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Text & Bilder - Physik - Universität Regensburg

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Übergang zu turbulenter Strömung<br />

um eine oszillierende Mikrokugel<br />

in suprafluidem Helium-4<br />

und<br />

Viskosität von dünnen 3 He- 4 He-Mischungen<br />

bei sehr tiefen Temperaturen<br />

DISSERTATION<br />

zur Erlangung des Doktorgrades<br />

der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)<br />

der<br />

Naturwissenschaftlichen Fakultät II - <strong>Physik</strong><br />

der <strong>Universität</strong> <strong>Regensburg</strong><br />

vorgelegt von<br />

Michael Niemetz<br />

aus Waldmünchen<br />

Dezember 2000


Diese Arbeit wurde angeleitet von Prof. Dr. W. Schoepe<br />

Promotionsgesuch eingereicht am 13. Dezember 2000.<br />

Promotionskolloquium fand am 31. Januar 2001 statt.<br />

Prüfungsausschuß: Prof. Dr. J. Keller (Vorsitzender)<br />

Prof. Dr. W. Schoepe (Erstgutachter)<br />

Prof. Dr. J. Zweck (Zweitgutachter)<br />

Prof. Dr. M. Maier (Prüfer)


Überblick<br />

In dieser Arbeit wird der Übergang von laminarer zu<br />

turbulenter Strömung in suprafluidem Helium ( 4 He) bei<br />

Temperaturen unter 500 mK experimentell untersucht.<br />

Hierfür wird eine magnetische Mikrokugel, die zwischen<br />

zwei in der Supraflüssigkeit horizontal angeordneten supraleitenden<br />

Elektroden in einer Gleichgewichtslage levitiert,<br />

berührungslos zu vertikalen Oszillationen angeregt.<br />

Die Bedämpfung dieser Oszillationen durch die<br />

Supraflüssigkeit wird gemessen und ermöglicht Rückschlüsse<br />

auf die Strömungsform.<br />

Es ergibt sich zwischen den Bereichen stabiler laminarer<br />

bzw. turbulenter Strömung ein Übergangsbereich, in dem<br />

das System intermittentes Schalten zwischen beiden Strömungsformen<br />

zeigt. Dieser Bereich wird mit Methoden<br />

der Zuverlässigkeitstheorie statistisch untersucht.<br />

Im Regime laminarer Strömung eignet sich der experimentelle<br />

Aufbau als empfindliches Viskosimeter. Der<br />

zweite Teil der Arbeit beschreibt die Ergebnisse von Viskositätsmessungen<br />

an dünnen 3 He- 4 He-Mischungen (bis<br />

zu 2 % 3 He-Anteil).


Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung 13<br />

1 Grundlagen 19<br />

1.1 Klassische Flüssigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

1.1.1 Laminare Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

1.1.2 Turbulente Strömung . . . . . . . . . . . . . . . 20<br />

1.1.3 Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

1.2 Suprafluides 4 He . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

1.2.1 4 He im Millikelvin-Bereich . . . . . . . . . . . . 27<br />

1.2.2 Flußwirbel und Turbulenz . . . . . . . . . . . . . 30<br />

1.2.3 Übergang zwischen laminarer und turbulenter<br />

Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32<br />

1.3 Die gedämpft oszillierende Mikrokugel . . . . . . . . . 33<br />

1.3.1 Nichtlineare Oszillationen . . . . . . . . . . . . . 33<br />

1.3.2 Energiebilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

1.3.3 Laminare Strömung . . . . . . . . . . . . . . . . 34<br />

1.3.4 Turbulente Strömung . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

1.4 3 He- 4 He-Mischungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

1.4.1 Ballistisches Regime . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />

1.4.2 Hydrodynamisches Regime . . . . . . . . . . . . 38<br />

1.4.3 Viskosität und freie Weglänge . . . . . . . . . . . 38<br />

1.5 Begriffe aus der Zuverlässigkeitstheorie . . . . . . . . . 39<br />

1.5.1 Zuverlässigkeitsfunktion . . . . . . . . . . . . . 39


10 Inhaltsverzeichnis<br />

1.5.2 Ausfallrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

1.5.3 Verteilungsdichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

1.5.4 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />

2 Experimenteller Aufbau 47<br />

2.1 Meßmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47<br />

2.1.1 Präparation des Experiments . . . . . . . . . . . 49<br />

2.1.2 Meßvorgang, Meßgrößen und Parameter . . . . 53<br />

2.1.3 Ladungsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . 56<br />

2.1.4 Herstellung von 3 He- 4 He-Mischungen . . . . . 57<br />

2.2 Aufbau der Meßzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

2.2.1 Die Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

2.2.2 Meßzelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

2.2.3 Einbau der Meßzelle . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

2.2.4 Die radioaktive Quelle . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

2.3 Elektrische Beschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

2.3.1 Spannungsquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

2.3.2 Elektrometerverstärker . . . . . . . . . . . . . . 70<br />

2.3.3 Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

2.3.4 Phasenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74<br />

2.3.5 Meßdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

2.3.6 Thermometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

3 Meßergebnisse und Interpretation 79<br />

3.1 Laminarer Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

3.2 Turbulenter Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

3.3 Bereich des intermittenten Schaltens . . . . . . . . . . . 87<br />

3.3.1 Analyse der Phasen turbulenter Strömung . . . 92<br />

3.3.2 Analyse der Phasen laminarer Strömung . . . . 96<br />

3.3.3 Einfluß radioaktiver Strahlung . . . . . . . . . . 105<br />

3.3.4 Übergang zur Hysterese . . . . . . . . . . . . . . 109<br />

3.4 3 He- 4 He-Mischungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

3.4.1 Einfluß der 3 He- 4 He-Konzentration auf den<br />

Übergang zur Turbulenz . . . . . . . . . . . . . . 113<br />

3.4.2 Viskositätsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . 115


Inhaltsverzeichnis 11<br />

Zusammenfassung und Ausblick 127<br />

Anhang 133<br />

A Konstanten und Bezeichnungen . . . . . . . . . . . . . . 133<br />

A.1 Verschiedene Bezeichnungen . . . . . . . . . . . 133<br />

A.2 Helium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134<br />

Literaturverzeichnis 135<br />

Abbildungsverzeichnis 141


12 Inhaltsverzeichnis


Einleitung<br />

Die turbulente Strömung von Gasen und<br />

Flüssigkeiten ist für das alltägliche Leben<br />

von großer Bedeutung. Besonders bekannt<br />

sind die atmosphärischen Turbulenzen, welche<br />

den Luftverkehr beeinträchtigen oder sogar<br />

gefährden und als eindrucksvolle Wolkenwirbel<br />

in Tiefdruckgebieten oder verhee- Abbildung 1:<br />

renden Wirbelstürmen auftreten. Da die Wol- kleiner Wirbelsturm<br />

ken gewissermaßen als natürlicher ‚Markierstoff‘ dienen, bieten die<br />

Vorgänge in der Atmosphäre günstige Gelegenheiten zur Beobachtung<br />

der komplexen und vielfältigen Strömungsverhältnisse, die bei<br />

turbulenten Strömungen auftreten können (s. auch Abbildungen in<br />

diesem Abschnitt).<br />

Auch in kleineren Dimensionen zieht das<br />

Auftreten von Turbulenz Konsequenzen nach<br />

sich. So ist sie beispielsweise von zentraler Bedeutung<br />

für den Reibungswiderstand von bewegten<br />

Land- und Seefahrzeugen. Ein genaues<br />

Verständnis der Bedingungen, unter denen<br />

Abb. 2: Sturmtief Turbulenz entsteht, bildet daher eine Grundlage<br />

für die Reduzierung des Energiebedarfs<br />

von Transportmitteln aller Art. Auch in der Verfahrenstechnik, Medizin,<br />

Biologie und der Meteorologie spielt die Turbulenz eine wichtige<br />

Rolle.


14 Einleitung<br />

Ungeachtet dieser großen Bedeutung<br />

— und der entsprechend intensiven<br />

Forschungsbemühungen — hat sich<br />

das Phänomen der Turbulenz einem<br />

vollständigen Verständnis bisher entzogen,<br />

auch wenn für spezielle Systeme<br />

in bestimmten Parameterbereichen<br />

umfassende empirische Erfahrungen<br />

vorliegen. Einige wenige dieser<br />

Erkenntnisse werden kurz in Kapitel<br />

1 erwähnt. Dabei wird auch der<br />

Übergang von laminarer zu turbulenter<br />

Strömung in klassischen viskosen<br />

Flüssigkeiten beschrieben, bei dem<br />

sich einzelne Wirbel von der Oberfläche<br />

eines umströmten Objekts ablösen.<br />

Dies ist auch in nebenstehender Satellitenaufnahme<br />

der Kapverdischen Inseln<br />

zu beobachten: auf der windabgewandten<br />

Seite der Inseln (untere Bildhälfte)<br />

sind sehr schön die Verwirbelungen<br />

in der Wolkendecke zu erkennen.<br />

Abbildung 3: Wirbelstraße<br />

im Lee der Kapverdischen<br />

Inseln<br />

Alle zur Verfügung stehenden klassischen<br />

Medien weisen eine endliche<br />

Viskosität auf, so daß sich der überwiegende<br />

Teil der bisherigen Experimente<br />

und theoretischen Erkenntnisse auf<br />

viskose Strömungen beschränkt. Aller-<br />

Abb. 4: Hufeisenwirbel dings können diese Untersuchungen<br />

nicht ohne weiteres auf Flüssigkeiten mit verschwindender Viskosität<br />

angewendet werden: Numerische Simulationen zeigen in diesem<br />

Fall divergierende Strömungsgeschwindigkeiten, und die üblicherweise<br />

zur Charakterisierung der Strömung verwendete Reynoldszahl<br />

verliert ihre Bedeutung, wodurch die existierenden Theorien<br />

zur Turbulenzentstehung nicht mehr anwendbar sind. Zur Untersu-


Einleitung 15<br />

chung dieser neuen <strong>Physik</strong> bietet es sich an, Experimente mit flüssigem<br />

Helium ( 4 He) durchzuführen, das unter eine Temperatur von<br />

2,18 K, den sogenannten Lambdapunkt, abgekühlt wird. In diesem<br />

Temperaturbereich verschwindet die Zähigkeit der Flüssigkeit, man<br />

spricht daher auch von einer Supraflüssigkeit. Zusätzlich zur verschwindenden<br />

Viskosität ist Rotation in der Supraflüssigkeit nur dergestalt<br />

möglich, daß sich Wirbelschläuche ausbilden, welche eine<br />

quantisierte Zirkulation tragen. Diese Wirbelschläuche können nur<br />

an freien Oberflächen (Gefäßwände oder Flüssigkeitsoberflächen)<br />

enden oder in sich geschlossen (Wirbelringe) sein. Dieses interessante<br />

System ist bereits seit Entdeckung der Suprafluidität Gegenstand<br />

zahlreicher Untersuchungen. Neben den bereits aus den Experimenten<br />

mit klassischen Flüssigkeiten bekannten experimentellen<br />

Methoden existieren neue elegante Ansätze. Dabei erreichen diejenigen<br />

Methoden, welche die Bedämpfung der Oszillationen eines<br />

in Resonanz angetriebenen Probenkörpers untersuchen, eine überdurchschnittliche<br />

Auflösung. Ein Vertreter dieser Gruppe von Experimenten<br />

ist beispielsweise die ‚vibrating wire‘ Methode. Hier wird<br />

eine supraleitende Drahtschlaufe in Schwingungen versetzt, wobei<br />

aber die komplizierte Geometrie eine quantitative Auswertung der<br />

Ergebnisse sehr erschwert.<br />

Abb. 5: Hohlwirbel in Wasser<br />

(Seitenansicht)<br />

In dieser Arbeit wird daher ein anderer<br />

Weg beschritten. Eine magnetische<br />

Kugel (R = 124 µm) befindet sich<br />

zwischen zwei horizontalen Elektroden<br />

aus supraleitendem Niob (Durchmesser<br />

2 mm, Abstand 1 mm). Durch<br />

den Meißner-Ochsenfeld-Effekt wird<br />

die Kugel von den Elektroden abgestoßen<br />

und levitiert ohne mechanische<br />

Aufhängung in einer Gleichgewichtslage<br />

zwischen den beiden Elektroden.<br />

Die erforderliche horizontale Stabilität ist dabei durch in den Elektroden<br />

(Typ II Supraleiter) eingefrorene magnetische Flußlinien gegeben.<br />

Auf die Kugel wird eine elektrostatische Ladung aufgebracht,


16 Einleitung<br />

so daß sie über ein resonantes elektrisches Wechselfeld berührungslos<br />

in vertikale Oszillationen versetzt werden kann. Dabei strömt die<br />

umgebende Supraflüssigkeit um die Kugel und verursacht eine Bedämpfung<br />

der Oszillationen, die ermittelt wird und Rückschlüsse<br />

auf das Strömungsverhalten der Flüssigkeit zuläßt. Durch die mit der<br />

berührungslosen Aufhängung des Probenkörpers verbundene geringe<br />

Untergrunddämpfung und die resonante Anregung der Oszillationen<br />

erreicht man eine sehr hohe Auflösung.<br />

Abb. 6: Wasserwirbel, von<br />

oben gesehen<br />

In der Vergangenheit wurde mit diesem<br />

Experiment die Hydrodynamik<br />

in suprafluidem 4 He im Temperaturbereich<br />

von 20 mK bis zum Lambdapunkt<br />

(2,18 K) untersucht, wobei sowohl<br />

laminare Strömungen als auch<br />

stabile Turbulenz betrachtet wurden<br />

[24]. Die vorliegende Arbeit dehnt<br />

diese Untersuchungen auf den Übergangsbereich<br />

zwischen laminarer und<br />

turbulenter Strömung aus, der vorher<br />

nur bei Temperaturen oberhalb von<br />

700 mK untersucht werden konnte, wobei ein hysteretischer Übergang<br />

festgestellt wurde. Bei den in dieser Arbeit verwendeten tieferen<br />

Temperaturen < 500 mK ergibt sich dagegen ein deutlich komplexeres<br />

Bild, wie im ersten Teil von Kapitel 3 dargelegt wird. Das<br />

System zeigt intermittentes Schalten zwischen laminarer und turbulenter<br />

Strömung, d.h. es liegt abwechselnd eine der beiden Strömungsformen<br />

vor, wobei die Schaltabstände unregelmäßig sind und<br />

keine Übergangsformen auftreten. Die Abhängigkeit der Schaltvorgänge<br />

von Systemparametern wie Temperatur und Amplitude der<br />

Antriebskraft wird durch eine statistische Analyse der Lebensdauern<br />

von laminaren und turbulenten Phasen untersucht. Hierbei kommen<br />

Methoden der Zuverlässigkeitstheorie zum Einsatz.<br />

Im zweiten Teil von Kapitel 3 wird der Einfluß von 3 He-Verunreinigungen<br />

auf die Hydrodynamik der Supraflüssigkeit untersucht.<br />

Neben den Auswirkungen auf den Übergang zur Turbulenz steht


Einleitung 17<br />

die Beschreibung der erhöhten laminaren Reibung durch Streuung<br />

der oszillierenden Kugel an den 3 He-Atome im Vordergrund. Dabei<br />

kommen 3 He- 4 He-Mischungen in einem Konzentrationsbereich von<br />

< 1 ppb bis zu 2 % zum Einsatz. Eine Bestimmung der Viskosität dieser<br />

dünnen 3 He- 4 He-Mischungen bildet den Abschluß von Kapitel 3.


18 Einleitung


Kapitel 1<br />

Grundlagen<br />

Turbulenz ist das wichtigste<br />

ungelöste Problem der<br />

klassischen <strong>Physik</strong>.<br />

Richard Feynman<br />

Dieses Kapitel soll vorwiegend zur Einführung und Erläuterung der<br />

im späteren Verlauf der Arbeit verwendeten Begriffe und Zusammenhänge<br />

dienen. Detaillierte Darstellungen der komplexen Materie<br />

finden sich beispielsweise zur klassischen Turbulenz in [11], zur<br />

allgemeinen Flüssigkeitsdynamik in [37] und zu supraflüssigem Helium<br />

in [52, 56, 9].<br />

1.1 Klassische Flüssigkeiten<br />

Die Hydrodynamik einer inkompressiblen klassischen Flüssigkeit<br />

(d.h. einer Flüssigkeit mit endlicher Zähigkeit) wird durch die sogenannte<br />

Navier-Stokes-Gleichung<br />

∂v<br />

+ (v∇)v<br />

<br />

∂t <br />

hydrodynamische<br />

Trägheit<br />

Nichtlinearität<br />

= − 1<br />

ρ gradp<br />

<br />

antreibender<br />

Druckgradient<br />

+ η<br />

ρ v<br />

<br />

Viskosität<br />

(1.1)<br />

beschrieben (v: Geschwindigkeit, p Druck, ρ Dichte, η Viskosität).<br />

Die enthaltene hydrodynamische Nichtlinearität bedingt, daß diese<br />

19


20 Kapitel 1. Grundlagen<br />

Gleichung sehr schwierig zu lösen ist, was sich in den vielfältigen<br />

und komplexen Strömungsformen widerspiegelt, die sich in einer<br />

Flüssigkeit ausbilden können. Die übrigen Terme treten in ähnlicher<br />

Form auch in anderen Bewegungsgleichungen auf, wobei der Viskositätsterm,<br />

gekennzeichnet durch die Zähigkeit η, einem linearen<br />

Dämpfungsterm entspricht.<br />

1.1.1 Laminare Strömung<br />

Bewegt sich ein Hindernis durch eine klassische inkompressible<br />

Flüssigkeit, so bildet sich aufgrund der Zähigkeit (oder Viskosität) η<br />

ein Geschwindigkeitsgradient aus. An der Oberfläche des Hindernisses<br />

hat die Flüssigkeit die Geschwindigkeit des Hindernisses, in sehr<br />

großer Entfernung ruht sie. Dazwischen befindet sich ein Übergangsbereich.<br />

Das Hindernis zieht also eine Flüssigkeitshaut mit sich, deren<br />

‚Dicke‘ umso größer ist, je größer die Viskosität der Flüssigkeit<br />

ist. Im Falle einer oszillierenden Bewegung mit Frequenz ω läßt sich<br />

die viskose Eindringtiefe<br />

δ =<br />

<br />

2η<br />

ρω<br />

(1.2)<br />

angeben, die ein Maß dafür darstellt, auf welcher Längenskala die<br />

Störung des Strömungsbildes durch die oberflächennahe Schicht abklingt.<br />

Diese Größe geht auch in die bekannte Stokes’sche Formel zur<br />

Berechnung der Reibungskraft Fd<br />

Fd = −λhydv mit λhyd = 6πηR<br />

<br />

1 + R<br />

<br />

δ(η)<br />

(1.3)<br />

auf eine mit der Geschwindigkeitsamplitude v in der Flüssigkeit oszillierende<br />

Kugel mit Radius R ein [37].<br />

1.1.2 Turbulente Strömung<br />

Bei ausreichend hoher Strömungsgeschwindigkeit um einen Probenkörper<br />

tritt sogenannte voll entwickelte Turbulenz auf. Dieser Zu-


1.1 Klassische Flüssigkeiten 21<br />

stand zeichnet sich durch eine stark erhöhte Dissipation aus, für die<br />

in der Literatur (z.B. [37]) folgendes Szenario angegeben wird: bereits<br />

bei kleineren Strömungsgeschwindigkeiten (bzw. Reynoldszahlen,<br />

vgl. (1.6), Abschnitt 1.1.3) bilden sich räumliche Strukturen relativ<br />

großer Abmessung (Wirbel) in der Flüssigkeit. Diese nehmen zunächst<br />

die gesamte später dissipierte Energie auf. Mit zunehmender<br />

Strömungsgeschwindigkeit (bzw. Reynoldszahl) treten immer kleinere<br />

Wirbelstrukturen mit zunehmend höheren lokalen Geschwindigkeitsdifferenzen<br />

auf, in welchen die Energie schließlich durch viskose<br />

Reibung innerhalb der Flüssigkeit dissipiert wird. Somit wird<br />

im Zustand der voll entwickelten Turbulenz stets kinetische Energie<br />

aus der Strömung von den größten vorhandenen Strukturen aufgenommen,<br />

weitgehend dissipationsfrei stufenweise an die kleineren<br />

Strukturen weitergegeben und schließlich dort in Wärme umgewandelt.<br />

Zwei empirisch gefundene Gesetze scheinen universell gültige<br />

Kriterien für das Auftreten klassischer voll entwickelter Turbulenz<br />

darzustellen [11]:<br />

Das Zweidrittel-Gesetz<br />

Betrachtet man zwei Punkte in der Flüssigkeit, die den Abstand<br />

l von einander besitzen und bildet die zeitlich gemittelte Geschwindigkeitsdifferenz<br />

zwischen diesen beiden Punkten, so ergibt<br />

sich<br />

( v(l)) 2 ∼ ∝ l 2/3 ,<br />

also eine ungefähre Proportionalität.<br />

Dieses Ergebnis wurde unter anderem in Windkanalexperimenten<br />

gefunden und läßt sich auch über eine Dimensionsbetrachtung plausibel<br />

machen. Nachdem die Energie zunächst von den großen Wirbeln<br />

aufgenommen wird, kann die Energiedissipation pro Zeit- und<br />

Masseneinheit ε nur von den Größen abhängen, die diese Strukturen<br />

beschreiben, also offenbar von der Länge l, der Geschwindigkeitsdif-


22 Kapitel 1. Grundlagen<br />

ferenz v(l) sowie der Dichte der Flüssigkeit. Es gibt nur eine Möglichkeit,<br />

aus diesen Größen eine Größe mit der Einheit<br />

[ε] = J<br />

kg · s<br />

zu bilden, und zwar<br />

( v(l))3<br />

ε ∝ .<br />

l<br />

Damit ergibt sich aber dann sofort der Zusammenhang<br />

( v(l)) 2 ∝ (εl) 2/3<br />

bzw. v(l) ∝ (εl) 1/3<br />

der auch das Gesetz von Kolmogorov und Obuchow genannt wird.<br />

Das Gesetz der endlichen Dissipation<br />

Werden alle experimentellen Parameter konstant gehalten und<br />

die Viskosität soweit möglich reduziert, so verhält sich die Energiedissipation<br />

pro Zeit- und Masseneinheit ε dabei so, also ob<br />

der Grenzwert für verschwindende Viskosität positiv und von<br />

endlicher Größe wäre.<br />

Dieses Gesetz bedeutet letztlich, daß auch bei verschwindender Viskosität<br />

Turbulenz möglich ist und diese auch Dissipation verursacht.<br />

Eine Aussage, die in Kapitel 3 durch Untersuchungen an der Supraflüssigkeit<br />

ihre Bestätigung findet.<br />

Für einen Körper, der bei seiner Bewegung durch die Flüssigkeit<br />

Turbulenz erzeugt, ergibt sich eine Reibungskraft von (vgl. [11])<br />

Fd = γv 2<br />

mit γ = 1<br />

2 cwρσ . (1.4)<br />

Für eine Kugel lautet der Streuquerschnitt σ = R 2 π. Der sogenannte<br />

cw-Wert hängt dabei von der Form des Körpers sowie der sogenannten<br />

Reynoldszahl Re (∝ v vgl. (1.6)), und damit der Strömungsgeschwindigkeit<br />

ab. Abbildung 1.1 zeigt cw-Werte für eine Kugel<br />

bei unterschiedlichen Reynoldszahlen (aus [5]). Für kleine Strömungsgeschwindigkeiten<br />

findet man eine Abnahme proportional zu<br />

,


1.1 Klassische Flüssigkeiten 23<br />

Abbildung 1.1: cw-Werte für eine Kugel bei unterschiedlichen<br />

Reynoldszahlen. Für kleine Reynoldszahlen ergibt sich annähernd<br />

eine Abhängigkeit ∝ 1/Re, im Bereich der voll entwickelten Turbulenz<br />

ein ungefähr konstanter Wert. (aus [5])<br />

1/Re. Dies liegt daran, daß Gleichung (1.4) für kleine Strömungsgeschwindigkeiten<br />

nicht gilt — zumindest nicht in dem Sinn, daß<br />

cw eine Konstante der Strömungsgeschwindigkeit ist. Vielmehr liegt<br />

hier überwiegend laminare Strömung mit Fd ∝ v also Fd ∝ Re (vgl.<br />

(1.3)) vor. Damit (1.4) ein solches Verhalten beschreibt, muß der cw-<br />

Wert notwendigerweise umgekehrt proportional zu v und damit der<br />

Reynoldszahl sein. Ab etwa Re 2000 ergibt sich ein annähernd konstanter<br />

cw-Wert von etwa<br />

cw ≈ 0,4 . (1.5)<br />

In diesem Bereich findet man voll entwickelte Turbulenz. Die Aussage,<br />

daß der cw-Wert hier nicht mehr von der Reynoldszahl abhängt,


24 Kapitel 1. Grundlagen<br />

ist äquivalent dazu, daß er nicht von der Viskosität abhängt. Somit<br />

stellt diese Tatsache eine andere Formulierung für das Gesetz der<br />

endlichen Dissipation dar.


1.1 Klassische Flüssigkeiten 25<br />

1.1.3 Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung<br />

Abbildung 1.2:<br />

Laminarer<br />

Schlauch bei<br />

Anströmen einer<br />

Kugel mit Wasser.<br />

(aus [41])<br />

Wie in Abschnitt 1.1.1 beschrieben, bildet sich im<br />

Bereich laminarer Strömung eine an der Oberfläche<br />

eines durch die Flüssigkeit bewegten Hindernisses<br />

haftende dünne Flüssigkeitshaut. Bei<br />

kontinuierlicher Anströmung löst sich die in Abschnitt<br />

1.1.1 beschriebene oberflächennahe Flüssigkeitshaut<br />

leeseitig vom umströmten Körper<br />

ab. Abbildung 1.2 zeigt diesen sogenannten laminaren<br />

Schlauch im Experiment (aus [41]). Hier<br />

wurde ein kugelförmiges Objekt in einem Wassertrog<br />

befestigt und in diesem eine Strömung<br />

erzeugt. Um den Strömungsverlauf um die Kugel<br />

sichtbar zu machen, tritt aus der Kugel Farbstoff<br />

aus. Dabei ist sehr schön zu erkennen, wie<br />

sich die oberflächennahe Schicht hinter der Kugel<br />

zu einem Strömungsfaden vereinigt und dabei<br />

das Strömungsbild nahezu perfekt symmetrisch<br />

bleibt. Wird nun die Anströmgeschwindigkeit erhöht,<br />

so zeigen sich zunehmende Störungen der<br />

Symmetrie bis es schließlich zur Wirbelbildung<br />

hinter der Kugel kommt. Als Maß für die Ähnlichkeit<br />

zweier Strömungen und damit insbesondere<br />

für den Grad der Turbulenz dient dabei die<br />

sogenannte Reynoldszahl<br />

Re = ρvR<br />

η<br />

R : typische Längenskala . (1.6)<br />

Abbildung 1.3 zeigt eine Aufnahme aus [39], in der eine Kette solcher<br />

relativ regelmäßig abgelöster Wirbel zu sehen ist. Die Strömung<br />

wurde in diesem Fall durch einen fluoreszierenden und mittels eines<br />

Lasers beleuchteten Farbstoff sichtbar gemacht. Trotz der relativ<br />

geringen Reynoldszahl (Re = 320), bei der diese Aufnahme gewonnen<br />

wurde, ergibt sich bereits eine beträchtliche Komplexität


26 Kapitel 1. Grundlagen<br />

Abbildung 1.3: Kette von Wirbeln, die sich von einer mit Wasser angeströmten<br />

Kugel ablösen. Sehr gut zu erkennen ist die trotz kleiner<br />

Reynoldszahl (Re = 320) bereits sehr komplexe Struktur der Verwirbelungen.<br />

(entnommen aus [39])<br />

im Strömungsmuster. In [47] findet sich eine nähere Untersuchung<br />

dieser Wirbelablösung, wobei insbesondere die Ablösungsfrequenz<br />

der Wirbel untersucht wird. Das Strömungsmuster gewinnt mit zunehmender<br />

Anströmgeschwindigkeit bzw. Reynoldszahl weiter an<br />

Komplexität, bis schließlich voll entwickelte Turbulenz vorliegt. Ein<br />

theoretisches Modell, das die Entstehung von Turbulenz auf die Verstärkung<br />

von Störungen durch die hydrodynamische Nichtlinearität<br />

zurückführt, wird in [20] angegeben. In diesem Modell spielt die<br />

Viskosität eine wichtige Rolle. Es ist daher nicht ohne weiteres auf<br />

den Fall der Supraflüssigkeit anwendbar, da hier die Viskosität verschwindet.<br />

