SONDERDRUCK - VITA Masterlab
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<strong>SONDERDRUCK</strong><br />
Sicher zur Ästhetik mit Gerüsten<br />
aus Zirkoniumdioxid<br />
Michael Tholey, Luc Rutten, Patrick Rutten<br />
überreicht durch:<br />
<strong>VITA</strong> Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG<br />
Postfach 1338<br />
D-79704 Bad Säckingen<br />
Telefon: +49 (0) 77 61 /562-0<br />
Telefax: +49 (0) 77 61 /562-299<br />
Internet: www.vita-zahnfabrik.com<br />
4<br />
37. Jahrgang<br />
April 2011
asics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Sicher zur Ästhetik mit Gerüsten<br />
aus Zirkoniumdioxid<br />
Michael Tholey, Luc Rutten, Patrick Rutten<br />
Zirkoniumdioxid wird bereits seit mehreren Jahrzehnten in der Orthopädie erfolgreich<br />
eingesetzt. 1,8,19 Seit Mitte der 90er-Jahre entstanden der Wunsch und auch die tatsächliche<br />
Möglichkeit, dieses Material zusätzlich noch für Zahnersatz einzusetzen. 13,14,15<br />
Abhängig vom Einsatzgebiet wird Zirkoniumdioxid vor allem als ästhetischer Ersatzwerkstoff<br />
für Metalllegierungen in der Zahnmedizin mit einem sehr breiten Anwendungsspektrum<br />
gesehen. Grundlage dieser Einschätzung sind die hervorragenden<br />
mechanischen Eigenschaften dieses Gerüstwerkstoffs. Er wurde sogar relativ lange als<br />
„keramischer Stahl“ bezeichnet. 6<br />
Diese Bezeichnung ist jedoch irreführend, was die Bearbeitung und das Handling der<br />
Restaurationen mit Zirkoniumdioxid betrifft. Zirkoniumdioxid besitzt zwar einen ähnlichen<br />
Elastizitätsmodul wie Kobalt-Chrom, also wie „Stahl“-Legierungen, jedoch verhält<br />
es sich in nahezu allen anderen Eigenschaften deutlich verschieden. So hat Zirkoniumdioxid<br />
eine Wärmeleitfähigkeit von ca. 1,5 W/K und kann als Isolator eingesetzt werden.<br />
Ganz im Gegensatz steht dies zu der hervorragenden Wärmeleitfähigkeit von ca. 100<br />
W/K der NEM- bzw. „Stahl“-Legierungen. Hochgoldhaltige Legierungen leiten sogar<br />
noch besser die Wärme (ca. 300 W/K).<br />
Zusammenfassung<br />
Zirkoniumdioxid ist als Gerüstwerkstoff<br />
mittlerweile auf dem<br />
Dentalmarkt etabliert. Es wird in<br />
allen Bereich als Ersatzwerkstoff<br />
für Metalle eingesetzt. Dabei<br />
werden besonders die Vorzüge<br />
in der Ästhetik gelobt und geschätzt.<br />
Jedoch irritieren viele<br />
Zahnärzte die Meldungen, dass<br />
Zirkoniumdioxid-Verblendungen<br />
Probleme wegen „Chipping“-<br />
Verhalten aufzeigen. Dies ist<br />
auch der Grund, warum immer<br />
noch mehr – laut GFK Zahlen<br />
– als 75 % der Versorgungen<br />
von Zahnersatzmaterialien<br />
auf Metallgerüsten sind. Dabei<br />
existieren einfache Methoden,<br />
diesen Problematiken entgegenzuwirken.<br />
Dazu gehören besonders<br />
die Präparation und das<br />
Einschleifen beim Zahnarzt und<br />
die Verblendschritte und Abkühlvorgänge<br />
der Verblendkeramik<br />
beim Zahntechniker.<br />
Indizes<br />
Zirkoniumdioxid, werkstoffgerechte<br />
Verarbeitung, Präparation,<br />
Gerüstdesign, Gerüstherstellung,<br />
Gerüstvorbereitung,<br />
Gerüstverblendung<br />
Einleitung<br />
460 Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469
Der Gerüstwerkstoff<br />
Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469<br />
basics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Zusätzlich wird im Gegensatz zu den Metallen bei Zirkoniumdioxid eine Lichttransmission<br />
