich<br />
2,2<br />
Frankreich<br />
1,9<br />
Vereinigtes<br />
Königreich<br />
1,8<br />
Nie<strong>der</strong>lande<br />
1,1 1,1<br />
Irland<br />
Spanien<br />
Portugal<br />
Griechenland<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Weitere in die Hochschulen und in Forschungseinrichtungen fließende Mittel kommen <strong>der</strong><br />
Forschung und Entwicklung zugute. Hier erreicht Deutschland mit 2,5% des Bruttoinlandsproduktes<br />
einen überdurchschnittlichen Wert. Gleichwohl sind noch erhebliche Investitionen<br />
erfor<strong>der</strong>lich, um das „Lissabon“-Ziel von 3% bis 2010 zu erreichen.<br />
0,9<br />
0,7<br />
- 11 -
- 11 -<br />
Studienanfängerquoten 2003<br />
Prozentualer Anteil an <strong>der</strong> altersspezifischen Bevölkerung<br />
83<br />
81 80<br />
73<br />
68 68<br />
Island<br />
Neuseeland<br />
Schweden<br />
Finnland<br />
Australien<br />
Norwegen<br />
USA<br />
Italien<br />
Län<strong>der</strong>mittel<br />
Dänemark<br />
Nie<strong>der</strong>lande<br />
Vereinigtes Königreich<br />
Spanien<br />
Quelle: Statistisches Bundesamt (2005)<br />
63<br />
54 53 53 52<br />
48 46<br />
42 41 39 38 36 35 34<br />
Japan<br />
Irland<br />
Frankreich<br />
Schweiz<br />
Deutschland<br />
Österreich<br />
Belgien<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Beachtet man, wie viel Prozent eines Jahrgangs schließlich den Weg zur Hochschule finden,<br />
so sieht man, dass Deutschland weit unterdurchschnittlich vertreten ist: Nur 36% <strong>der</strong> altersspezifischen<br />
Bevölkerung nehmen ein Studium auf. Hinter diesem Wert verbirgt sich übrigens<br />
noch ein großes West-/Ostgefälle in Deutschland.<br />
Es ist eine erhebliche Erhöhung <strong>der</strong> Akademisierungsquote notwendig, um auch nur annähernd<br />
den Län<strong>der</strong>mittelwert von 53% zu erreichen. Selbst unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Tatsache,<br />
dass die Grenzen zwischen beruflicher Ausbildung und Studium in den einzelnen Län<strong>der</strong>n<br />
unterschiedlich anzusetzen sind und in Deutschland sicherlich qualitativ hoch stehende<br />
berufliche Ausbildungen im Verbund von Unternehmen und Berufsschule betrieben werden,<br />
die an<strong>der</strong>swo von Hochschulen geleistet werden, bleibt Deutschland weit hinter führenden<br />
Industrienationen zurück.<br />
- 12 -
- 12 -<br />
Abschlussquoten im Hochschulbereich 2003<br />
Prozentualer Anteil an <strong>der</strong> altersspezifischen Bevölkerung<br />
Australien<br />
49<br />
Quelle: OECD (2005)<br />
48<br />
Finnland<br />
43<br />
Island<br />
42<br />
Dänemark<br />
Norwegen<br />
40<br />
39<br />
Verein. Königreich<br />
37<br />
Irland<br />
35<br />
Schweden<br />
Län<strong>der</strong>mittel<br />
33 33<br />
Japan<br />
32<br />
USA<br />
31<br />
Spanien<br />
Italien<br />
28 28<br />
Frankreich<br />
Schweiz<br />
Deutschland<br />
Österreich<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
48149 Münster<br />
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Erschreckend ist in diesem Zusammenhang, dass <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Absolventen noch deutlich<br />
niedriger liegt. Man muss allerdings beachten, dass die Angaben in dieser und <strong>der</strong> vorherigen<br />
Grafik nicht direkt vergleichbar sind, da zwischen <strong>der</strong> Aufnahme des Studiums und seinem<br />
erfolgreichen Abschluss doch eine entsprechende Zeitspanne zu berücksichtigen ist.<br />
Insofern kann man nicht sagen, dass in Deutschland nur je<strong>der</strong> zweite (19% gegenüber 36%)<br />
sein Studium erfolgreich abschließt, im Län<strong>der</strong>mittel hingegen etwa zwei von drei (33% gegenüber<br />
53%). Die gleichzeitige Erhöhung <strong>der</strong> Studierendenzahlen in vielen Län<strong>der</strong>n schlägt<br />
auch in Deutschland durch.<br />
Gleichwohl fällt die überdurchschnittliche Diskrepanz auf, was sicherlich auch damit zusammenhängt,<br />
dass in Deutschland tatsächlich noch ein erheblicher Anteil von Studierenden die<br />
Hochschule schließlich ohne Abschluss verlässt. Dieser schlechten Tendenz kann man nur<br />
entgegenwirken, wenn zum einen die Studierfähigkeit <strong>der</strong> Hochschulzugangsberechtigten<br />
erhöht wird –eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die Schulen –und zum an<strong>der</strong>en eine intensivere studienbegleitende<br />
Betreuung an den Hochschulen erfolgt, die es erlaubt, persönliche Defizite<br />
rechtzeitig abzubauen und individuelle erfolgversprechende Studienoptionen zu erkennen<br />
und wahrzunehmen.<br />
22<br />
19<br />
18<br />
- 13 -
- 13 -<br />
Soziale Herkunft <strong>der</strong> Studierenden<br />
in Deutschland<br />
17 %<br />
26 %<br />
34 %<br />
23 %<br />
Studierendenanteile nach sozialer Herkunft<br />
11%<br />
22 %<br />
26 %<br />
32 %<br />
21 %<br />
29%<br />
23 %<br />
26 %<br />
33 %<br />
18 %<br />
1982 1985 1988 1991 1994 1997 2000 2003<br />
66%<br />
81%<br />
Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die studieren (Jahr 2000)<br />
Quelle: 16. Sozialerhebung des DSW<br />
