IMMUNHÄMATOLOGISCHE UNTERSUCHUNGSMETHODEN
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<strong>IMMUNHÄMATOLOGISCHE</strong> <strong>UNTERSUCHUNGSMETHODEN</strong><br />
von Ulrike Velten, J. Fischer, J. Hoch, G. Giers und P. Hanfland<br />
1 Einführung<br />
Als Blutgruppen werden genetisch determinierte Merkmale des Blutes bezeichnet, die vornehmlich<br />
an den zellulären Blutbestandteilen lokalisiert sind. 1m engeren Sinne sind Blutgruppen<br />
membrangebundene Merkmale (vor allem erythrozytäre Blutgruppenantigene). Im weiteren Sinne<br />
sind Blutgruppen auch zelluläre Enzymgruppen (Enzympolymorphismus). HLA-Merkmale (siehe<br />
4.1) und spezifische Antigene der Granulozyten und der Thrombozyten sowie die nicht zellulären<br />
Serumantigene.<br />
Die Kenntnisse über die erythrozytären Blutgruppen sind vor allem für die Transfusionsmedizin<br />
(Behandlung mit Blut und Blutkomponenten), die Transplantationsmedizin, die Geburtshilfe und<br />
die Pädiatrie (Morbus haemolyticus neonatorum = Blutgruppenunverträglichkeit zwischen Mutter<br />
und Kind) so- wie für die forensische Medizin (Abstammungs-ldentitätsbegutachtung) von<br />
Bedeutung. Einige immunhämatologische Untersuchungsmethoden haben einen vorrangigen<br />
Stellenwert in der Diagnostik bestimmter. immunologisch bedingter Erkrankungen (z. B.<br />
Immunhämolysen, Immunthrombozytopenien).<br />
2 Terminologie<br />
Es gibt verschiedene Einteilungsaspekte zur Deskription erythrozytärer Antikörper.<br />
- Empirischer Aspekt<br />
Reguläre/irreguläre Antikörper: Reguläre Antikörper sind bei jedem
- 322 -<br />
Individuum einer Spezies zu finden, während irreguläre nur bei einigen Individuen auftreten.<br />
- Pathogenetischer Aspekt<br />
Natürlich präformierte Antikörper/Immunantikörper: Natürlich präformierte Antikörper werden<br />
durch unspezifische, meist enterale Sensibilisierung (Darmbakterien mit blutgruppenähnlichen<br />
Antigenen), also nicht durch spezifische Fremderythrozyten-Antigenexposition erworben, während<br />
sogenannte Immunantikörper immer eine spezifische Fremderythrozyten-Antigenexposition<br />
(parenterale Sensibilisierung. d. h. u. a. Transfusion oder Schwangerschaft) voraussetzen.<br />
- Einteilung nach dem in-vitro-Reaktionsverhalten<br />
"Komplette" oder "in komplette" Antikörper: Die Bezeichnungen haben sich eingebürgert. sind<br />
jedoch irreführend. Immer handelt es sich um voll- ständig aufgebaute Antikörper.<br />
Komplette Antikörper bewirken in-vitro eine spontane Hämagglutination oder Hämolyse<br />
bereits im Milieu einer physiologischen Kochsalzlösung. d. h. ohne Zusatz von<br />
Reaktionsverstärkern (Supplement) oder anderen Hilfsmethoden ereignet sich eine unmittelbare<br />
Reaktion. Inkomplette Antikörper lagern sich zunächst nur an einen Erythrozyten an, ohne<br />
Brückenbildung zu anderen Erythrozyten (Agglutination) oder ohne Komplementaktivierung<br />
(Hämolyse). Durch Supplement wird die Abstoßung der Erythrozyten vermindert und somit<br />
manchmal die Brückenbildung (Agglutination) ermöglicht. Meist ist jedoch die Überbrückung der<br />
Distanz zwischen den Erythrozyten nur mit Anti-Humanglobulinen (Anti- Antikörper oder Anti-<br />
Komplement, Prinzip des Coombstest) möglich, hier handelt es sich also um eine mittelbare<br />
Reaktion<br />
3 Transfusionsmedizinisch wichtige erythrozytäre Blutgruppensysteme<br />
Derzeit sind mehr als 88 verschiedene erythrozytäre Blutgruppensysteme mit mehr als 64)<br />
verschiedenen Antigenen bekannt. Transfusionsmedizinisch haben jedoch das AB0-, das Rhesus-<br />
und das Keil-System die größte klinische Relevanz.
3.1 Das AB0-(ABH-)System<br />
- 323 -<br />
Das beim Menschen wichtigste und am längsten bekannte Blutgruppensystem ist das AB0-System<br />
(Landsteiner 1901/1902). Für Bluttransfusionen hat da~ AB0-Blutgruppensystem die größte<br />
Bedeutung, da es beim Menschen das einzige Blutgruppensystem ist, das reguläre Antikörper (im<br />
allgemeinen als Isoagglutinine bezeichnet) aufweist, die bei AB0-unverträglichen Bluttransfusionen<br />
in der Regel zu schwerwiegenden. z. T. tödlichen Transfusionsreaktionen führen.<br />
3.1.1 Die Antigene des AB0-Systems<br />
Die AB0-Antigene sind auf der Erythrozytenoberfläche angeordnet und sind schon bei 3 Monate<br />
alten Feten nachweisbar. Allerdings entwickelt sich die volle Antigenstärke erst bis zum 18.<br />
Lebensmonat. Darüberhinaus kommen die AB0-Antigene auf den Membranen fast aller anderen<br />
Körperzellen vor.<br />
Je nach Vorhandensein der Antigene A und B unterscheidet man die Blutgruppen A, B, AB und 0,<br />
wobei die Blutgruppe 0 durch das Fehlen der Antigene A und B gekennzeichnet ist.<br />
In der deutschen Population kommen die AB0-Blutgruppen in folgender Häufigkeit vor: 43 % A,<br />
39 % 0, 13 % B, 5 % AB (= Phänotypen).<br />
Auf Grund der Stärke der Antigenausprägung kann man verschiedene Untergruppen (Varianten) der<br />
Blutgruppenmerkmale A und B unterscheiden (z. B. A1 und A2).<br />
3.1.2 Die Antikörper des AB0-Systems<br />
Im Serum jedes menschlichen Individuums finden sich reguläre Antikörper gegen die<br />
Blutgruppenmerkmale A und B des AB0-Systems. die es selbst nicht besitzt (Ausnahme:<br />
Neugeborene und Personen mit Antikörpermangelsyndromen). Diese Antikörper werden<br />
im Laufe des ersten Lebensjahres gebildet. wobei man heute als Antigenstimulus<br />
Strukturen von Bakterien der Darmflora. die denen der AB0-Substanzen ähnlich sind.<br />
verantwortlich macht. Dementsprechend handelt es sich hierbei um natürlich präformierte<br />
Antikörper, die. im Gegensatz zu Immunantikörpern, ohne spezifischen Antigenstimulus<br />
durch erythrozytäre Blutgruppenmerkmale entstehen.
