04.05.2013 Aufrufe

Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

einleitung XXVII<br />

der direkten Tangentenmethode beseitigten Kunstgriffe wieder in die Analysis einführen<br />

würde. Denn es gelang <strong>Leibniz</strong> zwar, mehr und mehr Typen von Differentialgleichungen<br />

erster Ordnung einer allgemeinen und systematischen Lösung zuzuführen, er stieß aber<br />

auch — insbesondere bei physikalisch interessanten Aufgabenstellungen — auf immer<br />

neue spezielle Differentialgleichungen, die nur durch geschickt gewählte Kunstgriffe (Variablensubstitutionen,<br />

Transformationen) auf die lösbaren Typen zurückgeführt werden<br />

konnten. Davon unabhängig mußte vorher das heute so genannte Transferproblem gelöst<br />

werden, nämlich die zugrundeliegenden physikalischen Eigenschaften in einen geeigneten<br />

mathematischen Kalkül zu überführen (vgl. N. 3 u. N. 182). Bei den Differentialgleichungen<br />

stellten sich zudem die gleichen Fragen, die sich schon bei den Quadraturen gestellt<br />

hatten: Welche Differentialgleichungen haben geometrische Kurven zur Lösung, welche<br />

sind auf Kreis- und Hyperbelquadratur reduzierbar, welche führen auf bisher bekannte<br />

Kurven? Für die allgemeine Beantwortung solcher Fragen war nicht einmal mehr die<br />

von <strong>Leibniz</strong> so hoch eingeschätzte Lösung durch Potenzreihenansatz von entscheidender<br />

Bedeutung. Darüber hinaus ergaben sich auf dem Gebiet der Differentialgleichungen<br />

völlig neue Fragestellungen: Gibt es in allen Fällen Lösungen dieser Gleichungen und<br />

wenn ja, wieviele, wesentlich verschiedene im jeweiligen Fall (vgl. N. 128)? Wie lassen<br />

sich diese Lösungen zusammenfassend beschreiben; wie kann man sicher sein, alle wesentlichen<br />

Lösungen gefunden zu haben? Welche Differentialgleichungstypen lassen sich<br />

durch Separierung der Variablen lösen, welche sind auf homogene Differentialgleichungen<br />

zurückführbar? Insbesondere L’Hospital und Huygens legten <strong>Leibniz</strong> sehr unterschiedliche<br />

Differentialgleichungen zur Lösung vor, u. a. auch solche, die, wie Huygens unbefangen<br />

verriet (vgl. <strong>III</strong>, 4 N. 291), durch Substitutionen künstlich verkompliziert worden<br />

waren. Auch der von Huygens stark protegierte N. Fatio de Duillier bekannte (N. 8), mit<br />

einigen dieser Gleichungen nicht zurechtzukommen. Der über weite Teile des Huygens-<br />

Briefwechsels dieses Bandes erörterte Methodenaustausch zwischen Fatio und <strong>Leibniz</strong><br />

schlug zwar fehl, weil <strong>Leibniz</strong> auf die Übersendung der Methode Fatios verzichtete, er<br />

führte aber doch dazu, daß <strong>Leibniz</strong> sich verpflichtet fühlte, eine Zusammenfassung der<br />

Grundlagen seiner inversen Tangentenmethode niederzuschreiben (N. 41). In <strong>Leibniz</strong>’<br />

Veröffentlichungen der Jahre 1691–1693 wurde die inverse Tangentenmethode noch nicht<br />

zu einem eigenständigen Thema gemacht, noch weniger wurden allgemeine Lösungsverfahren<br />

preisgegeben. Es ist aber für jeden mathematischen Leser deutlich erkennbar, daß<br />

die behandelten Kurven, wie beispielsweise die Kettenlinie oder die Enveloppen, aus den<br />

Eigenschaften ihrer Tangenten bzw. Subtangenten ermittelt worden waren.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!