26 %<br />
31 %<br />
28 %<br />
15 %<br />
27 %<br />
31 %<br />
28 %<br />
14 %<br />
31 %<br />
27 %<br />
29 %<br />
14 %<br />
hoch<br />
gehoben<br />
mittel<br />
niedrig<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
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Sehr bestürzend entwickelt sich zudem die Zusammensetzung <strong>der</strong> Studierendenschaft. Regelmäßige<br />
Untersuchungen des Deutschen Studentenwerks zeigen, dass die familiäre und<br />
soziale Herkunft erheblichen Einfluss auf Bildungs- und Berufsaussichten hat.<br />
Die in den letzten 20 Jahren gezeigte Zunahme <strong>der</strong> Chancenungleichheit muss jeden von<br />
uns schockieren: Kam 1982 noch rund ein Viertel <strong>der</strong> Studierendenschaft aus bildungsfernen<br />
sozialen Schichten (einfache Arbeiter o<strong>der</strong> Ungelernte im Elternhaus), so hat sich dieser Anteil<br />
bis zum Jahr 2003 quasi halbiert. Gleichzeitig hat sich <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Studierenden, <strong>der</strong>en<br />
Elternhäuser durch Akademiker und Führungskräfte geprägt sind, mehr als verdoppelt. Beson<strong>der</strong>s<br />
deutlich wird diese ausgeprägte soziale Selektion in <strong>der</strong> Studierendenschaft, wenn<br />
man bedenkt, dass aus einem bildungsfernen Elternhaus nur etwa eines von zehn Kin<strong>der</strong>n<br />
studiert, aus den akademisch geprägten hingegen acht von zehn.<br />
33 %<br />
26 %<br />
28 %<br />
13 %<br />
37 %<br />
24 %<br />
27 %<br />
12 %<br />
- 14 -
- 14 -<br />
Soziale Herkunft <strong>der</strong> Schüler<br />
an Gymnasien in Deutschland, Stand 2003<br />
87%<br />
13%<br />
Bayern<br />
86%<br />
14%<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Quelle: Pisa (2005)<br />
82% 81% 81% 80% 78% 78% 78% 76% 74% 74% 74% 73% 73% 72% 71%<br />
18% 19% 19% 20% 22% 22% 22% 24% 26% 26% 26% 27% 27% 28% 29%<br />
Baden-Württemberg<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Län<strong>der</strong>mittel<br />
Hamburg<br />
Saarland<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Thüringen<br />
Schleswig-Holstein<br />
Bremen<br />
Sachsen<br />
Akademikerkind Arbeiterkind<br />
Hessen<br />
Berlin<br />
Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
Brandenburg<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
48149 Münster<br />
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Die Hochschulen haben das Problem <strong>der</strong> sozialen Selektion schon länger erkannt und in vielerlei<br />
Hinsicht versucht, dagegen zu arbeiten –allerdings ohne Erfolg, wie die vorherige Grafik<br />
gezeigt hat. Die jüngste Veröffentlichung <strong>der</strong> PISA-Studie (OECD) macht allerdings darauf<br />
aufmerksam, dass den Hochschulen auch gar kein an<strong>der</strong>es Potential angeboten wird: Die<br />
soziale Selektion findet bereits in den Schulen statt.<br />
Selbst unter den Bundeslän<strong>der</strong>n gibt es ein großes Gefälle: Hat im Mittel über alle Bundeslän<strong>der</strong><br />
ein Akademikerkind eine viermal so große Chance wie ein Arbeiterkind (80% zu<br />
20%), an ein Gymnasium zu kommen, so liegt dieses Verhältnis in Bayern sogar bei 6,7 zu 1<br />
(87% zu 13%), hingegen in Brandenburg nur bei 2,4 zu 1 (71% zu 29%). Die internationale<br />
Studie stellt deshalb fest, dass kein ausländisches Bildungssystem bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von<br />
Kin<strong>der</strong>n aus bildungsfernen Schichten so versagt wie das deutsche. Und genau hier ist ein<br />
Hebel für die Zukunft anzusetzen!<br />
- 15 -
- 15 -<br />
'Bologna'-Bestandsaufnahme 2004<br />
in Deutschland<br />
Bachelor- und Masterstudiengänge machen inzwischen ein<br />
Viertel des gesamten Studienangebotes aus.<br />
Qualitätssicherung erfolgt im Zusammenspiel von<br />
Akkreditierung und Evaluation.<br />
Auch Studiengänge mit Staatsexamensprüfungen (wie<br />
Rechtswissenschaft, Medizin, Pharmazie) sollen in die<br />
gestufte Struktur überführt werden.<br />
Entscheidend für die Akzeptanz des Gesamtsystems in<br />
Wirtschaft und Gesellschaft sind die Berufsfähigkeit eines<br />
Bachelor-Absolventen (Regelabschluss) und die Zulassung<br />
zum Masterstudium.<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Nach fünf Jahren wurde eine große Zwischenbilanz für das hehre Ziel <strong>der</strong> Schaffung eines<br />
einheitlichen europäischen Hochschulraums in einer Dekade gezogen. Dabei hat man festgestellt,<br />
dass die Hochschulen durchweg konstruktiv mit dieser Herausfor<strong>der</strong>ung umgegangen<br />
sind und schon eine ganze Reihe neuer Studienangebote auf den Weg gebracht haben.<br />
Nordrhein-Westfalen hat sich sogar gesetzlich dazu entschlossen, diese Umstellung bis spätestens<br />
zum Wintersemester 2007/2008 zu vollziehen.<br />
Die für die neuen Studiengänge vorgesehene Qualitätssicherung erfolgt nicht nur durch eine<br />
Expertenbegutachtung von außen (Akkreditierung), son<strong>der</strong>n auch durch die Überprüfung <strong>der</strong><br />
selbst gesteckten Ziele innerhalb <strong>der</strong> Hochschule (Evaluation). Die Hochschulen haben<br />