- 324 -<br />
Anti-A und Anti-B gehören, wie im allgemeinen alle regulären und natürlich präformierten<br />
Antikörper, vorwiegend der lmmunglobulinklasse M (IgM) an. ln-vitro reagieren diese in der Regel<br />
komplett. Ein geringer Anteil der Anti-A und Anti-B wird jedoch auch von der Immunglobulinklasse<br />
G (lgG) gebildet. Dieser IgG-Anteil wurde früher irreführend mit "lmmun-Anti-A"<br />
oder "lmmun-Anti-B" bezeichnet, obwohl auch diese Antikörper natürlich präformiert anzutreffen<br />
sind. Diese IgG-Antikörper sind plazentagängig und können je nach in-vivo Reaktionsverhalten, im<br />
Gegensatz zu irregulären Rhesus-lmmunantikörpern, schon bei der ersten Schwangerschaft einen<br />
Morbus haemolyticus neonatorum aufgrund einer AB0-lnkompatibilitäl auslösen.<br />
Bestimmung der AB0-Blutgruppe und der Isoagglutinine<br />
REAKTION MIT TESTSEREN =<br />
Erythrozyteneigenschaften<br />
REAKTION MIT<br />
TESTERYTHROZYTEN =<br />
Serumeigenschaften<br />
Anti-A Anti-B Anti-AB A1 A2 B 0<br />
+++ ---- +++ ---- ---- +++ ---- A<br />
---- +++ +++ +++ +++ ---- ---- B<br />
---- ---- ---- +++ +++ +++ ---- 0<br />
+++ +++ +++ ---- ---- ---- ---- AB<br />
BLUT-<br />
GRUPPE<br />
Die Verwendung von 0-Testerythrozyten bei der obligaten Bestimmung der Serumeigenschaften<br />
(Isoagglutinine) dient als negative Kontrolle.<br />
3.2 Das Rhesus-System<br />
Das Rhesus-System ist das zweitwichtigste Blutgruppensystem. Es wurde von Levine und Stetson<br />
(1939) sowie Landsteiner und Wiener (1940) entdeckt.<br />
Besonders in der Transfusionsmedizin und der Geburtshilfe/Pädiatrie (Morbus haemolyticus<br />
neonatorum) hat dieses Blutgruppensystem seine vorrangige Bedeutung.
3.2.1 Die Antigene des Rhesussystems<br />
- 325 -<br />
Im Rhesussystem unterscheidet man 5 serologisch faßbare Hauptantigene (über Antigen-<br />
Antikörperreaktionen nachweisbar): 0, C, c, E, e. Die Antigene C und c sowie E und e werden<br />
kodominant vererbt (sog. Rhesusuntergruppen).<br />
Das klinisch wichtigste Antigen des Rhesussystems ist das Merkmal Rhesus D. Alle Individuen, bei<br />
denen dieses Merkmal nachweisbar ist. werden als Rhesus positiv (0.) bezeichnet (ca. 85 % der<br />
deutschen Bevölkerung). Ist dieses Merkmal nicht nachweisbar. so bezeichnet man das betreffende<br />
Individuum als Rhesus negativ (dd). Man nimmt an, daß diese Individuen zwei amorphe (= stille, d.<br />
h. die Gene bilden kein Genprodukt) Rhe1iu1igenc d besitzen. da bisher noch kein Antikörper<br />
gegen das Rhesusmerkmal d gefunden werden konnte:<br />
Die wichtigste Variante des Rhesusmerkmals D ist die Eigenschaft D". Diese stellt eine schwächere<br />
bzw. unvollständige Ausprägung des Merkmals D dar. Diese Eigenschaft kann nur mit Hilfe einer<br />
etwas spezielleren Technik (COOMBS-Technik; siehe 4.1) sicher nachgewiesen werden. Im<br />
deutschen Sprachraum werden Träger des Merkmals D u in Bezug auf Bluttransfusionen (als<br />
Blutempfänger) und Schwangerschaften als Rhesus negativ betrachtet. Als Blutspender werden<br />
demgegenüber Träger des Merkmals D u als Rhesus positiv betrachtet.<br />
Aus organisatorischen Gründen werden im Bluttransfusionswesen nur Blutspender mit der<br />
Rhesusformel ccddee als Rhesus negativ bezeichnet,<br />
3.2.2- Die Antikörper des Rhesussystems<br />
Der häufigste irreguläre Antikörper gegen Rhesusantigene ist das Anti-D, welches besonders häufig<br />
nach Rhesus-D-ungleichen Bluttransfusionen und nach Schwangerschaften von Rhesus negativen<br />
Individuen gebildet werden kann. Weniger häufig sind die Rhesusantikörper Anti-C, Anti-c, Anti-E<br />
und Anti-e.<br />
3.3 Das Kell-System<br />
Für die Transfusionsmedizin und die Geburtshilfe/Pädiatrie sind die Antigene KeIl (K) und Cellano<br />
(k) in diesem Blutgruppensystem am wichtigsten, da
- 326 -<br />
diese Antigene sehr immunogenen Charakter haben, das heißt, sie können leicht zur<br />
Antikörperbildung führen.<br />
An Hand des Merkmals KeIl (K) werden die Individuen in Kell positiv (KK und Kk) bzw. Kell<br />
negativ (kk) eingeteilt. In der deutschen Bevölkerung werden diese Merkmale in folgender<br />
Häufigkeit angetroffen:<br />
Keil negativ: 91,0 % (kk)<br />
KeIl positiv: 8,8 % (Kk; heterozygot)<br />
0.2 % (KK; homozygot)<br />
Da es nur wenige homozygote Merkmalsträger KK im Gegensatz zu den homozygoten<br />
