Niederschrift 05 - Rheine
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N i e d e r s c h r i f t<br />
IR/0<strong>05</strong>/2010<br />
über die öffentliche und nichtöffentliche Sitzung des<br />
Integrationsrates der Stadt <strong>Rheine</strong><br />
am 24.11.2010<br />
Die heutige Sitzung des Integrationsrates der Stadt <strong>Rheine</strong>, zu der alle Mitglieder<br />
ordnungsgemäß eingeladen und - wie folgt aufgeführt - erschienen sind, beginnt<br />
um 17:<strong>05</strong> Uhr im Sitzungsraum 104 des Neuen Rathauses.<br />
Anwesend als<br />
Vorsitzender:<br />
Herr Manoharan Murali Integrationsratsmitglied<br />
Mitglieder:<br />
Frau Emine Dursun Integrationsratsmitglied<br />
Frau Lydia Maul Integrationsratsmitglied<br />
Herr Kadir Yalcin Integrationsratsmitglied<br />
Herr Kamal Kassem Integrationsratsmitglied<br />
Frau Sara Neto Alves Integrationsratsmitglied<br />
Herr Suat Özcan Integrationsratsmitglied<br />
Herr Antonio Berardis SPD Ratsmitglied<br />
Herr Bernd Lunkwitz FDP Ratsmitglied<br />
Herr Siegfried Mau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ratsmitglied<br />
Gäste:<br />
Herr Hartmut Klein Migrationsbeauftragter<br />
Verwaltung:<br />
Herr Helmut Hermes<br />
Herr Ludger Schöpper<br />
Herr Mustafa Tunceli
Entschuldigt fehlen:<br />
Mitglieder:<br />
Frau Jutta Tanirgan Integrationsratsmitglied<br />
Herr Hüseyin Beyaz Integrationsratsmitglied<br />
Herr Alex Janzen Integrationsratsmitglied<br />
Herr José Azevedo CDU Ratsmitglied<br />
Herr Friedrich Theismann CDU Ratsmitglied<br />
Um 17:<strong>05</strong> Uhr eröffnet Herr Manoharan Murali die heutige Sitzung des Integrationsrates<br />
der Stadt <strong>Rheine</strong>.<br />
Der Vorsitzende bittet darum TOP 3 der Tagesordnung vorzuziehen, weil Frau<br />
Dursun etwas später eintreffen wird und sie beim Bericht der Verwaltung anwesend<br />
sein möchte.<br />
Öffentlicher Teil:<br />
1.<br />
<strong>Niederschrift</strong> Nr. 4 über die öffentliche Sitzung am 15.09.2010<br />
Zu Form und Inhalt der <strong>Niederschrift</strong> Nr. 4 werden weder Änderungswünsche<br />
noch Ergänzungswünsche vorgetragen.<br />
Die <strong>Niederschrift</strong> Nr. 4 wird somit genehmigt.<br />
2.<br />
Information/Bericht der Verwaltung<br />
1.) Neue Auszubildende mit Migrationshintergrund (MH) bei der Stadt<br />
<strong>Rheine</strong><br />
Im Jahre 2010 wurden in verschiedenen Bereichen neue Auszubildende eingestellt:<br />
- Stadtverwaltung: 8 Auszubildende, davon 0 mit MH<br />
- Wirtschaftsförderung (EWG): 2 Auszubildende, davon 1 mit MH<br />
- Technische Betriebe <strong>Rheine</strong> (TBR): 5 Auszubildende, davon 0 mit MH<br />
- Stadtwerke für <strong>Rheine</strong>: 3 Auszubildende, davon 0 mit MH<br />
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Die neuen Auszubildenden wurden aus einer Vielzahl von Bewerbungen ausgewählt.<br />
Ob die Bewerber/innen einen MH hatten, kann in der Regel nicht ermittelt<br />
werden. Da nicht alle zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden, besteht<br />
kein persönlicher Kontakt zwischen den Bewerbern und den Einstellungsbetrieben.<br />
An den Namen kann man sich nur eingeschränkt orientieren, da viele Zuwanderer<br />
geläufige deutsche Namen tragen.<br />
Der Fachstelle Migration waren aber dennoch einige Familiennamen der Bewerberliste<br />
für den Bereich Stadtverwaltung bekannt, so dass dort von einer Bewerberzahl<br />
von mindestens 6 Spätaussiedlern (2 Bachelor, 4 Verwaltungsfachangestellte)<br />
und 4 sonstigen Zugewanderten (Verwaltungsfachangestellte) ausgegangen<br />
werden kann.<br />
In den anderen Einstellungsbereichen konnten die Bewerberlisten nicht mehr<br />
eingesehen werden, da die Bewerbungsverfahren dort bereits vor der Anfrage<br />
des Integrationsrates abgeschlossen waren.<br />
Im Übrigen kann die Feststellung getroffen werden, dass immer mehr Schülerinnen<br />
und Schüler mit MH ihre Schulpraktika in der Stadtverwaltung ableisten. Es<br />
besteht daher die Hoffnung, dass die Verwaltung als Arbeitsplatz bei Zuwanderern<br />
in naher Zukunft eine größere Bedeutung erlangen wird.<br />
Der Migrationsbeauftragte hat sich bezüglich der Einstellung neuer Auszubildender<br />