demnach sehr gründlich ihre Hausaufgaben gemacht, wenn auch die Überführung traditioneller<br />
Staatsexamensstudiengänge in die gestufte Struktur noch mit erheblichen berufspolitischen<br />
Diskussionen belastet ist.<br />
Das neue System kann allerdings nur dann zum Erfolg führen, wenn es den Hochschulen<br />
gelingt, in <strong>der</strong> gegenüber den heutigen Studiengängen verkürzten Bachelorausbildung eine<br />
Berufsfähigkeit nahezu vergleichbarer Qualität zu erreichen. Der Bachelor wird sowohl politisch<br />
als Regelabschluss angesehen als auch in <strong>der</strong> schon mit langen Erfahrungen versehenen<br />
angelsächsischen Welt als solcher praktiziert. Ein Konfliktpotential steckt allerdings noch<br />
in <strong>der</strong> Zulassung zu einer zweiten wissenschaftlichen Qualifikation (Master); auch hier müssen<br />
schließlich politische Vorgaben und wirtschaftliche wie gesellschaftliche Bedürfnisse zusammenpassen.<br />
- 16 -
- 16 -<br />
'Lissabon'-Bestandsaufnahme 2004<br />
auf EU-Basis<br />
Reformen müssen beschleunigt werden.<br />
Beson<strong>der</strong>e Problemfel<strong>der</strong>:<br />
Trägheit <strong>der</strong> öffentlichen Finanzen<br />
Zu geringes Wachstum, mangelnde Nachhaltigkeit<br />
Beson<strong>der</strong>s enttäuschend ist die Entwicklung in<br />
Deutschland, Luxemburg, Österreich und Portugal.<br />
Deutschland ist vom Ziel, im Jahr 2010 3% des BIP f ür<br />
FuE auszugeben, weit entfernt (zzt. 2,5%).<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
48149 Münster<br />
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Im März 2004 wurde –auch auf einem EU-Son<strong>der</strong>gipfel –eine Bestandsaufnahme zu den<br />
hehren „Lissabon“-Zielsetzungen erhoben. Dabei musste man feststellen, dass die Politik die<br />
Erreichung dieser Ziele noch nicht hinreichend intensiv vorbereitet hat; entsprechende Reformen<br />
sind zu beschleunigen.<br />
Die äußerst geringen wirtschaftlichen Wachstumsraten in den letzten Jahren und die damit<br />
einhergehende desaströse Entwicklung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte haben dazu geführt, dass<br />
kaum Spielraum für positive Impulse besteht. Dies betrifft insbeson<strong>der</strong>e Deutschland, das bei<br />
einer Vielzahl von Indikatoren nur unterdurchschnittlich in <strong>der</strong> Leistungsverbesserung auftritt.<br />
Das große Ziel, im Jahr 2010 schließlich 3% des Bruttoinlandprodukts für Forschung und<br />
Entwicklung auszugeben, scheint kaum mehr erreichbar, denn dies würde einen zusätzlichen<br />
Einsatz von rund 10 Mia Euro pro Jahr erfor<strong>der</strong>n.<br />
- 17 -
- 17 -<br />
Bevölkerung im studienrelevanten Alter<br />
von 1992 bis 2050<br />
Messzahlen (2003 = 100)<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
1990<br />
2000<br />
2010<br />
Quelle: KMK Dokumentation Nr. 176 (2005)<br />
2020<br />
2030<br />
2040<br />
2050<br />
19- bis unter 32jährige<br />
19- bis unter 25jährige<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Die festgestellten Mängel erfor<strong>der</strong>n natürlich entsprechende politische Konsequenzen.<br />
Gleichzeitig ist zu beachten, auf welches Potential man in Zukunft gewünschte Entwicklungen<br />
aufbauen kann, und hier kommt <strong>der</strong> angesagte Knick in <strong>der</strong> demografischen Entwicklung<br />
voll zum tragen.<br />
Die beiden Linien in obiger Grafik geben die relative Entwicklung in Bezug zum Jahr 2003<br />
an, das die jeweils zugrunde liegende 100%-Basis darstellt. Wächst zunächst <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />
19- bis 32jährigen noch an und erreicht dieser Mitte <strong>der</strong> 20er-Jahre wie<strong>der</strong> den heutigen<br />
Stand, so ist zu erwarten, dass er im Jahr 2050 nur noch rund 80% unserer <strong>der</strong>zeitigen Substanz<br />
ausmacht. Noch gravieren<strong>der</strong> ist die Entwicklung <strong>der</strong> Bevölkerung im Altersbereich <strong>der</strong><br />
19- bis 25jährigen, also <strong>der</strong>jenigen, die gewöhnlich an den Hochschulen ein Studium absolvieren.<br />
Der zunächst noch zunehmende Anteil wird bereits 2020 unter den Referenzwert des<br />
Jahres 2003 fallen und im Jahr 2050 schließlich weniger als drei Viertel davon ausmachen.<br />
Hier liegt die größte Herausfor<strong>der</strong>ung für unsere zukünftige Entwicklung: Es muss uns gelingen,<br />
mehr dieser weniger werdenden jungen Menschen ein Hochschulstudium zu ermöglichen<br />
und sie damit bestens für ihre berufliche Zukunft auszustatten.<br />
- 18 -
- 18 -<br />
Schulabsolventen mit Hochschulreife<br />
mit Angabe des Anteils an <strong>der</strong> gleichaltrigen Bevölkerung<br />
34,0%<br />
289.900<br />
289.900<br />
1994<br />
36,9%<br />
339.400<br />
337.900<br />
1999<br />
40,5%<br />
377.400<br />
355.500<br />
2004<br />
42,1%<br />
48,4%<br />
445.600<br />
49,9%<br />
419.500 429.500<br />
43,6%<br />
378.000<br />
43,5%<br />
356.000<br />
385.500<br />
2008<br />
363.600<br />
2011<br />
337.400<br />
2013<br />
Quelle: KMK Dokumentation Nr. 167 (2003), Nr. 176 (2005)<br />
