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Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

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einleitung XXXIX<br />

an Mencke (nicht gefunden) reagierte dieser am 16. April 1692 erleichtert (I, 7 N. 381):<br />

” Daß sonst M. h. Herr seine controvers mit ihm privatim debattiret, ist mir sehr lieb; dan<br />

es freylich am besten, daß wan Sie sich verglichen, eine kurtze relation davon ad Acta<br />

gebracht werde‘‘.<br />

Zur besseren Kennzeichnung des nunmehr folgenden, recht dichten einjährigen Briefwechsels<br />

zwischen <strong>Leibniz</strong> und Papin wollen wir Ausgangspunkte, Vorgehensweisen und<br />

Ziele beider Parteien kurz ins Bewußtsein rufen. <strong>Leibniz</strong>’ Angriff auf das philosophische<br />

System Descartes’ war durch sein eigenes System begründet. Ersteres ist durch eine mechanische<br />

Weltsicht bestimmt, folglich sind in ihm materielle Ausgedehntheit, Bewegung<br />

und Stoß von fundamentaler Bedeutung. Für das <strong>Leibniz</strong>sche System sind diese Eigenschaften<br />

und Begriffe aber nur von akzidenteller Bedeutung, da in seiner Philosophie<br />

immaterielle Substanzen im Mittelpunkt stehen und, mit ihnen eng verbunden, substantielle<br />

Kräfte und Entelechie. Vor solchem Hintergrund war der Streit um das richtige<br />

Kraftmaß und damit um die wichtigste Erhaltungsgröße nicht vorrangig ein Wettstreit<br />

um die bessere physikalische Theorie und noch weniger ein Streit um die richtigen Ergebnisse<br />

experimentalphysikalischen Vorgehens. Vielmehr sollten hier physikalische Theorien<br />

metaphysische Prinzipien stützen und Gedankenexperimente Ergebnisse physikalischer<br />

Experimente vorwegnehmen. Dabei bediente sich <strong>Leibniz</strong> zur Widerlegung des Gegners<br />

der Methode der Syllogismen und benutzte auf diese Weise die Auseinandersetzung mit<br />

Papin als ein Anwendungsbeispiel seines calculus ratiocinator. Bei solchen Voraussetzungen,<br />

Argumentationsebenen und Verfahrensmodi kann auch die Zielvorgabe nicht<br />

überraschen: <strong>Leibniz</strong> verlangte den uneingeschränkten Sieg seiner Metaphysik und damit<br />

seiner Dynamik über die Grundpositionen des Cartesianismus, zu dessen Verteidigung<br />

Papin als nicht sonderlich geübter und genuiner Philosoph keinesfalls optimale Fähigkeiten<br />

mitbrachte. Allerdings bewirkten seine praxisnahen physikalischen Einwände eine<br />

Aufweichung der <strong>Leibniz</strong>schen Argumentationsschemata. Schließlich verhärteten sich die<br />

Fronten, und die Diskussion trat auf der Stelle.<br />

Was die rein physikalischen Fragestellungen anbetrifft, so sind die Positionen der<br />

Antagonisten durchaus in vielen Punkten miteinander vereinbar. Papins Beharren auf der<br />

Bedeutung der Bewegungsgröße (m · → v ) bzw. der Zeitdauer (dt), mit der eine Kraft ( → F )<br />

einwirkt, und damit auf dem Impuls ( → I = → F dt) war ebenso berechtigt wie <strong>Leibniz</strong>’<br />

Betonung der Fallhöhe (im Schwerefeld) bzw. des Weges (d → r ), den ein Körper unter<br />

der Einwirkung einer Kraft ( → F ) zurücklegt, und damit der geleisteten Arbeit bzw. der<br />

aufgewandten Energie (W = → F d → r ). Denn für beide Größen gelten Erhaltungssätze (in

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