Vorlesung 5 Anstrichsysteme, Linke - Denkmalpflege
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Traditionelle Anstriche und moderne Beschichtungen in der <strong>Denkmalpflege</strong><br />
<strong>Denkmalpflege</strong><br />
Funktionen:<br />
Funktionen<br />
• Schutz<br />
Dr. Robert <strong>Linke</strong><br />
• Gestaltung (Farbsystem hat Einfluss auf die Farbwirkung)<br />
Wichtigste Systeme: Systeme<br />
• Öl<br />
• Leim<br />
• Kalk<br />
• Silikat<br />
• Zement<br />
• Dispersion<br />
Mineralfarbe: „Malmittel mit ausschließlich oder überwiegend anorganischen Bestandteilen wie Bindemittel,<br />
Pigmente, Füllstoffe oder Reaktivstoffe. Die Bindemittel sind entweder Kalk, Zement oder Wasserglas“<br />
1
Als Reaktion auf die schnell verwitterten Kalkanstriche im Barock<br />
und vor allem im 19. Jhdt. fallweise eingesetzt. Häufig wurden<br />
Steine komplett in heißem Öl getränkt.<br />
2 Methoden: hitzepolymerisiertes Standöl<br />
bleisiccativiertes Leinöl<br />
Chemischer Nachweis durch Bestimmung von Blei im Stein oder<br />
mittels UV-Mikroskopie (Ölnachweis).<br />
Beim Härten/Altern entstehen Linoxin und Metallseifen<br />
(hydrophobe Wirkung geht verloren), Stein vergilbt<br />
Entfernung von Ölanstrichen:<br />
LM-Kompressen, mechanisch, Laser<br />
Ölfarben<br />
Tobias Hotz: Ölen von Sandstein als Witterungsschutz am Berner Münster, Diplomarbeit, HS d Künste Bern, 2006<br />
Marmorimitationsanstrich („Polierweiß“)<br />
Foto: Hans Nimmrichter, BDA<br />
Foto: Hans Nimmrichter, BDA<br />
2
Ursprünglich Marmorimitationsanstrich mit<br />
Quarzmehl / Bleiweiß („Carrara-Effekt“)<br />
Restauriert mit Silikonharzschlämme<br />
Ölanstriche auf Stein<br />
Fotos: Hans Nimmrichter, BDA<br />
3
Wien 1, Kohlmarkt 14 („Demel“), Letzte Restaurierung 1995,<br />
alter Ölanstrich, Brandschaden 1995, Abbeizung, Kalkfärbelung<br />
neu, Öl schlägt jetzt durch, Neufassung mit Dispersion<br />
Ölanstriche auf Metall<br />
3<br />
2<br />
Staubbelag<br />
1<br />
3<br />
2<br />
Staubbelag<br />
1<br />
?<br />
4
Innsbruck, Hofkirche<br />
Wien 14, Hadikpark, Hadikpark,<br />
Denkmal Franz Xaver Mayer, Eisen gefasst 1853<br />
Fotos und Restaurierung: Georg Kolmanitsch<br />
Ranshofen, OÖ, ehem. Stiftskirche<br />
5
Öl<br />
Ölanstriche auf Holz<br />
Gute Verwitterungsbeständigkeit als bleisiccativiertes Standöl<br />
Moderne Alternativen:<br />
Alkydharz (lösemittelhaltig)<br />
Acrylharz (wasserverdünnbar)<br />
Acryl-Alkyd (wasserverdünnbar)<br />
Cobalt- und Zinksiccative in Leinölfarbe entsprechen zwar Umweltstandards, erreichen jedoch nicht die<br />
Verwitterungsbeständigkeit von bleisicc. Leinöl<br />
Bleiweiß in BGBl 855(1993) §5 generell verboten, „Ausgenommen die Verwendung als Künstlerfarbe und als<br />
Farbe zur originalgetreuen Restaurierung von Kunstwerken.“<br />
unterschiedliches Alterungsverhalten:<br />
Ölanstrich vs. Kunstharzanstrich<br />
Alkyd<br />
6
Dürnstein, NÖ<br />
Foto: H. Paschinger<br />
Barockfassung: hellblauer, Bleiweiß-Smalte Anstrich<br />
heute: Silikatfarbe als Volltonfarbe<br />
Farbwirkung geht verloren<br />
Historische Farbwirkung???<br />
7