Merkmalsträgern kk gibt ist die Bildung eines Anti-Cellanos (Anti-k) seltener als die Bildung eines<br />
Anti-Kells (Anti-K).<br />
3.4 Weitere klinisch relevante, erythrozytäre Blutgruppensysteme<br />
Hierzu zählen:<br />
- Das Duffy-System mit den wichtigsten Antigenen Fy a und Fy b<br />
- Das Kidd-System mit den wichtigsten Antigenen Jk a und Jk b<br />
- Das Lewis-System mit den wichtigsten Antigenen Le a und Le b<br />
- Das MNSs-System mit den wichtigsten Antigenen M, N, S und s<br />
- Das Lutheran-System mit den wichtigsten Antigenen Lu a und Lu b<br />
- Das P-System mit seinem wichtigsten Antigen P1<br />
4 Untersuchungsmethoden<br />
Bei den transfusionsmedizinisch wichtigsten blutgruppenserologischen Untersuchungen<br />
(Blutgruppenmerkmale. Antikörpersuchtest. serologische Verträglichkeitsprobe; s. u.) kommen<br />
Verwechslungen wesentlich häufiger als Fehlbestimmungen vor (1981 waren laut FDA [Food and<br />
Drug Administration; USA] 88 % der letalen Transfusionsreaktionen organisatorisch bedingt). Sie<br />
sind möglich bei der Blutentnahme, der Untersuchung, der Erstellung des Befundberichtes und der<br />
Einleitung der Transfusion. Es ist deshalb unerläßlich, die Identität von Spender und Empfänger zu<br />
sichern, um derartige Verwechslungen auszuschließen. Da eine Fehltransfusion für den Patienten<br />
weitreichende Konsequenzen mit z. T. tödlichem Ausgang haben kann, muß der behandelnde Arzt<br />
die Identität der zu untersuchenden Blutprobe bestätigen! Im Hinblick auf diese möglicherweise<br />
schwerwiegenden Folgen von Bluttransfusion-
- 327 -<br />
en nehmen die serologischen Voruntersuchungen eine Sonderstellung in der Labormedizin ein,<br />
zumal der transfundierende Arzt außer dem Bedside- Test (siehe 4.2) keine Möglichkeiten hat, auf<br />
Grund von anderen laborchemischen Parametern bzw. dem klinischen Bild des Patienten falsche<br />
Ergebnisse blutgruppenserologischer Untersuchungen zu erkennen, wohingegen z. B. ein erhöhter<br />
Harnstoffwert ohne klinisches Korrelat einer Urämie, einer oligurischen Herzinsuffizienz o. ä.<br />
schnell auf eine mögliche Fehlbestimmung oder Verwechslung hinweisen würde. Zudem werden<br />
solche laborchemischen Parameter ohne klinischen Bezug in der Regel zunächst in<br />
Verlaufskontrollen überprüft, bevor therapeutische Konsequenzen gezogen werden.<br />
4.1 Grundprinzipien der immunhämatologischen Techniken<br />
Bei immunhämatologischen Techniken bedient man sich der Antigen-Antikörperreaktionen. um<br />
unbekannte Antigene mit bekannten Antikörpern nachzuweisen bzw. umgekehrt. Erythrozytäre<br />
Antigen-Antikörperreaktionen werden häufig über eine direkte Hämagglutination (sichtbare<br />
Verklumpung von Erythrozyten durch Antikörper) für das menschliche Auge makroskopisch bzw.<br />
mikroskopisch dargestellt. Dabei kann die Antigen-Antikörperreaktion unmittelbar zur<br />
Hämagglutination führen, sofern es sich um "komplette" Antikörper (meist IgM) handelt. Bei<br />
"inkompletten" Antikörpern (meist IgG) führt die erste Antigen-Antikörperreaktion nur zu einer<br />
Antikörperbeladung (Sensibilisierung) der Erythrozyten (1. Reaktionsphase in vitro). Erst<br />
Reaktionsverstärker (Supplememt. z. B. Albumin) führen über eine Annäherung der Erythrozyten<br />
untereinander zu einer Quervernetzung der Erythrozyten mit Hilfe der Erythrozytenantikörper oder<br />
aber Antihumanglobuline führen bei deren Anlagerung an die bereits gebundenen<br />
Erythrozytenantikörper zu einer interzellulären Brückenbildung (mittelbare Hämagglutination. 2.<br />
Reaktionsphase in vitro). Die COOMBS-Technik ist eine der Haupttechniken, um eine indirekte<br />
Hämagglutination nachzuweisen. Dabei werden Antikörper, die über eine Antigen-<br />
Antikörperreaktion an Erythrozyten gebunden sind, durch ein Antihumanglobulin (= COOMBS-<br />
Serum) nachgewiesen. Dabei reagiert das Antihumanglobulin (= Antikörper gegen menschliche<br />
Antikörper und Komplementfaktoren; von immunisierten Tieren gewonnen) mit den erythrozytär<br />
gebundenen Antikörpern bzw. den gebundenen Komplementfaktoren und führt dadurch zur<br />
Hämagglutination. Darüberhinaus kann eine erythrozytäre Antigen-Antikörperreaktion in selteneren<br />
Fällen statt zur Hämagglutination zur Hämolyse führen.