erreicht, deshalb sind die optischen Eigenschaften und die helle Farbe für die<br />
Ästhetik der Restauration im Vergleich zu metallgetragenem Zahnersatz vorteilhaft. Die<br />
hervorragende Biokompatibilität und damit das nicht-allergene Verhalten des Zirkoniumdioxids<br />
ist für medizinische Anwendungen ein weiterer sehr kostbarer und wichtiger<br />
Vorteil. 7,8,18,20<br />
Ein Punkt bringt jedoch das ganze Thema des vollkeramischen Zahnersatzes mit Zirkoniumdioxid-Gerüsten<br />
in Verruf, das sogenannte „Chipping“. Ein Phänomen, welches<br />
scheinbar nur bei Zahnersatz mit Zirkoniumdioxid aufzutreten scheint, zumindest in<br />
diesem Maße. Es wird von einer Ausfallrate von bis zu 53 % gesprochen. Es basiert jedoch<br />
meistens auf Anwendungsfehlern durch Zahntechniker und auch Zahnärzte, die<br />
Zirkoniumdioxid wie metallgetragenen Zahnersatz benutzen und auch so behandeln.<br />
Ziel dieser Übersicht ist es, auf diese Problematiken hinzuweisen und zu zeigen, dass<br />
hochästhetischer Zahnersatz mit Zirkoniumdioxid sehr gut funktionieren kann. Jedoch<br />
beansprucht dieser kurze Überblick keine Vollständigkeit, da nicht alle Versagensfälle auf<br />
einem der genannten Punkte beruhen.<br />
Dichtgesintertes Zirkoniumdioxid weist im Vergleich zu anderen keramischen Gerüstwerkstoffen,<br />
z. B. auch anderen Oxidkeramiken wie Aluminiumoxid, mit Abstand die<br />
besten mechanischen Eigenschaften auf. 3,24 Grundlage dieser guten mechanischen Eigenschaften<br />
sind sehr feinkörnige Gefüge ohne Glasphase, die bei hohen Sintertemperaturen<br />
(> 1.400 °C) eine sehr hohe Dichte des Gefüges (> 6 g/cm 3 ) 13 entstehen lassen.<br />
Erreicht wird dies durch die Verwendung von sehr feinem Ausgangspulver („Nanopulver“)<br />
und ausgefeilten Produktionsprozessen, die nur wenige wirklich gut beherrschen.<br />
In der Zahnmedizin wird meistens Zirkoniumdioxid eingesetzt, welches sich in einem<br />
vorgesinterten Zustand befindet und später in einem speziellen Sinterofen noch endgesintert<br />
werden muss. Dies spart Arbeitszeit und auch Schleifkörper, da der Abtrag in<br />
diesem sogenannten Weißlingszustand schneller und effizienter ist.<br />
Zirkoniumdioxid wird nur mit Zugaben von stabilisierenden Oxiden, beispielsweise<br />
Yttrium-, Magnesium- oder Ceroxid, in der Zahnmedizin verwendet. Durch die Zugabe<br />
dieser Oxide entsteht ein teilstabilisiertes tetragonales Kristallgitter (PSZ – partly stabilized<br />
zirconia), welches auch bei Raumtemperatur stabil bleibt und sich nicht in ein<br />
monoklines Gitter umwandelt. 17<br />
Die größte Bedeutung in der Zahnmedizin hat zurzeit das teilstabilisierte Y-TZP, welches<br />
eine Stabilisierung auf Yttriumoxid-Basis hat. Genauer gesagt heißt es Yttria-Stabilized<br />
Tetragonal Zirconia Polycrystals-Alumina (Y-TZP-A). Hinter dem Namen verbirgt<br />
sich ein yttriumteilstabilisiertes Zirkoniumdioxid mit geringem Aluminiumoxidanteil.<br />
Die Festigkeit dieses Materials liegt deutlich über der Mindestanforderung für Zahnersatz,<br />
jedoch altert freiliegendes Zirkoniumdioxid mit den Jahren durch Hydrolyse-<br />
Vorgänge mit dem Speichel und verliert dadurch an Festigkeit. Der geringe Anteil an<br />
Aluminiumoxid dient dazu, diesen Alterungsvorgang zu hemmen. Nachteil der Aluminiumoxidbeigabe<br />
ist allerdings, dass die Transluzenz etwas geringer ist als bei reinem<br />
Zirkoniumdioxid. Deshalb haben bereits einige Firmen Zirkoniumdioxid ohne diese Aluminiumoxidbeigabe<br />
