Einführung in die Kinderheilkunde Neonatologie
Einführung in die Kinderheilkunde Neonatologie
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<strong>E<strong>in</strong>führung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> K<strong>in</strong>derheilkunde<br />
2. Abschnitt<br />
Fach: K<strong>in</strong>derheilkunde<br />
Dozent: Markus Vogel<br />
<strong>Neonatologie</strong><br />
Befasst sich mit der Erkennung und Behandlung von<br />
Erkrankungen des Neugeborenen<br />
Neugeborenes:<br />
Lebendgeborenes K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Zeit vom ersten<br />
Atemzug bis zum Alter von vier Wochen.
Maß für gute Neugeborenenmediz<strong>in</strong>!?<br />
Die neonatale Mortalität<br />
Anzahl der <strong>in</strong> den ersten 28 Tagen verstorbenen<br />
Neugeborenen / 1000 Lebendgeborenen<br />
In Deutschland: 5<br />
• In den ersten 24 Lebensstunden am größten<br />
• 65% aller Todesfälle <strong>in</strong>nerhalb des ersten Lebensjahres<br />
Hauptursachen<br />
der neonatalen Mortalität<br />
• Krankheiten im Rahmen von Frühgeburtlichkeit<br />
• Krankheiten im Rahmen von ger<strong>in</strong>gem Geburtsgewicht<br />
• Tödliche kongenitale Anomalien
Rate mal mit Neonatal<br />
Die Kandidaten<br />
• Bangladesh<br />
• Deutschland<br />
• Griechenland<br />
• Hongkong<br />
• In<strong>die</strong>n<br />
• Kenia<br />
• Mexiko<br />
• Polen<br />
• Ruanda<br />
• Russland<br />
• Südafrika<br />
• Vere<strong>in</strong>igte Staaten von Amerika
E<strong>in</strong>teilung von Neugeborenen<br />
Gestationsalter<br />
• Frühgeborenes < 37 vollendete SSW<br />
• Term<strong>in</strong>geborenes 38. – Ende 41. Woche<br />
• Übertragenes NG > 42 Wochen<br />
Geburtsgewicht<br />
• LBW < 2500 g<br />
• VLBW < 1500 g<br />
• ELBW < 1000 g<br />
Geburtsgewicht bezogen auf Gestationsalter<br />
• SGA, hypotroph Gewicht < 10. Perzentile<br />
• AGA, eutroph Gewicht 10. – 90. Perzentile<br />
• LGA, hypertroph Gewicht > 90. Perzentile
Postnatale Adaptation<br />
Lunge<br />
Pränatal: flüssigkeitsgefüllt, ke<strong>in</strong> Gasaustausch<br />
Postnatal: luftgefüllt, durchblutet, Gasaustausch<br />
Herz- und Kreislauf<br />
Pränatal: Plazenta, Nabelschnur, kaum Lungenkreislauf<br />
Postnatal: Foramen ovale, Ductus geschlossen
Postnatale Adaptation (2)<br />
Temperaturregulation<br />
Pränatal: ke<strong>in</strong>e eigene Wärmeregulation nötig<br />
Postnatal: Wärmeverluste! Wärmeregulation erforderlich
„In trockenen Tüchern.“<br />
Postnatale Adaptation (3)<br />
Niere<br />
Pränatal: Produktion von Fruchtwasser! (Lungenhypoplasie)<br />
Postnatal: Regulationsfähigkeit noch ger<strong>in</strong>ger als beim Erw.<br />
Magen-Darm-Trakt<br />
Pränatal: Ernährung erfolgt über Plazenta (Polyhydramnion)<br />
Postnatal: Resorption von Nährstoffen, Mekoniumabgang
A P G A R
Frühgeburt und Reifebestimmung<br />
Das Frühgeborene<br />
Maßnahmen bei drohender Frühgeburt<br />
Reifebestimmung<br />
Probleme des frühgeborenen K<strong>in</strong>des<br />
Das Atemnotsyndrom Frühgeborener<br />