1.2 Suprafluides 4 He<br />

Wird flüssiges Helium ( 4 He) auf Temperaturen unterhalb des sogenannten<br />

Lambdapunktes Tλ = 2,18 K gekühlt, so durchläuft es einen<br />

Phasenübergang. Nach diesem Phasenübergang weist die Flüssigkeit<br />

außerordentliche Eigenschaften auf und wird infolgedessen als suprafluides<br />

Helium oder auch He-II bezeichnet. Zu den neuen Eigenschaften<br />

von He-II gehört eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit oder<br />

auch eine in Experimenten mit Strömungen durch Röhren festgestell-


1.2 Suprafluides 4 He 27<br />

te verschwindende Viskosität. Dagegen ergeben Viskositätsbestimmungen<br />

mit anderen experimentellen Methoden, wie z.B. Torsionsoszillatoren,<br />

eine durchaus endliche Viskosität. Diese unterschiedlichen<br />

experimentellen Ergebnisse führten schließlich zum sogenannten<br />

Zwei-Flüssigkeits-Modell, das die Supraflüssigkeit als aus zwei<br />

Phasen, der normalfluiden Komponente und der suprafluiden Komponente,<br />

zusammengesetzt beschreibt. Die suprafluide Komponente<br />

verhält sich wie eine ideale Flüssigkeit, besitzt also keine Viskosität<br />

(η = 0), dringt damit durch kleinste Öffnungen (sogenannte Superlecks),<br />

kann noch in dünnsten Filmen fließen und wechselwirkt auch<br />

nicht mit der normalfluiden Komponente (vs = vn). Diese wiederum<br />

fließt mit einer endlichen Viskosität, haftet an Oberflächen und verhält<br />

sich wie eine klassische Flüssigkeit. Damit kann dieses Modell<br />

die experimentellen Befunde sehr gut erklären. So ergeben sich die<br />

unterschiedlichen Ergebnisse bei unterschiedlichen Methoden zur<br />

Bestimmung der Viskosität daraus, daß die suprafluide Phase viskositätsfrei<br />

durch Röhren fließen kann und damit die Strömungsgeschwindigkeit<br />

der Flüssigkeit bestimmt. Bei Torsionsexperimenten<br />

dagegen haftet die normalfluide Komponente sehr wohl an der<br />

Oberfläche des Torsionspendels und liefert so eine Erhöhung der effektiven<br />

Masse und damit eine endliche Viskosität. Bei allen Vorzügen<br />

dieses Modells muß man sich aber der Tatsache bewußt sein, daß<br />

die beiden unterschiedlichen Komponenten nicht wirklich existieren,<br />

zumindest nicht in dem Sinn, daß man die Heliumatome nach ihrer<br />

Zugehörigkeit zu den Komponenten sortieren könnte. Vielmehr führen<br />

die endlichen Temperaturen im Experiment dazu, daß thermische<br />

Anregungen in der Supraflüssigkeit auftreten. Diese Quasiteilchen<br />

(Phononen und Rotonen) bilden die normalfluide Komponente.<br />

1.2.1 4 He im Millikelvin-Bereich<br />

Wird die Supraflüssigkeit weiter abgekühlt, so reduziert sich die<br />

Dichte der normalfluiden Komponente immer weiter, während die<br />

Dichte der suprafluiden Komponente im gleichen Maß zunimmt 1 ,<br />

1 Natürlich muß dabei stets ρ = ρs + ρn gelten.


28 Kapitel 1. Grundlagen<br />

bis schließlich nur noch ein verdünntes Gas von Quasiteilchen in der<br />

Supraflüssigkeit vorhanden ist. Aufgrund der verschwindenden Viskosität<br />

vereinfacht sich nun die Bewegungsgleichung der Flüssigkeit<br />

zur sogenannten Euler-Gleichung<br />

∂v<br />

∂t<br />

1<br />

+ (v∇)v = − gradp , (1.7)<br />

ρ<br />

welche im übrigen der Navier-Stokes-Gleichung (1.1) entspricht.<br />

Zusätzlich zur verschwindenden Viskosität besteht noch eine<br />

weitere Bedingung an zulässige Strömungsformen in der Supraflüssigkeit,<br />

denn diese läßt sich als Bose-Einstein-Kondensat durch eine<br />

makroskopische Wellenfunktion<br />

ψ(r) = ψ0 exp[iS(r)]<br />

mit der Phase S beschreiben. Daraus ergibt sich der kanonische Impuls<br />

p zu<br />

ˆpψ = −i¯h∇ψ = pψ ⇒ p = ¯h∇S .<br />

Mit der üblichen Interpretation<br />

erhält man schließlich<br />

p = m4vs<br />

vs = ¯h<br />

mit m4 = m( 4 He)<br />

m4<br />

∇S . (1.8)<br />

Damit läßt sich aber sofort folgern, daß die Rotation von vs<br />

rot vs = 0 (1.9)<br />

in der Supraflüssigkeit verschwinden muß. Die Supraflüssigkeit bildet<br />

also bei Umströmung eines Hindernisses eine sogenannte Potentialströmung<br />

aus. Wie in [37] dargelegt, wirkt bei einer Potentialströmung<br />

um ein Hindernis keinerlei Kraft auf dieses, d.h. es existiert<br />

keine Reibungskraft. Allerdings gelten diese Betrachtungen nur für<br />

die reine Supraflüssigkeit. Bei den im Experiment stets vorliegenden


1.2 Suprafluides 4 He 29<br />

endlichen Temperaturen verbleibt ein verdünntes Gas von thermischen<br />

Anregungen, in der Flüssigkeit. Diese Quasiteilchen (Phononen<br />

und Rotonen) werden am Hindernis gestreut und führen so zu<br />

einer meßbaren Reibungskraft. Bei den in dieser Arbeit verwendeten<br />

Temperaturen ist die Dichte der Quasiteilchen niedrig genug, so<br />

daß sich das System im ballistischen Grenzfall befindet, d.h. die Phonon-Phonon<br />

Stöße haben für die Wechselwirkung mit dem Hindernis<br />

keine Bedeutung. Dieser Fall ist dann gegeben, wenn die freie<br />

Weglänge der gestreuten Teilchen größer wird als die Abmessungen<br />

des Hindernisses. Der Hauptbeitrag zur Dämpfung wird dabei im<br />

untersuchten Temperaturbereich von den Phononen verursacht, deren<br />

Dichte sich zu<br />

ρph = 2π 2 (kBT) 4<br />

45¯h 3 c5 ergibt, während die Rotonen, deren Dichte<br />

ρrot = ¯hk4 0<br />

3π 2 u<br />

∝ T4<br />

e− /T<br />

(1.10)<br />

(1.11)<br />

(vgl. Anhang A.2) beträgt, erst bei Temperaturen oberhalb von etwa<br />

600 mK einen meßbaren Beitrag zur Dämpfungskraft leisten. Die entsprechenden<br />

linearen Dämpfungskoeffizienten λph bzw. λrot hängen<br />

neben der Dichte der Quasiteilchen noch von deren Geschwindigkeit<br />

c bzw. u sowie dem Streuquerschnitt σ = π R 2 ab:<br />

λph = ρph c σ =<br />

= 2π 3 (kBT) 4 R 2<br />

45¯h 3 c 4<br />

∝ T 4<br />

(1.12a)<br />

λrot = ρrot u σ (1.12b)<br />

Die Verwendung des geometrischen Streuquerschnitts der Kugel ist<br />

gerechtfertigt, da die Wellenlänge der Quasiteilchen deutlich kleiner<br />

ist als die Abmessungen des Hindernisses. Die dissipativen Kräfte<br />

der Streuung von beiden Teilchensorten addieren sich, so daß sich<br />

insgesamt ein linearer Reibungskoeffizient<br />

λ = λph + λrot<br />

(1.13)


30 Kapitel 1. Grundlagen<br />

und damit die Reibungskraft<br />

Fd = −(λph + λrot) · v (1.14)<br />

auf eine durch die Flüssigkeit bewegte Kugel ergibt.<br />

1.2.2 Flußwirbel und Turbulenz<br />

Der Befund (1.9) läßt erwarten, daß supraflüssiges Helium in einem<br />

rotierenden Gefäß in Ruhe bleibt, da die Berechnung der Zirkulation<br />

längs eines Weges W durch ein Flächenintegral über die eingeschlossene<br />

Fläche A ausgedrückt werden kann<br />

=<br />

<br />

W<br />

<br />

vs dl =<br />

A<br />

rot v dA = 0 , (1.15)<br />

und damit vs = 0 innerhalb der ganzen Flüssigkeit gelten muß. Entsprechende<br />

Experimente in [48] zeigen jedoch eine parabolische Flüssigkeitsoberfläche,<br />

wie sie für eine klassische rotierende Flüssigkeit<br />

zu erwarten ist. Dieser Widerspruch zur Rotationsfreiheit der Supraflüssigkeit<br />

wird durch Wirbelschläuche (Vortices) aufgelöst, in deren<br />

Kern die suprafluide Komponente verschwindet. In diesem Fall<br />

ist die Vorgehensweise in (1.15) nur dann zulässig, wenn keine dieser<br />

Singularitäten innerhalb des Integrationsweges liegt, denn dort<br />

gilt die Beziehung (1.9) nicht. Betrachtet man den Fall, daß Singularitäten<br />

vom Integrationsweg eingeschlossen werden, so findet man<br />

mit (1.8) für die Zirkulation<br />

=<br />

<br />

vs dl = ¯h<br />

m4<br />

<br />

∇S dl (1.16)<br />

Wegen der Eindeutigkeit der Wellenfunktion kann das Integral dabei<br />

lediglich ganzzahlige Vielfache von 2π als Wert annehmen, so daß<br />

sich für die Zirkulation das Resultat<br />

= n · κ , mit n ∈ IN0 (1.17)


1.2 Suprafluides 4 He 31<br />

ergibt, wobei κ = h/m4 aus naheliegenden Gründen als das Zirkulationsquant<br />

bezeichnet wird. Zur Erzeugung einer derartigen Wirbellinie<br />

muß Energie aufgewendet werden, die im wesentlichen in kinetische<br />

Energie der rotierenden Supraflüssigkeit umgewandelt wird.<br />

Diese Energie (pro Länge des erzeugten Wirbels) ergibt sich damit<br />

aus einer Integration der kinetischen Energie der um den Wirbelkern<br />

rotierenden Supraflüssigkeit zu<br />

2 ρsκ<br />

ε =<br />

4π ln<br />

<br />

b<br />

.<br />

Dabei gibt a0 ∼ 1 Å den Radius des Wirbelkerns und b den mittleren<br />

Abstand zwischen den Wirbeln an. Man erhält damit einen typischen<br />

Wert<br />

ε = 1,15 · 10 −13 <br />

b J J<br />

ln ∼ 10−12 , (1.18)<br />

1 Å m m<br />

<br />

∼ 10<br />

wobei die eingehenden geometrischen Größen einen nur geringen<br />

(nämlich logarithmischen) Einfluß haben.<br />

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Supraflüssigkeit<br />

neben der Euler-Gleichung auch der Rotationsfreiheit rot vs = 0 gehorchen<br />

muß. Allerdings können Wirbelschläuche in der Flüssigkeit<br />

auftreten, welche eine quantisierte Zirkulation tragen. Bemerkenswerterweise<br />

ahmt die Supraflüssigkeit im oben erwähnten Rotationsexperiment<br />

das Verhalten einer klassischen Flüssigkeit gewissermaßen<br />

nach, indem sich Wirbelschläuche so in der Supraflüssigkeit<br />

anordnen, daß sich makroskopisch das selbe Verhalten ergibt wie es<br />

eine klassische Flüssigkeit zeigt. Die in Kapitel 3 vorgestellte Untersuchung<br />

der Reibungskraft, wie sie durch suprafluide Turbulenz hervorgerufen<br />

wird, zeigt, daß sich diese Parallelen fortsetzen. So findet<br />

man eine Reibungskraft<br />

a0<br />

|Fd| = γ (v 2 − v 2 0) = γv 2 − F0 , (1.19)<br />

die bis auf eine Reduktion um einen konstanten Wert genau der<br />

für eine klassische Flüssigkeit zu erwartenden Beziehung (1.4) entspricht.<br />

Diese durch die Turbulenz verursachte dissipative Kraft


32 Kapitel 1. Grundlagen<br />

wirkt zusätzlich zur Dissipation durch ballistische Streuung von<br />

Quasiteilchen.<br />

1.2.3 Übergang zwischen laminarer und turbulenter<br />

Strömung<br />

Weitgehend unerforscht ist bisher der Übergang von Potentialströmung<br />

zu Turbulenz in suprafluidem 4 He. So existieren zwar Experimente,<br />

die sich mit der Nukleation einzelner Wirbelschläuche in der<br />

Supraflüssigkeit befassen [53, 54], aber diese Experimente können<br />

damit noch keine Aussagen über den Übergang zu voll entwickelter<br />

Turbulenz machen, welche ein komplexes Geflecht an interagierenden<br />

Wirbelschläuchen darstellt. Ähnliches gilt für den umgekehrten<br />

Weg, die sogenannte Relaminarisierung der Strömung. In [54]<br />

sind einige Mechanismen für das Abklingen der Turbulenz diskutiert,<br />

jedoch ist dabei selbst die Auflösung von einzelnen Flußwirbelschläuchen<br />

noch umstritten. Als gängige Szenarien sind Rekombination<br />

zu immer kleineren Wirbelringen und schließlicher Zerfall<br />

in Rotonen beziehungsweise Rekombination unter Abstrahlung von<br />

Phononen in der Diskussion. Ein Experiment, in dem das Abklingen<br />

suprafluider Turbulenz beobachtet werden soll, ist in [7] beschrieben.<br />

Allerdings existieren derzeit nur vorläufige Resultate. Zusätzlich zu<br />

dieser Unkenntnis der mikroskopischen Vorgänge verliert auch die<br />

Reynoldszahl, welche in der klassischen Hydrodynamik nützliche<br />

Dienste zur Charakterisierung und makroskopischen Beschreibung<br />

der Strömung leistet, aufgrund der verschwindenden Viskosität ihre<br />

Bedeutung. In [46] wird versucht dieses Problem durch Definition<br />

einer suprafluiden Reynoldszahl<br />

Res = 2 vsR<br />

cξ<br />

(1.20)<br />

(ξ ∼ 1Å: typische Abmessung des Wirbelkerns) zu lösen. Dadurch<br />

wird zwar eine Klassifikation der turbulenten Strömung ähnlich wie<br />

bei klassischen Flüssigkeiten ermöglicht, aber die Theorien zur Turbulenzentstehung,<br />

welche sich auf die mit der klassischen Reynolds-


1.3 Die gedämpft oszillierende Mikrokugel 33<br />

zahl verbundene Viskosität stützen, werden dadurch nicht auf die<br />

Supraflüssigkeit übertragbar.<br />

1.3 Die gedämpft oszillierende Mikrokugel<br />

Der Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung wird in dieser<br />

Arbeit anhand einer in der Flüssigkeit oszillierenden Kugel untersucht.<br />

Dies führt, neben den diversen Vorteilen (vgl. Kapitel 2), auch<br />

zu einigen Punkten, die der Beachtung bedürfen. Auf diese soll im<br />

folgenden kurz eingegangen werden.<br />

1.3.1 Nichtlineare Oszillationen<br />

Aufgrund von schwachen Nichtlinearitäten in der Rückführkraft, die<br />

durch die magnetische Lagerung der Kugel entstehen, ergibt sich eine<br />

anharmonische Schwingung der Kugel um ihre Gleichgewichtslage.<br />

Typische Eigenschaften anharmonischer Schwingungen sind eine<br />

Abhängigkeit der Resonanzfrequenz von der Amplitude sowie<br />

das Auftreten höherer Harmonischer der Grundfrequenz im Fourierspektrum<br />

der Schwingung. Beide Merkmale sind bei dem hier vorgestellten<br />

Experiment zu beobachten. Eingehende Untersuchungen dazu<br />

finden sich in [16], numerische Simulationen in [23, 42]. In dieser<br />

Arbeit spielen jedoch diese Aspekte der Nichtlinearität eine untergeordnete<br />

Rolle, lediglich die Verschiebung der Resonanzfrequenz bei<br />

Änderung der Schwingungsamplitude ist aufgrund der hohen Güte<br />

der Oszillationen von Bedeutung (vgl. dazu Abschnitt 2.3.4).<br />

1.3.2 Energiebilanz<br />

Bei einem mit konstanter Geschwindigkeit durch die Flüssigkeit bewegten<br />

Körper ist die Reibungskraft gleich der Kraft, mit welcher<br />

der Körper durch die Flüssigkeit gezogen wird. Es herrscht also ein<br />

Kräftegleichgewicht. Im Fall der oszillierenden und resonant angetriebenen<br />

Kugel tritt an dessen Stelle ein Gleichgewicht von durch


34 Kapitel 1. Grundlagen<br />

die Antriebskraft zugeführter und durch Reibung dissipierter Energie.<br />

Man hat also mit T = 2π/ω eine Energiebilanz:<br />

T/2<br />

<br />

0<br />

F sin(ωt) v sin(ωt) dt =<br />

<br />

zugeführte Energie<br />

T/2<br />

<br />

0<br />

Fd(v(t)) v sin(ωt) dt<br />

<br />

dissipierte Energie<br />

(1.21)<br />

Dabei wird, wie auch im weiteren Verlauf dieser Arbeit, mit v(t) die<br />

Momentangeschwindigkeit der Kugel, mit v hingegen die Amplitude<br />

der Geschwindigkeit bezeichnet. Ähnliches gilt für andere oszillierende<br />

Größen (z.B. Kräfte und Auslenkungen). Diese Energiebilanz<br />

kann nun verwendet werden, um die im Experiment bestimmte<br />

v(F)-Kurve mit der geschwindigkeitsabhängigen Reibung Fd(v) in<br />

Beziehung zu setzen. Näheres dazu folgt in den nächsten beiden Abschnitten.<br />

1.3.3 Laminare Strömung<br />

Strömt die Flüssigkeit laminar um die Kugel, so unterliegt die Bewegung<br />

der Kugel der in (1.14) angegebenen dissipativen Kraft. Setzt<br />

man diese in die Energiebilanz (1.21) ein, so erhält man den sehr einfachen<br />

Zusammenhang<br />

F(v) = Fd(v).<br />

Damit ergibt sich die Gleichgewichtsamplitude unter dem Einfluß<br />

der linearen Reibungskraft zu<br />

v = F<br />

λ . (1.22)<br />

Wird die das System antreibende Kraft abgeschaltet, so zerfällt die<br />

Amplitude der Schwingung unter dem Einfluß der linearen Dämpfungskraft<br />

exponentiell [12]:<br />

v = v(t=0) e −(t/τ)<br />

, mit τ = 2m<br />

,<br />

λ<br />

(1.23)<br />

wobei m die Masse der oszillierenden Kugel bezeichnet.


1.3 Die gedämpft oszillierende Mikrokugel 35<br />

1.3.4 Turbulente Strömung<br />

Bei einer nicht linear mit der Geschwindigkeit zunehmenden Reibungskraft,<br />

wie etwa in (1.19) angegeben, ergibt sich ein komplexeres<br />

Bild. Einsetzen der dissipativen Kraft in die Energiebilanz (1.21)<br />

liefert nun die v(F)- bzw. F(v)-Beziehung<br />

F(v) = 8γ<br />

<br />

v<br />

3π<br />

2 − 3<br />

2 v20 = 8γ <br />

2 2<br />

v − vc1 3π<br />

<br />

= 8γ<br />

3π v2 − 4<br />

π F0<br />

(1.24a)<br />

(1.24b)<br />

= γ ⋆ v 2 − F ⋆ 0 (1.24c)<br />

zwischen Antriebskraft und Geschwindigkeitsamplitude, mit den<br />

neu definierten Größen<br />

<br />

3<br />

vc1 =<br />

2 v0<br />

(1.25a)<br />

F ⋆ 0 = 4<br />

π F0 = 4<br />

π γ v2 0 = γ ⋆ vc1<br />

(1.25b)<br />

γ ⋆ = 8<br />

γ . (1.25c)<br />

3π<br />

Die grundsätzliche Form von (1.19) hat sich durch die Umrechnung<br />

nicht verändert. Jedoch treten die neuen, gegenüber den ursprünglichen<br />

Größen mit jeweils einer Konstanten multiplizierten, Größen<br />

γ ⋆ und F ⋆ 0 bzw. vc1 auf.<br />

Wie in Abschnitt 1.2.2 angegeben, wirken im Regime turbulenter<br />

Strömung zwei dissipative Kräfte gleichzeitig auf die oszillierende<br />

Kugel ein, wobei sich die dissipativen Kräfte addieren. Aufgrund der<br />

Eigenschaften von (1.21) bleibt diese Additivität auch für die v(F)-<br />

Kurve erhalten, so daß sich für den Bereich turbulenter Strömung<br />

die Beziehung<br />

F(v) = λv + γ⋆ v 2 − F ⋆ 0 bzw. F(v) = λv + 8γ <br />

2<br />

v − vc1<br />

3π<br />

(1.26)


36 Kapitel 1. Grundlagen<br />

ergibt. Löst man diese Gleichung nach v auf, so erhält man die Geschwindigkeitsamplitude,<br />

welche durch Anlegen einer gegebenen<br />

Antriebskraft im Bereich turbulenter Strömung erreicht wird:<br />

v(F) = 3π<br />

⎡<br />

<br />

⎢<br />

⎣−λ +<br />

16γ<br />

λ2 + 32γ<br />

<br />

8γ<br />

3π 3π v2 <br />

c1 + F<br />

⎤<br />

⎥<br />

⎦ (1.27)<br />

Damit läßt sich nun auch die Antriebskraft Fc1 ermitteln, welche notwendig<br />

ist, um das System an den linken Bereich des Intermittenzbereichs<br />

(vgl. Kapitel 3) zu bringen. Sie ist gegeben durch die Bedingung<br />

vlaminar(Fc1) = vturbulent(Fc1) ,<br />

also durch den Schnittpunkt der beiden v(F) Kurven für laminare<br />

und turbulente Strömung. Man erhält das Ergebnis<br />

Fc1 =<br />

√ 6<br />

2 λvc1 , (1.28)<br />

welches wegen seiner Proportionalität zu λ stark temperaturabhängig<br />

ist (siehe Gleichung (1.13)).<br />

1.4 3 He- 4 He-Mischungen<br />

Nachdem 3 He-Verunreinigungen ähnlich wie Phononen und Rotonen<br />

Störungen in der Supraflüssigkeit darstellen, ergibt sich die Frage,<br />

ob bzw. wie stark der Übergang zwischen laminarer und turbulenter<br />

Strömung durch die Anwesenheit von 3 He-Verunreinigungen<br />

in der Supraflüssigkeit beeinflußt wird. Darüber hinaus ist auch die<br />

Beeinflussung der Dämpfung im Bereich laminarer Strömung von Interesse.


1.4 3 He- 4 He-Mischungen 37<br />

1.4.1 Ballistisches Regime<br />

Für sehr geringe Konzentrationen<br />

x3 =<br />

n( 3 He)<br />

n( 3 He) + n( 4 He)<br />

(1.29)<br />

der 3 He-Verunreinigungen ist zu erwarten, daß die Wechselwirkung<br />

zwischen ihnen und der oszillierenden Kugel durch ein Modell beschrieben<br />

werden kann, das auf ballistischer Streuung der Kugel an<br />

den Verunreinigungen basiert. In diesem Fall ergibt sich der lineare<br />

Reibungskoeffizient analog zum Fall der ballistischen Streuung an<br />

Phononen zu<br />

λHe3 = ρ3v3π R 2 ∝ √ T , (1.30a)<br />

wobei sich die Temperaturabhängigkeit aus der thermischen Geschwindigkeit<br />

v3 der 3 He-Atome<br />

ergibt. Ihre Dichte ist dabei<br />

v3 =<br />

<br />

3kBT<br />

m ∗ 3<br />

m<br />

ρ3 = ρ4<br />

∗ 3<br />

m4<br />

x3<br />

(1.31)<br />

(1.32)<br />

mit der effektiven Masse m ∗ 3 der 3 He-Atome im suprafluiden 4 Hevon<br />

m ∗ 3 = 2,4 · m3 . (1.33)<br />

Um zu entscheiden, ob es zulässig ist die Reibung durch ein ballistisches<br />

Modell zu beschreiben, ist die freie Weglänge l der 3 He-Atome<br />

zu betrachten. Ist l deutlich größer als die Abmessungen der Kugel,<br />

so liegt der ballistische Fall vor. Ist hingegen l sehr viel kleiner als die<br />

Kugel, so befindet sich das System im hydrodynamischen Bereich.


38 Kapitel 1. Grundlagen<br />

1.4.2 Hydrodynamisches Regime<br />

Ist die freie Weglänge der 3 He-Atome kleiner als die Kugelabmessung,<br />

so verhält sich das 3 He-System wie eine viskose Flüssigkeit,<br />

d.h. der lineare Dämpfungskoeffizient ergibt sich aus der in Abschnitt<br />

1.1.1 angegebenen Stokes’schen Formel (1.3). Diese Gleichung<br />

läßt sich nach der Viskosität η auflösen<br />

η =<br />

6π R<br />

λ<br />

<br />

1 + R<br />

≈<br />

δ(η)<br />

λ<br />

6π R<br />

(1.34)<br />

und so zur Bestimmung der Viskosität aus den experimentell bestimmbaren<br />

Dämpfungswerten nutzen, sofern die Eindringtiefe δ(η)<br />

deutlich größer ist als der Kugelradius. Andernfalls ist die Abhängigkeit<br />

der Eindringtiefe von der Viskosität<br />

zu berücksichtigen.<br />

δ(η) =<br />

<br />

2η<br />

ρω<br />

1.4.3 Viskosität und freie Weglänge<br />

Bei bekannter Viskosität kann über die Beziehung<br />

(1.35)<br />

η = 1<br />

5 ρ3v3l (1.36)<br />

(vgl. [29]) die freie Weglänge l der 3 He-Atome berechnet werden:<br />

l(η) = 5η<br />

ρ3v3<br />

(1.37)<br />

Die freie Weglänge läßt sich auch über Teilchendichte und Streuquerschnitt<br />

der 3 He-Atome ausdrücken [29]<br />

l = (n3σ3) −1 ∝ (x3 σ3) −1 σ3 : Streuquerschnitt , (1.38)


1.5 Begriffe aus der Zuverlässigkeitstheorie 39<br />

so daß man schließlich unter Verwendung der Teilchendichte<br />

n3 = ρ3<br />

m ∗ 3<br />

und der 3 He-Dichte (1.32) den Streuquerschnitt der 3 He-Atome<br />

erhält.<br />

σ(l) = m∗ 3<br />

ρ3l<br />

(1.39)<br />

1.5 Begriffe aus der Zuverlässigkeitstheorie<br />

Im Abschnitt 3.3 werden Zeitreihen der Geschwindigkeitsamplitude<br />

der Kugeloszillationen mit Methoden der Statistik, präziser der Zuverlässigkeitstheorie,<br />

untersucht. Deshalb sollen in diesem Kapitel<br />

die dort verwendeten Größen und Begriffe vorgestellt, ihre praktische<br />

Bedeutung verdeutlicht, sowie die Beziehungen der verschiedenen<br />

Größen untereinander aufgezeigt werden. Dabei ist stets vorausgesetzt,<br />

daß die betrachteten Systeme voneinander stochastisch<br />

unabhängig und identisch sind. Eine ausführlichere Darstellung dieser<br />

Thematik findet sich unter anderem in [14, 38].<br />

1.5.1 Zuverlässigkeitsfunktion<br />

Zentrale Größe bei der Untersuchung der Zuverlässigkeit von Systemen<br />

ist die sogenannte Zuverlässigkeitsfunktion P. Sie gibt an, wie<br />

viele Systeme, ausgehend von einer zu Beginn verfügbaren Anzahl,<br />

eine bestimmte Lebensdauer überstehen und enthält alle Informationen<br />

zur Lebensdauerstatistik.<br />

P(t) =<br />

# {Systeme : System lebt länger als t}<br />

# {Systeme}<br />

Diese Größe läßt sich experimentell sehr gut bestimmen, da hierfür<br />

lediglich die Lebensdauern von N Systemen zu messen sind. In die-


40 Kapitel 1. Grundlagen<br />

ser Arbeit treten dabei die Phasen laminaren bzw. turbulenten Flusses<br />

(Ereignisse) um die Kugel als ‚Systeme‘ auf. Die Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

P werden im weiteren Verlauf teilweise normiert (also<br />

P(0) = 1), teilweise als Rohdaten (P(0) = N) angegeben. Im Bereich<br />

sehr hoher Lebensdauern tragen nur noch wenige Ereignisse zur Statistik<br />

bei, so daß sich hier, bedingt durch die statistische Streuung,<br />

Abweichungen der experimentell ermittelten Daten von der tatsächlichen<br />

Wahrscheinlichkeitsverteilung ergeben. Daher werden die Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

bevorzugt nicht normiert gezeigt, um eine<br />

Bewertung der experimentellen Punkte anhand der Anzahl der jeweils<br />

eingehenden Ereignisse zu ermöglichen. Lediglich in Abbildungen,<br />

in denen ein Vergleich mehrerer Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

erfolgt, wird die normierte Darstellung verwendet.<br />

1.5.2 Ausfallrate<br />

Eine weitere wichtige Größe ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß<br />

ein bestimmtes System, das bereits eine Lebensdauer t erreicht hat,<br />

im nächsten Zeitintervall dt versagt. Diese Größe heißt Ausfallrate<br />

und wird im folgenden mit (t) bezeichnet. Da die Zuverlässigkeitsfunktion<br />

die gesamte Information der Statistik enthält, läßt sich die<br />

Ausfallrate aus ihr ableiten (vgl. dazu [14, S. 82]). Es ergibt sich die<br />

Beziehung:<br />

beziehungsweise<br />

d ln P(t)<br />

(t) = −<br />

dt<br />

⎛<br />

P(t) = exp ⎝−<br />

t<br />

0<br />

⎞<br />

(1.40)<br />

(t) dt⎠<br />

. (1.41)<br />

Diese Größe liefert wertvolle Informationen über den Zustand des<br />

Systems, ist aber nicht unmittelbar beobachtbar, nachdem es sich um<br />

eine Ausfallwahrscheinlichkeit für ein einzelnes System handelt.


1.5 Begriffe aus der Zuverlässigkeitstheorie 41<br />

1.5.3 Verteilungsdichte<br />

Anders als die Ausfallrate, welche Aussagen über einzelne Systeme<br />

macht, liefert die Verteilungsdichte die Verteilung der Lebensdauern<br />

in einer anfänglich vorhandenen Menge von Systemen. Sie gibt die<br />

Einhüllende eines Histogramms der Lebensdauern, d.h. die Anzahl<br />

(bzw. im normierten Fall den Anteil) der Systeme an, welche im Zeitintervall<br />

[t,t + dt] ausfallen. Folglich ist die Verteilungsdichte p(t)<br />

gegeben durch<br />

p(t) = − dP(t)<br />

. (1.42)<br />

dt<br />

Die Verteilungsdichte ist insbesondere nützlich, um die mittlere Lebensdauer<br />

µ der Systeme zu berechnen. Sie ergibt sich allgemein zu<br />

µ =<br />

∞<br />

0<br />

t · p(t) dt , (1.43)<br />

wobei darauf zu achten ist, daß p(t) normiert vorliegt.<br />

1.5.4 Beispiele<br />

Zur Illustration der oben eingeführten Größen, sowie zur Vorbereitung<br />

der Auswertung in Abschnitt 3.3, sollen im folgenden zwei Beispiele<br />

für in der Praxis häufig auftretende Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

vorgestellt werden.<br />

Exponentialverteilung<br />

Die Exponentialverteilung ist die in der Zuverlässigkeitstheorie wohl<br />

am häufigsten auftretende und in gewisser Hinsicht auch einfachste<br />

Verteilung. Abbildung 1.4 zeigt die charakteristischen Größen dieser<br />

Verteilung. Die ‚Einfachheit‘ der Exponentialverteilung spiegelt<br />

sich dabei in der konstanten Ausfallrate wieder, d.h. die Wahrscheinlichkeit<br />

dafür, daß ein System versagt, hängt nicht von seiner bereits<br />

erreichten Lebensdauer ab. Exponentialverteilungen findet man zum<br />

Beispiel bei der Untersuchung der Zuverlässigkeit von Glühlampen.


