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NZB 04/2013

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APRIL <strong>2013</strong><br />

N I E D E R S Ä C H S I S C H E S<br />

ZAHNÄRZ TEBLATT<br />

4<br />

18<br />

30<br />

34<br />

Kollateralschaden<br />

Versorgung einer<br />

jugendlichen Patientin<br />

mit Amelogenesis<br />

imperfecta<br />

Möglichkeiten und<br />

Grenzen des Zahnerhalts<br />

bei Milchzähnen<br />

Therapieoptionen<br />

im Milchgebiss


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Dr. Armin Nedjat


Alterszahnmedizin als eine Herausforderung<br />

der demografischen Entwicklung<br />

Der demographische Wandel stellt auch unser<br />

Gesundheitssystem vor große Herausforderungen.<br />

Vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl älterer<br />

und hochbetagter Menschen müssen wir unter anderem<br />

definieren, wie die Seniorenzahnmedizin der Zukunft aussehen<br />

muss. Dies umso mehr, als auch die Senioren keine<br />

homogene Bevölkerungsgruppe darstellen. Altern geht nicht<br />

zwangsläufig mit Krankheit und Gebrechlichkeit einher. So<br />

ist im Bereich der Zahnmedizin zum Beispiel festzustellen,<br />

dass aufgrund besserer Prävention noch viele Senioren<br />

über eigene Zähne verfügen. Zugleich wird jedoch der<br />

Bevölkerungsanteil der Menschen, die chronisch krank,<br />

multimorbid oder pflegebedürftig sind, deutlich zunehmen,<br />

mit unmittelbaren Konsequenzen für die Zahngesundheit.<br />

Zum Beispiel lässt sich ein deutlicher Anstieg der Parodontitis<br />

bei Senioren beobachten, die zu Wechselwirkungen<br />

mit anderen Erkrankungen führen kann. Weiterhin können<br />

bestimmte Verhaltensmuster, aber auch medikamentöse<br />

Therapien sowie bestimmte Krankheitsbilder im Alter<br />

spezielle Mundgesundheitsprobleme auslösen. Auch die<br />

Mundhygiene spielt eine bedeutende Rolle. Eine regelmäßige<br />

Mund- und Prothesenpflege ist unerlässlich. Dies gilt<br />

in besonderer Weise für pflegebedürftige Menschen. Dafür<br />

ist eine gute Abstimmung und Zusammenarbeit zwischen<br />

Zahnmedizinerinnen und Zahnmedizinern sowie Pflegefachkräften<br />

erforderlich. Hilfestellung ist auch dann vonnöten,<br />

wenn zum Beispiel auf Grund von Koordinationsstörungen<br />

die motorischen Voraussetzungen für das Zähneputzen nicht<br />

mehr vorhanden sind, dieses Problem wird oft unterschätzt.<br />

Auch die möglicherweise eingeschränkte Mobilität der<br />

älteren Patienten, die es ihnen unter Umständen erschwert<br />

bis unmöglich macht, in die Praxis zu kommen, muss in<br />

diesem Zusammenhang in Betracht gezogen werden. Neben<br />

dem gesundheitlichen Aspekt sind immer auch mögliche<br />

psychische Auswirkungen zu berücksichtigen, da etwa die<br />

Voraussetzungen, verständlich zu sprechen oder Nahrung<br />

kauen zu können, einen wichtigen Teil der Lebensqualität<br />

ausmachen.<br />

Derzeit ist in Deutschland eine Ausbildung in Seniorenzahnmedizin<br />

nicht verpflichtend in der Approbationsordnung<br />

© ms-niedersachsen<br />

festgeschrieben. Angesichts der eingangs skizzierten<br />

Bevölkerungsentwicklung ist es jedoch geboten, eine<br />

kontinuierliche Weiterentwicklung der zahnmedizinischen<br />

Aus- und Weiterbildung zu gewährleisten, um den speziellen<br />

Bedürfnissen älterer Menschen Rechnung tragen zu können.<br />

Schon jetzt gibt es auf kommunaler Ebene erste Ansätze,<br />

sich mit diesem wichtigen Thema zu beschäftigen.<br />

Am 26. April <strong>2013</strong> wird in der Zahnärztlichen Akademie in<br />

Hannover der erste interdisziplinäre Kongress zum Thema<br />

Alterszahnmedizin und Altenpflege stattfinden. Bisher<br />

arbeiten Zahnmediziner sowie Pflegekräfte im Alltag noch<br />

weitgehend unabhängig von einander. Dabei liegt auf<br />

der Hand, dass sich aus einem regelmäßigen Austausch<br />

wichtige Synergieeffekte zugunsten der Patientinnen und<br />

Patienten ergeben können. Genau an dieser Stelle will der<br />

Kongress ansetzen. Durch das Zusammentreffen und den<br />

wechselseitigen Austausch soll das gegenseitige Verständnis<br />

gefördert werden. Insofern bietet diese Veranstaltung eine<br />

gute Gelegenheit für alle Akteure, miteinander ins Gespräch<br />

zu kommen. Angesichts der Bedeutung des Themas, die in<br />

Zukunft noch zunehmen wird, wünsche ich diesem interessanten<br />

Kongress viele Besucherinnen und Besucher. <br />

— Cornelia Rundt, Sozialministerin<br />

Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie,<br />

Gesundheit und Integration<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | E D I T O R I A L<br />

1<br />

E D I T O R I A L


I M P R E S S U M<br />

NIEDERSÄCHSISCHES ZAHNÄRZTEBLATT – 48. Jahrgang<br />

Monatszeitschrift niedersächsischer Zahnärztinnen und Zahnärzte mit<br />

amtlichen Mitteilungen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen<br />

(KZVN), erscheint elfmal jährlich, jeweils zum 15. eines jeden Monats.<br />

HERAUSGEBER<br />

Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen<br />

Zeißstraße 11, 30519 Hannover;<br />

Postfach 81 03 64, 30503 Hannover;<br />

Tel.: 0511 8405-0, Internet: www.kzvn.de<br />

REDAKTIONSBÜRO<br />

Niedersächsisches Zahnärzteblatt (<strong>NZB</strong>),<br />

c/o KZVN, Heike Philipp, Zeißstraße 11, 30519 Hannover;<br />

Tel.: 0511 8405-207; Fax: 0511 8405-262;<br />

E-Mail: nzb-redaktion@kzvn.de<br />

REDAKTION<br />

Dr. Lutz Riefenstahl, Redaktionsleiter (lr)<br />

Breite Straße 2 B, 31028 Gronau<br />

Tel.: 05182 921719; Fax: 05182 921792<br />

E-Mail: riefenstahl@kzvn.de<br />

Dr. Michael Loewener (loe)<br />

Rabensberg 17, 30900 Wedemark<br />

Tel.: 05130 953035; Fax: 05130 953036<br />

E-Mail: dr.loewener@yahoo.de<br />

STÄNDIGE MITARBEITERIN DER REDAKTION<br />

Elke Steenblock-Dralle (st-dr)<br />

c/o KZVN, Zeißstraße 11, 30519 Hannover<br />

E-Mail: info@kzvn.de<br />

GESAMTHERSTELLUNG<br />

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Steinbruchstraße 8c, 30629 Hannover<br />

Tel.: 0511 95478-0; Fax: 0511 95478 -78<br />

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E-Mail: heinz.neumann@rheinland-mediaberatung.de<br />

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Barbara Podgorski, Tel.: 0511 8405-135<br />

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Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen,<br />

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Viola Soltysiak, Tel.: 0511 8405-268<br />

E-Mail: nzb-abo@kzvn.de<br />

REDAKTIONSHINWEISE<br />

Mit Verfassernamen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die<br />

Meinung der Redaktion wieder. Produktinformationen werden nach bestem<br />

Wissen veröffentlicht, jedoch ohne Gewähr. Alle Rechte des Nachdrucks und<br />

der fotomechanischen Wiedergabe, auch auszugsweise, nur mit vorheriger<br />

Genehmigung der <strong>NZB</strong>-Redaktion. Für unverlangte Fotos wird keine Gewähr<br />

übernommen. Die Redaktion behält sich bei allen Beiträgen das Recht auf<br />

Kürzungen vor. – Das Editorial wird von den Autoren in Eigenverantwortung<br />

verfasst und unterliegt nicht der presserechtlichen Verantwortung der<br />

Redaktion.<br />

BEZUGSBEDINGUNGEN<br />

Der Bezugspreis für Mitglieder ist durch den Beitrag abgegolten.<br />

Nichtmitglieder der Körperschaften erhalten das Jahresabonnement zu<br />

39,60 EUR, Einzelheft 3,30 EUR, inklusive Versandkosten. ISSN 1863-3145<br />

2 I M P R E S S U M | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

ANSCHRIFT<br />

Niedersächsisches Zahnärzteblatt (<strong>NZB</strong>),<br />

c/o KZVN, Heike Philipp,<br />

Zeißstraße 11,<br />

30519 Hannover<br />

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nzb-redaktion@kzvn.de<br />

TELEFON<br />

0511 8405-207<br />

Verspätet eingegangene Manuskripte können nicht<br />

berücksichtigt werden.<br />

REDAKTIONSSCHLUSS<br />

Heft 06/13: 8. Mai <strong>2013</strong><br />

Heft 07, 08/13: 13. Juni <strong>2013</strong><br />

Heft 09/13: 12. August <strong>2013</strong><br />

4<br />

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EDITORIAL<br />

1 Cornelia Rundt:<br />

Alterszahnmedizin als eine<br />

Herausforderung der<br />

demografischen Entwicklung<br />

10<br />

POLITISCHES<br />

4 Bürgerversicherung<br />

Kollateralschaden<br />

7 Evidenzbasierter Prüfstein<br />

PKV-Studie sieht duales System im<br />

Ländervergleich klar überlegen<br />

10 Subsidiarität in Not – Europa greift<br />

nach unserem Gesundheitssystem<br />

14 Koordinierungskonferenz<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:<br />

Risikogruppen erreichen –<br />

ein gesamtgesellschaftliches Problem<br />

15 Tagung der PAR-Obergutachter und<br />

PAR-Referenten<br />

15 Geht doch!<br />

18<br />

14 16<br />

16 Neuer Fortbildungsgang der Akademie<br />

für freiberufliche Selbstverwaltung und<br />

Praxismanagement<br />

17 Zahnärzte bewerten Krankenkassen<br />

Online-Umfrage der Kassenzahnärztlichen<br />

Bundesvereinigung (KZBV)<br />

FACHLICHES<br />

18 Versorgung einer jugendlichen<br />

Patientin mit Amelogenesis imperfecta<br />

23 Behandlungsmöglichkeiten bei<br />

„Molar-Incisor-Hypomineralisation“<br />

30 Möglichkeiten und Grenzen des<br />

Zahnerhalts bei Milchzähnen<br />

34 Therapieoptionen im Milchgebiss<br />

Praktische Tipps zur<br />

Kinderzahnheilkunde für Generalisten<br />

37 Bekanntmachung der<br />

nächsten ordentlichen Sitzung der<br />

Vertreterversammlung der KZVN<br />

38 Sedierung mit Lachgas in der<br />

Zahnarztpraxis<br />

23<br />

41 Kooperation mit der Deutschen<br />

Knochenmarkspenderdatei<br />

Patienten-Information in Ihrer Praxis<br />

42 Steril – steriler – am sterilsten<br />

44 Bedeutung einer Tugendethik<br />

für die gegenwärtige<br />

Zahn-Medizin-Ethik – Teil 2:<br />

Das für den Patienten Gute als<br />

Zweckerfüllung klinischer Medizin<br />

46 Das war die IDS <strong>2013</strong> in Zahlen<br />

47 Rechtstipp:<br />

Der angestellte Zahnarzt (Assistent)<br />

und seine rechtliche Außenwirkung<br />

48 Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />

– Aktuelle Urteile aus der Arbeitswelt<br />

– Aktuelle Urteile aus dem Sozialrecht<br />

TERMINLICHES<br />

49 Termine<br />

PERSÖNLICHES<br />

49 Dr. Joachim Wömpner wurde<br />

65 Jahre jung<br />

KZVN<br />

50 Niederlassungshinweise<br />

KLEINANZEIGEN<br />

52 Kleinanzeigen<br />

© Fotos Titel/Inhaltsverzeichnis: <strong>NZB</strong>-Archiv; © franklin lugenbeel/iStockphoto.com; © ZFZ; © Dr. S. Feierabend; © R. Otto; © querbeet/iStockphoto.com, © Harald Richter/iStockphoto.com; © AS-Akademie; © S. Gronwald<br />

34<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | I N H A L T<br />

3<br />

E D I T O R I A L<br />

I N H A LT<br />

P O L I T I S C H E S<br />

F A C H L I C H E S<br />

I N T E R E S S A N T E S<br />

T E R M I N L I C H E S<br />

P E R S Ö N L I C H E S<br />

K Z V N<br />

K L E I N A N Z E I G E N


BÜRGERVERSICHERUNG<br />

Kollateralschaden<br />

Die Bürgerversicherung geistert schon als<br />

Vorbote einer großen Koalition in den Köpfen<br />

vieler Gesundheitspolitiker aus der christsozialen Fraktion<br />

der Herz-Jesu-Marxisten ebenso, wie durch die Hirnwindungen<br />

der Kern-Sozialdemokraten – Ausreißer wie den<br />

Kanzlerkandidaten mal ausgenommen – bis hinüber zur<br />

„echten“ Linken als den rechtmäßigen Nachfolgern des<br />

Marxismus-Leninismus. Doch es formiert sich auf Seiten<br />

der Leistungserbringer zunehmend Widerstand.<br />

In einer Blitzumfrage, die gemeinsam vom Online-Ärztenetzwerk<br />

Hippokranet und dem Bundesverband der<br />

niedergelassenen Fachärzte (BVNF) initiiert wurde, haben<br />

Ärzte per Abstimmung ihr Unbehagen geäußert und damit<br />

ein deutliches Votum abgegeben für die Beibehaltung des<br />

derzeitigen dualen Krankenversicherungssystems. Mit dem<br />

Modell von SPD und Grünen fürchten gerade die niedergelassenen<br />

Fachärzte deutliche Verschlechterungen. Rund<br />

86 Prozent der Ärzte wollen am Vollversicherungsangebot<br />

der privaten Krankenversicherer (PKV) festhalten. Die Bürgerversicherung<br />

bekommt zunehmend Gegenwind. „Mit einer<br />

von Neid geprägten Sozialistischen Einheitsversicherung<br />

Deutschland wird eine Debatte bedient, die bei hohen<br />

Beiträgen zu einer schlechteren medizinischen Versorgung<br />

4 P O L I T I S C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

für alle führen wird“, bringt der Initiator der Umfrage<br />

Dr. Wolfgang Bärtl, 1. Vorsitzender des Bundesverbandes<br />

niedergelassener Fachärzte, seine Bataillone für den<br />

beginnenden Wahlkampf in Stellung.<br />

Nackte Existenzangst<br />

Die gefühlte Angst ist real berechtigt, wie hochgerechnete<br />

Zahlen des Statistischen Bundesamtes untermauern. So<br />

wird sich der jährliche Verlust von Mehrumsätzen und Zusatzhonoraren<br />

mit Einführung einer obligatorischen Bürgerversicherung<br />

je nach Arztgruppe verschieden hart, aber für<br />

einige Spezialisten gerade in ländlichen Gebieten existenzbedrohend<br />

auswirken. Es handelt sich hier nicht um<br />

Umsätze aus der Behandlung von Privatpatienten, sondern<br />

Spezialisierter Mechaniker für<br />

Windenergieanlagen<br />

Ingenieur im Bereich<br />

Umwelttechnik<br />

Jahresgehalt 57.000 69.500<br />

Beitragssatz heute (15,5%)<br />

Beitragsbemessungsgrenze (<strong>2013</strong>)<br />

47.250 47.250<br />

Beitrag im Status Quo 7.324 7.324<br />

Beitrag in der grünen Bürgerversicherung 8.322 10.147<br />

Zusatzbelastung im Vergleich<br />

zum Status Quo<br />

Anstieg um 13,6 % (jährlich)<br />

+998<br />

Schaubild 1, Quelle: Gutachten im Auftrag der Grünen, Rothgang (2010); Angaben in Euro<br />

Anstieg um 38,5% (jährlich)<br />

+2.823<br />

© franklin lugenbeel/iStockphoto.com


um Mehrumsatz/Zusatzhonorare, die nur deshalb entstehen,<br />

weil jemand privat und nicht gesetzlich versichert<br />

ist. Die in der Bürgerversicherung entfallenden Zusatzhonorare<br />

werden sich, so die Prognose, fast vollständig<br />

auf die Betriebsgewinne der Ärzte on top auswirken,<br />

weil im Praxisbetrieb Fixkosten wie Mieten für Praxisräume,<br />

Strom etc. die Regel sind. Diese Fixkosten blieben<br />

auch dann erhalten, wenn in einem einheitlichen<br />

Rechtsrahmen heute Privatversicherte in den Status<br />

eines gesetzlich Versicherten wechseln. Im Durchschnitt<br />

beläuft sich der Verlust je niedergelassenen Arzt auf<br />

rund 45.000 € jährlich.<br />

Hausärzte verschont<br />

Relativ ungeschoren blieben die Hausärzte. Dies hängt<br />

zum einen mit der Honorarstruktur zusammen, mit<br />

Pauschal- statt Einzelleistungsvergütung, weniger Apparatemedizin<br />

und einer generell geringeren Inanspruchnahme<br />

durch Privatpatienten. Auch Kinder- und Jugendärzte<br />

wären mit einem Verlust von durchschnittlich<br />

32.500 € oder Neurologen (-42.500 €) weniger betroffen.<br />

Spitzenreiter bei der Honorarbeschneidung sind Radiologen,<br />

denen fast eine Viertel Million Euro wegbricht.<br />

Hart trifft die Veränderung auch HNO-Ärzte (-75.000 €)<br />

und ambulante Chirurgen (-87.500 €), Gynäkologen<br />

(-72.500 €), Urologen, Augenärzte und besonders stark<br />

rutschen Orthopäden und Dermatologen ab (siehe<br />

Schaubild 2). In diesen Arztgruppen werden häufiger<br />

sogenannte IGeL-Leistungen abgerechnet. Diese privatärztlich<br />

abgerechneten Leistungen müssen vom hier<br />

angegebenen Verlustwert abgezogen werden. Denn<br />

auch in der Bürgerversicherung wird der Arzt die Möglichkeit<br />

haben, IGeL zu erbringen. Die IGeL-Leistungen<br />

in den jeweiligen Facharztgruppen lassen sich nicht<br />

annähernd quantifizieren. Zu beachten ist: Bei diesen<br />

Prognosen handelt es sich um Hochrechnungen aktuell<br />

verfügbarer Daten, die für das Jahr 2012 durch Multiplikation<br />

mit der Inflationsrate (Verbraucherpreisindex)<br />

aktualisiert sind. Doch selbst wenn es in einzelnen<br />

Arztgruppen zu Abweichungen kommt, ist der Trend<br />

eindeutig.<br />

Gegenmodell<br />

Dieser „Angriff auf die Existenz vieler Praxen“ ist jedenfalls<br />

Grund genug für die niedergelassenen Fachärzte,<br />

dem drohenden Kehraus eigene Modelle entgegenzusetzen.<br />

Der BVNF bringt das dreistufige Modell der<br />

„Patientenzentrierten Versorgung“ (PZV) ins Spiel und<br />

auf die Tagesordnung der KBV-Vertreterversammlung.<br />

Mit der Aufgabe des bewährten dualen Versicherungssystems<br />

in einem Nebeneinander von GKV und PKV <br />

Protilab – ISO 9001:2008<br />

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ZERTIFIKAT<br />

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DIN EN ISO 9001:2008<br />

Der Nachweis der regelkonformen Anwendung wurde erbracht<br />

und wird gemäß TÜV PROFiCERT-Verfahren bescheinigt für<br />

Zertikat-Registrier-Nr. 73 100 4129<br />

Auditbericht-Nr. 4257 7695<br />

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Zertizierungsstelle des TÜV Hessen<br />

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Die aktuelle Gültigkeit ist nachprüfbar unter www.tuev-club.de. Originalzertikate enthalten ein aufgeklebtes Hologramm.<br />

TÜV Technische Überwachung Hessen GmbH, Rüdesheimerstr. 119, D-64285 Darmstadt, Tel. +49 6151/600331<br />

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efänden sich maßgebliche Gesundheitspolitiker in der<br />

„Einheits-Holzklasse“ auf dem Holzweg. Statt das kapitalgedeckte<br />

System der PKV „aus schierer Geldgier zu opfern,<br />

sollten vielmehr Elemente der individuell zu wählenden<br />

Gesundheitsleistungen und Zugangsmöglichkeiten zu<br />

Versorgungsebenen über unterschiedliche, wettbewerblich<br />

orientierte Beitrags- bzw. Tarifmodelle in das System der<br />

starren GKV übernommen werden“, fordert der BVNF-Chef.<br />

Drei Wahltarife<br />

Dazu hat der BVNF auf der Vertreterversammlung der KBV<br />

den Gesundheitspolitikern ein modifiziertes Wahltarifsystem<br />

als flexible Alternative unterbreitet. Das Angebot soll hier<br />

reichen von einem „Lotsensystem“, bei dem der Patient<br />

von einem ärztlichen Ansprechpartner komplett geführt<br />

wird, über die Möglichkeit für den Patienten, sich frei für<br />

den betreuenden Arzt, von Hausarzt bis Facharzt, zu entscheiden,<br />

bis hin zur „Allnetflat“, bei der die Krankenkasse<br />

alles bezahlt. So entstehe über Wettbewerb eine auf den<br />

Patienten individuell zugeschnittene, medizinische Versorgung<br />

auf hohem Qualitätsstandard mit verlässlichen, angemessenen<br />

Preisen für die ärztlichen Leistungen, erwartet die KBV-VV.<br />

Der BVNF lehnt, so Bärtl zur Begründung seines Vorstoßes,<br />

6 P O L I T I S C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

ein System ab, „das die Ärzte und Patienten gleichermaßen<br />

in ein enges Korsett eines staatlich durchorganisierten<br />

Gesundheitswesens schnürt und den Arzt zum ,Medizinblockwart‘<br />

macht“.<br />

Danaergeschenk<br />

Eine Bürgerversicherung wie von Rot/ Grün angedacht, würde<br />

für Versicherte, wie z. B. Facharbeiter, also die Leistungsträger<br />

im Mittelstand, abgesehen von einer Angebotsnivellierung<br />

und Problemen in der Versorgungsstruktur auch auf der<br />

Beitragsseite zu höheren Belastungen führen, wie anhand<br />

des „Grünen“-Modells durchgerechnet (siehe Schaubild 1).<br />

Bei Bestandsschutz für die heute Privatversicherten erlaubt<br />

die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze von heute<br />

47.250 Euro auf das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

(69.600 €] eine Beitragssenkung um 0,5 Prozent<br />

und die Einbeziehung von weiteren Einkommensarten<br />

eine weitere um 0,4 Prozent. Das heißt, gerechnet wird mit<br />

einem Beitragssatz von insgesamt 14,6 Prozent. Ein individueller<br />

Anstieg beim sogenannten Mittelstandsbauch im<br />

Einkommensbereich zwischen 57.000 und 69.500 € im<br />

Bereich von knapp 4 bis fast 40 Prozent wäre die Folge. <br />

— Quelle: DER GELBE DIENST 5/<strong>2013</strong><br />

Honorarumsatz je Arzt<br />

(GKV-Durchschnitt 2011)<br />

Jährlicher Verlust von<br />

Mehrumsätzen (2012*)<br />

Hausarzt/Hausärztin 217.880 17.500<br />

Arzt/Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin 210.640 32.500<br />

Facharzt/-ärztin für Neurologie und Psychiatrie 161.184 42.500<br />

Facharzt/-ärztin für Innere Medizin (o. Schwerpunkt) 259.100 50.000<br />

Facharzt/-ärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe 183.792 72.500<br />

Facharzt/-ärztin für HNO-Heilkunde 169.428 75.000<br />

Facharzt/-ärztin für Ambulante Chirurgie 220.596 87.500<br />

Facharzt/-ärztin für Urologie und Andrologie 195.836 97.500<br />

Facharzt/-ärztin für Augenheilkunde 228.024 97.500<br />

Facharzt/-ärztin für Orthopädie 218.900 127.500<br />

Facharzt/-ärztin für Dermatologie 189.556 135.000<br />

Facharzt/-ärztin für Radiologie 373024 237.500<br />

Schaubild 2, Quelle: KBV-Jahresbericht; Angaben in Euro * hochgerechnet, Quelle: Destatis