in ihrem Programm. Inwieweit sich dies klinisch auswirken wird, ist<br />
dagegen noch nicht vollends wissenschaftlich geklärt.<br />
461
asics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Die hohe Biegefestigkeit (> 900 MPa) und hohe Bruchzähigkeit (> 5,6 MPa*m^1/2)<br />
des Zirkoniumdioxids werden durch eine sogenannte Transformationsverfestigung erreicht.<br />
16,18 Grundlage dieses Verstärkungsmechanismus ist eine Phasenumwandlung<br />
beim Auftreten eines sich ausdehnenden Risses, also einer äußeren Spannung. Dabei<br />
wandeln sich im Bereich der Rissspitze, der Spannungsspitze, Kristallite von der tetragonalen<br />
in die monokline Form um, verbunden mit einer Volumenzunahme von ca. 4 %.<br />
Dadurch wird eine weitere Rissausbreitung erschwert. 16 Diese spezifischen Eigenschaften<br />
machen das Material höchst belastbar und verschleißfest.<br />
Grundlage für jeden herzustellenden Zahnersatz bildet die Behandlung und damit verbunden<br />
der Befund, den der Zahnarzt bei einem Patienten stellt. Vergleicht man nun<br />
die Präparationsempfehlungen für vollkeramische Kronen mit denen für Metallkeramikkronen,<br />
so wird in der Vollkeramik nach einer klar definierten Präparationsgrenze (Hohlkehle<br />
oder Stufe) verlangt. 9 Gerundete Präparationsformen werden zwar auch für die<br />
Metallkeramik empfohlen, für Kronen aus Zirkoniumdioxid ist diese Forderung wegen<br />
möglicher lokaler Spannungsspitzen jedoch entscheidend für eine funktionierende Restauration.<br />
Wenn dieser Punkt nicht angemessen beachtet wird, ist eine optimale Grundlage<br />
für den Zahntechniker und damit auch für den Zahnersatz im Mund des Patienten<br />
nicht mehr gegeben.<br />
Eine Studie der Firma DeguDent, Hanau, zusammen mit Prof. Kerschbaum von der<br />
Universität Köln zeigte deutlich, 5,10 dass der behandelnde Zahnarzt einen sehr hohen<br />
Einfluss auf das Gelingen der späteren Restauration hat. Kerschbaum belegte mit seiner<br />
Gruppe, dass bei drei behandelnden Zahnärzten und dem gleichen Dentallabor ein<br />
Zahnarzt extrem hohe Verluste beim Zahnersatz hatte (> 15 %). Die beiden anderen<br />
behandelnden Zahnärzte befanden sich mit einer 4%igen Verlustrate in dem Bereich,<br />
wie er aus der Metallkeramik bekannt ist. Somit wird deutlich, inwieweit ein Zahnarzt<br />
auf das Gelingen bei Zahnersatz mit Zirkoniumdioxid-Basis Einfluss nehmen kann.<br />
Die Schritte, die ein Zahntechniker beachten sollte, um ein optimales Ergebnis zu erzielen,<br />
sind sogar noch vielschichtiger gelagert und beginnen schon mit dem Modell, was<br />
jedoch für alle Restaurationsarten gilt und deshalb hier nicht weiter Beachtung findet.<br />
Nachdem das Modell erstellt ist, muss die Gerüstkonstruktion designt werden. Das<br />
Gerüst sollte mittels der CAD/CAM-Software eine verkleinerte anatomische Zahnform<br />
darstellen, sodass die Verblendkeramik nicht dicker als 1 bis 1,5 mm 9 geschichtet werden<br />
darf. Wichtig ist zuerst die korrekte Zahnposition (Länge, Breite, Lippenunterstützung<br />
etc.) zu bestimmen, die dann als Basis für die Herstellung des Gerüsts dient. Ein<br />
Wax-up kann dabei genauso helfen wie bei der klassischen Gerüstkonstruktion, wie der<br />
Fall in Abbildung 1 zeigt. Hier wurde mittels der Nobel Procera Software (Nobel Biocare,<br />
Köln) eingescannt und das Design der Brücke entworfen.<br />
Studien haben gezeigt, dass durch die anatomische Gerüstgestaltung die Gefahr des<br />
