04.05.2013 Aufrufe

Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

XXV<strong>III</strong> einleitung<br />

Das Zurückhalten von allgemeinen Lösungsmethoden galt nicht in bezug auf das<br />

allgemeinste, aus geometrischer Sicht wohl auch unbefriedigendste Lösungsverfahren von<br />

Differentialgleichungen: die formale Potenzreihenmethode. Sie wurde sowohl im Briefwechsel<br />

mit L’Hospital (N. 128) als auch in einem Aufsatz der Acta eruditorum von April<br />

1693 (S. 178–180) öffentlich gemacht. In Analogie zu <strong>Leibniz</strong>’ Vorgehen bei Quadraturen,<br />

wo er den Integranden in eine Potenzreihe entwickelte und diese anschließend gliedweise<br />

integrierte, war <strong>Leibniz</strong> schon früh auf die Idee gekommen, auch Differentialgleichungen<br />

beliebiger Ordnung durch den Ansatz der Lösung als formale Potenzreihe zu integrieren.<br />

Dazu wurden die formale Potenzreihe und ihre Ableitungen in die gegebene Differentialgleichung<br />

eingesetzt und anschließend die unbekannten Parameter mittels Koeffizientenvergleich<br />

rekursiv bestimmt. Die wesentlichen Nachteile dieses Verfahrens waren auch<br />

<strong>Leibniz</strong> bewußt: man konnte die Lösung in der Regel nur approximativ, nämlich durch<br />

endlich viele <strong>Reihe</strong>nglieder bestimmen. Die Natur der Lösungskurve und damit deren<br />

geometrische Konstruktion blieben meistens unbekannt. Schließlich waren ohne eine erneute<br />

Anwendung des rechnerisch bisweilen sehr aufwendigen Verfahrens keine weiteren<br />

Lösungen zu ermitteln.<br />

Von großer Wichtigkeit für das <strong>Leibniz</strong>sche Mathematikverständnis war die Diskussion<br />

u. a. mit Huygens über die verschiedenen Darstellungsformen von (ebenen) Kurven.<br />

Die Griechen hatten sich dazu vorwiegend der geometrischen Konstruktion bedient.<br />

R. Descartes führte algebraische Größen und (endliche) Gleichungen mit diesen Größen<br />

zur Kennzeichnug von Kurven ein. Die solcherart darstellbaren Kurven nannte man geometrisch<br />

und unterschied sie von mechanischen Kurven, die ausschließlich durch mechanische<br />

Bewegungen erzeugt werden konnten (z. B. Rollkurven). <strong>Leibniz</strong> fügte diesen Darstellungsformen<br />

gleich drei weitere hinzu: die Darstellung von Kurven durch ” unendliche<br />

Gleichungen‘‘ (d. i. Potenzreihen), durch Exponentialgleichungen und durch Differentialoder<br />

Integralgleichungen. Kurven, die nur durch diese drei Gleichungsarten darstellbar<br />

waren, nannte er transzendente Kurven, mit dem gleichen Namen belegte er auch die<br />

dazugehörigen Gleichungen. Die Exponentialgleichungen, bei denen die Variablen im<br />

Exponenten auftraten, zog <strong>Leibniz</strong> allen anderen transzendenten Gleichungen vor, weil<br />

sie ihm — da sie endlich waren — wesentlich einfacher als Potenzreihen und wesentlich<br />

aussagekräftiger als Differentialgleichungen zu sein schienen. Im Hinblick auf den<br />

Umgang mit Exponentialgleichungen hatte <strong>Leibniz</strong> allerdings viele seiner mathematisch<br />

gebildeten Zeitgenossen überschätzt. So scheiterte Bodenhausen bereits beim einfachen<br />

Logarithmieren der Zinseszinsformel (N. 49). Dem Geometer Huygens wollte der Sinn

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!