METAL MIRROR #72 - Steel Panther, Destruction, Tarja Turunen ...
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CRADLE OF FILTH<br />
(+ GOD SEED + DARK END)<br />
9.11. – Osnabrück, Hyde Park<br />
Text & Foto: Miriam Görge<br />
Freitag-Abend in Osnabrück und das alte Rein-<br />
Raus-Spiel mal anders: Eine überschaubare Meu-<br />
te steht sich vorm Hyde Park frierend die Beine<br />
in den Bauch und sehnt den sich verzögernden<br />
Einlass herbei. Dann endlich gehen doch noch<br />
die Tore auf, die Erlösung allerdings ist nur von<br />
kurzer Dauer. Keine zwei Minuten später werden<br />
alle Anwesenden wieder nach draußen komple-<br />
mentiert, da God Seed ihren Soundcheck noch<br />
nicht gemacht haben und dafür kein Publikum<br />
gebrauchen können. Alles wieder raus, das War-<br />
ten beginnt von vorne. Irgendwann wird die sto-<br />
ische Geduld der Leute dann doch noch belohnt.<br />
DARK END betreten die Bühne und versuchen<br />
mit ihrem „Extreme Obscure Horror Metal“ die<br />
erstaunlich wenigen Zuschauer zu begeistern.<br />
Die allerdings sind ein ziemlich müder Haufen<br />
und spenden nicht mehr als Anstandsapplaus.<br />
Egal, Zeit für Rotting Christ, ach ne, Moment, die<br />
sind ja für den Abend versehentlich doppelt ge-<br />
bucht worden und spielen gerade irgendwo ein<br />
Festival. Da freut sich der zahlende Gast.<br />
Dann also GOD SEED. Dass die Norweger<br />
im Vorfeld ihrer Show mit Problemen zu kämp-<br />
fen hatten und nicht amüsiert über den späten<br />
Soundcheck waren, ist dem Auftritt anzumer-<br />
ken. Die mit Spannung erwartete Rückkehr von<br />
Ghaal und Co. fällt trotz recht gutem neuen Al-<br />
bum unspektakulär aus. Nachdem die Umbau-<br />
pause hinter verschlossenem Vorhang stattfand,<br />
hätte man schon etwas mehr erwarten können<br />
als den wie in Trance über die Bühne schleichen-<br />
den, trotz allem charismatischen, Fronter. Ent-<br />
täuschend für beide Seiten.<br />
Bei CRADLE OF FILTH jedoch ändert sich die<br />
Stimmung, endlich wachen die Leute auf, auch<br />
wenn der Hyde Park an diesem Abend bis zum<br />
Schluss eher spärlich besucht bleibt. Die Briten<br />
bieten in rund 80 Minuten einen annehmbaren<br />
Querschnitt durch ihr Schaffen, das neue Album<br />
wird nicht übertrieben in den Vordergrund ge-<br />
rückt. Cradle machen und haben Spaß, weswe-<br />
gen dieser Auftritt letztendlich für einen doch<br />
recht durchwachsenen Abend entschädigt.<br />
THE DEVIL‘S BLOOD<br />
(+ ATTIC)<br />
2.12. – Berlin, Festsaal Kreuzberg<br />
Text & Archiv-Foto: Dorian Gorr<br />
Selim Lemouchi fiel zuletzt eher durch negati-<br />
ve Schlagzeilen auf. Der Gitarrist von The Devil‘s<br />
Blood trug seine Meinungsverschiedenheiten be-<br />
vorzugt auf körperliche Weise aus. So richtig ge-<br />
schadet haben diese Eskapaden der Band nicht.<br />
Der Festsaal Kreuzberg ist an diesem Sonntag-<br />
abend trotzdem dicht befüllt mit treuen Anhän-<br />
gern der Band, die sich für ein paar Stunden in<br />
eine okkulte Psychedelic-Welt entführen lassen<br />
wollen. Zunächst stehen allerdings ihre Label-<br />
kollegen ATTIC auf dem Programm. Die Truppe<br />
wird unter Kennern bereits als das nächste große<br />
Underground-Ding gehandhabt – ein Geheimtipp<br />
für alle Fans von Old-School-Metal der Marke King<br />
Diamond. An dem dänischen Schwergewicht hat<br />
sich vor allem Sänger Cagliostro ein Beispiel ge-<br />
nommen. Falsettgesang will zwar im ersten Mo-<br />
ment nicht so recht zu Pornobalken passen, aber<br />
stimmlich ist das großer Sport. Zwei Hits mehr,<br />
dann dürfen Attic bei den Großen mitspielen.<br />
Dass THE DEVIL‘S BLOOD da noch nicht sind,<br />
ist letztlich deren eigene Schuld. Aber die Band<br />
ist aus Überzeugung beim kleinen Label unter<br />
Vertrag, spielt bewusst keine endlosen Touren<br />
und vermarktet sich lieber still und leise. Ist ja<br />
letztlich auch eine Strategie, die Fans zu genüge<br />
anzieht. Hits haben The Devil‘s Blood genug und<br />
geben davon gleich eine gewaltige Kostprobe.<br />
„On The Wings Of Gloria“, „Fire Burning“, das<br />
unglaublich geniale „The Thousandfold Epicen-<br />
tre“ – neunzig Minuten lang reiht sich eine Über-<br />
nummer an die nächste. Glasklarer, druckvol-<br />
ler Sound, der nur durch das Sirenenorgan von<br />
Farida Lemouchi durchschnitten wird. Fast ehr-<br />
fürchtig starrt man mit offenem Mund auf die-<br />
se unglaubliche Einheit, die sich selbst in einen<br />
Rausch spielt und gleichzeitig etliche Zuschauer<br />
mit auf diesen verrückten Trip in die Finsternis<br />
nimmt. Ansagen gibt es keine einzige. Zugaben<br />
auch nicht. Als „Christ Or Cocaine“ (inklusive<br />
langem Solopart) das Set beendet, ist Schluss.<br />
Keine Diskussion. Die Fans grinsen selig und –<br />
siehe da – Selim Lemouchi ebenfalls. Ein breites<br />
Grinsen, die Teufelshörner gen Himmel gereckt.<br />
Der kann ja auch nett wirken, wenn er will.<br />
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