mit einem Schreiben an die Stadtverwaltung gewandt. Der für Ausbildung<br />
zuständige Fachbereich „Interner Service“ wird die Eingabe des Migrationsbeauftragten<br />
in Kürze schriftlich beantworten.<br />
2.) Initiative des Integrationsrates zum „Bestandsaufbau fremdsprachiger<br />
Literatur in der Stadtbibliothek“<br />
Das Konzept des Integrationsrates wurde an den Kulturausschuss weitergeleitet<br />
und dort in die Arbeitsplanung für das nächste Jahr aufgenommen. Es soll im<br />
Jahr 2011 in einer der ersten Sitzungen des Kulturausschusses beraten werden.<br />
3.) „Entwicklung der Zahl der ausländischen Zuwanderer“<br />
Nachtrag zum Tagesordnungspunkt 3 der letzten Sitzung<br />
• Entwicklung der Zahl der Migranten, die im Rentenalter in ihre Heimatländer<br />
zurückkehren<br />
Hierzu gibt es keine Statistiken. Bezogen auf die große Gruppe der türkischen<br />
Rentner/innen kann lediglich gesagt werden, dass viele von der Ausländerbehörde<br />
eine Bescheinigung zum längerfristigen Verlassen der Bundesrepublik beantragen.<br />
Sie leben einen Großteil des Jahres im Ausland, geben ihren Wohnsitz<br />
hier aber nicht auf.<br />
• Ein zahlenmäßiges Verhältnis von Aus- und Zuwanderern aus dem Ausland<br />
(Wanderungssaldo) wirft das derzeitige Meldesystem nicht aus. Es wird geprüft,<br />
ob das EDV-Meldeprogramm, das in naher Zukunft installiert wird, die gewünschten<br />
Zahlen liefern kann.<br />
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• Die Gesamtzahl der Asylbewerber in <strong>Rheine</strong> beträgt aktuell 47 Personen (inklusive<br />
Folgeantragsteller).<br />
• Einbürgerungen: Im Jahre 2010 wurden in <strong>Rheine</strong> ca. 60 Personen eingebürgert.<br />
Der in der Sitzung berichtete Rückstand infolge Personalwechsels in der<br />
Einbürgerungsbehörde wurde vollständig abgebaut. Damit werden alle Neuanträge<br />
wieder zeitnah bearbeitet werden können.<br />
Zum Punkt 1.) entsteht eine rege Diskussion:<br />
Der Migrationbeauftragte berichtet über ein Gespräch, das er mit dem zuständigen<br />
Mitarbeiter des Fachbereichs „Interner Service“ über Ausbildungsplätze für<br />
Jugendliche mit Migrationshintergrund geführt hat.<br />
Die Stadtverwaltung ist für dieses Thema sensibilisiert und ausländische Jugendliche<br />
sollen für eine Bewerbung um eine Stelle bei der Verwaltung motiviert werden.<br />
Der Migrationsbeauftragte führt zudem an, dass die derzeitigen Auswahlkriterien<br />
für Bewerbungen korrekt und plausibel sind.<br />
Frau Dursun vermutet, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund davon ausgehen,<br />
dass ihre Bewerbung bei der Verwaltung nicht ernst genommen würde und<br />
daher solche Hemmschwellen abgebaut werden müssen. Sie schlägt vor, eine<br />
Quote bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen einzurichten.<br />
Herr Mau macht darauf aufmerksam, dass es nicht sinnvoll ist, zu den bestehenden<br />
Quoten noch eine weitere zu schaffen. Seiner Meinung nach ist es sinnvoller<br />
in den Vereinen und Beratungszentren die Jungendlichen zu solchen Bewerbungen<br />
zu motivieren und sie bei der Einstellung zu unterstützen.<br />
Frau Dursun erklärt sich bereit zu den zuständigen Beratern des „BIZ“ bei der<br />
Arbeitsagentur in dieser Hinsicht Kontakt aufzunehmen.<br />
3.<br />
Der Verein "Unsere Welt - Interkulturelles Bildungszentrum<br />
e.V" stellt sich vor<br />
Die Vorsitzende Frau Hofner des am 18. Mai 2010 neu gegründeten Vereins „Unsere<br />
Welt - Interkulturelles Bildungszentrum e.V.“ stellt anhand einer Präsentation<br />
ihren Verein und seine Tätigkeiten vor.<br />
Der Verein bietet im Moment u. a. folgende Angebote an:<br />
• Krabbelgruppe (Kinder 6 - 12 Monate)<br />
• Loslösegruppe<br />
• Schülernachhilfe<br />
• Sprachtrainingskurse für Erwachsene<br />
In der Präsentation gibt Frau Hofner an, dass der Verein im Moment ca. 20 ehrenamtliche<br />
Mitglieder hat. Der Vereinsbeitrag beträgt 15,00 € jährlich.<br />
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Sie macht deutlich, dass viele Mitglieder über eine pädagogische Ausbildung verfügen.<br />
Entweder haben sie diese hier in Deutschland oder in der ehemaligen<br />
Sowjetunion erfolgreich abgeschlossen.<br />
