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2. Kapitel: Die Thesen Norbert Hoersters<br />
Jedoch genügt HOERSTER diese Begründung nicht (ebd., 17): Warum, so fragt<br />
er, solle <strong>de</strong>nn die Gesellschaft in ihrem Bestand geschützt wer<strong>de</strong>n?<br />
Entwe<strong>de</strong>r rekurriert dieses Ziel erneut auf eine überpositive Norm, dann treffen<br />
jedoch alle o.g. Argumente gegen die Begründung eines Tötungsverbotes aufgrund<br />
einer solchen Norm auch hier wie<strong>de</strong>r zu. O<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bestand <strong>de</strong>r Gesellschaft liegt im<br />
Interesse <strong>de</strong>r Gesellschaft selbst. Ein solches Interesse könnte dann als Grund für ein<br />
allgemeines Tötungsverbot gelten (ebd.).<br />
HOERSTER geht jedoch davon aus, daß nur leben<strong>de</strong> Wesen über Interessen ver-<br />
fügen können. Interesse einer Gesellschaft könnte also in diesem Sinne nur das sein,<br />
was die weitestgehend übereinstimmen<strong>de</strong>n Interessen <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>r dieser Gesell-<br />
schaft wären (ebd.).<br />
Aber selbst wenn alle Mitglie<strong>de</strong>r einer Gesellschaft nun ein Interesse am Bestand<br />
dieser hätten, reicht dies zur Begründung eines Tötungsverbotes nicht aus. Denn <strong>de</strong>r<br />
Bestand einer Gesellschaft wür<strong>de</strong> wohl z.B. selbst dann nicht gefähr<strong>de</strong>t, wenn je<strong>de</strong>s<br />
zweite Mitglied dieser Gesellschaft getötet wür<strong>de</strong> (ebd., 18-19).<br />
Ein generelles Tötungsverbot läßt sich also für HOERSTER auch durch ein Inte-<br />
resse am Bestand <strong>de</strong>r Gesellschaft nicht begrün<strong>de</strong>n. Dennoch <strong>de</strong>utete sich bereits<br />
eine weitere mögliche Begründung an, nämlich die durch die Interessen <strong>de</strong>r Indivi-<br />
duen einer Gesellschaft.<br />
3. Tötungsverbot zum Schutz individueller Interessen<br />
Diese subjektivistische Moral- und Rechtsbegründung 7 HOERSTERs beruft sich für<br />
die Ingeltungsetzung eines allgemeinen Tötungsverbotes auf individuelle Interessen:<br />
„Das menschliche Individuum hat im Normalfall ein starkes Interesse am Überleben“<br />
(ebd., 20).<br />
Zwar besteht dieses Interesse vornehmlich am eigenen Leben und an <strong>de</strong>m nahe-<br />
stehen<strong>de</strong>r Menschen, jedoch läßt sich über das Interesse am eigenen Leben ein all-<br />
gemeines Tötungsverbot begrün<strong>de</strong>n: Falls zutrifft, und davon geht HOERSTER aus,<br />
daß je<strong>de</strong>r ein größeres Interesse am eigenen Überleben als am gelegentlichen Töten<br />
hat und je<strong>de</strong>r sein Überlebensinteresse nur dadurch sichern kann, daß er auf sein ihm<br />
geringerwertiges Tötungsinteresse verzichtet, ist damit ein Tötungsverbot bzw. ein<br />
7 Der Begriff ‚subjektivistisch’ steht im Gegensatz zu <strong>de</strong>n o.g. ‚objektivistischen’ Begründungsmo<strong>de</strong>llen,<br />
also <strong>de</strong>m Rückgriff auf objektiv erkennbare Normen.<br />
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