Göllersdorf (NÖ), Schloß Schönborn, Orangerie, Ovidzimmer<br />
• Bindemittel: pflanzlicher Stärkeleim<br />
Zelluloseleim (Hydroxipropylcellulose)<br />
z.B. Tapetenkleister: Propylcellulose<br />
tierischer Leim (Proteine), früher verwendet<br />
• Füllstoffe: Kreide,<br />
Pfeifenton (Schichtsilikate)<br />
• Pigmente<br />
wasserlöslich, daher nur für<br />
Innenraum geeignet<br />
vor neuem Anstrich abwaschen.<br />
heute weitgehend durch<br />
Dispersionsfarben abgelöst bzw.<br />
als Zelluloseleimfarbe mit<br />
Dispersionszusatz erhältlich<br />
(„Halbdispersion“)<br />
Leimfarben<br />
Öl, Cu-pigment<br />
Öl, Pbw.<br />
Gips, Öl eindiffundiert<br />
Gips<br />
8
Kalkzusätze, historisch<br />
Leinölfirnis: Haftvermittler<br />
verbesserte Verarbeitbarkeit<br />
reduzierte Wasseraufnahme (und –abgabe abgabe)<br />
erhöhte Verwitterungsbeständigkeit<br />
(längere Lagerfähigkeit)<br />
Kasein: Haftvermittler<br />
erhöhte Verwitterungsbeständigkeit,<br />
jedoch biologisch abbaubar<br />
(luftporenbildender<br />
luftporenbildender Effekt)<br />
Seife<br />
Paraffin<br />
Harze<br />
(Leim, Zucker, Bier, Melasse,…)<br />
9
Kalkzusätze, modern I<br />
• Kunstharze: Acrylate (Primal Primal AC 33 („Dispersion K9“), Paraloid B72, Polystyrolacrylate…)<br />
Polystyrolacrylate…)<br />
• hydraulische BM (NHL, HL, Weißzement)<br />
verbesserte Verarbeitbarkeit<br />
schnellere Abbindung (nicht Carbonatisierung!)<br />
Carbonatisierung!)<br />
bessere Haftung zum Untergrund<br />
reduzierte Wasseraufnahme (und -abgabe) abgabe)<br />
bessere Pigmentbindung<br />
das „5% Problem“ (org. Kohlenstoffgehalt ↔ org. Festkörperanteil ↔ Kunststoffanteil)<br />
Härte<br />
Frühfestigkeit, Druckfestigkeit, Haftzugfestigkeit,…<br />
• Überschusswasser: ????? → $$$$$ [CaO [ CaO + H 2O O → Ca(OH) 2 ]<br />
Kalkzusätze, modern II<br />
• Verdickungsmittel (Cellulose, Celluloseether, Na-Polyacrylat<br />
Na Polyacrylat) )<br />
Vorteile: erhöhter Fließwiderstandhöhere<br />
Fließwiderstand here Viskositätgr<br />
Viskosit größ ößere ere Schichtdickenweniger<br />
Schichtdicken weniger Arbeitsschritte<br />
verhindert Füllstoff/Pigmentsedimentation<br />
Emulgator<br />
reduziert Spritzneigung, bessere Streichfähigkeit (Walzen und Sprühen) Sprühen)<br />
Wasserretentionsmittel zur besseren Carbonatisierung<br />
Nachteile: reduziert die Bindungseigenschaft von Kalk<br />
verschließt Poren<br />
reduziert Diffusionsgeschwindigkeit von CO 2langsamere langsamere Carbonatisierung<br />
organische Zusätze Zus tze fördern f rdern mikrobielles Wachstum<br />
• Zucker: „nat natürliche rliche Kohlenhydrate“ Kohlenhydrate z.B. in Keim-Athenit<br />
Keim Athenit oder Röfix fix Sesco<br />
(„… „…zur zur Verbesserung der Auftrageigenschaften…“<br />
Auftrageigenschaften…“)<br />
Bsp: Bsp:<br />
Keim Patent DE10052928 (Mai 2002): : 6% Saccharose, Saccharose,<br />
14% Titandioxid, 37% Kalkhydrat, 43% Wasser.<br />
10
Schimmelpilz auf Kalkfärbelung mit Zusatz von<br />
„natürlichen Kohlenhydraten“<br />
2010 (Ort anonymisiert)<br />
KEIM-Athenit<br />
KEIM Athenit<br />
11
Testreihe von Priv.Doz. Dr. Katja Sterflinger, BOKU:<br />
DWK1 DWK1+P<br />
Kalkfarbe1 Kalkfarbe1+P<br />