Sie bedauere sehr, dass der Verein noch über keinen festen Treffort verfügt.<br />
Herr Berardis macht den Vorschlag, dass sie sich mit den anderen ausländischen<br />
Vereinen in Verbindung setzen solle. Diese hätten bereits schon Räume, so dass<br />
die Möglichkeit bestünde, vorerst deren Räume mitnutzen zu dürfen.<br />
Herr Murali macht darauf aufmerksam, dass die LAGA die Vereine ebenfalls mit<br />
einigen Zuschüssen unterstützt. Sollte deswegen ein Kontakt erwünscht sein,<br />
besteht die Möglichkeit, durch die <strong>Rheine</strong>r Delegierte bei der LAGA, Frau Tanirgan,<br />
Kontakt aufzunehmen.<br />
Frau Hofner bedankt sich für die vielen Vorschläge.<br />
Herr Murali bedankt sich bei Frau Hofner für die ausführliche Vereinsvorstellung.<br />
4.<br />
Bericht des Migrationsbeauftragten 2010<br />
Der Migrationsbeauftragte liest aus seinem Jahresbericht vor und weist auf die<br />
wichtigsten Punkte hin:<br />
• Fehlen von rassistischen und ausländerfeindlichen Tendenzen in der Stadt<br />
<strong>Rheine</strong><br />
• Interreligiöser Dialog<br />
• Kulturelle Aktivitäten der Migranten in der Stadt <strong>Rheine</strong><br />
• Sprachoffensive<br />
• Stadtteilbüros der Fachstelle Migration<br />
• Bildung hat Schlüsselfunktion<br />
• Erfolgreiche Arbeit der Familienzentren<br />
• Stärkung der Elternarbeit<br />
• Ganztagsschule<br />
• stärkere Begleitung für ältere und kranke Menschen<br />
Der Jahresbericht ist der <strong>Niederschrift</strong> als Anlage 1 beigefügt.<br />
5.<br />
Öffnungszeiten Integrationsratsbüro/ Erfahrungen und Konsequenzen<br />
Die Mitglieder des Integrationsrates, die Beratungsstunden abgehalten haben,<br />
erzählen, dass ihre Beratungsstunden nicht besucht wurden. Der Bedarf an Beratung<br />
werde von Herrn Hermes und Herrn Tunceli offensichtlich voll gedeckt.<br />
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Der Vorsitzende schlägt vor, dass die Mitglieder des Integrationsrates die Migrantenvereine<br />
besuchen und dort über ihre Arbeit informieren und gleichzeitig politische<br />
Anregungen aufnehmen.<br />
Zur nächsten Sitzung sollen konkrete Vorschläge nochmals thematisiert werden.<br />
6.<br />
Rückblick auf das Kunterbuntfestival 2010<br />
Herr Murali bedankt sich zunächst recht herzlich bei der Arbeitsgruppe, den zahlreichen<br />
Vereinen und den 11 Kindergärten, die sich aktiv am Kunterbuntfestival<br />
beteiligt haben.<br />
Herr Berardis berichtet, dass er ebenfalls das Fest besucht habe. Die Veranstaltung<br />
hat ihm auch gut gefallen. Er regt allerdings an, dass das nächste Festival<br />
wieder im Freien stattfinden solle, dadurch könnten mehr Bürger erreicht werden.<br />
Herr Murali erwidert, dass es geplant war, das diesjährige Kunterbuntfestival<br />
draußen stattfinden zu lassen. Aufgrund der Wettermeldung wurde am Morgen<br />
entschieden, das Fest in der Stadthalle zu veranstalten.<br />
Herr Murali regt ebenfalls an, das Fest zukünftig um einige Wochen vorzuverlegen,<br />
damit dann evtl. das Wetter besser mitspielt.<br />
Der Vorsitzende gibt bekannt, dass am 09. Dezember 2010 ein Feedbackgespräch<br />
mit den Kindergärten vorgesehen sei.<br />
Der Verkehrsverein möchte für den Weihnachtsmarkt 2011 die ausländischen<br />
Vereine einladen, ihre Weihnachtstraditionen darzustellen. Die Fachstelle Migration<br />
wird die Vereine im September 2011 anschreiben und um Teilnahme bitten.<br />
7.<br />
Berichte der Sachkundigen Einwohner(innen), aus den Arbeitskreisen<br />
des Integrationsrates und der LAGA<br />
Frau Emine Dursun gibt einen kurzen Bericht über den Sozialausschuss.<br />
Herr Suat Özcan gibt an, dass beim Stadtentwicklungsausschuss keine relevanten<br />
Sachen für den Integrationsrat besprochen wurden.<br />
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.<br />
8.<br />
Anfragen und Anregungen<br />
Es liegt keine für den Integrationsrat relevante Frage vor.<br />
Seite 6/12
9.<br />
Einwohnerfragestunde (spätestens umd 19:00 Uhr)<br />
Herr Berardis schlägt vor, das Förderprojekt Dorenkamp-Süd, das viele integrationsspezifische<br />
Ansätze enthält, seitens des Integrationsrates zu unterstützen.<br />
Der Vorsitzende macht den Vorschlag, die nächste Sitzung des Integrationsrates<br />
