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Eine Welt ohne Behinderte? - sonderpaedagoge.de!

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3. Kapitel Norbert Hoerster & Interaktionistischer Konstruktivismus<br />

1.1 Beobachtung: Kränkungsbewegungen <strong>de</strong>r Vernunft und Unschärfen <strong>de</strong>r Erkennt-<br />

nis<br />

REICH beschreibt drei Kränkungsbewegungen, die die Aussagekraft von Beobach-<br />

tungen in einer engen Beobachtungswirklichkeit betreffen. Der Begriff ‚enge Beo-<br />

bachtungswirklichkeit’ be<strong>de</strong>utet dabei, daß Beobachtung in diesem Kontext darauf<br />

zielt, Wahrheit o<strong>de</strong>r Objektivität zu erkennen und herzustellen. Damit ist v.a. die<br />

<strong>Welt</strong> <strong>de</strong>r Wissenschaft und <strong>de</strong>r Technik charakterisiert.<br />

Drei Kränkungsbewegungen betreffen diese Beobachtungswirklichkeit:<br />

1. Kränkung: absolut und relativ<br />

Diese Kränkungsbewegung bezieht sich explizit auf <strong>de</strong>n Anspruch <strong>de</strong>r Wahrheit von<br />

Beobachtung. Dieser Anspruch ist in <strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>rne, zugespitzt dann in <strong>de</strong>r Entwick-<br />

lung <strong>de</strong>r Postmo<strong>de</strong>rne 17 , immer mehr erschüttert wor<strong>de</strong>n. REICH zeichnet diese<br />

Bewegung in umfassen<strong>de</strong>n Schritten nach.<br />

Dabei wählt er zunächst eine sprachphilosophische Perspektive: Sprache er-<br />

scheint dabei zuerst als ein Weg, individuelle Erfahrungen an spätere Generationen<br />

(kürzer natürlich auch an an<strong>de</strong>re Beobachter) weiterzugeben (REICH 1998a, 71-72).<br />

In sprachlicher Fixierung entsteht dabei Wahrheit als ‚Eins’, als „Allgemeines [, das<br />

in sich] trägt ... die Repräsentanz einer verallgemeinerten Realität“ (ebd., 73). Als<br />

solches ‚Eins’ ist Sprache damit überhaupt Voraussetzung jeglicher Wissenschaft<br />

(ebd.).<br />

Im Rückgriff auf PEIRCE, FOCAULT und DERRIDA zeigt REICH dann, daß<br />

diese Repräsentation im Eins <strong>de</strong>r Sprache nie über die Konstruktivität eines Beob-<br />

achters o<strong>de</strong>r einer Verständigungsgemeinschaft hinausreicht. Die sprachliche Reprä-<br />

sentation bezeichnet eben nicht die Realität, die unabhängig von einem Beobachter<br />

existiert, son<strong>de</strong>rn sie bleibt Repräsentation einer Wirklichkeit neben an<strong>de</strong>ren Wirk-<br />

lichkeiten. Der Wahrheit <strong>de</strong>s Eins wer<strong>de</strong>n die Wahrheiten vieler Auchs zur Seite ge-<br />

stellt (ebd., 109-138). Diese sprachliche bzw. kommunikative Realität in ihren Zei-<br />

chen (also z.B. auch Gesten, Riten), Worten, Begriffen, Aussagen und Be<strong>de</strong>utungs-<br />

kontexten bezeichnet REICH als ‚Symbolisches’ (ebd. 230).<br />

17 Dabei ist ‚Postmo<strong>de</strong>rne’ als Begriff hier nicht bloß zeitlich zu verstehen. Zwar wird Postmo<strong>de</strong>rne<br />

auch als Epochenbezeichnung benutzt, <strong>de</strong>r Begriff charakterisiert jedoch zu<strong>de</strong>m Entwicklungen, die<br />

Pluralität zum Kern haben (vgl. z.B. WELSCH 1994).<br />

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