„Chippings“ deutlich verringert wird. Der Durchmesser der Abplatzungen wird verkleinert<br />
und es wird auch eine höhere Kraft verlangt, die auf die Verblendung einwirkt, um<br />
Risse und damit Brüche einzuleiten. 9,10,21,25<br />
Die Präparation<br />
Gerüstdesign<br />
462 Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469
Abb. 1 Die Konstruktion einer anatomisch unterstützenden Gerüstform<br />
mit dem Nobel Procera Scanner und Wax-up.<br />
Gerüstherstellung<br />
Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469<br />
basics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Abb. 2 Das Beschleifen des Zirkoniumdioxidgerüsts mittels einer<br />
wassergekühlten Turbine.<br />
Nach dem Design und auch dem Schleifvorgang der Maschine muss Zirkoniumdioxid<br />
endgesintert werden, um seine materialspezifischen Eigenschaften zu erreichen. Beim<br />
Sintervorgang können sich Zirkoniumdioxid-Gerüste verziehen und müssen deshalb abgestützt<br />
werden. Gefahr bei der Abstützung besteht z. B. bei den Sinterkugeln. Diese<br />
können sich beim Sinterschrumpf in dem Gerüst festsetzen und dadurch Probleme verursachen.<br />
Bei anderen Methoden, z. B. Stiften, die beim Schleifvorgang zur Unterstützung<br />
stehenbleiben, muss das Gerüst vor den folgenden Schritten nochmals beschliffen<br />
werden. Dieser Punkt ist für jeden Zahntechniker irrelevant, der sich seine Gerüste aus<br />
einem Fräszentrum schicken lässt.<br />
Falls an einem Gerüst geschliffen werden muss, sei es z. B. um okklusale Stellen noch<br />
zu optimieren oder um die besagten Trägerstifte vom Sintervorgang wegzubekommen,<br />
sollte darauf geachtet werden, dass nur wenig Anpressdruck und möglichst eine wassergekühlte<br />
Turbine wie in Abbildung 2 eingesetzt wird. Der Grund dafür ist, dass durch<br />
diese relativ „vorsichtige“ Bearbeitung sowohl die Beeinträchtigung als auch die Umwandlung<br />
von der tetragonalen zur monoklinen Kristallgitterstruktur der Oberfläche des<br />
Zirkoniumdioxids gering bleiben. 4<br />
Das eingesetzte Zirkoniumdioxid muss speziell auf die jeweilige CAD/CAM-Maschine<br />
eingestellt sein, da z. B. Vorschub und Drehgeschwindigkeit bei jeder Maschine anders<br />
sind. Die einzelnen Parameter der Maschine müssen auf jedes Produkt abgestimmt sein.<br />
Das übernimmt in den meisten Fällen der Maschinenhersteller zusammen mit den zugelassenen<br />
Materiallieferanten.<br />
Der Sinterprozess und damit die kompletten Eigenschaften sind auch auf jeden Block<br />
bzw. jede Charge speziell eingestellt worden. Der Sinterschrumpf, die Korngröße und<br />
auch die Transluzenz ebenso wie die physikalischen Parameter, z. B. die Biegefestigkeit,<br />
sind abhängig davon. Jeder Hersteller von Zirkoniumdioxid stellt seine Blöcke und Discs<br />
so ein, dass seine angegebenen Parameter erreicht werden, wenn der dafür vorgesehene<br />
Sintervorgang durchgeführt wird.<br />
Der Sinterofen sollte deshalb den Angaben der einzelnen Hersteller entsprechend<br />
programmierbar sein, da jeder Hersteller unterschiedliche Sinterprogramme benötigt,<br />
463
asics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Abb. 3 Die mit 130 µm bei 3 bar sandgestrahlte Zirkoniumdioxid-Oberfläche.<br />
Abb. 4 Die gesinterte Oberfläche des Zirkoniumdioxids.<br />
um seine Werte zu erreichen. Jeder Sinterofen, genau wie jeder Porzellanbrennofen,<br />
sollte zumindest einmal im Monat dahingehend überprüft werden, ob er diese Temperaturen<br />