42 Kapitel 1. Grundlagen<br />

Für diese einfache Verteilung läßt sich die mittlere Lebensdauer<br />

der Systeme leicht berechnen. Es ergibt sich unter Verwendung von<br />

(1.43) und der Verteilungsdichte p(t) aus Abbildung 1.4<br />

p(t) = 1<br />

<br />

−t<br />

exp<br />

eine mittlere Lebensdauer von:<br />

µ =<br />

∞<br />

0<br />

t1<br />

t1<br />

t1<br />

t1<br />

t · 1<br />

<br />

−t<br />

exp dt = t1 . (1.44)<br />

Die mittlere Lebensdauer kann also sehr einfach als reziproke Steigung<br />

der Zuverlässigkeitsfunktion P(t) in halblogarithmischer Darstellung<br />

ermittelt werden (vgl. Abbildung 1.4).<br />

Weibull-Verteilung<br />

Eine weitere Klasse von Verteilungen, die in der Zuverlässigkeitstheorie<br />

von großer Bedeutung sind, ist die der Weibull-Verteilungen.<br />

Die entsprechende Zuverlässigkeitsfunktion lautet<br />

P(t) = exp<br />

<br />

− tn<br />

t n w<br />

<br />

, n = 1,2,3, . . . .<br />

Somit stellt die Exponentialverteilung einen Sonderfall einer Weibull-Verteilung<br />

für n = 1 dar. Hier soll als weiteres Beispiel die Weibull-Verteilung<br />

mit n = 2 betrachtet werden. Abbildung 1.5 zeigt<br />

die zugehörigen charakteristischen Größen und Skizzen ihrer Zeitabhängigkeit.<br />

Die Zuverlässigkeitsfunktion besitzt in der halblogarithmischen<br />

Darstellung die Form einer Parabel. Die Ausfallrate der<br />

Systeme ist im Gegensatz zur Exponentialverteilung nicht mehr unabhängig<br />

von deren Lebensdauer, sondern ist proportional zu ihr,<br />

d.h. je älter ein System, umso größer die Wahrscheinlichkeit eines<br />

Ausfalls. Die Verteilungsdichte der Lebensdauern zeigt ein im ersten<br />

Moment unerwartetes Verhalten. Für kleine Lebensdauern steigt<br />

die Kurve p(t) bei Null beginnend linear an, wie es der Zunahme


1.5 Begriffe aus der Zuverlässigkeitstheorie 43<br />

der Ausfallrate entspricht, dann läuft sie jedoch über ein Maximum<br />

und geht für sehr lange Lebensdauern wieder gegen Null. Dies erklärt<br />

sich dadurch, daß stets eine Gesamtheit von Systemen betrachtet<br />

wird und nur sehr wenige Systeme derartig hohe Lebensdauern<br />

erreichen. Folglich können nicht mehr viele in diesem Bereich versagen.<br />

Die mittlere Lebensdauer von Systemen mit Weibull-verteilter<br />

Lebensdauer kann ebenfalls analytisch bestimmt werden. Es ergibt<br />

sich (vgl. [14]):<br />

µ = t 1/n<br />

w<br />

<br />

1 + 1<br />

<br />

n=2 √<br />

= tw<br />

n<br />

√ 2<br />

2 .<br />

Weibull-Verteilungen finden sich beispielsweise bei der Untersuchung<br />

der Lebenserwartung von Kohleöfen oder Termiten, bei<br />

der Analyse der Zuverlässigkeit elektronischer Geräte [14], des Auftretens<br />

von Autoimmunerkrankungen beim Menschen [38] oder<br />

bei Untersuchungen der Durchbruchspannungen von Ölisolationen<br />

[21]. Außerhalb des Gebiets der Zuverlässigkeitstheorie findet man<br />

Weibull-Verteilungen in den unterschiedlichsten Anwendungen, wie<br />

der Belastbarkeit von Stahlbauteilen, Größe von Aschepartikeln, der<br />

Körpergröße von Männern auf den britischen Inseln [55] oder der<br />

Verteilung von Windgeschwindigkeiten.


44 Kapitel 1. Grundlagen<br />

Größe grafische Darstellung<br />

<br />

−t<br />

P(t) = exp<br />

p(t) = 1<br />

(t) = 1<br />

t1<br />

t1<br />

t1<br />

<br />

−t<br />

exp<br />

t1<br />

1<br />

0<br />

0<br />

0<br />

Abbildung 1.4: Zuverlässigkeitsfunktion, Ausfallrate und Verteilungsdichte<br />

für exponentiell verteilte Lebensdauern. Beeindruckendstes<br />

Merkmal der Exponentialverteilung ist die konstante, d.h. nicht<br />

von der bereits erreichten Lebensdauer des Systems abhängige, Ausfallrate.<br />

t<br />

t<br />

t


1.5 Begriffe aus der Zuverlässigkeitstheorie 45<br />

Größe grafische Darstellung<br />

2 −t<br />

P(t) = exp<br />

p(t) = 2<br />

t 2 w<br />

(t) = 2<br />

t 2 w<br />

t 2 w<br />

t<br />

2 −t<br />

t exp<br />

t2 <br />

w<br />

1<br />

0<br />

0<br />

0<br />

Abbildung 1.5: Zuverlässigkeitsfunktion, Ausfallrate und Verteilungsdichte<br />

für Weibull-verteilte Lebensdauern (n = 2).<br />

t<br />

t<br />

t


46 Kapitel 1. Grundlagen


Kapitel 2<br />

Eine Theorie — das ist eine<br />

gute Sache, aber ein<br />

ordentliches Experiment<br />

bleibt einem für immer<br />

Experimenteller Aufbau<br />

P. L. Kapitza<br />

Bei der Mehrzahl von Experimenten, in denen die Strömung von<br />

Flüssigkeiten untersucht wird, stellt sich das Problem der Randbedingungen<br />

(z.B. bei Rohrströmungsexperimenten) und der Aufhängung<br />

des Probenkörpers. Dabei ist sicherzustellen, daß diese die<br />

Strömungsverhältnisse in der Flüssigkeit nicht, oder zumindest nicht<br />

wesentlich, beeinflußt. Die hier vorgestellte experimentelle Methode<br />

zeichnet sich durch eine vollkommen berührungslose Aufhängung<br />

des umströmten Körpers aus. Darüberhinaus erreicht sie als resonante<br />

Methode eine sehr hohe Empfindlichkeit. Verschiedene alternative<br />

Anwendungsmöglichkeiten werden unter anderem in [45] aufgeführt.<br />

Bei der Realisierung dieses experimentellen Ansatzes sind allerdings<br />

zahlreiche Aspekte zu beachten, welche im folgenden detailliert<br />

beschrieben werden sollen.<br />

2.1 Meßmethode<br />

Als Probenkörper, der von der Supraflüssigkeit umströmt wird,<br />

dient ein sphärischer Permanentmagnet (die ‚Kugel‘, vgl. auch Abschnitt<br />

2.2.1). Dieser befindet sich zwischen zwei horizontal angeord-<br />

47


48 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

neten Elektroden aus supraleitendem Niob. Aufgrund des Meißner-<br />

Ochsenfeld-Effekts [6] wird das Magnetfeld der Kugel beim Abkühlen<br />

der Elektroden unter die Sprungtemperatur der Niobelektroden<br />

(Tc ≈ 9,2 K) aus dem Inneren der Elektroden verdrängt. Der Permanentmagnet<br />

erfährt infolgedessen eine repulsive Kraft und levitiert<br />

somit in einer Gleichgewichtslage zwischen den beiden Elektroden.<br />

Hierbei bleibt jedoch eine geringe Menge magnetischen Flusses an<br />

Haftzentren im Typ II Supraleiter [6] verankert und durchdringt ihn<br />

in Form von Flußschläuchen. Diese ortsfesten Flußschläuche geben<br />

der Kugel horizontale Stabilität und verhindern ein seitliches Abdriften<br />

der Kugel (vgl. Abschnitt 2.1.1).<br />

Vor dem Abkühlen der Zelle wird die Kugel mit einer elektrostatischen<br />

Oberflächenladung von typisch q ≈ 1 pC versehen, so daß<br />

sie im levitierenden Zustand durch das Anlegen eines elektrischen<br />

Feldes E = U/d und damit einer Kraft F = qE aus ihrer Ruhelage<br />

ausgelenkt und so zu Schwingungen um ihre Gleichgewichtslage angeregt<br />

werden kann. Da die durch die magnetische Abstoßung verursachten<br />

Rückführkräfte nichtlinear sind, ist die Schwingung der Kugel<br />

nicht harmonisch. Insbesondere treten im Frequenzspektrum der<br />

Schwingung höhere Harmonische der Grundfrequenz auf und die<br />

Resonanzfrequenz weist im allgemeinen eine Amplitudenabhängigkeit<br />

auf (vgl. [42, 23, 32]). Die Resonanzfrequenz f = ω/2π wird bei<br />

der Präparation festgelegt und liegt typischerweise im Bereich von<br />

100–300 Hz. Die Verschiebung infolge von Amplitudenänderungen<br />

während der Durchführung des Experiments beträgt etwa 1–2 % ihres<br />

Absolutwertes. Die nicht konstante Resonanzfrequenz erfordert<br />

bei jeder Änderung der Schwingungsamplitude eine Nachregelung<br />

der Frequenz der antreibenden Kraft mit Hilfe einer Phasenregelschleife<br />

(vgl. Abschnitt 2.3.4).<br />

Die auf diese Weise in Oszillationen versetzte geladene Kugel<br />

stellt nunmehr eine bewegte Ladung im Plattenkondensator dar und<br />

induziert als solche Verschiebungsströme I = vq/d in den Zuleitungen,<br />

welche mit einem Elektrometerverstärker (s. Abschnitt 2.3.2) in<br />

Spannungen umgewandelt und mit einem Wechselspannungsvoltmeter<br />

gemessen werden. Ein nachgeschalteter PC dient zur Auf-


2.1 Meßmethode 49<br />

v Kugel c Kugel (bel. Einh.)<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

-6<br />

-8<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />

Zeit (ms)<br />

Abbildung 2.1: Bewegung der Kugel während der Aufladung durch<br />

eine Hochspannung am Kondensator. Aufgetragen ist die zeitliche<br />

Entwicklung des Produkts aus elektrischer Ladung der Kugel und<br />

Bewegungsgeschwindigkeit in beliebigen Einheiten. Die Flugphasen<br />

der Kugel sind als relativ langgesteckte Geraden erkennbar. Die Nulldurchgänge<br />

der Geschwindigkeit während der Flugphasen deuten<br />

auf ein elastisches Stoßen der Kugel mit einer Elektrode ohne Umladen<br />

hin.<br />

zeichnung der zeitlichen Veränderung der Geschwindigkeitsamplitude<br />

der Kugeloszillationen.<br />

2.1.1 Präparation des Experiments<br />

Zu Beginn des Experiments ist eine Präparation des Schwebezustandes<br />

der Kugel (des sogenannten ‚Oszillators‘) erforderlich. Durch<br />

diese Prozedur wird einerseits die Kugel mit der notwendigen Ladung<br />

versehen, andererseits der im Supraleiter eingefrorene magnetische<br />

Fluß, und somit die Untergrunddämpfung, festgelegt. Es hat<br />

sich gezeigt, daß das Gelingen des Experiments ganz wesentlich von


50 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

der Qualität des erzeugten Levitationszustandes abhängt. Erst eine<br />

große Oberflächenladung der Kugel ( 1 pC) ermöglicht eine bequeme<br />

Messung, da das Verhältnis zwischen kapazitivem Übersprechen<br />

und Meßsignal mit dem Quadrat der Ladung der Kugel wächst<br />

(vgl. Gleichung 2.4). Noch wichtiger ist die Tatsache, daß eine Vielzahl<br />

grundlegender Eigenschaften der Kugelschwingungen festgelegt<br />

wird. Dazu gehört neben der der Resonanzfrequenz und ihrer<br />

Abhängigkeit von der Schwingungsamplitude (die sogenannte ‚Skelettkurve‘),<br />

welche durch Betrag und Nichtlinearität der Rückführkraft<br />

gegeben sind, auch die Bedämpfung der Oszillationen durch<br />

dissipative Effekte im Supraleiter und die maximal mögliche Amplitude<br />

der Oszillationen. Diese Eigenschaften werden von der Anzahl<br />

der im Supraleiter verankerten magnetischen Flußlinien, beziehungsweise<br />

der Stärke ihrer Verankerung, bestimmt.<br />

Während sich die Elektroden des Kondensators im normalleitenden<br />

Zustand befinden, wird eine hohe Gleichspannung von ungefähr<br />

±800 V an die untere Elektrode des Niobkondensators angelegt.<br />

Dies führt dazu, daß die Kugel, welche auf der unteren Elektrode<br />

liegt, sich elektrostatisch auflädt und dann aufgrund der dadurch<br />

entstehenden Abstoßung in Richtung der oberen Elektrode beschleunigt<br />

wird. Ist die am Kondensator anliegende Spannung ausreichend<br />

groß, so erreicht die Kugel die obere Elektrode, kann dort ihre Ladung<br />

abgeben und kehrt dann zur unteren Elektrode zurück, wobei<br />

sie eine elektrische Ladung mit umgekehrtem Vorzeichen trägt.<br />

Diese Bewegung der geladenen Kugel kann mit Hilfe des Elektrometerverstärkers<br />

(vgl. 2.3.2) detektiert werden, entsprechende Beispiele<br />

sind in den Abbildungen 2.1 und 2.2 zu sehen. Deutlich zu erkennen<br />

sind die Flugphasen der Kugel als langgezogene Geraden (‚Fluggeraden‘)<br />

sowie die Strompulse, welche beim Umladen der Kugel an<br />

der Oberfläche der Kondensatorelektroden entstehen. Nachdem bei<br />

jedem Umladevorgang sowohl das Vorzeichen der Ladung wie auch<br />

das der Geschwindigkeit wechselt, hat die Steigung der Fluggeraden<br />

stets das selbe Vorzeichen und es läßt sich das Vorzeichen der angelegten<br />

Hochspannung daraus ermitteln (vgl. Abbildung 2.3).<br />

Nach jedem Umladevorgang startet die Kugel zunächst mit kleiner<br />

Geschwindigkeit (je nachdem, ob es an der Elektrode zu einem


2.1 Meßmethode 51<br />

v Kugel c Kugel (bel. Einh.)<br />

0<br />

-5<br />

-10<br />

-15<br />

0 5 10 15 20 25<br />

Zeit (ms)<br />

Abbildung 2.2: Bewegung der Kugel während der Aufladung durch<br />

eine positive Hochspannung an der unteren Elektrode. Deutlich<br />

sichtbar sind die starken Pulse zwischen den einzelnen Flugphasen,<br />

welche durch den vollständigen Umladungsvorgang verursacht<br />

werden. Die unterschiedlichen Absolutgeschwindigkeiten ergeben<br />

sich durch teilelastische Stöße an den Elektroden.<br />

teilelastischen Stoß kommt oder nicht), wird aber dann durch das<br />

elektrische Feld im Kondensator beschleunigt, d.h. der Betrag der<br />

Geschwindigkeit nimmt zu. Nimmt man an, daß die untere Elektrode<br />

positiv geladen ist, so ergibt sich ein wegen der Beschleunigung<br />

der Kugel zunehmender positiver Strom am Eingang des invertierenden<br />

Elektrometerverstärkers, und somit ein zunehmend negatives<br />

Meßsignal. Man erhält also fallende Fluggeraden wie den Abbildungen<br />

2.1 und 2.2. Umgekehrt liegen die Verhältnisse bei Anlegen<br />

einer negativen Spannung an die untere Elektrode. In diesem Fall<br />

führt die selbe Überlegung zu ansteigenden Fluggeraden.<br />

Nun werden die Elektroden des Supraleiters unterhalb Tc abgekühlt<br />

und der einsetzende Meißner-Ochsenfeld-Effekt führt zu einer<br />

Verdrängung des Magnetfeldes der Kugel aus den nun supraleiten-


52 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

Abbildung 2.3: Aus dem Vorzeichen des gemessenen Stromes bzw.<br />

dem Vorzeichen der Steigungen der Fluggeraden in den Abbildungen<br />

2.1 und 2.2 läßt sich das Vorzeichen der angelegten Hochspannung<br />

ableiten. Dabei ist lediglich zu beachten, daß das Meßsignal<br />

durch den Elektrometerverstärker nochmals invertiert wird. Ansteigende<br />

Fluggeraden ergeben sich für negative Spannungen an der unteren<br />

Elektrode, abfallende für positive Spannungen.<br />

den Elektroden des Kondensators. Damit ergibt sich eine abstoßende<br />

Kraft zwischen der Kugel und den Elektroden, und die Kugel levitiert<br />

in einer Gleichgewichtslage zwischen den beiden Elektroden.<br />

Die notwendige vertikale Stabilität ist durch Flußlinien gegeben, die<br />

im Supraleiter an Haftzentren verankert sind. Durch die bei den Oszillationen<br />

der Kugel modulierten Abschirmströme im Supraleiter<br />

werden jedoch die Flußschläuche in den Haftzentren etwas bewegt,<br />

wodurch Energie dissipiert wird. Untersuchungen zu diesem Effekt<br />

unter Verwendung unterschiedlicher Elektrodenmaterialien sind in<br />

[18, 17] und [19, 16, 40, 22] zu finden. Diese Untergrunddämpfung<br />

durch dissipative Effekte im Supraleiter gilt es möglichst gering zu<br />

halten, da sie die Auflösung des Experiments bei Messungen im<br />

suprafluiden Helium bei sehr tiefen Temperaturen ( T 100 mK)<br />

begrenzt. Es ist folglich nötig einen Kompromiß zwischen geringer<br />

Dämpfung und ausreichender horizontaler Stabilität zu finden. Hierfür<br />

hat es sich als günstig erwiesen die Abkühlung der Elektroden<br />

langsam über mehrere Stunden hinweg durchzuführen. Ein rasches<br />

Abkühlen führt tendenziell zu stärkerer Dämpfung bzw. zu nicht anregbaren<br />

Oszillatoren, vermutlich infolge mangelnder Ladung oder


2.1 Meßmethode 53<br />

ungenügender horizontaler Stabilität. Es ist nicht erforderlich, daß<br />

die Kugel während des Abkühlvorgangs permanent die beschriebenen<br />

periodischen Umladezyklen durchläuft. Sehr vorteilhaft für das<br />

Gelingen der Präparation ist eine Reinigung der Niobelektroden im<br />

Ultraschallbad, insbesondere wenn festzustellen ist, daß die Umladevorgänge<br />

nur noch sehr schwer zustandekommen. Dies liegt vermutlich<br />

an einer Oxidschicht, welche sich auf den Elektroden bildet.<br />

2.1.2 Meßvorgang, Meßgrößen und Parameter<br />

Das Experiment besitzt verschiedene beeinflußbare Parameter. Zunächst<br />

ist hier die Temperatur zu nennen, welche im verwendeten<br />

Helium-Mischungskryostaten von ca. 1 K bis auf ca. 24 mK variiert<br />

werden kann. Dabei ist, wie sich herausgestellt hat, für die Untersuchung<br />

des Bereiches des intermittenten Schaltens (s. Abschnitt 3.3)<br />

überwiegend der Temperaturbereich unterhalb von 450 mK von Interesse,<br />

da bei höheren Temperaturen ein Übergang zu einem hysteretischen<br />

Verhalten zu beobachten ist, welches bereits in [25, 24,<br />

26] gefunden wurde. Darüberhinaus verschwindet bei diesen tiefen<br />

Temperaturen die normalfluide Komponente ρn, so daß sich hier der<br />

Übergang zur Turbulenz in der reinen Supraflüssigkeit untersuchen<br />

läßt.<br />

Ein weiterer Parameter ist die verwendete Amplitude der antreibenden<br />

Kraft. Diese bestimmt, in welchem Regime sich das System<br />

befindet (vgl. Abschnitt 3), also welche Strömungsform sich um die<br />

Kugel ausbildet. Dagegen ist die Frequenz der Oszillationen in der<br />

Größenordnung durch Konstruktion und Materialien der Meßzelle<br />

sowie zu einem kleineren Teil durch die Präparation des Levitationszustandes<br />

gegeben und nicht wesentlich beeinflußbar. Allerdings<br />

kann durch Anlegen einer Gleichspannung an die Meßzelle eine zusätzliche<br />

Kraft auf die Kugel ausgeübt und so deren Gleichgewichtslage<br />

verändert werden. Dies geht mit einer leichten Verschiebung der<br />

Resonanzfrequenz in der Größenordnung von bis zu 10 Hz pro 100 V<br />

einher.<br />

Meßgröße ist in jedem Fall die Schwingungsamplitude bzw. die<br />

Geschwindigkeitsamplitude der Kugelschwingung. Entsprechend


54 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

den sehr unterschiedlich starken Dämpfungsmechanismen bzw. den<br />

unterschiedlichen Anforderungen bei der Untersuchung der einzelnen<br />

Regimes kommen unterschiedliche Meßmethoden zum Einsatz.<br />

Freie Zerfälle<br />

Der Oszillator wird zu Schwingungen angeregt, wobei nicht notwendigerweise<br />

die stabile Resonanzamplitude erreicht werden muß.<br />

Beim Erreichen einer ausreichend großen Amplitude wird die antreibende<br />

Kraft abgeschaltet und der nun folgende Zerfall der freien<br />

Schwingung unter dem Einfluß der Dämpfung aufgezeichnet. Dieser<br />

Meßmodus eignet sich für das Regime linearer Dämpfung (siehe<br />

Abschnitt 3.1) und für hohe Oszillatorgüten, also lange Zerfallszeiten.<br />

Bei zu kurzen Zerfallszeiten (τ 5 s) ergeben sich Probleme mit<br />

der Integrationszeit des Wechselspannungsvoltmeters. Im Fall linearer<br />

Dämpfung, also für hinreichend kleine Amplituden, erhält man<br />

eine exponentiell zerfallende Schwingungsamplitude.<br />

I(t) ∝ v(t) = v0 e −t/τ = v0 e −λt/2m . (2.1)<br />

Aus einer zeitaufgelösten Messung läßt sich somit unmittelbar der<br />

laminare Dämpfungskoeffizient λ ermitteln.<br />

Getriebene Messung<br />

Die antreibende Kraft wird stets in Resonanz mit den Kugeloszillationen<br />

gehalten und jeweils der stationäre Gleichgewichtswert ermittelt,<br />

der sich für eine gegebene antreibende Kraft bei der jeweiligen<br />

Bedämpfung der Oszillationen einstellt. Im linearen Regime ergibt<br />

sich einerseits gemäß Gleichung 1.22<br />

v(F) = 1<br />

F ,<br />

λ


2.1 Meßmethode 55<br />

und andererseits folgt aus dem später in Abschnitt 2.3.2 , Seite 70<br />

begründeten Zusammenhang (2.17) zwischen Geschwindigkeit v der<br />

Kugel und Meßsignal I:<br />

v(F) = d<br />

q<br />

I(F) und F = q<br />

d Uac . (2.2)<br />

Damit läßt sich bei bekannter Ladung der Kugel der lineare Dämpfungskoeffizient<br />

bestimmen zu:<br />

λ =<br />

<br />

q<br />

2 Uac<br />

d I<br />

(2.3)<br />

Dieser Modus ist besonders für höhere Dämpfungen (und damit<br />

kürzere Zeitkonstanten) sinnvoll, da sich dann kurze Wartezeiten<br />

für die Einstellung der Gleichgewichtsamplitude ergeben. Damit ergänzt<br />

dieser Modus im laminaren Bereich in hervorragender Weise<br />

die Messungen an freien Zerfällen. Im nichtlinearen Regime hingegen<br />

stellt die getriebene Messung die einzige Möglichkeit dar, eine<br />

v(F) Beziehung zu ermitteln, welche dann verwendet werden kann,<br />

um Rückschlüsse auf die nichtlineare Dämpfung zu ziehen (vgl. Abschnitt<br />

3.2).<br />

Zeitreihen<br />

Eine Variante der getriebenen Messung wird bei den Messungen im<br />

Regime des intermittenten Schaltens angewendet. Allerdings wird<br />

hier nicht der Gleichgewichtswert der Geschwindigkeitsamplitude<br />

registriert, sondern vielmehr eine relativ hoch aufgelöste Zeitreihe<br />

von typischerweise 10 Meßwerten pro Sekunde aufgezeichnet.<br />

Die Aufzeichnungsdauer ist stark abhängig von der Schalthäufigkeit<br />

zwischen laminarem und turbulentem Fluß und liegt zwischen<br />

wenigen Stunden z.B. in der Mitte des Intermittenzbereichs und bis<br />

zu 24 Stunden bei Messungen am Rande des Intermittenzbereichs,<br />

wo die Schaltvorgänge seltener auftreten (vgl. Abschnitt 3.3). Bei diesen<br />

Messungen ist die Nachregelung der Frequenz der antreibenden


56 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

Kraft (s. Abschnitt 2.3.4) von besonderer Bedeutung, da sich die Amplitude<br />

der Kugelschwingung innerhalb von etwa 5 s um bis zu 50 %<br />

ändern kann.<br />

Die so aufgezeichneten Zeitreihen werden ausgewertet, indem<br />

diejenigen Punkte bestimmt werden, an welchen die Flüssigkeit von<br />

laminarer Strömung in turbulente Strömung umschaltet, bzw. umgekehrt.<br />

Daraus werden sodann die Lebensdauern der laminaren<br />

bzw. turbulenten Phasen ermittelt sowie die während der laminaren<br />

Phasen erreichte maximale Geschwindigkeitsamplitude der Kugeloszillationen<br />

ausgewertet. Um diese aufgrund der hohen Anzahl<br />

von Schaltvorgängen äußerst aufwendige Analyse zu automatisieren,<br />

wird die Ableitung der Zeitreihe betrachtet und anhand der Vorzeichenwechsel<br />

die Extrema ermittelt. In der Praxis ist diese Aufgabe<br />

mit diesem einfachen Ansatz aber nicht zuverlässig zu lösen,<br />

da es aufgrund von Signalrauschen in Verbindung mit nahezu konstanter<br />

Geschwindigkeitsamplitude zu Fehlinterpretationen kommt,<br />

welche das Resultat der Analyse schwerwiegend verfälschen und somit<br />

unbrauchbar machen. Daher wurde das oben erwähnte Verfahren<br />

der Extremalwertsuche in [30] stark verfeinert und so modifiziert,<br />

daß insbesondere die zwangsläufig auftretenden Phasen konstanter<br />

Amplitude keine Fehlinterpretationen mehr verursachen. Dazu wird<br />

die Eigenschaft der Zeitreihen ausgenutzt, daß sich die Steigung des<br />

Graphen jeweils in den Schaltpunkten plötzlich sehr stark ändert.<br />

Der Zeitreihe wird lokal eine ansteigende (bei der Maximumsuche)<br />

bzw. abfallende (bei der Minimumsuche) Gerade überlagert und somit<br />

die zu analysierende Kurve ‚gekippt‘. Damit wird die Gefahr von<br />

Fehlinterpretationen nahezu eliminiert. In der Praxis hat sich der in<br />

[30] beschriebene Algorithmus als sehr zuverlässig erwiesen.<br />

2.1.3 Ladungsbestimmung<br />

Wie im Abschnitt 2.1.1 gesehen, wird die Kugel bei der Präparation<br />

des Levitationszustandes mit einer elektrischen Ladung versehen.<br />

Die Größe der aufgebrachten Ladung entzieht sich dabei einer exakten<br />

Kontrolle, da sie von nicht beeinflußbaren Parametern, wie oxidierter<br />

Elektrodenoberfläche etc., abhängig ist. Ebenso besteht bei je-


2.1 Meßmethode 57<br />

dem Einkondensieren des Heliums in die Meßzelle die Möglichkeit,<br />

daß mit dem Helium geladene Fremdkörper in die Zelle gelangen<br />

und dort von der Kugel elektrostatisch angezogen werden, wodurch<br />

sich die Ladung der Kugel verringert. Bei der Auswertung der Meßdaten<br />

spielt die Ladung der Kugel jedoch eine wichtige Rolle. Insbesondere<br />

erhält man bei der getriebenen Messung (s. Abschnitt 2.1.2)<br />

aus Gleichung (2.3)<br />

I(Uac) = q2<br />

d 2 λ Uac , (2.4)<br />

eine quadratische Abhängigkeit des gemessenen Wertes von der Ladung<br />

der Kugel. Daher ist es erforderlich, die Ladung möglichst exakt<br />

zu bestimmen. Dies läßt sich durch einen Vergleich der Resultate<br />

der getriebenen Messung im linearen Regime und einem freien Zerfall<br />

bewerkstelligen. Dazu löst man Gleichung 2.4 nach der Kugelladung<br />

q auf<br />

<br />

q =<br />

d 2 λ I<br />

Uac<br />

, (2.5)<br />

setzt den linearen Reibungskoeffizienten, wie er aus dem freien Zerfall<br />

gemäß Gleichung 2.1 bestimmt werden kann, ein und verwendet<br />

das Verhältnis I/Uac, das sich aus einer Reihe getriebener Messungen<br />

bei unterschiedlichen Werten für Uac im linearen Regime ergibt.<br />

Voraussetzung ist dabei, daß in beiden Messungen die Temperatur<br />

der Meßzelle konstant bleibt, da der lineare Dämpfungskoeffizient λ<br />

stark temperaturabhängig ist (vgl. Abschnitt 1.2.1).<br />

2.1.4 Herstellung von 3 He- 4 He-Mischungen<br />

Im Abschnitt 3.4 wird die Viskosität von 3 He- 4 He-Mischungen sowie<br />

der Einfluß von 3 He-Verunreinigungen auf den Übergang zwischen<br />

laminarer und turbulenter Strömung untersucht. Hierfür ist es erforderlich,<br />

definierte 3 He- 4 He-Mischungen herzustellen. Zu diesem<br />

Zweck wird ein Mischbehälter mit einem Volumen von 5 ℓ verwendet,<br />

an welchen zwei Absolutdruckmeßgeräte (Wallace & Tiernan)<br />

mit einem Gesamttotvolumen von 3,85 ℓ angeschlossen sind. Damit<br />

ist eine Ablesung im Bereich von 0 torr bis über Atmosphärendruck


58 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

tatsächliche Zielkonzentration<br />

0,01<br />

1E-4<br />

1E-6<br />

1E-8<br />

c( 3 He) = 2e-7<br />

c( 3 He) = 1e-9<br />

völlig reines He-4<br />

1E-13 1E-11 1E-9 1E-7 1E-5 1E-3<br />

theoretische Zielkonzentration<br />

Abweichung vom Zielwert in %<br />

10<br />

1<br />

0,1<br />

0,01<br />

1 10 100 1000 10000<br />

Zielkonzentration / Konzentration des Mischungsmediums<br />

Abbildung 2.4: Verdünnung von 3 He/ 4 He-Mischungen. Im linken<br />

Teilbild ist die durch sukzessives Verdünnen mit verschiedenen Medien<br />

erreichte Konzentration über der Konzentration aufgetragen,<br />

die sich für 100 % reines 4 He als Verdünnungsmedium ergeben würde.<br />

Man erkennt, daß sich Abweichungen ergeben, wenn die gewünschte<br />

Zielkonzentration vergleichbar mit der Konzentration des<br />

Verdünnungsmediums wird. Im rechten Teilbild wird dies näher<br />

quantifiziert, indem die Abweichung der Konzentration vom Sollwert<br />

über dem Verhältnis von gewünschter Zielkonzentration und<br />

Konzentration des Mischungsmediums aufgetragen wird.<br />

(760 torr) mit einer Genauigkeit von 1 torr möglich. Zusätzlich stellt<br />

das zweite Manometer einen Feinmeßbereich von 0 torr bis 20 torr<br />

mit einer Zehntelteilung zur Verfügung, so daß kleine Drücke mit<br />

sehr hoher Präzision gemessen werden können. Dem Behälter kann<br />

über ein Ventilsystem wahlweise reines 3 He, reines 4 He (mit einer<br />

garantierten Reinheit von 99,999 999 9 %) oder natürliches 4 He aus<br />

einer handelsüblichen Druckflasche zugeführt werden. Zur Erzeugung<br />

definierter Mischungen wird das Gefäß evakuiert, so daß der<br />

Feinmeßbereich des zweiten Manometers verwendet werden kann,<br />

und dann wenige Torr 3 He zugefügt. Anschließend wird mit natürlichem<br />

Helium bis etwa auf Atmosphärendruck aufgefüllt. Daraufhin<br />

wird der Behälter erneut teilweise evakuiert und erneut mit natürlichem<br />

Helium gefüllt und so durch sukzessives Verdünnen die gewünschte<br />

Konzentration eingestellt. Hierbei ergibt sich jeweils die


2.1 Meßmethode 59<br />

neue 3 He-Konzentration cn nach dem Auffüllen aus der Ausgangskonzentration<br />

ca beim Druck pa bis zum Enddruck pn nach folgender<br />

Beziehung:<br />

cn = paca + (pn − pa)cv<br />

pn<br />

, (2.6)<br />

wobei cv die 3 He-Konzentration des Verdünnungsmediums angibt.<br />

Im Falle des reinen 4 He beträgt diese cv = 1 · 10 −9 im Falle des natürlichen<br />