340.400<br />
2016<br />
320.500<br />
2020<br />
Korrektur im Jahr 2005<br />
Prognose im Jahr 2003<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Die Kultusministerkonferenz hat in den Jahren 2003 und 2005 Prognosen bis zum Jahr 2020<br />
für Schulabsolventen veröffentlicht, die ein Hochschulstudium aufnehmen können. Dabei<br />
zeigt sich, dass die erste Prognose aus dem Jahre 2003 eigentlich nur die jetzige Situation<br />
fortgeschrieben hat.<br />
Die Prognose aus dem letzten Jahr versucht, die Bevölkerungsentwicklung auf <strong>der</strong> einen<br />
Seite und die Entwicklung an Gymnasien hin zu einem Abiturweg nach 12 Schuljahren an<strong>der</strong>erseits<br />
besser aufzugreifen. So berücksichtigt sie die durch die <strong>der</strong>zeit vorgenommene<br />
Schulzeitverkürzung in den Jahren 2011 bis 2013 zu erwartenden doppelten Abiturjahrgänge,<br />
was zu einem Anteil von annähernd 50% in den entsprechenden Jahrgängen führen soll.<br />
Hingegen soll auch mit <strong>der</strong> optimistischeren Schätzung aus dem Jahr 2005 im Jahr 2020 nur<br />
ein Anteil von 43,5% von <strong>der</strong> gleichaltrigen Bevölkerung die Möglichkeit haben, ein Hochschulstudium<br />
aufzunehmen –gegenüber dem <strong>der</strong>zeitigen Wert von 40,5% nur eine unmerkliche<br />
Verbesserung.<br />
Mit einer wie in diesen Prognosen praktizierten Einstellung ist eine Erhöhung <strong>der</strong> Akademisierungsquote<br />
nicht erreichbar. Insofern handelt es sich –milde ausgedrückt –nur um eine<br />
konservative Einschätzung (besser: um eine wenig einfallsreiche). Die Ansprüche an eine<br />
gestaltende Politik sind sicher nicht, nur den Bestand zu verwalten und in die Zukunft zu extrapolieren.<br />
- 19 -
- 19 -<br />
Studierende –Prognose<br />
bei 75% bzw. 80% Übergang <strong>der</strong> Studienberechtigten<br />
1.872.490 1.773.956<br />
1994<br />
1999<br />
1.964.870<br />
2.014.150<br />
2004<br />
Quelle: KMK Dokumentation Nr. 167 (2003), Nr. 176 (2005)<br />
2.355.700<br />
2.212.550<br />
2008<br />
2.544.400<br />
2.287.050<br />
Prognose im Jahr 2003 [75%] Korrektur im Jahr 2005 [80%]<br />
2012<br />
2.497.500<br />
2.214.950<br />
2016<br />
2.396.500<br />
2.149.150<br />
2020<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Unter Berücksichtigung <strong>der</strong> neu ermittelten Zahl <strong>der</strong> Absolventen mit Hochschulreife hat man<br />
auch die Zahl <strong>der</strong> Studierenden nach oben korrigiert. Die wesentliche Verän<strong>der</strong>ung tritt allerdings<br />
dadurch ein, dass nicht mehr davon ausgegangen wird, dass im Mittel 75% aller <strong>der</strong>jenigen,<br />
die ein Studium aufnehmen könnten, auch tatsächlich studieren werden, son<strong>der</strong>n diese<br />
Quote einfach auf 80% erhöht wird.<br />
Dabei musste man feststellen, dass bereits für das Jahr 2004 die Realität eine Korrektur<br />
nach unten vorgenommen hat und auch im Jahr 2005 die Übergangsquote nur bei rund 70%<br />
lag. Sollte dieser Anteil tatsächlich erhöht werden, so verlangt dies noch erhebliche politische<br />
Anstrengungen; das kann nicht den Hochschulen im jetzigen Ausstattungszustand allein zugemutet<br />
werden.<br />
- 20 -
- 20 -<br />
Hochschulabsolventen –Prognose<br />
bei 80% Übergang <strong>der</strong> Studienberechtigten auf die Hochschulen<br />
197.587 197.524 196.100<br />
1994<br />
1999<br />
199.700<br />
2004<br />
Quelle: KMK Dokumentation Nr. 167 (2003), Nr. 176 (2005)<br />
247.000<br />
249.400<br />
2008<br />
273.450<br />
256.650<br />
2012<br />
261.800<br />
Prognose im Jahr 2003 Prognose im Jahr 2005<br />
285.250 283.100<br />
2016<br />
244.950<br />
2020<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Auch für die Hochschulabsolventen wurde eine Prognose aus dem Jahre 2003 konsequenter<br />
Weise im Jahre 2005 aktualisiert. Die Absolventenzahlen hinken den Studierendenzahlen<br />
immer einige Jahre hinterher, und deswegen musste man, wie die Grafik zeigt, die Zahlen für<br />
das vergangene Jahr 2004 als auch für das Jahr 2008 (die dann zu erwartenden Absolventen<br />
studieren bereits heute) sogar nach unten korrigieren.<br />
Gleichwohl wird ein erwarteter höherer Studentenberg auch die Zahl <strong>der</strong> Absolventen nach<br />
oben treiben. Dass hierbei nicht das Problem <strong>der</strong> Akademisierungsquote als Herausfor<strong>der</strong>ung<br />
aufgegriffen wurde, erkennt man insbeson<strong>der</strong>e daran, dass sowohl bei <strong>der</strong> in <strong>der</strong> vorigen<br />
Grafik wie<strong>der</strong>gegebenen Prognose <strong>der</strong> Studierendenzahlen bis 2020 (durchweg unter<br />
30% an Fachhochschulen und entsprechend über 70% an Universitäten) als auch bei <strong>der</strong><br />
Prognose <strong>der</strong> Absolventenzahlen (mit leichten Schwankungen knapp 40% von Fachhochschulen<br />
und entsprechend gut 60% von Universitäten) eine Hochschultyp bedingte Verän<strong>der</strong>ung<br />
überhaupt nicht in Betracht gezogen wurde. In dieser Hinsicht werden jedoch in Zukunft<br />