- 328 -<br />
4.2 Blutgruppenidentitätstest am Krankenbett (Bedside-Test) 131<br />
Dieser Test dient zur Kontrolle der AB0-Identität der Empfängererythrozyten, um Verwechslungen<br />
und sich daraus ergebende AB0-Inkompatibilitäten zu vermeiden. Dies ist von besonderer<br />
Bedeutung für die Sicherheit der Patienten bei Bluttransfusionen. da die Mehrzahl der tödlich<br />
verlaufenden AB0-Unvenräglichkeiten auf Patienten- bzw. Probenverwechslungen beruhen<br />
(Irrtumshäufigkeit ca. I auf 500 Konserven; über 60 % der transfusionsbedingten Todesfälle sind<br />
auf Verwechslungen zurückzuführen).<br />
In zeitlich gedrängten Notfallsituationen ist die Verwechslungsgefahr besonders groß. deshalb sollte<br />
der Bedside-Test gerade hierbei nie unterlassen werden. Dabei ist darauf zu achten, daß der<br />
Bedside- Test vom transfundierenden Arzt selbst oder unter seiner direkten Aufsicht unmittelbar am<br />
Patientenbett durchgeführt wird.<br />
Anmerkung: Der Bedside-Test ist keine ordnungsgemäße Blutgruppenbestimmung [3], da hier nur<br />
die AB0-Erythrozyteneigenschaften und nicht gleichzeitig die AB0-Serumeigenschaften bestimmt<br />
werden.<br />
4.2.1 Prinzip<br />
Direkter Hämagglutinationstest: Es werden staatlich geprüfte Testseren mit bekannten Antikörpern<br />
gegen die Blutgruppen A (Anti-A) und B (Anti-B) verwendet. Diese führen bei Vorhandensein der<br />
korrespondierenden Antigene auf den Erythrozyten direkt zur Hämagglutination.<br />
4.2.2 Durchführung<br />
a) Die Bedside-Karte ist mit Vor- und Zunamen des Patienten sowie seinem Geburtsdatum zu<br />
kennzeichnen (aktive Identitätssicherung!).<br />
b) Zwei Tropfen des jeweiligen Testserums (Anti-A bzw. Anti-B) werden auf das dafür<br />
vorgesehene Testfeld getropft. Daneben wird ein Blutstropfen des Patienten gegeben. Das<br />
Verhältnis der Größe des Blutstropfens zu der Größe des Antiserumtropfens sollte etwa 1:2<br />
betragen.<br />
c) Mit einem Plastikstäbchen wird der Blutstropfen mit dem Anti-A-Serum vermischt und über<br />
das gesamte Testfeld verteilt. Anschließend wird das Plastikstäbchen gründlich mit einem<br />
Wattetupfer gereinigt und der Vorgang mit dem Anti-B-Serum auf dem nächsten Testfeld<br />
wiederholt.
- 329 -<br />
d) Anschließend wird die Karte etwa zwei Minuten vorsichtig hin und her geneigt. wobei die<br />
Testgemische nicht über die Ränder der Felder laufen dürfen.<br />
4.2.3 Fehlerquellen<br />
- Probenverwechslungen<br />
- Falsch positives Ergebnis als Folge beschleunigten Eintrocknens<br />
- Unzureichendes Ausstreichen des Antiserum-Blut-Gemisches<br />
- Falsches Mischungsverhältnis zwischen Blut und Antiserum (siehe oben)<br />
- Verlaufen der Testgemische über die Ränder der Testfelder<br />
- Aufrauhen des Kartons der Testkarte durch das Rührstäbchen<br />
- Verschleppen von Antiserum durch das Rührstäbchen<br />
- Gerinnselbildung<br />
- Kontamination der Antiseren<br />
4.2.4 Auswertung<br />
Es wird auf Agglutination abgelesen. Die Reaktionen werden protokolliert<br />
(Dokumentationspflicht!). [3]<br />
4.3 Die Serologische Verträglichkeitsprobe (= "Kreuzprobe". Kompatibilitätstest) [3]<br />
Die Verträglichkeitsprobe soll in vitro (Reagenzglas) die Verträglichkeit (Kompatibilität) einer<br />
Blutkonserve für einen bestimmten Blutempfänger sicherstellen. Ihr Ziel ist die Erfassung von<br />
erythrozytären Antikörpern. die zu einer Transfusionsreaktion führen können. Sie muß vor jeder<br />
Bluttransfusion durchgeführt werden. Von dieser Regel kann nur dann abgewichen wer- den, wenn<br />
nicht genügend Zeit zur Durchführung der serologischen Verträglichkeitsprobe zur Verfügung<br />
steht. da der Patient ohne Bluttransfusion bis zum Vorliegen der Ergebnisse der<br />
Kompatibilitätstestung sonst auf Grund seines Blutverlustes versterben oder schweren Schaden<br />
erleiden würde. Der transfundierende Arzt muß das Risiko der vitalen Gefährdung des Patienten auf<br />
Grund einer nicht durchgeführten Bluttransfusion gegen das Risiko einer inkompatiblen<br />
Bluttransfusion und damit die Gefahr einer möglicherweise tödlichen Transfusionsreaktion<br />
abwägen. .<br />
Bei der Gabe von "ungekreuztem" Blut muß derzeit in ca. .1,1 % der Fälle mit
- 330 -<br />
einer hämolytischen Transfusionsreaktion gerechnet werden.<br />
4.3.1 Prinzip<br />
Erythrozytäre Antikörper werden über eine direkte oder indirekte Hämagglutination bzw. Hämolyse<br />
nachgewiesen. Dabei werden die Reaktionsbedingungen für die Antigen-Antikörperreaktion so<br />
gewählt, daß möglichst alle transfusionsmedizinisch relevanten Antikörper durch die Melhode<br />
erfaßt werden können.<br />
Man unterscheidet einen Major- und einen Minor-Ansatz.<br />
Als negative Kontrolle wird ein Eigenansatz mitgeführt.<br />
Major-Test<br />
Es wird die Verträglichkeit der Spendererythrozyten mit dem Empfängerserum überprüft. Bei<br />