in einem Migrantenverein stattfinden zu lassen.<br />
Ende der Sitzung: 19:10 Uhr<br />
Manoharan Murali Mustafa Tunceli<br />
Vorsitzender des Ingetrationsrates stellv. Schriftführer<br />
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Anlage 1<br />
Stellungnahme zu Fragen der Migration und Integration in <strong>Rheine</strong>,<br />
erstmals vorgetragen in der Sitzung des Rates der Stadt am 5. Oktober 2010<br />
Hartmut Klein<br />
Migrationsbeauftragter der Stadt <strong>Rheine</strong><br />
Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Mitglieder des Rates, meine Damen und Herren,<br />
vor fast genau 21 Jahren habe ich in Prag erlebt, wie Tausende überwiegend junge Menschen<br />
Jahren, am 24. März 1990, war ich Zeuge, wie in der Bernburger Gaststätte „Haus<br />
der Freundschaft“ ein junger, vermutlich im Kalibergbau arbeitender und aus Moçambique<br />
stammender dunkelhäutiger Mann abgewiesen wurde, obwohl eine Reihe von Plätzen<br />
frei war.<br />
Dass Staaten wie die DDR zusammenbrachen, wunderte mich nicht. Diese Staaten, die<br />
Völkerfreundschaft in ihrer Propaganda groß schrieben, sich aber in der Realität im<br />
höchsten Maße gegen kulturelle Einflüsse von außen abschotteten und Menschen aus<br />
fremden Kulturkreisen ablehnten, sind – so ist meine Einschätzung – in der Konsequenz<br />
politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich erstarrt.<br />
Spätestens bei der „Lichterketten“-Demonstration am 30. Januar 1993 hier in <strong>Rheine</strong><br />
erfuhr ich, dass alle relevanten gesellschaftlichen und politischen Gruppen in unserer<br />
Stadt sich strikt gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit verwahren, und ich vermerke<br />
mit Anerkennung und Genugtuung, dass Bürgerschaft, Rat und Verwaltung dieser Linie<br />
treu geblieben sind. Das weisen entsprechende Ratsbeschlüsse, Migrationskonzepte, Leitlinien<br />
und Dokumente aus. Auch das Handeln verschiedener städtischer und nichtstädtischer<br />
Fachstellen und Organisationen ist sichtbar und nachhaltig von dieser Grundhaltung<br />
geprägt.<br />
An dieser Stelle knapp einige grundsätzliche Ausführungen: Derzeit leben in <strong>Rheine</strong> bei<br />
einer Bevölkerungszahl von etwa 77500 etwa 4400 Menschen, die nicht die deutsche<br />
Staatsangehörigkeit besitzen. Insgesamt sind etwa 100 Staatsangehörigkeiten bzw.<br />
Ethnien vertreten. Eindrucksvolle Porträts von Menschen aus etwa 90 Kulturkreisen hat<br />
der Fotograf Hermann Willers gefertigt, die der Caritasverband <strong>Rheine</strong> in einer Ausstellung<br />
im Januar 2011 zeigen wird. Lassen Sie sich überraschen.<br />
Die Zahlen der Spätsaussiedler sind schwer zu fassen. Ich gehe davon aus, dass sie, wie<br />
2009, bei etwa 6000 liegen. Die Spätaussiedler sind, genauso wie auch die über 1000<br />
Bürger, die die deutsche Staatsbürgerschaft in den letzten 10 Jahren erworben haben,<br />
den Menschen mit Migrationshintergrund zuzuordnen, so dass man auf einen Gesamtanteil<br />
aller Zuwanderer an der Bevölkerung <strong>Rheine</strong>s von ca. 14 bis15 % kommt.<br />
Die allgemeine Situation in <strong>Rheine</strong> zeigt aber auch, dass das Phänomen Zuwanderung<br />
keinesfalls mit einer Problemlage gleichzusetzen ist. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage<br />
eines Ratsmitgliedes zu bewerten, der im Zusammenhang mit Migration und Integration<br />
von einer „vergleichsweise heilen Welt“ sprach, die hier in <strong>Rheine</strong> vorzufinden ist.<br />
Ich stimme dieser Wertung zu.<br />
<strong>Rheine</strong>, so hat es mein Amtsvorgänger Werner Althoff ausgedrückt, ist eine ausländerfreundliche<br />
Stadt mit vielen ehrenamtlich im Zuwandererbereich tätigen Einheimischen,<br />
aber auch Zugewanderten, und mit vielen hauptberuflich in der Migrationsarbeit Tätigen<br />
bei der Stadtverwaltung, beim Caritasverband und in vielen weiteren Institutionen. Es<br />
wurden und werden hier hervorragende Dienste geleistet. Dafür ist auch heute allen Aktiven<br />
ausdrücklich Dank zu sagen.<br />
-2–<br />
Seite 8/12
In diesem Zusammenhang möchte ich den Umgang der Stadtverwaltung mit der sogenannten<br />