alein durch den „Bologna-Prozess“ schon Umbrüche herbeigeführt. Außerdem werden immense<br />
Kraftanstrengungen erfor<strong>der</strong>lich sein, um mit den begrenzten finanziellen Mitteln die<br />
großen politischen „Lissabon“-Ziele verfolgen zu können. Eine Ausweitung <strong>der</strong> Studienplätze<br />
an Fachhochschulen und auch die Akademisierung bisher noch nicht entsprechend erfasster<br />
Berufsbil<strong>der</strong> –beispielsweise im Gesundheitsbereich o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> frühkindlichen Erziehung –<br />
werden dabei in Lösungsstrategien einbezogen werden müssen.<br />
- 21 -
- 21 -<br />
Was müssen Jung und Alt gemeinsam<br />
bewältigen?<br />
den Wohlstand sichern –Schaffung wirtschaftlich<br />
längerfristig stabiler Verhältnisse<br />
(soziale) Marktwirtschaft weiterentwickeln<br />
Sozialsysteme umgestalten<br />
Ausschöpfung <strong>der</strong> Begabtenreserven –<br />
Chancengleichheit sichern<br />
soziale Benachteiligungen beseitigen<br />
Chancen in Verän<strong>der</strong>ungsprozessen erkennen –<br />
aktiv die Zukunft mitgestalten<br />
„Rosenthal-Effekt“<br />
Demografische Entwicklung nutzen<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Für die heute in <strong>der</strong> Verantwortung stehende Generation ist es sehr wichtig, <strong>der</strong> nachwachsenden<br />
Generation längerfristig stabile wirtschaftliche Verhältnisse zu sichern; <strong>der</strong> erreichte<br />
Wohlstand kann nicht an<strong>der</strong>s gehalten werden. Dies gelingt uns aber nicht mit den jetzigen<br />
Instrumenten. Bevölkerungsreiche Län<strong>der</strong> wie China und Indien, die ihren Bildungsstand<br />
ständig erhöhen, können nicht auf Dauer wirtschaftlich klein gehalten werden; sie werden<br />
uns mit <strong>der</strong> Zeit quantitativ erdrücken.<br />
Deswegen muss eine Konzeption und eine Strategie entwickelt werden, wie unser Lebensstandard<br />
auch bei stagnierendem o<strong>der</strong> sogar schrumpfendem (nationalen) Markt gehalten<br />
werden kann. Wir brauchen eine Alternative zu dem Patentrezept des dauerhaften Wachstums,<br />
das die ersten 30 bis 40 Jahre des Aufbaus <strong>der</strong> Bundesrepublik bestimmt hat, nun aber<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Globalisierung aufgrund unserer demografischen Basis überfor<strong>der</strong>t ist.<br />
Gleichzeitig müssen die Sozialsysteme so umgestaltet werden, dass <strong>der</strong> Generationenvertrag<br />
in seiner jetzigen Ausprägung –insbeson<strong>der</strong>e dem daraus abzuleitenden Abhängigkeitsverhältnis<br />
–abgelöst wird. Diese Umwandlung ist eine hohe Herausfor<strong>der</strong>ung für Alt und<br />
Jung! Auch hier versagen nämlich die traditionellen Konzepte, denen eine Bevölkerungspyramide<br />
im ursprünglichen Sinne zugrunde liegt und deswegen auf einen erheblichen Zustrom<br />
junger Menschen setzt. Solche Überlegungen werden auch durch verstärkte Migrationseffekte<br />
nicht aufzufangen sein. Man darf außerdem die Gesellschaft durch einen dafür notwendigen<br />
enormen Zustrom ausländischer Menschen nicht überlasten (daraus resultierende Probleme<br />
zeigen sich heute schon in bestimmten Bevölkerungszentren).<br />
- 22 -
- 22 -<br />
Zugleich gilt es, die Begabtenreserven auszuschöpfen und damit die soziale Selektion in unserem<br />
Bildungssystem so umzuwandeln, dass wirklich alle die gleichen Chancen haben. Unser<br />
Land hat nur eine aussichtsreiche Zukunft, wenn es mehr und gut ausgebildete Menschen<br />
und Akademiker gibt. Deswegen sollte das politische Ziel in erster Linie eine Verbreiterung<br />
<strong>der</strong> Bildung sein und nicht gleichzeitig o<strong>der</strong> ausschließlich die Konzentration <strong>der</strong> immer<br />
spärlicher werdenden Mittel auf so genannte Elite-Universitäten.<br />
Außerdem sollte es uns gelingen, Verän<strong>der</strong>ungsprozesse nicht immer als Belastung zu empfinden,<br />
son<strong>der</strong>n, wenn sie unvermeidlich sind, die damit einhergehenden Chancen herauszuarbeiten<br />
und so aktiv die Zukunft mit zu gestalten. Das verlangt einen Mentalitätswechsel<br />
weg von <strong>der</strong> Besitzstandswahrung hin zu Entwicklungen, die auch wie<strong>der</strong> mehr von einem<br />
abverlangen als zurzeit. Warum sprechen wir immer nur von ’Problemen’ und nicht von ’Herausfor<strong>der</strong>ungen’?<br />
Warum wird Deutschland von außen nur alzu oft als unglückliches Land<br />
gesehen, das sich in einer fortgeschritten depressiven Entwicklung befindet?<br />
Wir sollten uns viel besser die positiven Aspekte klar machen. Hierzu ist ein einfaches Experiment<br />
dienlich, das in den 60er Jahren erstmals von Prof. Rosenthal, Sozialpsychologe an<br />
<strong>der</strong> Harvard University, durchgeführt wurde. Er erklärte bei dem Besuch einer „Volksschule“<br />
in San Fransisco, er könne unter den 650 Schülern diejenigen herausfinden, bei denen unerwartet<br />
schnelle Lernfortschritte stattfinden werden. Er nannte etwa 20% aller Schüler.<br />
Nach einigen Monaten besuchte er die Schule erneut und stellte mit den Lehrern gemeinsam<br />
