Gewalt mit Ersteinschätzung reduzieren Stewig-Nitschke.pdf
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<strong>Gewalt</strong> an Personal in Notaufnahmen<br />
Eine professionelle <strong>Ersteinschätzung</strong><br />
der Behandlungsdringlichkeit kann Ereignisse verhindern<br />
Problem:<br />
In den Notaufnahmen und bei der Behandlung von Patienten in der besonderen Situation des<br />
Notfalls, ist eine reibungslose und konfliktarme Kooperation zwischen dem medizinischen<br />
Personal, den Patienten und den Begleitpersonen besonders schwierig. Immer häufiger<br />
kommt es zu <strong>Gewalt</strong> an Mitarbeitern – Drohungen, Beschimpfungen und aggressive<br />
Patienten sind Beispiele für diese Ereignisse.<br />
Gefährdung:<br />
Der spezifische Gefährdungsscore einer ZNA ergibt sich aus den Bedingungen der Abteilung an sich, aus<br />
den besonderen Bedingungen des Personals, den Patienten, der vorhandenen Organisation, den<br />
Interaktionsabläufen und dem Umgang <strong>mit</strong> Schnittstellen. Zusätzlich sind das regionale Umfeld und die<br />
Kriminalitätsstatistik in ihrer Bedeutung auf die Wahrscheinlichkeit von <strong>Gewalt</strong>bereitschaft und -ereignissen<br />
einzuordnen.<br />
Ursachen:<br />
Bezogen auf die komplexen Ursachenkonstellationen von <strong>Gewalt</strong> in Notaufnahmen begünstigt Alkohol<br />
gewalttätiges Verhalten und die <strong>Gewalt</strong> geht mehrheitlich von Männern aus 1;8. Die Wahrscheinlichkeit von<br />
Vorfällen <strong>mit</strong> aggressiven und gewalttätigen Patienten ist nachts am höchsten und trifft dann eher<br />
Frauen 2 . Kommen Anlässe wie ,,Nichtverstanden werden“, das Gefühl der Ungleichbehandlung,<br />
Übermüdung oder auch wenig transparente Entscheidungsroutinen dazu, steigt die Wahrscheinlichkeit<br />
einer Eskalation. Seitens des Personals der ZNA können Unsicherheit im Tun (Fachkompetenz, Einarbeitung<br />
etc.) sowie unklare Verantwortlichkeiten und Prozesse destabilisierend wirken.<br />
Formen:<br />
Bekannte Formen der <strong>Gewalt</strong> an Personal in<br />
Notaufnahmen sind zum Beispiel Angst machen,<br />
Drohungen (auch <strong>mit</strong> Waffen), Belästigung und Terror,<br />
ständige Anrufe, Bespitzelung und Verfolgung, Stoßen,<br />
Treten, Schlagen, Prügeln, lächerlich machen,<br />
beleidigende Äußerungen, Schimpfen, Toben, aber auch<br />
Behauptungen, Unterstellungen und Anderes. Von<br />
,,besonderer Bedeutung ist dabei der Annahmebereich<br />
<strong>mit</strong> <strong>Ersteinschätzung</strong> und Wartezone, weil lange<br />
Wartezeiten zum Ausbruch aggressiven Verhaltens<br />
beitragen‘‘ 3 . Die <strong>Ersteinschätzung</strong> ist ein wesentlicher<br />
Bestandteil des Aufnahmeprozesses einer ZNA.<br />
Wartezeit<br />
Pflegeperson<br />
Rückmeldungen<br />
Patient<br />
Aufnahmeprozess<br />
<strong>Ersteinschätzung</strong><br />
Information<br />
Umgebung<br />
Angehörige
Mögliche Auslöser von <strong>Gewalt</strong> können Ungewissheit über den Verlauf, sich dadurch aufbauende Ängste, der Mangel an<br />
Privatsphäre, Umweltstressoren (Raum, andere Patienten/Begleitpersonen) und auch Defizite in der Kommunikation sein 4 .<br />
Daraus kann ein Konflikt entstehen- ein ,,Konflikt ist eine meist gewaltsame Auseinandersetzung zwischen zwei oder<br />
mehreren Konfliktparteien und entspringt Tendenzen oder Absichten, deren gleichzeitige Verwirklichung den<br />
Konfliktparteien nicht möglich scheint‘‘ 5 . Eine frühzeitige Beachtung der besonderen Situation des einzelnen Patienten<br />
