02.05.2013 Aufrufe

Eine Welt ohne Behinderte? - sonderpaedagoge.de!

Eine Welt ohne Behinderte? - sonderpaedagoge.de!

Eine Welt ohne Behinderte? - sonderpaedagoge.de!

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

3. Kapitel Norbert Hoerster & Interaktionistischer Konstruktivismus<br />

Mit <strong>de</strong>n Perspektiven REICHs ist zu<strong>de</strong>m zu fragen, ob es Selbstbewußtsein in<br />

<strong>de</strong>m von HOERSTER gedachten rationalen Sinne überhaupt gibt bzw. – vgl. das<br />

Mo<strong>de</strong>ll MEADs o<strong>de</strong>r die Kränkungsbewegungen – inwiefern ein immer bloß symbo-<br />

lisch gedachtes Selbstbewußtsein <strong>de</strong>n Ansprüchen <strong>de</strong>r Wirklichkeit genügt.<br />

Dennoch wird bei HOERSTER das eine Wissen zur Wahrheit, die sich dann im<br />

Diskurs <strong>de</strong>s Herrn zu einer funktionieren<strong>de</strong>n und scheinbar begrün<strong>de</strong>ten Ausübung<br />

von Macht entwickelt. Als Fremdbeobachter erkennen wir hingegen, daß dieses Wis-<br />

sen nicht ein<strong>de</strong>utig ist: Es ist eingebun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Kontext von Beziehungen und als<br />

solches – wie je<strong>de</strong>s Wissen – bereits <strong>de</strong>r Unschärfe von Beziehungen ausgeliefert.<br />

Aus <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>r Beziehungswirklichkeit blicken wir erneut auf<br />

HOERSTERs Begründung <strong>de</strong>s Rechts auf Leben, müssen dort jedoch eingestehen:<br />

Es ist mir grundsätzlich nicht möglich, <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren als An<strong>de</strong>ren wahrzunehmen. Ich<br />

erlebe <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren immer bloß vermittelt über meine Imagination, also als an<strong>de</strong>ren,<br />

<strong>de</strong>r meinen Imaginationen entspricht (REICH 1998b, 348). Als Selbstbeobachter bin<br />

ich jedoch nicht in <strong>de</strong>r Lage, zu erkennen, daß mein Wissen über <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren nicht<br />

ihm entspricht.<br />

Bezogen auf das Konstrukt <strong>de</strong>s Selbstbewußtseins und <strong>de</strong>s Interesses be<strong>de</strong>utet<br />

dies, daß ich <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren gemäß meines vorher als ‚wahr’ bewiesenen Wissens ein-<br />

ordne: eben <strong>de</strong>n mir ebenbürtig gegenübertreten<strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren als an<strong>de</strong>ren, <strong>de</strong>r mir<br />

und meinem Wissen entspricht in seiner Aussage als Herr: „Ich bin meiner selbst<br />

bewußt!“, wie <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren, <strong>de</strong>n ich schon gar nicht mehr als An<strong>de</strong>ren zulasse, da er<br />

zu einer solchen Herrenaussage von meiner Beobachterposition aus nicht in <strong>de</strong>r Lage<br />

ist.<br />

Zwei Möglichkeiten entstehen: ich bleibe Selbstbeobachter in diesem Diskurs<br />

und bestimme meine Beziehungswirklichkeit nach meinen eigenen Wunschvorstel-<br />

lungen: Dann jedoch kehre ich zurück zu <strong>de</strong>n Diskursen <strong>de</strong>s Wissens und <strong>de</strong>r Macht<br />

und verbleibe in einer scheinbar ein<strong>de</strong>utigen, symbolischen Ordnung. Erlaube ich<br />

mir aber, als Fremdbeobachter die Beziehungswirklichkeit in <strong>de</strong>n Blick zu nehmen,<br />

dann kann ich <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren als An<strong>de</strong>ren zulassen (REICH 1998b, 351). Dann jedoch<br />

muß ich ebenso anerkennen, daß gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>r Zuerkennung eines<br />

Rechtes auf Leben sich bloß meine <strong>de</strong>finitorische (und dadurch faktische) Macht<br />

auszudrücken vermag.<br />

62

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!