fest, dass sich seine Vorhersage durchweg bestätigt hat, und zwar umso besser, je jünger<br />
die Schüler waren. Überraschend war, dass er die Schüler vor seiner Prognose überhaupt<br />
nicht untersucht hat, son<strong>der</strong>n sie einfach nach dem Zufallsprinzip auswählte. Die Ursache<br />
dieser Entwicklung ist dadurch zu erklären, dass man positiv Bedachte unbewusst respektvoller<br />
behandelt, ernster nimmt, dass man sie anspornt, dass man sie mehr för<strong>der</strong>t und auch<br />
mehr von ihnen for<strong>der</strong>t. Zwischenmenschliche Botschaften wie Sympathie, Aufmunterung,<br />
Geduld, noch eine Chance gewähren usw. haben zu diesem Ergebnis geführt: Schüler, denen<br />
gute Leistungen zugetraut werden, lernen tatsächlich schneller und besser. Inzwischen<br />
sind in vielen wissenschaftlichen Arbeiten diese Erkenntnisse wie<strong>der</strong>holt bestätigt, vertieft<br />
und verfeinert worden. Und was man auch weiß: Die Umkehrung gilt entsprechend, das<br />
heißt die Leistung sinkt, wenn einem wenig zugetraut wird.<br />
Solche Effekte muss man genau so positiv einsetzen und nutzen wie die demografische<br />
Entwicklung selbst. Man weiß, dass ab 2010 die Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> ersten Bildungsexpansion <strong>der</strong><br />
70er Jahre in den Ruhestand gegen und deswegen ein dramatischer Mangel an Akademikern<br />
auftritt und gleichzeitig erhebliches Wissen den Unternehmen verloren geht. Den negativen<br />
Konsequenzen gilt es schon jetzt entgegenzuwirken, um den Schaden in Grenzen zu<br />
halten.<br />
Gleichzeitig führt die demografische Verän<strong>der</strong>ung auch dazu, dass durch die ständige Zunahme<br />
<strong>der</strong> älteren Bevölkerung neue Wirtschafts- und Wissenschaftsfel<strong>der</strong> und damit neue<br />
Chancen entstehen. Diese betreffen beispielsweise verän<strong>der</strong>tes Ernährungsverhalten und<br />
neue Wohn- und Lebensansprüche dieser Bevölkerungsgruppe.<br />
- 23 -
- 23 -<br />
Wissensintensive Produkte und Dienstleistungen<br />
Innovationsfähigkeit –Marktposition<br />
1 USA<br />
2 Finnland<br />
3 Deutschland<br />
4 Japan<br />
5 Schweden<br />
6 Frankreich<br />
7 Belgien<br />
8 Großbritannien<br />
9 Nie<strong>der</strong>lande<br />
10 Dänemark<br />
11 Österreich<br />
12 Italien<br />
13 Spanien<br />
Quellen: WEF, OECD, GEM, DIW Berlin (2005)<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Die jüngste Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin<br />
zeigt, dass Deutschland zu den TOP 3 <strong>der</strong> innovationsfähigsten Industrienationen gehört.<br />
Die Hochtechnologie „Made in Germany“ ist international immer noch sehr angesehen. Wir<br />
sind seit langem Exportweltmeister –gerade bei den wissensintensiven Produkten und<br />
Dienstleistungen, also bei solchen, die mit einer hohen Forschungsnähe verbunden sind.<br />
Als beste deutsche Branchen überzeugen die Automobilindustrie, <strong>der</strong> Maschinenbau, die<br />
Chemie und die Elektrotechnik, aber auch <strong>der</strong> Servicebereich Telekommunikation, die EDV<br />
sowie <strong>der</strong> Finanz- und <strong>der</strong> Gesundheitssektor.<br />
- 24 -
- 24 -<br />
Beteiligung von Frauen in Innovationsprozessen<br />
Rangliste<br />
1 Schweden<br />
2 Finnland<br />
3 Dänemark<br />
4 USA<br />
5 Großbritannien<br />
6 Belgien<br />
7 Spanien<br />
8 Italien<br />
9 Frankreich<br />
10 Nie<strong>der</strong>lande<br />
11 Deutschland<br />
12 Österreich<br />
13 Japan<br />
Quellen: Eurostat, OECD, WEF, DIW Berlin (2005)<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Hohe Defizite weist Deutschland hingegen bei <strong>der</strong> Beteiligung von Frauen in den Innovationsprozessen<br />
aus. Es gibt zu wenige Ingenieurinnen, und keine wissenschaftliche Studie belegt,<br />
dass es sich bei den Ingenieurwissenschaften um eine durch männliche Gene bestimmten<br />
Wissenschaftsbereich handelt.<br />
Es gibt auch zu wenige Forscherinnen in den Unternehmen, und wir haben im internationalen<br />
Vergleich zu wenig weibliche Führungskräfte.<br />
Daraus lässt sich ein Lösungsansatz ableiten: Es gilt, das weibliche Potential in Deutschland<br />
besser aufzuschließen, so wie es an<strong>der</strong>e Nationen bereits verstehen. Aus politischer Sicht<br />
heißt das: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss deutlich besser sichergestellt werden<br />
als bisher.<br />
- 25 -
- 25 -<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen an Politik und<br />
Gesellschaft:<br />
langfristige Bildungsplanung betreiben<br />
Bildungssystem nicht zu stark ökonomisieren<br />
wissenschaftliche Vielfalt sichern<br />
dem Bildungssystem ausreichende Ressourcen<br />
mit hoher Priorität zur Verfügung stellen<br />
<strong>der</strong> nachfolgenden Generation die besten<br />
Bildungschancen einräumen<br />
sozialverträgliche Finanzierungsanteile<br />
gewährleisten<br />
Vorschul- und Ganztagsschulbereich<br />
professionalisieren<br />
frühzeitig för<strong>der</strong>n durch pädagogisch sinnvolles<br />
