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Eine Welt ohne Behinderte? - sonderpaedagoge.de!

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3. Kapitel Norbert Hoerster & Interaktionistischer Konstruktivismus<br />

„Ich bin normal wie ein normaler Mensch“ (SCHLOTE 2000, 285): in dieser Zu-<br />

sammenfassung <strong>de</strong>r Selbstbeschreibung von Schülern, die als geistig behin<strong>de</strong>rt be-<br />

zeichnet wer<strong>de</strong>n, wird die Aussage HOERSTERs bereits relativiert.<br />

„Um es gleich vorweg zu nehmen: Ohne die überraschen<strong>de</strong> Erfahrung <strong>de</strong>r son-<br />

<strong>de</strong>rbaren Reaktion an<strong>de</strong>rer Menschen auf meine Lähmung wäre ich wohl nie so<br />

leicht darauf gekommen, in meiner Behin<strong>de</strong>rung etwas an<strong>de</strong>res als die Daseinsbedin-<br />

gung meiner Existenz zu sehen. Ursprünglich ist sie mit nichts Negativem behaftet,<br />

<strong>de</strong>nn sie macht mein Dasein aus wie alles an<strong>de</strong>re, das zu mir gehört, all das, was<br />

meine Person zu einem unverwechselbaren Individuum konstituiert. Ohne diese mei-<br />

ne Behin<strong>de</strong>rung stelle ich einen an<strong>de</strong>ren dar, von <strong>de</strong>m ich überhaupt nichts wissen<br />

kann, weil ich – wie sollte ich auch? – nicht in seiner Haut stecke“ (SAAL 1994, 84).<br />

Hier wird das Phänomen aus verschie<strong>de</strong>nen Blickwinkeln betrachtet:<br />

HOERSTER erkennt als Fremdbeobachter, daß Behin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>n Lebenswert eines<br />

Individuums schmälert. Die interviewten Schüler (vgl. SCHLOTE 2000) und SAAL<br />

empfin<strong>de</strong>n Behin<strong>de</strong>rung als normal. Wie läßt sich diese Diskrepanz bewerten?<br />

HOERSTERs Begriff <strong>de</strong>s Lebenswertes eines Individuums steht im Zusammen-<br />

hang mit seinen Vorstellungen über Abtreibung und Sterbehilfe: Mittels <strong>de</strong>s Le-<br />

benswert-Kriteriums möchte er argumentativ belegen, wieso die selektive Abtrei-<br />

bung von behin<strong>de</strong>rten Föten bzw. die Sterbehilfe bei behin<strong>de</strong>rten Frühgeborenen<br />

nicht nur zulässig, son<strong>de</strong>rn sogar erwünscht ist (1995b, 126). Dazu <strong>de</strong>finiert<br />

HOERSTER <strong>de</strong>n Begriff Lebenswert „als die Gesamtheit <strong>de</strong>r Bewertungen o<strong>de</strong>r<br />

Wertschätzungen die mit diesem Leben verbun<strong>de</strong>n sind“, unterteilt diese Bewertun-<br />

gen in Fremd- und Eigenbewertungen (ebd., 117).<br />

Wie plausibel sind diese Gedanken?<br />

Nehmen wir zunächst die Fremdbewertungen in <strong>de</strong>n Blick: Aus welchem Grun<strong>de</strong><br />

sollen sie relevant sein für <strong>de</strong>n Lebenswert eines Menschen? (Lei<strong>de</strong>r differenziert<br />

o<strong>de</strong>r erläutert HOERSTER seine Ausführungen und Argumente zu diesem Punkt<br />

nicht näher, so daß es im folgen<strong>de</strong>n also um eine kritische Bewertung <strong>de</strong>s Mo<strong>de</strong>lls<br />

von HOERSTER aus Sicht einer <strong>Behin<strong>de</strong>rte</strong>npädagogik bzw. <strong>de</strong>s interaktionistischen<br />

Konstruktivismus geht.)<br />

Hierbei sollen uns Fremdbeobachtungen aus folgen<strong>de</strong>r Perspektive interessieren:<br />

Fremdbeobachtungen sollen als ‚Wissen’ betrachtet wer<strong>de</strong>n, welches machtvoll<br />

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