Evidenzbasierter<br />

Prüfstein<br />

PKV-STUDIE SIEHT DUALES SYSTEM IM<br />

LÄNDERVERGLEICH KLAR ÜBERLEGEN<br />

Die Auseinandersetzung um die Systemfrage<br />

im Gesundheitswesen wird wieder mit<br />

zunehmender Intensität geführt. Während in der Union vor<br />

allem ein Gesundheitspolitiker, der gesundheitspolitische<br />

Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn MdB,<br />

die Diskussion vorantreibt, können die oppositionellen Parteien,<br />

nicht zuletzt in den ihnen nahe stehenden Stiftungen,<br />

auf Think Tanks zurückgreifen. Hatte jüngst die dem Bündnis<br />

90/Die Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung ihre<br />

Überlegungen für eine „Integrierte Versicherung“ vorgestellt,<br />

wird in Kürze die SPD-freundliche Friedrich Ebert Stiftung<br />

auch mit einem neuen Modell aufwarten.<br />

Ihren systemischen Vorstellungen zugrunde liegt ein<br />

einheitlicher Versicherungsmarkt, mithin das Aufgeben des<br />

dualen Systems. Entsprechende programmatische Aussagen<br />

sind hinlänglich bekannt, man findet sie auch in den<br />

Parteiprogrammen der Opposition. Die FDP sieht sich derzeit<br />

offensichtlich am wenigsten bemüßigt, grundlegendes<br />

zur Diskussion beizusteuern, hat doch ihr Bundesgesundheitsminister<br />

mit dem (noch nicht gelebten) Systemumstiegsbeginn<br />

via dem im Gesetz vorgesehenen Zusatzbeitrag<br />

und dem Einfrieren des Beitragssatzes schon einmal einen<br />

erklecklichen Anfang liberaler Hausaufgaben in diesem<br />

Bereich gemacht.<br />

Die Kanzlerin hat die damalige Bundesgesundheitsministerin<br />

Ulla Schmidt (SPD) ebenso gewähren lassen wie die FDP-<br />

Gesundheitsminister dieser Legislaturperiode Philipp Rösler<br />

und dann Daniel Bahr. Gegebenenfalls wird sie ihren Einfluss<br />

eher aus dem Hintergrund heraus wirken lassen. In<br />

welche Richtung? – nichts genaues weiß man nicht. Die<br />

CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung hat schon lange nicht<br />

mehr mit eigenen gesundheitssystemischen Vorstellungen<br />

wahrnehmbar Position bezogen. Nicht zuletzt vielleicht<br />

auch, weil es innerhalb der Union und damit erst recht in<br />

der Regierungskoalition keine klare Linie in dieser Frage<br />

gibt. Mit dem in ein Bürgerprämienmodell umbenannten<br />

Kopfpauschalenmodell hat die CDU in der Vergangenheit<br />

nicht gerade positiv gepunktet, zumal es von oben verordnet<br />

war und viele in der CDU und erst recht in der CSU sich<br />

nicht damit identifizieren konnten.<br />

Jens Spahn stellt, geschickt die Untiefen vermeidend, auf die<br />

er im Frühjahr 2012 durch allzu forsches Vorangehen auch<br />

schon aufzulaufen drohte, im Stile sokratischer Ergebnisoffenheit<br />

vor allem kritische Fragen an das System. Gleichzeitig<br />

gibt er mehr oder minder eindeutig zu erkennen, dass<br />

auch er einen einheitlichen Versicherungsmarkt präferiert.<br />

Die betroffenen Akteure selbst schauen nicht tatenlos zu.<br />

Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK)<br />

Jens Baas, äußert in fast jedem Interview grundsätzliche<br />

Überlegungen, ebenso wie sein Vorgänger Nobert Klusen,<br />

der sogar eine im Frühsommer vorigen Jahres veröffentlichte<br />

Studie zu diesem Thema durch die TK sponsern ließ.<br />

Für viele gilt der einheitliche Versicherungsmarkt in<br />

Deutschland schon als ausgemachte Sache – gleich mit<br />

welcher Regierungskonstellation. Was nun unter einem<br />

einheitlichen Versicherungsmarkt tatsächlich verstanden<br />

wird, als Stichworte seien hier genannt die PKVisierte GKV<br />

oder die GKVisierte PKV, wird je nach grundsätzlicher politischer<br />

Ausrichtung unterschiedlich prononciert. Die Prämissen<br />

aus denen die Forderungen nach einem einheitlichen Versicherungsmarkt<br />

resultieren, ob und aus welchen Gründen <br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />

7<br />

P O L I T I S C H E S


es dieser grundlegenden Umsteuerung bedürfe, müssen<br />

darum umso mehr schonungslos hinterfragt werden.<br />

Für die Diskussion ist es deshalb hilfreich, dass der Verband<br />

der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) in einer<br />

Studie den Status Quo der gesundheitlichen Versorgung in<br />

Deutschland mit existierenden einheitlichen Versicherungsmärkten<br />

in praktischen Auswirkungen hat vergleichen<br />

lassen. Das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) gelangt<br />

mit seiner neuen, 66 Seiten starken Studie „Rationierung<br />

und Versorgungsunterschiede in Gesundheitssystemen –<br />

Ein internationaler Überblick“, zu der These, dass ein<br />

Wegfall der privatwirtschaftlichen Säule des Gesundheitssystems<br />

zu einer Zunahme von Rationierung und Versorgungsunterschieden<br />

führe. Dies gehe aus dem Vergleich<br />

des deutschen Systems mit den einheitlichen Systemen<br />

anderer OECD-Länder hervor. Daher sei das duale System<br />

– nicht das Einheitssystem – der bessere Weg zum Ziel<br />

eines egalitären Zuganges zu einem möglichst weiten<br />

Spektrum qualitativ hochwertiger medizinischer Leistungen.<br />

Schon in Kenntnis der Studie dürfte PKV-Verbandsdirektor<br />

Volker Leienbach auf dem „Kassengipfel <strong>2013</strong>“ zum Thema<br />

„Reformbedarf in der GKV und PKV“ am 25. Februar in Berlin,<br />

argumentiert haben. Dort erklärte er, die Dualität des Versicherungssystems<br />

bedeute keine Zwei-Klassen-Medizin.<br />

Während nämlich in Deutschland dem dualen Versicherungssystem<br />

ein einheitliches Leistungssystem gegenüberstehe,<br />

hätten Länder mit einem einheitlichen Versicherungssystem<br />

zwei Leistungssysteme. So seien in Deutschland<br />

nur in der ambulanten Versorgung und auch dort nur im<br />

Bezug auf Serviceleistungen Unterschiede zwischen der<br />

Behandlung privat und gesetzlich versicherter Patienten<br />

auszumachen. Dagegen finde in Ländern mit einheitlichen<br />

Versicherungssystemen, wie Großbritannien und den<br />

Niederlanden, eine Rationierung der Leistungen von Seiten<br />

der staatlichen Planer statt. Die Folge sei, dass Patienten<br />

für Leistungen, die den Leistungskatalog überschritten,<br />

Zusatzversicherungen abschließen oder privat zahlen<br />

müssten. Da sich dies jedoch nicht alle Patienten in<br />

gleichem Umfang leisten könnten, komme es unweigerlich<br />

zu Versorgungsunterschieden.<br />

Die WIP-Studie aus der Feder von Institutsleiter Dr. Frank<br />

Niehaus und seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin<br />

Verena Finkenstädt meint, eben diesen Zusammenhang<br />

wissenschaftlich nachweisen zu können. Die Autoren<br />

bestreiten die häufig von Advokaten der Bürgerversicherung<br />

vertretene These, ein einheitliches Versicherungssystem<br />

ermögliche einen Wettbewerb um Versicherte zwischen<br />

den verschiedenen gesetzlichen Krankenversicherungen,<br />

der wiederum eine Verbesserung der Leistungen zur Folge<br />

habe. Die Empirie der OECD-Länder („Organisation for<br />

Economic Co-operation and Development“; sie vereinigt<br />

34 Staaten, die sich zu Demokratie und Marktwirtschaft<br />

bekennen) zeige, dass das Gegenteil der Fall sei. So seien<br />

8 P O L I T I S C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

die Versicherungen in Einheitssystemen mindestens genau<br />

so sehr staatlicher Regulierung ausgesetzt wie die deutsche<br />

GKV. Im Gegensatz zum deutschen System stehe hier<br />

jedoch das staatlich regulierte System nicht im Wettbewerb<br />

mit einer privaten Krankenvollversicherung. Dies führe dazu,<br />

dass in Einheitssystemen weitaus mehr Leistungsrationierung<br />

betrieben werde und die Versorgung letztlich schlechter sei<br />

als im dualen System.<br />

Ein Indikator hierfür seien die Wartezeiten auf einen Arzttermin<br />

oder eine geplante Behandlung, die in anderen<br />

OECD-Ländern weitaus länger ausfielen als in Deutschland.<br />

So betrage die durchschnittliche Wartezeit von der Überweisung<br />

des Hausarztes bis zur Behandlung in Großbritannien<br />

über acht Wochen. Die durchschnittliche Wartezeit aller<br />

irischen Patienten betrage sogar 2,8 Monate. In Schweden<br />

hätten im Jahr 2011 rund 24.000 Patienten über 90 Tage auf<br />

eine fachärztliche Behandlung gewartet. Hingegen hätten<br />

in Deutschland laut einer Umfrage aus dem Jahr 2011, die<br />

von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in Auftrag<br />

gegeben worden sei, die meisten Patienten gar nicht<br />

bzw. maximal eine Woche auf einen Arzttermin gewartet.<br />

Eine aktuelle Studie der Universität Hamburg zeige zudem,<br />

dass es bei den Wartezeiten zwar Unterschiede zwischen<br />

PKV und GKV gebe, die Wartezeit eines gesetzlich versicherten<br />

Patienten im internationalen Vergleich aber relativ<br />

kurz sei. Dies spiegle sich schließlich auch in der Patientenzufriedenheit.<br />

So gehe aus einer Studie des Wissenschaftlichen<br />

Instituts der Techniker Krankenkasse für Nutzen und<br />

Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG) hervor, dass neun<br />

von zehn Patienten mit ihrer Wartezeit zufrieden seien.<br />

Auch sei die Wahlfreiheit der Patienten in Einheitssystemen<br />

geringer als in Deutschland. So könnten sich die Patienten<br />

in den steuerfinanzierten Einheitssystemen Dänemarks,<br />

Finnlands, Spaniens und Portugals weder den Haus- noch<br />

den Facharzt selbst aussuchen. In Großbritannien könne<br />

der Primärarzt nicht frei gewählt werden. Während in den<br />

Niederlanden beispielsweise die Begrenzung auf Ärzte mit<br />

Wohnortnähe die Wahl des Hausarztes einschränke, sei<br />

die Arztwahl in Frankreich durch ein Gatekeeping-System<br />

begrenzt. Im Gegensatz dazu gelte in Deutschland trotz<br />

geringfügiger Einschränkungen in der GKV, beispielsweise<br />

durch die Begrenzung auf Vertragsärzte, grundsätzlich die<br />

freie Arztwahl für alle Patienten.<br />

Zudem sei der Leistungsumfang in anderen OECD-Ländern<br />

deutlich geringer als im dualen System Deutschlands. So<br />

finanzierten z.B. in Irland 70 Prozent der Patienten ihren<br />

Hausarzt privat, weil sie die Einkommensgrenze für den<br />

Erstattungsanspruch überschritten. In vielen Ländern seien<br />

zudem bestimmte Leistungen, wie Zahnersatz, vom Leistungskatalog<br />

ausgeschlossen. In Frankreich schlage sich<br />

die Rationierung in besonders hohen Zuzahlungen nieder,<br />

25 Prozent der Gesundheitskosten würden dort privat<br />

getragen.


Angesichts der langen Wartezeiten, der eingeschränkten<br />

Wahlfreiheiten und des geringen Leistungsumfanges der<br />

gesetzlichen Krankenkassen, umgingen die Versicherten<br />

das Einheitssystem und es entstehe ein Markt privater<br />

Zusatzversicherungen und -leistungen. Dabei komme es<br />

sogar zum Abschluss „duplizierender Zusatzversicherungen“,<br />

um den Anspruch auf Leistungen sicherzustellen, der zwar<br />

rechtlich gegeben, aber schwer durchsetzbar sei. Eine<br />

weitere Folge sei der sogenannte „Medizin-Tourismus“, das<br />

Erwerben von Leistungen im Ausland, die das inländische<br />

System nicht oder nicht innerhalb des gewünschten Zeitraums<br />

anbieten könne. Wer sich Zusatzleistungen und<br />

-versicherungen hingegen nicht leisten könne, sei auf die<br />

unzureichende Absicherung durch das Einheitssystem<br />

angewiesen. Da so einkommensabhängige Versorgungsunterschiede<br />

hervorgerufen würden, sei schließlich eine<br />

Tendenz zur Zwei-Klassen-Medizin in einheitlichen Versicherungssystemen<br />

beobachtbar.<br />

In Deutschland hingegen würden Patienten trotz der Dualität<br />

zwischen PKV und GKV unabhängig vom Versicherungsstatus<br />

innerhalb derselben Versorgungsstruktur behandelt.<br />

Es existierten in der GKV zwar Leistungseinschränkungen,<br />

es stehe den Versicherten jedoch offen, private Zusatzversicherungen<br />

abzuschließen. Dem entspreche die Möglichkeit<br />

der Versicherten in der PKV, zu unterschiedlichen Tarifen<br />

unterschiedliche Leistungsspektren abzusichern. Somit zeige<br />

das System zwar „in Teilbereichen“ Versorgungsunterschiede<br />

auf, diese seien jedoch nicht unbedingt auf die PKV-GKV-<br />

Dualität zurückzuführen.<br />

„Sowohl mit Blick auf den Zugang als auch auf die einheitliche<br />

Versorgung der Bevölkerung sind die Vergleichsländer<br />

dem gewachsenen dualen System in Deutschland unterlegen“<br />

schließen die Autoren daher ihre Analyse. Die Forderung<br />

nach einer Bürgerversicherung, einem „Einheitssystem<br />

vom Reißbrett“ in Deutschland, sei deshalb skeptisch zu<br />

betrachten.<br />

Es wäre wünschenswert, wenn unter den Verantwortlichen<br />

eine ernsthafte Auseinandersetzung hinsichtlich der unterschiedlichen<br />

Vorstellungen über eine künftige Systemreform<br />

stattfände. Zumal derzeit die Inhalte, gerade dessen, was<br />

unter einem einheitlichen Versicherungsmarkt zu verstehen<br />

ist, nicht nur innerhalb der Fachszene changieren. Insbesondere<br />

auch in der Bevölkerung dürften wenig konkrete<br />

Vorstellungen vorhanden sein. Von oben verordnete Politik<br />

hat keine lange Halbwertzeit. <br />

— Quelle: Gesundheitspolitischer Informationsdienst<br />

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P O L I T I S C H E S


Subsidiarität in Not – Europa greift<br />

nach unserem Gesundheitssystem<br />

Noch ein Eurokrisenjahr. Brüssel sieht<br />

„Fortschritte“ bei der „echten“ Wirtschaftsund<br />

Währungsunion. Die Ereignisse ähneln sich: Geld<br />

fehlt, alte Prognosen irrten, EU-Gipfel tagen medial<br />

inszeniert, neue Bürgschaften herbei, mehr Zeit und alles<br />

wird gut im Jahr 2020. Kurz darauf eine neue Runde mit<br />

altem Vokabular. Unauffällig dehnt die EU parallel dazu<br />

ihre Kompetenz aus. Wo wird dies enden? Wie wirkt<br />

„Vergemeinschaftung“ in Krisenzeiten aufs Gesundheitssystem?<br />

Gibt es Lehren fürs Wahljahr?<br />

<strong>2013</strong> Schuldenstand wächst und Produktivität fällt –<br />

nur nicht in Deutschland<br />

Einige hatten es ja vermutet – die hoffnungsfrohen Botschaften<br />

zum Jahresende 2011 – „gemeinsam“ befreie sich die<br />

EU aus der Euro- und Schuldenkrise, man bräuchte „nur“<br />

„endlich“ mehr „wirkliche“ Gemeinsamkeit – sprich Macht<br />

an zentraler Stelle in Brüssel – wurden rasch durch die<br />

raue Wirklichkeit eingeholt. Sämtliche Schuldenstaaten –<br />

es sind deutlich mehr geworden – wackeln den üblichen<br />

Quartalsterminen zur Kreditbedienung entgegen. Die harten<br />

10 P O L I T I S C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

© querbeet/iStockphoto.com, © Harald Richter/iStockphoto.com<br />

BRÜSSEL MUSS ERLEBEN, DASS DER<br />

NATIONALSTAAT – IN DER EU-RHETORIK<br />

DER VERGANGENHEIT SCHON FAST<br />

ÜBERHOLT – IN ZEITEN DER HEKTISCHEN<br />

ZAHLER- UND BÜRGENSUCHE ENORM AN<br />

BEDEUTUNG GEWONNEN HAT.<br />

Fälle, an der Spitze nach wie vor Griechenland zeigen<br />

erstes Staatsversagen. 1 Viele Zusagen aus dem Jahr 2011,<br />

seien dies nun Privatisierungen, Einführungen einer effizienten<br />

Verwaltung, Abbau des unproduktiven Staatsapparates<br />

wurden mit wenigen Ausnahmen nicht umgesetzt. Zwar<br />

beschloss man dröhnend und medienbeteiligt „Sparhaushalte“,<br />

die Produktivität fiel jedoch auf neue Tiefstände.<br />

Gleichzeitig stieg die Arbeitslosigkeit und es wurden die<br />

Konten geräumt. Bis zu 800 Millionen EURO pro Tag. Es<br />

droht(e) ein Rette-Sich-Wer-Kann Szenario. Die kleinen Leute<br />

horten ihr Bares, reichere Mitbürger kaufen Berliner Wohnungen<br />

und deutsche Staatsanleihen. Dies gilt keineswegs<br />

nur für Griechenland, wenngleich von dort immerhin am<br />

Anfang Zahlen verfügbar waren. Ihnen gemein ist die Furcht<br />

vor einem weiteren Substanzverlust der Gesellschaft und<br />

einer seriellen Pleite der Banken. Daher auch die Beliebtheit<br />

des Brüsseler Projektes „EU-Bankenunion“. Käme diese,<br />

so würden mehr oder minder alle für alle haften. Einlagensicherung<br />

ist im EU-Durchschnitt höchst unterschiedlich<br />

geregelt und wäre – bei den bankrotten Staatsfinanzen in<br />

Griechenland, Portugal, Zypern und wohl auch Spanien –<br />

örtlich kaum einzuwerben. Was liegt also näher als die<br />

Haftungsebene zu erhöhen? Für deutsche Sparer ist dies<br />

1 Erstmals drohte Griechenland 02/2010 die Zahlungsunfähigkeit.<br />

Damals glaubte „man“ noch an „politische Unterstützung“,<br />

Sparmaßnahmen und 2 Jahre mehr Zeit fürs Defizit. Zwei Monate<br />

später flossen die ersten Kredite (45 Mrd.), nur einen Monat<br />

später musste erneut geholfen werden (110Mrd. über drei<br />

Jahre).Wichtig: schon im März 2011 fiel die „no bail-out“ Klausel.<br />

Der Weg in die Schuldenunion war eröffnet. Im März 2012 stand<br />

Griechenland erneut vor dem Nichts, diesmal gab es ein Sperrkonto.<br />

Erstmals gab es einen Schuldenschnitt: private Gläubiger<br />

verzichteten auf bis zu 53,5% der Forderungen gegen Athen.