Persistierender Ductus Arteriosus<br />
Bronchopulmonale Dysplasie<br />
Hirnblutung<br />
Das Frühgeborene<br />
Geburt vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche (6,5%)<br />
Ca. 1,5% aller Geburten s<strong>in</strong>d sehr kle<strong>in</strong>e Frühgeborene (
28. SSW, 1130g<br />
Maßnahmen bei drohender Frühgeburt<br />
• Bettruhe<br />
• Hemmung der Wehentätigkeit (Tokolyse)<br />
•<br />
Förderung der Lungenreife durch Gabe von<br />
Betamethason oder Dexametason („Kortison“)
Reifebestimmung bei Frühgeborenen<br />
Man achtet auf<br />
• Ödeme<br />
• Hautbeschaffenheit, -farbe, -durchsichtigkeit<br />
• Lanugobehaarung<br />
• Hautfalten an den Füßen<br />
• Ausbildung der Brustwarzen<br />
• Knorpelausbildung der Ohrmuschel<br />
• Genitale (Labien, Deszensus Testis)<br />
Es werden Reifepunkte vergeben, deren Summe der<br />
Abschätzung des Gestationsalters <strong>die</strong>nt.<br />
Probleme der Frühgeburtlichkeit<br />
Die Unreife von Organsystemen und -funktionen führt möglicherweise<br />
zu e<strong>in</strong>er Reihe von aktuten und chronischen Erkrankungen.<br />
Atmung: Unreife des Atemzentrums, Surfactantmangel,<br />
Bronchopulmonale Dysplasie (BPD)<br />
Herz: Offener Ductus Arteriosus Botalli (PDA), Bradykar<strong>die</strong>n<br />
Hirn: Fehlende Autoregulation der Gefäße, Hirnblutung,<br />
Hypoxischer Hirnschaden (HE), Leukomalazie (PVL)<br />
Augen: Ret<strong>in</strong>opathia prämaturorum<br />
Darm: Tr<strong>in</strong>kschwäche, Nekrotisierende Enterokolitis<br />
Unreife von Leber-, Nierenfunktion, Knochenmark, Wärmereg.<br />
(Hypoglykämie, Ikterus, Ödeme, Infektion, Anämie, Hypothermie)<br />
Langzeit-Probleme: Gedeihstörung<br />
BPD<br />
Zerebralparese<br />
Bl<strong>in</strong>dheit
Das Atemnotsyndrom Frühgeborener<br />
Häufigste Todesursache <strong>in</strong> der Neonatalperiode<br />
(1% der Neugeborenen, bis zu 60% der FG < 30. SSW)<br />
•• Ursache: Mangel an Surfactant. (Ausreichend ab 35. SSW)<br />
• Kl<strong>in</strong>ik: - Tachypnoe > 60 / m<strong>in</strong><br />
- Nasenflügeln<br />
- Exspiratorisches Stöhnen<br />
- Sternale und <strong>in</strong>tercostale E<strong>in</strong>ziehungen<br />
- Mikrozirkulationsstörung (blass-graue Hautfarbe)<br />
- Temperatur<strong>in</strong>stabilität<br />
- Zyanose bei <strong>in</strong>suffizienter Behandlung<br />
- Typische Veränderungen im Röntgen („weiße Lunge“)<br />
• Therapie: O2, CPAP, Beatmung, Surfactant-Gabe<br />
•• Prävent.: Gabe von „Kortison“ möglichst 48h vor Geburt<br />
Circulus vitiosus des Surfactant-Mangels
Persistierender Ductus Arteriosus<br />
Häufigstes kardiovaskuläres Problem Frühgeborener<br />
manifestiert sich häufig zwischen dem 3. und 5. Lebenstag<br />
• Ursache: Ductus Frühgeborener reagiert schwächer auf<br />
Kontraktionsreize (Verm<strong>in</strong>derung Prostagland<strong>in</strong>).<br />
•• Kl<strong>in</strong>ik:<br />
- Systolisches Herzgeräusch (etwa 80%)<br />
- Tachykar<strong>die</strong>, spr<strong>in</strong>gender, lebhafter Puls<br />