Altfallregelung erwähnen. So wurden in einem längeren Prozess von den Anträgen<br />
auf ein Bleiberecht für 330 Menschen bis heute 323 positiv beschieden – und zwar<br />
„unter besonderer Berücksichtigung … humanitärer Gesichtspunkte“. Ein Verfahren, was<br />
im interkommunalen Vergleich durchaus nicht als selbstverständlich erscheint.<br />
In den ersten Monaten meiner Tätigkeit durfte ich im Integrationsrat und einigen daraus<br />
erwachsenen Arbeitskreisen mitwirken. Zur Wahl des Integrationsrates, der sich im März<br />
2010 konstituierte, hatten sich neben einigen Einzelbewerbern zwei multinationale Gruppierungen<br />
zur Wahl gestellt. Für mich eine bemerkenswerte Entwicklung, weg von einer<br />
Interessenvertretung einer einzelnen Nationalität hin zur Übernahme einer gesamtpolitischen<br />
Verantwortung für unsere Stadt. Meiner Einschätzung nach hat dies dem Renommee<br />
und der konstruktiven Arbeit dieses Gremiums genützt. An dieser Stelle möchte ich<br />
dem ausgeschiedenen langjährigen Vorsitzenden Kamal Kassem meinen herzlichen Dank<br />
aussprechen. Er hat im Rahmen des Ausländerbeirats bzw. des Integrationsrates nachhaltig<br />
zur positiven Entwicklung in der Stadt beigetragen. Dem neuen Vorsitzenden Manoharan<br />
Murali wünsche ich viel Erfolg in der Fortführung der so begründeten Tradition<br />
der politischen Teilhabe der Zuwanderer in dieser Stadt.<br />
Die Praxis des interreligiösen Dialogs habe ich schon in meiner Berufstätigkeit als Gewinn<br />
bringend empfunden, gleich ob moslemische Schüler bei den schulischen Weihnachtsfeiern<br />
mitgewirkten oder Schülergruppen die moslemischen Gebetsräume in <strong>Rheine</strong> oder<br />
die Synagogen in Enschede und Münster besuchten. Inzwischen hat die Fachstelle Migration<br />
der Stadtverwaltung Mühe, allen Anfragen nach Begleitung von Besuchern in den<br />
moslemischen Gebetsräumen in <strong>Rheine</strong> nachzukommen. Das Interesse aus allen Bevölkerungskreisen<br />
ist groß. Zwischen der Polizeiinspektion <strong>Rheine</strong> und der Moschee an der<br />
Münsterstraße gibt es nachbarschaftliche Gespräche. Besonders erwähnen möchte ich,<br />
dass die höchsten Repräsentanten der Stadt, die Bürgermeisterin, ihre Stellvertreter und<br />
auch andere Mitglieder des Rates diesen interreligiösen Dialog aktiv begleiten.<br />
Die kulturellen Aktivitäten der Zuwanderer fanden wie in den letzten Jahren ihren Ausdruck<br />
in Festveranstaltungen, so in den letzten Monaten beispielsweise beim portugiesischen<br />
Sommerfest an der Stoverner Straße. Auch erwähne ich den Weltkongress für die<br />
tamilische Kultur, der in Anwesenheit einer Reihe von hochrangigen Vertretern aus der<br />
ganzen Welt vor einigen Wochen zum zweiten Mal in <strong>Rheine</strong> stattfand. Schließlich war<br />
das schon seit 15 Jahren stattfindende Kunterbunt-Festival am 18. September wieder<br />
einmal ein voller Erfolg. In diesem Jahr stand es unter dem Motto „So spielt die Welt“.<br />
Zum ersten Mal beteiligten sich Hip-Hop-Tänzer, die, aufbauend auf einer schulischen<br />
Arbeitsgemeinschaft der Elisabethhauptschule und trainiert im Jugendtreff „Underground“,<br />
ihre Künste darboten, übrigens junge Menschen aus verschiedenen Nationen<br />
und Ethnien. Der gemeinsame Spaß am Tanzen lässt sie zur Gruppe zusammenwachsen.<br />
Mein Vorgänger Werner Althoff hat eine Stärkung integrativer Maßnahmen im Bildungsbereich<br />
angemahnt. Festzuhalten ist, dass die Sprachoffensive der Stadt <strong>Rheine</strong> auch<br />
deswegen erfolgreich weiterläuft, weil sie dezentral und über zahlreiche Träger gerade<br />
viele Frauen erreicht. Dass die Vermittlung von Deutsch auch auf höherem Niveau voranschreitet<br />
und dass eine Reihe der Frauen sogar die auf 600 bzw. 900 Stunden angelegen<br />
Integrationskurse belegt, ist deutliches Zeichen eines positiven Integrationsgeschehens.<br />
Die drei Stadtteilbüros der städtischen Fachstelle Migration an der Catenhorner Straße,<br />
der Dutumer Straße und der Humboldtstraße werden mit ihren unterstützenden Maßnahmen<br />
der Beratung, der Erwachsenenbildung, der Hausaufgabenhilfe und der Jugendarbeit<br />
gut angenommen. Allerdings ist – trotz umfassender ehrenamtlicher Hilfe -die Sicherung<br />
