Rhein-Main-Zeitung
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Aktuell <strong>Rhein</strong>-<strong>Main</strong>-<strong>Zeitung</strong><br />
Gesundheit<br />
Modellprojekt: Zulassung von Heroin als Arzneimittel<br />
wahrscheinlich<br />
08. Dezember 2005 Die Zulassung von Heroin als Arzneimittel bis Mitte<br />
nächsten Jahres gilt nach ersten Ergebnissen eines bundesweiten<br />
Modellprojekts, an dem sich auch die Stadt Frankfurt beteiligt, als<br />
wahrscheinlich. Nach diesen Daten, die dieser <strong>Zeitung</strong> vorliegen, zeichnet<br />
sich ab, daß sich Opiatabhängige, die Heroin erhalten, gesundheitlich und<br />
sozial besser stabilisieren, als jene, denen Methadon verabreicht wird. Auch<br />
der illegale Drogenkonsum ist demnach in der sogenannten Heroingruppe<br />
deutlich stärker zurückgegangen als in der Methadongruppe. Damit sind die<br />
wesentlichen Voraussetzungen für eine Zulassung von Heroin als<br />
Substitutionsmittel erfüllt. Doch müssen noch weitere Fragen geklärt<br />
werden, etwa jene nach den Nebenwirkungen. Das<br />
Bundesgesundheitsministerium prüft derzeit die Projektergebnisse, die<br />
voraussichtlich im März nächsten Jahres vorgestellt werden.<br />
Ein Antrag eines pharmazeutischen Unternehmens auf Zulassung von<br />
Heroin als Arzneimittel ist bereits gestellt, und das Bundesinstitut für<br />
Arzneimittel und Medizinprodukte prüft auf Grundlage der Studiendaten<br />
insbesondere die Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des<br />
heroinhaltigen Arzneimittels. Wird der Antrag positiv beschieden, ist jedoch<br />
nicht davon auszugehen, daß dann jeder niedergelassene Arzt Heroin<br />
verschreiben darf. Vielmehr wird der Stoff nur unter strengen Bedingungen<br />
für Schwerstabhängige als Behandlungsmethode eingesetzt werden<br />
können.<br />
Am Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger<br />
beteiligen sich die Städte Bonn, Frankfurt, Hamburg, Hannover, Karlsruhe,<br />
Köln und München. In Frankfurt erhalten seit März 2003 die ersten von 100<br />
Süchtigen in einer Ambulanz im Ostend eine jeweils individuell festgelegte<br />
Dosis des Originalstoffs vom Arzt. Eine gleich große Kontrollgruppe<br />
bekommt in einer der Methadonambulanzen den Ersatzstoff. Über die<br />
Zuordnung entschied das Los.<br />
In einer Anfrage will die FDP-Fraktion im Römer nun wissen, was aus der<br />
Liegenschaft Grüne Straße 2-4 wird, wenn die Heroinstudie am 30. Juni<br />
2006 beendet ist. Das Grundstück sei zu einem im Verhältnis zur jetzigen<br />
Nutzung sehr hohen Kaufpreis erworben worden. Das sei dadurch<br />
gerechtfertigt erschienen, daß die Option bestehe, nach Abschluß des<br />
Modellprojekts dort ein sechsgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus zu<br />
errichten, heißt es in der Anfrage.<br />
Diese Möglichkeit aber erscheint nunmehr äußerst unwahrscheinlich. Unter<br />
Hinweis auf einen Magistratsbericht vom 15. April dieses Jahres sagte am<br />
Donnerstag die Sprecherin des Frankfurter Gesundheitsdezernenten<br />
Nikolaus Burggraf (CDU), Brigitte Palmowsky, es gebe seit April<br />
Überlegungen seitens der Stadt, die Methadonvergabe mit psychosozialer<br />
Betreuung des Gesundheitsamts aufzugeben, bei erfolgreichem Ausgang<br />
der Heroinstudie in die Heroinambulanz zu integrieren und durch Dritte<br />
betreiben zu lassen. Ginge es nach dem Gesundheitsdezernat, würde dieser
Schritt bereits Anfang nächsten Jahres verwirklicht.<br />
Fraglich ist, ob sich der Bundesausschuß von Krankenkassen und Ärzten im<br />
Falle einer Zulassung von Heroin rechtzeitig über die<br />
Abrechnungsmöglichkeiten geeinigt haben wird. Davon hängt der<br />
Zuschußbedarf für die Heroinambulanz ab. Sollte diese Frage erst später<br />
geklärt sein, müßte eine Übergangslösung für die Finanzierung gefunden<br />
werden. Die SPD-Fraktion im Römer verlangt in einem Antrag eine<br />
Anschlußstudie, bis Heroin zugelassen werde. Es müsse vermieden werden,<br />
daß die Studienteilnehmer in die Illegalität ihrer Sucht mit allen negativen<br />
Auswirkungen auf ihren Gesundheitszustand und auf die Gesellschaft<br />
zurückgestoßen würden. BRIGITTE ROTH<br />
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