auch wirklich erreichen kann. Dieser Punkt ist ebenso wichtig für alle Verblendkeramiken,<br />
um auch hierbei die optimale Farbbrillanz, Transluzenz und Transparenz zu<br />
gewährleisten.<br />
Nachdem das Gerüst dann entsprechend der Herstelleranweisung fertiggestellt wurde,<br />
fängt die eigentliche Kunst der Zahntechnik an. Das Verblenden benötigt dabei mehrere<br />
Schritte. Schritt 1 stellt hierbei die Gerüstvorbereitung dar.<br />
Von der Metallkeramik ist bekannt, dass die Gerüstoberfläche sandgestrahlt werden<br />
muss, um eine optimale mechanische Verzahnung zur Verblendkeramik zu erreichen. In<br />
der Vollkeramik, speziell beim Thema Zirkoniumdioxid, ist ein Sandstrahlvorgang nicht<br />
notwendig, 4 da die Gerüstoberfläche schon selbst so uneben (Abb. 3) ist, dass ihre<br />
Rauhigkeit sogar größer ist als bei einer sandgestrahlten Oberfläche (Abb. 4). Allerdings<br />
ist sie wegen der Zirkoniumdioxidkörnerbildung nicht so scharfkantig wie eine sandgestrahlte<br />
Oberfläche.<br />
Jeder Hersteller hat hier andere Angaben, was viele Zahntechniker verwirrt. Fakt ist<br />
jedoch, dass durch ein Sandstrahlen oder Beschleifen die Oberfläche des Zirkoniumdioxids<br />
von der tetragonalen Kristallform in die monokline umgewandelt wird. Dieser<br />
Gerüstvorbereitung<br />
464 Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469
Das Verblenden<br />
Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469<br />
basics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Vorgang ist außerdem verbunden mit einem WAK (Wärmeausdehnung) -Sprung von<br />
10,5 *10 −6 *K −1 auf 7,8 *10 −6 *K −1 , was dann andere Spannungsverhältnisse zwischen<br />
Verblendkeramik und Gerüst bedeutet. 20,23<br />
Deshalb neigen einige Firmen dazu, nach dem Beschleifen und Sandstrahlen eines<br />
Zirkoniumdioxid-Gerüsts einen sogenannten Regenerationsbrand zu empfehlen, um<br />
aus der entstandenen monoklinen wieder eine tetragonale Oberfläche zu machen. Dieser<br />
Regenerationsbrand sollte durchgeführt werden, um extreme WAK-Spannungen<br />
zwischen Gerüst und Verblendkeramik zu vermeiden.<br />
Der Verblendvorgang sollte nach den Anweisungen der Hersteller erfolgen, da es auch<br />
hier unterschiedliche Meinungen gibt. Nicht alle Verblendkeramiken verhalten sich gleichermaßen,<br />
was mit der Zusammensetzung und damit den chemischen und physikalischen<br />
Eigenschaften zu erklären ist. So verlangen mittlerweile die meisten Unternehmen<br />
eine langsame Abkühlung der Verblendkeramik bis unterhalb der Glastransformationstemperatur,<br />
andere Firmen sind der Meinung, dass dieser Punkt nicht notwendig ist.<br />
Zirkoniumdioxid ist ein ähnlich schlechter Wärmeleiter wie die Verblendkeramik. Dies<br />
bedeutet, dass die Spannungsverhältnisse in der Verblendkeramik anders sind als bei<br />
Zahnersatz, bei dem die Gerüste aus den guten Wärmeleitern, aus Metalllegierungen,<br />
sind. 11,12,22 Die Abkühlung bei metallgetragenem Zahnersatz erfolgt vor allem und<br />
dazu noch homogen über die Metalle und nicht über die Verblendkeramik, 11 was dann<br />
zu der unterschiedlichen Spannungsverteilung innerhalb der Verblendkeramik führt.<br />
Abbildung 5 präsentiert einen Zwischenschritt des Verblendungsprozesses. Eingesetzt<br />
wurde die <strong>VITA</strong> VM9 auf Nobel Procera Zirkoniumdioxid. Bei diesem Brand ist eine<br />
langsame Abkühlung noch nicht notwendig. Da es sich in diesem Fall (siehe Abb. 5)<br />
