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Eine Welt ohne Behinderte? - sonderpaedagoge.de!

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3. Kapitel Norbert Hoerster & Interaktionistischer Konstruktivismus<br />

scheidungen <strong>de</strong>r Subjekte zurückwirken. Dies schließt nicht aus, daß in seltenen Ein-<br />

zelfälle Sterbehilfe vielleicht tatsächlich <strong>de</strong>r sinnvollste Weg zu Sterben sein mag.<br />

DEDERICH macht in diesem Kontext darauf aufmerksam, daß HOERSTERs<br />

Gleichsetzung <strong>de</strong>r Bewertung von direkter und indirekter Sterbehilfe nicht zu halten<br />

ist. Sie ist lediglich aus <strong>de</strong>m Blickwinkel <strong>de</strong>s Arztes plausibel. Für <strong>de</strong>n Patienten<br />

stellt sich dies an<strong>de</strong>rs dar. „Ein Patient, <strong>de</strong>r um starke Medikamente zur Schmerzlin-<br />

<strong>de</strong>rung bittet bzw. in <strong>de</strong>ren Verabreichung er einwilligt, von <strong>de</strong>nen er weiß, daß sie<br />

<strong>de</strong>n To<strong>de</strong>seintritt beschleunigen, bittet nicht um Sterbehilfe, son<strong>de</strong>rn um Lin<strong>de</strong>rung.<br />

Dabei wird er vermutlich sogar hoffen, die Nebenwirkung <strong>de</strong>r Beschleunigung <strong>de</strong>s<br />

To<strong>de</strong>seintritts möge bei ihm nicht eintreten“ (DEDERICH 2000, 314). Damit ist – im<br />

Gegensatz zur Argumentation HOERSTERs – durchaus eine unterschiedliche Be-<br />

wertung von aktiver direkter und indirekter Sterbehilfe möglich, ja sogar sinnvoll.<br />

Be<strong>de</strong>nkt man die o.g. Kränkungen eines Wunsches nach aktiver Sterbehilfe, so<br />

be<strong>de</strong>utet dies auch Einschränkungen für die Zulässigkeit passiver Sterbehilfe. Diese<br />

kommt nun nur noch dann in Betracht, wenn <strong>de</strong>r Sterbeprozeß als solcher bereits<br />

abzusehen ist und eine weitere Behandlung <strong>de</strong>m Patienten zusätzliches Lei<strong>de</strong>n be-<br />

<strong>de</strong>uten wür<strong>de</strong>. Auch hier ist jedoch eine kritische Hinterfragung <strong>de</strong>r Prozesse, die<br />

zum Wunsch nach passiver Sterbehilfe führen, nötig. <strong>Eine</strong> pauschale Betrachtung ist<br />

auch hier abzulehnen.<br />

Wen<strong>de</strong>n wir uns zwei Aspekten zu, die aus Sicht einer <strong>Behin<strong>de</strong>rte</strong>npädagogik<br />

von Interesse sind: zum einen die Sterbehilfe bei Frühgeborenen, <strong>de</strong>nen HOERSTER<br />

noch kein Recht auf Leben zuerkennt, zum an<strong>de</strong>ren generell die Sterbehilfe bei Men-<br />

schen, bei <strong>de</strong>nen lediglich über die Rechtsfigur <strong>de</strong>r mutmaßlichen Einwilligung Ster-<br />

behilfe zu erwägen ist.<br />

Frühgeborenen mit einem Gesamtalter unter 28 Wochen erkennt HOERSTER ein<br />

Lebensrecht aus pragmatischen Grün<strong>de</strong>n nicht zu. Damit ist hier also erneut die<br />

Problematik berührt, wem ein Recht auf Leben zukommt. Wie wir jedoch oben be-<br />

reits gesehen haben, ist die Argumentation HOERSTERs keineswegs zwingend lo-<br />

gisch, son<strong>de</strong>rn eher eine reduktive Betrachtung <strong>de</strong>r Frage. Hier gelten also die glei-<br />

chen Überlegungen wie bei <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung im Kapitel 3.2.1 zum Thema<br />

Lebensrecht. Auch das frühgeborene Kind existiert als An<strong>de</strong>rer, über <strong>de</strong>n zu verfü-<br />

gen mir lediglich faktische Macht gestattet. In Ausübung dieser Macht jedoch ver-<br />

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