Grundlagen der Rhetorik - Redekunst
Grundlagen der Rhetorik - Redekunst
Grundlagen der Rhetorik - Redekunst
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<strong>Grundlagen</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Rhetorik</strong><br />
Vielen Dank an Franziska Dallmann für die Zeichnungen in dieser Präsentation!<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 1 |
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Rhetorik</strong><br />
„Die <strong>Rhetorik</strong> sei also als die Fähigkeit<br />
definiert, das Überzeugende, das je<strong>der</strong><br />
Sache innewohnt, zu erkennen.“<br />
(Aristoteles)<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 2 |
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Rhetorik</strong><br />
„Von den durch die Rede geschaffenen Überzeugungsmitteln<br />
gibt es drei Arten: Sie sind zum einem im Charakter des<br />
Redners angelegt [ethos], zum an<strong>der</strong>en in <strong>der</strong> Absicht, den<br />
Zuhörer in eine bestimmte Gefühlslage zu versetzen<br />
[pathos], zuletzt in <strong>der</strong> Rede selbst, indem man etwas<br />
nachweist o<strong>der</strong> zumindest den Anschein erweckt, etwas<br />
nachzuweisen [logos].“<br />
(Aristoteles)<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 3 |
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Rhetorik</strong><br />
Ethos<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 4 |
Ethos<br />
Um die Bedeutung <strong>der</strong> Rede zu beurteilen, sucht das Publikum nach<br />
Informationen über den Redner:<br />
Wer ist dieser Redner eigentlich?<br />
Ist er es überhaupt wert, ihm zuzuhören?<br />
Ist ein Redner glaubwürdig?<br />
Darf so jemand, wie er, so etwas sagen?<br />
Hat er moralisch/inhaltlich das Recht so zu reden?<br />
Hat ein Redner die notwendige Kompetenz?<br />
Woher weis er, wovon er spricht?<br />
Ist seine Argumentation legitim?<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 5 |
Ethos<br />
Da das Publikum diese Fragen nicht beantworten kann, sucht es nach „cues“ (Hinweisen) im<br />
Verhalten des Redners, die auf seine Kompetenz o<strong>der</strong> Glaubwürdigkeit schließen lassen.<br />
+ Kompetenz -<br />
Spezielle Ausbildung / Studium<br />
(z.B. als Volkswirt kann ich dazu folgendes sagen… )<br />
Persönliche Erfahrung Hypothetische Formulierung / Konjunktiv<br />
Zahlen + Fakten<br />
(z.B. 2011 waren nur 9,3% <strong>der</strong> Aufsichtsratsmitglie<strong>der</strong> in<br />
deutschen Unternehmen Frauen)<br />
Verwendung + Erklärung von Fachbegriffen<br />
(z.B. durch die Interdependenz, d.h. die wechselseitige<br />
Abhängigkeit… )<br />
Zitate / „namedropping“<br />
(z.B. wer sich gut präsentieren möchte, sollte es mit Erving<br />
Goffman halten.)<br />
Einschränkungen / Füllworte<br />
(z.B. aber das ist dann halt eigentlich nicht so richtig so…)<br />
Falsche / zu viele Fachbegriffe<br />
sprunghafte Gedankenführung<br />
Klare und einfache Formulierung Verschachtelte Sätze<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 6 |
Ethos<br />
+ Glaubwürdigkeit -<br />
Eigene Betroffenheit / Opfer-Status Verdacht auf Eigennutz<br />
Eigene Überzeugung<br />
Emotionaler Vortrag<br />
Fehlen<strong>der</strong> Ernst<br />
(z.B. „Das große rote Buch <strong>der</strong> Statistik“)<br />
+ Autorität -<br />
Karikierende Darstellungen / Witz Relativierungen<br />