Heliums cv ≈ 2 · 10 −7 . In Abbildung 2.4 (linkes Bild) ist<br />

die durch sukzessives Verdünnen mit verschiedenen Medien erreichte<br />

Konzentration aufgetragen. Die Rechtswertachse gibt dabei den<br />

Wert an, der sich bei Verwendung von absolut reinem 4 He ergeben<br />

würde. Man erkennt deutlich, daß es bei höheren Konzentrationen<br />

völlig ausreichend ist, die Verdünnung mit natürlichem Helium vorzunehmen.<br />

Sobald jedoch die Zielkonzentration cn in der Größenordnung<br />

der 3 He-Konzentration des natürlichen Heliums liegt, entsteht<br />

eine deutliche Abweichung. Quantitativer läßt sich dies im rechten<br />

Teilbild von Abbildung 2.4 ablesen. Um einen Fehler in der Konzentration<br />

der Zielmischung von unter ca. 5 % zu erreichen, muß das<br />

Verdünnungsmedium um einen Faktor 20 sauberer sein als die gewünschte<br />

Zielmischung. Im Prinzip wäre es dennoch möglich, die<br />

Verdünnung in diesem Fall mit dem deutlich kostengünstigeren natürlichen<br />

Helium vorzunehmen und diese Abweichung bei der Konzentrationsbestimmung<br />

zu berücksichtigen. Allerdings ist dafür eine<br />

exakte Kenntnis der Zusammensetzung des zur Verdünnung verwendeten<br />

Heliums erforderlich, welche in der Regel jedoch nicht gegeben<br />

ist. Daher ist es notwendig die letzten Verdünnungsschritte<br />

mit reinem 4 He durchzuführen.<br />

Wenn verschiedene Mischungen nacheinander in der Meßzelle<br />

untersucht werden sollen, muß sichergestellt sein, daß diese hinreichend<br />

sauber ist, also insbesondere nicht zu viele 3 He-Atome beim<br />

Mischungswechsel in der Zelle verbleiben. Um dies zu gewährleisten,<br />

wird mehrmals mit der neu zu untersuchenden Mischung gespült.<br />

Die Evakuierung der Meßzelle läßt sich dabei sehr gut mit der


60 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

Abbildung 2.5: Mikroskopische Aufnahmen der Kugel. Die beiden<br />

linken <strong>Bilder</strong> zeigen die Oberfläche der Kugel, während das dritte<br />

Bild als Durchlichtaufnahme eine sehr gute Äquatorialansicht der<br />

Kugel liefert. (Fotos von M. Zitzlsperger)<br />

oszillierenden Kugel überwachen (vgl. [30]), da die Bedämpfung der<br />

Oszillationen stark mit dem Restgasdruck in der Zelle variiert<br />

p = (λ − 6πηr 2 )<br />

kBT<br />

36π 3 R 4 ηm4 f<br />

2.2 Aufbau der Meßzelle<br />

, η = 1,2 · 10 −6 Pa s . (2.7)<br />

Die Meßzelle besteht aus mehreren Teilen. Das Kernstück besteht aus<br />

einem kugelförmigen Permanentmagneten, der sich in dem aus Niob<br />

und Glas gefertigten supraleitenden Kondensator befindet. Dieser<br />

wiederum ist in einem mit Helium befüllbaren Behälter am Boden<br />

der Mischkammer eines Verdünnungskryostaten befestigt. Um eine<br />

bessere Wärmeankopplung zu erreichen, wird eine Kupferplatte<br />

mit beidseitig eingelassenem Sintermaterial als Mischkammerboden<br />

verwendet. Für die Experimente mit der radioaktiven Quelle (s. Abschnitt<br />

3.3.3) ist darüber hinaus eine geeignete Aufhängung zur Aufnahme<br />

der Quelle außerhalb des Kryostaten erforderlich.


2.2 Aufbau der Meßzelle 61<br />

2.2.1 Die Kugel<br />

Damit die Kugel später über dem Supraleiter levitieren kann, ist es<br />

notwendig sie aus ferromagnetischem Material herzustellen. Wegen<br />

seiner relativ hohen Magnetisierung wurde SmCo5 als Material ausgewählt,<br />

wie es auch als Permanentmagnet in hochwertigen Lautsprechersystemen<br />

zum Einsatz kommt. Die sphärische Form wurde<br />

dadurch erhalten, daß ein kleines Stück des Materials in einer<br />

mit Druckluft betriebenen Kugelmühle ausreichend lange bearbeitet<br />

wurde. Abbildung 2.5 zeigt ein stark vergrößertes Bild der in<br />

dieser Arbeit eingesetzten Kugel. Sie wurde von J. Jäger hergestellt<br />

und auch bereits für einen Teil der Messungen in [24] verwendet. Als<br />

Masse der Kugel wird dort m = (27 ± 0,5) µg angegeben. Der Kugelradius<br />

wurde unter Annahme einer idealen sphärischen Form unter<br />

Verwendung der vom Hersteller des Materials angegebenen Dichte<br />

(ρ = 5,1 · 10 3 kg/m 3 ) zu 108 µm bestimmt. Im Verlauf der vorliegenden<br />

Arbeit wurde der Kugelradius durch Anpassung der im laminaren<br />

Regime gewonnenen temperaturabhängigen Dämpfungswerte<br />

an die theoretischen Werte (s. Abschnitt 1.2.1) erneut bestimmt.<br />

Hierbei ergab sich ein etwas höherer Wert von R = 124 µm. Eine<br />

ebenfalls durchgeführte Messung der Kugelgröße mit Hilfe eines Mikroskops<br />

lieferte einen Radius von R = (124 ± 4) µm, in perfekter<br />

Übereinstimmung zum hydrodynamisch ermittelten Wert.<br />

Die Aufnahmen in Abbildung 2.5 wurden mit Hilfe eines stereoskopischen<br />

Auflichtmikroskops gewonnen. Leider ist jedoch nur eine<br />

monookulare Aufzeichnung des Bildes möglich, so daß die Reproduktion<br />

das wirkliche Bild nur äußerst unzureichend wiedergeben<br />

kann. Bei direkter Betrachtung durch das Mikroskop erscheint<br />

die Kugel sehr schön rund, besitzt allerdings eine relativ rauhe Oberfläche.<br />

Der optische Eindruck entspricht etwa einem aus Alufolie gekneteten<br />

Kügelchen von ca. 2 cm Durchmesser. Was sich bereits im<br />

mittleren Bild in Abbildung 2.5 andeutet, bestätigt die Phasenkontrastaufnahme<br />

im dritten Teilbild, welche ein sehr schönes Bild vom<br />

Äquator der Kugel liefert. Offenbar ist die Kugel nicht perfekt sphärisch<br />

und besitzt darüberhinaus eine etwas zerklüftete Stelle mit einer<br />

außergewöhnlich tiefen ‚Schlucht‘ und mehreren kleinen ‚Gebir-


62 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

Abbildung 2.6: Bild der inneren Komponenten der Meßzelle. Die untere<br />

Elektrode ist als 1 mm Erhöhung mit 2 mm Durchmesser über<br />

der Niob-Basisplatte ausgeführt. Über diese Erhöhung ist das Glasröhrchen<br />

geschoben, welches den Abstandshalter für die obere Elektrode<br />

bildet. Die obere Elektrode ist als Deckel ausgeführt, um die<br />

Kugel sicher im Inneren der Meßzelle zu halten und die spätere Montage<br />

im äußeren Zellenhalter zu erleichtern. Im Kondensator ist die<br />

ferromagnetische Kugel zu erkennen. Zum Größenvergleich ist links<br />

ein handelsübliches Streichholz abgebildet.<br />

gen‘ in der Nähe. Die Ursachen für diese Imperfektionen sind in der<br />

Produktionsmethode der Kugel sowie möglicherweise auch in Inhomogenitäten<br />

des Ausgangsmaterials zu suchen.<br />

2.2.2 Meßzelle<br />

Die Meßzelle wurde aus reinem Niob gefertigt, das lediglich ca. 0,2 %<br />

metallische Verunreinigungen besitzt. Versuche mit noch reinerem<br />

Elektrodenmaterial waren in der Vergangenheit nicht erfolgreich [24,<br />

S. 3]. Eine maßstabsgetreue schematische Zeichnung der Meßzelle ist<br />

in Abbildung 2.7 zu sehen. Als Abstandshalter zwischen oberer und<br />

unterer Elektrode dient ein Quarzglasrohr, welches gleichzeitig verhindert,<br />

daß die Kugel den Raum zwischen den beiden Kondensatorplatten<br />

verlassen kann. Quarzglas wurde deswegen als Material


2.2 Aufbau der Meßzelle 63<br />

für den Abstandshalter gewählt, weil es im Vergleich zu den meisten<br />

Kunststoffen einen geringen Anteil von Kernen mit magnetischem<br />

Moment besitzt. Diese Kernmomente könnten möglicherweise<br />

durch die oszillierende ferromagnetische Kugel angeregt werden,<br />

wodurch unerwünschte Energiedissipation verursacht würde. Außerhalb<br />

des Glasrohres befindet sich eine ebenfalls aus Niob gefertigte<br />

Abschirmung, welche einerseits störende magnetische Einflüsse<br />

vom Inneren der Meßzelle abhalten und andererseits das im Kondensator<br />

in vertikaler Richtung linear zunehmende elektrische Potential<br />

auch im Außenbereich nachbilden, und damit Feldverzerrungen<br />

am Rand des Kondensators reduzieren soll. Um dies zu erreichen,<br />

besteht die Schirmung aus zwei voneinander isolierten und übereinander<br />

angeordneten Niobringen, die sich jeweils auf dem selben<br />

Potential wie die untere bzw. obere Kondensatorelektrode befinden.<br />

Die Schirmung wurde ebenso wie die übrige Zelle daraufhin optimiert,<br />

daß alle Kunststoffteile möglichst weit von der Kugel entfernt<br />

sind. Das geringe Spaltmaß zwischen den beiden Teilen der Abschirmung<br />

stellt sicher, daß Spannungsdurchbrüche, wie sie bei ungenügend<br />

evakuierter Zelle bei der Präparation des Levitationszustandes<br />

(s. Abschnitt 2.1.1) auftreten können zuerst hier geschehen, so daß<br />

der dabei auftretende relativ hohe Ladungsfluß unmittelbar in den<br />

geerdeten Schutzring abfließt und somit der empfindliche Elektrometerverstärker<br />

(s. Abschnitt 2.3.2) weniger stark gefährdet ist.<br />

Um die Zelle möglichst leicht montierbar zu machen, wurde sie<br />

in Elementbauweise realisiert. Nachdem die Kugel im Kondensator<br />

plaziert ist, können die verschiedenen Bauteile sukzessiv in die Nylonhalterung<br />

eingesetzt werden. Zu diesem Zweck wird auch die<br />

obere Elektrode wie die untere lediglich über ein Kontaktblech elektrisch<br />

leitend mit der Zuleitung verbunden und nicht mit Leitsilber<br />

befestigt. Um dennoch eine ausreichende Kontaktsicherheit einerseits<br />

und Schutz des Glasrohres vor mechanischen Spannungen<br />

während der Abkühlungsphase andererseits zu erreichen, werden<br />

zusätzlich elastische Elemente aus dünnem Bronzeblech sowie dünner<br />

Niobfolie eingesetzt.


64 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

Abbildung 2.7: Maßstabsgetreue Zeichnung der Meßzelle. 1: obere<br />

Elektrode (Nb), 2: untere Elektrode (Nb), 3: sphärischer Permanentmagnet<br />

(SmCo5), 4: Quarzglasrohr, 5: oberer und unterer Schirmring<br />

(Nb), 6: Schutzring (Nb), 7: elektrische Isolation (PVC), 8: untere Halterung<br />

(Nylon), 9: obere Halterung (Messing), 10: unteres Kontaktblech<br />

und elastisches Element (Bronzeblech), 0: elastisches Element<br />

(Nb-Folie), i: oberer Zuleitungsdraht mit angelötetem Kontaktblech<br />

(Bronze). Der Innendurchmesser von 8 beträgt 12 mm.<br />

2.2.3 Einbau der Meßzelle<br />

Zur Kühlung der Meßzelle auf die für die Messung erforderlichen<br />

tiefen Temperaturen von bis zu 24 mK wird diese in einen 3 He/ 4 He-<br />

Mischungskryostaten eingebaut. Die Meßzelle wird dazu in einen<br />

Behälter aus Kupfer eingesetzt, in den die in Abildung 2.7 gezeigte<br />

Nylonaufnahme (8) sowie das untere Kontaktblech (10) bereits eingeklebt<br />

sind. Darüberhinaus verfügt der Behälter über vakuumdichte<br />

Durchführungen für den Anschluß der beiden Elektroden sowie des<br />

Zellenthermometers und eine Füllkapillare, durch welche die Zelle<br />

evakuiert und mit Helium gefüllt werden kann. Der Kupferbehälter<br />

wird nach Montage der Meßzelle vakuumdicht unmittelbar am


2.2 Aufbau der Meßzelle 65<br />

Abbildung 2.8: Fotografie des an der Mischkammer angeflanschten<br />

Meßzellenhalters. Ganz unten ist der Meßzellenhalter aus Kupfer mit<br />

den Durchführungen für die beiden Elektroden des Kondensators<br />

und das Thermometer sowie der Füllkapillare zu erkennen. Darüber<br />

befindet sich die Mischkammer, abgetrennt durch den mit Sintereinsätzen<br />

(im Bild nicht sichtbar) versehenen Kupferboden.<br />

Boden der Mischkammer des Kryostaten verschraubt. Um die Temperaturankopplung<br />

zwischen Meßzelle und Mischkammer zu verbessern,<br />

wird als Mischkammerboden eine Kupferplatte verwendet,<br />

welche zur Vergrößerung der Oberfläche zusätzlich mit beidseitig<br />

eingepreßtem Sintermaterial versehen ist.<br />

2.2.4 Die radioaktive Quelle<br />

Bei den Messungen mit radioaktiver Quelle (s. Abschnitt 3.3.3) wird<br />

eine 60 Co-Quelle in Höhe der Meßzelle außerhalb des Heliumdewars<br />

angebracht. Das stabförmige Gehäuse der Quelle wird hierfür in ein


66 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

Kunststoffrohr passenden Durchmessers eingeschoben, welches an<br />

der entsprechenden Stelle befestigt wurde. Dadurch ist es möglich,<br />

die Quelle problemlos zu entfernen und wieder zu befestigen, ohne<br />

dabei den Montageort zu verändern. 60 Co ist ein Betastrahler, wobei<br />

aber die Elektronen der Betastrahlung nur eine Maximalenergie von<br />

0,3 MeV besitzen und somit lediglich die ebenfalls emittierte Gammastrahlung<br />

den Mantel des Heliumdewars aus Edelstahl bzw. die<br />

Zellenummantelung durchdringen kann. Die Gammaquanten besitzen<br />

Energien von 1,17 MeV bzw. 1,33 MeV, so daß die Abschirmwirkung<br />

des Heliumdewars aus dünnem Edelstahl bzw. Aluminium<br />

sehr gering ist, wie auch Messungen mit einem Stahlungsmeßgerät<br />

ergeben haben: etwa 80 % der Strahlung erreicht die Meßzelle.<br />

Die Aktivität des noch sehr neuen Präparats ist vom Hersteller<br />

mit 74 kBq angegeben. Nach den Ausführungen in [34, S. 224] berechnet<br />

sich die Ortsdosisleistung (Kermaleistung) ˙K mit Hilfe der<br />

Aktivität A und der Dosisleistungskonstante δ sowie dem Abstand<br />

zur Strahlungsquelle R zu<br />

˙Kδ(R) = δ<br />

A<br />

. (2.8)<br />

R2 Die Dosisleistungskonstante wird in [34, S.227] für 60 Co bezogen auf<br />

Luft hergeleitet und beträgt<br />

δ = 0,306<br />

mGy · m2<br />

h · GBq<br />

. (2.9)<br />

Mit den Daten des Experiments (R = 15,4 cm, A = 74 kBq) ergibt<br />

sich damit die Kermaleistung der radioaktiven Quelle am Ort der<br />

Meßzelle zu<br />

˙KCo = 954 nGy/h . (2.10)<br />

Demgegenüber liegt die Kermaleistung durch natürliche Strahlungsquellen<br />

in Bayern bei typischerweise 60,1 pGy/s [34, S. 277]. Berücksichtigt<br />

man die Abschirmwirkung und zusätzlich abgegebene<br />

Strahlung des Gebäudes, ergibt sich mit der Betonbauweise der <strong>Universität</strong><br />

<strong>Regensburg</strong> ein Faktor 1,3 in der Kermaleistung [34, S. 278].


2.2 Aufbau der Meßzelle 67<br />

d Quelle ↔ Zähler durchstrahltes ˙K ˙K − ˙K0<br />

(cm) Medium (nGy/h) (nGy/h)<br />

15 Luft 600 ± 5 % 550<br />

30 Luft 250 ± 5 % 200<br />

30 Dewar 170 ± 5 % 120<br />

Tabelle 2.1: Übersicht der Ergebnisse der Messung der Dosisleistung<br />

der radioaktiven Quelle.<br />

Durch kosmische Höhenstrahlung vergrößert sich die Dosisleistung<br />

nochmals um 26 nGy/h [34, S. 278]. Damit kann von einer gesamten<br />

natürlichen Kermaleistung von<br />

˙Knat = 60,1 nGy/h · 1,3 + 26 nGy/h = 104 nGy/h (2.11)<br />

ausgegangen werden. Um Unsicherheiten bezüglich der tatsächlichen<br />

Aktivität der Quelle sowie mögliche lokale Abweichungen vom<br />

typischen Wert der natürlichen Hintergrundstrahlung auszuschließen,<br />

wurde durch Prof. Dr. H. von Philipsborn zusätzlich eine Messung<br />

der Dosisleistungen mit einem Geiger-Müller-Zählrohr (Szintomat<br />

6134) durchgeführt. Die Bestimmung der Dosisleistung der natürlichen<br />

Hintergrundstrahlung lieferte dabei einen Wert von<br />

˙Knat = 50 nGy/h (±10 %) , (2.12)<br />

also etwa die Hälfte des aus der Tabelle ermittelten Wertes. Die Meßwerte<br />

bei Verwendung der Quelle sind in Tabelle 2.1 zusammengestellt.<br />

Aus diesen Messungen läßt sich unter Zuhilfenahme von Gleichung<br />

(2.8) die Aktivität der Quelle bestimmen. Es ergibt sich ein<br />

Wert von 40 kBq — deutlich geringer als die vom Hersteller des Präparats<br />

angegebene Aktivität, die wohl als Obergrenze 1 zu verstehen<br />

1 Die gesetzlichen Bestimmungen erfordern die Einhaltung einer bestimmten Maximalaktivität<br />

für radioaktive Präparate zu Demonstrationszwecken im Schulunterricht.<br />

Die verwendete radioaktive Quelle besitzt eine entsprechende Zulassung.


68 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

ist. Zunächst wird durch Vergleich der Messungen mit und ohne Dewar<br />

die Abschirmwirkung des Kryostaten ermittelt:<br />

200 nGy/h · e −30cm/L = 120 nGy/h<br />

⇒ L = 59 cm<br />

Damit erreichen 77 % der ursprünglichen Dosisleistung die Meßzelle<br />

in der Mitte des Dewargefäßes, die zugehörige Dosisleistung am Ort<br />

der Meßzelle beträgt also<br />

˙KCo = 550 nGy/h · e −30/59 = 420 nGy/h . (2.13)<br />

Das Verhältnis der Kermaleistungen mit am Kryostaten angebrachter<br />

radioaktiver Probe und der natürlichen Hintergrundstrahlung ergibt<br />

sich damit aus den gemessenen Werten zu:<br />

σ = ˙KCo + ˙Knat<br />

˙Knat<br />

2.3 Elektrische Beschaltung<br />

= 9,4 ± 15 % (2.14)<br />

Zur Anregung und Detektion der Kugeloszillationen, zur Präparation<br />

des Levitationszustandes sowie zur Realisierung der automatischen<br />

Nachregelung der Frequenz der Antriebskraft ist eine Vielfalt<br />

von Meßgeräten erforderlich, deren Zusammenwirken im folgenden<br />

erläutert werden soll. Eine erste Übersicht bietet dabei das Blockschaltbild<br />

in Abbildung 2.9.<br />

2.3.1 Spannungsquellen<br />

Die zur elektrostatischen Aufladung der Kugel während der Präparation<br />

des Levitationszustandes erforderliche Hochspannung von<br />

±(600–1000) V wird mit Hilfe eines Hochspannungsnetzteiles (Knott<br />

Elektronik NHSV-3,5 BN649) erzeugt. Die Hochspannung wird der<br />

unteren Elektrode des Experiments über einen hochohmigen Widerstand<br />

(2,2 M ) zugeführt, um im Falle eines Kurzschlusses bzw.


2.3 Elektrische Beschaltung 69<br />

Abbildung 2.9: Blockschaltbild des Experiments. Während die Hochspannung<br />

gleichspannungsgekoppelt mit der unteren Elektrode verbunden<br />

ist, wird die Wechselspannung zur Anregung der Oszillationen<br />

über einen hochspannungsfesten Kondensator eingekoppelt.<br />

Zur Kompensation des kapazitiven Übersprechens wird ein<br />

durch einen Inverter um 180° phasenverschobenes Signal verwendet.<br />

Die per Rechnersteuerung realisierte Nachführung der Frequenz der<br />

Wechselspannung nutzt die vom LockIn-Verstärker zur Verfügung<br />

gestellte Phaseninformation. Die Meßdaten werden rechnergestützt<br />

mit einem maßgeschneiderten x-t-Schreiber-Programm aufgezeichnet.<br />

Hochspannungsdurchbruchs den maximal fließenden Strom zu begrenzen.<br />

In der Praxis hat sich gezeigt, daß der Widerstand nicht<br />

ausreicht, um ein sicheres Löschen einer Glimmentladung bei dem<br />

hier verwendeten Design der Meßzelle zu erreichen.<br />

Die zur Erzeugung des elektrischen Wechselfeldes im Kondensator<br />

— und damit der antreibenden Kraft — erforderliche sinusförmige<br />

Wechselspannung wird mit einem HP-3325B Funktionsgenerator<br />

erzeugt und über einen hochspannungsfesten Kondensator<br />

(C=220 nF, 1250 V) an die untere Elektrode der Meßzelle angekoppelt.<br />

Der Frequenzgenerator kann Wechselspannungen Uac mit einer<br />

Amplitude von 1 mV bis zu 20 V mit einer Frequenzauflösung von


70 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

10 −5 Hz bei 300 Hz liefern. Damit können je nach Kugelladung typische<br />

antreibende Kräfte<br />

F = qE = q<br />

d Uac<br />

von 1 pN bis zu 20 nN ausgeübt werden.<br />

2.3.2 Elektrometerverstärker<br />

(2.15)<br />

Die geladene Kugel im Kondensator induziert auf den Kondensatorplatten<br />

Influenzladungen, welche dem Feld einer Spiegelladung jenseits<br />

der Elektrode entsprechen. Hierbei ergibt sich eine unendliche<br />

Kette von Spiegelladungen. In [10] wird gezeigt, daß bei Berücksichtigung<br />

aller dieser Spiegelladungen sich die gesamte auf der Kondensatorplatte<br />

influenzierte Ladung zu<br />

qinfl = − x<br />

q (2.16)<br />

d<br />

ergibt (x: Abstand der Kugel von der unteren Elektrode). Anschaulich<br />

bedeutet dieses Ergebnis, daß die Ladung, wenn sie sich von<br />

der unteren Platte ablöst, kontinuierlich auf die obere Platte transportiert<br />

wird – es existiert keine Diskontinuität z.B. beim Auftreffen<br />

der Ladung auf der oberen Elektrode. Voraussetzung für dieses einfache<br />

Ergebnis ist ein weit ausgedehnter Plattenkondensator sowie<br />

eine hinreichend punktförmige Ladung. Im Falle der oszillierenden<br />

Kugel bedeutet dies, daß in der Zuleitung der oberen Elektrode ein<br />

Strom von<br />

I(t) =<br />

d qinfl(t)<br />

dt<br />

= − q d x(t)<br />

d dt<br />

q<br />

= − v(t) (2.17)<br />

d<br />

influenziert wird.<br />

Nachdem sowohl die Ladung der Kugel als auch ihre Geschwindigkeit<br />

relativ gering sind, ergibt sich ein entsprechend kleiner Influenzstrom<br />

in der Größenordnung 10 −12 A. Es hat sich gezeigt, daß der


2.3 Elektrische Beschaltung 71<br />

Abbildung 2.10: Schaltbild des Elektrometerverstärkers. Der Operationsverstärker<br />

wird als invertierender Verstärker betrieben.<br />

vorhandene Stromeingang der verwendeten Meßgeräte keine ausreichend<br />

hohe Empfindlichkeit bzw. einen zu hohen Rauschpegel aufweist,<br />

um das Signal mit ausreichender Qualität detektieren zu können.<br />

Daher kommt ein separater Elektrometerverstärker zum Einsatz<br />

(s. Abbildung 2.10), dessen Kernstück der Operationsverstärker<br />

AD 549 von Analog Devices darstellt. Dieser Baustein zeichnet sich<br />

durch einen sehr hohen Eingangswiderstand (Eingangsstrom typisch<br />

40 fA), einen hohen Verstärkungsfaktor sowie eine hohe Grenzfrequenz<br />

von 1 Mhz bei Kleinsignalverstärkung aus (vgl. [1]). Da der<br />

Eingang des Bausteins empfindlich auf elektrostatische Aufladung<br />

und Überspannungen reagiert, wird der Elektrometereingang während<br />

der Präparation des Schwebezustandes (s. 2.1.1) durch ein antiparallel<br />

geschaltetes Paar von Si-Standarddioden gegen Signalmasse<br />

vor eventuellen Hochspannungsüberschlägen geschützt. Als Stromversorgung<br />

für den Elektrometerverstärker dient ein längsgeregeltes<br />

symmetrisches Netzteil, die Zuleitung zum Elektrometer ist als abgeschirmte<br />

dreipolige Leitung ausgeführt. Die gewählte invertierende<br />

Beschaltung des Operationsverstärkers mit einem Rückkoppelwiderstand<br />

von Rv = 10 9 führt zu einer Verstärkung von<br />

UAusgang = −Rv IZelle ,<br />

d.h. ein Eingangsstrom von -1 pA am Eingang des Elektrometers<br />

führt zu einer Ausgangsspannung von 1 mV. Um geringe systemati-


72 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

sche Meßfehler zu erreichen, muß sichergestellt werden, daß tatsächlich<br />

der gesamte durch die oszillierende Kugel induzierte Verschiebungsstrom<br />

vom Elektrometer registriert wird und nicht über andere<br />

Wege abfließen kann. Hierfür ist ein möglichst kleiner Eingangswiderstand<br />

des Elektrometers erforderlich. Wie in [27] dargestellt, erhält<br />

man den Eingangswiderstand des Elektrometers aus dem Wert<br />

des Rückkoppelwiderstandes und der Gleichstromverstärkung des<br />

verwendeten Operationsverstärkers (in diesem Fall etwa 10 6 ) zu<br />

Re = 109<br />

= 1 k .<br />

106 Damit ergibt sich nach der Diskussion in [24], daß die parasitären<br />

Ströme unter 0,1% liegen und somit diese Fehlerquelle vernachlässigbar<br />

ist. Darüberhinaus besitzt das Elektrometer eine frequenzabhängige<br />

Verstärkung, die bei höheren Frequenzen eine Korrektur der<br />

Meßwerte erforderlich macht (s. [40]). Wie aus Abbildung 1.5 in [24]<br />

ersichtlich, werden diese Korrekturen für Frequenzen oberhalb von<br />

ca. 300 Hz erforderlich, so daß aufgrund der in dieser Arbeit verwendeten<br />

Frequenzen von bis zu 240 Hz keine Korrekturen vorzunehmen<br />

sind.<br />

2.3.3 Kompensation<br />

An der unteren Elektrode der Meßzelle wird die zur Anregung der<br />

Kugelschwingung erforderliche Wechselspannung angelegt, während<br />

die obere Elektrode durch das Elektrometer auf virtueller Masse<br />

gehalten wird. Als Kondensator stellt die Meßzelle für die Wechselspannung,<br />

welche zur Anregung der Kugelschwingung verwendet<br />

wird, einen Wechselstromwiderstand dar, so daß es zu kapazitivem<br />

Übersprechen der Anregungsspannung kommt. Aus der Geometrie<br />

der Meßzelle (vgl. Abbildung 2.7) berechnet sich deren Kapazität zu<br />

<br />

2 ri CZ = εri +<br />

di<br />

r2 a − r2 i<br />

da<br />

εra<br />

πε0 ≈ 102 fF (2.18)<br />

mit ri=1 mm, di=1 mm, ra=1,5 mm, da=3 mm, sowie die relative Dielektrizitätskonstante<br />

von Quarzglas εra = 2,13 [35]. Dabei ist mit


2.3 Elektrische Beschaltung 73<br />

dem Index i das ‚Innere‘ des Kondensators bezeichnet, in dem sich<br />

die Kugel befindet, während der Index a den ‚äußeren‘ Teil beschreibt,<br />

welcher gegeben ist durch den 0,5 mm starken Kreisring an<br />

der oberen Elektrode, der auf dem Quarzglasring aufliegt. Gemäß<br />

dem sich daraus ergebenden Wechselstromwiderstand<br />

RZ = 1<br />

CZω<br />

der Meßzelle von etwa 5,2 G bei 300 Hz ergibt sich ein Übersprechsignal<br />

von ≈ 190 pA bei Uac = 1 V. Dazu kommen noch zusätzliche<br />

Beiträge durch die Zuleitungen innerhalb des Kryostaten von etwa<br />

60 pA. Da dieses Übersprechsignal damit deutlich größer ist als<br />

das von der oszillierenden Kugel produzierte Signal, ist eine Kompensation<br />

dieses störenden Anteils erforderlich. Dazu wird die Anregungsspannung<br />

Uac durch einen invertieren Verstärker mit einstellbarer<br />

Verstärkung geschickt und das entstehende gegenphasige<br />

Signal zum Eingangssignal des Elektrometers addiert. Bei korrekter<br />

Einstellung des Kompensators läßt sich eine Unterdrückung<br />

des Übersprechsignals um über 99 % erreichen. Aufgrund der nicht<br />

idealen Eigenschaften des Operationsverstärkers (insbesondere endliche<br />

Geschwindigkeit) ergibt sich bei der Invertierung eine leichte<br />

Abweichung in der Phase, so daß eine exaktere Kompensation einen<br />

höheren Schaltungsaufwand erfordern würde. Da jedoch das verbleibende<br />

Restsignal linear mit der Amplitude der Anregungsspannung<br />

Uac wächst und exakt um 180° zur Kugelschwingung verschoben ist,<br />

kann im Bedarfsfall eine nachträgliche Korrektur der Meßwerte problemlos<br />

durchgeführt werden. Erforderlich ist dies jedoch nur bei<br />

sehr starker Bedämpfung der schwingenden Kugel und sehr hohen<br />

antreibenden Kräften, wie sie in dieser Arbeit nicht verwendet werden.<br />

Da das Übersprechsignal frequenzabhängig ist, muß der Kompensator<br />

bei Frequenzänderungen von mehr als etwa 5 Hz neu abgeglichen<br />

werden. Dies ist ebenfalls nach dem Befüllen der Meßzelle<br />

mit flüssigem Helium erforderlich, da sich hierbei die relative Dielektrizitätskonstante<br />

der Meßzelle von εri = 1 auf εri = 1,054 ändert und<br />

damit die Kapazität der Meßzelle und somit auch das Übersprechsignal<br />

größer wird.