allerdings um eine „Full-Arch“ (14-gliedrige) -Konstruktion handelt, wurde wegen der<br />
großen Masse an Zirkoniumdioxid langsamer (40 °C/min.) auf Endtemperatur erhitzt<br />
und auch bei allen Schritten die Abkühlung verlangsamt.<br />
Fakt ist, dass durch eine langsamere Abkühlung bis unterhalb der Glastransformationstemperatur<br />
(ist bei jeder Verblendkeramik verschieden!) weniger Spannungen im<br />
Glas bzw. in der Verblendkeramik auftreten und dadurch die Anfälligkeit der Verblendkeramik<br />
auf äußere Krafteinwirkung geringer wird. Während jedes Brandvorgangs durchläuft<br />
die Verblendkeramik oberhalb der Glastransformationstemperatur wieder eine<br />
weichere Phase, dadurch können sich in jedem Brand Spannungen wieder abbauen<br />
und somit ist der langsame Abkühlvorgang nur im letzten Brand notwendig und entscheidend.<br />
5,10,22<br />
Der letzte Brand kann der letzte Korrekturbrand mit Keramikmasse sein, so wie er in<br />
Abbildung 6 dargestellt ist. Dies gilt für die Zahntechniker, die eine Politur gegenüber<br />
einem Glanzbrand bevorzugen. Wird jedoch ein Glanzbrand vorgenommen, ist dieser<br />
als letzter und damit als Brand mit langsamer Abkühlung zu sehen.<br />
Da in diesem WAK-Bereich auch die Anzahl der Leuzitkristalle innerhalb der Keramik<br />
nur sehr gering ist (ca. 4 bis 5 Vol%), ist auch die Angst, dass sich der WAK zu sehr<br />
verändert, unbegründet. Verblendkeramiken ohne Leuzitkristalle verhalten sich ähnlich.<br />
Genauso ist ein Verlust der eingeschliffenen Textur in der Oberfläche der Verblendkeramik<br />
durch das nur kurze Erreichen der Endtemperatur bei den meisten Verblendkeramiken<br />
nicht zu beobachten.<br />
465
asics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Abb. 5 Die Schichtung auf der Zirkoniumdioxid-Konstruktion mit<br />
<strong>VITA</strong> VM9.<br />
Abb. 6 Der Korrekturbrand mit <strong>VITA</strong> VM9.<br />
Der Verbund zwischen Zirkoniumdioxid und Verblendkeramik wird in zahntechnischen<br />
und zahnmedizinischen Foren oft heiß diskutiert. Der mechanische Verbund bei Gerüsten<br />
aus Metall und aus Zirkoniumdioxid ist aber absolut vergleichbar, wie anhand der<br />
Rauhigkeit in Abbildung 4 zu sehen ist. Auch hier krallt die Verblendkeramik sich im<br />
ersten Brand in den Unterschnitten fest, genau wie der Opakerbrand auf der sandgestrahlten<br />
Metalloberfläche. Es ist dabei darauf zu achten, dass diese erste Schicht relativ<br />
dünn aufgetragen wird und so hoch gebrannt wird, dass sie problemlos in diese Unterschnitte<br />
fließen kann. 23<br />
Da bei einem Verbundtest die Verblendkeramik von dem Gerüstmaterial Zirkoniumdioxid<br />
nicht zu trennen ist und immer etwas Verblendkeramik auf dem Gerüst anhaften<br />
bleibt, bedeutet dies, dass der Verbund exzellent ist. Er ist folglich sogar besser als in<br />
der Metallkeramik. In der Metallkeramik können Gerüst und Verblendkeramik nämlich<br />
voneinander getrennt werden, z. B. mit dem Schwickerath-Test (ISO 9693). Dieses Testverfahren<br />
funktioniert in der Vollkeramik nicht, obwohl es Inhalt einiger Studien ist. Der<br />
Rissverlauf erfolgt allein in der Verblendkeramik, sodass zwar irgendwelche Spannungen<br />
darin gemessen werden können, jedoch nicht der Verbund. 23<br />
In Abbildung 7 „tanzt“ der Rissverlauf praktisch auf der sandgestrahlten Oberfläche<br />
des Metalls, nur die in den Unterschnitten befindliche Verblendkeramik bleibt noch an<br />