VOR ALLEM STEUERFINANZIERTE GESUNDHEITSSYSTEME GERATEN IN NOT: DAS SOLLTE<br />

FÜR UNS GRUND GENUG SEIN, DEN DEUTSCHEN SONDERWEG AUS RELATIV HÖHEREN<br />

FREIHEITSGRADEN, WAHLOPTIONEN UND DEM GEGLIEDERTEN SYSTEM NICHT OHNE NOT<br />

ZU VERLASSEN.<br />

keine gute Nachricht. Wie die Kommission das Projekt<br />

auch immer technisch regeln wird, so wären wir alle in der<br />

Haftung für geradezu astronomische Verbindlichkeiten.<br />

Überhaupt gewinnen wir mit einer Ausweitung unserer<br />

Verantwortlichkeit eher wenig. Gelingt es, die Banken<br />

durchweg direkt mit der Europäischen Zentralbank (EZB) zu<br />

verknüpfen und die nationale Verantwortlichkeitsschwelle<br />

„Nationalbank“ zu umgehen, etwa weil von dort nichts mehr<br />

zu erwarten wäre, so haften wir über die EZB alle. Das<br />

kann lange Zeit gut gehen; am Ende wird es jedoch zum<br />

„Zahltag“ kommen, es sei denn, dass sich die Prognosen<br />

einer wundersamen Selbstheilung bewahrheiten. Brüssel<br />

sieht seine Chance auf mehr Zuständigkeit auch im Wegbrechen<br />

der nationalen Lösungsfähigkeit. Allerdings muss<br />

es auch erleben, dass der Nationalstaat an sich – in der<br />

EU-Rhetorik der Vergangenheit schon fast überholt – in<br />

Zeiten der hektischen Zahler- und Bürgensuche enorm an<br />

Bedeutung gewonnen hat. Keiner so, wie unser Deutschland.<br />

Im Ausland gilt die Bundeskanzlerin geradezu als<br />

Personifizierung der deutschen Wirtschaftsmacht. 2 Dabei<br />

ist keineswegs alles in der deutschen Krisenpolitik nachvollziehbar.<br />

Aus der Distanz des Auslandes gesehen, überwiegen<br />

jedoch anhaltendes Wachstum, ein stabiler Arbeitsmarkt<br />

und die rekordniedrige Zinsmarge für deutsche<br />

Staatsschulden. Nie borgte unser Land für weniger Geld<br />

geradezu jede Summe. Die Lebens- und Versorgungswirklichkeit<br />

in anderen EU-Welten sieht bitter anders aus. Auch<br />

sie sollte man kennen.<br />

Staatsversagen, Sparpolitik und Versorgung in<br />

EU-Gesundheitssystemen<br />

Je nach Schuldenstand und Produktivitätsverfall zeigen sich<br />

unterschiedliche Stadien des Niederganges in den Gesundheitssystemen<br />

der Eurozone. Griechenland und Portugal<br />

stehen im Verfall eindeutig an der Spitze. Jahrelange wirtschaftliche<br />

Schrumpfung und teilweise rabiat zusammenkomponierte<br />

Spargesetze haben dazu geführt, dass die<br />

dafür ohnehin anfälligen vorwiegend steuerfinanzierten<br />

Gesundheitswesen betroffen wurden. Strukturbedingt –<br />

Griechenland ist eine Mischform aus teilweise öffentlicher<br />

Leistungsbewirkung mit Einheitsfond, Portugal hingegen<br />

hat eine Kopie des britischen nationalen Gesundheitsdienstes<br />

mit abhängig beschäftigten Leistungserbringern –<br />

gibt es Unterschiede. Die Wirkung ist für den Patienten hingegen<br />

identisch. Einrichtungen müssen abbauen, Personal<br />

wird entlassen oder kündigt. Materialrechnungen der<br />

Vergangenheit blieben unbeglichen und führten zum<br />

Belieferungsstopp. 3 Der Verfall ist regional sehr ungleich,<br />

wenn auch in der Tendenz überall erkennbar. Die einst so<br />

alltäglichen illegalen Zusatzzahlungen besserten die unzureichenden<br />

Einkommen auf. Mittlerweile funktioniert auch<br />

der schattenwirtschaftliche Kreislauf nicht mehr, da viele<br />

Leute niemanden mehr schmieren können. Versorgung<br />

findet stellenweise eher aleatorisch statt – wer Glück hat<br />

und auf hilfsbereite Idealisten trifft – mag es besser haben.<br />

Vielen chronisch Kranken fehlt das Geld für die Medikamente.<br />

Im Arzneimittelbereich zeigt sich das Problem des<br />

Systemversagens ganz deutlich – wo nicht mehr bezahlt<br />

wird, dorthin kommen keine Medikamente mehr. 4 Die<br />

obersten Gesellschaftsschichten sind kaum betroffen.<br />

Entweder sie haben das Land bereits verlassen, oder ihr<br />

Vermögen sichert die Nachfragefähigkeit. Allerdings wird<br />

ihre Zahl merklich geringer. Gerade die neue und boombedingt<br />

aufgestiegene Mittelschicht mit (etwas) Eigentum<br />

wird derzeit schwer geprüft. 5 Sie aber war es, die aufstieg,<br />

ihr Einkommen verbesserte, konsumierte und letztendlich<br />

auch überdurchschnittlich in die öffentlichen Kassen aller Art<br />

eingezahlt hat. Gerade die allerorten fühlbare Immobilienkrise<br />

hat sie in kaum vorstellbarem Umfang entreichert.<br />

Ausbildung bis hin zum Studienenabschluß und einstige<br />

Kreditfähigkeit bei örtlich überdurchschnittlichem Einkommen<br />

reichen nicht mehr aus, bzw. sind als Grundlage entfallen.<br />

Auch in Spanien geht es vielerorts rapide bergab. Die dortigen<br />

Gesundheitssysteme in Trägerschaft der Provinz leiden<br />

unter regionalem Einnahmemangel ebenso, wie unter <br />

2 Angela Merkels internationaler Ruf hat im Ausland den deutschen<br />

Sonderweg - Konsensgesellschaft, Wachstumsgewinn und High-<br />

Tech-Schmiede gegen die EU-Tendenzen der Krise enorm mit<br />

einer Person verbunden. Dagegen wollte der Franzose Francois<br />

Hollande „solidarisch“ vorgehen und scheiterte kläglich.<br />

3 Etliche portugiesische und griechische Spitäler haben kein<br />

alltägliches Bedarfsmaterial mehr. Patienten mit Einweisung für<br />

Hüftgelenks-OP werden schon einmal gebeten, das benötigte<br />

Gelenk selbst zu beschaffen.<br />

4 Man kann sich ausmalen, wie der Internetschwarzmarkt –<br />

möglicherweise auch mit Arzneimittelfälschungen – in der<br />

Notlage wächst.<br />

5 Armut zählte in diesen Ländern stets zur Normalität. Die Gewalt,<br />

mit der sich legaler und illegaler Wirtschaftskreislauf verformt<br />

haben, eröffnete jedoch ganz neue – sozusagen drittweltartige-<br />

Armutshorizonte.<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />

11<br />

P O L I T I S C H E S


GERADE DIE KRISE ZEIGT EINE TENDENZ,<br />

STAATSVERSAGEN DURCH AUSWEITUNG<br />

DER STAATSZUSTÄNDIGKEIT ZU BEANT-<br />

WORTEN.<br />

Sparvorgaben aus der Hauptstadt. Zwischen den Provinzen<br />

bestanden immer schon große Wohlstandsunterschiede.<br />

Diese sind zwar weitgehend geblieben, dennoch zeigen sich<br />

Auswirkungen des Geldmangels auch in den traditionell<br />

wohlhabenden Landesteilen Baskenland oder Katalonien.<br />

Gerade personalintensive Versorgung bricht weg: so gibt<br />

es massive Probleme bei stationärer psychiatrischer Pflege,<br />

chronisch Kranken im Spital mit hohem medizinischem<br />

Leistungsbedarf und jedweder Form pflegerisch intensiver<br />

Betreuung. Viele Beschäftigte verlassen das Land, um sich<br />

an anderer Stelle in der EU (oder EWR/Norwegen) eine<br />

Anstellung zu suchen. Spaniens Jugend geht – unabhängig<br />

von ihrer Ausbildung – einer düsteren Zukunft entgegen. 6<br />

Immerhin sind über 25 Prozent aller Spanierinnen und<br />

Spanier arbeitslos. Entsprechend sehen die Einnahmen der<br />

Arbeitslosenversicherung aus. 7 Nicht von ungefähr forderte<br />

der ungarische Sozialkommissar der EU – László Andor<br />

bereits eine „EU-weite“ Arbeitslosenversicherung und<br />

damit den Einstieg in die totale und institutionelle Vergemeinschaftung.<br />

8 Die auffällige Staatsnähe, ja Abhängigkeit<br />

steuerfinanzierter Versorgungswelten in den betroffenen<br />

Staaten sollte für uns Grund genug sein, den deutschen<br />

Sonderweg aus relativ höheren Freiheitsgraden, Wahloptionen<br />

und dem gegliederten System, das sich einmal mehr<br />

bewährt hat, nicht ohne Not zu verlassen. Krisenzeiten wie<br />

die jetzigen, deren Ende gewiss niemand seriös fixieren kann,<br />

zeigen auch – für uns noch bequem an fernen Orten – was<br />

man systemtechnisch so falsch machen kann. Sorgenkandidaten<br />

der Extraklasse sind Italien – das Land steht vor<br />

einer Schicksalswahl mit merkwürdigen Alternativen –<br />

und Frankreich, das sich mit seinem neuen Präsidenten<br />

Francois Hollande und einem eindeutigen Umverteilungs-<br />

6 Weit über 50 Prozent sind ohne Job. Schwarzarbeit wird rar und<br />

Arbeitslosigkeit in mehreren Generationen einer Familie belastet<br />

deren Vermögen, sich selbst zu helfen.<br />

7 Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis weitere Leistungskürzungen<br />

den politischen Radikalismus antreiben, wie etwa in<br />

Griechenland.<br />

8 Noch ist dies wenig realistisch. Dennoch zeigt es eine Trendwende<br />

im Denken. Die bislang bemühten „Rezepte“ tragen nicht mehr.<br />

Das Euro-Modell darf jedoch aus vielerlei Gründen nicht offiziell<br />

für gescheitert erklärt werden. Vermutlich würde dies auch nicht<br />

eben viel nützen.<br />

9 Wohl nach Deutschland und dem mehrfach atypischen<br />

Luxemburg<br />

12 P O L I T I S C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

© WavebreakMediaMicro/Fotolia.com<br />

Spanien hat massive Probleme bei stationärer<br />

psychiatrischer Pflege, chronisch Kranken im Spital und<br />

pflegerischer Intensivbetreuung.<br />

kurs aus der Realität verabschiedet. Noch ist der französische<br />

Sozialstaat eindeutig funktionsfähig, ja einer der<br />

großzügigsten überhaupt. 9 Schon zeigt sich aber im wirtschaftlichen<br />

Niedergang, in hilfloser und wachstumsvermindernder<br />

Steuerpolitik und einem beklemmenden Arbeitsmarkt,<br />

gerade für junge Menschen, auch in Frankreich das<br />

Menetekel der Staatsüberforderung. Offiziell wäre es politisch<br />

inkorrekt, würde man die Frage stellen, bis zu welchem<br />

Grad an Systemversagen denn die Gesundheitsversorgung<br />

in einem EU-Staat hinabsinken kann, ohne dass nach<br />

Hilfen gerufen wird. Sie ist gewiss eine besonders alltagsund<br />

lebensnahe Form, um dieses Nichtmehrkönnen des<br />

Gemeinwesens fühlbar werden zu lassen. Entsprechend<br />

kann man sich wohl darauf einrichten, dass es über kurz<br />

oder lang zu eben solchen Erörterungen kommt. Vermutlich<br />

ist dies auch im Sinne der Demokratiebewahrung richtig.<br />

Schon heute sind jedoch Lehren erkennbar, die wir für<br />

unser System ziehen können. Bequemerweise reicht – in<br />

Zeiten guter Wirtschaftslage zumal – hier oft schlichtes<br />

Unterlassen schon recht weit. Braucht es in der neuen<br />

Legislaturperiode wirklich wieder eine „Jahrhundertreform“<br />

oder sollten wir nicht bewährte Elemente stabilisieren,<br />

Konsens – wo möglich – festigen und uns den klar<br />

erkennbaren strategischen Herausforderungen der Versorgung<br />

einer alternden Gesellschaft zuwenden? Hier sind<br />

DERZEIT LEIDET DER FRIEDENSTIFTENDE<br />

EUROPAGEDANKE ERHEBLICH UNTER DEN<br />

FOLGEN EBEN JENER OPPORTUNISTISCHEN<br />

EU-AUSWEITUNG, DIE DAZU GEFÜHRT HAT,<br />

EIGENE REGELN – DER EUROSTABILITÄT –<br />

DEM WUNSCH NACH WACHSTUM UND<br />

BEDEUTUNG UNTERZUORDNEN.


DIE POLITIK MUSS UNS REDE UND<br />

ANTWORT STEHEN, WO DIE GRENZEN DES<br />

SUBSIDIARITÄTSVERLUSTES VERLAUFEN. Foto:<br />

strukturelle Vielfalt und Bewahrung von möglichst vielen<br />

sozial stabilisierenden Freiheitsgraden nützlich. Gerade die<br />

Krise zeigt jedoch eine Tendenz, Staatsversagen durch<br />

Ausweitung der Staatszuständigkeit zu beantworten. Noch<br />

schlimmer ist der erkennbare Zuständigkeitsverlust durch<br />

„Übersehen“ oder vorauseilendes Mitmachen in sekundären<br />

Handlungsfeldern Brüssels. Was hier heute an subsidiärer<br />

Kompetenz „durchgewunken“ wird, ist auf immer dahin.<br />

EU auf Expansionspfad<br />

Von vielen kaum beachtet, häufen sich in Brüssel die<br />

Gesetzgebungsvorhaben, denen eines weitgehend gemein<br />

ist – die Beschneidung subsidiärer Gestaltungsprinzipien<br />

im Sozialschutz auf dem direkten oder indirekten Weg.<br />

Dazu zählen u.a.: ein Richtlinienentwurf auch über die<br />

Unterwerfung sozialfinanzierter Dienstleistungen unter die<br />

Mehrwertsteuer, das berühmt-berüchtigte „Europäische<br />

Semester“ – die Vorabprüfung des Bundeshaushaltes<br />

durch Brüsseler Stellen - eine neuartige „Verordnung“ zur<br />

Inverkehrbringung von Medizinprodukten bis hin zu Plänen<br />

über „Vergemeinschaftung“ „stabilitätsrelevanter“ Politik –<br />

d.h. von allem, was öffentliche Gelder benötigt. 10 Gerade<br />

das Haushaltsrecht bietet Einfallmöglichkeiten in subsidiäre<br />

Räume, deren Weitungen sich erst dann zeigen, wenn es<br />

schon zu spät ist. Schnell sind systemrelevante ordnungspolitische<br />

Fragen mit dabei. 11 Die deutsche Politik, oft in<br />

10 Die Mehrwersteuerfrage ist vielfach noch undefiniert. Der<br />

Eindruck festigt sich jedoch, dass hier das Volumen dieser –<br />

für Brüssel relevanten – Steuerart ausgeweitet werden soll. Das<br />

„Semester“ meint die Haushaltsvorprüfung, auch wenn dies<br />

Politiker nicht gern so sagen. Wer bestimmte dann repräsentativ<br />

über die deutschen Steuergelder? Der Vorschlag zur Medizinprodukteverordnung<br />

– nicht wie bisher Richtlinien, ein „kleineres<br />

Instrument – greift vieles auf, bleibt aber bislang in wesentlichen<br />

Dingen den Industrieinteressen mehr verhaftet, als dem Patientenwohl.<br />

Man denke an die weitgehend privaten „Benannten<br />

Stellen“, die - wettbewerblich die Zertifizierung machen.<br />

11 Vgl. die Diskussion über Vereinbarkeiten nationaler Sozialschutzpraxis<br />

mit EU-formulierten Haushaltszielen. Was für die armen<br />

Schuldner von heute gilt, kann morgen leicht auf uns – die<br />

Zahler – übertragen werden.<br />

12 Betriebsmittelkredite sind in Spanien, aber auch anderswo mittlerweile<br />

ein echtes Problem. Wer, wenn nicht der Mittelstand,<br />

könnte hier aktiv sein? Immerhin hat es Deutschlands duale<br />

Berufsausbildung schon zum Vorbild anderer gebracht. Der GAU<br />

Bankenpleite ist sehr wichtig, jedoch sind mittelständische<br />

Potentiale nicht zweitklassig.<br />

Günther Danner, ist stv. Direktor der Europavertretung der<br />

Deutschen Sozialversicherung in Brüssel und Pers. Referent und<br />

Berater des Vorstandes der Techniker Krankenkasse in Hamburg.<br />

Der Beitrag gibt seine persönliche Meinung wieder.<br />

auffälligem Kontrast zu anderen Systemakteuren, ist hier<br />

bisweilen sehr still. Nach wie vor ist der deutsche EU-Offizielle<br />

durchdrungener „Europäer“, oftmals sehr im Unterschied<br />

zu anderen Nationen. Derzeit leidet der friedenstiftende<br />

Europagedanke erheblich unter den Folgen eben jener<br />

opportunistischen EU-Ausweitung, die dazu geführt hat,<br />

eigene Regeln – der Eurostabilität – dem Wunsch nach<br />

Wachstum und Bedeutung unterzuordnen. Millionen Mitteleuropäer<br />

verlieren ihren (bescheidenen)Wohlstand, erleben<br />

das Versagen ihrer Sozialräume und billige Phrasen aus<br />

der Politik. Alte Feindbilder der schlimmsten Sorte tauchen<br />

auf. Das alles auf dem Weg ins Definitionsnirvana der<br />

„echten“ Währungsunion .Anders bei uns, wo es für so<br />

viele noch Perspektiven gibt. Auch diejenige, etwas selbst<br />

bestimmen zu dürfen. Europa ist sicherlich eine Schicksalsgemeinschaft,<br />

allerdings im Interesse der Völker und Kulturen,<br />

nicht zur Kräftigung einer volksfernen Bürokratie. Statt heute<br />

etwa in Spanien schlimmeres Elend durch Stimulieren mittelständischer<br />

Produktivität zu verhüten, lähmt noch immer<br />

die Angst vor der seriellen EU-weiten Bankenpleite. 12 Unser<br />

Wahljahr sollte zum Fragenstellen anregen. Die Politik hat<br />

uns bislang vor schlimmen Krisenfolgen bewahrt. Sie muss<br />

allerdings Rede und Antwort stehen, wo die Grenzen des<br />

Subsidiaritätsverlustes verlaufen. Unser Gesundheitswesen<br />

in seiner Strukturvielfalt hat allen gedient. Krisenstaaten<br />

zeigen eine Flucht in Verstaatlichung – mithin die Höhle<br />

des Löwen. Subsidiarität und nationale Versorgungsgestaltung<br />

bleiben unverzichtbar. Sie helfen mit, sozialen Konsens,<br />

Wahlmöglichkeiten und Freiräume für alle zu bewahren. <br />

— Günter Danner, PhD<br />

Quelle: ärztepost 1/<strong>2013</strong><br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />

© Dr. Danner<br />

13<br />

P O L I T I S C H E S


Koordinierungskonferenz<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:<br />

RISIKOGRUPPEN ERREICHEN – EIN GESAMTGESELLSCHAFTLICHES PROBLEM<br />

Zu ihrer zweitägigen Frühjahrsveranstaltung<br />

trafen sich die mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

befassten Vertreter der Kassenzahnärztlichen<br />

Vereinigungen und der Zahnärztekammern am 1. und 2.<br />

März – diesmal unter Federführung der Kassenzahnärztlichen<br />

Bundesvereinigung (KZBV) in Saarbücken.<br />

Der Focus der Zahnmedizin hat sich in den letzten drei<br />

Jahrzehnten von den überwiegend kurativen zu den<br />

präventiven Möglichkeiten verschoben. Die Zahnärzteorganisationen<br />

in Deutschland haben als Fernziel formuliert,<br />

dass die Menschen auch bei steigender Lebenserwartung<br />

und individuellen Risikofaktoren ihre natürlichen Zähne bis<br />

an ihr Lebensende gesund erhalten können sollen.<br />

Allerdings gibt es Bevölkerungsgruppen, die deutlich häufiger<br />

und schwerere Zahn-, Mund und Kiefererkrankungen<br />

aufweisen als der Durchschnitt. Die Gründe dafür sind<br />

vielfältig und nicht nur medizinischen, sondern auch psychischen<br />

und sozialen Faktoren zuzuordnen.<br />

Defizite bei der Zahngesundheit treten oft in Verbindung<br />

mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen auf. Schlechte<br />

Gesundheit, eine schwierige finanzielle Lage und ein Mangel<br />

an Partizipation gehen oft Hand in Hand. Sie sind dann<br />

unterschiedliche Facetten eines Armutsphänomens und<br />

damit eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung.<br />

Zunächst erfolgte „Die Einordnung der Risikogruppenproblematik<br />

in die politische Strategie der Zahnärzteschaft“ durch<br />

einen Vortrag, den sich der KZBV-Vorsitzende Dr. Fedderwitz<br />

mit dem Vizepräsidenten der Bundeszahnärztekammer<br />

(BZÄK), Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, teilte. Anschließend<br />

trug der neue Leiter des „Institut der Deutschen Zahnärzte<br />

– IDZ“, PD Dr. Andreas Reiner Jordan, eine mit reichlich<br />

Zahlenmaterial unterlegte epidemiologische und sozialmedizinische<br />

Bestandsaufnahme zu Risikogruppen in der<br />

zahnmedizinischen Versorgung vor. Der Zusammenhang<br />

14 P O L I T I S C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Foto: <strong>NZB</strong>-Archiv<br />

Als gemeinsame Ausrichter der „Koordinierungskonferenz<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit“ hatten die Kassenzahnärztliche<br />

Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer<br />

(BZÄK) insgesamt 66 Teilnehmer nach Saarbrücken eingeladen.<br />

zwischen Armut, Migration und Gesundheit wurde von<br />

Prof. Dr. Nico Dragano vom Universitätsklinikum Düsseldorf<br />

eindrucksvoll verdeutlicht. Die Vortragsreihe des ersten<br />

Tages wurde von Franz J. Gigout, Geschäftsführer der Landes-<br />

Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung Saarland e.<br />

V. (LAGS) abgeschlossen, der die Arbeitsweise seiner Institution<br />

hinsichtlich der Angebote zur Gesundheitsförderung<br />

für sozial Benachteiligte darstellte. Schließlich wurde der<br />

Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten und Instrumente<br />

zur Bekämpfung von gesundheitlicher Benachteiligung<br />

und zur effektiven Ansprache betroffener Gruppen zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Ziel der Veranstaltung war es, möglichst konkrete Vorstellungen<br />

darüber zu entwickeln, welchen gemeinsamen<br />

Beitrag die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der zahnärztlichen<br />

Organisationen bei der Ansprache zahnmedizinischer<br />

Risikogruppen und der Verbesserung ihrer Mundgesundheit<br />

leisten kann und soll. <br />

— KZBV/loe


Fotos: <strong>NZB</strong>-Archiv<br />

Tagung der PAR-Obergutachter<br />

und PAR-Referenten<br />

Am 6. März fand in Köln in den Räumen der Kassenzahnärztlichen<br />

Bundesvereinigung (KZBV) die PAR-Obergutachterund<br />

PAR-Referententagung <strong>2013</strong> statt. Der stellvertretende<br />

Vorsitzende der KZBV Herr Kollege Dr. Wolfgang Eßer<br />

begrüßte die Teilnehmer, die aus allen KZV-Bereichen<br />

Deutschlands angereist waren. Herr Prof. Dr. Peter Eickholz<br />

referierte über aktuelle Entwicklungen in der Parodontologie.<br />

Hierbei ging es um die zentrale Fragestellung: „Was ist das<br />

Therapieziel?“. In diesem Kontext stellte er heraus, dass<br />

der wesentliche Bestandteil der PAR-Therapie die Beherrschung<br />

des Infektes darstellt. Hiermit verbunden ist das<br />

Ziel des Zahnerhalts, das Stoppen der parodontalen<br />

Destruktion und als hohes Ziel die Regeneration, die in<br />

ausgewählten Fällen dann auch zu erreichen ist. Interessant<br />

war die Darstellung der Leitlinien der SSO, die im Kreis der<br />

ebenfalls teilnehmenden Hochschulprofessoren mit den<br />

Geht doch!<br />

Wenn es nicht so traurig wäre,…<br />

Nachdem die Vertreterversammlung alle für den Medizinischen<br />

Dienst der Krankenversicherung (MDK) tätigen<br />

Zahnärzte aufgefordert hatte, diese Tätigkeit zu beenden,<br />

gab es im Raum Osnabrück eine erfreuliche Resonanz:<br />

Alle Kollegen kamen dieser Aufforderung nach! Nach<br />

Rücksprache mit dem Verwaltungsstellenvorsitzenden<br />

hat die KZVN darauf dieselben Kollegen im Oktober<br />

den Verbänden der Krankenkassen als Vertragsgutachter<br />

vorgeschlagen und um das Einvernehmen gebeten!<br />

Bis Ende des Jahres war offensichtlich eine Entscheidung<br />

nicht möglich, so dass ein Kollege es leider vorzog, sich<br />

den Kassen wieder anzudienen.<br />

Anfang des Jahres fragte die KZVN noch einmal nach,<br />

verbunden mit einem weiteren Vorschlag eines<br />

„unbelasteten“ Kollegen.<br />

PAR-Obergutachtern und<br />

PAR-Referenten diskutiert<br />

wurden. Des Weiteren wurden<br />

Studien zur Prognose,<br />

Effektivität verschiedener<br />

Therapiemethoden und<br />

auch Sonderfälle bei<br />

Transplantationspatienten<br />

dargestellt und diskutiert.<br />

Dr. Tim Hörnschemeyer,<br />

Osnabrück.<br />

Am Ende der Veranstaltung hatten alle Teilnehmer infolge<br />

des regen Informationsaustausches sich gemeinsam zum<br />

aktuellen Stand der Parodontologie kalibriert. <br />

— Dr. Tim Hörnschemeyer, Osnabrück<br />

Referent des KZVN-Vorstands für Leistungsabrechnung<br />

Parodontologie (PAR)<br />

Im März stellte die KZVN dann einen Antrag auf eine<br />

einstweilige Anordnung beim Sozialgericht, die Verbände<br />

zu verpflichten, sich vertragsgemäß zu verhalten,<br />

und – schwups – auf wundersame Weise war innerhalb<br />

weniger Tage das Einvernehmen hergestellt!<br />

An dieser Stelle Dank an die Osnabrücker Kollegen, die<br />

die Nerven bewahrt haben!<br />

In anderen Regionen sollten die für den MDK Tätigen<br />

noch einmal darüber nachdenken, ob sie ihren<br />

Sachverstand nicht auch lieber als Vertragsgutachter<br />

einbringen wollen im Einvernehmen mit den gewählten<br />

Vertretern aller Kolleginnen und Kollegen!<br />

Die KZVN wird jeden bis dahin für den MDK Tätigen<br />

den Kassen als Vertragsgutachter vorschlagen, der die<br />

fachliche und kollegiale Akzeptanz der Kollegen vor Ort<br />

besitzt (und dies hat nichts mit dem „Krähen-Prinzip“<br />

zu tun!).<br />

Vielleicht geht es ja in Zukunft auch wieder etwas<br />

schneller! <br />

— <strong>NZB</strong>-Redaktion<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />

15<br />

P O L I T I S C H E S


Neuer Fortbildungsgang der Akademie<br />

für freiberufliche Selbstverwaltung und<br />

Praxismanagement<br />

Anfang 2014 startet der neue, inzwischen<br />

achte Fortbildungsgang der Akademie für<br />

freiberufliche Selbstverwaltung und Praxismanagement.<br />

Interessenten können sich jetzt anmelden.<br />

Seit zwölf Jahren bietet die zahnärztliche Selbstverwaltung<br />

mit großem Erfolg ein besonderes berufsbegleitendes Fortbildungsangebot<br />

für junge Zahnärztinnen und Zahnärzte<br />

an, die Interesse an der Übernahme von Verantwortung in<br />

Gremien der zahnärztlichen Berufspolitik und Selbstverwaltung<br />

haben und sich das notwendige Know-how dafür<br />

zulegen wollen.<br />

Derzeit tragen neben der KZV Niedersachsen vierzehn weitere<br />

zahnärztliche Körperschaften unter der Schirmherrschaft<br />

von BZÄK und KZBV die Fortbildungsplattform, mit dem Ziel<br />

einer umfassenden wissenschaftlich und systematisch ausgerichteten<br />

Selbstprofessionalisierung der Zahnärzteschaft<br />

für den Erhalt und die Stärkung der Freiheit im Heilberuf.<br />

Rüstzeug für die Praxis<br />

Neben der politischen Fortbildung erhalten die Teilnehmer<br />

zudem auch Rüstzeug für das betriebswirtschaftliche<br />

Management ihrer Praxis. Zum Themenspektrum der Akademie<br />

gehören u. a. Recht und Ökonomie des Gesundheitswesens<br />

und der Zahnarztpraxis, Gesundheitssystemforschung,<br />

Rhetorik, Öffentlichkeitsarbeit, Diskussionsforen<br />

zu aktuellen gesundheitspolitischen Themen mit Entscheidungsträgern<br />

und Besuche bei Institutionen in Berlin und<br />

Brüssel runden ein vielseitiges interdisziplinäres Studienprogramm<br />

ab.<br />

Den siebten Studiengang der Akademie werden Ende dieses<br />

Jahres 18 Kolleginnen und Kollegen erfolgreich mit dem<br />

Zertifikat „Manager in Health Care Systems“ abschließen.<br />

Im Februar 2014 beginnt dann der neue Studiengang der<br />

AS-Akademie. Dieser achte postgraduale Fortbildungsgang<br />

erstreckt sich über zwei Jahre bis Ende 2015. Die Veranstal-<br />

16 P O L I T I S C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Der aktuelle 7. Studiengang der Akademie am 25.02.2012<br />

in Berlin mit zwei Zahnärztinnen und zwei Zahnärzten des<br />

Berufsverbands ZfN aus Niedersachsen.<br />

tungen finden an insgesamt zehn Wochenenden (jeweils<br />

von Donnerstagnachmittag bis Samstagmittag) in Form von<br />

Seminarblöcken statt. Die Veranstaltungen finden sowohl<br />

in Berlin, aber auch an wechselnden Orten im Bereich der<br />

Trägerkörperschaften in Form von Seminarblöcken statt.<br />

Wissenschaftlicher Leiter ist Prof. Burkhard Tiemann, die<br />

Geschäftsführung hat Dr. Sebastian Ziller.<br />

Vier Semester umfassender Stoff<br />

Die Lehrveranstaltungen werden als Vorlesungen, Übungen<br />

und Seminare abgehalten. Die Kurse sind mit rund 20 Teilnehmern<br />

besetzt. Die ersten beiden Semester bilden einen<br />

Grundkurs, in dem das Recht der Heilberufe, Grundlagen der<br />

Freiberuflichkeit, politische Entscheidungsverfahren sowie<br />

Foto: © AS-Akademie


Grundzüge der Volkswirtschaftslehre angeboten werden.<br />

Des Weiteren stehen das Recht der GKV, Grundzüge der<br />

Gesundheits- und Sozialpolitik, zahnärztliche Selbstverwaltung,<br />

Meinungsbildung und Entscheidungsverfahren<br />

in der Berufspolitik sowie Grundzüge der Betriebswirtschaft<br />

auf dem Lehrplan. Das dritte und vierte Semester<br />

sind als Aufbaukurs konzipiert. Hier geht es dann um<br />

Praxis- und Qualitätsmanagement, Gesundheitsökonomie,<br />

Gesundheitssystemforschung, Sozialmedizin, Epidemiologie,<br />

europäische Entwicklungen, Verbandsstrategien,<br />

Kommunikation sowie Öffentlichkeits- und Pressearbeit.<br />

Die Studienvermittlung erfolgt unter Leitung von Prof.<br />

Dr. B. Tiemann durch hochkarätige Dozenten aus Wissenschaft<br />

und Praxis. Für das zweijährige Curriculum wird<br />

eine Gebühr in Höhe von 3.900 EUR erhoben.<br />

Die Teilnahme wird gemäß den Leitsätzen der BZÄK/<br />

DGZMK/ KZBV zur zahnärztlichen Fortbildung mit<br />

Punkten bewertet.<br />

Seit 2011 besteht eine teilweise Anrechnungsmöglichkeit<br />

des AS-Curriculums auf das postgraduale Studium an<br />

der APOLLON Hochschule der Gesundheitswirtschaft<br />

Bremen zum Master of Health Management. Eine<br />

Anmeldung ist bis zum Jahresende möglich<br />

Info<br />

Die unter Schirmherrschaft von BZÄK und KZBV stehende<br />

AS-Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und<br />

Praxismanagement wird derzeit von der Ärztekammer<br />

Saarland (Abt. Zahnärzte), den Zahnärztekammern<br />

Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Westfalen-Lippe und<br />

Schleswig-Holstein sowie den KZVen Bremen, Niedersachsen,<br />

Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein,<br />

Westfalen-Lippe sowie dem Zahnärztlichen Bezirksverband<br />

Schwaben getragen und kooperiert mit dem Bundesverband<br />

der Zahnmedizinstudenten in Deutschland<br />

(BdZM e.V.).<br />

Weitere Informationen und Anmeldung:<br />

www.zahnaerzte-akademie-as.de <br />

Kontakt<br />

Akademie für freiberufliche Selbstverwaltung und<br />

Praxismanagement<br />

Chausseestraße 13<br />

10115 Berlin<br />

Ansprechpartner: Birgit Koch<br />

Tel.: 030 40005-101<br />

Fax: 030 40005-169<br />

E-Mail: b.koch@bzaek.de<br />

Zahnärzte bewerten<br />

Krankenkassen<br />

ONLINE-UMFRAGE DER<br />

KASSENZAHNÄRZTLICHEN<br />

BUNDESVEREINIGUNG (KZBV)<br />

Eingangsseite der KZBV-Onlineumfrage zur Kassenbewertung.<br />

Auf ihrer Homepage bittet die KZBV die Kollegenschaft<br />

darum, Krankenkassen online zu bewerten: „Die Zusammenarbeit<br />

mit Krankenkassen kann für den Vertragszahnarzt<br />

positive und negative Seiten aufweisen.<br />

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung möchte in<br />

dieser Umfrage erfahren, wie die Zahnärztinnen und<br />

Zahnärzte ihre Erfahrungen mit den rund 140 Krankenkassen<br />

in Deutschland beurteilen. Die Fragen beziehen<br />

sich auf die Serviceorientierung, das Leistungsspektrum<br />

sowie die Bürokratielast, die Praxen bewältigen müssen.<br />

Die Umfrage nimmt nur wenige Minuten Zeit in Anspruch.“<br />

Nach der Anmeldung mit Ihrem Namen, Ihrer E-Mail-<br />

Adresse und Ihrer KZV-Abrechnungsnummer können<br />

Sie sich unter http://www.kzbv.de/ an der Umfrage<br />

beteiligen.<br />

Die <strong>NZB</strong>-Redaktion bittet die Kolleginnen und Kollegen<br />

um eine rege Beteiligung an der Umfrage der KZBV. <br />

QR-Code zur<br />

KZBV-Onlineumfrage.<br />

— Ihre <strong>NZB</strong>-Redaktion<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | P O L I T I S C H E S<br />

17<br />

P O L I T I S C H E S


Fotos: © ZÄ Sarah Gronwald<br />

Versorgung einer jugendlichen Patientin<br />

mit Amelogenesis imperfecta<br />

Im vorliegenden Beitrag wird der Behandlungsablauf<br />

bei der Versorgung einer Patientin mit einer<br />

erblichen Zahnhartsubstanzanomalie beschrieben. Derartige<br />

Behandlungen sind komplexe Eingriffe, da nicht<br />

nur die fachliche, sondern auch psychologische/soziale<br />

Komponenten berücksichtigt werden müssen. Die Behandlung<br />

erstreckte sich insgesamt über einen Zeitraum<br />

von mehr als fünf Jahren und umfasste u. a. eine Sitzung<br />

in Intubationsnarkose und begleitende kieferorthopädische<br />

Maßnahmen.<br />

Bei Strukturanomalien handelt es sich häufig um hereditäre<br />

Erkrankungen, bei denen primär der Schmelz und/oder das<br />

Dentin betroffen sind. Sie treten meist isoliert auf, können<br />

aber auch mit systemischen Erkrankungen oder Syndromen<br />

vergesellschaftet sein. Die hereditären Zahndysplasien werden<br />

in den meisten Fällen autosomal-dominant, gelegentlich<br />

aber auch autosomal-rezessiv oder geschlechtsgebunden<br />

vererbt und beruhen im Wesentlichen auf Einzelgendefekten.<br />

Genetisch bedingte Dysplasien des Schmelzes werden als<br />

Abb. 01: Ausgangsbefund vom 21.01.2005.<br />

18 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Amelogenesis imperfecta bezeichnet. Durch den genetischen<br />

Defekt wird die Differenzierung oder die Funktion der<br />

Ameloblasten gestört, sodass chemisch, quantitativ<br />

und/oder strukturell abnormaler Schmelz gebildet wird. In<br />

der Regel sind alle Zähne einer oder beider Dentitionen<br />

betroffen. Die Dentinstruktur ist normal. Bis zu zwölf unterschiedliche<br />

Ausprägungen der Amelogenesis imperfecta<br />

werden beschrieben. Therapeutisch relevant ist die Differenzierung<br />

in hypoplastische, hypomaturierte und hypokalzifizierte<br />

Formen.<br />

Bei den hypoplastischen Formen ist die Schmelzschicht in<br />

der Quantitität reduziert (d. h. dünner), die Qualität des<br />

Schmelzes entspricht aber der Norm. (Konsequenz: Säure-<br />

Ätz-Technik ist problemlos möglich). Bei der Hypomaturation<br />

bilden die Ameloblasten zwar die normale Menge an<br />

Schmelzmatrix – die Mineralisation erfolgt jedoch unvollständig,<br />

d. h. es liegt eine gute Quantität, aber schlechte<br />

Qualität vor! (Konsequenz: Säure-Ätz-Technik ist nicht erfolgreich).<br />

Bei der Hypokalzifikation schließlich resultiert ein<br />

sehr weicher, schlecht mineralisierter Schmelz mit gelblich-<br />

Abb. 02: OPG vom 21.01.2005. Abb. 03: Fernröntgenseitenbild<br />

vom <strong>04</strong>.05.2005.


Abb. <strong>04</strong>: Zahnstatus vom 10.07.2006.<br />

bräunlicher Farbe. Innerhalb weniger Monate geht dieser<br />

Schmelz durch Attrition verloren, das freiliegende Dentin<br />

kann sehr schmerzempfindlich sein.<br />

Bei der zahnärztlichen Behandlung von Patienten mit<br />

Amelogenesis imperfecta ist zunächst auf eine intensive<br />

präventive Betreuung mit engen Recallterminen zu achten.<br />

Regelmäßige professionelle Zahnreinigungen sind wichtig,<br />

da es an den rauen Zahnoberflächen zu verstärkter Plaqueanlagerung<br />

kommt und auch das Risiko der Zahnsteinbildung<br />

erhöht ist. Neben den kosmetischen Beeinträchtigungen durch<br />

Verfärbungen können speziell die Substanzverluste im Seitenzahnbereich<br />

frühzeitig zu funktionellen Problemen führen.<br />

In vielen Fällen müssen deshalb bereits frühzeitig temporäre<br />

Kronen im Seitenzahnbereich eingegliedert werden.<br />

Bei der Therapieplanung ist weiterhin zu berücksichtigen:<br />

In mehr als der Hälfte der Fälle besteht eine Durchbruchsverzögerung<br />

sowie eine Tendenz zum offenen Biss.<br />

Die Anfertigung von Langzeitprovisorien oder/und eine<br />

kieferorthopädische Begleitbehandlung sind häufig nicht<br />

zu vermeiden. 1<br />

Anamnese<br />

Die seinerzeit zehnjährige Patientin stellt sich erstmals<br />

am 21.01.2005 im ZFZ vor. Sie war vom Kieferorthopäden<br />

überwiesen worden, der eine bereits begonnene KFO-<br />

Behandlung abbrechen musste.<br />

Hintergrund für den Abbruch war zum<br />

einen die drastische Verschlechterung<br />

des Zahnzustandes (massiver Verlust<br />

von Zahnschmelz) und zum anderen<br />

die immer stärkere psychische Belastung<br />

der Patientin, die von den<br />

Mitschülerinnen und Mitschülern aufgrund<br />

ihrer „gelben Zähne“ gehänselt<br />

wurde. Die Patientin wie auch ihre<br />

Eltern äußerten einen zentralen<br />

Wunsch: „Normale Zähne“. Eine erbliche<br />

Komponente war trotz intensiver Befragung im Familienkreis<br />

anamnestisch nicht abzuleiten.<br />

Ausgangsbefund<br />

Der klinische und röntgenologische Ausgangsbefund vom<br />

21.01.2005 ist aus dem Behandlungsblatt und dem vom<br />

Kieferorthopäden erstellten OPG ersichtlich.<br />

Wechselgebiss,<br />

Nichtanlage 22,<br />

persistierende 71+81 bei Nichtanlage 31+41,<br />

Amelogenesis imperfecta im Milch- und<br />

bleibenden Gebiss,<br />

Offener Biss (Abb. 1, 2 und 3).<br />

Aufgrund der vorliegenden Befunde wurde in Kooperation<br />

mit der behandelnden Kieferorthopädin eine erste Planung<br />

erstellt, die folgende zentrale Komponenten aufwies:<br />

Regelmäßige Intensivprophylaxe,<br />

Extraktion der Milchzähne um einen schnelleren<br />

Zahnwechsel zu provozieren,<br />

Versorgung durch Zahnersatz (Kronen und Veneers),<br />

KFO-Behandlung im Wesentlichen zur Reduktion des<br />

offenen Bisses.<br />

Ab dem 2. Quartal 2005 wurden die Milchzahnextraktionen<br />

durchgeführt. Zusätzlich erfolgten in Abständen von drei <br />

1 Auszug aus Pieper, K.: Zahnanomalien und ihre Versorgung in: Johannes Einwag und Klaus Pieper: Kinderzahnheilkunde,<br />

3. Auflage, Elsevier - Urban und Fischer 2008)<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

– Anzeige –<br />

19<br />

F A C H L I C H E S


Abb. 05: Frontalaufnahme. Ausgangssituation<br />

vor der Sanierung: Der offene Biss,<br />

die Nichtanlage 22, die persistierenden<br />

Milchzähne und das gesamte Ausmaß<br />

der Hartsubstanzanomalie sind gut zu<br />

erkennen.<br />

<br />

Monaten regelmäßig Prophylaxesitzungen mit professionellen<br />

Zahnreinigungen und professionellen Fluoridierungen als<br />

zentralem Bestandteil. Die kieferorthopädische Behandlung<br />

wurde wieder aufgenommen.<br />

Kernbehandlungsphase<br />

Im Juli 2006 waren mit Ausnahme der persistierenden<br />

Milchzähne 71 und 81 und des nicht angelegten Zahnes<br />

22 alle bleibenden Zähne bis zu den Sechs-Jahr-Molaren<br />

vollständig durchgebrochen. 27 befand sich im Durchbruch<br />

(Abb. 4).<br />

Der Leidensdruck (bezüglich der Ästhetik) auf die nunmehr<br />

elfjährige Schülerin hatte zwischenzeitlich derart zugenommen,<br />

dass die Eltern im Rahmen eines ausführlichen Beratungstermines<br />

den ausdrücklichen Wunsch formulierten,<br />

die KFO-Behandlung einzustellen und sofort mit einer<br />

definitiven prothetischen Versorgung der erkrankten Zähne<br />

zu beginnen. Ein weiteres Hinwarten (z. B. in der Hoffnung<br />

auf eine Absenkung des offenen Bisses) sei aus psychischen<br />

Gründen (Pubertät) nicht mehr zumutbar (Abb. 5, 6 und 7).<br />

Im Rahmen der Beratung wurde eine Versorgung der vorhandenen<br />

bleibenden Zähne mit VMK-Kronen und der<br />

persistierenden Milchzähne mit Kunststoffveneers vereinbart.<br />

Die Präparation, Abformung und Herstellung der Provisorien<br />

sollte während einer Sanierung in endotrachealer Intubationsnarkose<br />

durchgeführt werden. Für Einproben, Bissnahmen<br />

Abb. 08: Situation nach Präparation in<br />

Intubationsnarkose.<br />

20 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Abb. 06: Oberkiefer. Ausgangssituation<br />

vor der Sanierung im OK.<br />

Abb. 07: Unterkiefer. Ausgangssituation<br />

vor der Sanierung im UK.<br />

und Einsetzen der Kronen waren ambulante Sitzungen<br />

vorgesehen. Die Versorgung wurde beantragt und gutachterlich<br />

genehmigt. (Kommentar: Grundsätzlich erfolgt die<br />

Erstattung der Kosten bei der prothetischen Versorgung<br />

von Patienten mit Hartsubstanzanomalien nach den allgemeingültigen<br />

Richtlinien für den Zahnersatz. Für Patienten<br />

mit Amelogenesis imperfecta sind keine Sonderregelungen<br />

vorgesehen. Das heißt: Grundsätzlich müssen die Eltern mit<br />

finanziellen Eigenbeteiligungen in den Größenordnungen<br />

rechnen, wie sie auch bei der Versorgung von Zähnen mit<br />

z. B. kariös bedingter Zerstörung auftreten würden. Tatsächlich<br />

ist die Erstattung im Einzelfall jedoch durchaus unterschiedlich.<br />

Die Argumentation, dass es sich in derartigen<br />

Fällen ja um die Versorgung genetisch und nicht verhaltensbedingter<br />

Schäden handelt, ist sehr hilfreich.)<br />

Am 15.08.2006 erfolgte die Behandlung in Intubationsnarkose.<br />

Dabei wurden die Zähne entsprechend der Planung<br />

präpariert, die Abformungen im OK und UK vorgenommen<br />

und die Provisorien angefertigt (Abb. 8 und 9). Drei Tage<br />

später wurden die notwendigen Bissnahmen/Bissregistrate<br />

in einer separaten ambulanten Behandlungssitzung erstellt.<br />

Anfang September erfolgte eine Gerüsteinprobe. Dabei<br />

wurden neben der Überprüfung der Passung und der Bisshöhe/Bisslage<br />

nochmals die Form der Zähne im Allgemeinen<br />

(und insbesondere im Bereich der Nichtanlage des<br />

Zahnes 22) sowie die definitive Farbauswahl intensiv<br />

diskutiert. (Kommentar: 1. Farbe: Patienten mit derartigen<br />

Abb. 09: Provisorische Versorgung. Abb. 10: Situation bei der Gerüsteinprobe.


Abb. 11: Zwischenbefund nach Abschluss<br />

der prothetischen Versorgung.<br />

Schmelzbildungsstörungen tendieren in der Regel zu<br />

extrem hellen Farben, weil sie auf diese Weise die Defizite<br />

der Vergangenheit kompensieren wollen! Hier ist viel<br />

Fingerspitzengefühl bei der Beratung angesagt. 2. Form:<br />

Hier ist zu berücksichtigen, dass eine definitive Versorgung<br />

erfolgen soll. Das bedeutet: Die Form der Zähne muss<br />

derjenigen eines Erwachsenen entsprechen und ist somit<br />

in dieser Altersphase teilweise gewöhnungsbedürftig<br />

(Abb. 11).<br />

Vier Wochen nach der Präparation konnten die Kronen und<br />

Veneers in einer weiteren ambulanten Sitzung eingegliedert<br />

werden. Sowohl bezüglich der Ästhetik (Lückenschluss in<br />

regio 22 und Umgestaltung des Zahnes 23 in einen seitlichen<br />

Schneidezahn) als auch der Kaufunktion konnte durch die<br />

prothetischen Maßnahmen ein zufriedenstellendes Ergebnis<br />

erzielt werden. Die Mundhygiene ist ebenfalls erfreulich.<br />

Zahn 27 ist noch im Durchbruch – er wurde zunächst nicht<br />

versorgt (Abb. 11 und Abb. 12).<br />

Eine Herausforderung ist nach wie vor der offene Biss. Die<br />

Eltern konnten vom Sinn und Nutzen einer Fortsetzung der<br />

kieferorthopädischen Behandlung überzeugt werden. Diese<br />

erfolgte mit abnehmbaren Apparaturen.<br />

Ein halbes Jahr später waren – bedingt durch die kieferorthopädische<br />

Behandlung und den weiteren Durchbruch<br />

der Zähne (gut zu erkennen am Verlauf der zervikalen<br />

Ränder der Veneers an 71 und 81) – die Folgen sichtbar:<br />

Der offene Biss wurde reduziert (Abb. 14 und 15).<br />

Abb. 12: Beste gingivale Verhältnisse. 27<br />

ist noch nicht versorgt.<br />

Aktuell – zwei Jahre nach Abschluss der prothetischen<br />

Versorgung hat sich die Situation weiter stabilisiert. Funktionell<br />

wie auch ästhetisch kann jetzt von einem guten<br />

Behandlungsergebnis gesprochen werden. Bezüglich der<br />

sozialen Akzeptanz bestehen keinerlei Einschränkungen<br />

mehr. Die Zwölf-Jahr-Molaren werden zeitnah in einer<br />

ambulanten Behandlungssitzung versorgt werden (Abb. 16,<br />

17 und 18).<br />

Epikrise und Prognose<br />

Abb. 13: Nach prothetischer Versorgung:<br />

Der offene Biss ist deutlich erkennbar.<br />

Eine in ästhetischer und kaufunktioneller Hinsicht ausreichende<br />

Versorgung von erwachsenen Patienten mit Hartsubstanzanomalien<br />

ist durch die modernen Möglichkeiten<br />

der zahnärztlichen Prothetik und Werkstoffkunde weitgehend<br />

gewährleistet. Herausforderungen ergeben sich dagegen<br />

häufig bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen,<br />

da ein in der Entwicklung befindliches Kauorgan endgültige<br />

rekonstruktive Maßnahmen kaum zulässt. Für das<br />

Wechselgebiss stellen sich besonders folgende Aufgaben:<br />

das Verhindern weiterer Abrasionen an den schon<br />

durchgebrochenen Zähnen<br />

die Anhebung eines in der Regel schon abgesunkenen<br />

Bisses und Stabilisierung einer „normalen“ Bisslage<br />

(Wieder-)Herstellung einer zufriedenstellenden Ästhetik<br />

Verhinderung der Entwicklung kariöser Läsionen <br />

Abb. 14: Durchbruch. Anfang 2007 befinden sich alle zweiten Molaren im Durchbruch. Abb. 15: Absenkung. Der offene Biss hat<br />

sich leicht abgesenkt.<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

21<br />

F A C H L I C H E S


Abb. 16: Oberkiefer. Vorläufiger Abschluss<br />

im Oberkiefer.<br />

<br />

und dies alles bei einem möglichst geringen, den Patienten<br />

und sein Umfeld nicht über die Maßen belastenden<br />

zeitlichen und finanziellen Aufwand.<br />

Der vorliegende Fall kann unter diesen Prämissen als<br />

„mittelschwer“ klassifiziert werden (wenn man einmal von<br />

der Sitzung in Intubationsnarkose absieht), da die Wechselgebissphase<br />

doch schon weitgehend abgeschlossen war<br />

und eine Kombination aus prothetischen und kieferorthopädischen<br />

Maßnahmen im Rahmen einer Kernbehandlungsphase<br />

ausreichte, um das Wunschziel zu erreichen.<br />

SARAH GRONWALD<br />

Studium:<br />

WS 1992/93 Universität des<br />

Saarlandes, Saarbrücken,<br />

Anglistik/Romanistik<br />

SS 1993 Auslandsaufenthalt<br />

WS 1993/94-WS 1999/2000 Albert-Ludwigs-Universität<br />

Freiburg i. Br., Zahnmedizin<br />

Seit März 2000 zahnärztliche Angestellte im<br />

Zahnmedizinischen Fortbildungszentrum Stuttgart (ZFZ)<br />

Schwerpunkt:<br />

Kinderzahnheilkunde mit ITN- Zahnsanierung in<br />

Kooperation mit dem Klinikum Stuttgart Olgahospital<br />

komplexe Behandlungsfälle z.B. bei Schmelzbildungsstörungen<br />

(MIH, Amelogenesis/Dentinogenesis imperfecta,<br />

Erosionen)<br />

Lehrtätigkeit und Prüferin:<br />

Fortbildungen für ZFA (zur ZMP, ZMF, DH)<br />

Kollegiales Abschluss-Fachgespräch der<br />

zertifizierten Fortbildung<br />

Curriculum Kinderzahnheilkunde (ZFZ)<br />

Mitglied: DGZMK, DGK<br />

22 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Abb. 17: Unterkiefer. Vorläufiger Abschluss<br />