- akute Verschlechterung der Beatmungssituation<br />
- ggf. vergrößerte Leber<br />
- renale Ausscheidungsprobleme<br />
- Zirkulationsstörungen<br />
• Therapie:<br />
Flüssigkeitsrestriktion, Prostagland<strong>in</strong>synthesehemmer,<br />
ggf. operativer Verschluss<br />
Bronchopulmonale Dysplasie<br />
Chronische Lungenerkrankung Erkrankung Frühgeborener,<br />
(25-40% FG < 1000g), selten bei reifen NG.<br />
Lange Zeit fälschlich als „Beatmungslunge“ bezeichnet.<br />
• Ursache: Unreife der Lunge<br />
gefördert durch Beatmung mit hohen Drücken<br />
durch Beatmung mit hoher O2-Konzentration durch Infektionen<br />
durch Lungenüberflutung (PDA)<br />
• Kl<strong>in</strong>ik: - Tachydyspnoe<br />
- Hypoxie / Hyperkapnie<br />
- schwere Entwöhnung von Beatmung<br />
- Veränderungen auf dem Röntgenbild<br />
• Therapie: Flüssigkeitsrestriktion, O2-Gabe, u.a.<br />
• Prognose:<br />
erhöhtes Risiko für SIDS, bronchiale Hyperreagibilität<br />
(obstr. Bronchitis) bis 2. Lebensjahr
Hirnblutung<br />
Inzidenz und Schweregrad s<strong>in</strong>d direkt abhängig von der Reife.<br />
•• Ursache: Hypoxie, Azidose<br />
Blutdruckabfall und -anstieg<br />
Gefäßfragilität<br />
Geburtstraumata<br />
Vitam<strong>in</strong>-K-Mangel<br />
• Kl<strong>in</strong>ik: Krampfanfälle<br />
Apnoen<br />
Hypotonie<br />
vorgewölbte Fontanelle<br />
Anämie<br />
•• Therapie: Therapie: Symptomatisch, Prävention: hoher Standard<br />
• Prognose:<br />
Grad I und II 5 - 15%, Grad III 35%, Grad IV 90%<br />
typische Folge: spastische Hemiparese
Neugeborenenikterus<br />
Man unterscheidet<br />
• Physiologischen Ikterus<br />
• Pathologischer Ikterus<br />
Physiologischer Ikterus<br />
Der Bilirub<strong>in</strong>stoffwechsel des Neugeborenen weist im Vergleich<br />
zum Erwachsenen e<strong>in</strong>ige Besonderheiten auf:<br />
• höhere Erythrozytenzahl<br />
• höhere Hämoglob<strong>in</strong>konzentration<br />
• verkürzte Lebenszeit der roten Blutzellen<br />
• vermehrte Aufnahme von Bilirub<strong>in</strong> im Darm<br />
DARAUS FOLGT: HOHE BILIRUBINKONZENTRATION
Physiologischer Ikterus (2)<br />
Risikofaktoren:<br />
• Ethnische Zugehörigkeit<br />
• Höhe über dem Meeresspiegel<br />
• männliches Geschlecht<br />
• Muttermilchernährung<br />
• starker Gewichtsverlust<br />
• verzögerte Stuhlentleerung<br />
Physiologischer Ikterus (3)<br />
Therapie, wenn Grenze erreicht:<br />
• Phototherapie<br />
mit blauem Licht führt zur Spaltung des Bilirub<strong>in</strong>s<br />
(auf Schutz der Augen und Atemwege achten)<br />
• ausreichende Flüssigkeitszufuhr<br />
• im schlimmsten Fall: Austauschtransfusion
Morbus hämolyticus<br />
Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Mutter und Fetus<br />
• Übertritt von mütterlichen Antikörpern durch <strong>die</strong> Plazenta<br />
<strong>in</strong> den k<strong>in</strong>dlichen Organismus<br />
• Führt zur vorzeitigen und vermehrten Zerstörung k<strong>in</strong>dlicher<br />
Erythrozyten<br />
• Folge bei E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>s ZNS: Kernikterus<br />