74 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

Abbildung 2.11: Blockschaltbild des Programms zur Phasenregelung.<br />

Ausgehend von der Phaseninformation des LockIn-Verstärkers<br />

werden drei Stellsignale berechnet: Der differentielle Teil stellt die<br />

Frequenz des Generators exakt auf die Frequenz der Kugeloszillationen<br />

ein. Der proportionale Anteil sorgt zusammen mit dem integralen<br />

Anteil für eine leichte Verstimmung der Frequenz verbunden mit<br />

einer Drehung der Phase um die gewünschte Resonanzbedingung zu<br />

erhalten.<br />

2.3.4 Phasenregelung<br />

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der oszillierenden Kugel<br />

um einen nichtlinearen Schwinger. Insbesondere ist die Resonanzfrequenz<br />

der Schwingung nicht konstant, sondern eine Funktion der<br />

Schwingungsamplitude. Um nun auch bei Amplitudenänderungen,<br />

wie sie typischerweise bei Einschwingvorgängen nach dem Ändern<br />

der Anregungsspannung oder auch während des in Abschnitt 3.3 be-


2.3 Elektrische Beschaltung 75<br />

schriebenen intermittenten Schaltens auftreten, die Anregung stets in<br />

Resonanz zu den Oszillationen der Kugel zu halten, ist es erforderlich,<br />

die Frequenz der Anregung nachzuregeln.<br />

In früheren Arbeiten [24, 10] wurde versucht dieses Problem dadurch<br />

zu lösen, daß eine variable Gleichspannung an die Meßzelle<br />

angelegt wurde. Diese Gleichspannung führt zu einer zusätzlichen<br />

Kraft auf die schwebende Kugel und verschiebt damit deren Gleichgewichtslage<br />

im Kondensator. Damit verbunden ist aber auch eine<br />

Änderung der Resonanzfrequenz, so daß es im Prinzip möglich ist,<br />

die Eigenfrequenz auf die Frequenz der äußeren Anregung einzuregeln.<br />

Diese Methode ist zwar schnell, hat aber den Nachteil, daß<br />

möglicherweise auch andere Eigenschaften der oszillierenden Kugel<br />

(z.B. die Bedämpfung) durch die Verschiebung der Gleichgewichtslage<br />

beeinflußt werden. Darüberhinaus ist der Regelbereich sehr eingeschränkt.<br />

Eine bessere Lösung wäre daher die Nachführung des Frequenzgenerators<br />

über eine Steuerspannung. Da der zur Verfügung<br />

stehende Frequenzgenerator jedoch nicht über eine Möglichkeit zur<br />

Spannungssteuerung der Frequenz verfügt, kommt stattdessen eine<br />

PC gestützte Lösung zum Einsatz.<br />

Über einen digitalen LockIn-Verstärker (Stanford Research Systems<br />

SR850 DSP) wurden kurze Zeitreihen der Phasenbeziehung<br />

zwischen Kugelschwingung und Anregungsspannung aufgezeichnet<br />

und daraus die zeitliche Änderung ˙ϕ abgeleitet. Daraus ergibt<br />

sich unmittelbar die Frequenz der Schwebung zwischen anregender<br />

Kraft und Kugeloszillation f zu 2<br />

˙ϕ = f · 360°<br />

und damit die Frequenzänderung, welche erforderlich ist, um eine<br />

konstante Phasenbeziehung wiederherzustellen (differentieller Anteil).<br />

Um nun die gewünschte Phasenbeziehung von 90° für die Resonanzbedingung<br />

zu erhalten, wird noch ein proportional-integral-<br />

Stellterm zu dieser Frequenzänderung hinzuaddiert. Die somit er-<br />

2 LockIn-Verstärker liefern die Phaseninformation üblicherweise in Altgrad, daher<br />

der ungewöhnliche Faktor von 360°.


76 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau<br />

haltene neue Frequenz wird nun am Frequenzgenerator eingestellt.<br />

Alle diese Aktionen werden über den IEEE-Bus durchgeführt.<br />

Mit dieser Methode lassen sich bis zu drei Stellvorgänge pro Sekunde<br />

ausführen, was sich in der Praxis als im allgemeinen ausreichend<br />

erwiesen hat, da die Amplitudenänderungen in der Regel<br />

sehr langsam (über einige Sekunden bis zu mehreren zehn Minuten)<br />

stattfinden. Allerdings kommt es bei den Messungen im Regime des<br />

intermittenten Schaltens (s. Abschnitt 3.3) zu Problemen, wenn die<br />

Frequenz der Kugeloszillationen eine zu starke Frequenzabhängigkeit<br />

aufweist. Dann ist die Regelung nicht schnell genug und die<br />

Resonanzbedingung kann für kurze Zeit verloren gehen, wodurch<br />

die Messungen verfälscht werden. Dieses Problem läßt sich jedoch<br />

durch sorgfältige ‚Qualitätskontrolle‘ bei der Präparation des Experiments<br />

einerseits, sowie einer geeigneten Anpassung der Parameter<br />

des Phasenregelprogramms andererseits, bewältigen.<br />

2.3.5 Meßdatenerfassung<br />

Für die Messung mit freien Zerfällen bzw. die Erfassung von Zeitreihen<br />

(vgl. Abschnitt 2.1.2) ist eine Aufzeichnung der zeitlichen Veränderung<br />

der Geschwindigkeitsamplitude der Kugeloszillationen erforderlich.<br />

Hierfür wird ein Wechselspannungsvoltmeter (Princeton<br />

Applied Physics, PAR Model 116) mit nachgeschaltetem PC verwendet<br />

(vgl. Abbildung 2.9, S. 69). Der PC ist mit einer 12-Bit Analog-<br />

Digital-Wandlerkarte [50] ausgestattet und liest damit den Ausgang<br />

des Wechselspannungsvoltmeters aus. Das Voltmeter wird je nach<br />

Situation mit Integrationszeiten von 0,03 s bis 0,3 s betrieben, wobei<br />

zur Unterdrückung von Störungen das eingebaute Bandpaßfilter mit<br />

einer Güte von Q = 2 verwendet wird. Durch die Verwendung des<br />

PCs zur Meßdatenerfassung ist eine hohe zeitliche Auflösung (bei<br />

der Aufnahme von relativ schnellen Zerfällen bis zur Grenze, welche<br />

durch die Integrationszeit des Voltmeters gegeben ist) einerseits, aber<br />

auch eine extrem hohe Speichertiefe bei reduzierter zeitlicher Auflösung<br />

erreichbar. Bei den durchgeführten Langzeitmessungen von bis<br />

zu 24 Stunden mit einer Meßrate von 10 Datenpunkten pro Sekunde


2.3 Elektrische Beschaltung 77<br />

werden zum Beispiel 864 · 10 3 Meßwerte entsprechend ca. 1,6 MByte<br />

an Meßdaten produziert.<br />

2.3.6 Thermometrie<br />

Zur Überwachung der verschiedenen Temperaturen im Kryostaten<br />

kommt eine Widerstandsmeßbrücke (Picowatt AVS 46) zum Einsatz,<br />

welche speziell für den Einsatz in Tieftemperaturanwendungen optimiert<br />

ist und über einen eingebauten Multiplexer bis zu 7 unterschiedliche<br />

Meßstellen bedienen kann. Neben der Bestimmung der<br />

Betriebsparameter des Kryostaten wird damit auch die Temperatur<br />

der Meßzelle ermittelt, wobei als Thermometer ein Dickschichtwiderstand<br />

auf RuO2-Basis zum Einsatz kommt, der in [8, Probe<br />

B] untersucht und kalibriert wurde. Zur Temperaturregelung dient<br />

ein speziell auf die Widerstandsmeßbrücke abgestimmter Temperaturkontroller<br />

(Picowatt TS-530). Mit dieser Gerätekonfiguration ist<br />

es möglich, Temperaturen zwischen der Endtemperatur des Kryostaten<br />

von 20 mK und 1 K auf ±0,01 mK genau zu stabilisieren (vgl.<br />

[2, 51]). Die Widerstandsmeßbrücke verfügt darüberhinaus über eine<br />

Schnittstelle zur Steuerung durch einen PC, welche es ermöglicht,<br />

auch bei unbeaufsichtigten Langzeitmessungen die Stabilität<br />

der Meßzellentemperatur permanent zu überwachen.


78 Kapitel 2. Experimenteller Aufbau


Kapitel 3<br />

Meßergebnisse und<br />

Interpretation<br />

Denn was man messen kann,<br />

das existiert auch.<br />

Max Planck<br />

Bei der Durchführung des Experiments wird die Bedämpfung der<br />

Kugeloszillationen durch Wechselwirkung mit supraflüssigem 4 He<br />

bzw. 3 He- 4 He-Mischungen ermittelt. Dabei ergeben sich je nach Geschwindigkeitsamplitude<br />

der Kugeloszillation — und damit je nach<br />

Amplitude der antreibenden Kraft — verschiedene Strömungsformen<br />

um die Kugel, welche sich durch eine unterschiedliche Bedämpfung<br />

der Oszillationen auszeichnen (vgl. Abbildung 3.1). Für kleine<br />

Geschwindigkeitsamplituden (bzw. antreibende Kräfte) ergibt sich<br />

lineare Dissipation entsprechend einer linearen Zunahme der Geschwindigkeitsamplitude<br />

v der Oszillationen mit der antreibenden<br />

Kraft F (vgl. Abschnitt 3.1). Bei stark erhöhten antreibenden Kräften<br />

findet sich ein Bereich, in dem v nur mehr sublinear mit F anwächst<br />

(vgl. Abschnitt 3.2). Diese beiden Bereiche entsprechen jeweils laminarer<br />

bzw. turbulenter Strömung der Supraflüssigkeit um die Kugel,<br />

wobei sich Parallelen zum Verhalten klassischer Flüssigkeiten<br />

ergeben. Dazwischen befindet sich ein Übergangsbereich (in Abbildung<br />

3.1 hervorgehoben), der sich jedoch vom üblichen Szenario des<br />

Übergangs zur Turbulenz in klassischen Flüssigkeiten in wesentli-<br />

79


80 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

v (mm/s)<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

T = 300 mK<br />

0<br />

0 200 400 600 800<br />

F (pN)<br />

Abbildung 3.1: Für unterschiedliche antreibende Kräfte, die auf die<br />

oszillierende Kugel einwirken, ergeben sich unterschiedliche Regimes<br />

für den Fluß der Supraflüssigkeit um die Kugel.<br />

chen Punkten unterscheidet (vgl. Abschnitt 3.3). Darüberhinaus wird<br />

in Abschnitt 3.4 die Viskosität von 3 He- 4 He-Mischungen ermittelt,<br />

sowie der Einfluß der 3 He-Konzentration auf den Übergang von laminarer<br />

zu turbulenter Strömung untersucht.<br />

3.1 Laminarer Bereich<br />

Im Bereich kleiner antreibender Kräfte bildet sich eine Potentialströmung<br />

um die oszillierende Kugel aus. Wie in Abschnitt 1.2.1 gezeigt,<br />

fließt die Supraflüssigkeit in diesem Fall um die oszillierende Kugel<br />

ohne eine dissipative Kraft auf diese auszuüben. Die zur Beschleunigung<br />

der verdrängten Supraflüssigkeit erforderliche Kraft bewirkt


3.1 Laminarer Bereich 81<br />

lediglich eine erhöhte effektive Masse der oszillierenden Kugel (vgl.<br />

[37])<br />

<br />

4<br />

meff = m + mhyd = m +<br />

3 R3 <br />

ρ<br />

π<br />

2 .<br />

Wegen der geringen Dichte des flüssigen Heliums ergibt sich lediglich<br />

eine Korrektur von 2,1%, die nur als leichte Verschiebung der<br />

Resonanzfrequenz meßbar ist und die Ergebnisse nicht weiter beeinflußt.<br />

Da die Temperatur des Systems endlich ist, verbleibt jedoch<br />

ein stark verdünntes Gas aus Quasiteilchen, die an der Kugel ballistisch<br />

gestreut werden und so eine lineare Dämpfungskraft verursachen.<br />

Der entsprechende lineare Dämpfungskoeffizient wird mit<br />

den in Abschnitt 2.1.2 beschriebenen Methoden experimentell bestimmt.<br />

Abbildung 3.2 zeigt lineare Dämpfungskoeffizienten, wie sie<br />

im Experiment ermittelt wurden, im Vergleich mit der theoretisch erwarteten<br />

Dämpfung durch ballistische Streuung am Quasiteilchengas.<br />

Man erkennt eine sehr gute Übereinstimmung über einen Temperaturbereich<br />

von etwa 100 mK bis 600 mK. Oberhalb von 600 mK<br />

wird die freie Weglänge der Phononen vergleichbar mit den Abmessungen<br />

der Kugel und man erreicht den Bereich des Übergangs zu<br />

hydrodynamischer Strömung (vgl. auch [24]). Für Temperaturen unterhalb<br />

von 100 mK erreicht die durch das Phononengas verursachte<br />

und mit T 4 abnehmende Bedämpfung der Kugeloszillationen die<br />

Größenordnung der Bedämpfung, welche durch die Lagerung der<br />

Kugel verursacht wird. Um die Auflösung des Experiments bei tiefen<br />

Temperaturen möglichst hoch zu halten, wurde daher bei der Präparation<br />

der Levitationszustände (vgl. Abschnitt 2.1.1) besonders auf<br />

geringe Untergrunddämpfung geachtet.<br />

Aufgrund des guten Verständnisses des laminaren Regimes eignet<br />

sich die Messung des linearen Dämpfungskoeffizienten dazu,<br />

den tatsächlichen Radius der Kugel exakter zu bestimmen, als dies<br />

mittels Mikroskop oder der Dichte des Kugelmaterials möglich ist.<br />

Man verwendet dabei die Gleichung<br />

R =<br />

<br />

45¯h 3 c4λ 2π 3 , (3.1)<br />

(kBT) 4


82 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

λ (kg/s)<br />

1E-7<br />

1E-8<br />

1E-9<br />

1E-10<br />

isotopenreines 4 He<br />

λ + λ ph rot<br />

λ ph<br />

evakuierte Meßzelle<br />

1E-11<br />

40 100 1000<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.2: Linearer Dämpfungskoeffizient, gemessen in der<br />

evakuierten Zelle (Untergrunddämpfung) bzw. mit reinem 4 He. Die<br />

durchgezogene Linie entspricht der laminaren Dämpfung, wie sie<br />

durch ballistische Streuung von Phononen und Rotonen an der Kugel<br />

entsteht (vgl. Gleichung (1.13)). Das Maximum der Meßwerte<br />

zwischen 600 mK und 700 mK gibt den Übergang zu hydrodynamischem<br />

Verhalten an. Die ballistische Beschreibung verliert hier ihre<br />

Gültigkeit.<br />

wobei das experimentell bei T = 300 mK bestimmte λ Verwendung<br />

findet. Der in [24] angegebene Wert für den Kugelradius von 109 µm<br />

ist so um 14 % auf 124 µm nach oben zu korrigieren. Die Ursache für<br />

diese Abweichung ist unklar, vermutlich ist sie auf eine fehlerhafte<br />

Kalibrierung des in [24] verwendeten Mikroskops zurückzuführen,<br />

da eine erneute optische Messung im Rahmen der vorliegenden Arbeit<br />

das hydrodynamisch gefundene Ergebnis voll bestätigt (vgl. Seite<br />

61).


3.2 Turbulenter Bereich 83<br />

v (mm/s)<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

T = 100 mK<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

F (nN)<br />

Abbildung 3.3: Für sehr hohe antreibende Kräfte ergibt sich ein Zusammenhang<br />

zwischen antreibender Kraft und erreichter Oszillationsamplitude,<br />

wie er durch die im <strong>Text</strong> angegebene Reibungskraft<br />

gegeben ist (Linie). Deutlich ist die Verschiebung der Kurve zu negativen<br />

Kräften hin zu erkennen.<br />

3.2 Turbulenter Bereich<br />

Wird die Kugel mit höheren Kräften (z.B. F 150 pN bei T =<br />

300 mK) angetrieben, so ergibt sich eine deutlich höhere Bedämpfung<br />

der Oszillationen der Kugel. Betrachtet man die in diesem<br />

Regime experimentell ermittelte Beziehung zwischen antreibender<br />

Kraft und Gleichgewichtsamplitude der Oszillationen (s. Abbildung<br />

3.3), so stellt man fest, daß es sich jetzt nicht mehr um eine lineare<br />

Beziehung handelt, sondern die Amplitude langsamer als linear<br />

mit der antreibenden Kraft ansteigt, was einer stärker als linear<br />

mit der Geschwindigkeit anwachsenden Reibungskraft auf die Kugel<br />

entspricht. Dies ist für das Auftreten von turbulenter Strömung<br />

zu erwarten, welche zusätzlich zur Streuung von Quasiteilchen wie<br />

im linearen Regime, Dissipation verursacht. Die v(F)-Beziehung, wie


84 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

man sie aus der in klassischen Flüssigkeiten gültigen turbulenten<br />

Reibungskraft (1.4) über die Energiebilanz (vgl. Gleichung (1.21), Abschnitt<br />

1.1.2) erhält, beschreibt die Daten sehr gut, muß dafür aber<br />

um einen konstanten Betrag nach links verschoben werden, entsprechend<br />

einer Reduktion der nichtlinearen Dämpfungskraft um einen<br />

konstanten Betrag. Man erhält somit eine dissipative Kraft<br />

|Fd| = γ (v 2 − v 2 0) = γv 2 − F0 , (3.2)<br />

wobei γ den für Turbulenz in klassischen Flüssigkeiten typischen<br />

Wert (vgl. Gleichung (1.4)) besitzt. Die sich aus dieser Reibungskraft<br />

über die Energiebilanz (vgl. Abschnitt 1.21, Seite 34) ergebende v(F)-<br />

Kurve ist in Abbildung 3.3 als durchgezogene Linie eingezeichnet.<br />

Man erkennt deutlich die Verschiebung des Scheitels der Parabel<br />

nach links sowie die sehr gute Beschreibung der Meßdaten.<br />

Selbstverständlich kann turbulente Strömung nur bei antreibenden<br />

Kräften auftreten, bei denen die Gleichgewichtsamplitude bei laminarer<br />

Strömung größer wäre als sie sich bei turbulenter Strömung<br />

einstellt. Die Ursache dafür liegt letztlich darin, daß bei laminarer<br />

Strömung die geringstmögliche Bedämpfung des Systems durch die<br />

umgebende Flüssigkeit verursacht wird. Somit ergibt sich aus dem<br />

Schnittpunkt (Fc1,vc1) (vgl. Abschnitt 1.3.4) der v(F)-Kurven für die<br />

beiden Strömungsformen die kritische Geschwindigkeit vc1, unterhalb<br />

der keine Turbulenz auftreten kann (vgl. Abbildung 3.1). In Abbildung<br />

3.4 sind die für unterschiedliche jeweils neu präparierte Levitationszustände<br />

ermittelten kritischen Geschwindigkeiten vc1 aufgetragen.<br />

Der Mittelwert liegt bei 23 mm/s bei einer Streuung von<br />

10 %, wobei stets die selbe Kugel verwendet wurde. Der gefundene<br />

Wert für vc1 ist, wie bereits in [24] angegeben, nicht temperaturabhängig.<br />

Die vorhandene geringe Änderung bei Präparation eines<br />

neuen Levitationszustandes legt jedoch eine Abhängigkeit von Lage<br />

und Position der Kugel in der Meßzelle und damit insbesondere von<br />

Größe und Oberflächenbeschaffenheit der Kugel nahe.<br />

Befindet sich das System in der Gleichgewichtslage, dann wird<br />

durch den äußeren Antrieb gerade so viel Leistung zugeführt, wie<br />

in der Flüssigkeit dissipiert wird. Da im Bereich stabiler Turbulenz


3.2 Turbulenter Bereich 85<br />

v c1/2 (mm/s)<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

v c1<br />

v c2<br />

Osz7 Osz8 Osz9 OszA OszB OszC OszD<br />

Experiment<br />

Abbildung 3.4: Bei unterschiedlichen Oszillatoren erhaltene kritische<br />

Geschwindigkeiten vc1 (Grenzgeschwindigkeit für das Auftreten<br />

von Turbulenz) und vc2 (Grenzgeschwindigkeit für stabile Turbulenz,<br />

s. Abschnitt 3.3.1). Die leichten Schwankungen zwischen jeweils<br />

neu präparierten Levitationszuständen lassen eine Abhängigkeit von<br />

Oberflächenbeschaffenheit, Größe und Lage der Kugel vermuten.<br />

zwei dissipative Kräfte (turbulente Strömung und ballistische Streuung<br />

von Quasiteilchen) auf die Kugel einwirken, verteilt sich diese<br />

Leistung auf beide Dämpfungsmechanismen. In diesem Fall gilt (unter<br />

Verwendung der Energiebilanz aus Abschnitt 1.21):<br />

Pzu = 1<br />

2<br />

F · v = 1<br />

2 Flam · v<br />

<br />

Plam<br />

+ 1<br />

2 Fturb · v<br />

,<br />

<br />

woraus folgt, daß Fturb = F − Flam gilt. Wird die antreibende Kraft<br />

immer weiter reduziert, so ergibt sich für Pturb der Grenzwert<br />

Pturb<br />

Pturb → 0 , für F > → Fc1 = Flam(vc1).<br />

Dies bedeutet, die Leistung, welche zur Verfügung steht, um die tur-


86 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

v (mm/s)<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

stabile<br />

laminare<br />

Strömung<br />

intermittentes<br />

Schalten<br />

20<br />

vc2 vc1 18<br />

Fc stabile Turbulenz<br />

0 50 100 150<br />

T = 300 mK<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

F (pN)<br />

0<br />

0 200 400 600 800<br />

Abbildung 3.5: Ausschnittsvergrößerung eines experimentell ermittelten<br />

v(F)-Diagramms. Zwischen den Bereichen mit stabilem laminarem<br />

bzw. turbulentem Fluß der Supraflüssigkeit um die Kugel befindet<br />

sich ein Übergangsbereich in dem das System zwischen diesen<br />

beiden Zuständen umschaltet. Zur Erläuterung sind hier die kritischen<br />

Geschwindigkeiten vc1 (für das erste Auftreten von Turbulenz),<br />

vc2 (für stabile Turbulenz) sowie die zugehörige kritische Kraft<br />

Fc angegeben. Das kleine Fenster gibt die Position der Vergrößerung<br />

in der Gesamtkurve an.<br />

bulente Strömung aufrecht zu erhalten, wird bei Annäherung an die<br />

kritische Geschwindigkeit vc1 beliebig klein. Da jedoch zur Aufrechterhaltung<br />

turbulenter Strömung um die Kugel eine endliche Leistung<br />

notwendig ist, steht zu erwarten, daß Turbulenz erst oberhalb<br />

einer weiteren kritischen Geschwindigkeit (bzw. Antriebskraft) vc2<br />

stabil existieren kann. Abbildung 3.5 zeigt den in diesem Zusammenhang<br />

interessanten Bereich um vc1 in vergrößerter Darstellung. Nachdem<br />

die Bereiche stabiler Strömung bereits in [24] ausführlich untersucht<br />

wurden, gilt das Hauptaugenmerk im folgenden dem Übergangsbereich,<br />

in welchem Turbulenz entsteht.


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 87<br />

v (mm/s)<br />

34<br />

32<br />

30<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

v t (F)<br />

v L =F/λ ; λ=8,45*10 -9 kg/s<br />

T = 450 mK<br />

200 220 240 260 280 300 320<br />

F (pN)<br />

Abbildung 3.6: Hysteretischer Übergang zwischen laminarer und<br />

turbulenter Strömung um die Kugel bei höheren Temperaturen. Die<br />

Ausdehnung der Hystereseschleife variiert bei jedem Durchlauf.<br />

3.3 Bereich des intermittenten Schaltens<br />

Befindet sich die antreibende Kraft knapp oberhalb des Wertes, der<br />

für das Erreichen der Geschwindigkeitsamplitude vc1 erforderlich<br />

ist, so wurde bereits in früheren Messungen ([24, 25, 26]) festgestellt,<br />

daß das System zwei mögliche Zustände annehmen kann. Dies zeigt<br />

sich in diesen Arbeiten als hysteretisches Verhalten. Wird die antreibende<br />

Kraft langsam erhöht, so bleibt das System bis weit über<br />

die kritische Geschwindigkeit vc1 hinaus laminar, bis die Strömung<br />

schließlich in Turbulenz umschlägt. Reduziert man nun bei turbulenter<br />

Strömung die antreibende Kraft und damit die Geschwindigkeitsamplitude,<br />

so bleibt die Strömung bis weit unter den Wert von<br />

F, bei dem der Umschlag zur Turbulenz erfolgt ist, turbulent. Dies ist<br />

in Abbildung 3.6 exemplarisch dargestellt. Bei früheren Messungen<br />

mußte die Untersuchung dieses Übergangsbereichs auf höhere Temperaturen<br />

(T 0,7 K) beschränkt werden, da sich bei tieferen Tem-


88 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

v (mm/s)<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

T = 403 mK<br />

F = 136 pN<br />

18<br />

2500 2600 2700 2800 2900 3000 3100<br />

t (s)<br />

Abbildung 3.7: Ausschnitt aus einer Zeitreihe der Geschwindigkeitsamplitude<br />

im Bereich des intermittenten Schaltens. Temperatur und<br />

antreibende Kraft werden während der Aufzeichnung der Zeitreihe<br />

konstant gehalten. Die Zeitpunkte der Schaltvorgänge zwischen laminarer<br />

und turbulenter Strömung um die Kugel sind durch Symbole<br />

gekennzeichnet. Sehr gut ist die Unregelmäßigkeit der Schaltvorgänge<br />

zu erkennen: Es handelt sich um intermittentes Schalten.<br />

peraturen Instabilitäten ergaben, welche einen Verlust der Resonanzbedingung<br />

zwischen Kugeloszillationen und Antrieb zur Folge hatten.<br />

Aufgrund der automatischen Phasenregelung (siehe Abschnitt<br />

2.3.4) ist es nun erstmals möglich, diesen Bereich auch bei tieferen<br />

Temperaturen zu untersuchen und damit die Entstehung von Turbulenz<br />

in der reinen Supraflüssigkeit zu beobachten. Wie in Abschnitt<br />

3.9 beschrieben, verwendet man hierfür eine konstante, antreibende<br />

Kraft knapp oberhalb von vc1, hält die Temperatur der Meßanordnung<br />

ebenfalls konstant und zeichnet die zeitliche Veränderung der<br />

Geschwindigkeitsamplitude auf. Typischerweise ergibt sich hierbei<br />

ein Ergebnis, wie es ausschnittsweise Abbildung 3.7 zeigt. Wegen<br />

der auftretenden linearen Dämpfungskraft Fd = λv nähert sich die


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 89<br />

Geschwindigkeitsamplitude während der laminaren Phasen einem<br />

Grenzwert vmax = vmax + vt. Dabei folgt sie einem exponentiellen<br />

Sättigungsgesetz1 der Form<br />

v( t) =<br />

<br />

− t/τ<br />

vmax 1 − e (3.3)<br />

mit<br />

vmax = 1<br />

λ F − vt , (3.4)<br />

wobei vt die Gleichgewichtsgeschwindigkeit bei turbulenter Strömung<br />

bezeichnet, mit der das System zu Beginn einer laminaren Phase<br />

startet. Die Größe t mißt die Zeit seit Beginn der aktuellen laminaren<br />

Phase. Damit werden sowohl Zeiten wie auch Amplituden<br />

relativ zum Beginn der laminaren Phase gemessen.<br />

An den in Abbildung 3.7 eingezeichneten Schaltpunkten schlägt<br />

dann die Strömung um. Die damit verbundene wesentlich höhere<br />

Dissipation führt dazu, daß die Amplitude der Oszillationen zusammenbricht,<br />

bis der Gleichgewichtswert vt erreicht ist. Am Ende der<br />

turbulenten Phase, das ebenfalls durch einen Schaltpunkt in Abbildung<br />

3.7 kenntlich gemacht ist, beginnt die nächste laminare Phase<br />

und der Vorgang wiederholt sich. Allerdings ist diese Wiederholung<br />

offensichtlich nicht identisch. Abbildung 3.8 zeigt nochmals den<br />

selben Ausschnitt aus der selben Zeitreihe, wobei hier die laminaren<br />

und turbulenten Phasen durch jeweils unterschiedliche Hintergrundfarbe<br />

gekennzeichnet sind. Dadurch ist sehr gut zu erkennen,<br />

daß die Schaltvorgänge äußerst unregelmäßig erfolgen. Da die Heftigkeit<br />

der Ausbrüche dabei nicht variiert (das System wird stets voll<br />

turbulent) spricht man auch von intermittentem Verhalten (vgl. [4]).<br />

Bei der experimentellen Untersuchung intermittenter Vorgänge<br />

stellt sich das Problem der Unregelmäßigkeit der Ereignisse. In [4]<br />

sind drei grundlegende Kategorien von Intermittenz beim Übergang<br />

zum Chaos beschrieben, jedoch blieben die angegebenen Methoden<br />

(insbesondere die Wiederholungsabbildungen) beim hier vorliegenden<br />

Problem sämtlich ohne greifbares Ergebnis, was die Vermutung<br />

1 Für gewöhnlich steht in dieser Arbeit v(t) für Momentangeschwindigkeiten der<br />

Kugel, während v(·) in allen übrigen Fällen Geschwindigkeitsamplituden bezeichnet.<br />

Die Ausnahme von der Regel ist v( t), welches ebenfalls Amplituden bezeichnet.