Sumpfkalk Sumpfkalk+P<br />
• Bioziode: Bioziode:<br />
Fungizide, Algizide, Algizide,<br />
Bakterizide,…<br />
Kalkzusätze, modern III<br />
Cladosporium tenuissimum,<br />
H 2 O+P<br />
Cladosporium tenuissimum,<br />
Kasein<br />
• Hydrophobierungszusätze („Nanotechnologie<br />
(„ Nanotechnologie“, “, Silane, Silane,<br />
Siloxane, Siloxane,<br />
Silikonharze, Silikonöle, Silikone,..)<br />
• Salze (NaCl ( NaCl, , CaCl 2 )<br />
• Flugasche<br />
• Ziegelmehl<br />
Feuchtereservoir<br />
12
Lagerzeit von Sumpfkalk: 3 Monate bis 10 Jahre<br />
Vorteile einer langen Lagerzeit:<br />
• größere Calzite<br />
• höhere Bindekraft<br />
• höhere Lichtbrechung<br />
• höherer Weißgrad<br />
CaCO 3 + SO 3 + 2H 2O CaSO 4 2H 2O + CO 2<br />
Eiseneinschluss<br />
3000-jährige Tradition<br />
bis ins 19. Jhdt. wichtigstes Anstrichsystem<br />
Kalk bindet Pigmente nur bis ca. 5% gut bis 10% fallweise möglich, daher keine starken Farbtöne möglich<br />
Bindemittel: 1) Sumpfkalk (ca. 2 Jahre) als Kalkmilch<br />
2) mit Wasser aufgeschlämmtes Kalkhydrat (= fertige Kalkmilch)<br />
Pigmente: alkalibeständig (z.B. kein Bleiweiß, kein Azurit)<br />
Verwitterung durch Vergipsung (bessere Löslichkeit),<br />
Auswaschung von Pigmenten<br />
CaCO 3 + SO 3 + 2H 2 O CaSO 4 ·2H 2 O + CO 2<br />
Löslichkeit in Wasser bei RT:<br />
Kalk: 14 mg/l (ohne CO 2 )<br />
0,85 g/l (mit CO 2 )<br />
Gips: 2,7 – 8,8 g/l (je nach Modifikation)<br />
Kalk<br />
13
• Fresko (fresco bouno, al fresco): Feinputz + Pigment + Wasser<br />
• Fresko mit Sekkovollendung („frescosecco“), Fresko + „Retusche“<br />
• Kalksecco: Milch-, Ei-, Leim- oder Kaseintempera<br />
• Kalkkaseinmalerei<br />
• Kalkfresko: Feinputz + Pigment + Kalkmilch/Kalksuspension<br />
• Secco: Pigment + Sumpfkalk<br />
• Öl-Wandmalerei<br />
• Marouflage<br />
Historische Maltechniken auf Wand/Putz<br />
OÖ, Bauernhaus, barock<br />
mit über 100 orig. Kalkfärbelungen<br />
14
Tagwerksgrenzen<br />
„giornati“<br />
Fotos: Ernst Lux; Salzburg, Residenz, Carabinierisaal, Rottmayr: Die calydonische Eberjagd, Barockberichte 34/35<br />
KARTONPAUSE mittels Lochpause (italien. „spolvero“)<br />
Karton = fertige Entwurfszeichnung<br />
in Originalgröße<br />
Andrea Verrochio um 1470<br />
(Berlin, Kupferstichkab.)<br />
Baldinucci 1681:<br />
Cartoni per far disegni d‘opere...<br />
dopo averne fatti disegni e studi<br />
in piccole carte....<br />
Hans Holbein d.J.1527: Thomas Morus (Windsor)<br />
15
KARTONS: Italien 17. Jh. für Freskomalerei und große Gemälde<br />
Annibale Carracci um 1605, für Gall.Farnese Rom<br />
(London, National Gallery)<br />
Fotos: Manfred Koller und Herbert Schwaha, Barockberichte 34/35<br />
Marc Antonio Franceschini, um 1690,<br />
ca. 200 x 180 cm (Orvieto, Dommuseum)<br />
16
2<br />
1<br />
1) bindemittelreicher Putz mit Silikatkörnung um 0,5 mm, Bindemittel Kalk<br />
2) 20 µm grün: basisches Kupferchlorid, wenig/kaum Kalkbindemittel, typ. Freskoauftrag<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
Kalkmalerei secco<br />
Foto: BDA<br />
Krems, NÖ, Gozzoburg, WM,<br />
Wappenschild grün<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1<br />
17