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2. Kapitel: Die Thesen Norbert Hoersters<br />
HOERSTER nennt einen solchen Grund: „Wer daran interessiert ist, daß die<br />
Menschheit nicht ausstirbt, muß also auch an Existenz und Überleben von Föten inte-<br />
ressiert sein“ (ebd., 105). Dieses Interesse reicht jedoch nicht aus für die Begründung<br />
eines Abtreibungsverbotes, <strong>de</strong>nn ein solches Interesse am Fortbestand <strong>de</strong>r Gesell-<br />
schaft be<strong>de</strong>utet keineswegs, daß je<strong>de</strong>r Fötus o<strong>de</strong>r bestimmte Föten überleben müssen.<br />
Vielmehr reicht es für <strong>de</strong>n Fortbestand <strong>de</strong>r Menschheit aus, wenn eine bestimmte<br />
Anzahl an Föten überlebt. Dieses Ziel läßt sich nach HOERSTER wohl weniger über<br />
einen erweiterten Lebensschutz <strong>de</strong>s Fötus erreichen, son<strong>de</strong>rn in<strong>de</strong>m finanzielle An-<br />
reize zum Kin<strong>de</strong>rgebären geschaffen wer<strong>de</strong>n (ebd., 105-106).<br />
Gegen ein Abtreibungsverbot in diesem Sinne spricht für HOERSTER auch, daß<br />
„ein Staat, <strong>de</strong>r auch nur ein gewisses Gewicht auf die freie Selbstbestimmung seiner<br />
Bürger legt, ... es diesen Bürgern selbst überlassen müssen [wird], zu welcher Zeit<br />
ihres Lebens und unter welchen konkreten Umstän<strong>de</strong>n sie ihren als notwendig be-<br />
trachteten Beitrag zum Bestand <strong>de</strong>r Menschheit bzw. <strong>de</strong>s eigenen Volkes leisten wol-<br />
len“ (ebd., 107).<br />
Gefühle <strong>de</strong>r Achtung vor <strong>de</strong>m Fötus in großen Teilen <strong>de</strong>r Bevölkerung können<br />
ebenfalls kein Abtreibungsverbot begrün<strong>de</strong>n: Diesen Gefühlen <strong>de</strong>r Achtung steht<br />
nämlich das gewichtige Interesse <strong>de</strong>r abtreibungswilligen Schwangeren entgegen<br />
(ebd., 113). „Generell gehen Gesellschaften, die sich als freiheitlich verstehen, davon<br />
aus, daß einigermaßen wichtige o<strong>de</strong>r nicht ganz unerhebliche Interessen, die das In-<br />
dividuum an eigenen Handlungen hat, gegenüber i<strong>de</strong>ellen, weltanschaulichen o<strong>de</strong>r<br />
gefühlsmäßigen Abneigungen <strong>de</strong>r Öffentlichkeit gegen diese Handlungen stets <strong>de</strong>n<br />
Vorrang haben müssen“ (ebd., 112).<br />
Insgesamt, so schließt HOERSTER, läßt sich auch „mit einem ... öffentlichen In-<br />
teresse am Leben vorpersonaler Wesen ein Abtreibungsverbot nicht begrün<strong>de</strong>n“<br />
(ebd., 113).<br />
Abtreibung erscheint somit – sollte sie im Interesse <strong>de</strong>r Schwangeren liegen –<br />
prinzipiell erlaubt. Es ist kein Grund ersichtlich, „<strong>de</strong>m Fötus ein Lebensrecht durch<br />
Sozialmoral o<strong>de</strong>r Rechtsordnung einzuräumen“ (ebd., 128).<br />
Die anschließen<strong>de</strong> Frage, die sich bereits oben an<strong>de</strong>utete, ist diejenige, ob nicht<br />
dieselben Argumente, die gegen ein Lebensrecht <strong>de</strong>s Fötus sprachen, auch gegen ein<br />
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