der Legierung haften. Abbildung 8 zeigt dagegen den Rissverlauf nur in der Verblendkeramik,<br />
das darunter liegende Zirkoniumdioxid wird nicht berührt.<br />
Laut gemeinhin geltenden Aussagen soll es sogar zwischen Metall und Verblendkeramik<br />
einen chemischen Verbund über Sauerstoffbrückenbindungen geben. Trotzdem<br />
kann man mittels Testverfahren die beiden Schichten voneinander trennen, bei der<br />
Vollkeramik mit Zirkoniumdioxidgerüst ist dies jedoch nicht möglich, obwohl hier von<br />
einem chemischen Vorgang nur selten gesprochen wird.<br />
Ist der Zahnersatz dann im zahntechnischen Labor fertiggestellt, überprüft der Zahnarzt<br />
noch die endgültige Okklusion direkt im Mund des Patienten. In den meisten Fällen<br />
kommt es dann noch zu kleinen Optimierungen mit Schleifkörpern an der Verblendke-<br />
Der Verbund<br />
Inserieren des<br />
Zahnersatzes<br />
466 Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469
asics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Abb. 7 Der Rissverlauf beim Metallverbund. Abb. 8 Der Riss verläuft innerhalb der Verblendkeramik, das<br />
Zirkoniumdioxid-Gerüst wird nicht berührt.<br />
Abb. 9 Die mit einem Diamanten eingeschliffene Oberfläche<br />
einer Verblendung.<br />
Fazit<br />
Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469<br />
Abb. 10 Die glasierte Oberfläche einer Verblendung.<br />
ramikoberfläche, um störende Stellen zu entfernen. Das Einschleifen im Mund bedeutet<br />
allerdings, dass die glatte, glänzende Oberfläche der Verblendkeramik (Abb. 10) mit<br />
diesen Schleifkörpern angeraut wird. Sollten diese Rauhigkeiten (Abb. 9) dann nicht<br />
mehr durch einen Glanzbrand oder eine Politur entfernt werden, entstehen mehrere<br />
mögliche Rissauslöser auf der Oberfläche der Verblendkeramik. Jeder Schliff hinterlässt<br />
scharfe Kanten und Spuren (vgl. Abb. 9), was dann eine erhöhte Frakturgefahr beinhaltet.<br />
Deshalb sollte jeder Zahnarzt nach dem Okklusions-Optimierungs-Vorgang diese<br />
Stelle wieder einem Glanzbrand unterziehen oder zumindest polieren. 9<br />
Zahnersatz mit Gerüsten aus Zirkoniumdioxid kann perfekt funktionieren und hat nicht<br />
mit mehr Ausfällen als metallgetragener Zahnersatz zu rechnen. Jedoch sollte man dafür<br />
bei der Be- und Verarbeitung seine Gewohnheiten diesem Gerüstwerkstoff anpassen.<br />
467
asics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
Der Slogan „Think Ceramic“ (P. Pospiech) umfasst dabei eigentlich alle Eventualitäten.<br />
So sollte der Zahnarzt besonderen Wert auf das vollkeramikgerechte Präparieren und<br />
das spätere Inserieren mit Adjustieren der Okklusion legen.<br />
Die Zahntechniker sollten auf die anatomisch unterstützende Gerüstform achten und<br />
zumindest beim letzten Keramikverblendungsschritt die Arbeit langsam unterhalb der<br />
Glastransformationstemperatur abkühlen lassen. Dann kann ein langlebiges Resultat mit<br />
Gerüsten aus Zirkoniumdioxid erzielt werden.<br />
Dass Zahnersatz mit Zirkoniumdioxid-Gerüsten ästhetisch bessere Ergebnisse als<br />
metallgetragener Zahnersatz erzielen kann, ist schon mehrfach bewiesen worden. Als<br />
Beispiel dient dazu der in Abbildung 11 dargestellte Fall einer sogenannten „Full-Arch“-<br />
Versorgung von Dr. Iñaki Gamborena aus San Sebastian in Spanien. Hier funktionierte<br />
nicht nur die Kommunikation zwischen Zahnarzt und Zahntechniker perfekt, sondern es<br />
