Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek
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einleitung XLVII sich aber eine abschließende Stellungnahme vor, bis einwandfreie Ergebnisse der damals laufenden Längengradbestimmungen vorliegen würden. Durch die Uhren, die er dafür entwickelt hatte, war Huygens daran direkt beteiligt. Am 11. Juli 1692 berichtete er schließlich, daß er bei der nunmehr erfolgten Lektüre von Eisenschmidts Buch mehrere Einwände zusammengetragen habe. Davon abgesehen habe er einen guten Eindruck von diesem Werk (N. 90): ” Il paroit docte au reste et ecrit bien‘‘. Während seiner großen Forschungsreise befaßte sich Leibniz auch mit der Bewegung eines Körpers im resistierenden Medium. Fast zur gleichen Zeit wie das Tentamen entstand seine Abhandlung Schediasma de resistentia medii, et motu projectorum gravium in medio resistente (Acta erud., Jan. 1689, S. 38–47). Beide Arbeiten stellten Gegenentwürfe zu Newtons in den Principia von 1687 geäußerten Ansichten dar. Durch die in seiner Korrespondenz mit Huygens Ende 1690 (vgl. III, 4) und Anfang 1691 unternommene Bemühungen, seine Ergebnisse Huygens verständlich zu machen, wurde Leibniz bewußt, daß er das Schediasma überarbeiten und darin enthaltene Fehler korrigieren mußte. Dies geschah mit seinem Beitrag Additio ad Schediasma de medii resistentia, der im April 1691 in den Acta eruditorum erschien (vgl. N. 29). Bereits im Februar 1691 war Huygens zu der Erkenntnis gelangt, daß Leibniz von einer anderen Definition des Widerstandes ausging als er selbst und Newton (N. 8): ” il est evident que vous prenez l’effect de resistence pour la resistence mesme. Mais à M r Newton et à moy la resistence est la pression du milieu contre la surface d’un corps‘‘. In dieser unterschiedlichen Auffassung der ” resistentia‘‘ lag ein wesentlicher Teil der Verständnisschwierigkeiten von Huygens begründet. Leibniz glaubte zwar, sich ausreichend erklärt zu haben, verkannte aber nicht die Gefahr von Mißverständnissen (N. 9): ” J’avois crû de pouvoir estimer la resistence par son effect prochain, c’est à dire par la diminution de la vistesse du corps, qui la sent, et je m’estois assés expliqué là dessus dans tout mon discours, mais j’advouë qu’il demande de l’attention‘‘. Leibniz’ Überlegungen zur Optik wurden im Zeitraum des vorliegenden Bandes ebenfalls durch die Arbeiten von Huygens und Newton bestimmt. Ab Herbst 1690 befaßte er sich mit Huygens’ Traité de la lumière, 1690. Eine geplante detaillierte Erörterung (III, 4 N. 282) stellte er jedoch immer wieder zurück, so daß Huygens ihn am 26. März 1691 (N. 13) an seinen Traité erinnern mußte: Vous me direz aussi quelque jour com- ” ment vous trouvez mes Explications de la Refraction et du Cristal d’Islande‘‘. Erst am 11. April 1692 (N. 69) äußerte sich Leibniz schließlich zu Huygens’ Wellentheorie der Brechung bzw. der Doppelbrechung: Cette explication du Crystal d’Islande est comme ” une épreuve de la justesse de vos raisonnemens sur la lumiere, il y avoit une seule circon-
XLVIII einleitung stance sur laquelle Vous ne Vous aviés pas encor satisfait, mais peutestre, qu’elle aura esté éclaircie depuis‘‘. Leibniz dachte hier an das Phänomen der Polarisation des Lichts, das Huygens beobachtet, aber nicht erklärt hatte. An Huygens’ Erklärung der Farben, die er in dessen Traité vermißte, war er ebenfalls stark interessiert. Bereits am 24. August 1690 (III, 4 N. 271) hatte Huygens ihm Newtons im Sommer 1689 gemachte Andeutungen über dessen geplantes Werk zur Optik sowie über neue Experimente zur Farbenlehre mitgeteilt. Daraufhin erbat Leibniz nähere Auskunft, zunächst von Huygens (N. 53), dann von Halley (N. 80) und schließlich von Newton selbst (N. 139). Newton bestätigte zwar Huygens’ Bericht, war aber nicht bereit, seine Ergebnisse preiszugeben. Auch seine geplante Arbeit zur Optik wurde in weite Ferne gerückt (N. 194): ” Colorum phaenomena tam apparentium ut loquuntur quam fixorum rationes certissimas me invenisse puto sed a libris edendis manum abstineo ne mihi lites ab imperitis intententur et controversiae‘‘. Leibniz war sehr beeindruckt von der Leistungsfähigkeit der Huygensschen Wellentheorie des Lichts, vor allem von der sich daraus ergebenden Herleitung des Brechungsgesetzes. Hierin hatte Huygens seine Vorgänger I. G. Padies und P. Ango weit übertroffen. Dennoch blieb für Leibniz eine Theorie des Lichts ohne eine Erklärung der Farben unvollständig, wie er am 30. Januar 1693 in einem Schreiben an Tschirnhaus zum Ausdruck brachte (N. 130): ” Was die theoriam Luminis betrifft, so seind die undae Hugenianae nichts anders als ein gewißer modus pressionem considerandi, doch mit dieser besonderheit, daß ein ieder erleuchtete punct wiederleuchtet. . . . Ich wündschte die colores fixos recht erclaret zu sehen; ad minimum ex hypothesi apparentium.