der hauptamtlichen personellen Ausstattung vonnöten. Das „Integrierte Stadtteil-Handlungskonzept<br />
<strong>Rheine</strong> Dornekamp-Süd“ soll auch die migrationsbezogene Stadtteilarbeit<br />
beispielhaft voranbringen.<br />
Seite 9/12
-3–<br />
Es besteht deutschlandweit Konsens darüber, dass Bildung eine Schlüsselfunktion bei der<br />
Integration besitzt. Nur die ständige Verbesserung der Bildung junger Menschen sichert<br />
die Zukunft dieses Landes. Dazu ist anzumerken, dass in der Integration von Kindern und<br />
Jugendlichen mit Migrationshintergrund in <strong>Rheine</strong> bemerkenswerte Erfolge zu vermelden<br />
sind. Das im Rahmen des Integrationsmonitoring von der Fachstelle Migration der Stadt<br />
zusammengetragene Zahlenmaterial bietet hierfür zahlreiche Belege. Einige Beispiele<br />
daraus: Zwar zeigt sich noch ein gewisser Aufholbedarf bei den Bildungsabschlüssen.<br />
Aber immerhin sind fast 15 % aller Abiturienten in <strong>Rheine</strong> Schüler mit Migrationshintergrund<br />
sowie fast 18 % aller Real-und 38 % aller erfolgreichen Hauptschulabsolventen.<br />
Noch deutlicher ist der Bildungsfortschritt bei unseren Kleinen zu beschreiben. So zeigte<br />
sich bei der diesjährigen Schuleingangsuntersuchung des Gesundheitsamtes in <strong>Rheine</strong><br />
ein nur noch sehr geringer Unterschied im Sprachvermögen zwischen den Kindern ohne<br />
Migrationshintergrund und der Gesamtgruppe mit Migrationshintergrund. Konkret geht es<br />
hier um einen maximal erreichbaren Wert von 5,0 Punkten. Die beiden Gruppen erreichten<br />
Durchschnittswerte von 4,9 bzw. 4,6 Punkten. An dieser Stelle muss die erfolgreiche<br />
Arbeit der Kindertagesstätten ausdrücklich gewürdigt werden.<br />
Dieses Ergebnis wird im Gespräch von einem Grundschulleiter bestätigt, der bei einem<br />
Anteil von etwa 50 % Migranten in den Eingangsklassen keinen Unterschied im Sprachvermögen<br />
mehr ausmachen kann. Eine ähnliche Aussage galt auch für Schüler in den<br />
höheren Grundschulklassen, in denen der spezielle sprachliche Förderbedarf für beide<br />
Gruppen etwa gleich, d.h. vergleichsweise gleich gering sei.<br />
Zu ergänzen ist, dass es an Schulen in <strong>Rheine</strong> muttersprachlichen Unterricht in Arabisch,<br />
Portugiesisch, Russisch, Tamilisch und Türkisch gibt, was sprachliche Kompetenzen der<br />
Kinder und<br />
auch ihre emotionale Sicherheit stärkt. In diesem Zusammenhang ist die Initiative des<br />
Integrationsrates zu begrüßen, die darauf abzielt, dass die Stadtbibliothek in stärkerem<br />
Maße als bisher Medien auch in diesen Sprachen bereit stellt.<br />
Dieses an sich sehr positive Ergebnis muss allerdings relativiert und ergänzt werden.<br />
Nach Gesprächen mit weiteren Fachleuten „vor Ort“ ist festzuhalten, dass einige Bildungseinrichtungen<br />
in <strong>Rheine</strong> auch deutliche Unterschiede in der sprachlichen Kompetenz<br />
feststellen, so dass – nach meiner Einschätzung – die Gefahr einer Segregation, einer<br />
Spaltung besteht. Ich versuche, hier meine Informationen knapp zusammenzufassen:<br />
In zwei von mir besuchten Bildungseinrichtungen, beide mit einem Migrantenanteil von<br />
etwa 80 %, gibt es trotz nachhaltiger, intensiver Fördermaßnahmen bei den Altersgruppen<br />
bis zum 10. Lebensjahr weiterhin einen erhöhten Förderbedarf auf verschiedenen<br />
Feldern, nicht nur im sprachlich-kognitiven Bereich. Nicht wenige Kinder beherrschen mit<br />
drei Jahren weder die Muttersprache noch die deutsche Umgangssprache altersgemäß<br />
hinreichend. Selbst bei nachhaltiger Förderung auch im fortgeschrittenen Alter, sind bei<br />
einer Reihe von Kindern noch erhebliche Defizite, etwa im Satzbau, zu vermerken. Hintergrund<br />
sind hier aber auch die nicht unerheblichen Defizite in für Bildung nötigen Verhaltensmustern<br />
(„Sekundärtugenden“, Verlässlichkeit, Stetigkeit). Dazu kommt vor allem<br />
im Primar-und Sekundarbereich bei einigen Schülern eine auch in der Alltagssprache<br />
feststellbare latente Gewaltbereitschaft.<br />
Fachleute aus diesen Bildungseinrichtungen konstatieren auch, dass die Zusammenarbeit<br />
mit einer Reihe von Eltern vergleichsweise schwierig ist, teilweise auch, weil Sprachkompetenz<br />