Passen<strong>der</strong> Sprachstil / Identifikationspunkte<br />
dynamisches / relativ langsames Sprechen Hastiges Sprechen<br />
Ruhige / tiefe Stimme Erregte / überschlagende Stimme<br />
Sicherer Stand / klare Bewegungen<br />
Übersprunghandlungen<br />
(z.B. die „Haarfalle“ o<strong>der</strong> die „Schmuckfalle“)<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 7 |
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Rhetorik</strong><br />
Pathos<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 8 |
Pathos<br />
Um ein Publikum in eine bestimmte Gefühlslage zu versetzen, muss ein<br />
Redner über dieses Publikum vieles wissen:<br />
Was begeistert ein Publikum?<br />
Welche Wünsche und Hoffnungen hat es?<br />
Was ist für ein Publikum für normal?<br />
Was findet es selbstverständlich?<br />
Welche Anerkennung möchte es?<br />
Worüber lacht ein Publikum?<br />
Und warum lacht es?<br />
Welche Ängste hat ein Publikum?<br />
Worüber regt es sich auf?<br />
Was schürt seinen Hass?<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 9 |
Pathos<br />
typische Werte<br />
Gesundheit Leben Würde<br />
Familie Freundschaft Liebe<br />
Frieden Schutz Sicherheit<br />
Ehrlichkeit Fairness Gerechtigkeit<br />
Freiheit Selbstbestimmung Toleranz<br />
Effizienz Nachhaltigkeit Wohlstand<br />
Umweltschutz Integration Völkerverständigung<br />
Schönheit Ästhetik Kultur<br />
Tradition Religion Heimat<br />
Bildung Wissen Fortschritt<br />
Einigkeit Brü<strong>der</strong>lichkeit Respekt<br />
Loyalität Treue Ehre<br />
Demokratie Partizipation Souveränität<br />
Solidarität Gleichheit Emanzipation<br />
Verantwortung Leistung Eigentum<br />
Mobilität Flexibilität Vielfalt<br />
Rechtsstaatlichkeit Ordnung Vergebung<br />
„Pursuit of happiness“ Glück Selbstverwirklichung<br />
Stärke Mut | 13. Dezember 2010 Bescheidenheit<br />
| Sandro Lombardo | Folie 1 |
Pathos<br />
typische Ängste und Feindbil<strong>der</strong><br />
Naturkatastrophen Klimawandel Nukleare Störfälle<br />
Verfolgung Gewalt Kriminalität<br />
Technokratie Überwachung Standardisierung<br />
Entfremdung Beschleunigung „Burn-out“<br />
„Zwei Klassen Gesellschaft“ Korruption Marktmacht<br />
Ausbeutung Armut Präkarität<br />
Fundamentalismus Kommunismus Faschismus<br />
Isolation Ausgrenzung „Mobbing“<br />
Überfremdung Sekten Sexualstraftaten<br />
Kapitalismus Staatsverschuldung Banken-/Finanzkrisen<br />
Tod Krankheit Leid<br />
Hilflosigkeit Abhängigkeit Unterdrückung<br />
Krebs Aids Alzheimer/Demenz<br />
Massenpanik Atomwaffen Amokläufer<br />
Gentechnik „Der gläserne Bürger“ „allgemeine Angst um Kin<strong>der</strong>“<br />
„Ballerspiele“ Dioxin Seuchen<br />
Terrorismus Diktatur Krieg<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 11 |
Pathos<br />
Einige einfache Stilmittel können ebenfalls hilfreich sein:<br />
Beispiele und kurze Geschichten (Narrationen) können Argumente ersetzen. Sie<br />
können dem Publikum intuitiv und emotional Zusammenhänge klar machen, die<br />
schwer zu erklären sind.<br />
Rhetorische Fragen regen das Publikum an, den Gedankengang selbst<br />
nachzuvollziehen. Eigene Gedanken und Gefühle müssen sich erst entfalten. Der<br />
Redner sollte dafür an entscheidenden Stellen mit großzügigen Pausen Raum<br />
schaffen.<br />
In stimmungsvollen und emotionalen Passagen <strong>der</strong> Rede kann <strong>der</strong> Redner das<br />