90 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

v (mm/s)<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

18<br />

turbulent<br />

laminar<br />

2500 2600 2700 2800 2900 3000 3100<br />

t (s)<br />

Abbildung 3.8: Zeitreihe aus Bild 3.7. Die Hintergrundfarbe gibt jeweils<br />

an, ob die Strömung der Supraflüssigkeit um die Kugel laminar<br />

oder turbulent verläuft. Während der laminaren Phasen ist eine exponentielle<br />

Sättigung der Geschwindigkeitsamplitude festzustellen,<br />

wogegen der Beginn der turbulenten Phasen durch einen scharfen<br />

Zusammenbruch der Amplitude gekennzeichnet ist.<br />

nahelegt, daß der vorliegende intermittente Schaltprozeß von grundsätzlich<br />

anderer Art ist als die in [4] vorgestellten Kategorien. Beispielsweise<br />

wird in [15] ‚krisisinduzierte‘ Intermittenz beschrieben,<br />

deren kennzeichnende Eigenschaften deutlich besser zu den hier beschriebenen<br />

Befunden passen. Ein experimenteller Ansatz zu Untersuchung<br />

intermittenter Vorgänge ist, das Verhalten des Systems —<br />

im vorliegenden Fall die Lebensdauern der laminaren bzw. turbulenten<br />

Phasen sowie die Amplituden, welche während der laminaren<br />

Phasen erreicht werden — in Abhängigkeit verschiedener Systemparameter<br />

zu untersuchen. Als Systemparameter kommen dabei<br />

Temperatur und antreibende Kraft in Frage. Abbildung 3.9 zeigt<br />

Ausschnitte von jeweils 800 Sekunden aus drei Zeitreihen (Gesamtdauer<br />

vier Stunden) bei unterschiedlicher antreibender Kraft. Bei der<br />

ersten Zeitreihe wurde die geringste Antriebskraft verwendet. Hier


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 91<br />

30 a) 47 pN<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

30 b) 55 pN<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

18<br />

v (mm/s) 18<br />

30 c) 75 pN<br />

28<br />

26<br />

24<br />

22<br />

20<br />

18<br />

Zeit (100 s / div)<br />

Abbildung 3.9: Ausschnitte aus Zeitreihen der Geschwindigkeitsamplitude<br />

bei konstanter Temperatur (300 mK) und antreibender<br />

Kraft für drei unterschiedliche Kräfte. Der Vergleich der Zeitreihen<br />

zeigt eine Abnahme der Lebensdauern der laminaren Phasen mit<br />

zunehmender antreibender Kraft (von oben nach unten). Dies führt<br />

dazu, daß der Sättigungswert während der laminaren Phasen nicht<br />

mehr erreicht wird. Ebenso ist eine Zunahme der Lebensdauern der<br />

turbulenten Phasen (bei Zeitreihe b) durch Markierungen gekennzeichnet)<br />

zu beobachten.<br />

ist erneut sehr schön die exponentielle Annäherung der Geschwindigkeitsamplitude<br />

an den Gleichgewichtswert zu erkennen. Mit zunehmender<br />

Kraft verkürzen sich die laminaren Phasen jedoch, so<br />

daß die Gleichgewichtslage — bei unveränderter Zeitkonstante —<br />

nicht mehr erreicht werden kann, wie bei der zweiten Zeitreihe deutlich<br />

zu erkennen ist. An den gekennzeichneten Stellen ist hier auch<br />

bereits eine Verlängerung der turbulenten Phasen zu erkennen. Die<br />

dritte Zeitreihe demonstriert die Fortsetzung dieses Trends. Man erhält<br />

sehr lange turbulente Phasen, welche durch nur kurze laminare<br />

unterbrochen werden. In den folgenden Abschnitten wird nun eine


92 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

statistische Analyse dieses Phänomens präsentiert, wobei die Untersuchung<br />

für turbulente und laminare Phasen separat durchgeführt<br />

wird.<br />

3.3.1 Analyse der Phasen turbulenter Strömung<br />

Zunächst sollen die Lebensdauern der turbulenten Phasen untersucht<br />

werden. Hierfür wird der zeitliche Abstand zwischen dem Ende<br />

einer laminaren Phase (Schaltpunkt, an dem die Amplitude einzubrechen<br />

beginnt) und dem Beginn der nächsten laminaren Phase<br />

(Schaltpunkt, bei dem die Amplitude wieder zu steigen beginnt) ermittelt.<br />

Um diese Daten statistisch auszuwerten, wird zunächst die<br />

kumulative Häufigkeitsverteilung, d.h. der Anteil P(t) der turbulenten<br />

Phasen, deren Lebensdauer einen gewissen Wert t überschreitet,<br />

bestimmt. Wie in Abschnitt 1.5 erläutert, entspricht dies der Zuverlässigkeitsfunktion<br />

der turbulenten Phasen, solange die betrachtete<br />

Anzahl von Phasen ausreichend groß ist, so daß Effekte durch die<br />

endliche Anzahl ausgewerteter Ereignisse vernachlässigbar sind. Die<br />

Zeitreihen werden daher in der Aufzeichnungsdauer so der Schalthäufigkeit<br />

angepaßt, daß einige hundert Ereignisse registriert werden<br />

können. Abbildung 3.10 zeigt ein typisches Ergebnis dieser Auswertung.<br />

In halblogarithmischer Darstellung werden die experimentell<br />

ermittelten Daten sehr gut durch eine Gerade beschrieben. Damit<br />

hat die Zuverlässigkeitsfunktion die Form<br />

P(t) = e −t/µ .<br />

Nach Beispiel 1 in Abschnitt 1.5, Seite 41, bedeutet dies, daß die Lebensdauern<br />

der turbulenten Phase einer Exponentialverteilung genügen.<br />

Die Steigung der Anpaßgeraden in der halblogarithmischen<br />

Darstellung gibt damit unmittelbar die mittlere Lebensdauer µ der<br />

turbulenten Phasen an. Darüber hinaus bedeutet dieser Befund, daß<br />

die Ausfallrate, d.h. die Wahrscheinlichkeit, daß eine turbulente Phase<br />

zusammenbricht, einen konstanten Wert besitzt, also insbesondere<br />

nicht von der Dauer der Phase abhängt. Die Ausfallrate ist dabei<br />

durch 1/µ gegeben. Um den Einfluß der Systemparameter (F, T) auf


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 93<br />

Anzahl turbulenter Phasen<br />

100<br />

10<br />

T = 300mK<br />

F = 59pN<br />

1<br />

0 10 20 30 40 50<br />

∆t (s)<br />

Abbildung 3.10: Beispiel einer experimentell ermittelten Zuverlässigkeitsfunktion<br />

der turbulenten Phase. Die Daten werden sehr gut<br />

durch eine Gerade in der halblogarithmischen Darstellung angenähert,<br />

entsprechend einer Exponentialverteilung der Lebensdauern.<br />

Die Steigung der Gerade gibt in diesem Fall die (konstante) Ausfallrate<br />

bzw. die reziproke mittlere Lebensdauer der turbulenten Phasen<br />

an.<br />

das Ergebnis zu überprüfen, wurden zahlreiche Zeitreihen bei unterschiedlichen<br />

Temperaturen sowie antreibenden Kräften ausgewertet.<br />

Dabei ergibt sich stets eine Exponentialverteilung der Lebensdauern,<br />

lediglich die mittlere Lebensdauer ändert sich mit der antreibenden<br />

Kraft. Abbildung 3.11 zeigt mittlere Lebensdauern µ wie sie für verschiedene<br />

antreibende Kräfte sowie unterschiedliche Temperaturen<br />

erhalten werden. Um dabei die Ergebnisse für unterschiedliche Temperaturen<br />

vergleichen zu können, ist auf der Rechtswertachse nicht<br />

die Antriebskraft F aufgetragen, sondern die Antriebskraft reduziert<br />

um die Kraft, die der linearen Dämpfung entspricht, also<br />

Fa = F − λvt .


94 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

µ (s)<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

1<br />

Osz 5<br />

Osz 6<br />

Osz 9<br />

Osz A<br />

30 100 200 300 400 mK<br />

15 20 25 30 35 40 45 50 55<br />

F a (pN)<br />

Abbildung 3.11: Mittlere Lebensdauer der turbulenten Phasen bei<br />

unterschiedlichen Temperaturen und reduzierten (s. <strong>Text</strong>) antreibenden<br />

Kräften Fa. Es ist zu erkennen, daß keine Temperaturabhängigkeit<br />

festzustellen ist, während eine starke Abhängigkeit von der antreibenden<br />

Kraft existiert. Die durchgezogene Linie ist die Anpassung<br />

einer Divergenz mit der vierten Potenz.<br />

Dadurch entfernt man den Einfluß der stark temperaturabhängigen<br />

linearen Dämpfung aus den Ergebnissen. Man erkennt, daß die mittlere<br />

Lebensdauer der turbulenten Phasen durch die Temperatur nicht<br />

meßbar beeinflußt wird, während eine starke Abhängigkeit von der<br />

antreibenden Kraft besteht. Offenbar divergieren die Lebensdauern<br />

bei Annäherung an einen kritischen Wert<br />

Fc = 54 pN (3.5)<br />

für Fa. Diese Divergenz läßt sich gut mit einem Exponentialgesetz der<br />

Form<br />

µT ∝ (Fa − Fc) −4<br />

beschreiben. Dabei ergibt sich für verschiedene Levitationszustände<br />

im Rahmen der Meßgenauigkeit der selbe Wert für die kritische


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 95<br />

Kraft, lediglich ein Levitationszustand (Oszillator A) weist einen etwas<br />

höheren Wert von Fc = 64 pN auf. Dies deutet auf eine Abhängigkeit<br />

der kritischen Kraft von der Lage der Kugel in der Meßzelle<br />

und damit insbesondere von Größe und Oberflächenbeschaffenheit<br />

hin.<br />

Aus der kritischen Kraft Fc und der zugehörigen Geschwindigkeitsamplitude<br />

läßt sich, wie bereits auf Seite 85 erwähnt, die der<br />

turbulenten Strömung zugeführte Leistung ermitteln. Damit erhält<br />

man die kritische Leistung, welche für ein stabiles Aufrechterhalten<br />

der Turbulenz erforderlich ist<br />

Pc = 1<br />

2 Fc · vc2 ≈ 0,6 pW . (3.6)<br />

Dies entspricht nach dem in Gleichung (1.18) angegebenen Wert für<br />

die Energie pro Länge eines Wirbels einer Produktion von 1 mm Wirbellänge<br />

pro Halbperiode der Schwingung der Kugel. Das bedeutet,<br />

die Kugel könnte beispielsweise pro Halbperiode einen großen Wirbelring<br />

vom 1,4-fachen ihres eigenen Durchmessers abstoßen.<br />

Fazit<br />

• Die Lebensdauern der turbulenten Phasen gehorchen bei allen<br />

Temperaturen sowie antreibenden Kräften einer Exponentialverteilung.<br />

• Es ist im Rahmen der Meßgenauigkeit keine Abhängigkeit von<br />

der Temperatur festzustellen.<br />

• Bei Annäherung an einen kritischen Wert Fc der Antriebskraft divergiert<br />

die Lebensdauer der turbulenten Phase — die Turbulenz<br />

wird stabil. Diese Divergenz läßt sich gut mit einem Potenzgesetz<br />

beschreiben.<br />

• Es gibt Hinweise darauf, daß der Wert von Fc von Lage, Größe<br />

und Oberflächenbeschaffenheit der Kugel abhängt.<br />

• Die minimale Leistung, welche benötigt wird, um stabile Turbulenz<br />

zu erzeugen, entspricht der Produktion eines Wirbelrings des<br />

1,4-fachen Durchmessers der Kugel pro Halbperiode der Schwingung.


96 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

P L (∆v)<br />

1<br />

0,1<br />

0,01<br />

T = 300 mK<br />

F = 55 pN<br />

0 2 4 6 8 10 12<br />

∆v (mm/s)<br />

Abbildung 3.12: Beispiel einer experimentell ermittelten kumulativen<br />

Verteilung der maximalen Amplituden, welche jeweils während<br />

einer laminaren Phase erreicht werden. Die durchgezogene Linie ist<br />

eine Parabel in der vorliegenden halblogarithmischen Darstellung,<br />

entsprechend einer Weibull-Verteilung der maximalen Geschwindigkeiten.<br />

3.3.2 Analyse der Phasen laminarer Strömung<br />

Dieser Abschnitt befaßt sich mit der statistischen Untersuchung der<br />

Phasen laminaren Flusses um die oszillierende Kugel. Diese laminaren<br />

Phasen zeichnen sich durch zwei auswertbare Größen aus. Einerseits<br />

kann wie im vorangehenden Abschnitt die zeitliche Dauer<br />

betrachtet werden, andererseits aber auch die jeweils erreichte maximale<br />

Geschwindigkeitsamplitude. Es ist günstig zunächst den zweiten<br />

Weg einzuschlagen. Abbildung 3.12 zeigt eine entsprechende experimentell<br />

bestimmte kumulative Verteilung PL( v). Im Gegensatz<br />

zu den Lebensdauern der turbulenten Phasen zeigt sich hier, daß die


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 97<br />

v w (mm/s)<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

+10 %<br />

4,79<br />

-10 %<br />

28mK<br />

100mK 200mK<br />

300mK 403mK<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

F-λv t (pN)<br />

Abbildung 3.13: Weibull-Geschwindigkeiten für unterschiedliche<br />

antreibende Kräfte bei unterschiedlichen Temperaturen (Oszillator<br />

6).<br />

Daten sehr gut durch eine Parabel in der halblogarithmischen Darstellung<br />

beschrieben werden. Also durch den Ausdruck<br />

<br />

2<br />

v<br />

PL( v) = exp − , (3.7)<br />

wobei die sogenannte Weibull-Geschwindigkeit vw ein anpaßbarer<br />

Parameter ist. Wie im Beispiel 2 im Abschnitt 1.5.4 angegeben, entspricht<br />

dies einer Weibull-Verteilung der erreichten Amplituden.<br />

Auch hier ergibt sich bei allen untersuchten Zeitreihen das selbe<br />

Ergebnis. Stets findet man eine Weibull-Verteilung. Während man<br />

wie im Fall der turbulenten Phasen keinerlei Abhängigkeit der Art<br />

der Verteilung von der Temperatur feststellen kann, ergibt sich im<br />

Unterschied zur mittleren Lebensdauer der turbulenten Phasen jedoch<br />

eine Weibull-Geschwindigkeit vw, welche nicht von der antreibenden<br />

Kraft abhängig ist. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung<br />

vw


98 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

3.13 dargestellt, die Weibull-Geschwindigkeiten, wie sie für unterschiedliche<br />

Temperaturen sowie antreibende Kräfte gefunden wurden,<br />

zeigt. Als Rechtswertachse wird analog zum vorangehenden<br />

Abschnitt F − λvT gewählt, um die Meßpunkte für unterschiedliche<br />

Temperaturen zusammen in einer Abbildung darstellen zu können.<br />

Es zeigt sich, daß keine systematische Abhängigkeit von den beiden<br />

variierten Systemparametern zu beobachten ist. Vielmehr streuen<br />

die Werte innerhalb einer 10 % Bandbreite um einen Mittelwert.<br />

Dieser Mittelwert von vw variiert leicht zwischen unterschiedlichen<br />

Levitationszuständen, wie die Übersicht in Abbildung 3.14 zeigt. Als<br />

Fehlerbalken ist dabei die Standardabweichung innerhalb der jeweiligen<br />

Meßreihe angegeben. Es zeigt sich, daß zwischen den Meßreihen<br />

leichte Variationen auftreten, die darauf hindeuten, daß vw von<br />

der Größe und Oberflächenbeschaffenheit der Kugel abhängt, da davon<br />

auszugehen ist, daß die Kugel nach jeder neuen Präparation des<br />

Levitationszustandes eine andere Lage einnimmt, und so andere Bereiche<br />

der Oberfläche von der Flüssigkeit angeströmt werden.<br />

Um eine Ausfallrate der laminaren Phasen angeben zu können,<br />

ist es erforderlich zu einer lebensdauerbasierten Statistik überzugehen.<br />

Hierfür verwendet man die in (3.3) angegebene zeitabhängige<br />

Amplitude des linear gedämpften angetriebenen Oszillators<br />

<br />

− t/τ<br />

v( t) = vmax · 1 − e (3.8)<br />

und setzt sie in die oben experimentell ermittelte amplitudenbasierte<br />

Verteilung aus Gleichung (3.7) ein. Dies liefert die Zuverlässigkeitsfunktion<br />

der laminaren Phasen<br />

<br />

vmax ·<br />

PL( t) = PL(v( t)) = exp −<br />

2 <br />

1 − e− t/τ<br />

. (3.9)<br />

Dieses Ergebnis läßt sich nun mit den Werten vergleichen, die im<br />

Experiment gefunden werden. Abbildung 3.15 zeigt die soeben aus<br />

der Amplitudenverteilung abgeleitete Zuverlässigkeitsfunktion als<br />

durchgezogene Linie im Vergleich zu Daten wie sie durch Auswertung<br />

der Zeitdauern der laminaren Phasen gewonnen wurden. Man<br />

v 2 w


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 99<br />

v w (mm/s)<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

6 7 8 9 A C<br />

Oszillator Nr.<br />

Abbildung 3.14: Mittelwerte der für unterschiedliche Levitationszustände<br />

ermittelte Weibull-Geschwindigkeiten. Als Fehlerbalken<br />

ist die jeweilig Standardabweichung innerhalb der Meßreihe angegeben.<br />

Man erkennt eine geringfügige Schwankung zwischen den<br />

Meßreihen, welche auf eine Abhängigkeit von Größe und Oberflächenbeschaffenheit<br />

der Kugel hindeutet.<br />

erkennt, zumindest für kurze Lebensdauern, eine sehr gute Übereinstimmung.<br />

Diese war auch zu erwarten, da bei der Berechnung<br />

von Gleichung (3.9) lediglich die Zeitabhängigkeit der Geschwindigkeitsamplitude<br />

v eingeht, welche aufgrund der laminaren Dämpfung<br />

sehr gut bekannt ist. Dies bestätigt auch ein Vergleich der theoretischen<br />

Erwartung (siehe Gleichung (3.8)) mit experimentellen Daten,<br />

die aus Lebensdauer-Amplituden-Paaren bestehen [30].<br />

Nach Abschnitt 1.5 kann nun die Ausfallrate der laminaren Phasen<br />

aus Gleichung (3.9) durch Bildung der logarithmischen Ableitung<br />

nach der Zeit ermittelt werden<br />

d ln P( t)<br />

( t) = −<br />

d t<br />

=<br />

vmax<br />

vw<br />

2 d<br />

<br />

t 2<br />

−<br />

1 − e τ<br />

d t


100 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

P L (∆t)<br />

1<br />

0,1<br />

0,01<br />

T = 300 mK<br />

F = 55 pN<br />

0 10 20 30<br />

∆t (s)<br />

Abbildung 3.15: Beispiel einer experimentell ermittelten Zuverlässigkeitsfunktion<br />

der Phasen laminaren Flusses um die Kugel. Die<br />

durchgezogene Linie entspricht der in Gleichung (3.9) aus der Analyse<br />

der maximal erreichten Geschwindigkeiten abgeleiteten Zuverlässigkeitsfunktion.<br />

Für die hier dargestellten kurzen Lebenszeiten<br />

ergibt sich eine sehr gute Übereinstimmung.<br />

=<br />

vmax<br />

vw<br />

2 2 t<br />

e− τ<br />

τ<br />

<br />

t −<br />

1 − e τ<br />

. (3.10)<br />

In Abbildung 3.16 sind eine Zuverlässigkeitsfunktion (linke Achse)<br />

sowie die zugehörige Ausfallrate (rechte Achse) angegeben. Als<br />

Zeitkonstante wurde τ = 36 s gewählt, wie sie für die Temperatur<br />

T = 300 mK bei der vorliegenden Kugel typisch ist. Für kleine<br />

Amplituden läßt sich das exponentielle Sättigungsgesetz von v( t)<br />

näherungsweise durch eine lineare Beziehung beschreiben. Dementsprechend<br />

ist für kleine Amplituden und Lebensdauern auch ein<br />

identischer Verlauf der beiden Zuverlässigkeitsfunktionen zu erwarten.<br />

Tatsächlich weist ( t) für kleine Lebensdauern t ein lineares<br />

Anwachsen mit der Lebensdauer der laminaren Phase auf, wie es


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 101<br />

für eine Weibull-Verteilung der Lebensdauer zu erwarten ist. Sehr<br />

schnell flacht die Zunahme jedoch ab und die Ausfallrate besitzt ein<br />

Maximum bei<br />

tp = −τ ln 1<br />

≈ 0,7τ .<br />

2<br />

Dies entspricht im vorliegenden Fall 25 s. Somit ergibt sich die höchste<br />

Ausfallrate lange bevor die Schwingung ihre Maximalamplitude<br />

erreicht hat. Das bedeutet, daß die Ausfallrate sinkt, obwohl die<br />

Geschwindigkeitsamplitude der Kugeloszillationen weiter zunimmt.<br />

Die Situation wird aber noch ungewöhnlicher, wenn man zu noch<br />

höheren Lebensdauern geht. Für t → ∞ wird nämlich die Ausfallrate<br />

sehr schnell (exponentiell) beliebig klein. Dies bedeutet, daß<br />

laminare Phasen, die eine Lebensdauer erreichen, die deutlich größer<br />

ist als die Zeitkonstante τ, eine verschwindend kleine Ausfallrate<br />

besitzen und damit praktisch ‚unsterblich“ werden. Dies spiegelt<br />

sich in den Eigenschaften der Zuverlässigkeitsfunktion wider, welche<br />

für große Zeiten gegen einen endlichen Wert konvergiert, anstatt<br />

beliebig klein zu werden (vgl. Abbildung 3.16). Diese Aussage steht<br />

nicht im Widerspruch zur Weibull-Verteilung der erreichten Amplituden<br />

(sie wurde ja daraus abgeleitet), da deren Auswertung im Bereich<br />

sehr langer Lebensdauern keine Aussagen liefern kann, nachdem<br />

sich die Amplitude hier bereits ihrem Sättigungswert genähert<br />

hat und das Signalrauschen bzw. Abweichungen bei der Auswertung<br />

der erreichten Amplitude größer sind, als die dem exponentiellen<br />

Sättigungsgesetz entsprechende zeitliche Änderung. Die oben<br />

abgeleitete Aussage läßt sich durch eine andere Schreibweise direkter<br />

mit der Weibull-Verteilung der erreichten Geschwindigkeitsamplituden<br />

in Verbindung bringen. Man bildet hierfür, ausgehend von<br />

der in Gleichung (3.7) angegebenen Verteilung, durch Differenzieren<br />

nach t die Ausfallrate<br />

( v( t)) = − d<br />

d t ln PL( v) = 2<br />

v 2 w<br />

v<br />

d v<br />

d t<br />

. (3.11)<br />

An dieser Form ist sehr schön die lineare Zunahme der Ausfallrate<br />

mit der Geschwindigkeitsamplitude zu erkennen, wie sie typisch


102 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

P(∆t)<br />

1<br />

0,1<br />

P(∆t)<br />

Λ(∆t)<br />

0 50 100 150 200<br />

∆t (s)<br />

Abbildung 3.16: Aus der Analyse der während der laminaren Phasen<br />

erreichten Maximalamplituden abgeleitete Zuverlässigkeitsfunktion<br />

P( t) (linke Achse) sowie die dazugehörige Ausfallrate (t) (rechte<br />

Achse) der laminaren Phasen. Offenbar nähert sich die Ausfallrate<br />

für hohe Zeiten asymptotisch der Nullinie , d.h. langlebige laminare<br />

Phasen werden sehr stabil, also ‚unsterblich‘.<br />

ist für Weibull-verteilte Lebensdauern. Durch das zusätzliche Auftreten<br />

der zeitlichen Ableitung der Geschwindigkeitsamplitude, welche<br />

ja bei Annäherung an den Sättigungswert abnimmt und schließlich<br />

gegen Null geht, wird dieses Verhalten jedoch modifiziert und entspricht<br />

damit der oben beschriebenen Beziehung. Somit ergibt sich<br />

die Möglichkeit einer alternativen Deutung des Verhaltens der Ausfallrate.<br />

Sie ist sowohl proportional zur erreichten Geschwindigkeitsamplitude<br />

über dem turbulenten Niveau als auch zur zeitlichen Änderung<br />

˙v der Geschwindigkeitsamplitude v der Oszillationen.<br />

Diese Vorhersagen für lange Lebensdauern lassen sich nun experimentell<br />

überprüfen, indem eine antreibende Kraft nahe der linken<br />

Grenze des Intermittenzbereichs gewählt wird. Dort wird vmax<br />

klein und damit das Maximum der Ausfallrate weniger hoch, so daß<br />

5%<br />

4%<br />

3%<br />

2%<br />

1%<br />

0%<br />

Λ (1/s)


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 103<br />

P(∆t)<br />

1<br />

0,1<br />

0,01<br />

T = 300mK<br />

51,2 pN<br />

47,1 pN<br />

45,0 pN<br />

49,1 pN<br />

0 200 400 600 800 1000 1200 1400<br />

∆t (s)<br />

Abbildung 3.17: Experimentell ermittelte Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

für laminare Phasen für unterschiedliche antreibende Kräfte und<br />

sehr hohe Lebensdauern. Die gestrichelten Linien entsprechen der in<br />

Gleichung (3.9) hergeleiteten Zuverlässigkeitsfunktion. Die durchgezogenen<br />

Linien resultieren aus den in Abschnitt 3.3.3 erläuterten Untersuchungen.<br />

die Wahrscheinlichkeit für ein System, den Bereich verschwindender<br />

Ausfallrate zu erreichen, größer wird. Zieht man die Zuverlässigkeitsfunktion<br />

als Kriterium heran, so bedeutet dies, daß der Grenzwert,<br />

den die Zuverlässigkeitsfunktion für große Zeiten annimmt,<br />

höher liegt<br />

<br />

lim P( t) = exp<br />

t→∞<br />

− v2 max<br />

v 2 w<br />

— entsprechend einem größeren Anteil laminarer Phasen mit sehr<br />

langer Lebensdauer. Bei diesen Untersuchungen nahe der linken<br />

Grenze des Intermittenzbereichs erweist es sich als vorteilhaft, eine<br />

Temperatur zu wählen, bei der die lineare Dämpfung λ nicht<br />

zu klein ist, da in diesem Fall der Schnittwinkel zwischen den la-<br />

<br />

,


104 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

minaren und turbulenten v(F)-Beziehungen kleiner und damit die<br />

Kraft leichter einzustellen ist. Abbildung 3.17 zeigt Zuverlässigkeitsfunktionen,<br />

die aus Zeitreihen für verschiedene antreibende Kräfte<br />

in diesem Bereich gewonnen wurden. Zunächst soll ausschließlich<br />

die Kurve für die größte Antriebskraft (51,2 pN) betrachtet werden.<br />

Der entsprechend Gleichung (3.9) erwartete Verlauf ist als gestrichelte<br />

Kurve eingezeichnet. Während diese gestrichelte Kurve die oben<br />

diskutierten Eigenschaften aufweist, weichen die Meßwerte für hohe<br />

Lebensdauern deutlich davon ab: Auch für sehr lange Lebensdauern<br />

t ≫ τ = 36 s ergibt sich eine endliche Steigung in der halblogarithmischen<br />

Darstellung, entsprechend einer endlichen Ausfallrate.<br />

Dieses Ergebnis ist kein Einzelfall, wie die Meßkurven für geringere<br />

antreibende Kräfte bestätigen: Es zeigt sich stets eine Abflachung,<br />

welche jedoch in eine endliche Steigung übergeht.<br />

Dieser Befund führt zur Suche nach weiteren Mechanismen, welche<br />

die Lebensdauer dieser langlebigen laminaren Phasen begrenzen.<br />

Erschütterungen sowie akustische Störungen können weitestgehend<br />

ausgeschlossen werden, da der verwendete Kryostat sehr gut<br />

gegen Gebäudevibrationen geschützt ist und sich experimentell bestätigt<br />

hat, daß die langlebigen laminaren Phasen ausgesprochen stabil<br />

sind. So hatte beispielsweise heftiges Türenschlagen, Entmagnetisieren<br />

der Computermonitore wie auch die Erzeugung starker Gebäudevibrationen<br />

keinen Einfluß auf die langlebigen laminaren Phasen.<br />

Selbst das Befüllen des Dewars mit Helium und das (nicht zu<br />

ruckartige) Einführen des Heliumhebers konnten ihnen nichts anhaben.<br />

Fazit<br />

• Die während der laminaren Phasen erreichten Geschwindigkeitsamplituden<br />

genügen einer Weibull-Verteilung.<br />

• Die Ausfallrate der laminaren Phasen wird für lange Lebensdauern<br />

beliebig klein. Dies deutet auf metastabile laminare Zustände<br />

hin.<br />

• Im Experiment ergibt sich selbst für sehr langlebige laminare Phasen<br />

eine zwar stark reduzierte, aber doch endliche, Ausfallrate.