positivem Ausfall liegt eine Major-Inkompatibilität vor. Sie ist klinisch relevant, da bei einer<br />
Transfusion eine lebensbedrohliche Transfusionsreaktion zu erwarten ist. Hierbei würde eine große<br />
Menge von Antikörpern des Empfängers auf inkompatible Spendererythrozyten treffen und diese<br />
Iysieren.<br />
Minor-Test<br />
Es wird die Verträglichkeit der Empfängererythrozyten mit dem Spenderserum überprüft. Der<br />
Minor-Test kann entfallen. wenn bei dem Spender ein Antikörpersuchtest (siehe 4.4) durchgeführt<br />
worden ist. Bei positivem Ausfall liegt eine Minor-lnkompatibilität vor. Sie ist klinisch weniger<br />
relevant. Hierbei würde eine kleine Menge von Antikörpern des Spenders (Erythrozytenkonzentrat)<br />
auf inkompatible Empfängererythrozyten treffen. Aufgrund der geringen Menge von Antikörpern<br />
und des zusätzlichen Verdünnungseffektes beim Empfänger wird im allgemeinen keine fatale<br />
Transfusionsreaktion ausgelöst.<br />
Eigenprobe<br />
Sie dient als negative Kontrolle und überprüft die "Verträglichkeil der Empfängererythrozyten mit<br />
dem eigenen Empfängerserum.<br />
Die Verträglichkeitsprobe kann auf unterschiedliche Weise durchgeführt werden. Der Drei-<br />
Stufentest wird in vielen Labors in verschiedenen Modifika-
tionen angewandt.<br />
- 331 -<br />
Hier soll nur das prinzipielle Vorgehen dargestellt werden.<br />
4.3.2 Der Drei-Stufentest als Minor-Ansatz: (siehe Abbildung I)<br />
1. Stufe (Auffinden von kompletten Antikörpern): Patientenserum (Empfänger) wird mit<br />
Spendererythrozyten vorsichtig gemischt und bei Raumtemperatur inkubiert. Anschließend wird<br />
zentrifugiert und auf Hämolyse und Agglutination (=direkte) geprüft.<br />
2. Stufe (Antikörperbeladungsphase des indirekten COOMBS- Tests; sieht Abbildung 2): Man gibt<br />
nun zu diesem Ansatz einen Reaktionsverstärker (Supplement), der die Antigen-Antikörperreaktion<br />
verstärkt, mischt vorsichtig und inkubiert bei 37° C, zentrifugiert und liest auf Hämolyse und<br />
Agglutination (= indirekte) ab.<br />
3. Stufe (ldentifikation inkompletter Antikörper in der Agglutinationsphase des indirekten<br />
COOMBS-Tests; siehe Abbildung 2): Die Spendererythrozyten des Ansatzes werden 3 mal mit<br />
physiologjscher Kochsalzlösung gewaschen. Antihumanglobulin (COOMBS Serum) wird<br />
zugegeben, vorsichtig gemischt, zentrifugiert und auf Hämolyse und Agglutination (indirekte)<br />
abgelesen. Der Waschprozeß dient dazu, humane Globuline des Empfängerserums, die nicht<br />
spezifisch an die Erythrozyten über eine Antigen-Antikörperreaktion gebunden sind. zu entfernen.<br />
Ohne Waschprozeß würden diese nicht spezifisch gebundenen Globuline das Antihumanglobulin<br />
"neutralisieren" (verbrauchen). Damit könnten die Antikörper, die spezifisch an erythrozytäre<br />
Antigene gebunden sind, nicht über den Antihumanglobulintest nachgewiesen werden.<br />
"4. Stufe" (COOMBS-Kontrolle): Bei negativer 3. Stufe werden COOMBS-Kontrollzellen zum<br />
Ansatz gegeben, vorsichtig gemischt und auf Hämolyse und Agglutination abgelesen. Dieser<br />
Untersuchungsschritt überprüft als positive Kontrolle die Funktionsfähigkeit der 3. Stufe, indem<br />
Testerythrozyten, die mit inkompletten Antikörpern beladen sind, im Anschluß an die 3. Stufe zum<br />
Ansatz gegeben werden und zur Agglutination führen.
4.3.3 Fehlerquellen<br />
- Verwechslung der Blutproben<br />
- Schlechtes Waschen nach der 2. Saufe<br />
- Falsch beschriftete Testansätze<br />
- Falsches Aufschütteln und Ablesen<br />
- Gerinnselbildung<br />
- 332 -<br />
- Unsauberes Arbeitsmaterial und Reagenzien<br />
- Falsche Blutgruppenbestimmung<br />
- Hämolytisches Blut oder zu alte Blutprobe (siehe 4.3.5)<br />
4.3.4 Auswertung<br />
Die serologische Verträglichkeitsprobe im Drei-Stufentest ist negativ, wenn in den ersten drei<br />
Stufen weder eine Agglutination, noch eine Hämolyse auftritt. Zudem muß die "4. Stufe" (positive<br />
Kontrolle) zur Agglutination führen.<br />
Tritt in einer der drei ersten Stufen eine Agglutination bzw. eine Hämolyse auf, so darf das<br />
Spenderblut in der Regel nicht transfundiert werden. Agglutination bzw. Hämolyse in den einzelnen<br />
Stufen der Verträglichkeitsprobe können vereinfachend dargestellt folgende Ursachen haben:<br />
1. Stufe (Kochsalzmilieu, Raumtemperatur): Unverträglichkeit im AB0-System, Unverträglichkeit<br />
durch komplette Antikörper gegen andere erythrozytäre Antigene, Kälteautoantikörper.<br />
2. Stufe (Aufladungsphase bei 37° C): Unverträglichkeit durch inkomplette Antikörper (am<br />
häufigsten Rhesusantikörper und Anti-Keil), Autoantikkörper.<br />
3. Stufe (COOMBS-Phase): Unverträglichkeit durch inkomplette Antikörper (am häufigsten<br />
Rhesusantikörper und Anti-Kell), Autoantikörper.<br />
Die Eigenprobe muß in allen 3 Stufen der serologischen Verträglichkeitsprobe negativ sein. Bei<br />
positivem Ergebnis müssen weitere Untersuchungen angeschlossen werden (siehe 4.6).