im Unterkiefer.<br />

Abb. 18: Aktueller klinischer Eindruck.<br />

Bei Vorstellung der Patientin im frühen Wechselgebiss<br />

wäre ein derartiges Vorgehen nicht möglich. Hier sind in<br />

der Regel zwei Kernbehandlungsphasen, einmal zur prothetischen<br />

Versorgung der bleibenden Frontzähne und der<br />

Sechs- Jahr-Molaren (je nach Durchbruch in der Regel im<br />

Alter von 8 bis 9 Jahren) und zum zweiten Mal im Alter von<br />

12 bis 14 Jahren (zur Versorgung der Eckzähne, Prämolaren<br />

und Zwölf-Jahr-Molaren) einzuplanen.<br />

Sinnvoll sind gelegentlich auch Langzeitprovisorien, vor allem<br />

dann, wenn die Entwicklung der Kiefer nicht hinreichend<br />

genau abgeschätzt werden kann.<br />

Materialtechnisch bieten sich heute – durch Einsatz moderner<br />

zementierbarer Keramiken – auch bei den hypokalzifizierten<br />

und hypomaturierten Formen der Amelogenesis<br />

funktionell und ästhetisch überlegene Alternativen. Optisch<br />

störende Metallränder (bei Metallkeramikversorgungen), die<br />

aufgrund der Eingliederung in der Wechselgebissphase<br />

und einem zu erwartenden weiteren Zahndurchbruch<br />

auftreten können, sind so zu vermeiden. Die Prognose im<br />

vorliegenden Fall ist grundsätzlich gut. Die Lebensdauer<br />

der eingegliederten prothetischen Restauration entspricht<br />

derjenigen bei Patienten ohne Hartsubstanzanomalien.<br />

Aufgrund der frühen Eingliederung kann davon ausgegangen<br />

werden, dass im frühen Erwachsenenalter aller Voraussicht<br />

nach eine erneute Versorgung der Zähne im sichtbaren<br />

Bereich erforderlich wird, um den ästhetischen Anforderungen<br />

zu genügen. Nicht vorhersagbar ist das Schicksal der<br />

persistierenden Milchzähne. Hier steht im Versorgungsfall<br />

die gesamte Palette der modernen Restaurativen Zahnheilkunde<br />

zur Verfügung. <br />

— ZÄ Sarah Gronwald,<br />

Prof. Dr. Johannes Einwag,<br />

Zahnmedizinisches Fortbildungszentrum Stuttgart<br />

Quelle: Zahnärzteblatt Baden-Württemberg 5/2011


Behandlungsmöglichkeiten bei<br />

„Molar-Incisor-Hypomineralisation“<br />

Abb. 01: Ausgangsbefund vom 26.05.2008.<br />

Fotos: © S. Gronwald<br />

Im vorliegenden Beitrag werden die Behandlungsmöglichkeiten<br />

bei Schmelzbildungsstörungen<br />

im Milch- bzw. im Wechselgebiss, genauer bei der<br />

sogenannten Molar-Incisor-Hypomineralisation/Molaren-<br />

Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) am Beispiel eines<br />

4-jährigen Jungen und eines 9-jährigen Mädchens<br />

beschrieben.<br />

Für die betroffenen Patienten sind Schmelzbildungsstörungen<br />

generell zunächst ein nicht zu unterschätzendes ästhetisches<br />

Problem. Den behandelnden Zahnarzt wiederum stellen sie<br />

mitunter vor erhebliche therapeutische Herausforderungen.<br />

Zur Entscheidungsfindung müssen verschiedene Faktoren<br />

gegeneinander abgewogen werden, um letztendlich eine<br />

für alle Seiten zufrieden stellende Lösung zu finden.<br />

Die Frage nach der adäquaten Versorgung der betroffenen<br />

Zähne hat eine große Bedeutung – mit welchem Material<br />

und zu welchem Zeitpunkt sollte versorgt werden? Einerseits<br />

droht rascher posteruptiver Substanzverlust, die Mundhygiene<br />

ist oft mangelhaft und dadurch die Kariesanfälligkeit<br />

noch zusätzlich erhöht. Auf der anderen Seite kann die<br />

Kooperationsbereitschaft der jungen Patienten durch<br />

Hypersensibilität und damit verbundene vorausgegangene<br />

negative Erfahrungen stark eingeschränkt sein.<br />

Bevor mit der Behandlung begonnen wird, sollte in schweren<br />

Fällen zunächst mit einem Kieferorthopäden abgeklärt<br />

werden, ob die Zähne überhaupt erhaltungswürdig sind.<br />

Bei sich entwickelndem Engstand ist es manchmal sinnvoll,<br />

die Zähne zu gegebener Zeit zu extrahieren. Bei der<br />

MIH treten meist an permanenten Inzisiven und ersten<br />

Molaren (manchmal auch cheese molars genannt)<br />

Schmelzbildungsstörungen mit nach wie vor teilweise<br />

unklarer Genese auf. Die Variabilität des Erkrankungsbildes<br />

ist erheblich: Es sind von einem bis zu allen vier Sechsjahresmolaren<br />

betroffen, oft in unterschiedlichem Ausmaß,<br />

häufig kombiniert mit den bleibenden Frontzähnen. Die<br />

Oberkiefer-Frontzähne sind häufiger beteiligt, die Unterkiefer-<br />

Frontzähne eher selten, Milchzähne nahezu nie. Da die<br />

Defekte der Schneidezähne meist milder ausgeprägt sind<br />

als die der Molaren, stellen sie, wenn überhaupt, nur ein<br />

kosmetisch/ästhetisches Problem dar. Die betroffenen<br />

Schmelzareale können bei Bedarf mit Kompositen bei<br />

kleineren Defekten oder mit Veneers bei flächigeren und/<br />

oder dunkleren Defekten versorgt werden. Die Prävalenz in<br />

Deutschland liegt zwischen 0,6% bis 5,6%, in anderen<br />

Ländern wird über Werte zwischen 3,6% bis 25% berichtet. 1<br />

Das Problem der MIH findet in der Mineralisationsphase <br />

Abb. 02: Rö-Bissflügel rechts und links vom 23.06.2008. Abb. 03: Befund bei Wiedervorstellung vom <strong>04</strong>.<strong>04</strong>.2011.<br />

1 Auszug aus Pieper, K.: Zahnanomalien und ihre Versorgung in Johannes Einwag und Klaus Pieper.<br />

Kinderzahnheilkunde 3. Auflage, Elsevier – Urban und Fischer 2008<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

23<br />

F A C H L I C H E S


der Zahnkronen dieser Zähne statt, das Zeitfenster reicht<br />

vom achten Schwangerschaftsmonat bis zum 5. Lebensjahr.<br />

Es wird angenommen, dass Ameloblasten in dieser<br />

Phase teilweise irreversibel zerstört werden und andere sich<br />

wieder „erholen“ können – somit kann das klinische<br />

Erscheinungsbild unterschiedlich sein und auch der<br />

Schweregrad innerhalb einer Mundhöhle.<br />

Die Farbe der Schmelzoberfläche variiert von creme-weiß<br />

über gelb bis braun. Je dunkler die Farbe, desto poröser die<br />

Zahnsubstanz und desto größer die Gefahr posteruptiver<br />

Substanzverluste. Je mehr Molaren betroffen sind, desto<br />

größer wiederum ist die Gefahr, dass auch die Inzisivi mit<br />

betroffen sind. Der hypomineralisierte Schmelz hat im<br />

Vergleich zu normalem Schmelz einen niedrigeren Kalziumund<br />

Phosphorgehalt sowie einen höheren Kohlenstoffanteil.<br />

Die mechanische Belastbarkeit des betroffenen Schmelzes<br />

ist herabgesetzt, wodurch es schon unter normaler Kaubelastung<br />

zu Schmelzabsprengungen kommen kann. Teile<br />

des betroffenen Zahnschmelzes können kurz nach dem<br />

Zahndurchbruch unter der Einwirkung von Kaukräften<br />

verloren gehen, dies führt zu Dentinfreilegungen.<br />

Betroffene Molaren können empfindlich auf thermische,<br />

chemische und mechanische Reize reagieren. Oft kann<br />

schon die Zahnpflege schmerzhaft sein, was dann, bei einer<br />

Vernachlässigung der Mundhygiene, zu einer schnellen<br />

Kariesentwicklung führen kann. Bei der Anwendung von<br />

Lokalanästhesie an den betroffenen Zähnen kann auch<br />

oft keine oder keine ausreichende Schmerzausschaltung<br />

erreicht werden.<br />

Abb. <strong>04</strong>: Fotostatus, intraoraler Befund vom <strong>04</strong>.<strong>04</strong>.2011.<br />

24 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Die Entscheidung „Extraktion oder Restauration“ der betroffenen<br />

Zähne hängt v. a. von der Defektgröße und der<br />

Schmelzqualität ab, ebenso vom Alter des Kindes und von<br />

den kieferorthopädischen Möglichkeiten des Lückenschlusses.<br />

Generell sollten diese Kinder engmaschig in einem Intensivprophylaxeprogramm<br />

betreut werden mit entsprechenden<br />

professionellen und häuslichen Fluorid- und Chlorhexidin-<br />

Anwendungen. Bei engmaschigem Recall (mindestens alle<br />

drei Monate) können ggf. auch minimal befallene Okklusalflächen<br />

mit Fissurenversiegelungen versorgt werden. Wenn<br />

eine Behandlung mit SÄT und Komposit als Füllungsmaterial<br />

vorgesehen ist, sollten aufgrund des schwachen/veränderten<br />

Ätzprofils alle veränderten Schmelzareale zumindest am<br />

Präparationsrand entfernt werden, ansonsten ist eine schnelle<br />

Randspaltbildung und/oder Sekundärkaries die Folge.<br />

Als zeitlich begrenzte Übergangslösung bis zur definitiven<br />

Überkronung oder bis zur Extraktionstherapie und kieferorthopädischen<br />

Mesialisierung der 2. Molaren können die<br />

Sechsjahresmolaren mit konfektionierten Stahlkronen<br />

versorgt werden.<br />

Als langfristige Lösung können Goldteilkronen/Goldkronen,<br />

Verblendkeramikkronen oder Keramikteilkronen/Keramikkronen<br />

(adhäsiv befestigt oder zementierbar mit entsprechender<br />

Keramik) eingesetzt werden. Dies ist jedoch mit einem<br />

höheren zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden<br />

und ist auch abhängig vom Alter und der Kooperationsfähigkeit<br />

des Kindes.<br />

Teilweise ist eine Behandlung in Narkose unumgänglich,<br />

wenn die Schmerzausschaltung für die Behandlung (sei es


Füllungstherapie oder Präparation) mit lokaler Anästhesie<br />

nicht möglich ist. Sollte eine lokale Schmerzausschaltung<br />

an diesen Zähnen nicht möglich sein, bietet die Behandlung<br />

mit Lachgas leider oft keine Alternative. Diese wäre<br />

allenfalls eine Sedierung, die jedoch einen vergleichbaren<br />

Aufwand entsprechend der Narkose bedeutet (Anästhesist,<br />

Aufwachraum, Monitoring etc.) – mit erhöhtem Risiko<br />

(unklare Dosis/Wirkung, ungesicherte Atmung etc.).<br />

Ursachen<br />

Angesichts der bestehenden Versorgungsproblematik<br />

sind alle Maßnahmen zur Vorbeugung der Erkrankung zu<br />

begrüßen.<br />

Nur: Wo soll man ansetzen? Als Ursachen der MIH werden<br />

u. a. diskutiert: Pneumonie, hohes Fieber, hochdosierte<br />

Antibiotikagabe, Störung im Mineralhaushalt, Dioxin oder<br />

polychloriertes Biphenyl in der Muttermilch und mehr als<br />

neun Monate langes Stillen, Frühgeburt und Sauerstoffmangel<br />

bei der Geburt oder später respiratorische<br />

Erkrankungen in der frühen Kindheit (Asthma bronchiale,<br />

rezidivierende Bronchitiden) oder Infektionskrankheiten<br />

wie Diphtherie, Scharlach, Mumps und Masern während<br />

der ersten drei Lebensmonate. Eine tatsächliche Ursache<br />

konnte bislang allerdings nicht verifiziert werden und so<br />

kann man auch vermuten, dass es ein multifaktorielles<br />

Geschehen sein kann.<br />

Hypomineralisationen an den Sechsjahresmolaren können<br />

nach Wetzel und Reckel in drei Schweregrade eingeteilt<br />

werden:<br />

Schweregrad 1 (leicht): Molaren mit Schweregrad 1<br />

weisen einzelne weiß-cremig abgegrenzte Opazitäten<br />

im Bereich der Kaufläche und/oder der Höcker des<br />

oberen Kronendrittels ohne Substanzverlust auf.<br />

Schweregrad 2 (mittel): Bei diesem Schweregrad<br />

erfassen die Opazitäten fast alle Höcker und das obere<br />

Kronendrittel mit geringem Substanzverlust.<br />

Schweregrad 3 (schwer): Dieser ist durch großflächige<br />

gelb-braune Verfärbungen mit Defekten der Kronenmorphologie<br />

aufgrund ausgeprägter Schmelzverluste<br />

gekennzeichnet.<br />

Alle Schweregrade können mit oder ohne Beteiligung der<br />

Schneidezähne auftreten. Die Verteilung auf die einzelnen<br />

Schweregrade ist annähernd identisch. Ebenso sind Mädchen<br />

und Jungen gleichermaßen betroffen.<br />

Differenzialdiagnostisch müssen folgende Krankheitsbilder<br />

in Betracht gezogen werden: Amelogenesis imperfecta,<br />

Dentalfluorose, Schmelzfehlbildungen durch Tetrazyklingabe,<br />

Trauma, apikale Entzündungen der Milchzähne (Folge:<br />

Turnerzahn) sowie Karies.<br />

Abb. 05: Nachkontrolle. Röntgenologische Nachkontrolle nach<br />

sechs Monaten.<br />

Patientenfall<br />

Die vorliegenden Fälle zeigen den Ablauf der Behandlung<br />

am Beispiel eines 4-jährigen Jungen.<br />

Anamnese<br />

Der 4-jährige Junge stellte sich erstmals im Mai 2008 mit<br />

seinen Eltern aufgrund der Überweisung vom Hauszahnarzt<br />

im Zahnmedizinischen Fortbildungszentrum (ZFZ)<br />

Stuttgart vor. Aufgrund einer notwendigen Herzoperation<br />

wegen eines angeborenen Herzfehlers (mit der Komplikation<br />

eines intraoperativen Herzinfarktes) wurde die Zahnsanierung<br />

in ITN beim Hauszahnarzt vom Anästhesisten<br />

abgelehnt und sollte nun in Zusammenarbeit mit dem<br />

ZFZ (Zahnarzt) und dem Klinikum Stuttgart Olgahospital<br />

(Anästhesie und Überwachung) stattfinden.<br />

Ausgangsbefund<br />

Während der extraorale Befund unauffällig war, zeigte der<br />

intraorale Befund ein kariöses Milchgebiss (s. Abb. 1 und<br />

2). Im Juni 2008 fand die Milchzahnsanierung in ITN statt.<br />

Dabei wurde die notwendige Füllungstherapie mit Kompositen<br />

sowie eine Pulpotomie durchgeführt. Anschließend<br />

wurde der Patient wieder zum Hauszahnarzt zur regelmäßigen<br />

Kontrolle und Intensivprophylaxe zurück überwiesen.<br />

Befund 3 Jahre später<br />

Im April 2011 stellte sich der Patient erneut im ZFZ vor.<br />

Mittlerweile war der Patient 7 Jahre und im beginnenden<br />

Wechselgebiss zeigten sich Schmelzhypoplasien der Sechsjahresmolaren<br />

(MIH, s. Abb. 3 und 4). Da die Zähne starke<br />

Empfindlichkeiten und zunehmende Substanzverluste<br />

trotz bereits applizierter Fissurenversiegelungen aufwiesen,<br />

hat sich der Hauszahnarzt mit den Eltern entschieden,<br />

den Patient zur erneuten Versorgung im Rahmen einer<br />

ITN-Behandlung wieder ans ZFZ zu überweisen. <br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

25<br />

F A C H L I C H E S


Abb. 06: Röntgenkontrolle in ITN der Stahlkronen an den Zähnen 26, 36, 46;<br />

Bissflügel rechts und links vom 26.05.2011.<br />

<br />

Therapie<br />

Im ZFZ erfolgte im Anschluss an die Befunderhebung und<br />

Einschätzung der Kooperationsbereitschaft des Kindes in<br />

Absprache mit den Eltern die individuelle Therapieplanung.<br />

Es wurden die Behandlungsmöglichkeiten und -alternativen<br />

besprochen: betroffene, aber kariesfreie Zähne zu versiegeln<br />

bzw. die Fissurenversiegelung zu erneuern, die bereits vorhandenen<br />

kleineren Kavitationen, nach Entfernung kariöser<br />

Stellen und hypoplastischer Schmelzanteile mit lichthärtendem<br />

Komposit wieder aufzubauen bzw. die Versorgung<br />

mit konfektionierten Stahlkronen vorzunehmen. Aufgeklärt<br />

wurde u. a. ebenfalls über die Möglichkeiten der definitiven<br />

Überkronung mit Goldteilkronen/Goldkronen, VMK oder<br />

Keramikkronen sowie einer Extraktionstherapie inkl. begleitender<br />

KFO.<br />

Unabhängig davon gilt: Die definitive Entscheidung kann<br />

manchmal erst während der Behandlung fallen, wenn es<br />

z. B. doch zu einer Pulpabeteiligung kommt und somit<br />

eine sofortige Extraktionstherapie sinnvoller erscheint.<br />

Auch dies ist den Eltern gegenüber zu kommunizieren.<br />

Aufgrund der noch nicht eindeutigen Gebissentwicklung<br />

des Patienten und der Tendenz zum Engstand wurde im<br />

konkreten Fall in Absprache mit den Eltern, dem Hauszahnarzt<br />

und dem Kieferorthopäden die Entscheidung getroffen,<br />

dass die stärker betroffenen und sehr empfindlichen<br />

Zähne 26, 36 und 46 mittels Stahlkronen versorgt und<br />

Abb. 08: Befund nach ITN vom 26.05.2011.<br />

26 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Zahn 16 neu versiegelt werden sollten. Somit kann die<br />

Entscheidung der Extraktionstherapie noch hinausgezögert<br />

werden. Sie wird in der Regel vom Kieferorthopäden ca.<br />

mit dem 9. Lebensjahr des Patienten entschieden. Mit ca.<br />

9 Jahren ist die Extraktionstherapie, wenn notwendig, meist<br />

am sinnvollsten, da sich der Zahnkeim des 2. Molaren am<br />

günstigsten nach mesial entwickelt.<br />

Ebenso sorgfältig sollte im Voraus ein möglichst schonendes<br />

und ausreichendes Anästhesieverfahren gewählt werden.<br />

Abzuwägen sind die Kooperationsbereitschaft des Kindes,<br />

die Anzahl und der Grad der Schädigung der zu behandelnden<br />

Zähne und eventuell zu erwartende Probleme bei der<br />

Lokalanästhesie. In diesem Fall war die Entscheidung zur<br />

ITN-Behandlung durch den Hauszahnarzt schon abgeklärt.<br />

Die Vorbehandlung mit Fissurenversiegelung konnte trotz<br />

guter Compliance des Kindes nur mit mangelnder/fehlender<br />

Schmerzausschaltung stattfinden. (Bei manchen Kindern<br />

kann man bereits das Entstehen eines sogenannten<br />

„Schmerzgedächtnisses“ beobachten: Anhaltende und<br />

wiederkehrende Schmerzen können dazu führen, dass<br />

die sensiblen und schmerzleitenden neuralen Strukturen<br />

empfindlicher werden und schon auf relativ schwache<br />

Signale reagieren. Im Extremfall kann bereits ein normaler<br />

Reiz eine Schmerzempfindung auslösen.)<br />

Prognose<br />

Abb. 07: Stahlkrone an Zahn 46<br />

als Langzeitprovisorium in ITN vom<br />

26.05.2011.<br />

Aufgrund der guten Compliance des Patienten und der<br />

Eltern ist der weiter notwendige Behandlungsverlauf als<br />

positiv einzuschätzen. Sowohl eine später notwendige<br />

definitive Überkronung oder alternativ eine Extraktionstherapie<br />

mit folgender kieferorthopädischer Behandlung<br />

wird voraussichtlich mit einer intensiven zahnärztlichen<br />

prophylaktischen Betreuung positiv verlaufen. Trotzdem<br />

darf, v. a. in solchen Patientenfällen mit Vorerkrankungen,<br />

die psychische Belastung des Kindes durch den erhöhten<br />

therapeutischen Aufwand nicht unterschätzt werden.<br />

Mit der aktuellen Versorgung, die sich oft über mehrere


zeitintensive Sitzungen hinstreckt, ist die Therapie nicht<br />

abgeschlossen, da diese in der Regel nur eine mittelfristige<br />

oder langzeitprovisorische Restauration darstellt.<br />

Stahlkronen der Sechsjahresmolaren sind ähnlich anzuwenden<br />

wie die etwas besser bekannten Stahlkronen im<br />

Milchgebiss. Im Gegensatz hierzu ist jedoch auf eine möglichst<br />

schonende Präparation zu achten, um genügend<br />

Substanz für die spätere definitive Versorgung zu erhalten,<br />

die bis zum 15. Lebensjahr erfolgen sollte.<br />

Die konfektionierten Kronen kommen dann zur Anwendung,<br />

wenn die Zähne zumindest über einen gewissen Zeitraum<br />

erhalten werden sollen, die Defekte jedoch zu groß für die<br />

Füllungstherapie sind. Leider ist die Präparation der Sechsjahrmolaren<br />

(im Vergleich zur Versorgung von Milchmolaren)<br />

oft zeitraubend. Nach versuchter schonender tangentialer<br />

Präparation mesial und distal sowie Reduktion der<br />

Höhe um ca. 1,5 mm wird die entsprechende Kronengröße<br />

ausgewählt. Diese kann noch durch Kürzen oder Biegen<br />

des Randes individualisiert werden. Wichtig ist es, vor dem<br />

definitiven Einsetzen der Kronen den korrekten Sitz mittels<br />

Röntgenbild zu überprüfen. Bedingt durch das Fehlen eines<br />

basalen Schmelzwulstes, lässt sich die Konfektionskrone<br />

auf dem konisch beschliffenen Zahn nur schwer fixieren,<br />

ein exakter Randschluss ist praktisch nicht zu erreichen.<br />

Insbesondere interdental, am Übergang zwischen Krone<br />

und Zahn, sind in jedem Fall Retentionsnischen vorhanden<br />

(Wechselgebiss), die die Ansammlung von Plaque begünstigen.<br />

Zentrales Folgeproblem ist eine dauerhafte Irritation<br />

des marginalen Parodontiums. Um Knochenabbau zu<br />

vermeiden, sollten die konfektionierten Kronen spätestens<br />

nach Abschluss der Wechselgebissphase durch eine exakt<br />

sitzende definitive Versorgung ersetzt werden.<br />

2. Patientenfall, Anamnese<br />

Die 9-jährige Patientin stellte sich im Mai 2011 im ZFZ vor.<br />

Bei einer bestehenden Cystinose mit Nierentransplantation<br />

im November 2010 sowie einer Operation der Beine stellte<br />

der Hauszahnarzt eine Schmelzhypoplasie der Sechsjahrmolaren<br />

und der Frontzähne fest mit starker Schmerzempfindlichkeit<br />

bei thermisch/chemischen und mechanischen<br />

Reizen.<br />

Auch in diesem Fall ist die Sorge der Eltern vielschichtig und<br />

betrifft nicht nur die bevorstehende zahnärztliche Therapie,<br />

sondern auch die Frage nach der Schuld (Was hätten sie<br />

als Eltern besser/anders machen können? War die häusliche<br />

Zahnpflege ausreichend? Wurde nicht genug auf die<br />

Ernährung geachtet? Waren sie zu spät beim Zahnarzt?)<br />

sowie der psychischen Belastung ihres Kindes (die Eltern<br />

deuten an, dass ihr Kind von Mitschülern zunehmend auf<br />

die Zahnverfärbungen angesprochen wird!).<br />

Bei solch einer Vorgeschichte und den entsprechenden<br />

offenen Fragen ist der Behandler schon am ersten Termin<br />

2 Literatur: R. Steffens, H. van Waes, Quintessenz 2011; 62 (12): 1585-1592<br />

Abb. 09: Ausgangsbefund vom 10.05.2011.<br />

Abb. 10: Panoramaschichtaufnahme vom 10.05.2011.<br />

sehr gefordert – ein ängstliches Kind, verunsicherte Eltern,<br />

viele offene Fragen und ihr dringender Wunsch nach einer<br />

schnellen Behandlungslösung/-umsetzung.<br />

Hier ist es wichtig, die Eltern umfassend über alle Behandlungsmöglichkeiten<br />