for<strong>der</strong>n<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Es ist ganz wichtig, dass die Politik eine langfristige Strategie in <strong>der</strong> nationalen Bildungsplanung<br />
entwickelt und vorantreibt. Vor<strong>der</strong>gründige finanzielle Schwierigkeiten dürfen nicht dazu<br />
führen, dass das Bildungssystem zu stark von ökonomischen Rahmenbedingungen bestimmt<br />
wird. Der Bildungsauftrag bleibt ein staatlicher und darf nicht nur in Sonntagsreden<br />
betont werden, son<strong>der</strong>n muss auch bei den Alltagstaten entsprechend abgesichert werden.<br />
Hinzu kommt, dass eine zu ökonomische Betrachtung <strong>der</strong> Wissenschaftsdisziplinen unsere<br />
Vielfalt unnötig einschränkt. Auch Geistes- und Kulturwissenschaften und so genannte Orchideenfächer<br />
haben ihre Berechtigung. Bedenken sie, dass zu den <strong>der</strong>zeit so hoch gelobten<br />
Lebenswissenschaften beispielsweise auch Philosophie, Geschichte und Theologie gehören.<br />
Die Politik hat auch die Aufgabe, das staatliche Bildungssystem so auszustatten, dass es<br />
den wachsenden Anfor<strong>der</strong>ungen gerecht werden kann. Und dies muss nachhaltig mit entsprechend<br />
hoher Priorität verfolgt werden. Politik muss sich in diesem Feld endlich korrekturfähig<br />
zeigen (vielleicht helfen ja Elite-Universitäten für Politiker). Wir haben nur dann eine<br />
Chance, den künftigen Herausfor<strong>der</strong>ungen im internationalen Kontext gerecht zu werden,<br />
wenn wir <strong>der</strong> nachfolgenden Generation die besten Chancen für ihre und damit auch für unsere<br />
Zukunft einräumen. Das Ziel <strong>der</strong> Chancengleichheit muss deshalb politisch aufgegriffen<br />
werden, indem bildungsferne und benachteiligte Schichten mit entsprechenden<br />
sozialverträglichen Finanzierungsanteilen am Bildungssystem –am besten nachlaufend –<br />
versehen werden.<br />
Gleichzeitig gilt es, den Bildungsauftrag intensiv bereits von <strong>der</strong> frühen Kindheit an wahrzunehmen.<br />
Dies bedeutet, dass bereits im Vorschulbereich eine Professionalisierung stattfinden<br />
muss: Akademisch gebildete Elementarlehrer sind hier <strong>der</strong> Lösungsansatz, um schon<br />
frühzeitig durch pädagogisch sinnvolles For<strong>der</strong>n eine För<strong>der</strong>ung auf den Weg zu bringen.<br />
- 26 -
- 26 -<br />
Der Auf- und Ausbau <strong>der</strong> frühkindlichen Bildung ist mit hohen Ansprüchen verbunden. Es<br />
geht um viel mehr, als die kleinen Kin<strong>der</strong> tagsüber nur „verwahren“ zu müssen.<br />
Hinzu kommt, dass Bildungsreserven nur dann aufgeschlossen werden, wenn für bestimmte<br />
Gesellschaftsschichten Ganztagsbetreuungen im Schulbereich gewährleistet werden; an<strong>der</strong>s<br />
ist eine Chancengleichheit nicht herzustellen.<br />
Bildung als Zukunftsfaktor<br />
Verhältnis von Investition zum Bildungsstand –Rangliste<br />
1 USA<br />
2 Dänemark<br />
3 Schweden<br />
4 Belgien<br />
5 Finnland<br />
6 Frankreich<br />
7 Österreich<br />
8 Großbritannien<br />
9 Deutschland<br />
10 Nie<strong>der</strong>lande<br />
11 Japan<br />
12 Italien<br />
13 Spanien<br />
Quellen: WEF, OECD, Eurostat, DIW Berlin (2005)<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
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Reserven stecken sicherlich auch noch in einem verbesserten Einsatz von Mitteln und Ressourcen,<br />
wie die jüngste Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem<br />
Jahre 2005 zeigt. In <strong>der</strong> Rangliste mit an<strong>der</strong>en Industrienationen belegt Deutschland nur einen<br />
bescheidenen neunten Platz, wenn man eine Bilanz von Input und Output im Bildungssystem<br />
zieht, wenn man also die geleisteten Investitionen (die in Deutschland nur unterdurchschnittlich<br />
sind) im Verhältnis zu den qualifizierten Fachkräften für die Unternehmen<br />
(auch hier ist Deutschland deutlich unterdurchschnittlich) betrachtet.<br />
In Deutschland ist <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Bildung und Ökonomie vielleicht noch zu<br />
verpönt; an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> verstehen damit besser umzugehen.<br />
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Bildung: Schlüssel gegen Arbeitslosigkeit<br />
Arbeitslosenquote in Deutschland 2004<br />
3,5%<br />
Quelle: IAB (2005)<br />
7,5%<br />
21,7%<br />
6,0%<br />
19,4%<br />
51,2%<br />
Westdeutschland Ostdeutschland<br />
mit Hochschulabschluß<br />
mit abgeschlossener<br />
Berufsausbildung<br />
ohne Berufsabschluß<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Dass die Aussichten ohne Bildung hoffnungslos sind, zeigt die Arbeitslosenquote in Deutschland.<br />
In qualitativer Hinsicht gilt eine Ausprägung wie in Westdeutschland auch für alle an<strong>der</strong>en<br />
Industrienationen. Akademiker haben die größten Chancen, im Beschäftigungssystem<br />
aufgenommen zu werden, wo hingegen Personen mit einem niedrigen Bildungsgrad durchweg<br />
unserem Sozialsystem zugeordnet werden müssen. Erschreckend hoch ist die Quote in<br />