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 105<br />

U[V]<br />

35<br />

30<br />

25<br />

60 Co<br />

68 70 72 74 76 78 80 82 84 86<br />

t (1000 s)<br />

Abbildung 3.18: Zeitreihe der Geschwindigkeitsamplitude der Kugeloszillation,<br />

wobei die radioaktive Quelle während der Aufzeichnung<br />

hinzugefügt wurde. Man erkennt deutlich die unterschiedliche<br />

Schaltfrequenz, welche sich infolge der Verkürzung der laminaren<br />

Phasen ergibt.<br />

3.3.3 Einfluß radioaktiver Strahlung<br />

Nachdem alle Versuche, die langlebigen laminaren Phasen durch mechanische<br />

Störungen zu verkürzen, erfolglos blieben, wurde eine radioaktive<br />

Quelle (vgl. Abschnitt 2.2.4) außerhalb des Heliumdewars<br />

des Kryostaten in Höhe der Meßzelle angebracht. Abbildung 3.18<br />

zeigt das Ergebnis dieser Messungen. Dargestellt ist ein Ausschnitt<br />

aus einer Zeitreihe bei der während der Aufzeichnung mehrmals die<br />

Quelle hinzugefügt und wieder entfernt wurde. Deutlich ist das Fehlen<br />

langer laminarer Phasen während der Einwirkung der radioaktiven<br />

Quelle zu erkennen, während ohne die Quelle signifikant längere<br />

Phasen auftreten. Um diese Untersuchung quantitativ durchzuführen,<br />

werden erneut die Zuverlässigkeitsfunktionen der laminaren<br />

Phasen jeweils einer Zeitreihe mit und ohne radioaktive Quelle


106 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

P(∆t)<br />

1<br />

0,1<br />

F = 47 pN<br />

T = 300 mK<br />

natürliche Hintergrundstrahlung<br />

zusätzliche 60 Co Quelle<br />

0 200 400 600 800 1000 1200<br />

∆t (s)<br />

Abbildung 3.19: Experimentell ermittelte Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

bei konstanter Temperatur und antreibender Kraft. Bei der flacheren<br />

Kurve wirkte nur die natürliche Hintergrundstrahlung im Labor<br />

auf die Meßzelle ein, während bei der Messung der steiler abfallenden<br />

Kurve ein radioaktives Präparat an der Außenseite des Kryostaten<br />

angebracht wurde.<br />

betrachtet. Das Ergebnis zeigt Abbildung 3.19. Die Zuverlässigkeitsfunktion<br />

mit radioaktiver Quelle weist ähnliche Eigenschaften auf<br />

wie die bisher beschriebenen Ergebnisse ohne Quelle: Zunächst ergibt<br />

sich ein ein steiler Abfall, der dann in eine kleinere aber endliche<br />

Steigung übergeht. Der unmittelbare Vergleich mit der Zuverlässigkeitsfunktion,<br />

die bei gleicher antreibender Kraft ohne Quelle<br />

gewonnen wurde, zeigt aber einen deutlichen Unterschied. Die Steigung<br />

der Kurve für hohe Lebensdauern wird durch das Hinzufügen<br />

der Quelle stark erhöht, entsprechend einer Vergrößerung der Ausfallrate,<br />

die eine Verkürzung der mittleren Lebensdauer zur Folge<br />

hat.<br />

Da die Kurven im Bereich hoher Lebensdauern gut durch eine<br />

Gerade im halblogarithmischen Diagramm zu beschreiben sind, ge-


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 107<br />

horchen die Lebensdauern in diesem Bereich einer Exponentialverteilung.<br />

Somit kann aus der Steigung dieser Geraden jeweils die mittlere<br />

Lebensdauer µl bzw. µl,Co der langlebigen laminaren Phasen ermittelt<br />

werden<br />

µl = 1497,6 s ≈ 25,0 min (3.12)<br />

µl,Co = 180,96 s ≈ 3,02 min . (3.13)<br />

Das bedeutet, die mittlere Lebensdauer wird durch die Einwirkung<br />

der Strahlung der radioaktiven Quelle um einen Faktor<br />

µL<br />

µL,Co<br />

= 8,3 (3.14)<br />

reduziert. Vergleicht man nun die Dosisleistung der natürlichen Hintergrundstrahlung<br />

im Labor mit der Dosisleistung bei hinzugefügter<br />

radioaktiver Quelle am Ort der Meßzelle, so ergibt sich ein Faktor<br />

9,4 ± 15 % (vgl. Abschnitt 2.2.4) in sehr guter Übereinstimmung innerhalb<br />

der Fehlergrenzen. Dieses Resultat läßt den Schluß zu, daß<br />

die Lebensdauer der langlebigen laminaren Phasen lediglich durch<br />

die Einwirkung der natürlichen Hintergrundstrahlung begrenzt ist.<br />

Das bedeutet, laminare Phasen, welche eine Lebensdauer von einigen<br />

Zeitkonstanten τ erreicht haben, werden metastabil. Die Strömung<br />

wird also ohne äußeren Einfluß (wie beispielsweise durch natürliche<br />

Radioaktivität) nicht turbulent, obwohl die Geschwindigkeitsamplitude<br />

deutlich über dem turbulenten Niveau liegt.<br />

Aus diesen Beobachtungen kann man den Schluß ziehen, daß<br />

zwei Mechanismen zur Ausfallrate der laminaren Phasen beitragen:<br />

der im vorangehenden Abschnitt beschriebene Effekt der metastabile<br />

laminare Phasen zuläßt, sowie der Einfluß der radioaktiven Strahlung.<br />

Im einfachsten Fall sind beide Mechanismen voneinander stochastisch<br />

unabhängig, so daß sich die Ausfallraten einfach addieren,<br />

wie dies bei einem zweikomponentigen Gerät der Fall ist, bei<br />

dem das Versagen nur einer Komponente zum Totalausfall führt (vgl.<br />

[14]). Es läßt sich so eine neue Ausfallrate<br />

L,Co( t) = L( t) + 1<br />

τ2<br />

, mit τ2 = 1,5 · 10 3 s (3.15)


108 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

P(∆t)<br />

1<br />

0,1<br />

0,01<br />

T = 300mK<br />

45,0 pN<br />

47,1 pN<br />

49,1 pN<br />

51,2 pN<br />

10 100 1000<br />

∆t (s)<br />

Abbildung 3.20: Diagramm aus Abbildung 3.17, diesmal mit logarithmierter<br />

Zeitachse um den großen Bereich an Lebensdauern darstellen<br />

zu können. Die durchgezogenen Linien entsprechen der in<br />

Gleichung (3.15) angegebenen Ausfallrate.<br />

angeben. Diese Ausfallrate beschreibt die Meßergebnisse sehr gut,<br />

wie in Abbildung 3.17 und 3.20 (jeweils durchgezogene Linien) zu<br />

sehen ist. Besonders Abbildung 3.20 demonstriert die gute Beschreibung<br />

der Meßdaten über einen sehr großen Bereich von Lebensdauern.<br />

Fazit<br />

• Durch Hinzufügen einer radioaktiven Quelle gelingt es, die langlebigen<br />

laminaren Phasen zu verkürzen.<br />

• Die im vorangehenden Abschnitt beschriebene endliche Ausfallrate<br />

langlebiger laminarer Phasen wird durch natürliche Hintergrundstrahlung<br />

verursacht.<br />

• Damit sind die langlebigen laminaren Phasen metastabil. Die Strömung<br />

wird nicht turbulent, obwohl v deutlich größer als vc1 ist.


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 109<br />

3.3.4 Übergang zur Hysterese<br />

Die in den vorangehenden Abschnitten gewonnenen Erkenntnisse<br />

lassen nun auch eine Interpretation des bereits zu Beginn von Abschnitt<br />

3.3 angesprochenen und in früheren Messungen gefundenen<br />

hysteretischen Übergangs zwischen laminarer Strömung und Turbulenz<br />

bei höheren Temperaturen zu. Wie gesehen, ergibt sich für größere<br />

Temperaturen eine höhere laminare Dämpfung und damit ein<br />

flacherer Anstieg der v(F)-Kurve in diesem Regime. Dies führt zu<br />

einer Erhöhung der für das Einsetzen des intermittenten Schaltens<br />

nötigen antreibenden Kraft, in Folge des nach rechts wandernden<br />

Schnittpunktes zwischen der v(F)-Kurve im laminaren bzw. turbulenten<br />

Regime. Darüberhinaus aber erfolgt das Durchschneiden der<br />

laminaren vL(F)-Kurve durch die turbulente vT(F)-Kurve bei höheren<br />

Temperaturen auch flacher. Damit ist aber die maximale Überhöhung<br />

vmax relativ klein, da die Breite des Intermittenzbereichs<br />

durch Fc festgelegt ist (vgl. Abschnitt 3.3.1 bzw. Abbildung 3.5) und<br />

mit der Temperatur nicht variiert. Dieser Sachverhalt ist in Abbildung<br />

3.21 dargestellt. Aufgetragen ist vmax in Abhängigkeit von der<br />

Temperatur. Für niedrige Temperaturen ergeben sich sehr hohe Werte<br />

(welche im Diagramm nicht mehr dargestellt sind). Zu höheren<br />

Temperaturen hin erfolgt ein scharfer Zusammenbruch. Für eine erste<br />

Beurteilung der Situation bietet sich der Vergleich von vmax mit<br />

der Weibull-Geschwindigkeit an, da der Quotient aus diesen beiden<br />

Größen quadratisch in die Ausfallrate der laminaren Phasen eingeht<br />

(Gleichung (3.10)). Wie in Abbildung 3.21 zu erkennen, fällt ab etwa<br />

440 mK vmax unter den Wert von vw, verbunden mit einem Rückgang<br />

der Ausfallrate der laminaren Phasen.<br />

Noch besser läßt sich die Auswirkung der erhöhten Temperatur<br />

verdeutlichen, indem die mittlere Lebensdauer der laminaren Phase<br />

berechnet wird. Für die vorliegende Situation ist es dabei sinnvoll,<br />

eine antreibende Kraft zu wählen, bei der die laminaren Phasen möglichst<br />

kurz leben, d.h. man betrachtet den rechten Rand des Intermittenzbereiches.<br />

An dieser Stelle ist zu betonen, daß das Auftreten stabiler<br />

Turbulenz keinesfalls das Vorliegen turbulenter Strömung bedingt.<br />

Vielmehr besagt dies lediglich, daß die Strömung turbulent


110 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

∆v max (mm/s)<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

v w<br />

100 200 300 400440 500 600 700<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.21: Maximale Amplitude vmax der laminaren Phase<br />

über der turbulenten Phase, berechnet für diejenige antreibende<br />

Kraft, bei der die Turbulenz stabil wird. Etwa bei 440 mK wird vmax<br />

vergleichbar mit vw, verbunden mit einer Abnahme der Ausfallwahrscheinlichkeit<br />

(vgl. Gleichung (3.10)).<br />

bleibt, wenn die laminare Phase einmal zusammengebrochen ist. Für<br />

die Lebensdauer der laminaren Phase ist die obere Grenze des Intermittenzbereichs<br />

jedoch ohne Bedeutung. Unter diesen Umständen<br />

sind Meßdaten nur äußerst schwierig zu gewinnen. Daher zeigt Abbildung<br />

3.22 eine numerische Berechnung der mittleren Lebensdauer<br />

mit Hilfe der experimentell ermittelten Verteilung. Hierfür geht<br />

man von der Definition der mittleren Lebensdauer (1.43) und der experimentell<br />

gefundenen Zuverlässigkeitsfunktion für laminare Phasen<br />

aus und verwendet zur Ermittlung von vmax die v(F)-Kurve<br />

(1.27), welche am rechten Rand des Intermittenzbereichs, also bei<br />

F = Fc1 + Fc, ausgewertet wird (vgl. Gleichungen (1.28), (3.5)). Die


3.3 Bereich des intermittenten Schaltens 111<br />

µ L (s)<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

100 200 300 400 500 600 700<br />

T (mK)<br />

µ L (s)<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

0 100 200 300 400 500 600 700<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.22: Mittlere Lebensdauer der laminaren Phasen, berechnet<br />

an der rechten Grenze des Intermittenzbereichs. Für niedrige<br />

Temperaturen (T ≤ 300 mK) ergeben sich sehr geringe, weitgehend<br />

temperaturunabhängige Werte, während sich für hohe Temperaturen<br />

(T ≥ 500 mK) sehr hohe, ebenfalls weitgehend temperaturunabhängige<br />

Lebensdauern ergeben.<br />

Berechnung ist wegen der erforderlichen numerischen Integration<br />

vergleichsweise aufwendig und wurde mit Maple durchgeführt.<br />

Abbildung 3.22 zeigt das Resultat, dessen wesentliche Eigenschaften<br />

die bisher gewonnenen Ergebnisse bereits vermuten lassen.<br />

Für geringe Temperaturen ergibt sich eine geringe Lebensdauer von<br />

wenigen Sekunden mit nur geringer Temperaturabhängigkeit. Die<br />

Ursache dafür ist die sehr geringe Dämpfung, die einen sehr großen<br />

Wert für vmax und eine fast freie Beschleunigung der Kugel durch<br />

die antreibende Kraft zur Folge hat. Damit spielt auch die Variation<br />

der vernachlässigbaren Dämpfung kaum eine Rolle für die Lebensdauer<br />

der laminaren Phasen.<br />

Für Temperaturen oberhalb von 500 mK ergibt sich hingegen eine<br />

sehr hohe Lebensdauer, welche aus der oben beschriebenen starken<br />

Abnahme von vmax resultiert. Auch hier zeigt sich zu höheren<br />

Temperaturen hin eine nur schwache Temperaturabhängigkeit. Diese<br />

ist das Ergebnis der Tatsache, daß die mittlere Lebensdauer der<br />

laminaren Phasen durch die natürliche Hintergrundstrahlung auf 25<br />

Minuten begrenzt wird.


112 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

Zwischen diesen beiden Bereichen befindet sich ein scharfer<br />

Übergang, der sich durch eine Änderung der mittleren Lebensdauer<br />

der laminaren Phase um einen Faktor 150 auszeichnet, während<br />

die Temperatur nur um einen Faktor 1,7 ansteigt.<br />

Die hohen Lebensdauern der laminaren Phase führen in diesem<br />

Bereich zu dem in früheren Arbeiten beobachteten Hystereseeffekt,<br />

da es durch sie möglich ist, die antreibende Kraft bis weit in den Bereich<br />

der stabilen Turbulenz hinein zu erhöhen, bevor der Umschlag<br />

in die Turbulenz erfolgt. Ein Rückschalten auf laminare Strömung ist<br />

nicht mehr möglich — die antreibende Kraft muß dazu erst wieder<br />

unter den kritischen Wert gebracht werden. Die bei jedem Durchlauf<br />

variierende Größe der Hystereseschleife ergibt sich aus der Statistik<br />

der Lebensdauern.<br />

Die in dieser Arbeit gezeigten Meßdaten stammen größtenteils<br />

aus Messungen bei 300 mK, da diese Temperatur einerseits niedrig<br />

genug ist um experimentell bestimmbare Lebensdauern zu erhalten,<br />

andererseits aber auch hoch genug, um die metastabilen laminaren<br />

Phasen studieren zu können, welche sich ergeben, wenn die Amplitude<br />

der Kugeloszillationen ihren Sättigungswert erreicht.<br />

Fazit<br />

• In früheren Messungen bei Temperaturen oberhalb von 500 mK<br />

wurde ein hysteretischer Übergang von laminarer zu turbulenter<br />

Strömung bei Erhöhung der antreibenden Kraft beobachtet.<br />

• Ursache dafür ist eine sehr starke Erhöhung der mittleren Lebensdauer<br />

der laminaren Phase am rechten Rand des Intermittenzbereichs<br />

bei diesen Temperaturen.<br />

• Hervorgerufen wird dies durch die temperaturbedingt erhöhte lineare<br />

Dämpfungskraft und den damit verbundenen geringeren<br />

Unterschied der Gleichgewichtsamplitude für laminare und turbulente<br />

Strömung.


3.4 3 He- 4 He-Mischungen 113<br />

3.4 3 He- 4 He-Mischungen<br />

In den vorangehenden Abschnitten wurden ausschließlich Messungen<br />

mit isotopenreinem 4 He vorgestellt. Im folgenden soll nun auf<br />

Messungen eingegangen werden, die mit definierten 3 He- 4 He-Mischungen<br />

sowie natürlichem Helium durchgeführt wurden. Neben<br />

der Untersuchung des Einflusses der 3 He-Verunreinigungen auf den<br />

Übergang zur Turbulenz stellt die Bestimmung der Viskosität der Mischungen<br />

den Schwerpunkt dieses Abschnitts dar.<br />

3.4.1 Einfluß der 3 He- 4 He-Konzentration auf den<br />

Übergang zur Turbulenz<br />

Nachdem die bisherigen Untersuchungen zum Übergang zu turbulenter<br />

Strömung ausschließlich mit isotopenreinem 4 He durchgeführt<br />

wurden, stellt sich die Frage, ob die Charakteristika dieses<br />

Übergangs — also insbesondere die experimentell ermittelten Verteilungen<br />

der Lebensdauern, aber auch die charakteristischen Größen<br />

wie die Weibull-Geschwindigkeit vw, die Breite des Intermittenzbereichs<br />

etc. — durch 3 He-Verunreinigungen beeinflußt werden. Zu erwarten<br />

ist, daß die Dämpfung im laminaren Regime erhöht ist, da zu<br />

der Dissipation, wie sie durch ballistische Streuung von Phononen<br />

verursacht wird, noch weitere Dissipation durch Streuung an den<br />

3 He-Verunreinigungen hinzukommt. Dieser Effekt (insbesondere seine<br />

Temperatur und Konzentrationsabhängigkeit) wird im nächsten<br />

Abschnitt ausführlich behandelt, bezüglich des Übergangs zur Turbulenz<br />

ist er jedoch zu dem durch höhere Temperatur verursachten<br />

Anstieg der Dämpfung im isotopenreinen 4 He analog. Dies hat zur<br />

Folge, daß bei höheren 3 He-Konzentrationen die Messungen innerhalb<br />

des Intermittenzbereiches langwieriger werden, da die Lebensdauern,<br />

wie in Abschnitt 3.3.4 beschrieben, stark zunehmen. Aufgrund<br />

dieser Schwierigkeit konnten jeweils nur relativ wenige Meßreihen<br />

aufgenommen werden.<br />

Die Auswertung von Zeitreihen für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen<br />

ergab, daß die kritische antreibende Kraft Fc, welche


114 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

v w (mm/s)<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1E-8 1E-6 1E-4 1E-2<br />

3 He-Konzentration x3<br />

Abbildung 3.23: Weibull-Geschwindigkeiten für unterschiedliche<br />

3 He-Konzentrationen x3. Im Rahmen der Meßgenauigkeit ist keine<br />

Abhängigkeit der Weibull-Geschwindigkeit von der Konzentration<br />

der Verunreinigungen festzustellen. Lediglich bei der höchsten Konzentration<br />

ergibt sich ein signifikant kleinerer Wert.<br />

für stabile Turbulenz erforderlich ist, nicht von der Konzentration<br />

der 3 He-Verunreinigung abhängt. Ein ähnliches Resultat liefert die<br />

Auswertung der laminaren Phasen. Abbildung 3.23 zeigt Weibull-<br />

Geschwindigkeiten, die bei unterschiedlichen 3 He-Konzentrationen<br />

x3 ermittelt wurden. Im Rahmen der Meßgenauigkeit ist keinerlei<br />

Abhängigkeit von x3 festzustellen. Lediglich bei der höchsten Konzentration<br />

tritt ein signifikant kleinerer Wert auf. Sofern eine Abhängigkeit<br />

vorliegt, müßte diese innerhalb eines relativ schmalen Konzentrationsbereichs<br />

einsetzen. Denkbar wäre auch, daß es sich bei<br />

diesem Punkt um einen Meßfehler handelt, zumal die Messung bei<br />

hohen Konzentrationen durch die oben beschriebene Erhöhung der<br />

laminaren Lebensdauern stark erschwert wird.


3.4 3 He- 4 He-Mischungen 115<br />

λ (kg/s)<br />

5E-8<br />

4E-8<br />

3E-8<br />

2E-8<br />

2% 3 He<br />

0,5% 3 He<br />

0,05% 3 He<br />

0,005% 3 He<br />

0,0005% 3 He<br />

λ +λ ph rot<br />

1E-8<br />

300 400 500 600 700 800 900 1000<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.24: Temperaturabhängiger linearer Dämpfungskoeffizient<br />

λ (Vergrößerung des in Abbildung 3.25 hervorgehobenen Bereiches).<br />

Sehr deutlich ist die Abnahme der Dämpfung mit zunehmender<br />

3 He-Konzentration in diesem Temperaturbereich zu erkennen.<br />

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß der Übergang zur<br />

Turbulenz durch die hier untersuchten geringen 3 He-Konzentrationen<br />

nicht meßbar beeinflußt wird, sofern man von der erhöhten<br />

Dämpfung im laminaren Regime absieht.<br />

3.4.2 Viskositätsmessung<br />

Wie bereits angedeutet, erwartet man nach dem Einbringen von 3 He-<br />

Verunreinigungen in das suprafluide 4 He eine erhöhte Bedämpfung<br />

der Kugeloszillationen im Falle laminarer Strömung. Abbildung 3.25<br />

zeigt lineare Dämpfungskoeffizienten λ, wie sie für unterschiedliche<br />

3 He-Konzentrationen x3 bei Temperaturen oberhalb von 300 mK ermittelt<br />

wurden. Messungen in diesem Temperaturbereich mit natürlichem<br />

Helium werden in [24] ausführlich diskutiert. Unterhalb von


116 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

1 K erhöht sich mit fallender Temperatur die Zähigkeit (vgl. auch<br />

(1.36))<br />

η = 1 1<br />

ρcl =<br />

5 5 ρc2τP infolge des starken Anstiegs der Phonon-Phonon Stoßzeit τP, die<br />

gemäß [31] in diesem Temperaturbereich mit T −9 divergiert. Dies<br />

setzt sich fort, bis die hydrodynamische Beschreibung der Strömung<br />

schließlich ihre Gültigkeit verliert, sobald die freie Weglänge<br />

l = τP · c<br />

bei etwa 700 mK die Größenordnung der Kugelabmessungen erreicht.<br />

Unterhalb dieser Temperatur ist dann eine ballistische Beschreibung<br />

der Strömung erforderlich [24]. Die in Abbildung 3.24<br />

gezeigten Ergebnisse widersprechen der naheliegenden Erwartung,<br />

daß mehr Verunreinigungen höhere Dämpfung verursachen. Vielmehr<br />

verkürzen die Verunreinigungen die freie Weglänge und damit<br />

die Stoßzeit der Phononen, wodurch der Anstieg der Viskosität verringert<br />

wird und sich eine geringere Bedämpfung der Oszillationen<br />

ergibt. Damit erklärt sich die allmähliche Abflachung des Maximums<br />

der Dämpfung bei 700 mK mit zunehmender 3 He-Konzentration x3.<br />

Betrachtet man hingegen die Ergebnisse für Temperaturen unterhalb<br />

von etwa 300 mK in Abbildung 3.25, so erkennt man den erwarteten<br />

Anstieg der Dämpfung bei Erhöhung der Konzentration<br />

der 3 He-Verunreinigungen x3. Für die geringsten Konzentrationen<br />

ergibt sich annähernd eine Proportionalität zwischen x3 und λ, wie<br />

dies nach Gleichung (1.30a) für ballistische Streuung an den 3 He-Verunreinigungen<br />

zu erwarten ist. Für höhere Konzentrationen jedoch<br />

wird die Abhängigkeit schwächer, was auf einen Übergang von Ballistik<br />

zu hydrodynamischem Verhalten zurückzuführen ist (vgl. Abschnitt<br />

1.4). Betrachtet man die Temperaturabhängigkeit des linearen<br />

Dämpfungskoeffizienten in diesem Temperaturbereich, so erkennt<br />

man bei der höchsten Konzentration x3 = 2 % und den niedrigsten<br />

erreichten Temperaturen ein deutliches Anwachsen der Viskosität,<br />

das durch die Entartung des 3 He-Systems verursacht wird. Nach [33]<br />

ergibt sich hier ein Anstieg λ ∝ T −2 . Ansonsten ist λ weitgehend


3.4 3 He- 4 He-Mischungen 117<br />

λ (kg/s)<br />

1E-8<br />

1E-9<br />

1E-10<br />

2% 3 He<br />

0,5% 3 He<br />

0,05% 3 He<br />

0,005% 3 He<br />

0,0005% 3 He<br />

0,00005% 3 He<br />

natürliches He<br />

< 10 -7 % 3 He<br />

λ ph +λ rot<br />

1E-11<br />

25 100 1000<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.25: Temperaturabhängiger linearer Dämpfungskoeffizient<br />

λ für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen. Für kleine Konzentrationen<br />

ergibt sich offenbar eine Proportionalität der Dämpfung<br />

zur Konzentration sowie eine Proportionalität zur Temperatur.


118 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

Steigung<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1E-10 1E-8 1E-6 1E-4 1E-2<br />

3 He-Konzentration x3<br />

Abbildung 3.26: Steigung der λ(T)-Kurven in der logarithmischen<br />

Auftragung (vgl. Abbildung 3.25) für tiefe Temperaturen. Die 3 He-<br />

Konzentration des verwendeten natürlichen Heliums ist nur in der<br />

Größenordnung bekannt und daher mit einem entsprechenden Fehlerbalken<br />

versehen.<br />

temperaturunabhängig. Mit fallender Konzentration wird die Temperaturabhängigkeit<br />

jedoch zunehmend stärker, bis hin zu einer annähernden<br />

Proportionalität<br />

λ ∝ T (3.16)<br />

bei den geringsten Konzentrationen und tiefen Temperaturen. Eine<br />

Gerade mit der entsprechenden Steigung ist in Abbildung 3.25 für<br />

die Meßdaten für x3 = 5 · 10 −5 eingezeichnet. Dies steht im Widerspruch<br />

zu der durch Gleichung (1.30a) vorhergesagten Proportionalität<br />

zu √ T für den ballistischen Grenzfall. Eine detaillierte Darstellung<br />

der Steigungen der λ(T) Beziehungen in der doppeltlogarithmischen<br />

Darstellung bietet Abbildung 3.26. Das isotopenreine 4 He zeigt<br />

eine Proportionalität des Dämpfungskoeffizienten λ zu T 4 , wie es für<br />

ballistische Streuung der Kugel an Phononen zu erwarten ist (vgl.


3.4 3 He- 4 He-Mischungen 119<br />

(1.12a)), während sich für die 3 He- 4 He-Mischungen annähernd der<br />

Zusammenhang (3.16) ergibt. Das ebenfalls untersuchte natürliche<br />

He mit unbekanntem 3 He-Anteil liefert einen Zwischenwert, der die<br />

Vermutung nahelegt, daß es weniger Verunreinigungen enthält als<br />

es für das natürliche Isotopengemisch mit typisch x3 ∼ 10 −7 [28, 49]<br />

eigentlich zu erwarten wäre. Nachdem sich für die Mischungen eine<br />

andere Temperaturabhängigkeit der Dissipation ergibt, als sie für<br />

ballistische Streuung zu erwarten ist, stellt sich die Frage, ob der Bereich<br />

in dem sich die Dissipation durch ballistische Streuung der Kugel<br />

an den 3 He-Verunreinigungen beschreiben läßt, möglicherweise<br />

noch nicht erreicht ist, sich das System also noch in einem Übergangsbereich<br />

befindet. Um dies zu entscheiden, soll im folgenden die<br />

mittlere freie Weglänge für 3 He- 3 He-Stöße betrachtet werden. Hierfür<br />

wird, wie in Abschnitt 1.4 beschrieben, zunächst die Viskosität<br />

(vgl. (1.34)) und daraus mit Hilfe von (1.37) die freie Weglänge l3<br />

berechnet. Das Resultat ist in Abbildung 3.27 dargestellt. Es ergibt<br />

sich eine erwartungsgemäß nur schwache Temperaturabhängigkeit,<br />

infolge der weitgehenden Unabhängigkeit von Streuquerschnitt und<br />

3 He-Konzentration von der Temperatur. Man erkennt sehr schön,<br />

daß erst bei den beiden dünnsten untersuchten Mischungen die freie<br />

Weglänge der 3 He-Atome die Größenordnung der Kugelabmessungen<br />

R erreicht, d.h. hier ist mit dem beginnenden Übergang zu ballistischem<br />

Verhalten zu rechnen, während die übrigen Mischungen<br />

hydrodynamisch zu beschreiben sind. In diesem Fall ergibt sich ein<br />

Zusammenhang<br />

l3 ∝ x −1<br />

3 ,<br />

wie die in Abbildung 3.27 eingetragene durchgezogene Gerade mit<br />

der Steigung (-1) andeutet (vgl. Gleichung (1.38)). Die Abbildung<br />

zeigt darüberhinaus die freien Weglängen, wie sie in anderen Arbeiten<br />

für 3 He-Phonon Stöße gefunden [36] bzw. berechnet [3] wurden.<br />

Diese liegen mindestens um eine Größenordnung höher als die<br />

hier gefundenen freien Weglängen für 3 He- 3 He Stöße, so daß ihr Einfluß<br />

bei den untersuchten Temperaturen vernachlässigbar ist. Entsprechend<br />

Gleichung (1.39) ist es möglich, aus den gewonnenen Er-


120 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

Freie Weglänge (m)<br />

1E-1<br />

1E-2<br />

1E-3<br />

1E-4<br />

1E-5<br />

1E-6<br />

1E-7<br />

1E-8<br />

R<br />

50 mK<br />

100 mK<br />

200 mK<br />

500 mK<br />

100 mK<br />

200 mK<br />

500 mK (nach Baym)<br />

50 mK<br />

1E-6 1E-5 1E-4 1E-3 1E-2<br />

3 He-Konzentration x3<br />

Abbildung 3.27: Freie Weglänge für unterschiedliche Temperaturen<br />

in Abhängigkeit von der 3 He-Konzentration. Es ergibt sich insgesamt<br />

eine nur schwache Temperaturabhängigkeit. Lediglich wenn mit abnehmender<br />

3 He-Konzentration die freie Weglänge die Kugelabmessungen<br />

erreicht (und dann nicht mehr weiter ansteigt), ist eine etwas<br />

größere Abhängigkeit zu beobachten.<br />

gebnissen für die freie Weglänge den Streuquerschnitt für die 3 He-<br />

3 He Stöße zu berechnen. Mit<br />

findet man schließlich<br />

l · x3 = 1,12 · 10 −9 m<br />

σ3 = 4,08 · 10 −20 m 2 . (3.17)<br />

Daraus kann mit σ3 = r 2 3 π der effektive Radius der 3 He-Atome berechnet<br />

werden, der sich zu<br />

r3 = 1,1 Å (3.18)


3.4 3 He- 4 He-Mischungen 121<br />

η (Pa s)<br />

1E-5<br />

1E-6<br />

1E-7<br />

1E-8<br />

5•10 -4<br />

5•10 -3<br />

5•10 -7<br />

5•10 -5<br />

5•10 -6<br />

2•10 -2<br />

100 1000<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.28: Temperaturabhängige effektive Viskosität von 3 He-<br />