- 333 -
4.3.5 Bewertung<br />
- 334 -<br />
Die serologische Verträglichkeitsprobe spiegelt den serologischen Status des Patienten zum<br />
Zeitpunkt der Blutabnahme wider (ausschließlich bzgl. erythrozytärer Antikörper). Primäre<br />
Immunisierungen gegen erythrozytäre Antigene können in der Regel 3-4 Wochen nach der<br />
Antigenexposition serologisch nachgewiesen werden. Wird ein Individuum primär immunisiert, so<br />
nimmt der Antikörpertiter (Antikörperkonzentration) im Laufe der Zeit (Monate bis Jahre) wieder<br />
ab, bis der Antikörper serologisch nicht mehr nachweisbar ist. Bei erneuter Antigenexposition kann<br />
das Individuum innerhalb kürzester Zeit (z. B. innerhalb eines Tages) erneut serologisch<br />
nachweisbare Antikörpennengen bilden (anamnestische Reaktion; Boosterung; sekundäre<br />
Immunisierung).<br />
Um protrahierte Transfusionsreaktionen infolge anamnestischer Antikörperbildung zu verhindern,<br />
ist es wichtig, daß der behandelnde Arzt eine Transfusions- und Schwangerschaftsanamnese erhebt<br />
und diese dem Bluttransfusionsdienst bzw. dem "Kreuzlabor" mitteilt. Dabei ist besonders die<br />
Angabe von früher festgestellten, irregulären Antikörpern wichtig. Eine weitere<br />
Sicherheitsmaßnahme zur Verhinderung von anamnestischen Transfusionsreaktionen ist die<br />
Durchführung der serologischen Verträglichkeitsprobe für weitere Transfusionen nach spätestens 3<br />
Tagen mit einer frisch entnommenen Empfängerblutprobe. [13]<br />
4.4 Antikörpersuchtest<br />
Er dient dem Nachweis von irregulären. erythrozytären Antikörpern im Se- rum eines Probanden.<br />
Er muß bei jeder Blutgruppenbestimmung durchgeführt werden. Außerdem wird der<br />
Antikörpersuchtest im Rahmen der blutgruppenserologischen Mutterschaftsvorsorge eingesetzt<br />
(nach Feststellung der Schwangerschaft. sowie in der 24.- 27. SSW). [4]<br />
4.4.1 Prinzip<br />
Die Antikörper werden über eine Hämagglutination nachgewiesen. Dazu wird das Probandenserum<br />
mit 2-3 verschiedenen Testerythrozytensuspensionen inkubiert. Die zum Antikörpersuchtest<br />
verwendeten Testerythrozyten müssen die klinisch wichtigsten Antigene aufweisen (siehe<br />
3.2.3.3.3:4) und gehören der Blutgruppe 0 an (damit brauchen die Isoagglutinine (siehe 3.1.2) der<br />
Pro-
- 335 -<br />
banden nicht beachtet werden). Damit eine optimale Antigen-Antikörperreaktion erfolgen kann,<br />
müssen die günstigsten Reaktionsbedingungen ausgewählt werden. In der Regel wird der<br />
Antikörpersuchtest in der Technik des Drei- Stufentests (siehe 4.3.2) durchgeführt.<br />
4.4.2 Auswertung<br />
Siehe 4.3.4. Bei positivem Antikörpersuchtest muß eine Amikörperdifferenzierung angeschlossen<br />
werden. um die Antikörperspezifität (z. ß. Anti-D, Anti-KeIl etc.) festzulegen und die<br />
entsprechenden Konsequenzen für zukünftige Bluttransfusionen (Spenderblut ohne das<br />
korrespondierende Antigen) oder für die Überwachung/Therapie einer bestehenden<br />
Schwangerschaft zu ziehen.<br />
4.5 Antikörperdifferenzierung<br />
Diese Untersuchung hat das gleiche Prinzip wie der Antikörpersuchtest, jedoch werden 8 -12<br />
verschiedene Testerythrozytensuspensionen (u. U. jedoch auch mehr) mit bekanntem<br />
Antigenmuster (z. B. Testzelle 1: CCD.ec, KK, Fy(a+b-), Le(a+b-), ...; Testzelle II: ccddee, kk,<br />
Fy(a-b+), Le(a-b-), ...; etc.) verwendet. Auf Grund der Reaktivität des Probandenserums mit den<br />
verschiedenen (antigenen) Testerythrozyten kann auf die Antikörperspezifität geschlossen werden.<br />
Antikörperdifferenzierungen sind sehr zeitaufwendig und setzen beim Untersucher gute<br />
theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrung voraus, so daß diese Untersuchungen meist<br />
speziellen blutgruppenserologischen Laboratorien der Blutransfusionsdienste vorbehalten bleiben.