‘‘ In einem Brief an Bodenhausen (N. 172) äußerte sich Leibniz lobend über die 1692 erschienene Dioptrica nova von W. Molyneux. Der Autor hatte darin Teile des Leibnizschen Artikels Unicum opticae catoptricae et dioptricae principium (Acta erud., Jun. 1682, S. 185–190) in englischer Übersetzung wiedergegeben und Leibniz den Vorzug bei der Formulierung des Fermatschen Prinzips zuerkannt. Das Erscheinen von Molyneux’ Dioptrica nova hatte auch zu Huygens’ Wiederaufnahme der Arbeiten an seiner Dioptrik im Frühjahr 1692 beigetragen (vgl. N. 90). Es war vor allem der dritte Teil seiner Dioptrica ” Des télescopes et des microscopes‘‘, dem jetzt Huygens’ Aufmerksamkeit galt. Optische Instrumente und Geräte waren mehr als zehn Jahre lang Gegenstand der Leibnizschen Korrespondenz mit Tschirnhaus gewesen (vgl. III, 3 u. III, 4). Im Vergleich zu Huygens’ theoretischen Studien stand aber für Tschirnhaus die Praxis im Vordergrund, wie er am 13. Januar 1693 (N. 124) schrieb: ” Sonsten bin gleichfals in diesen intent die Opticam zu perficiren nicht so wohl was die Theorie anlangt als die praxin‘‘. Für die Her-
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stance sur laquelle Vous ne Vous aviés pas encor satisfait, mais peutestre, qu’elle aura esté<br />
éclaircie depuis‘‘. <strong>Leibniz</strong> dachte hier an das Phänomen der Polarisation des Lichts, das<br />
Huygens beobachtet, aber nicht erklärt hatte. An Huygens’ Erklärung der Farben, die er<br />
in dessen Traité vermißte, war er ebenfalls stark interessiert. Bereits am 24. August 1690<br />
(<strong>III</strong>, 4 N. 271) hatte Huygens ihm Newtons im Sommer 1689 gemachte Andeutungen<br />
über dessen geplantes Werk zur Optik sowie über neue Experimente zur Farbenlehre<br />
mitgeteilt. Daraufhin erbat <strong>Leibniz</strong> nähere Auskunft, zunächst von Huygens (N. 53),<br />
dann von Halley (N. 80) und schließlich von Newton selbst (N. 139). Newton bestätigte<br />
zwar Huygens’ Bericht, war aber nicht bereit, seine Ergebnisse preiszugeben. Auch seine<br />
geplante Arbeit zur Optik wurde in weite Ferne gerückt (N. 194): ” Colorum phaenomena<br />
tam apparentium ut loquuntur quam fixorum rationes certissimas me invenisse puto sed<br />
a libris edendis manum abstineo ne mihi lites ab imperitis intententur et controversiae‘‘.<br />
<strong>Leibniz</strong> war sehr beeindruckt von der Leistungsfähigkeit der Huygensschen Wellentheorie<br />
des Lichts, vor allem von der sich daraus ergebenden Herleitung des Brechungsgesetzes.<br />
Hierin hatte Huygens seine Vorgänger I. G. Padies und P. Ango weit übertroffen.<br />
Dennoch blieb für <strong>Leibniz</strong> eine Theorie des Lichts ohne eine Erklärung der Farben unvollständig,<br />
wie er am 30. Januar 1693 in einem Schreiben an Tschirnhaus zum Ausdruck<br />
brachte (N. 130): ” Was die theoriam Luminis betrifft, so seind die undae Hugenianae<br />
nichts anders als ein gewißer modus pressionem considerandi, doch mit dieser besonderheit,<br />
daß ein ieder erleuchtete punct wiederleuchtet. . . . Ich wündschte die colores fixos<br />
recht erclaret zu sehen; ad minimum ex hypothesi apparentium.‘‘<br />
In einem Brief an Bodenhausen (N. 172) äußerte sich <strong>Leibniz</strong> lobend über die 1692<br />
erschienene Dioptrica nova von W. Molyneux. Der Autor hatte darin Teile des <strong>Leibniz</strong>schen<br />
Artikels Unicum opticae catoptricae et dioptricae principium (Acta erud., Jun.<br />
1682, S. 185–190) in englischer Übersetzung wiedergegeben und <strong>Leibniz</strong> den Vorzug bei<br />
der Formulierung des Fermatschen Prinzips zuerkannt. Das Erscheinen von Molyneux’<br />
Dioptrica nova hatte auch zu Huygens’ Wiederaufnahme der Arbeiten an seiner Dioptrik<br />
im Frühjahr 1692 beigetragen (vgl. N. 90). Es war vor allem der dritte Teil seiner<br />
Dioptrica ” Des télescopes et des microscopes‘‘, dem jetzt Huygens’ Aufmerksamkeit galt.<br />
Optische Instrumente und Geräte waren mehr als zehn Jahre lang Gegenstand der <strong>Leibniz</strong>schen<br />
Korrespondenz mit Tschirnhaus gewesen (vgl. <strong>III</strong>, 3 u. <strong>III</strong>, 4). Im Vergleich zu<br />
Huygens’ theoretischen Studien stand aber für Tschirnhaus die Praxis im Vordergrund,<br />
wie er am 13. Januar 1693 (N. 124) schrieb: ” Sonsten bin gleichfals in diesen intent die<br />
Opticam zu perficiren nicht so wohl was die Theorie anlangt als die praxin‘‘. Für die Her-