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3. Kapitel Norbert Hoerster & Interaktionistischer Konstruktivismus<br />
Der Diskurs <strong>de</strong>s Unbewußten soll an dieser Stelle nur kurz gestreift wer<strong>de</strong>n: Hier<br />
bleibt uns als Fremdbeobachter <strong>de</strong>r Argumentation HOERSTERs festzuhalten, daß<br />
das Unbewußte in <strong>de</strong>r Argumentation HOERSTERs keine Rolle spielt, gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n<br />
zentralen Begriffen nicht einmal enthalten sein darf. Inwieweit also die daraus entwi-<br />
ckelten Konstruktionen lebensweltlich relevant wer<strong>de</strong>n sollten, ist in Frage gestellt,<br />
gera<strong>de</strong> wenn - wie bei HOERSTER so oft - Fremdbeobachter über An<strong>de</strong>re Entschei-<br />
dungen treffen sollen und damit letztlich über Macht verfügen sollen.<br />
Versuchen wir noch einmal, diese Beobachtungen aufzugreifen:<br />
Der Versuch, das Recht auf Leben über die Fähigkeit <strong>de</strong>s Selbstbewußtseins und<br />
<strong>de</strong>n Begriff <strong>de</strong>s Interesses zu begrün<strong>de</strong>n, erscheint grundlegend als problematisch:<br />
Er erscheint zunächst als <strong>de</strong>r Versuch, einen Zusammenhang <strong>de</strong>r Macht im Diskurs<br />
<strong>de</strong>s Herren über Wissen abzusichern. Wissen ist jedoch grundsätzlich gekränkt und<br />
plural. Die Wahrheit von Wissen ist prinzipiell lediglich eine Verständigung inner-<br />
halb einer Verständigungsgemeinschaft. Wissen als Konstruktion übt Macht aus,<br />
in<strong>de</strong>m es Unterscheidungen trifft (REICH 1998b, 338-347).<br />
HOERSTER ist also zunächst in <strong>de</strong>m Punkt zu kritisieren, daß er scheinbar wert-<br />
neutrale und objektive Kriterien anbietet, die eine sichere Unterscheidung ermögli-<br />
chen, welchen Wesen ein Recht auf Leben zukommt und welchen nicht. Dazu ist er<br />
jedoch aus Sicht <strong>de</strong>s interaktionistischen Konstruktivismus gar nicht in <strong>de</strong>r Lage.<br />
Insofern enthüllt sich seine Begründung als ein Diskurs <strong>de</strong>r Macht, <strong>de</strong>r eben im Hin-<br />
blick auf die Beziehungswirklichkeit <strong>de</strong>r Menschen Schärfe bloß vorgaukelt, tatsäch-<br />
lich aber nicht <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren als An<strong>de</strong>ren zuläßt, son<strong>de</strong>rn nur <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren als an<strong>de</strong>-<br />
ren seiner Imagination.<br />
Problematisch wird dies nun vor allem dadurch, daß HOERSTER <strong>de</strong>n Anspruch<br />
hat, seine Gedanken ins machtvolle symbolische System <strong>de</strong>s Rechts zu überführen.<br />
Damit ist bereits aus mehreren Perspektiven in Frage gestellt, ob HOERSTERs Kon-<br />
struktionen sinnvollerweise Grundlage <strong>de</strong>s Rechtssystems dieser Gesellschaft sein<br />
sollten. Dennoch ist die Analyse seiner Positionen noch zu differenzieren:<br />
Unzweifelhaft ist ja eben auch, daß Beziehungen, sobald sie symbolisch ausge-<br />
drückt wer<strong>de</strong>n, gar nicht <strong>ohne</strong> Macht sein können (vgl. z.B. REICH 1998b, 299-301,<br />
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