(Seitenzahnbereich: Füllungstherapie,<br />

Stahlkronen, Gold- oder Keramikkronen, Extraktionstherapie<br />

mit KFO; Frontzahnbereich: Füllungstherapie oder Veneer)<br />

sowie Vor- und Nachteile und mögliche Folgebehandlungen<br />

zu informieren und als Behandlungsbeginn die Aufnahme<br />

in ein Intensivprophylaxeprogramm zu starten, welches<br />

meist durch vertrauensbildende Maßnahmen auch schnell<br />

die Patientencompliance fördern kann.<br />

Da junge Patienten mit MIH (mit oder ohne zusätzliche<br />

Vorerkrankung) bereits oft eine chronische Schmerzgeschichte<br />

haben, ist eine MIH-spezifische Schmerzkontrolle<br />

und Verhaltenssteuerung notwendig. 2<br />

Befund<br />

Abgesehen von einer insgesamt verzögerten körperlichen<br />

und dentalen Entwicklung aufgrund der Vorerkrankung,<br />

zeigte sich der extraorale Befund unauffällig, der intraorale<br />

Befund (Abb. 9 und 10) zeigte ein Wechselgebiss. An allen<br />

ersten Milchmolaren konnte Approximalkaries festgestellt<br />

werden. Alle Sechsjahrmolaren sowie die Schneidezähne<br />

im Ober- und Unterkiefer waren, unterschiedlich ausgeprägt,<br />

von MIH betroffen. Das Zähneputzen und Essen wurde<br />

aufgrund der Schmerzempfindlichkeit zunehmend zur<br />

Belastung. Außerdem wurde Substanzverlust an Zahn 46<br />

registriert. <br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

27<br />

F A C H L I C H E S


Abb. 11: Fotostatus vom 11.11.2011.<br />

<br />

Therapie<br />

Nach Befundaufnahme und Besprechung mit den Eltern<br />

und dem hinzugezogenen Kieferorthopäden wurden alle<br />

Behandlungsalternativen ausführlich besprochen. Aufgrund<br />

der Vorerkrankung und der täglichen Belastung des Kindes<br />

entschieden sich die Eltern für eine möglichst schnelle und<br />

langfristige Lösung. Außerdem sollte die Ästhetik, also<br />

Zahnfarbe auch im Seitenzahnbereich, mit berücksichtigt<br />

werden (Abb. 11). Gemeinsam wurde entschieden, dass<br />

die nicht so schmerzempfindlichen Frontzähne zunächst<br />

so belassen werden und ggf. später, wenn die optimale<br />

Zahnstellung erreicht ist, mit Füllungen oder Veneers<br />

versorgt werden. Die Zähne 16, 26 und 46 sollten mit Keramikkronen<br />

versorgt werden, der weniger stark betroffene<br />

Zahn 36 sowie die Milchzähne 64, 74 und 84, wenn<br />

möglich, mit einer Kunststofffüllung (Eine mögliche spätere<br />

Extraktionstherapie je nach Engstand oder auch anstelle<br />

einer ggf. notwendigen Entfernung der Weisheitszähne<br />

Abb. 12: Röntgenbefund in ITN vom 11.11.2011.<br />

28 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

wurde abgeklärt.). Der Zahn 54 wurde extrahiert, da die<br />

Wurzelresorption für eine Pulpotomie schon zu weit fortgeschritten<br />

war.<br />

Aufgrund der Vorbelastung der jungen Patientin und der<br />

starken Schmerzempfindlichkeit wurde die Behandlung in<br />

ITN durchgeführt (Abb. 15). Das Zementieren der Keramikkronen<br />

(hier mit Oxidkeramik/e. max ® ) konnte wiederum in<br />

der Praxis durchgeführt werden (Abb. 16), da die Patientin<br />

großes Vertrauen zeigte und sich ihr Wunsch nach<br />

schmerzfreien Zähnen erfüllte. Ansonsten wäre optional<br />

noch – zusätzlich zur Lokalanästhesie – eine Behandlung<br />

unter Analgosedierung (Lachgas) anstelle eines zweiten<br />

kurzen ITN-Termines möglich gewesen.<br />

Prognose<br />

Auch hier ist aufgrund der guten Compliance der Patientin<br />

und der Eltern der weitere notwendige Behandlungsverlauf<br />

als positiv einzuschätzen. Bei entsprechender Mundhygiene<br />

und Intensivprophylaxe kann eine weitere Behandlung<br />

sicherlich längerfristig vermieden werden. Sollte sich doch<br />

ein durch Extraktion therapiebedürftiger Engstand ergeben,<br />

so kann in ein paar Jahren immer noch entschieden werden,<br />

ob es sinnvoller ist, die Sechsjahrmolaren zu entfernen<br />

(mit folgender Multibandtherapie) oder ob die Weisheitszahnentfernung<br />

ausreichend ist. Aufgrund der verzögerten<br />

dentalen Entwicklung kann in diesem Fall aus kieferorthopädischer<br />

Sicht noch abgewartet werden.<br />

Ob bei den beiden beschriebenen Patientenfällen die<br />

jeweilige Vorerkrankung mit ihrer jeweiligen Folgeproblematik<br />

(Herzfehler, Cystinose/ Nierentransplantation) Ursache<br />

für die MIH sein kann, bleibt bislang noch ungeklärt.<br />

Auf jeden Fall spielt die Behandlung von hypomineralisierten<br />

Zahndefekten bei Kindern eine zunehmend große Rolle,<br />

da bei gleichzeitigem Kariesrückgang die Prävalenz von<br />

MIH zuzunehmen scheint (unabhängig auch von Vorerkrankungen<br />

und möglichen Zusammenhängen, wie bei<br />

den beiden beschriebenen Patientenfällen). Die Ausprägung<br />

der Hypomineralisationen und die daraus resultie-


ende Problematik können stark differieren. Wesentlich ist<br />

zum einen die Aufklärung der Eltern durch den behandelnden<br />

Zahnarzt, zum anderen sollte der Zahnarzt selbst über<br />

die zwar noch ungeklärten, aber möglichen frühkindlichen<br />

Risikofaktoren, das klinische Erscheinungsbild und die Therapiemöglichkeiten<br />

der Erkrankung informiert sein. Es muss<br />

zudem erkannt und ernst genommen werden, dass Kinder<br />

mit MIH deutlich vermehrt unter Hypersensibilitäten, Zahnarztangst<br />

und Sekundärkaries leiden.<br />

Folgende Grundsätze sollten bei der Verhaltenssteuerung<br />

und Schmerzkontrolle unbedingt beachtet werden:<br />

Schmerzvermeidung bei jedem Behandlungsschritt<br />

(z. B. Prämedikation bei Behandlung hypersensibler<br />

MIH-Zähnen)<br />

Einsatz der bestmöglichen Schmerzkontrolle<br />

strikte Beachtung der Schmerzrückmeldung des Patienten<br />

Ein entsprechendes Therapiekonzept unter Berücksichtigung<br />

einer optimalen Schmerzkontrolle und Verhaltenssteuerung<br />

richtet sich also nach dem Befund und individuell auch<br />

nach dem Grad der Beschwerden. So können Patienten mit<br />

MIH frühzeitig erfasst und in eine umfassende Betreuung<br />

sowie in ein engmaschiges Recall-Programm aufgenommen<br />

werden. Damit wächst die Chance, eine in funktioneller/<br />

schmerzfreier und ästhetischer Hinsicht zufriedenstellende<br />

Rehabilitation zu erreichen. <br />

— Sarah Gronwald, Zahnärztin<br />

Zahnmedizinisches Fortbildungszentrum Stuttgart<br />

Quelle: Zahnärzteblatt Baden-Württemberg Nr. 10+11/2012<br />

Abb. 15: Präparation in ITN, Zähne 16, 26, 46 am 11.11.2011.<br />

Abb. 16: Zementierte Keramikkronen Zähne 16, 26, 46 am 18.11.2011.<br />

Abb. 13: Befund nach Einsetzten der Keramikkronen am<br />

18.11.2011.<br />

Abb. 14: Röntgenkontrolle mit Keramikkronen an den<br />

Zähnen 16, 26, 46 am 18.11.2011.<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

29<br />

F A C H L I C H E S


Fotos: © Dr. S. Feierabend<br />

Möglichkeiten und Grenzen des<br />

Zahnerhalts bei Milchzähnen<br />

Noch immer wird fast<br />

die Hälfte aller Kinder<br />

in Deutschland mit Karies eingeschult.<br />

Zusätzlich bleibt eine große Anzahl<br />

kariöser Läsionen unversorgt. Daneben<br />

nimmt die Polarisation der<br />

Karies zu, es gibt also weiterhin<br />

eine kleine Gruppe von Kindern und<br />

Jugendlichen, die überdurchschnittlich<br />

viel Karies(-erfahrung) haben.<br />

Gerade solche Randgruppen werden<br />

oft durch die etablierte Gruppen- und<br />

Individualprophylaxe nicht erreicht.<br />

Der Behandlungsumfang solcher<br />

Kinder ist dann meist sehr groß, oft<br />

in ambulanter Behandlung nicht zu<br />

bewältigen, und erfordert maximal<br />

präventive Maßnahmen durch den<br />

Behandler. Der folgende Fall gibt<br />

eine Übersicht über restaurative<br />

30 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Maßnahmen wie Füllungen mit<br />

plastischen Materialien, Milchzahnendodontie<br />

und Versorgungen mit<br />

konfektionierten Milchzahnkronen.<br />

Über den im Durchschnitt guten<br />

Ergebnissen der Kinder- und Jugendgruppe<br />

der vierten Deutschen Mundgesundheitsstudie<br />

(DMS IV) gerät die<br />

weiterhin hohe Prävalenz der Milchzahnkaries<br />

beinahe in Vergessenheit.<br />

Bei den jüngeren Kindern ist nach<br />

wie vor das Problem der Fläschchenkaries<br />

dominant. Hier ist nur bis zu<br />

einem Drittel der Läsionen überhaupt<br />

versorgt.<br />

Mögen die Gründe für die Nicht-Versorgung<br />

vielfältig sein, so bestehen<br />

dennoch medizinische (allgemeinme-<br />

Abb. 01: Klinischer Befund vor der Sanierung in Intubationsnarkose.<br />

dizinische und zahnmedizinische),<br />

ethische und psychosoziale Aspekte,<br />

die eine Behandlung in jedem Fall<br />

erforderlich machen. Das bedeutet,<br />

Kinder mit frühkindlicher Karies sind<br />

oft anfälliger für Infektionskrankheiten,<br />

leiden an den Folgen einer Fehl- und<br />

Mangelernährung – bedingt durch eine<br />

Beeinträchtigung der Kaufunktion –,<br />

Schwierigkeiten in der Sprachentwicklung,<br />

Störungen im Wachstum aufgrund<br />

vertikaler und horizontaler Dimensionsverluste<br />

und nicht zuletzt leiden<br />

sie oft unter ihrem Aussehen, was bei<br />

kariöser Zerstörung der Oberkieferfrontzähne<br />

besonders hervortritt.<br />

Anamnese<br />

Bei der hier vorgestellten knapp<br />

sechsjährigen, allgemeinmedizinisch<br />

gesunden Patientin war im Rahmen<br />

der halbjährlichen Kontrolluntersuchungen<br />

eine tiefe Dentinkaries an<br />

den Zähnen 54 und 74 diagnostiziert<br />

worden. Während der ambulanten<br />

Behandlung verweigerte sie die<br />

weitere Mitarbeit, sodass die eröffnete<br />

Pulpa nur notdürftig mit einem Calciumhydroxidpräparat<br />

abgedeckt und der<br />

Zahn mit einem Glasionomerzement<br />

gefüllt wurde. Wenige Wochen später<br />

klagte sie über Schmerzen in dieser<br />

Region und es wurde eine Behandlung<br />

unter Dormicum ® angestrebt, die<br />

erfolglos blieb. Es folgte die Überweisung<br />

in eine Zahnklinik. Da der<br />

Behandlungsumfang verhältnismäßig<br />

groß war, die Mitarbeit der Patientin<br />

inzwischen aber sehr gering, wurde<br />

eine Behandlung in Allgemeinnarkose<br />

(ITN) angestrebt.


Abb. 02: Rechte Bissflügelaufnahme<br />

(Ausschnitt). Zahn 54 mit interradikulärer<br />

Osteolyse und als Folge Resorptionen<br />

der distalen Wurzel.<br />

Abb. 03: Linke Bissflügelaufnahme<br />

(Ausschnitt). Im Gegensatz zum klinischen<br />

Erscheinungsbild ist der Fortschritt der<br />

okklusalen kariösen Läsion bis in das<br />

Dentin deutlich zu sehen. Ebenso zeigt<br />

sich deutlich die Nähe der okklusalen<br />

Läsion des Nachbarzahnes zur Milchzahnpulpa.<br />

Die Eltern der Patientin gaben an,<br />

größtenteils auf eine ausgewogene<br />

Ernährung und eine durchschnittlich<br />

gute Mundhygiene zu achten, wussten<br />

aber gleichzeitig um ihre Inkonsequenz<br />

hinsichtlich zahlreicher über den Tag<br />

verteilter Zuckerimpulse, die die Entstehung<br />

der Milchzahnkaries durchaus<br />

erklärten.<br />

Befund<br />

Klinisch dominierten die kariösen<br />

Läsionen, teils mit eingebrochener<br />

Oberfläche (Abb. 1). Die Mundhygiene<br />

zum Zeitpunkt der Aufnahmeuntersuchung<br />

war sehr gut, der Approximalraum-Plaque-<br />

Index (API) betrug nur<br />

13 Prozent, der modifizierte Sulkus-<br />

Blutungs-Index (SBI mod.) 8 Prozent.<br />

Röntgenologisch: Die angefertigten<br />

Bissflügelaufnahmen erlaubten aufgrund<br />

ihrer Größe (Speicherfolie, 3x4 cm)<br />

eine approximale, interradikuläre und<br />

apikale Diagnostik, insb. der Milchmolaren<br />

(Abb. 2 und 3).<br />

Die Zähne 65, 84 und 85 wiesen eine<br />

Schmelzkaries auf, die Zähne 54, 55,<br />

74 und 75 eine in das Dentin fortgeschrittene<br />

Karies, Zahn 54 zusätzlich<br />

eine interradikuläre und apikale<br />

Radioluzenz sowie pathologische<br />

Wurzelresorptionen.<br />

Therapie<br />

Aufgrund des umfangreichen Behandlungsbedarfs<br />

sowie der gegenwärtig<br />

neu aufgetretenen Beschwerden war<br />

eine Behandlung in Intubationsnarkose<br />

indiziert, insbesondere auch in Hinblick<br />

auf die erfolglose Behandlung<br />

unter Dormicum ® .<br />

Die kariöse Läsion an Zahn 55 wies<br />

eine typische Kavitätengröße auf, bei<br />

der eine Füllungstherapie mit einem<br />

plastischen Material im Milchzahn<br />

noch möglich ist (Abbildungen 4 bis<br />

6). Da für den zentralen Anteil der Kavität<br />

von einer Restdentinschichtstärke<br />

von mehr als 1 mm ausgegangen<br />

wurde, wurde hier auf eine Cariesprofunda-Therapie<br />

verzichtet.<br />

Der Milchmolar 75 zeigte eine dezente<br />

Verfärbung im distalen Bereich der<br />

Fissur (Abb. 7). Obwohl hier zunächst<br />

klinisch nur der Verdacht einer<br />

Abb. <strong>04</strong>: Eröffnung der kariösen Läsion<br />

an Zahn 55. Zahn 54 wurde bis zum<br />

Abschluss der Versorgung an Zahn 55<br />

belassen, um ein suffizient trockenes<br />

Arbeitsfeld beizubehalten.<br />

Fissurenkaries bestand, so zeigte die<br />

Bissflügelaufnahme (Abb. 2) auch hier<br />

schon eine bis in das Dentin fortgeschrittene<br />

Karies, die aber aufgrund<br />

der frühen Diagnostik ebenfalls mit<br />

einer plastischen Füllung versorgt<br />

werden konnte (Abb. 8 und 9). Als<br />

Füllungsmaterial wurde hier ein<br />

Kompomer (Dyract, Dentsply, DeTrey)<br />

in Kombination mit einem Einflaschenadhäsiv<br />

(Prime&Bond NT, Dentsply<br />

DeTrey) verwendet. Die Behandlung<br />

des Zahnes 74 mit einer Vitalamputation<br />

wird im folgenden Abschnitt<br />

„Milchzahnendodontie“ beschrieben.<br />

Pulpabeteiligung<br />

Die okklusale Karies des ersten Milchmolaren<br />

im Unterkiefer (Zahn 74)<br />

konnte nicht mehr durch eine alleinige<br />

Füllungstherapie behandelt werden<br />

(s. Abbildungen 7 bis 9). Die Ausdehnung<br />

der Karies hatte zwangsläufig<br />

eine umfangreiche Beteiligung der<br />

Pulpa zur Folge, ebenso wie eine<br />

großflächige Eröffnung derselben bei<br />

der Exkavation. In der Kinderzahnheilkunde<br />

ist in solchen Fällen eine Ausräumung<br />

der gesamten Kronenpulpa<br />

(Vitalamputation/Pulpotomie), die<br />

Applikation eines Medikamentes auf<br />

die Pulpastümpfe und ein bakteriendichter<br />

Verschluss die Therapie der<br />

Wahl. Da zusätzlich approximal (distal)<br />

kaum Zahnhartsubstanz verblieb,<br />

wurde dieser Zahn mit einer konfektionierten<br />

Krone (Stahlkrone, 3M Espe)<br />

versorgt (Abb. 9). <br />

Abb. 05: Anlegen eines Matritzensystems<br />

(Triodent V3 ® ), das Teilmatrizen in<br />

besonders kleinen Größen anbietet und<br />

daher gut für Milchzähne geeignet ist.<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

31<br />

F A C H L I C H E S


Abb. 06: Fertige Milchzahnfüllung.<br />

Der approximale Kasten blieb in<br />

oro-vestibulärer Richtung klein, sodass<br />

die Füllung mit einem Kompomer<br />

vorgenommen wurde.<br />

<br />

Konfektionierte Kronen<br />

Sobald der approximale Kasten im<br />

Milchzahn eine weiter ausladende<br />

Form annimmt (Abb. 10), sollte von<br />

einer plastischen Füllung abgesehen<br />

und eine konfektionierte Krone präferiert<br />

werden. Im vorliegenden Fall<br />

war die Ausdehnung des okklusalen<br />

Defektes nach distal (vgl. Abb. 8) für<br />

die Entscheidung zur Krone ausschlaggebend.<br />

Die Patientin war noch<br />

verhältnismäßig jung und dieser Zahn<br />

benötigte dementsprechend eine<br />

dauerhaft gute Versorgung.<br />

Epikrise<br />

Bei der hier vorgestellten Patientin<br />

war die initiale Behandlung aufgrund<br />

geringer Compliance auch in Sedierung<br />

nicht erfolgreich, was einen Eingriff in<br />

Intubationsnarkose notwendig machte.<br />

Die Therapie erstreckte sich von der<br />

Füllungstherapie über die Milchzahnendodontie<br />

mit anschließender Kronenversorgung<br />

bis hin zu frühzeitiger<br />

Extraktion bei interradikulärer und<br />

apikaler Osteolyse.<br />

Füllungstherapie<br />

Größere Kavitäten als die bei der vorgestellten<br />

Patientin sind zwar kurzfristig<br />

auf diesem Weg meist auch zu versorgen,<br />

neigen aber zu Füllungs-und/oder<br />

Zahnfrakturen oder auch vorzeitigem<br />

Verlust – was eine erneute Behandlung<br />

des Kindes zur Folge hätte. Als<br />

Füllungsmaterial im Milchgebiss eignen<br />

sich heute hauptsächlich Kompomere;<br />

32 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Abb. 07: Ausgedehnte eingebrochene<br />

kariöse Läsion an Zahn 74. Zahn 75<br />

dagegen zeigt eine nur wenig auffällige<br />

Verfärbung im distalen Anteil der<br />

Hauptfissur.<br />

dennoch erfordern auch sie einen gewissen<br />

Grad an Mitarbeit, um sorgfältig<br />

verarbeitet werden zu können. Von<br />

Füllungsmaterialien, die eine Mindestmaterialschichtstärke<br />

erfordern (z. B.<br />

Glasionomerzemente oder Amalgam)<br />

sollte abgesehen werden, da die<br />

dünnen Zahnhartsubstanzschichten<br />

der Milchzähne mit gleichzeitig voluminöser<br />

Pulpa eine weitreichende<br />

Präparation nur aufgrund der Materialanforderungen<br />

eigentlich verbieten.<br />

Milchzahnendodontie<br />

Sie erstreckt sich von der indirekten<br />

Überkappung bis hin zur Pulpektomie.<br />

Eine der am häufigsten angewendeten<br />

Maßnahmen ist die Pulpotomie (auch<br />

Vitalamputation). In der Regel erfolgt<br />

hier die Entfernung der Pulpa mit<br />

einem Diamanten bis zum Eingang der<br />

Wurzelkanäle. Da es hier natürlich zu<br />

einer Blutung kommt, ist die Blutstillung<br />

vor Applikation eines geeigneten<br />

Medikamentes auf die Pulpastümpfe<br />

von besonderer Bedeutung. Eine nicht<br />

zu stillende Blutung ist ein Zeichen<br />

für noch vorhandenes pulpitisch<br />

verändertes Gewebe und bedingt den<br />

nächsten Schritt, die Entfernung der<br />

Wurzelpulpa mit einem Diamanten im<br />

oberen Bereich der Wurzeln (= zervikal/<br />

hohe Pulpotomie). Der Übergang zur<br />

Vitalexstirpation (Pulpektomie) ist ab<br />

hier fließend. Zur Blutstillung eignet<br />

sich in der Kinderzahnheilkunde insbesondere<br />

die Applikation von Eisen-<br />

III-Sulfat, da dieses sehr schnell (ca.<br />

Abb. 08: Tatsächliche Größe der Läsion<br />

nach Entfernung des kariös veränderten<br />

Dentins. Die Läsion wurde mit einem<br />

Kompomer gefüllt. Gleichzeitig wurde<br />

währenddessen die Blutstillung am<br />

pulpotomierten Nachbarzahn mittels<br />

Wattepellet vorgenommen.<br />

15 bis 30 Sekunden) einen mechanischen<br />

Gefäßverschluss bewirkt. In<br />

Frage kommt auch die Blutstillung<br />

mittels eines in Kochsalz getränkten<br />

Wattepellets, was aber bis zu vier<br />

Minuten in Anspruch nimmt (s. a. Abb. 8).<br />

Als Medikament zur Abdeckung der<br />

Pulpastümpfe werden gegenwärtig<br />

eine wässrige Calciumhydroxidsuspension<br />

oder Mineral Trioxid Aggregate<br />

(MTA) empfohlen (gemeinsame Wissenschaftliche<br />

Mitteilung der DGK und<br />

DGZ). Die Möglichkeiten des Zahnerhaltes<br />

mit dieser Methode sind allerdings<br />

begrenzt. So sollte ab einer<br />

(physiologischen) Wurzelresorption<br />

von etwa einem Drittel der Wurzellänge<br />

(also zwischen dem 7. und 9.<br />

Lebensjahr des Patienten) keine<br />

endodontische Maßnahme mehr<br />

erfolgen. Ebenso sollte ein Röntgenbild<br />

vorliegen, das über eine mögliche interradikuläre<br />

(ggf. apikale) Radioluzenz<br />

Aufschluss gibt. Eine Pulpaamputation<br />

ist dann in der Regel nicht mehr indiziert,<br />

ebenso nicht bei Schmerzen,<br />

Aufbissempfindlichkeit, Zahnlockerung<br />

oder auch Fistelbildung bzw. (rezidivierender)<br />

Schwellung. Im vorliegenden<br />

Fall kamen die Vitalamputation mit<br />

vollständiger Ausräumung der Kronenpulpa<br />

und eine anschließende Versorgung<br />

mit einer Stahlkrone zum Einsatz<br />

(Abb. 9).<br />

Kronen für Milchmolaren<br />

Milchzahnkronen bieten maximalen<br />

Schutz vor Sekundärkaries, Füllungs-


und Zahnfrakturen. Sie sind in der<br />

Regel auch unter suboptimalen Bedingungen<br />

(mäßig kooperatives Kind)<br />

deutlich besser als eine Füllung zu<br />

applizieren; zudem weniger techniksensitiv.<br />

Gerade bei Kindern, die trotz<br />

Behandlung ein unverändert hohes<br />

Kariesrisiko aufweisen, sind Stahlkronen<br />

manchmal die einzige langfristige<br />

Restauration, die in situ verbleibt, im<br />

Extremfall auch als Versorgung für die<br />

Sechsjahrmolaren. Die anatomische<br />

Form der Milchmolaren ist für eine<br />

Versorgung mit konfektionierten<br />

Kronen sehr gut geeignet. Der basale<br />

Schmelzwulst mit der darunter liegenden<br />

deutlichen Einziehung ermöglicht<br />

die Passung von Kronen mit elastischem<br />

Federrand. Zur Präparation für<br />

die Aufnahme konfektionierter Kronen<br />

ist einzig eine okklusale Reduktion<br />

von 1 bis 1,5 mm notwendig, eine<br />

approximale Separation (die zahnärztliche<br />

Sonde sollte sich gut durch den<br />

Approximalkontakt führen lassen) und<br />

das Abrunden sämtlicher Kanten<br />

(s. Abb. 10). Die Kronen selbst sind<br />

Vita DR. STEFANIE FEIERABEND<br />

Abb. 09: Stahlkronenversorgung an Zahn<br />

74 nach Vitalamputation, Applikation<br />

eines Medikamentes, Aufbaufüllung und<br />

Präparation.<br />

in Sets mit verschiedenen Größen für<br />

jeden der Milchmolaren erhältlich, das<br />

Aussuchen der entsprechenden<br />

Größe erfordert gewöhnlich nur etwas<br />

Übung. Nach Überprüfung der Okklusion<br />

wird die Krone mit einem beliebigen<br />

Zement definitiv eingesetzt.<br />

Da die Grenzen der Füllungstherapie<br />

im Milchgebiss im Vergleich zu den<br />

bleibenden Zähnen immer noch recht<br />

eng gesteckt sind, ergeben sich zahlreiche<br />

Indikationen für Milchzahnkro-<br />

2000 bis 2005: Studium der Zahnheilkunde<br />

an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster<br />

10/2005 bis 05/2007: wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

in der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie<br />

der Julius-Maximilians-Universität Würzburg<br />

(Direktor: Prof. Dr. B. Klaiber)<br />

12/2006: Promotion zum Dr. med. dent<br />

<strong>04</strong>/2007: Übernahme des Funktionsbereichs Kinderzahnheilkunde in der Poliklinik<br />

für Zahnerhaltung und Parodontologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg<br />

