Reihe III - Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek

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N. 25 rudolf christian von bodenhausen an leibniz, 23. Juni 1691 121 dicta v. aenigmata der Autorum, so in unterschiedenen materien gearbeitet, v. die man in ewigkeit nicht accordiren kan, ob man ihn solches mißverstandes gleich überweiset; der dritte, so klüger als die andern seyn wil, negiret alles, was er nicht weiß noch zusehen, v. weil er ohne experientz, v. nur voll von lehren worten v. ideis (de quibus natura nil scit, wie Sendivogius saget) kan man ihm auch die wahren v. müglichen dinge nicht probabel 5 machen, geschweige den L. Ph. Wie wil man mit solchen praeoccupirten v. incapablen köpffen conferiren, so nichts ohne passion examiniren, v. nur zu plump glauben oder zu grob negiren. Wil unterdeßen meine einsamkeit v. privat-arbeit mit Mathematischen deliciis versüßen, so M. h. H n gütigkeit v. affection mir communiciret: 10 Der Modus canones particulares ex dato valore vicariae tangentis conflatae ex potentiis abscissarum zu machen ist sehr zu loben, auch viel reicher v. leichter als der, so ich erdacht, weil er durch einen generalern weg, (np. per calculum differentialem) erfunden; Muß auch meiner unbesonnenheit zuschreiben, daß ich mich nicht eben deßelben, als in erfindung nachfolgenden canonis wenn vicaria per x et y zugleich exprimiret, bedienet, 15 welchen M. h. H. beliebe zu verbeßern, v. einige beygefügte dubia zu solviren, welche bey mir entstanden, nachdem M. h. H. schreibet, es d e u c h t ihn, daß solches nicht allemahl angehe 1 ; (Nun gilt aber bey mir Sein v i d e t u r mehr, als anderer schwehren bey teufel hohlen). Sit curvae vicaria intercepta axis portio inter ordinatam et tangentem, (vel si detur ipsa tangens vel alia vicaria, ad hanc prius reducatur, perfacile est) 20 (1) = y3 − xxy : 2xy − 2 1 3bx + 3cc; quae conferatur cum ydx : dy, fietque: y3 − x2y, dy = 1 〈Auf dem Rande von Leibniz’ Hand:〉 Es ist in der ganzen Geometri meines ermeßens nichts importanter als ex data tangentis proprietate curvam finden, daher bitte M. h. H. ferner, diese inquisition zu verfolgen, wo es seine zeit leidet. Wolte gott meine litte es. Das erste wäre, daß man allezeit determiniren kondte, ob eine curva ordinaria zureichen konne. Das nachste, was es fur eine Transcendens sey, denn gemeiniglich sind dies curvae possibiles, und gar selten imaginariae. Es werden die curvae nicht nur vom proponenten sondern offt von dem problemate und der natur selbst also verlarvet, daß die limitation (wenn eine verlarvung nicht mit fleiß geschehen) keine statt hat. 5 Sendivogius saget: Zitat nicht nachgewiesen; vgl. aber die Praefatio von M. Sendivogius, Tractatus de sulphure, 1616, wo der Autor schreibt: ” non opus haberes tot Philosophorum volumina, quoniam meo iudicio melius est ab ipso magistro Natura, quam a discipulis discere‘‘. 17 schreibet: N. 12, S. 76, Z. 17.

122 rudolf christian von bodenhausen an leibniz, 23. Juni 1691 N. 25 2yyx − 2 3 1 bxy + 3ccy, dx. Fiat divisio per y, (quae semper in hac vicaria fieri potest; vide tamen notam sequentem) et reductis omnibus terminis i n t e g r i s sub signum d per canones differentiales tollatur signum; nimir. fiat per canones: d y3 3 −dxxy+d b 3 cc xx−d 3 x = 0, adeoque y 3 − 3xxy + bxx − ccx = 0 aequatio curvae quaesitae. 5 1) Nota: Wenn man proponiret hätte eandem vicariam (2) = 2xxy − bxx + ccx : 2yx − 2 3 bx + 1 3 cc, oder (3) = 2y 3 − bxx + ccx : 6yx − 2bx + cc; so könte man nicht di- vidiren per y (absque fractione) noch alle terminos g a n t z unter d bringen; weil aber diese 2 letzten vicariae e b e n d i e c u r v a m haben als die erste, ist es eine listigkeit des proponenten, der in der andern vicaria den valorem y 3 , v. in der dritten den valorem 10 xxy substituiret, umb die curvam mit fleiß zu bedecken; wie nun solche list v. aequatio curvae zu entdecken, habe ich einige observationes darüber, doch noch nicht ausgeführet, so M. h. H n patientz nicht würdig. 2) Nota: Wenn die vicaria nicht per substitutiones mit fleiß vermasquiret, aber die termini numeratoris, in quibus xy (ut in 1. vicaria: xxy) eorumque respondentes in deno- 15 minatore (ut h. l. 2xy) vel eodem signo afficiantur, vel numerus termini illius ad numerum hujus (ut h. l. 1 ad 2 ) non sit ut exponens dignitatis y ad exponentem dignitatis x in eodem termino numeratoris (ut h. l. 1 ad 2, in termino xxy), tunc vicaria data est impossibilis vel imaginaria, vel forte ad aliquam curvam transcendentalem refertur, de quo adhuc ; also wenn in unsern exempel der terminus in numeratore wäre +xxy, oder 20 ∓2xxy (3xxy etc.), oder hingegen der terminus respondens in denominatore wäre −2yx oder ∓yx (vel 3yx etc.), so würde man wohl zu suchen haben; v. kan man also durch diese 2 observationes gleich ohne calculo sehen, ob die curva zu finden; Also wenn ich im numeratore datae vicariae fände diesen terminum v. g. +6bx 3 y 2 , fände aber nicht im denominatore −9bx 3 y, suche ich weiter nicht. Wo aber in data vicaria (non larvata ut 25 supra) kein terminus per xy sich findet, hat man allezeit die curvam, es stehen die signa v. numeri wie sie wollen. Diß sind Seines unwürdigen discipels unreiffe gedancken, welche Er beliebe zu limitiren v. corrigiren. In den Margaritis Slusianis, so M. h. H. sehr kurtz v. leicht quadriret, finde ich noch eine 30 lächerliche difficultät, daraus mein annoch weniger progressus zu erkennen: Weil y so wohl gegen B als gegen A abnimmet, v. dahero ich die gantze figur AGBA in 2 theilen kan concipiren, np. in AGF A v. BGF B, Im calculo aber der