wurde auch bewiesen, dass heute selbst Entfernungen zwischen Belgien (Standort des<br />
Labors der Rutten-Brüder) und Spanien keine Rolle für die Ästhetik und Funktionalität<br />
einer Versorgung spielen.<br />
1. Bär G. Der Werkstoff, der alles möglich macht? Kritische Betrachtungen zu Zirkondioxid und dem<br />
Verblenden metallfreier Gerüste. Zahntech Magazin 2007;11,3:90-96.<br />
2. Cales B, Stefani Y, Lilley E. Long-term in vivo and in vitro aging of a zirconia ceramic used in orthopaedy.<br />
J Biomed Mater Res 1994;28:619-624.<br />
3. Christel P, Meunier A, Heller M, Torre JP, Peille CN (1989). Mechanical properties and short-term<br />
in-vivo evaluation of yttrium-oxide-partially-stabilized zirconia. JBiomed Mater Res 1989;23:45-61.<br />
4. Coldea A, Stephan M, Tholey MJ, Thiel N. Untersuchung des Einflusses verschiedener Keramikschleifersysteme<br />
auf Zirkoniumdioxid. Quintessenz Zahntech 2009;35:470-483.<br />
5. Degudent. Richtig gerechnet statt mutig geraten bringt Verblendung von Zirkondioxidgerüsten<br />
auf Metallkeramikniveau. DZW 2009, Sonderdruck der Ausgabe 10/09 vom 04.03.2009.<br />
6. Garvie RC, Hannink RH, Pascoe RT (1975). Ceramic steel? Nature 1975;258:703-704.<br />
7. Garvie RC, Urbani C, Kennedy D, McNeuer (1984). Biocompatibility of magnesia partially stabilized<br />
zirconia ceramics. J Mater Sci 1984;19:3224-3228.<br />
8. Hannouche D, Hamadouche M, Nizard R, Bizot P, Meunier A, Sedel L. Ceramics in total hip replacement.<br />
Clin Orthop Relat Res 2005;430:62-71.<br />
9. Kern M, Pospiech P, Mehl A, Frankenberger R, Reiss B, Wiedhahn K, Kunzelmann KH. Vollkeramik<br />
auf einen Blick. Ettlingen: Arbeitsgemeinschaft für Keramik in der Zahnheilkunde e.V., 2008.<br />
10. Kerschbaum T, Faber F J, Noll F J, Keiner M, Hürther W, Schumacher S, Keller E. Komplikationen<br />
von Cercon-Restaurationen in den ersten 5 Jahren. Dtsch Zahnärztl Z 2009;2:81-89.<br />
Abb. 11 Die fertige Arbeit,<br />
eingegliedert und fotografiert<br />
von Dr. Iñaki Gamborena, San<br />
Sebastian, Spanien.<br />
Literatur<br />
468 Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469
Quintessenz Zahntech 2011;37(4):460-469<br />
basics<br />
Zirkoniumdioxid<br />
11. Lenz J, Thies M, Schweizerhof, K. Wärmespannungen in metallkeramischen Kronen: Brennen in<br />
Schichten. Teamwork Interdis J Proth 2001;4:416-433.<br />
12. Lenz J, Thies M, Schweizerhof K, Rong Q. Thermal stresses in ceramometallic crowns: firing in<br />
layers. Chin J Dent Res 2002;5:5-24.<br />
13. Luthardt R, Rudolph H, Quaas S, Holzhüter M, Walter M. Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften<br />
von Zirkondioxid-Keramik bei simulierter Kronenfertigung [The Influence of Simulated<br />
Crown Manufacturing on the Mechanical Properties of Zirconia Ceramics]. Biomater 2004;5:81.<br />
14. Luthardt RG, Musil R. Hochleistungskeramik und CAD/CAM-Technologie in der Zahnmedizin:<br />
Zur Frage der dentaltechnologischen Bearbeitbarkeit von Zirkondioxid-Keramik. Swiss Dent<br />
1996;11:37-41.<br />
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Dipl.-Ing. (FH) Michael Tholey, Vita Zahnfabrik<br />
Spitalgasse 3, 79713 Bad Säckingen<br />
E-Mail: m.tholey@vita-zahnfabrik.com<br />
Luc und Patric Rutten, Dental Team BVBA<br />
Neerstraat 167, 3980 Tessenderlo, Belgien<br />
E-Mail: dental.team@scarlet.be<br />
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3414D-0911(2.)QZ<br />
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