4 He-Mischungen für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen. Um die<br />

Übersichtlichkeit zu erhöhen wurden lediglich die Verbindungslinien<br />

zwischen den Meßpunkten gezeichnet, die Punkte selbst weggelassen.<br />

Offenbar variiert die Viskosität nicht monoton mit der 3 He-<br />

Konzentration.<br />

ergibt. Dieses Resultat stimmt gut mit dem Wert von 1,3 Å überein,<br />

wie er als sogenannter ‚hard core‘ Radius z.B. in [13, 28] angegeben<br />

wird.<br />

Bei der Berechnung der effektiven Viskosität nach (1.34) wird die<br />

viskose Eindringtiefe δ benötigt. Diese gibt an, wie dick die Flüssigkeitshaut<br />

ist, welche die Kugel bei Ihrer Bewegung durch die Flüssigkeit<br />

mitbewegt (vgl. Abschnitt 1.1.1). In Abbildung 3.29 sind die viskosen<br />

Eindringtiefen δ für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen bei<br />

unterschiedlichen Temperaturen aufgetragen. Offenbar variiert δ lediglich<br />

um jeweils eine Größenordnung um die Abmessung der Kugel.<br />

Somit ist offensichtlich, daß bei der Berechnung der Viskosität η<br />

aus den experimentell ermittelten linearen Dämpfungskoeffizienten<br />

keine Näherung für δ ≫ R oder δ ≪ R in der Stokes’schen Formel


122 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

δ (µm)<br />

1000<br />

100 R<br />

10<br />

5•10 -7<br />

5•10 -5<br />

5•10 -4<br />

5•10 -6<br />

5•10 -3<br />

2•10 -2<br />

100 1000<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.29: Viskose Eindringtiefe für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen<br />

in Abhängigkeit von der Temperatur. Die Eindringtiefen<br />

weichen weniger als eine Größenordnung von den Kugelabmessungen<br />

ab. Lediglich bei den geringsten Konzentrationen ist die Eindringtiefe<br />

etwas mehr als zehn Mal größer als der Kugelradius. Somit<br />

liegt weder der Grenzfall R ≫ δ noch R ≪ δ vor.<br />

zulässig ist. Dies macht die Berechnung numerisch etwas aufwendiger.<br />

Abbildung 3.28 zeigt die mit Hilfe der vollständigen Stokes’schen<br />

Formel (1.3) ermittelten Resultate für die Viskosität der 3 He- 4 He-Mischungen.<br />

Generell ist unterhalb von 700 mK eine Abnahme der Viskosität<br />

festzustellen, lediglich die 2 %ige Mischung zeigt bei den tiefsten<br />

Temperaturen einen Anstieg, der auf die beginnende Entartung<br />

des 3 He-Systems zurückzuführen ist. Im wesentlichen zeigt die Viskosität<br />

einen Temperaturverlauf ähnlich dem gemessenen linearen<br />

Dämpfungskoeffizienten λ. Auch das Maximum bei 700 mK ist vorhanden.<br />

Für Temperaturen oberhalb dieses Maximums findet man<br />

eine monotone Variation der Viskosität η mit der Konzentration. Je<br />

größer x3 ist, desto geringer ist die Viskosität der Mischung, da die


3.4 3 He- 4 He-Mischungen 123<br />

Abbildung 3.30: Temperaturabhängige effektive Viskosität von 3 He-<br />

4 He-Mischungen für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen in ste-<br />

reoskopischer Darstellung.<br />

freie Weglänge der Phononen auf einen kleineren Wert begrenzt wird<br />

und damit weniger stark anwachsen kann (vgl. oben). Bei tieferen<br />

Temperaturen hingegen variiert die Viskosität nicht monoton mit der<br />

Konzentration der 3 He-Verunreinigungen. Für x3 = 5 · 10 −5 ergibt<br />

sich die höchste Viskosität, für dichtere und dünnere Mischungen<br />

niedrigere Werte. Dies ist sehr schön in den dreidimensionalen Abbildungen<br />

3.30 und 3.31 zu erkennen, die einen besseren Überblick<br />

über die Abhängigkeit der Viskosität von Temperatur und 3 He-Konzentration<br />

bieten.<br />

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß sich die untersuchten<br />

dünnen 3 He- 4 He-Mischungen im erreichten Temperaturbereich<br />

in einem Übergangsbereich zwischen ballistischer und hydrodynamischer<br />

Beschreibung befinden. Eine Untersuchung weiter verdünnter<br />

Mischungen bzw. eine Bestimmung der 3 He-Konzentration des<br />

verwendeten natürlichen Isotopengemisches war leider nicht möglich,<br />

da es nicht gelungen ist einen Levitationszustand zu präparieren,<br />

der eine ausreichend geringe Untergrunddämpfung aufweist.<br />

Hierfür wäre eine Verbesserung um mindestens eine, besser zwei<br />

Größenordnungen in der Dämpfung — und damit in der Zeitkonstante<br />

des linearen Zerfalls — notwendig. Derartig hohe Güten schei-


124 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation<br />

nen derzeit jenseits des mit der in dieser Arbeit vorgestellten Meßzelle<br />

Machbaren zu liegen. Darüberhinaus werden Oszillatoren mit<br />

derartig hohen Zeitkonstanten (10 h bzw. 100 h) sehr unhandlich und<br />

neigen nach den bisherigen Erfahrungen zu beträchtlichen Instabilitäten.<br />

Fazit<br />

• Die 3 He-Konzentration scheint im Rahmen der Meßgenauigkeit<br />

keinen Einfluß auf den Übergang von laminarer zu turbulenter<br />

Strömung zu haben.<br />

• Oberhalb von 700 mK führen 3 He-Verunreinigungen zu einer Reduzierung<br />

der Viskosität durch Verkürzung der freien Weglängen<br />

der Phononen.<br />

• Unterhalb von 700 mK ergibt sich eine nichtmonotone Abhängigkeit<br />

der Viskosität von der 3 He-Konzentration.<br />

• Auch mit den dünnsten untersuchten Mischungen konnte das ballistische<br />

Regime nicht völlig erreicht werden. Das System befindet<br />

sich in einem Übergangsbereich zwischen Ballistik und Hydrodynamik.


3.4 3 He- 4 He-Mischungen 125<br />

η (Pa s)<br />

1E-5<br />

1E-6<br />

1E-7<br />

1E-9 5E-7 5E-6 5E-5 5E-4 0,005 0,02<br />

3 He Konzentration<br />

75<br />

50<br />

100<br />

250<br />

500<br />

750<br />

T (mK)<br />

Abbildung 3.31: Temperaturabhängige effektive Viskosität von 3 He-<br />

4 He-Mischungen für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen in dreidimensionaler<br />

Darstellung. Die Konzentrationsachse ist eine Kategorienachse<br />

und trägt daher keine Skalierung.


126 Kapitel 3. Meßergebnisse und Interpretation


Die Naturwissenschaft gleicht<br />

einem gewaltigen<br />

Kreuzworträtsel, dessen<br />

Reihen und Spalten schneller<br />

wachsen, als sie gelöst<br />

werden können.<br />

Zusammenfassung und<br />

Ausblick<br />

Heinz Haber<br />

Die in dieser Arbeit vorgestellte experimentelle Methode zur Untersuchung<br />

der Hydrodynamik von suprafluidem Helium ( 4 He) zeichnet<br />

sich durch berührungsfreie Aufhängung des Probenkörpers und<br />

damit verbunden durch sehr hohe Energieauflösung aus. Dadurch<br />

ist es, im Gegensatz zu zahlreichen anderen experimentellen Ansätzen,<br />

möglich, den Übergang von laminarer zu turbulenter Strömung<br />

in der Supraflüssigkeit eingehend zu studieren. Erstmals konnte dieser<br />

Übergang bei Temperaturen unterhalb von 500 mK systematisch<br />

untersucht werden. Hier zeigt das System Intermittenz, d.h. die Strömung<br />

wechselt in unregelmäßigen Abständen zwischen laminarer<br />

und turbulenter Strömung.<br />

Die statistische Auswertung des intermittenten Schaltens mit Methoden<br />

der Zuverlässigkeitstheorie liefert klare und sehr gut reproduzierbare<br />

Aussagen über das Verhalten der Supraflüssigkeit. Die<br />

Analyse der Lebensdauern der Phasen turbulenter Strömung zeigt,<br />

daß die Wahrscheinlichkeit einer Relaminarisierung zeitlich konstant<br />

ist, also insbesondere nicht mit der Zeit zunimmt, was einen Abklingprozeß<br />

als Ursache für das Zusammenbrechen der Turbulenz weitgehend<br />

ausschließt. Weiterhin ergibt sich keine Temperaturabhängigkeit<br />

der Lebensdauer der turbulenten Phasen, wogegen eine starke<br />

Abhängigkeit von der antreibenden Kraft — und damit der Leistung,<br />

welche der Turbulenz zugeführt wird — festzustellen ist. Die Lebens-<br />

127


128 Zusammenfassung und Ausblick<br />

dauer divergiert bei Annäherung der zugeführten Leistung an einen<br />

kritischen Wert annähernd nach einem Potenzgesetz. Bei diesem kritischen<br />

Wert wird die Turbulenz stabil, eine Relaminarisierung findet<br />

nicht mehr statt.<br />

Bei der Analyse der Lebensdauern der laminaren Phasen bzw. der<br />

jeweils erreichten Maximalamplitude der Oszillation ergibt sich ein<br />

etwas komplexeres Bild. Für die erreichten Amplituden findet man<br />

eine Weibull-Verteilung, welche wie die Verteilung der turbulenten<br />

Lebensdauern nicht von der Temperatur, aber auch nicht von der<br />

verwendeten antreibenden Kraft abhängt. Dies gilt sowohl für den<br />

Typ der Verteilung, als auch die Weibull-Geschwindigkeit, den einzigen<br />

vorhandenen Anpaßparameter. Die Weibull-Geschwindigkeit<br />

ist für jede Durchführung des Experiments konstant, lediglich nach<br />

einer Neupräparation des Levitationszustandes ändert sich der Wert<br />

geringfügig. Dies kann auf eine unterschiedliche Lage der Kugel in<br />

der Meßzelle zurückgeführt werden, welche dazu führt, daß andere<br />

Bereiche der keineswegs homogenen Oberfläche der Kugel das Strömungsverhalten<br />

beeinflussen.<br />

Betrachtet man die Statistik der Lebensdauern der laminaren Phasen,<br />

die aus der Amplitudenstatistik abgeleitet werden kann, so findet<br />

man ein überraschendes Ergebnis. Sobald die Geschwindigkeitsamplitude<br />

den Gleichgewichtswert erreicht hat, der durch die antreibende<br />

Kraft und die lineare Dämpfung gegeben ist, sagt diese Statistik<br />

divergierende Lebensdauern der laminaren Phasen voraus, obwohl<br />

die kritische Geschwindigkeit überschritten ist, die für einen<br />

Umschlag in die Turbulenz erforderlich ist. Das Experiment bestätigt<br />

diese Erwartung zunächst nicht. Vielmehr ergibt sich hier für laminare<br />

Phasen mit sehr langer Lebensdauer eine annähernd exponentiell<br />

verteilte Lebensdauer mit einer mittleren Lebensdauer von 25 Minuten.<br />

Eine Messung mit einer in der Nähe der Meßzelle angebrachten<br />

radioaktiven Quelle und ein Vergleich der Dosisleistungen, die von<br />

der Quelle bzw. der natürlichen Hintergrundstrahlung am Ort der<br />

Meßzelle hervorgerufen werden, zeigt, daß die Verkürzung der mittleren<br />

Lebensdauer der langlebigen laminaren Phasen auf 25 Minuten<br />

auf die Wirkung der natürlichen Radioaktivität zurückzuführen<br />

ist. Über die Art und Weise der Wechselwirkung der Gammastrah-


Zusammenfassung und Ausblick 129<br />

lung mit der Supraflüssigkeit kann an dieser Stelle nur spekuliert<br />

werden, da die Zahl der denkbaren Mechanismen sehr groß ist. So<br />

könnten aus den Wänden der Meßzelle bzw. der Kugel relativ energiereiche<br />

Elektronen austreten, die auf ihrem Weg durch die Meßzelle<br />

Wirbelschläuche produzieren. Ebenso wäre es möglich, daß Heliumatome<br />

in der Nähe der Kugel ionisiert werden und durch die bei<br />

der Rekombination freiwerdende Energie Wirbel enstehen. Eine Aufklärung<br />

der Mechanismen, mittels derer Gammastrahlung den Übergang<br />

zur Turbulenz beeinflußt, wäre eventuell durch systematische<br />

Variation von Energie, Intensität und Art der verwendeten Strahlung<br />

möglich.<br />

Laminare Phasen oberhalb der kritischen Geschwindigkeit sind<br />

folglich ohne äußere Störung stabil, sofern sich die Amplitude der<br />

Oszillationen nicht mehr ändert. Die Metastabilität der laminaren<br />

Phasen drückt sich auch in der Proportionalität der Ausfallrate<br />

zur Änderung der Geschwindigkeitsamplitude aus. Dieses Ergebnis<br />

wird noch bemerkenswerter durch die Tatsache, daß es sich bei der<br />

Bewegung der Kugel um eine oszillatorische Bewegung handelt, d.h.<br />

die Momentangeschwindigkeit der Kugel ändert sich ständig und<br />

sehr schnell. Dennoch bleibt die Strömung laminar mit verschwindender<br />

Ausfallrate, während das System auf eine vergleichsweise geringe<br />

Änderung der Amplitude der Oszillation mit einer signifikant<br />

erhöhten Ausfallrate reagiert.<br />

Für das beobachtete Szenario für den Übergang von laminarer zu<br />

turbulenter Strömung existiert bisher noch keine fundierte mikroskopische<br />

Begründung. Eine derartige Theorie muß sich daran messen<br />

lassen, ob sich die gefundenen Umschaltwahrscheinlichkeiten daraus<br />

ergeben. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang auch<br />

die sehr gute Reproduzierbarkeit der Messungen, welche Modelle,<br />

die sich auf remanente Wirbel aus dem Abkühlvorgang stützen, eher<br />

unwahrscheinlich erscheinen läßt.<br />

Die Konzentration von 3 He-Verunreinigungen in der Supraflüssigkeit<br />

hat im Rahmen der Meßgenauigkeit keinen Einfluß auf den<br />

Übergang zur Turbulenz, sofern man von der Erhöhung der linearen<br />

Dämpfung einmal absieht. Die Untersuchung dieser Erhöhung der<br />

Viskosität bei dünnen 3 He- 4 He-Mischungen, die im Rahmen dieser


130 Zusammenfassung und Ausblick<br />

Arbeit erstmals über einen weiten Konzentrationsbereich durchgeführt<br />

wurde, liefert überraschende Ergebnisse. So befindet sich das<br />

System selbst bei den dünnsten untersuchten Mischungen entgegen<br />

der ursprünglichen Erwartung noch nicht im Grenzfall ballistischer<br />

Streuung, sondern vielmehr in einem Übergangsbereich. Dies äußert<br />

sich in einer annähernden Proportionalität zwischen η und T bei<br />

kleinen Temperaturen und in einer temperaturunabhängigen freien<br />

Weglänge der 3 He-Atome. Demgegenüber zeigen die dünnsten untersuchten<br />

Mischungen aber bereits ein η ∝ x3 Verhalten, wie es für<br />

das ballistische Regime zu erwarten ist. Leider ist die Auflösung des<br />

Experiments durch die vorhandene Untergrunddämpfung begrenzt,<br />

so daß keine Untersuchungen mit noch geringeren x3 Konzentrationen<br />

oder eine exakte Konzentrationsbestimmung des natürlich vorkommenden<br />

He-Isotopengemisches möglich ist. Hierfür wäre eine<br />

weitere Reduktion der Untergrunddämpfung notwendig, die eventuell<br />

durch zusätzliche Optimierungen an der Meßzelle zu erreichen<br />

ist. Dabei besteht jedoch die Gefahr, daß die Oszillationen instabil<br />

bzw. aufgrund der dann sehr hohen Güte schwer anregbar werden.<br />

Für zukünftige Untersuchungen bietet es sich einerseits an, Veränderungen<br />

an der Geometrie des Experiments vorzunehmen. So<br />

wäre es unter Umständen lohnend, Kugeln mit glatterer Oberfläche<br />

einzusetzen, um so Einflüsse der Oberflächenrauhigkeit zu studieren.<br />

Die Verwendung unterschiedlich großer Kugeln mit vergleichbarer<br />

Oberflächenbeschaffenheit könnte mögliche Abhängigkeiten<br />

des Übergangs zur Turbulenz von den Abmessungen des umströmten<br />

Körpers aufklären helfen. Dies könnte möglicherweise eine Extrapolation<br />

zu noch kleineren Abmessungen und damit einen Vergleich<br />

mit den Ergebnissen numerischer Berechnungen zur Turbulenzentstehung,<br />

die sich aus Kapazitätsgründen auf sehr kleine Längenskalen<br />

(einige 1000 Å) beschränken müssen, ermöglichen. Neben<br />

diesen Änderungen an der Geometrie wäre es andererseits sehr interessant,<br />

4 He durch flüssiges 3 He zu ersetzen, welches ebenfalls<br />

(wenn auch bei deutlich tieferen Temperaturen) suprafluid wird. Experimente<br />

mit vibrierenden Drahtschlaufen, welche bereits in 3 He<br />

durchgeführt worden sind, lassen ein möglicherweise ähnliches Szenario<br />

für den Übergang zur Turbulenz vermuten, wie es in dieser


Zusammenfassung und Ausblick 131<br />

Arbeit für 4 He beschrieben wird. Allerdings können diese Experimente<br />

aufgrund mangelnder Auflösung und ungünstiger Geometrie<br />

keine quantitativen Aussagen liefern, so daß eine Ausdehnung der<br />

Experimente mit der oszillierenden Kugel auf 3 He neue spannende<br />

Resultate erwarten läßt.


132 Zusammenfassung und Ausblick


Anhang<br />

A Konstanten und Bezeichnungen<br />

A.1 Verschiedene Bezeichnungen<br />

Größe Wert Beschreibung<br />

vw<br />

Weibull-Geschwindigkeit<br />

µ mittlere<br />

Phasen<br />

Lebensdauer der turbulenten<br />

vmax vmax − vt maximale Differenz der Geschwindigkeitsamplitude<br />

zwischen laminarer und<br />

turbulenter Phase<br />

vt(F) Geschwindigkeitsamplitude während<br />

turbulenter Phasen<br />

vmax(F) F/λ Gleichgewichtsamplitude während turbulenter<br />

Phasen<br />

λ linearer Dämpfungskoeffizient<br />

τ 2m/λ Zeitkonstante im linearen Regime<br />

τ2<br />

Zeitkonstante verursacht durch Radioak-<br />

δ<br />

<br />

2η/ρω<br />

tivität<br />

viskose Eindringtiefe<br />

l mittlere freie Weglänge<br />

Konzentration der 3He-Verunreinigungen x3<br />

P Zuverlässigkeitsfunktion<br />

p −dP/dt Verteilungsdichte<br />

−d ln P/dt Ausfallrate


134 Anhang<br />

A.2 Helium<br />

Größe Wert Beschreibung<br />

c 238 m/s Schallgeschwindigkeit in 4 He<br />

8,65 K Rotonengap<br />

k0 1,9 Å Rotonenwellenzahl<br />

Tλ 2,18 K Lambdapunkt<br />

cw 0,4 cw-Wert einer Kugel<br />

Tc 9,24 K supraleitende Sprungtemperatur von<br />

Niob<br />

ρ 145 kg/m 3 Dichte von flüssigem 4 He<br />

x3,nat ∼ 10 −7 3 He-Konzentration von natürlichem<br />

Helium<br />

κ 9,98·10 −8 m 2 /s Zirkulationsquant<br />

m ∗ 3 2,4 · m3 effektive 3 He-Masse in 4 He<br />

m3 5,01 · 10 −27 kg 3 He-Masse<br />

ε 10 −12 J/m Energie pro Länge eines Wirbels<br />

Größen im Experiment<br />

Größe Wert Beschreibung<br />

R 124 µm Kugelradius<br />

m 27 µg Kugelmasse<br />

d 1 mm Abstand der Elektroden<br />

2 mm Durchmesser der Elektroden


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[53] E. Varoquaux, O. Avenel, P. Hakonen & Y. Mukharsky, Pinning<br />

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Vortex Dynamics & Superfluid Turbulence, Lecture Notes<br />

in Physics, Springer Verlag, Berlin, 2001, to be published.<br />

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[56] J. Wilks & D.S. Betts, An Introduction to Liquid Helium, Clarendon<br />

Press, Oxford, 1987, zweite Auflage.


Abbildungsverzeichnis<br />

1 Fotografie eines kleineren Wirbelsturms . . . . . . . . . 13<br />

2 Satellitenaufnahme eines Sturmtiefs . . . . . . . . . . . 13<br />

3 Satellitenaufnahme einer Wirbelstraße im Lee der<br />

Kapverdischen Inseln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />

4 Aufnahme eines Hufeisenwirbels an einer Quellwolke 14<br />

5 Aufnahme eines Hohlwirbels in Wasser. . . . . . . . . . 15<br />

6 Hohlwirbel in Wasser, von oben gesehen. . . . . . . . . 16<br />

1.1 cw-Werte für eine Kugel bei unterschiedlichen<br />

Reynoldszahlen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

1.2 Laminarer Schlauch bei Anströmen einer Kugel mit<br />

Wasser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

1.3 Kette von Wirbeln, die sich von einer mit Wasser angeströmten<br />

Kugel ablösen. . . . . . . . . . . . . . . . . . 26<br />

1.4 Zuverlässigkeitsfunktion, Ausfallrate und Verteilungsdichte<br />

für exponentiell verteilte Lebensdauern. . . 44<br />

1.5 Zuverlässigkeitsfunktion, Ausfallrate und Verteilungsdichte<br />

für Weibull-verteilte Lebensdauern<br />

(n = 2). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

2.1 Bewegung der Kugel während der Aufladung durch<br />

eine Hochspannung am Kondensator. . . . . . . . . . . 49<br />

2.2 Bewegung der Kugel während der Aufladung durch<br />

eine positive Hochspannung an der unteren Elektrode. 51


142 Abbildungsverzeichnis<br />

2.3 Ableitung des Vorzeichens der Kugelladung aus den<br />

Fluggeraden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52<br />

2.4 Verdünnung von 3 He- 4 He-Mischungen. . . . . . . . . . 58<br />

2.5 Mikroskopische Aufnahmen der Kugel. . . . . . . . . . 60<br />

2.6 Bild der inneren Komponenten der Meßzelle. . . . . . . 62<br />

2.7 Maßstabsgetreue Zeichnung der Meßzelle. . . . . . . . 64<br />

2.8 Fotografie des an der Mischkammer angeflanschten<br />

Meßzellenhalters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

2.9 Blockschaltbild des Experiments. . . . . . . . . . . . . . 69<br />

2.10 Schaltbild des Elektrometerverstärkers. . . . . . . . . . 71<br />

2.11 Blockschaltbild des Programms zur Phasenregelung. . 74<br />

3.1 Für unterschiedliche antreibende Kräfte ergeben sich<br />

unterschiedliche Regimes für den Fluß der Supraflüssigkeit<br />

um die Kugel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80<br />

3.2 Linearer Dämpfungskoeffizient für verschiedene Temperaturen<br />

( 4 He bzw. Vakuum). . . . . . . . . . . . . . . 82<br />

3.3 v(F)-Diagramm für sehr hohe Antriebskräfte. . . . . . . 83<br />

3.4 Kritische Geschwindigkeiten bei verschiedenen Oszillatoren.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85<br />

3.5 Ausschnittsvergrößerung eines v(F)-Diagramms. . . . 86<br />

3.6 Hysteretischer Übergang zwischen laminarer und turbulenter<br />

Strömung um die Kugel. . . . . . . . . . . . . . 87<br />

3.7 Ausschnitt aus einer Zeitreihe der Geschwindigkeitsamplitude<br />

(Schaltpunkte) . . . . . . . . . . . . . . . . . 88<br />

3.8 Ausschnitt aus einer Zeitreihe der Geschwindigkeitsamplitude<br />

(laminare bzw. turbulente Phasen markiert) 90<br />

3.9 Zeitreihen bei unterschiedlicher Antriebskraft . . . . . 91<br />

3.10 Beispiel einer experimentell ermittelten Zuverlässigkeitsfunktion<br />

der turbulenten Phase. . . . . . . . . . . . 93<br />

3.11 Mittlere Lebensdauer der turbulenten Phasen bei unterschiedlichen<br />

Temperaturen und antreibenden Kräften.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94<br />

3.12 Beispiel einer experimentell ermittelten Verteilung der<br />

maximalen laminaren Amplituden. . . . . . . . . . . . . 96


Abbildungsverzeichnis 143<br />

3.13 Weibull-Geschwindigkeiten für unterschiedliche antreibende<br />

Kräfte bei unterschiedlichen Temperaturen . 97<br />

3.14 Mittelwerte der für unterschiedliche Levitationszustände<br />

ermittelten Weibull-Geschwindigkeiten. . . . . . 99<br />

3.15 Beispiel einer experimentell ermittelten Zuverlässigkeitsfunktion<br />

der Phasen laminaren Flusses um die<br />

Kugel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100<br />

3.16 Aus der laminaren Amplitudenverteilung abgeleitete<br />

Zuverlässigkeitsfunktion und zugehörige Ausfallrate. . 102<br />

3.17 Experimentell ermittelte Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

für laminare Phasen für sehr hohe Lebensdauern (linear).<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

3.18 Zeitreihe der Geschwindigkeitsamplitude der Kugeloszillation<br />

mit und ohne radioaktive Quelle. . . . . . . 105<br />

3.19 Experimentell ermittelte Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

mit und ohne radioaktive Quelle. . . . . . . . . . . . . . 106<br />

3.20 Experimentell ermittelte Zuverlässigkeitsfunktionen<br />

für laminare Phasen für sehr hohe Lebensdauern (logarithmisch).<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108<br />

3.21 Maximale Amplitude vmax der laminaren Phase über<br />

der turbulenten Phase in Abhängigkeit von T . . . . . . 110<br />

3.22 Mittlere Lebensdauer der laminaren Phasen an der<br />

rechten Grenze des Intermittenzbereichs . . . . . . . . . 111<br />

3.23 Weibull-Geschwindigkeiten für unterschiedliche 3 He-<br />

Konzentrationen x3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114<br />

3.24 Temperaturabhängiger linearer Dämpfungskoeffizient<br />

λ für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen (Ausschnitt).<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115<br />

3.25 Temperaturabhängiger linearer Dämpfungskoeffizient<br />

λ für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen. . . . . 117<br />

3.26 Steigung der λ(T)-Kurven in der logarithmischen<br />

Auftragung für tiefe Temperaturen. . . . . . . . . . . . . 118<br />

3.27 Freie Weglänge für unterschiedliche Temperaturen in<br />

Abhängigkeit von der 3 He-Konzentration. . . . . . . . . 120


144 Abbildungsverzeichnis<br />

3.28 Temperaturabhängige effektive Viskosität von 3 He-<br />

4 He-Mischungen für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen.<br />

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121<br />

3.29 Viskose Eindringtiefe für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen<br />

in Abhängigkeit von der Temperatur. . . . 122<br />

3.30 Abbildung 3.31 in stereoskopischer Darstellung . . . . 123<br />

3.31 Temperaturabhängige effektive Viskosität von 3 He-<br />

4 He-Mischungen für unterschiedliche 3 He-Konzentrationen<br />

in dreidimensionaler Darstellung. . . . . . . . . 125


Nachwort<br />

Viele Menschen haben direkt oder indirekt zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen,<br />

ja sie erst möglich gemacht:<br />

• Prof. Dr. Wilfried Schoepe danke ich für die Einführung in das interessante<br />

Forschungsgebiet, die hervorragende Betreuung und die gute Zusammenarbeit.<br />

• Meinen Laborkollegen Herrn Hubert Kerscher und Herrn Dipl. Phys.<br />

Dieter Schowalter danke ich für ihre Hilfsbereitschaft, ihren unverwüstlichen<br />

Humor, die freundschaftliche Arbeitsatmosphäre und die Aufmunterung<br />

in allen Notlagen.<br />

• Herr Klaus Lachner stand uns tets mit Rat und Tat zur Seite, sei es bei der<br />

Wartung der Pumpen, bei Reparaturen am Kryostaten, bei der Konstruktion<br />

und dem Einbau von diversen Zubehörteilen oder der Beschaffung<br />

von Ersatzteilen.<br />

• Ohne die schnelle und kompetente Arbeit der mechanischen Werkstatt<br />

der physikalischen Fakultät wäre es nicht möglich gewesen, die Experimente<br />

wie vorgesehen durchzuführen. Stellvertretend möchte ich dem<br />

Leiter, Herrn Norbert Sommer, der stets das Unmögliche möglich machte<br />

und schnell noch einen Eilauftrag einschob, sowie Herrn Friedrich Dietl,<br />

der in mühevoller Präzisionsarbeit die Niobzelle herstellte, danken.<br />

• Herr Rudolf Reisser erstellte mit Autocad die Konstruktionszeichnung<br />

der neuen Meßzelle, während Herr Horst Lindner den Abstandshalter<br />

aus Glas anfertigte.<br />

• Dank gebührt Herrn Joseph Reisinger, der eine radioaktive Quelle aus<br />

seiner Sammlung für unsere Experimente zur Verfügung stellte, sowie<br />

Herrn Prof. Henning von Philipsborn, für die Messung der in dieser Arbeit<br />

angegebenen Dosisleistungen.<br />

• Herr Karl Heinz Weigert und Herr Bernhard Rother in der Heliumverflüssigung<br />

hielten unsere Oszillatoren auch in schwierigen Zeiten am Leben,<br />

indem sie — ganz unbürokartisch — stets bereit waren, auch kurzfristig<br />

ihren ‚letzten Tropfen‘ flüssiges Helium für unser Experiment zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

• Dank gebührt allen die mit der Betreuung der im Laufe der Arbeit genutzten<br />

EDV Anlagen betraut sind. Stellvertretend seien an dieser Stelle<br />

Herr Jürgen Hirschinger, Herr Alexander Kalbeck, Herr Dr. Fritz Wünsch<br />

sowie das Linux-Team genannt.<br />

145


146<br />

• Herr Michael Zitzlsperger erstellte im Reinraum der Arbeitsgruppe von<br />

Prof. Dr. Dieter Weiss die Fotografien von der Oberfläche der Kugel, während<br />

Herr Dipl. Chem. Wolfgang Seidl seine Ausrüstung und sein fotografisches<br />

Können zur Fotografie der Meßzelle zur Verfügung stellte. Die<br />

optische Bestimmung der Kugelgröße konnte mit Hilfe des Mikroskops<br />

der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Karl Renk durchgeführt werden.<br />

• Allen Mitarbeitern am Lehrstuhl Renk danke ich für das Klima der Hilfsbereitschaft,<br />

sowie den Teilnehmern an der täglichen Kaffeerunde für<br />

zahlreiche interessante Diskussionen.<br />

• Meinen Korrekturlesern, Frau Jana Bauer, Herrn Hubert Kerscher, Herrn<br />

Markus Niemetz und Herrn Dieter Schowalter schulde ich besonderen<br />

Dank für das aufmerksame Studium meines Manuskriptes und die daraus<br />

resultierenden zahlreichen Anmerkungen und Hinweise, die sehr zur<br />

Qualität und Verständlichkeit des <strong>Text</strong>es beigetragen haben.<br />

• Schließlich gebührt meinen Eltern Dank für Ihre Unterstützung und Bestätigung.

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