Publikum direkt ansprechen, um es stärker einzubeziehen.<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 12 |
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Rhetorik</strong><br />
Logos<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 13 |
Logos<br />
1. Logos für Anfänger - Argumentieren mit Wi<strong>der</strong>sprüchen<br />
Aussagenlogische Form:<br />
Syllogismus<br />
Argumentation 1. Aus A folgt B<br />
2. Es gilt A<br />
Schluss Es gilt B<br />
• Der Redner, <strong>der</strong> „nicht B“ postuliert hatte, wird wi<strong>der</strong>legt<br />
• Der logische Wi<strong>der</strong>spruch wird aufgedeckt<br />
• Die Argumentation bewegt sich auf <strong>der</strong> Ebene „richtig vs. falsch“<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 14 |
Logos<br />
2. Logos für Fortgeschrittene - Argumentieren ohne Wi<strong>der</strong>sprüche<br />
Aussagenlogische Form:<br />
Syllogismus<br />
Argumentation 1. Aus A folgt (B o<strong>der</strong> nicht B)<br />
2. Es gilt A<br />
Schluss A ist irrelevant für B<br />
• Der Redner, <strong>der</strong> A postuliert hatte, wird nicht wi<strong>der</strong>legt<br />
• Es gibt keinen logischen Wi<strong>der</strong>spruch<br />
• Die Argumentation bewegt sich auf <strong>der</strong> Ebene „relevant vs. irrelevant“<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 15 |
Logos<br />
2. Logos für Fortgeschrittene - Argumentieren ohne Wi<strong>der</strong>sprüche<br />
In einer Debatte kann ich aus drei Gründen Recht haben:<br />
• Ich habe Recht, weil mein Gegenredner Unrecht hat<br />
• Ich habe Recht, obwohl mein Gegenredner Recht hat<br />
• Ich habe Recht, gerade weil mein Gegenredner Recht hat<br />
Viele Argumente lassen Raum für verschiedene Interpretationen. Argumente<br />
können durch ein neues „framing“ für die eigene Position verwendet werden.<br />
Die Verwendung gegnerischer Argumente für die eigene Position suggeriert<br />
Überlegenheit. Durch die (formale) Zustimmung zum gegnerischen Argument<br />
kann außerdem eine direkte Konfrontation vermieden werden.<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 16 |
Logos<br />
3. Logos für Puristen – Notwendige und hinreichende Bedingungen<br />
„Dass die Fensterscheibe zerbricht, ist eine<br />
notwendige Bedingung dafür, dass ich einen<br />
Ball hindurchwerfe.“<br />
Notwendige Bedingung: Nur wenn die notwendige Bedingung (NB)<br />
erfüllt ist, tritt das Ereignis (E) ein.<br />
{ logisch: 1. aus E folgt NB 2. aus nicht NB folgt nicht E }<br />
Hinreichende Bedingung: Immer wenn die hinreichende Bedingung (HB)<br />
erfüllt ist, tritt das Ereignis (E) ein.<br />
{ logisch: 1. aus HB folgt E 2. aus nicht E folgt nicht HB }<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 17 |
<strong>Grundlagen</strong> <strong>der</strong> <strong>Rhetorik</strong><br />
Die Topik<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 18 |
Topik<br />
Ein Topos ist ein argumentativer Ort.<br />
Jedes Thema bietet bestimmte Topoi.<br />
Sie sind strategisch wichtige<br />
Streitpunkte, die es durch Argumente<br />
für die eigene Position zu besetzen gilt.<br />
Die relevanten Topoi bilden die Topik ein Themas o<strong>der</strong> Problems. Sie zu kennen<br />
gibt dem Redner einen Überblick über das Thema und einen erheblichen<br />
strategischen Vorteil.<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 19 |
Fragen und Diskussion…<br />
| 17. April 2012 | Sandro Lombardo | Folie 20 |