findet insbesondere im Rahmen der <strong>Ersteinschätzung</strong> statt 9 . Durch Prävention und Deeskalation kann die Eskalation eines<br />
Konfliktes verhindert werden 6 .<br />
Mögliche<br />
Ursachen/Auslöser<br />
von <strong>Gewalt</strong><br />
Ungewissheit<br />
Ängste<br />
Mangel an<br />
Privatsphäre<br />
Umweltstressoren<br />
Kommunikationsdefizite<br />
Konsequenzen in der Praxis:<br />
A: Auslösephase<br />
B: Eskalationsphase<br />
C: Krise<br />
D: Erholungsphase<br />
E: Depression nach der Krise<br />
Was bietet die<br />
<strong>Ersteinschätzung</strong> nach<br />
dem<br />
Manchester- Triage -<br />
System?<br />
Gespräch <strong>mit</strong> Patienten<br />
Erfassen der Symptome<br />
und subjektiver<br />
Empfindungen<br />
Separatisierung im<br />
<strong>Ersteinschätzung</strong>sraum,<br />
erste Interventionen<br />
Rückmeldung der<br />
Behandlungsdringlichkeit<br />
Information/ Interaktion/<br />
Rückmeldung mehrfach<br />
• Durch den vorgegebenen mehrfachen Patientenkontakt im Rahmen der Einschätzung der Behandlungsdringlichkeit<br />
ist es möglich, die Entstehung von Aggressionen und <strong>Gewalt</strong> zu erkennen!<br />
• Frühzeitiges Eingreifen und Selbstschutz wird ermöglicht, der Schutz anderer Anwesender wird optimiert!<br />
• Die Prozessoptimierung und Ablauforganisation während der Aufnahmeprozesses spielen eine wesentliche Rolle!<br />
• Mit Hilfe von Qualifikation, Kommunikation und geregelter Information, können Konflikte vermieden und/oder<br />
bewältigt werden. Die Thematik <strong>Gewalt</strong> an Personal in Notaufnahmen ist in das Gesundheitsmanagement des<br />
Unternehmens einzubinden (nach dem Modell T-R-U-D-E) 7 !<br />
Durch die professionelle <strong>Ersteinschätzung</strong> nach dem Manchester-Triage-<br />
System ist eine Optimierung der Kunden- und Patientenorientierung und<br />
so<strong>mit</strong> die Reduzierung von <strong>Gewalt</strong> an Personal in Notaufnahmen möglich<br />
Bearbeitungszeitraum:<br />
01.07.2010- 31.12.10<br />
Andrea <strong>Stewig</strong>-<strong>Nitschke</strong> MBA;BBA;RbP<br />
Leitung AG ERNA; DBfK Nord/Ost<br />
Leitung AG Notfallpflege/Ost DGiNA<br />
1James A, Madeley R, Dove A (2006) Violence and aggression in the emergency department. Emerg Med J 23: 431–434<br />
2Schnieden V, Marren Bell U (1995) Violence in the accident and emergency department. Accid Emerg Nurs 3: 74–78<br />
3Derlet RW, Richards JR (2000) Overcrowding in the nation’s emergency departments: Complex causes and disturbing effects, Ann Emerg Med 35: 63–68<br />
4Meier, Christa (2004); Verhindern von Aggressionen/ <strong>Gewalt</strong> auf der Notfallstation durch wissendes, reagierendes und agierendes Pflegepersonal;<br />
Universitätsspital Zürich<br />
5Glasl, F. (1999) Konfliktmanagement, Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. 6., erg. Aufl. Bern, Stuttgart 1999<br />
6<strong>Stewig</strong>-<strong>Nitschke</strong>,A.(2008), <strong>Ersteinschätzung</strong> als Instrument der Kundenorientierung vor Behandlungsbeginn;DNEE/ 2.Netzwerkkonferenz Hamburg<br />
7<strong>Stewig</strong>-<strong>Nitschke</strong>,A.(2011), <strong>Gewalt</strong> und Delinquenz in der ZNA, Das ZNA Buch, Berlin Mwv<br />
8Köster,W.; Siemen, Annette, Patient schlägt Pfleger ins Gesicht, Wolfsburger Nachrichten 22.02.11<br />
9Moecke,H.-P., Krey,J. (2010), ,,Die Rolle der Pflege bei der <strong>Ersteinschätzung</strong>‘‘, <strong>Ersteinschätzung</strong> in der Notaufnahme, S.66, 2.Auflage, Huberverlag Bern 2010