fehlt. Religionsbedingte Missverständnisse oder Probleme erschienen den Gesprächen<br />
zufolge übrigens marginal.<br />
Seite 10/12
-4–<br />
Die dritte von mir besuchte Bildungseinrichtung, eine Hauptschule, wird von mehr als 40<br />
% Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund besucht. Eine besondere Herausforderung<br />
läge hier darin, dass auch während des Schuljahres gelegentlich Schüler<br />
ohne jegliche Deutschkenntnisse aufgenommen werden müssten. Diese sind besonders<br />
zu fördern. Ansonsten bestehe erhöhter Sprachförderbedarf bei etwa einem Viertel der<br />
Schülerschaft. Dafür ist eine zusätzliche Lehrerstelle zugewiesen. Auch die Volkshochschule<br />
<strong>Rheine</strong> unterstützt die Schule, was über einen längeren Zeitraum durchaus zu<br />
erkennbaren Erfolgen führe.<br />
Abgesehen von einem stärkeren Förderbedarf von Migranten in den Eingangsschuljahren<br />
gebe es – so betont der Schulleiter – keine spezifischen „Migrantenprobleme“, auch was<br />
etwa religiöse Fragen angehe. Dazu trage auch der islamische Religionsunterricht in<br />
deutscher Sprache bei.Hauptziel der Schule sei es, das Selbstwertgefühl der Schülerinnen<br />
und Schüler zu stabilisieren und sie fachlich wie sozial auf das Berufsleben vorzubereiten.<br />
Ausdrücklich betont der Schulleiter den Nutzen des gebundenen Ganztagsunterrichts, der<br />
neben der Entlastung der Kinder von Hausaufgaben auch ein breiteres Bildungsangebot<br />
ermögliche sowie deutliche Fortschritte im sozialen Lernen bringe. Im Übrigen sei zu unterstreichen,<br />
dass körperliche Gewalt im Schulleben keine bemerkenswerte Rolle spiele.<br />
Die Leiter der besuchten drei Bildungseinrichtungen wünschen sich vor allem eine Stärkung<br />
der Elternarbeit. Zur Stärkung dieser Arbeit gibt es verschiedene Initiativen der<br />
Stadt und anderer Träger, darunter erste Erfahrungen der städtischen Fachstelle Migration<br />
aus zwei „Elternkonferenzen“, die den Schluss nahe legen, dass die Eltern von zugewanderten<br />
Schülern durchaus am schulischen Erfolg ihrer Kinder interessiert sind, ihre<br />
Mitwirkungsmöglichkeiten aber noch nicht recht erkennen können. Weiter nenne ich eine<br />
gerade anlaufende Aktion mit „Kulturdolmetschern“ an einer Grundschule, die mithelfen<br />
sollen, Barrieren abzubauen, aber durchaus auch erfolgreiche Initiativen und Ansätze in<br />
verschiedenen Bildungseinrichtungen, Kindertagesstätten und Schulen. Auch der Integrationsrat<br />
wird sich diesem Ziel, Eltern in den Bildungsprozess ihrer Kinder einzubinden, in<br />
nächster Zeit verstärkt widmen. Gerade auf diesem Feld ist aber aller Erfahrung nach<br />
Geduld und Stetigkeit, Sensibilität und Toleranz in hohem Maße nötig.<br />
Auch die weitere sächliche wie personelle Stärkung der Ganztagsbildung vom frühen Vorschulalter<br />
an ist dringend erwünscht, etwa die Möglichkeit des Einsatzes von Sozialpädagogen<br />
auch in Grundschulen oder z.B. die Ausweitung der räumlichen Ressourcen in<br />
manchen Kindertagesstätten. Noch einmal: Es geht um Arbeit gegen soziale und räumliche<br />
Segregation, gegen Spaltung des gesellschaftlichen und räumlichen Zusammenhalts<br />
der Stadt <strong>Rheine</strong>.<br />
Nach meinen Besuchen in den drei Bildungseinrichtungen möchte ich nicht vergessen, die<br />
Menschen besonders hervorzuheben, die jeden Tag stundenlang mit jungen Menschen,<br />
manchmal sehr mühsam und mit Enttäuschungen verbunden, aber immer mit Freude<br />
und insgesamt sehr erfolgreich integrativ arbeiten, die Damen und Herren aus der Sozialarbeit,<br />
den Kindertagestätten, den Schulen und den angeschlossenen Betreuungseinrichtungen.<br />
Nur durch sie ist nachhaltige Integrationsarbeit möglich.<br />
Für mich derzeit nicht zu überschauen ist die Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund<br />
in die nachschulische Ausbildung. Ich vermag nicht zu sagen, ob die Zahlen<br />
der Stadtverwaltung und der der Stadt zugehörigen Einrichtungen repräsentativ sind,<br />
nach denen etwa 6 % der Ausbildungsstellen mit Migranten besetzt worden sind. Viele<br />
junge Migrantinnen und Migranten nutzen zunächst die Orientierungsangebote der Kreishandwerkerschaft,<br />