(Direktor: Prof. Dr. B. Klaiber)<br />

06/2007 bis 02/2010: Oberärztin in der Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie<br />

der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Direktor: Prof. Dr. B. Klaiber)<br />

Seit 03/2010: Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Zahnerhaltung<br />

und Parodontologie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Direktor Prof. Dr. E.<br />

Hellwig); Leitung des Fachbereichs Kinder- und Jugendzahnmedizin<br />

Preise<br />

2011 Lehrpreis der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg für den Kurs<br />

„Problemorientiertes Lernen in der Kinderzahnheilkunde“<br />

2011 GABA-Praktikerpreis für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit<br />

Strukturanomalien<br />

Abb. 10: Abrundung der Kanten. In orovestibulärer<br />

Richtung weit ausgedehnter<br />

approximaler Kasten; der Zahn wurde<br />

deshalb zur Aufnahme einer Stahlkrone<br />

präpariert.<br />

nen; allen voran sind die Überkronung<br />

nach Milchzahnendodontie, die<br />

Überkronung bei hoher Kariesaktivität<br />

und/oder mäßiger Compliance und<br />

die Versorgung breitflächiger Approximalkontakte<br />

zu nennen. Kontraindikationen<br />

bestehen nur, wenn der Zahn<br />

kurz vor der physiologischen Exfoliation<br />

steht oder eine nachgewiesene Allergie<br />

gegen Kronenbestandteile besteht<br />

(Stichwort Nickelallergie, bis dato aber<br />

noch nicht für Kinderkronen nachgewiesen).<br />

Bei korrekter Indikationsstellung ist ein<br />

Zahnerhalt im Milchgebiss in vielen<br />

Fällen möglich. Die Anwendung<br />

geeigneter Therapiemaßnahmen steht<br />

in der Kinderzahnheilkunde im Vordergrund,<br />

was bedeutet, dass eine unreflektierte<br />

Übertragung der Maßnahmen<br />

vom bleibenden auf den Milchzahn<br />

nicht stattfinden sollte. Angezeigt sind<br />

spezielle Maßnahmen wie die Vitalamputation<br />

als sehr häufige endodontische<br />

Maßnahme im Milchgebiss<br />

oder auch der Zahnerhalt mittels<br />

Milchzahnkronen. Für die Kinder<br />

bedeutet eine adäquate Versorgung<br />

einen Gewinn in vielen Bereichen,<br />

von der Allgemein- über die Mundgesundheit<br />

hin zu Kau- und Sprechkomfort<br />

sowie ein Nachlassen sozialer<br />

Ausgrenzung durch kariös zerstörte<br />

Zähne. <br />

— Dr. Stefanie Feierabend<br />

Quelle: Zahnärzteblatt<br />

Baden-Württemberg Nr. 8-9/2011<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

33<br />

F A C H L I C H E S


Therapieoptionen im Milchgebiss<br />

PRAKTISCHE TIPPS ZUR KINDERZAHNHEILKUNDE FÜR GENERALISTEN<br />

Sonntagmorgen, Notdienst<br />

und eine verzweifelte<br />

Mutter steht mit ihrem Vierjährigen in<br />

der Praxis. Das Kind hat nachts nicht<br />

geschlafen, seine Wange ist dick<br />

geschwollen (Abb. 1) und die Mutter<br />

ganz aufgeregt. Diese Situation kennt<br />

fast jeder Zahnarzt aus seinem Praxisalltag<br />

und fordert das zahnärztliche<br />

Team. Eine speziell für Kinder eingerichtete<br />

Spielecke im Wartezimmer<br />

verkürzt den Kindern die Wartezeit, in<br />

der die Mutter den Anamnesebogen<br />

ausfüllt. Im Behandlungszimmer sollten<br />

Besonderheiten im Anamnesebogen<br />

mit der Mutter nochmal besprochen<br />

werden. Ein besonderes Augenmerk<br />

muss auf Herzerkrankungen gelegt<br />

werden. Die Keimverschleppung ist<br />

bei diesen Kindern besonders groß.<br />

Die Befundaufnahme am Kind<br />

schließt die intra- und extraorale<br />

Inspektion ein.<br />

Bei der Therapie des odontogenen<br />

Abszesses müssen die Schmerzbeseitigung<br />

sowie die Infektionskontrolle<br />

im Vordergrund stehen. Diese kann<br />

bei sehr kooperativen Kindern und<br />

34 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

guter Schmerzausschaltung in der<br />

Extraktion des schuldigen Zahnes<br />

bestehen. Falls die Kooperation keine<br />

Behandlung zulässt, besteht die Möglichkeit<br />

der Infektionskontrolle mittels<br />

eines Antibiotikums. Die Verordnung<br />

wird entsprechend dem Körpergewicht<br />

des Kindes für die Dauer von acht<br />

Tagen vorgenommen. Der Einsatz von<br />

Antibiotika im Kindesalter ist stets<br />

sorgfältig abzuwägen und nur in Ausnahmesituationen<br />

indiziert. In Tabelle<br />

1 sind Empfehlungen zur Antibiotikagabe<br />

der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für<br />

Chemotherapie dargestellt.<br />

Bei massiver extraoraler Schwellung<br />

der Wange und reduziertem Allgemeinzustand<br />

(z. B. Fieber) sollte das Kind<br />

zur intravenösen Antibiose stationär<br />

aufgenommen werden. Eine Inzision<br />

des Abszesses ist bei Kindern oft nur<br />

unter Allgemeinanästhesie möglich.<br />

Der schuldige Milchzahn wird gleichzeitig<br />

extrahiert. Damit ist eine Drainage<br />

sichergestellt. In der Regel ist<br />

eine Inzision bei Milchzähnen selten<br />

notwendig und sollte in Verbindung<br />

mit der Extraktion erfolgen.<br />

Wird der kleine Patient initial mit Hilfe<br />

eines Antibiotikums therapiert, sollte<br />

nach fünf bis acht Tagen eine Kontrolle<br />

in der Zahnarztpraxis stattfinden<br />

und die weitere Behandlung in Ruhe<br />

geplant werden. Wichtig ist eine<br />

Gesamtplanung, zu der auch eine<br />

Beratung über Ernährungs- und Trinkgewohnheiten<br />

und die Ursachen der<br />

Karies gehören. Gegebenenfalls wird<br />

das Kind zur Weiterbehandlung an<br />

einen Spezialisten überwiesen.<br />

Für die Weiterbehandlung stehen<br />

mehrere Therapieoptionen zur Auswahl,<br />

die sich an der Leitlinie „Endodontie<br />

im Milchgebiss“ der DGZMK<br />

(2011) orientieren sollten und mit den<br />

Eltern besprochen werden müssen.<br />

Wichtig: Eine unterschriebene Behandlungseinwilligung<br />

der Erziehungsberechtigten<br />

muss bei Kindern unter<br />

14 Jahren vorliegen.<br />

Die Extraktion des schuldigen Milchzahnes<br />

im akuten Stadium ist nicht<br />

immer möglich, da die Lokalanästhesie<br />

nur begrenzt wirkt und durch solche<br />

negativen Erfahrungen die Kinder<br />

dauerhaft traumatisiert werden. Die<br />

Diagnose Häufigste Erreger Mittel der Wahl Alternativen Evidenz-Grad<br />

Odontogene<br />

Infektionen<br />

Streptokokken<br />

Peptostreptokokken<br />

Bacteroides-Spezies<br />

Fusobakterien<br />

Phenoxymethylpenicillin<br />

Phenoxymethylpenicillin-<br />

Benzathin<br />

Clindamycin<br />

Aminopenicillin+ BLI<br />

Makrolid<br />

Tab. 1.: Empfehlungen zur Therapie häufiger Infektionskrankheiten im ambulanten Bereich für Kinder und Jugendliche (wenn es im<br />

Kindesalter keine Alternative p.o. gibt, wird eine Alternative i.v. angegeben und als solche ausgewiesen) (BLI= Beta-Lactamase-Inhibitor).<br />

Scholz und Vogel (2002),Chemotherapie Journal 11. Jhg.<br />

III


Fotos: © R. Otto<br />

Abb.1: extraorale Schwellung bei<br />

4-jährigem Kind.<br />

Abb.2: Kontrollaufnahme der Wurzelfüllung<br />

an Zahn 75 mit Vitapex, Pulpotomie an<br />

Zahn 74.<br />

weitere Behandlung anderer Zähne<br />

ist dann meist nicht mehr möglich.<br />

Eine solche Behandlung sollte frühestens<br />

nach achttägiger Antibiotikagabe<br />

erfolgen. Vor der Extraktion ist ein<br />

Röntgenbild sinnvoll, um eine Nichtanlage<br />

des bleibenden Zahnes auszuschließen.<br />

Nach der Extraktion sollte<br />

die Notwendigkeit eines Platzhalters<br />

geprüft werden und gegebenenfalls in<br />

Zusammenarbeit mit einem Kieferorthopäden<br />

abgeklärt werden. Platzhalter<br />

können in herausnehmbarer oder<br />

festsitzender Form gestaltet werden.<br />

Weil die Eckzähne die Platzhalter für<br />

das Frontzahnsegment sind, bedarf es<br />

nach Extraktion der Oberkieferfrontzähne<br />

in der Regel keines Platzhalters.<br />

Die Trepanation von Milchzähnen als<br />

alleinige Behandlungsmethode wird<br />

nicht mehr empfohlen. Durch Belassen<br />

eines trepanierten Zahnes bleibt auch<br />

die Entzündung im Zahn und im<br />

Knochen weiter bestehen, wodurch<br />

der Zahnkeim des bleibenden Zahnes<br />

geschädigt werden kann.<br />

Wird der Milchzahnerhalt durch eine<br />

Wurzelkanalbehandlung (Pulpektomie)<br />

angestrebt, ist vor der Behandlung ein<br />

diagnostisches Röntgenbild erforderlich.<br />

Kontraindikationen für Wurzelkanalbehandlungen<br />

stellen Abszesse und<br />

apikale oder interradikuläre Aufhellungen<br />

dar, eine erhöhte Mobilität sowie<br />

Zähne, deren Wurzelresorption weiter<br />

als ein Drittel fortgeschritten ist. Kinder<br />

haben aufgrund von Seitenkanälen am<br />

Pulpaboden eher eine interradikuläre<br />

Aufhellung.<br />

Bei Kindern mit Herzvitien bzw. einem<br />

Herzpass ist die Behandlung kontraindiziert.<br />

Weitere Kontraindikationen sind<br />

eine Strahlentherapie, Transplantationen<br />

oder eine zyklische oder chronische<br />

Verminderung der Granulozyten. Dies<br />

schränkt die Indikation bei Kindern<br />

schon sehr stark ein, besonders da<br />

diese Behandlung von der Kooperation<br />

des kleinen Patienten abhängig ist.<br />

Die Wurzelkanalbehandlung sollte –<br />

wie auch die Empfehlung für die<br />

Endodontie bei Erwachsenen – unter<br />

Kofferdam stattfinden. Neben den<br />

bekannten Vorteilen schützt der Kofferdam<br />

das Kind, falls es sich unkontrolliert<br />

bewegt, vor Verletzungen mit den<br />

zahnärztlichen Intrumenten. Nach erfolgter<br />

Lokalanästhesie und Anlegen<br />

des Kofferdam werden der Zahn<br />

trepaniert und etwaige Gewebereste<br />

aus der Kronenpulpa und aus den<br />

Kanälen entfernt. Anschließend werden<br />

die Kanäle gesäubert und erweitert.<br />

Eine Überinstrumentierung ist wegen<br />

der Gefahr der Keimschädigung unbedingt<br />

zu vermeiden, daher soll die<br />

Aufbereitung der Wurzelkanäle ein bis<br />

zwei Millimeter vor dem röntgenologischen<br />

Apex enden. Nach dem Spülen<br />

mit Natriumhypochloridlösung und<br />

Trocknen der Kanäle können diese<br />

mit einem resorbierbaren Wurzelfüllmaterial<br />

keimdicht verschlossen<br />

werden. Hierfür eignet sich eine Jodoformpaste<br />

mit Calciumhydroxid (z.B.<br />

Vitapex, Neo Dental International INC.).<br />

Auch der Pulpaboden wird mit <br />

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– Anzeige –<br />

35<br />

F A C H L I C H E S


Abb.3: konfektionierte Stahlkrone 85. Abb.4: kindgerechte Behandlungsweise in einer<br />

Kinderzahnarztpraxis.<br />

<br />

Wurzelfüllmaterial bedeckt, um etwaige<br />

Seitenkanäle abzudichten. Zum<br />

Abschluss ist eine Röntgenkontrolle<br />

der Wurzelfüllung indiziert (Abb. 2)<br />

und der Aufbau des Zahnes zur<br />

weiteren Versorgung. Die Erfolgsquote<br />

der Pulpektomie schwankt sehr stark<br />

und ist im besonderen Maße abhängig<br />

von der Kooperation des Kindes.<br />

Nach erfolgreicher endodontologischer<br />

Behandlung muss ein dichter Verschluss<br />

angestrebt werden. Dieser kann mit<br />

einem plastischen Füllungsmaterial<br />

erreicht werden. Alternativ stehen<br />

konfektionierte Stahlkronen zur Verfügung<br />

(Abb. 3). Diese sind mit vertretbarem<br />

Präparationsaufwand anzupassen<br />

und besitzen aufgrund der Milchzahn-<br />

Vita<br />

REBECCA OTTO<br />

Zahnärztin Rebecca Otto eröffnete im Januar 2009 die<br />

erste Zahnarztpraxis nur für Kinder in Thüringen. Das<br />

Konzept dieser Praxis wurde sogar im Dezember 2009<br />

im Rahmen des Thüringer Businessplanwettbewerbes<br />

vom Thüringer Wirtschaftsminister mit dem 1. Platz<br />

ausgezeichnet.<br />

36 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

anatomie einen guten Randschluss.<br />

Sie stellen eine sehr langlebige und<br />

hochwertige Versorgung bis zur natürlichen<br />

Exfoliation des Milchmolaren dar.<br />

Die Keimbesiedelung ist nachgewiesener<br />

Maßen geringer im Vergleich zu<br />

einer 3-flächigen Füllung. Diese Kinderkronen<br />

sind auch zahnfarben erhältlich<br />

für die Front- und Seitenzähne (z.B.<br />

NuSmile, NuSmile ® Primary Crowns).<br />

Eine Vitalamputation der Kronenpulpa<br />

wird bei Beschwerdefreiheit und tiefer<br />

kariöser Läsion am Milchzahn in<br />

Betracht gezogen. Das Ziel der Pulpotomie<br />

ist eine entzündungsfreie Restpulpa.<br />

Hier wird die erkrankte Kronenpulpa<br />

entfernt und eine Blutstillung<br />

mit Eisen-III-Sulfat herbeigeführt.<br />

Die Erfahrungen in moderner Kinderzahnheilkunde und wirtschaftlicher Praxisführung<br />

sammelte Rebecca Otto in der Zahnarztpraxis Dr. Roloff in Hamburg.<br />

Frau Otto ist in Mitglied im Fortbildungsausschuss der Landeszahnärztekammer<br />

Thüringen und in folgenden Fachgesellschaften: AAPD, EAPD, DGZMK, DKG, Bukiz.<br />

Anschließend werden die amputierten<br />

Stümpfe der Wurzelpulpa und das<br />

Cavum der Kronenpulpa dicht verschlossen.<br />

Die Weiterversorgung<br />

dieses Zahnes sollte mit einer dichten<br />

plastischen Füllung oder einer konfektionierten<br />

Stahlkrone erfolgen. Die<br />

Indikation zur Pulpektomie besteht<br />

bei Milchzähnen mit pulpitischen<br />

Beschwerden, hier ist die Erfolgsquote<br />

für eine Vitalamputation sehr gering.<br />

Mortalverfahren mit formaldehydhaltigen<br />

Medikamenten sind obsolet und<br />

dürfen nicht am Milchzahn angewendet<br />

werden.<br />

Abschließend lässt sich sagen, dass<br />

die Behandlung von Kindern jeden<br />

Zahnarzt besonders fordert. Sicherlich<br />

sind es nicht die Füllungen und die<br />

Extraktionen, die Schwierigkeiten bereiten,<br />

sondern der kleine Patient oder<br />

die Wünsche der Eltern. Es empfiehlt<br />

sich, die Behandlung von Kindern mit<br />

Ruhe durchzuführen und dafür genügend<br />

Zeit einzuplanen. Hilfreich ist<br />

auch eine Assistenz, die einen guten<br />

Draht zu Kindern hat. Ziel ist eine<br />

kindgerechte Behandlungsweise<br />

(Abb. 4), die den Zahnarztbesuch für<br />

die kleinen Patienten zum Erlebnis<br />

werden lässt und ein glückliches<br />

Kinderlachen zaubert. <br />

— Rebecca Otto, Jena<br />

Quelle: Thüringer Zahnärzteblatt<br />

1/2012


Bekanntmachung<br />

der nächsten ordentlichen Sitzung der<br />

Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen<br />

Vereinigung Niedersachsen<br />

am Samstag, dem 25.05.<strong>2013</strong><br />

Beginn der Sitzung: 9.00 Uhr s.t.<br />

Tagungsort:<br />

Verwaltungsgebäude der KZV Niedersachsen, 5. OG<br />

Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />

Tel.: 0511 8405-0, Fax: 8405-300<br />

TAGESORDNUNG:<br />

1. Eröffnung<br />

2. Feststellung der ordnungsgemäßen Ladung und der Anwesenheit der Vertreter<br />

3. Feststellung der Beschlussfähigkeit<br />

4. Fragestunde<br />

5. Bericht des Vorstandes und der ständigen Ausschüsse<br />

6. Wahl der Vertreter und Stellvertreter im Zulassungsausschuss Nds. vom 01.01.2014-31.12.2017<br />

7. Wahl der Vertreter und Stellvertreter im Berufungsausschuss Nds. vom 01.01.2014-31.12.2017<br />

8. Änderung der Wahlordnung der KZVN<br />

9. Anfragen<br />

Zur Information:<br />

Im Anschluss an Punkt 4 der Tagesordnung (Fragestunde) ist geplant, die Sitzung für einen Vortrag<br />

von Herrn Prof. Dr. Kai Bussmann zum Thema „Zuweisungen gegen Entgelt“ im Gesundheitswesen<br />

zu unterbrechen.<br />

Dr. Joachim Wömpner<br />

Vorsitzender der Vertreterversammlung<br />

der KZV Niedersachsen<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

37<br />

F A C H L I C H E S


Sedierung mit Lachgas in der<br />

Zahnarztpraxis<br />

In den letzten Jahren hat die Lachgassedierung in<br />

der Zahnmedizin in Deutschland ein zunehmendes<br />

Interesse unter den Zahnärzten erfahren. Mit modernen,<br />

technisch ausgereiften Lachgasgeräten wirbt die Industrie<br />

und verspricht dabei, sichere und für den Zahnarzt<br />

selbstständig durchführbare Lachgasbehandlungen zu<br />

ermöglichen. In speziellen Schulungen werden dem<br />

Zahnarzt und seinem Team die notwendigen Kenntnisse<br />

vermittelt.<br />

Lachgas<br />

Lachgas ist ein geschmack- und farbloses, nicht reizendes<br />

Gas mit leicht süßlichem Geruch. Es ist mit einer Dichte<br />

von 1,97kg/m 3 , etwa 1,5 Mal schwerer als Luft. Lachgas<br />

liegt mit einem Dampfdruck von 51 Bar, bei 20° C in der<br />

Gasdruckflasche in flüssiger Form vor. Lachgas ist nicht<br />

brennbar, kann aber andere Stoffe oxidieren. Daher wirkt<br />

es brandfördernd! Insbesondere in der Mischung mit Sauerstoff<br />

ist die Brandgefahr nicht zu unterschätzen. Sie können<br />

sich bei unmittelbarem Kontakt mit Stoffgeweben und<br />

Kleidung anreichern und zu einer extremen Entzündbarkeit<br />

führen. Bereits eine Zigarettenglut kann ein fackelartiges,<br />

nicht löschbares Abbrennen des Gewebes verursachen.<br />

Daher ist jegliches offenes Feuer strengstens untersagt. Die<br />

Gasflaschen müssen ggf. in speziellen Lagerräumen und<br />

gegen Umstürzen gesichert aufbewahrt werden. Stoffspezifische<br />

Betriebsanweisungen müssen berücksichtigt<br />

werden. Die Verwendung von Lachgas ist verbindlich in<br />

der Technischen Regel für Gefahrstoffe (TRGS) Nr. 525 beschrieben<br />

und ist mit einer Reihe von Auflagen verbunden.<br />

Zu beachten sind in diesem Zusammenhang auch die<br />

TRGS 402 /403 (Ermittlung und Beurteilung der Gefährdung<br />

durch Inhalative Exposition) sowie TRGS 900 (Arbeitsplatzgrenzwert).<br />

Die derzeitigen technischen Regeln sind in der<br />

Praxis nur schwer einzuhalten (siehe unten).<br />

Lachgas beschleunigt den Klimawandel und ist daher<br />

neben FCKW eine der größten Gefahren für die Ozonschicht<br />

schreiben Akkihebbal Ravishankara und seine Kollegen vom<br />

staatlichen Earth System Research Laboratory in Boulder<br />

im Fachjournal „Science”.<br />

38 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Schmerzstillende und sedierende Wirkung<br />

Die schmerzstillende und sedierende Wirkung von Lachgas<br />

wurde bereits im 18. Jahrhundert von Joseph Priestley<br />

entdeckt. Die besonderen medizinischen Eigenschaften<br />

wurden von dem Chemiker Humphry Davy (1799) durch<br />

Selbstversuche entdeckt.<br />

Der erste Zahnarzt, der Lachgas als Narkosemittel verwendete,<br />

war Horace Wells in Hartford. Er setzte Lachgas ab<br />

1844 bei Zahnextraktionen ein, nachdem er dessen<br />

schmerzreduzierende Wirkung zufällig bei einer Jahrmarktveranstaltung<br />

beobachtete.<br />

Heute steht eher die angstlösende Eigenschaft bei der<br />

Behandlung von Patienten im Vordergrund (Sedierung). In<br />

einer Stellungnahme des BDA und des DGAI zur Einführung<br />

von Livopan ® (Gasmischung 50% Sauerstoff / 50% Lachgas)<br />

vom 21.<strong>04</strong>.2009 wird auf die analgetische sowie sedierende,<br />

anxiolytische und amnestische Wirkung hingewiesen.<br />

Verstärkt würden diese Effekte durch Komedikation mit<br />

anderen zentral dämpfend wirkenden Substanzen. Bei<br />

sachgerechter Anwendung ließe sich mit diesem Medikament<br />

allein keine Allgemeinanästhesie durchführen. Beim<br />

bewusstseinsklaren Patienten ohne Komedikation sei vor<br />

allem ein analgetischer Effekt mit leichter Sedierung zu<br />

erwarten; Spontanatmung, Schutzreflexe und Hämodynamik<br />

blieben im Allgemeinen unbeeinträchtigt.<br />

Bei bewusstseinsgetrübten Patienten sowie unter dem<br />

Einfluss von anderen zentral dämpfend wirkenden Medikamenten<br />

oder Drogen seien mittlere oder sogar tiefe<br />

Sedierungsgrade mit Beeinträchtigung der Spontanatmung,<br />

der Schutzreflexe und des Kreislaufs möglich.<br />

Vor- und Nachteile<br />

Vorteilhaft sind die Geruchlosigkeit, die schnelle An- und<br />

Abflutung, die geringfügige Atemdepression und die minimale<br />

Kreislauf-Beeinflussung. Nachteilig sind neben den<br />

unerwünschten Folgen einer zentralen Depression (s.o.)<br />

die Druckerhöhung in luftgefüllten Körperhöhlen, die relativ<br />

hohe Emesis-Rate, die Beeinflussung des Methionin- und<br />

des Folsäurestoffwechsels bei Langzeit- und häufiger<br />

Anwendung sowie Aspekte der Arbeitsplatzbelastung.