Morbus hämolyticus (2)<br />
• ABO-Erythroblastose, häufig <strong>in</strong> der ersten Schwangerschaft<br />
Mit e<strong>in</strong>er ABO-Unverträglichkeit<br />
ist <strong>in</strong> ca. 1 von 200 Neugeborenen zu rechnen<br />
• Rh-Erythroblastose, meist ab der zweiten Schwangerschaft<br />
vor Anti-D-Prophylaxe: 45 pro 10.000 Neugeborenen<br />
nach Anti-D-Prophylaxe: 5 pro 10.000 Ng
Morbus hämorrhagicus<br />
Durch Vitam<strong>in</strong>-K-Mangel ausgelöste potentiell lebensbedrohliche<br />
Erkrankung, <strong>die</strong> durch Vitam<strong>in</strong>-K-Gabe verh<strong>in</strong>dert werden kann.<br />
• Bei 1 von 200 Neugeborenen, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong>e Prophylaxe erhalten,<br />
tritt e<strong>in</strong> Blutungsereignis <strong>in</strong>nerhalb der ersten Wochen auf.<br />
• Muttermlich hat nur e<strong>in</strong>en ger<strong>in</strong>gen Vitam<strong>in</strong>-K-Gehalt!<br />
Verlauf der Bilirub<strong>in</strong>konzentrationen
Geburtstraumatische Schäden<br />
Geburtsgeschwülst<br />
Teigige Schwellung, welche Knochengrenzen überschreitet<br />
Kephalhämatom<br />
Blutung zwischen Knochen und Periost, ke<strong>in</strong>e Überschreitung<br />
Adiponecrosis subcutanea (Fettgewebsnekrose)<br />
Durch Drucke<strong>in</strong>wirkung (z.B. Zangengeburt oder Kälte)<br />
Muskelverletzungen<br />
z.B E<strong>in</strong>blutung <strong>in</strong> M. sternocleidomastoideus<br />
Frakturen<br />
am häufigsten: Klavikulafraktur<br />
Organverletzungen<br />
Nervenverletzungen<br />
Obere Plexuslähmung (Erb), Untere Pl. (Klumpke)<br />
Geburtsgeschwulst
Obere Plexuslähmung (Erb)<br />
Betroffen s<strong>in</strong>d Segmente C5 und C6<br />
• M. rhomboideus major, teres major, deltoideus, biceps,<br />
brachialis und brachioradialis<br />
• Kl<strong>in</strong>ik: Adduktion, Innenrotation und Pronation des Armes<br />
sowie Streckung des Ellenbogengelenkes.<br />
F<strong>in</strong>ger s<strong>in</strong>d beweglich, Moro auf betroffener Seite<br />
NICHT auslösbar.<br />
• Therapie: Physiotherapie<br />
- Verh<strong>in</strong>derung von Kontrakturen<br />
- 3 bis 6 Monate Geduld<br />
Prognose hängt generell vom Ausmaß der Nervenschädigung<br />
ab (Neuropraxie, Axonotmesis, Neurotmesis)
Untere Plexuslähmung (Klumpke)<br />
Betroffen s<strong>in</strong>d Segmente C7 und C8, Th1<br />
• Schulter wird bewegt, Hand und F<strong>in</strong>ger werden nicht bewegt.<br />
• Kl<strong>in</strong>ik: Die Hand ist <strong>in</strong> Pfötchenstellung, der Greifreflex fehlt.<br />
Horner-Syndrom möglich (Miosis, Ptosis, Enophtalmus)<br />
• Therapie: Physiotherapie, Prognose eher schlechter
Fazialisparese<br />
Häufigste geburtstraumatische Schädigung peripherer Nerven.<br />
• Kl<strong>in</strong>ik: offenen Lidspalte, beim Schreien wird der Mund zur<br />
gesunden Seite verzogen. Auf der kranken Seite ist <strong>die</strong><br />
Nasolabialfalte verstrichen.<br />
• Therapie: ke<strong>in</strong>e, meist Rückbildung <strong>in</strong>nerhalb Wochen