der CaritasAusbildungswerkstätten und des Berufskollegs. Viele machen<br />
dort auch eine überbetriebliche Ausbildung. Längst nicht allen gelingt es, auf dem<br />
allgemeinen Arbeitsmarkt eine Lehrstelle zu bekommen. Nicht selten finden sie sich in<br />
ungelernter Arbeit und in Leiharbeitsverhältnissen wieder.<br />
Seite 11/12
-5–<br />
Ausdrücklich an die jungen Migranten gerichtet ist hier die Aufforderung, sich nicht nur<br />
zu schulisch begleiteten Betriebspraktika in den Bereichen des öffentlichen Dienstes zu<br />
melden, sondern auch den Mut zu finden, sich dort zahlreich zu bewerben. Der öffentliche<br />
Dienst sollte aber auch z. B. in Stellenausschreibungen ausdrücklich darauf hinweisen,<br />
dass ihm Bewerber/innen mit Zuwanderungshintergrund willkommen sind.<br />
Wenn man von Hochschulen absieht, scheint es mir – vorsichtig formuliert -im gesamten<br />
nachschulischen Ausbildungsbereich noch einen Nachholbedarf mit dem Ziel der gleichberechtigten<br />
Teilhabe von Kindern mit Migrationshintergrund zu geben. Lotsen-und Patenschaftsprojekte,<br />
z.B. von der Stadtverwaltung und vom Caritasverband <strong>Rheine</strong> in Zusammenarbeit<br />
mit einigen Schulen initiiert und getragen, scheinen erste Ansätze zur<br />
Besserung der Entwicklung zu bieten, wenn sich auch die greifbaren Erfolge noch nicht<br />
zuverlässig einstellen. Auch auf diesem Feld scheinen neben der Fortsetzung der eingeleiteten<br />
Maßnahmen genauere Beobachtungen, wahrscheinlich auch viele Gespräche notwendig<br />
zu sein.<br />
Ein Aspekt noch liegt mir besonders am Herzen: Persönlich habe ich erfahren, dass ein<br />
Mensch, je weiter er in seiner letzten Lebensphase voranschreitet, sich immer stärker<br />
seiner Muttersprache, seiner Kindheits-und Jugenderlebnisse und seiner kulturellen und<br />
sprachlichen Prägung erinnert, und dass er dabei begleitet werden sollte. Nur vereinzelt<br />
sind Initiativen zur Begleitung älterer Menschen zu erkennen, die vielleicht vor Jahrzehnten<br />
zugewandert sind und nun in ihre letzte Lebensphase kommen. Die Zusammenarbeit<br />
der Fachstelle Migration mit dem Altenpflegeseminar an der Devesburgstraße und der<br />
städtischen Koordinationsstelle Seniorenarbeit sowie der Expertengesprächskreis des TaT<br />
zur Interessenslage von pflegebedürftigen Migranten sind erste Ansätze. Ich muss aber<br />
sicherlich niemanden überzeugen, dass sich hier zukünftig ein großes neues humanitäres<br />
Aufgabenfeld auftut, auf das wir uns rechtzeitig einstellen sollten, um Antworten und<br />
Wege bereit zu stellen, wenn das Thema offensichtlich wird.<br />
Frau Bürgermeisterin, meine Damen und Herren,<br />
<strong>Rheine</strong>, die Stadt, ihre wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung, wären<br />
ohne die Zuwanderer der letzten Jahrzehnte undenkbar. Angesichts des demographischen<br />
Wandels wird Zuwanderung volkswirtschaftlich notwendig bleiben, wahrscheinlich<br />
sogar in verstärktem Maße. Nur so werden wir den mit Hilfe der Zuwanderer erwirtschafteten<br />
Wohlstand wahren können.<br />
Integration von Zuwanderern bleibt daher eine gesamtgesellschaftliche Daueraufgabe,<br />
die wir geduldig und nachhaltig in den nächsten Jahrzehnten weiterhin wahrzunehmen<br />
haben.<br />
Wir müssen uns dabei über die Erwartungen klar werden: Von den Zuwanderern ist wie<br />
bisher zu erwarten, dass sie das deutsche Rechts-und das im Grundgesetz formulierte<br />
Wertesystem anerkennen, Deutsch als öffentliche Sprache akzeptabel erlernen und – wie<br />
ein Mitglied des Integrationsrates es neulich formulierte – die ihnen gebotenen gesellschaftlichen<br />
und wirtschaftlichen Chancen verantwortlich nutzen. Von uns, von den Einheimischen<br />
ist zu erwarten, dass wir den Migranten auf diesem Weg jede erdenklichen<br />
Förderung mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe bietet, auch, dass wir unterschiedliche<br />
„mitgebrachte“ Kulturen akzeptieren, dass wir jeden Zugewanderten als einzelnen<br />
Menschen wahrnehmen und anerkennen.<br />
In diesem Sinne wünsche ich eine gedeihliche Zusammenarbeit und danke für die Aufmerksamkeit.<br />
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