Eine Welt ohne Behinderte? - sonderpaedagoge.de!
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2. Kapitel: Die Thesen Norbert Hoersters<br />
Wunsches <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s, wie dies überhaupt bei Vornahme o<strong>de</strong>r Unterlassung einer<br />
ärztlichen Behandlung geschieht. Dennoch ist auch hier auf <strong>de</strong>n mutmaßlichen<br />
Wunsch <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s zu achten: Der mutmaßliche Wunsch eines Kin<strong>de</strong>s nach Sterbe-<br />
hilfe muß einem Lei<strong>de</strong>nszustand entspringen, <strong>de</strong>r so gravierend ist, „daß das Kind,<br />
wenn es urteilsfähig und über seinen Zustand aufgeklärt wäre, aufgrund reiflicher<br />
Überlegung die Sterbehilfe selbst wünschen wür<strong>de</strong>“ (HOERSTER 1995b, 106-107).<br />
Treffen die Eltern eine Entscheidung, die nach Meinung <strong>de</strong>s Arztes nicht im Inte-<br />
resse <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s ist, so muß dieser die Entscheidung <strong>de</strong>s Vormundschaftsgerichts<br />
einholen (ebd., 112).<br />
Ein zweites Mo<strong>de</strong>ll, daß diesem Weg noch einen weiteren Gedanken hinzufügt,<br />
formuliert HOERSTER in seinem später (1998) erschienen Buch „Sterbehilfe im<br />
säkularen Staat“, allerdings nicht speziell in Bezug auf die Situation Neugeborener<br />
son<strong>de</strong>rn generell in Bezug auf Menschen, die aktuell zu keiner Willensäußerung in<br />
<strong>de</strong>r Lage sind:<br />
Sind die Präferenzen eines Menschen bezüglich einer Behandlung nicht bekannt,<br />
so muß man von einer mutmaßlichen Einwilligung (also etwa in eine lebenserhalten-<br />
<strong>de</strong> Behandlung) dann ausgehen, wenn praktisch je<strong>de</strong>rmann ausdrücklich einwilligen<br />
wür<strong>de</strong>. „Denn wenn praktisch je<strong>de</strong>rmann ausdrücklich einwilligen wür<strong>de</strong> und über<br />
die persönlichen Präferenzen <strong>de</strong>s A nichts bekannt ist, muß mit hoher Wahrschein-<br />
lichkeit davon ausgegangen wer<strong>de</strong>n, daß auch A, wenn er dazu in <strong>de</strong>r Lage wäre,<br />
ausdrücklich einwilligen wür<strong>de</strong>. Ob aber praktisch je<strong>de</strong>rmann für seine Person ein-<br />
willigen wür<strong>de</strong>, läßt sich prinzipiell, sofern Zweifel bestehen, durch Befragungen<br />
ermitteln“ (HOERSTER 1998, 75).<br />
An dieser Stelle ist allerdings wie<strong>de</strong>r zwischen passiver Sterbehilfe und aktiver<br />
Sterbehilfe zu differenzieren:<br />
Bei <strong>de</strong>r Frage nach <strong>de</strong>r Legitimität passiver Sterbehilfe ist folgen<strong>de</strong>s zu beachten:<br />
„Es ist generell <strong>de</strong>r (aktive) Eingriff <strong>de</strong>r Behandlung – und nicht <strong>de</strong>r (passive) Ver-<br />
zicht auf diesen Eingriff -, welcher <strong>de</strong>r legitimieren<strong>de</strong>n Einwilligung <strong>de</strong>s Patienten<br />
bedarf“ (ebd., 83). Gera<strong>de</strong> bei schwergeschädigten Neugeborenen ist zu erwarten,<br />
daß wohl nicht je<strong>de</strong>rmann in eine lebensverlängern<strong>de</strong> Behandlung einwilligen wür<strong>de</strong><br />
und somit eine solche Behandlung eher unterbleiben müßte.<br />
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