- 336
4.6 Direkter COOMBS- Test<br />
- 337 -<br />
Dient zum Nachweis von inkompletten Antikörpern, die bereits in vivo an erythrozytäre Antigene<br />
gebunden worden sind. Außerdem können Komplementfaktoren, die nach einer abgelaufenen<br />
Antigen-Antikörperreaktion an die Erythrozytenmembran gebunden worden sind, nachgewiesen<br />
werden. Der direkte COOMBS-Test wird zur Abklärung von hämolytischen Anämien, zur<br />
Abklärung von Transfusionsreaktionen, zur Abklärung einer positiven Eigenprobe (siehe 4.3.1 u.<br />
4.3.4) und als Screening-Test bei Neugeborenen eingesetzt, wenn die Mutter Rhesus negativ ist<br />
oder die Blutgruppe 0 besitzt. oder bei der Mutter früher irreguläre Antikörper nachweisbar waren<br />
(Mutterpaß, Anamnese).<br />
4.6.1 Prinzip<br />
lnkomplette Antikörper (bzw. Komplementfaktoren), die sich in vivo an Erythrozytenantigene<br />
gebunden haben, werden durch Zugabe von COOMBS-Serum (= Antihumanglobulin) dargestellt.<br />
Dabei reagieren die Antikörper des COOMBS-Serums mit den Antikörpern bzw.<br />
Komplementfaktoren auf den Erythrozyten und führen zu einer Hämagglutination (siehe Abbildung<br />
3).<br />
4.6.2 Durchführung<br />
Die Patientenerythrozyten werden 3mal mit physiologischer Kochsalzlösung gewaschen,<br />
Antihumanglobulin (COOMBS-Serum) zugegeben, vorsichtig gemischt, zentrifugiert und auf<br />
Hämolyse und Agglutination abgelesen. Der Waschprozeß dient dazu. humane Globuline des<br />
Empfängerserums. die nicht an die Erythrozyten über eine Antigen-Antikörperreaktion gebunden<br />
sind. zu entfernen. Ohne Waschprozeß würden diese nicht spezifisch gebundenen Globuline das<br />
Antihumanglobulin "neutralisieren" (verbrauchen). Damil könnten die Antikörper, die spezifisch an<br />
erythrozytäre Antigene gebunden sind, nicht über den Antihumanglobulintest nachgewiesen<br />
werden.<br />
Bei negativem Reaktionsausfall werden COOMBS-Kontrollzellen zum Ansatz gegeben, vorsichtig<br />
gemischt und auf Agglutination und Hämolyse abgelesen. Dieser Untersuchungsschritt überprüft als<br />
positive Kontrolle den Test. indem Testerythrozyten, die mit inkompletten Antikörpern beladenen<br />
sind, zum Ansatz gegeben werden und zur Agglutination führen.
4.6.3 Fehlerquellen<br />
- Verwechslung der Blutproben<br />
- 338 –<br />
- Unzureichendes Waschen der Erythrozytensuspension<br />
- Hämolysierte oder zu alte Blutprobe<br />
- Unsauberes Arbeitsmaterial und Reagenzien<br />
- Falsches Aufschütteln und Ablesen<br />
- Gerinnselbildung<br />
- Prozone-Phänomen (Überschusshemmung)<br />
4.6.4 Untersuchungsmaterial und Reagenzien<br />
5 ml EDTA-Blut (möglichst nicht älter als 3 Tage)<br />
4.6.5 Auswertung<br />
Agglutination der Patientenerythrozyten ( =direkter COOMBS-Test) positiv, d. h. die untersuchten<br />
Erythrozyten sind mit inkompletten Antikörpern bzw. Komplementfaktoren in vivo beladen.
4.6.6 Diskussion<br />
- 339 –<br />
Der direkte COOMBS- Test ist in der Regel bei immunhämolytischen Anämien positiv. Zu den<br />
immunhämolytischen Anämien zählen:<br />
- Autoimmunhämolytische Anämien - Morbus haemolyticus neonatorum<br />
- Hämolytische Transfusionsreaktionen<br />
- Medikamentös bedingte Immunhämolysen<br />
5 Histokompatibilität und HLA-System<br />
5.1 Einführung [110,111]<br />
Das HLA-System (HLA = human leukocyte antigens) stellt den Haupthistokompatibilitätskomplex<br />
(= MHC = major histocompatibility complex) des Menschen dar und beeinflußt damit die<br />
Abstoßung von Organtransplantaten auf Grund von immunologischen Mechanismen. Die Gene des<br />
HLA-Systems sind auf dem kurzen Arm des Chromosom 6 im menschlichen Genom lokalisiert und<br />
weisen eine extrem multiple Allelie auf.<br />
Den verschiedenen Genen (Genotyp) können entsprechende HLA-Antigene (Phänotyp) zugeordnet<br />
werden. Folgende Einteilung ist derzeit üblich [7]:<br />
Klasse-I-Antigene<br />
Hierzu gehören die klassischen serologisch definierten Merkmale folgender Loci (Genorte): HLA-A<br />
(derzeit 24 verschiedene Antigene definiert), HLA-B (50 Antigene). HLA-C (11 Antigene). Diese<br />
Antigene sind auf allen kernhaltigen Zellen des Organismus sowie auf Thrombozyten zu finden.<br />
Klasse-II-Antigene<br />
Hierzu zählen HLA-D (26 Antigene). HLA-DR (20 Antigene), HLA-DQ (9 Antigene). HLA-DP (6<br />
Antigene). Diese Antigene befinden sich hauptsächlich auf B-Lymphozyten, Monozyten,<br />
Makrophagen stimulierten T -Lymphozyten. Epidermiszellen und Spermien.