N. 25 rudolf christian von bodenhausen an leibniz, 23. Juni 1691 121<br />

dicta v. aenigmata der Autorum, so in unterschiedenen materien gearbeitet, v. die man<br />

in ewigkeit nicht accordiren kan, ob man ihn solches mißverstandes gleich überweiset; der<br />

dritte, so klüger als die andern seyn wil, negiret alles, was er nicht weiß noch zusehen, v.<br />

weil er ohne experientz, v. nur voll von lehren worten v. ideis (de quibus natura nil scit,<br />

wie Sendivogius saget) kan man ihm auch die wahren v. müglichen dinge nicht probabel 5<br />

machen, geschweige den L. Ph. Wie wil man mit solchen praeoccupirten v. incapablen<br />

köpffen conferiren, so nichts ohne passion examiniren, v. nur zu plump glauben oder zu<br />

grob negiren.<br />

Wil unterdeßen meine einsamkeit v. privat-arbeit mit Mathematischen deliciis versüßen,<br />

so M. h. H n gütigkeit v. affection mir communiciret: 10<br />

Der Modus canones particulares ex dato valore vicariae tangentis conflatae ex potentiis<br />

abscissarum zu machen ist sehr zu loben, auch viel reicher v. leichter als der, so ich<br />

erdacht, weil er durch einen generalern weg, (np. per calculum differentialem) erfunden;<br />

Muß auch meiner unbesonnenheit zuschreiben, daß ich mich nicht eben deßelben, als in<br />

erfindung nachfolgenden canonis wenn vicaria per x et y zugleich exprimiret, bedienet, 15<br />

welchen M. h. H. beliebe zu verbeßern, v. einige beygefügte dubia zu solviren, welche<br />

bey mir entstanden, nachdem M. h. H. schreibet, es d e u c h t ihn, daß solches nicht<br />

allemahl angehe 1 ; (Nun gilt aber bey mir Sein v i d e t u r mehr, als anderer schwehren<br />

bey teufel hohlen). Sit curvae vicaria intercepta axis portio inter ordinatam et tangentem,<br />

(vel si detur ipsa tangens vel alia vicaria, ad hanc prius reducatur, perfacile est) 20<br />

(1)<br />

= y3 − xxy : 2xy − 2 1<br />

3bx + 3cc; quae conferatur cum ydx : dy, fietque: y3 − x2y, dy =<br />

1 〈Auf dem Rande von <strong>Leibniz</strong>’ Hand:〉 Es ist in der ganzen Geometri meines<br />

ermeßens nichts importanter als ex data tangentis proprietate curvam finden, daher bitte<br />

M. h. H. ferner, diese inquisition zu verfolgen, wo es seine zeit leidet. Wolte gott meine<br />

litte es. Das erste wäre, daß man allezeit determiniren kondte, ob eine curva ordinaria<br />

zureichen konne. Das nachste, was es fur eine Transcendens sey, denn gemeiniglich sind<br />

dies curvae possibiles, und gar selten imaginariae. Es werden die curvae nicht nur vom<br />

proponenten sondern offt von dem problemate und der natur selbst also verlarvet, daß<br />

die limitation (wenn eine verlarvung nicht mit fleiß geschehen) keine statt hat.<br />

5 Sendivogius saget: Zitat nicht nachgewiesen; vgl. aber die Praefatio von M. Sendivogius, Tractatus<br />

de sulphure, 1616, wo der Autor schreibt: ” non opus haberes tot Philosophorum volumina, quoniam<br />

meo iudicio melius est ab ipso magistro Natura, quam a discipulis discere‘‘. 17 schreibet: N. 12, S. 76,<br />

Z. 17.

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