Ostdeutschland immerhin 14 Jahre nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung; dort ist jede zweite Person<br />
ohne Berufsabschluss arbeitslos (eine solche Situation ist untolerierbar und müsste eigentlich<br />
alle politischen Anstrengungen beanspruchen).<br />
Bildung ist demnach <strong>der</strong> erfolgreichste Schlüssel gegen Arbeitslosigkeit, und das muss nicht<br />
nur im jetzigen System entsprechende Anwendung finden, son<strong>der</strong>n gerade mit Blick auf die<br />
zukünftigen Beschäftigungsgenerationen schon heute zielgerichtet genutzt werden.<br />
- 28 -
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
Bayern<br />
Baden-Württemberg<br />
Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
Hessen<br />
Ruhrgebiet (KVR)<br />
Sachsen<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Berlin<br />
Schleswig-Holstein<br />
Regierungsbezirk Münster<br />
- 28 -<br />
Kleinteiligkeit in Deutschland (nach Fö<strong>der</strong>alismusreform):<br />
Län<strong>der</strong>zuständigkeit für Hochschulbildung<br />
Einwohner<br />
(in Millionen)<br />
18,05<br />
12,33<br />
10,60<br />
7,96<br />
6,08<br />
5,50<br />
4,38<br />
4,05<br />
3,39<br />
2,80 2,63 2,59 2,58 2,41<br />
1,76 1,73<br />
1,07 0,97<br />
0,66<br />
Brandenburg<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Thüringen<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
Hamburg<br />
Saarland<br />
Köln<br />
Bremen<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
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Lei<strong>der</strong> ist davon auszugehen, dass bestimmte politische Entwicklungen den zuvor angesprochenen<br />
bildungspolitischen Zielsetzungen nicht dienlich sein werden. Das zurzeit festgeschnürte<br />
Fö<strong>der</strong>alismusreformpaket, das sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat wohl<br />
die erfor<strong>der</strong>liche Mehrheit finden wird, übergibt die Hochschulbildung dann vollkommen in die<br />
Län<strong>der</strong>zuständigkeit. Dies bedeutet, dass zu Zeiten von Internationalisierung und Globalisierung<br />
in Deutschland eine doch diesem Gedanken wi<strong>der</strong>strebende kleinteilige Betrachtungsweise<br />
in den Vor<strong>der</strong>grund gestellt wird. 16 Bundeslän<strong>der</strong> werden nach dem praktizierten<br />
Konsensprinzip in <strong>der</strong> KMK nur dann zu einem konsistenten Bildungssystem im sekundären<br />
und tertiären Sektor kommen, wenn sie es einvernehmlich wollen. Die Größe <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong><br />
ist allerdings sehr unterschiedlich, und so hat ein Land wie Bremen o<strong>der</strong> das Saarland<br />
prinzipiell das gleiche Gewicht wie das Land Nordrhein-Westfalen. Damit verbundene Verwerfungsmöglichkeiten<br />
werden beson<strong>der</strong>s deutlich, wenn man bedenkt, dass das Ruhrgebiet<br />
in seinem <strong>der</strong>zeitigen kommunalen Verbund das sechstgrößte Bundesgebiet darstellen würde<br />
und Nordrhein-Westfalen selbst unter Ausgrenzung des Ruhrgebiets noch stärkstes Bundesland<br />
bliebe. Auch <strong>der</strong> Regierungsbezirk Münster befände sich in <strong>der</strong> kleinteiligen Län<strong>der</strong>betrachtung<br />
an mittlerer Stelle und selbst die Stadt Köln wäre –vergleichbar mit dem Saarland<br />
–noch vor dem Bundesland Bremen einzuordnen.<br />
Die mit <strong>der</strong> Fö<strong>der</strong>alismusreform verbundenen neuen Zuständigkeiten werden den Bund zur<br />
Zurückhaltung im Hochschulbereich zwingen. Es ist absehbar, dass die Län<strong>der</strong> mit ihren desaströsen<br />
Haushalten kaum gegenhalten können, und deswegen befürchten die Hochschulen<br />
überwiegend negative Konsequenzen aus <strong>der</strong> beabsichtigten Reform. Sie passt so nicht<br />
zu den zuvor aufgezeigten Herausfor<strong>der</strong>ungen, wird aber wohl lei<strong>der</strong> nicht mehr zu verhin<strong>der</strong>n<br />
sein –eigentlich schade, dass die Politik aus reinen Machtgesichtspunkten unseren Zukunftsaussichten<br />
mal wie<strong>der</strong> ein Bein stellt....<br />
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„Wir sind nicht nur verantwortlich<br />
für das, was wir tun,<br />
son<strong>der</strong>n auch für das,<br />
was wir nicht tun.“<br />
(Voltaire)<br />
Der <strong>Rektor</strong><br />
Hüfferstraße 27<br />
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Das mächtige Bestreben aller politischen und gesellschaftlichen Handlungen sollte selbstverständlich<br />
und nachhaltig darauf gerichtet sein, beträchtlich und überzeugend in die Bildung<br />
<strong>der</strong> nachwachsenden Generationen zu investieren –dies ist die beste Sicherung unserer<br />
aller Zukunft. Alles, was zur Unterstützung dieses Ziels versäumt wird, entlässt uns allerdings<br />
auch nicht aus dieser Verantwortung!<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
<strong>Rheine</strong>, 12. Januar 2006<br />
Prof. <strong>Dr</strong>. <strong>Klaus</strong> <strong>Nie<strong>der</strong>drenk</strong><br />
<strong>Rektor</strong> <strong>der</strong> Fachhochschule Münster