Klasse-III-Produkte<br />
- 340 -<br />
Komplementfaktoren C2, C4A, C4B, Properdinfaktor B (Bf).<br />
5.2 Methoden zum Nachweis von HLA-Antigenen und HLA-Antikörpern [18. 10]<br />
HLA-Antigene der MHC-Klassc-I und -II können am sichersten an isolierten lebenden<br />
mononukleären Zellen aus dem Blut, der Milz oder Lymphknotenl nachgewiesen werden. Die<br />
MHC-Klasse-III-Antigene können über Elektrophoresen des Serums nachgewiesen werden.<br />
Es stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Als Beispiele seien folgende Techniken<br />
angeführt:<br />
Lymphozytotoxizitätstest (= LCT)<br />
Dieser Test wird zum Nachweis von HLA-Antigenen oder HLA-Antikörpern eingesetzt.<br />
Prinzip: Lymphozytotoxische Antikörper reagieren mit den korrespondierenden Antigenen auf den<br />
Lymphozyten in-vitro. Die Antigen-Antikörperkomplexe auf den Lymphozyten aktivieren die<br />
Komplementkaskade, was zu einer Zellmembranschädigung der Lymphozyten führt. Durch Zusatz<br />
eines Vitalfarbstoffes (Eosin) wird die Folge der Antigen-Antikörperreaktion sichtbar gemacht: Nur<br />
die letal geschädigten Zellen werden angefärbt. Die Auswertung erfolgt im Phasenkontrast-<br />
Umkehrmikroskop.<br />
Gemischte Lymphozyten-Kultur (MLC = mixed Iymphocyte culture)<br />
Dieser Test wird durchgeführt, um eine immunologische Voraussage über einen<br />
Transplantationserfolg zu treffen.<br />
Prinzip: Lymphozyten, die sich in Antigenen der HLA-D-Region unterscheiden, können sich in der<br />
gemischten Lymphozytenkultur (MLC) gegenseitig zur Proliferation anregen. Das Ausmaß der<br />
Zellproliferation kann bestimmt werden, indem man radioaktiv markiertes Thymidin in die Kultur<br />
einbringt und dessen Einbau in die Zellkerne mißt. Durch Vorbestrahlung einer der beiden<br />
Lymphozytenpopulationen (= Stimulatorzellen) werden diese an der
- 341 -<br />
Proliferation gehemmt, und man kann selektiv die Reaktion der anderen Zellpopulation (=<br />
Responderzellen) beurteilen. lnkubationsdauer: ca. 7 Tage. Eine positive Reaktion weist auf eine<br />
HLA-D-Unverträglichkeit hin.<br />
5.3 Derzeitige klinische Bedeutung des HLA-Systems<br />
Die Bestimmung der HLA-Antigene und -Antikörper hat derzeit folgende<br />
Hauptanwendungsbereiche [7, 8, 11]<br />
- Auswahl kompatibler Organspender/-empfänger (HLA-A-, -B-, -C-, -DR- Kompatibilität<br />
sowie HLA-Kreuzprobe = crossmatch) für Organtransplantationen (Niere, Leber, Herz,<br />
Knochenmark)<br />
- Spenderauswahl für Transfusionen von Thrombozyten und Granulozyten im Rahmen von<br />
Knochenmarkstransplantationen und im Rahmen der allgemeinen Onkologie (insbesondere, wenn<br />
der Patient gegenüber Thrombozytensubstitutionen auf Grund von HLA-Antikörpern refraktär<br />
geworden ist)<br />
- Abklärung von nichthämolytischen Transfusionsreaktionen (Bei Nachweis von<br />
Iymphozytotoxischen Antikörpern sollte der Patient künftig ausschließlich leuko- und<br />
thrombozytenarme Erythrozytenkonzentrate erhalten.)<br />
- Assoziation von HLA-Antigenen und bestimmten Erkrankungen als zusätzliches<br />
Diagnostikum (z. B. Narkolepsie, Morbus Bechterew, Morbus Reiter, Zöliakie, juveniler Diabetes<br />
mellitus, Psoriasis vulgaris, Sicca-Syndrom, Idiopathische Hämochromatose, Adrenogenitales<br />
Syndrom)<br />
- Abklärung habitueller, immunologisch (HLA) bedingter Frühaborte<br />
6 Literatur<br />
6.1 Einführende Literatur<br />
[1] Frey-Wettstein. M.. Barandun. S., Bucher. U., Büttler. R., Metaxas. M.<br />
Die Bluttransfusion<br />
Ein Vademecum. Karger. Basel (19Mb)<br />
[2] Lenz. W.<br />
Medizinische Genetik, Thieme, Stuttgart 6. Aufl. (1982)<br />
[3] RICHTLINIEN ZUR BLUTGRUPPENBESTIMMUNG UND BLUTTRANSFUSION<br />
Herausgegeben von der Bundesärztekammer, Deutscher Ärzteverlag. Köln (Neufassung 1987)
- 342 -<br />
[4] Mutterschafts-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen<br />
Fassung vom 09. April 1991, veröffentlicht im Bundesarbeitsblatt 6/1991 vom 31. Mai 1991<br />
[5] Roitl. I. M.<br />
Kurzes Lehrbuch der Immunologie<br />
Thieme, Stuttgart (1987)<br />
[6] Spielmann. W.<br />
Transfusionskunde<br />
Thieme. Stuttgart 3. Aufl. (1982)<br />
6.2 Weiterführende Literatur<br />
[7] Alben. E.D., Baur, M.P., Mayr, W.R.<br />
Histocompatibility Testing 1984<br />
Springer, Berlin (1984)<br />
[8] Mallory, D., Hackel, E., Fawcett, K.<br />
HLA Techniques für Blood Bankers,<br />
AABB, Arlington, Virginia (1984)<br />
[9] Metaxas-Böhler, M.<br />
Blutgruppen und Transfusion: Theorie und Praxix<br />
Huber, Bern (1986)<br />
[10] Müller-Eckhardt. C.<br />
Transfusionsmedizin<br />
Springer, Berlin (1988)<br />
[11] Prokop, 0., Göhler, W.<br />
Die menschlichen Blutgruppen<br />
Fischer, Jena 5. Aufl. (1986)<br />
[12] Reissigl, H., Schönitzerm, D.<br />
Die Bluttransfusion<br />
Karger, Basel (1986)<br />
[13] Schneider, W., Schorer, R.<br />
Klinische Transfusionsmedizin,<br />
edition medizin, Weinheim (1982)