Rhetorik – Grundbegriffe - Dr. Johannes Birgfeld
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Antike ff. <strong>Rhetorik</strong> <strong>–</strong> 5 Schritte in Vorbereitung einer Rede<br />
1. inventio - Suche nach den zum Thema passenden Gedanken<br />
- Leitfaden sind loci bzw. topoi<br />
2. dispositio - Gliederung<br />
- Auswahl aus den in der inventio zutage geförderten Gedanken<br />
- Gliederung kann 3 Redestrategien unterworfen werden:<br />
1. docere / belehren = rationale Argumentation<br />
2. delectare / erfreuen = Erregung von Affekten mittlerer Art<br />
3. movere / rühren = Erregung von Affekten heftigerer Art<br />
- Auswahl der Gedanken und der Strategie erfolgt<br />
- nach Redezweck (utilitas causae) und Situationsangemessenheit<br />
(aptum/decorum)<br />
- durch Urteilskraft des Redners (iudicium)<br />
- erfolgt in 3 Schritten:<br />
1. caput / Anfang<br />
1. exordium = Anrede des Publikums<br />
2. medium / Mittelteil<br />
1. propositio = Darlegung des Sachverhaltes<br />
2. argumentatio = Erörterung inklusive:<br />
- probationes = Beweisgründe<br />
- refutatio = Widerlegung von Gegenargumenten<br />
3. finis / Ende<br />
1. conclusio = Schlussfolgerungen<br />
2. peroratio = erneute Wendung an das Publikum<br />
3. elocutio - Einkleidung der Gedanken (res) in Wörter (verba)<br />
- zu beachten sind die virtutes dicendi = Stilqualitäten:<br />
1. puritas = Sprachrichtigkeit<br />
2. perspicuitas = Klarheit der Sprache<br />
3. aptum = gedankliche Angemessenheit<br />
4. brevitas = Kürze des Ausdrucks<br />
- Einsatz von Figuren und Tropen<br />
- Stilmittel und feststehende Redewendungen, Bilder, ....<br />
- Mittel der Affekterzeugung<br />
- sollen Aufmerksamkeit auf die Aussage lenken<br />
- dienen dem ästhetischen Bedürfnis nach Schmuck, Eleganz (= ornatus,<br />
amplificatio)<br />
- sorgen für Abwechslung im Ausdruck<br />
- überlagern als sekundäre Strukturen die primären der Grammatik<br />
- sollten nicht zu gewagt sein, damit Text nicht dunkel wird, und nicht zu<br />
wenig sein, damit Text nicht zu langweilen beginnt<br />
4. memoria - Aneignung der Rede im Gedächtnis<br />
- Anwendung verschiedener Mnemotechniken<br />
5. pronuntiatio - Vortrag der Rede<br />
ars bene dicendi (<strong>Rhetorik</strong>) vs. ars recte dicendi (Grammatik)<br />
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Antike ff. <strong>Rhetorik</strong> <strong>–</strong> 5 Schritte in Vorbereitung einer Rede<br />
Vgl. dazu: Cicero: De oratore / Über den Redner. Liber secundus, 79:<br />
[79] Deinde quinque faciunt quasi membra eloquentiae, invenire quid dicas, inventa<br />
disponere, deinde ornare verbis, post memoriae mandare, tum ad extremum agere ac<br />
pronuntiare; rem sane non reconditam; quis enim hoc non sua sponte viderit, neminem posse<br />
dicere, nisi et quid diceret et quibus verbis et quo ordine diceret haberet et ea meminisset?<br />
Atque haec ego non reprehendo, sed ante oculos posita esse dico, ut eas item quattuor,<br />
quinque, sexve partis vel etiam septem, quoniam aliter ab aliis digeruntur, in quas est ab his<br />
omnis oratio distributa:<br />
[79] Deinde quinque faciunt quasi membra<br />
eloquentiae,<br />
invenire quid dicas,<br />
inventa disponere,<br />
deinde ornare verbis,<br />
post memoriae mandare,<br />
tum ad extremum agere ac pronuntiare;<br />
rem sane non reconditam;<br />
quis enim hoc non sua sponte viderit,<br />
neminem posse dicere,<br />
nisi et quid diceret et quibus verbis et quo<br />
ordine diceret haberet et ea meminisset?<br />
Atque haec ego non reprehendo,<br />
sed ante oculos posita esse dico,<br />
ut eas item quattuor, quinque, sexve partis<br />
vel etiam septem,<br />
quoniam aliter ab aliis digeruntur, in quas<br />
est ab his omnis oratio distributa:<br />
Dann bilden sie gleichsam fünf Glieder der<br />
Redekunst:<br />
Ausfindigmachen dessen, was man sagen soll,<br />
anordnen des Gefundenen,<br />
dann eindrucksvolle Formulierung,<br />
ferner Auswendiglernen<br />
und schließlich Vortrag und Darbietung.<br />
Damit verraten wie wahrhaftig kein Geheimnis.<br />
Denn wer käme nicht von selbst zu der<br />
Erkenntnis,<br />
dass man nur reden kann,<br />
wenn man weiß, was man sagen soll, mit<br />
welchen Worten und in welcher Reihenfolge<br />
man es tun soll, und wenn man es sich gemerkt<br />
hat.<br />
Ich halte diese Einteilung auch gar nicht für<br />
verkehrt,<br />
doch ich behaupte, dass sie vor Augen liegt,<br />
genau wie jene vier, fünf, sechst oder auch<br />
sieben Teile<br />
<strong>–</strong> denn der eine gliedert so, der andere so <strong>–</strong>, in<br />
die sie die gesamte Rede aufgeteilt haben.<br />
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