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Kapitel 4 Zur beson<strong>de</strong>ren Problematik <strong>de</strong>s Rechts in <strong>de</strong>r Pluralität <strong>de</strong>r Postmo<strong>de</strong>rne<br />
Ist also so etwas wie Recht noch möglich, <strong>ohne</strong> im gesetzespositivistischen Sinne<br />
lediglich als durch Macht sanktionierte staatliche Ordnung begriffen zu wer<strong>de</strong>n?<br />
Recht im Sinne von letztbegrün<strong>de</strong>tem Recht ist nicht mehr möglich. 36 Recht aber<br />
bleibt möglich als relativiertes Recht im Rahmen einer Verständigungsgemeinschaft.<br />
REICH (2000a) setzt sich mit dieser Problematik – bezogen auf eine Kritik an einer<br />
universalistischen Begründung von Moral und Ethik – auseinan<strong>de</strong>r. Die Ergebnisse<br />
dieser Auseinan<strong>de</strong>rsetzung wer<strong>de</strong>n letztlich auch Relevanz besitzen können für unser<br />
Verständnis von Recht.<br />
Gera<strong>de</strong> in<strong>de</strong>m REICH die Kränkungsbewegungen <strong>de</strong>s letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts be-<br />
achtet, kann er Wahrheiten folgen<strong>de</strong>rmaßen <strong>de</strong>finieren: „Wahrheiten sind Zuschrei-<br />
bungsformen eines adäquaten Han<strong>de</strong>lns und Beobachtens im Sinne von Vorverstän-<br />
digungen und gemeinschaftlich ausgebil<strong>de</strong>ten Normierungen, Beobachtungen und<br />
Kontrollen hierüber“ (2000a, 92).<br />
Diese Wahrheiten sind damit nicht relativistisch i.S. von beliebig, son<strong>de</strong>rn relati-<br />
viert durch die Verständigungsgemeinschaft, in <strong>de</strong>r sie konstruiert wer<strong>de</strong>n und be-<br />
grenzt durch das Kriterium <strong>de</strong>r Viabilität, daß in einer Verständigungsgemeinschaft<br />
notwendig ist (ebd., 93). Die Viabilität von Konstruktionen ordnet die mit ihr be-<br />
zeichneten Dinge nach passend – unpassend, erfolglos – erfolgreich, etc. (ebd., 94).<br />
Die Bestimmung <strong>de</strong>r Viabilität geschieht unter <strong>de</strong>n Aspekten <strong>de</strong>r Konstruktivität, <strong>de</strong>r<br />
Methodizität und <strong>de</strong>r Praktizität (ebd.).<br />
Konstruktivität bezeichnet dabei das Bewußtsein, daß viable Lösungen mehrere<br />
Perspektiven einschließen (Teilnehmer – Teilhaber; Akteure – Aktionen; Beobachter<br />
– Beobachtung), daß sie die „Vorgängigkeit bereits Konstruiertens“ einschließen,<br />
also das Wissen darum, nie voraussetzungslos zu konstruieren, son<strong>de</strong>rn immer ein-<br />
gebun<strong>de</strong>n zu sein in z.B. kulturelle Zusammenhänge (ebd.).<br />
Methodizität umfaßt <strong>de</strong>n Anspruch, <strong>de</strong>n innerhalb einer Theorie gesetzten Rah-<br />
men an Metho<strong>de</strong>n zu beachten und gleichzeitig als Fremdbeobachter dieser Theorie<br />
zu hinterfragen. Damit entsteht nicht ein „methodisches Universalismus“ (ebd., 96),<br />
son<strong>de</strong>rn Metho<strong>de</strong> bleibt verän<strong>de</strong>rbar (ebd., 95-97).<br />
36 HOERSTERs Ansatz entspricht dieser For<strong>de</strong>rung in gewissem Sinne – lehnt er ja eben metaphysische<br />
Rechtsbegründungen ab – entwickelt dann aber erneut ein-<strong>de</strong>utige Beobachterstandpunkte.<br />
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