Wie erfolgt eine Zahnbehandlung unter Lachgas?<br />

Über eine Nasenmaske wird in der Regel ein Gemisch aus<br />

Sauerstoff und Lachgas verabreicht. Die Wirkung setzt<br />

bereits nach wenigen Atemzügen ein. Mit der Angst nimmt<br />

auch die Empfindlichkeit für Schmerzen ab. Der Zahnarzt<br />

kann über das Mischungsverhältnis (Sauerstoff/Lachgas)<br />

die Intensität der Sedierung verändern und individuell für<br />

den Patienten dosieren.<br />

Risikofälle<br />

„Als Risikofälle gelten Personen mit einer instabilen angina<br />

pectoris, Lungenerkrankung mit partieller oder globaler<br />

Ventilationsstörung, einem Alter über 80 Jahre, einer erheblichen<br />

Adipositas (BMI > 30). Entsprechende Sorgfalt muss<br />

auf die Erhebung der Anamnese, insbesondere hinsichtlich<br />

der Vitalfunktionen, sowie von Allergien gelegt werden.<br />

Vorbereitend muss darüber hinaus eine genaue körperliche<br />

Untersuchung, vor allem der oberen Luftwege, erfolgen<br />

(cave: Patient mit eingeschränkter Mundöffnung).“<br />

(so Prof. Dr. Dr. Alexander Hemprich im ZBB, Ausgabe<br />

4/2011)<br />

Personelle Voraussetzungen<br />

Hemprich weist darauf hin, dass der Zahnarzt nicht in der<br />

Lage ist, parallel zur Behandlung, die Vitalfunktionen des<br />

Patienten in ausreichendem Maße zu überwachen. Somit<br />

sei es zwingend erforderlich, bei allen Formen der<br />

Analgosedierung eine weitere – entsprechend qualifizierte<br />

– Person mit der Durchführung und Überwachung des<br />

Analgosedierungsverfahrens zu betrauen. Diese dürfe nicht<br />

in die eigentliche Behandlung involviert sein.<br />

Bei moderaten Formen der Analgosedierung (Stufe 1 und<br />

2) könne auch qualifiziertes, nicht ärztliches Personal, eine<br />

solche Überwachung übernehmen. Sollte jedoch eine<br />

Komplikation eintreten, so würde die Problematik des<br />

Organisations-/Übernahmeverschuldens grundsätzlich<br />

beim Arzt/Zahnarzt verbleiben.<br />

Räumlich apparative Voraussetzungen<br />

Hemprich gibt weiterhin an, auch bei minimalen Analgosedierungen<br />

müsse eine Pulsoxymetrie vorgenommen werden<br />

können. Im Falle von moderaten und tiefen Analgosedierungen<br />

müsse eine entsprechende Ausstattung des<br />

Arbeitsplatzes zur Überwachung von Atmung und Herzund<br />

Kreislauffunktion vorhanden sein. Darüber hinaus sei<br />

es aus Arbeitsschutzgründen erforderlich, für eine korrekte<br />

Absaugung des Gases N 2O zu sorgen, um sich und seine<br />

Mitarbeiter nicht zu gefährden.<br />

Strengere Maßgaben für Kinder<br />

Obwohl die Sedierung mit Lachgas von den Befürwortern<br />

– gerade auch für Kinder – propagiert wird, gießen die<br />

Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivme-<br />

Foto: © ZBWL<br />

dizin sowie der Berufsverband Deutscher Anästhesisten für<br />

die Analgosedierung bei diagnostischen und therapeutischen<br />

Maßnahmen im Kindesalter (Philippi-Höhne et al., 2010)<br />

Wasser in den reinen Wein.<br />

Dort heißt es: „Sedierung, bzw. Analgosedierungen sollen<br />

durch im Umgang mit Kindern erfahrene Anästhesisten<br />

und Pädiater mit intensivmedizinischen Kenntnissen<br />

durchgeführt werden (...). Der Sedierende müsse die Basis<br />

und die weiteren lebensrettenden Maßnahmen bei<br />

Kindern sicher beherrschen, eine suffiziente Maskenbeatmung<br />

durchführen können, Techniken zur Atmungssicherung<br />

kennen und beherrschen und einen Venenzugang<br />

sicher schaffen können.“<br />

Arbeitsplatz für Analgosedierung<br />

DGAI und BDA fordern für Sedierungen der Stufe II<br />

folgende Minimalausstattung:<br />

1. Beatmungsmöglichkeiten<br />

2. Instrumentarien zum Freihalten der Atemwege<br />

3. Möglichkeit zur Gabe von 100% Sauerstoff<br />

4. Zugriff auf Notfallausrüstung zur Reanimation<br />

5. Sekretabsaugung<br />

6. Pulsoxymetrie<br />

7. Ausrüstung zur Unterstützung und Überwachung von<br />

Atemwegen und Herz-Kreislaufsystem<br />

Arbeitsschutzvoraussetzungen für den<br />

Einsatz von Lachgas:<br />

Für den Einsatz von Lachgas zur Sedierung bestehen<br />

Arbeitsplatzgrenzwerte. Der Kurzzeitwert (15 Minuten)<br />

beträgt 360 mg/m 3 Luft und der Grenzwert je 8h Schicht<br />

beträgt 180 mg/m 3 , in einzelnen Bundesländern 90 mg/m 3<br />

Diese Grenzwerte sind gesichert einzuhalten. Da in der<br />

Praxis nicht permanent sediert wird, kommt insbesondere<br />

dem Kurzzeitwert eine erhöht Bedeutung zu.<br />

Ob eine raumlufttechnische Anlage benötigt wird, hängt<br />

von dem tatsächlichen Einsatz ab. Dabei spielen neben<br />

der gerätetechnischen Ausstattung insbesondere das<br />

individuelle Handling und das Verhalten des Patienten<br />

eine Rolle. Eine individuelle Aussage dazu kann nur<br />

nach intensiver Prüfung der Einsatzbedingungen und<br />

messtechnischen Überprüfung unter realistischen Bedingungen<br />

vor Ort gemacht werden. <br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

39<br />

F A C H L I C H E S


Messtechnische Überprüfungen können (kostenpflichtig)<br />

von der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und<br />

Wohlfahrtspflege oder freien Messtechnischen Diensten<br />

angefordert werden. Untersuchungen der Berufsgenossenschaft<br />

Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege<br />

zusammen mit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />

Arbeitsmedizin haben ergeben, dass eine Gefährdung<br />

der Behandler und weiteren Mitarbeiter nicht unwahrscheinlich<br />

ist. Da sie allerdings sehr individuell sein<br />

kann, muss in jedem Einzelfall eine genaue Analyse<br />

der Arbeitsbedingungen vor Ort gemacht werden, um<br />

die individuellen Schutzmaßnahmen (z.B. Lachgasabsaugung<br />

vor Ort, technische Belüftungsanlage des<br />

Behandlungszimmers, Training der Mitarbeiter unter<br />

Messung der Belastungswerte, Wartung und Pflege der<br />

Anlage) fundiert festzulegen.<br />

ggfs. Monitoring der Lachgaskonzentration in Atemhöhe<br />

schriftliche dokumentierte Gefährdungsbeurteilung unter<br />

Berücksichtigung der o.g. Parameter<br />

MPG Voraussetzungen:<br />

CE gekennzeichnete Anlage<br />

Dokumentierte Einweisung durch den Hersteller<br />

Regelmäßige Durchführung der vom Hersteller genannten<br />

sicherheitstechnisch und messtechnischen Kontrollen<br />

Korrekte Aufbereitung der Gerätschaften vor Benutzung<br />

am Patienten<br />

Nachweis der Schulung im Umgang mit Lachgas<br />

Rechtsprobleme<br />

Zahnärzte, die das Verfahren anwenden möchten, sollten<br />

sich darüber im Klaren sein, dass sie dann auch sämtliche<br />

möglichen Komplikationen beherrschen müssen, wollen<br />

sie nicht unter dem Aspekt eines „Übernahmeverschuldens“<br />

haften.<br />

Wichtig ist auch eine entsprechende vorherige ordnungsgemäße<br />

Aufklärung und die Einholung der Einwilligung<br />

des Patienten. Besondere Probleme bestehen hier bei der<br />

Behandlung von Kindern. Die Sicherungsaufklärung über<br />

das Verhalten nach dem Eingriff ist obligat.<br />

Die Entlassung des Patienten sollte in Begleitung erfolgen.<br />

Das selbstständige Führen eines Kraftfahrzeuges – nach<br />

erfolgter Sedierung – ist zu vermeiden. Darauf sollte der<br />

Zahnarzt hinweisen.<br />

Eine geeignete Dokumentation der Sedierung und der<br />

obligat durchgeführten kontinuierlichen Überwachung der<br />

peripheren Sauerstoffsättigung und etwaigen Erfassung<br />

weiterer Vitalparameter wird dringlich empfohlen.<br />

Die Durchführung der Sedierung und des Eingriffs durch<br />

den Zahnarzt (in Personalunion) ist abzulehnen. Die Überwachung<br />

der Sedierung ist durch eine speziell geschulte<br />

qualifizierte Person durchzuführen, die diese Aufgabe<br />

zuverlässig wahrnimmt. Diese Person darf nicht noch<br />

40 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

zusätzlich Assistenzaufgaben für den Eingriff wahrnehmen.<br />

Da unter Umständen die Gefahr einer Diffusionshypoxie und<br />

anderer Komplikationen besteht, sind eine entsprechende<br />

Ausbildung des Behandlers und der überwachenden<br />

Person im Notfallmanagement sowie die Möglichkeit zum<br />

Legen eines intravenösen Zugangs erforderlich.<br />

Versicherungstechnisch<br />

Jeder Zahnarzt ist berufshaftpflichtversichert. Die Berufshaftpflichtversicherung<br />

kennt allerdings eine Reihe von allgemeinen<br />

und speziellen Ausschlüssen. Spezielle Ausschlüsse sind:<br />

Nutzung von Apparaten oder Behandlungen, die nicht<br />

in der Zahnheilkunde anerkannt sind<br />

Kosmetische Eingriffe<br />

Operationen ohne zahnmedizinische Indikation<br />

Tätigkeiten, die nicht dem versicherten Beruf eigen sind<br />

Tätigkeiten, die nicht dem versicherten Risiko zuzurechnen<br />

sind<br />

Erkundigen Sie sich also vorsichtshalber bei Ihrer Berufshaftpflichtversicherung,<br />

ob diese für Lachgassedierungen<br />

Ausschlüsse enthält.<br />

Abrechnung<br />

Die Lachgassedierung ist keine Vertragsleistung. Sie ist<br />

demnach nach GOZ/ GOÄ zu berechnen. Die hierfür vorgesehene<br />

Position ist die GOÄ-Nr. 450 „Rauschnarkose – auch<br />

mit Lachgas“, die mit 10,19 € im 2,3fachen Satz bewertet<br />

ist. Allerdings ist die Nr. 450 für Zahnärzte nicht eröffnet, so<br />

dass für medizinisch notwendige Lachgassedierungen nur<br />

die Analogberechnung infrage kommt.<br />

Die in der GOZ im Kapitel A „Allgemeine zahnärztliche Leistungen“<br />

zur Verfügung stehenden Leistungen für Anästhesien<br />

sind allerdings sehr schlecht bewertet und erfassen<br />

nicht ansatzweise die Kosten und den Zeitaufwand der<br />

Lachgassedierung. Der Zahnarzt müsste sich demnach eine<br />

andere – nach Art, Kosten und Zeitaufwand gleichwertige<br />

Leistung – aus der GOZ suchen.<br />

Für Sedierungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch<br />

notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinaus gehen,<br />

besteht die Möglichkeit der Berechnung nach § 2 Abs. 3<br />

GOZ „Verlangensleistung“. Hier könnte die fragliche Leistung<br />

„kalkuliert“ werden. Eine Leistung nach § 2 Abs. 3 wirft<br />

aber andere Probleme auf, so z.B. die einer möglichen<br />

Umsatzsteuerpflicht.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Lachgassedierung ist ein Verfahren, zu dessen Durchführung<br />

der Zahnarzt (unter bestimmten Voraussetzungen)<br />

berechtigt ist. Eine euphorische oder unkritische Betrachtung<br />

des Verfahrens verbietet sich. Es sind – schon im eigenen<br />

Interesse des Zahnarztes – zahlreiche Vorgaben zu<br />

beachten. — Dr. Detlev Buss/Dr. Hendrik Schlegel<br />

Quelle: Zahnärzteblatt Westfalen-Lippe 2/2012


KOOPERATION MIT DER DEUTSCHEN KNOCHENMARKSPENDERDATEI<br />

Patienten-Information in Ihrer Praxis<br />

Alle 45 Minuten erhält in Deutschland ein<br />

Patient die Diagnose Leukämie. Unter den<br />

Erkrankten sind viele Kinder und Jugendliche. Zahlreichen<br />

dieser Patienten kann nur durch eine Stammzelltransplantation<br />

geholfen werden. Da höchstens 30 Prozent der<br />

Patienten einen geeigneten Spender innerhalb der Familie<br />

finden, ist der Großteil auf einen Fremdspender, also einen<br />

Spender außerhalb der Familie, angewiesen.<br />

Bei der frisch geschlossenen Kooperation zwischen der<br />

Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Deutschen Knochenmarkspenderdatei<br />

gemeinnützige Gesellschaft mbH<br />

(DKMS) startet zum Frühjahr eine Kommunikationskampagne,<br />

die sich an Patienten und Medien richtet und die auf das<br />

gemeinsame Engagement hinweist.<br />

Spenderdatei kontinuierlich ausbauen<br />

Ziel der DKMS ist es, durch Unterstützung von Knochenmarkspenden<br />

die Heilungschancen von an Leukämie und<br />

anderen lebensbedrohlichen Erkrankungen des blutbildenden<br />

Systems Erkrankten zu verbessern. Sie ist bekannt durch<br />

ihre Informationskampagnen mit engagierten Personen<br />

des öffentlichen Lebens, Sportlern und aktiven Mitbürgern<br />

sowie durch ihre öffentlichen Typisierungsaktionen. Mit<br />

etwa drei Millionen registrierten Spendern ist sie die weltweit<br />

größte Stammzellspenderdatei. Jeder fünfte Patient<br />

findet jedoch noch immer keinen passenden Spender,<br />

darum bleibt es das Hauptanliegen der DKMS, die Stammzellspenderdatei<br />

kontinuierlich auszubauen, damit zukünftig<br />

noch mehr Patienten eine Überlebenschance gegeben<br />

werden kann.<br />

Schnittstelle: Wangenabstrich<br />

Für eine Zusammenarbeit der Zahnärzteschaft mit der DKMS<br />

gibt es eine offensichtliche Schnittstelle: den Wangenabstrich.<br />

Für beide fängt Gesundheit im Mund an. Der Wangenabstrich<br />

ist prädestiniert für den Zugang über den Zahnarzt. Somit<br />

kann der Aktionsradius der Zahnmedizin authentisch ausgeweitet<br />

werden und die Zahnärzteschaft kann ihr gesellschaftliches<br />

Engagement und ihre soziale Verantwortung<br />

einmal mehr unter Beweis stellen.<br />

Auch Sie und Ihr Team haben die, Möglichkeit, ihr soziales<br />

Engagement den Patienten gegenüber sichtbar zu machen.<br />

Die Zusammenarbeit ergibt einen Dreifachnutzen; an erster<br />

Stelle für leukämiekranke Patienten, zudem für den Berufsstand<br />

und die einzelnen Praxen sowie für die DKMS auf<br />

der Suche nach neuen Spendern.<br />

Kleiner Aufwand – große Wirkung<br />

Der Aufwand in der Zahnarztpraxis ist gering; Sie können<br />

beispielsweise in Ihrem Wartezimmer Informationsmaterial<br />

auslegen oder Plakate anbringen. Der interessierte Patient<br />

kann Sie und Ihre Praxismitarbeiter zu Hintergründen<br />

befragen und sich selbst über die Homepage der DKMS<br />

ein Registrierungsset mit Wattestäbchen bestellen. Damit<br />

kann er zu Hause den Wangenabstrich durchführen und<br />

das Set in die Post geben. Der direkte Wangenabstrich in<br />

der Praxis wird nicht anvisiert, zum einen wegen der erforderlichen<br />

Bedenkzeit, zum anderen, um die Anonymität<br />

der Daten zu unterstreichen.<br />

Engagement der Zahnärzteschaft<br />

So können wir gemeinsam helfen: öffentlichkeitswirksam<br />

transportiert, unaufwändig und datenschutzsensibel. Mit<br />

diesem Projekt bekommen wir die Chance, einmal mehr<br />

das umfangreiche Engagement des zahnärztlichen Berufsstandes<br />

zu verdeutlichen – und sichtbar nach außen zu<br />

kommunizieren. Wir bitten Sie und Ihr Praxisteam um Ihre<br />

Unterstützung.<br />

Sie können kostenlos Infomaterial (Flyer, Dispenser und<br />

Plakat) für ihre Praxen unter www.dkms.de/bzaek anfordern. <br />

— Bundeszahnärztekammer und Zahnärztekammer Berlin<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

41<br />

© PeJo29/iStockphoto.com<br />

F A C H L I C H E S


© Mihai Simonia/Fotolia.com<br />

Steril – steriler – am sterilsten<br />

Das Robert-Koch-Institut hat die neue Empfehlung<br />

„Anforderungen an die Hygiene bei<br />

der Aufbereitung von Medizinprodukten“ veröffentlicht.<br />

Leichte Kost ist es nicht gerade, was das Robert-Koch-Institut<br />

da erarbeitet hat. Der niedergelassene Zahnarzt wird von<br />

der Lektüre überrascht sein, denn im Vergleich zur RKI-<br />

Empfehlung für die Zahnheilkunde aus dem Jahre 2006<br />

besticht das neue Werk zwar durch wissenschaftlichen<br />

Anspruch, bietet aber nicht gerade einen leicht verständlichen<br />

Leitfaden für die Praxishygiene an.<br />

Zunächst sei die Frage geklärt, ob wir uns an diese Empfehlung<br />

überhaupt halten müssen, denn eine Empfehlung<br />

ist doch kein Gesetz, oder? Das ist zwar richtig, dennoch<br />

haben RKI-Empfehlungen den Charakter eines „antizipierten<br />

Sachverständigengutachtens“, d.h., im Streitfalle könnte ein<br />

Gericht auf dieses Werk zurückgreifen, um einen medizinischen<br />

Standard zu definieren.<br />

Was also gibt es Neues?<br />

Erst einmal eine der wenigen positiv für die Zahnärzteschaft<br />

zu bewertenden Klarstellungen: Die Qualifikation zur Aufbereitung<br />

ist gegeben, sobald eine Praxismitarbeiterin eine<br />

„nachgewiesene Ausbildung in einem Medizinalfachberuf“<br />

hat. Die bestandene Prüfung zur ZFA ist also ausreichend,<br />

jede Art von Zusatzqualifikation wie „Sterilgutassistentin“<br />

etc. ist freiwillig! Sollten Praxismitarbeiter die Aufbereitung<br />

durchführen, die keine Ausbildung abgeschlossen haben,<br />

42 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

werden die bekannten Kurse in der Zahnärztekammer als<br />

Qualifikation ausdrücklich anerkannt.Ein separater „Steri“-<br />

Raum wird gewünscht, allerdings wird bestehenden Praxen<br />

ein Bestandsschutz eingeräumt. Nur bei Neu- und Umbauten<br />

muss es ein eigener Raum sein.<br />

Das waren dann auch schon die guten Nachrichten.<br />

Im Bereich der Validierung des Aufbereitungsvorganges<br />

wird erneut betont, dass jeder Schritt der Aufbereitungskette<br />

nachvollziehbar und „beweisbar“ sein muss. Das beginnt<br />

bei der exakten Arbeitsanweisung für die Tauchdesinfektion.<br />

Die regelmäßige Dokumentation der nach Ist-Wert-Temperaturanzeige<br />

erreichten Temperatur eines Thermodesinfektors<br />

und die vom Hersteller vorgeschriebenen Wartungen und<br />

Validierungen (am besten beim Kauf Kosten erfragen!) und<br />

bei älteren Geräten die arbeitstägliche Temperaturkontrolle<br />

mit Datenlogger und Prüfung der Reinigungsleistung mit<br />

Reinigungsindikatoren gehören ebenso dazu. Auch das<br />

Einschweißgerät will überprüft werden, eine wöchentliche<br />

Kontrolle mit z.B. „Seal-Check“-Folien wird gefordert. Dass<br />

ein Klasse-B-Steri in jeder Praxis vorausgesetzt wird, dürfte<br />

mittlerweile niemanden mehr überraschen, und dieser soll<br />

natürlich auch durch eine Helix mit eingelegtem Chemoindikator<br />

überwacht werden. Neben den vom Hersteller vorgeschriebenen<br />

Wartungen sollte man auch die in Hamburg<br />

beim Hygieneinstitut durchzuführenden halbjährlichen<br />

Sporentests weiter machen lassen. Neu ist die geforderte<br />

„Messung von Druck und Temperaturverlauf … durch z. B.<br />

Logger“ durch einen „qualifizierten Validierer“, die bei neu<br />

angeschafften Geräten zur „Leistungsqualifikation“ gehören.<br />

Das sollte das Depot hoffentlich hinbekommen.<br />

Apropos Thermodesinfektor. Das ewige Hick-Hack um die<br />

verpflichtende Anschaffung eines solchen teuren Gerätes<br />

geht weiter. In der neuen Richtlinie heißt es geheimnisvoll,<br />

„grundsätzlich“ sei ein solches Gerät bei der Aufbereitung<br />

von Medizinprodukten Kritisch B erforderlich. Der Jurist sieht<br />

beim Wort „grundsätzlich“ allerdings begründete Ausnahmen<br />

als machbar an. Dennoch sollte jede chirurgisch ausgerichtete<br />

Praxis auch vor dem Hintergrund mehrerer Gerichtsentscheidungen<br />

einen Thermodesinfektor zur Desinfektion<br />

von Kritisch B Medizinprodukten nutzen. Die eher nichtchirurgisch<br />

tätigen Praxen sollten bei der Risikobewertung<br />

ihrer Medizinprodukte dringend prüfen, ob überhaupt<br />

Kritisch B Produkte vorliegen. Denn Kritisch A und Semikritisch<br />

B dürfen weiterhin manuell per Wannendesinfektion<br />

desinfiziert werden, bevor es dann in den Steri geht. Allerdings<br />

gibt das RKI auch hier den maschinellen Verfahren<br />

mit dem Thermodesinfektor den „Vorrang“.


Foto: © HZB<br />

Konstantin v. Laffert, Mitglied im Vorstand der<br />

Zahnärztekammer Hamburg.<br />

Auch in dieser Richtlinie ist das Problem des RKI erkennbar:<br />

Alle Medizinprodukte und Fachbereiche werden über einen<br />

Kamm geschoren und die Aufbereitung eines in einem<br />

Operationssaal in einer sterilen Köperhöhle zum Einsatz<br />

kommenden Instrumentes wird mit zahnmedizinischen<br />

Produkten, die in einer von Keimen wimmelnden Mundhöhle<br />

zum Einsatz kommt, gleichgesetzt. Auch die Organisationsform<br />

des Krankenhauses mit seinen Großsterilisatoren<br />

etc. atmet aus vielen Zeilen der Richtlinie. Da hat es<br />

die Zahnmedizin mal wieder schwer, individuelle und<br />

praktikable Lösungen durchzusetzen. Ein Zahnmediziner<br />

war an dieser Empfehlung leider nicht beteiligt.<br />

Vom Spülwasser über die Verpackung bis zur Kennzeichnung<br />

verpackter Medizinprodukte und der Dokumentation<br />

sagt die Empfehlung zu fast allem etwas. Vieles bleibt für<br />

den Praktiker allerdings nebulös. Und wenn man sich durch<br />

die Richtlinie gekämpft hat, sind auch die Tabellen in den<br />

Anlagen noch harter Lesestoff, den es zu beachten gilt.<br />

Wenn Sie es dann geschafft haben, dieses Werk zu lesen,<br />

zu verstehen und in der Praxis umzusetzen, gönnen Sie<br />

sich zur Belohnung ein schönes Abendessen in einem tollen<br />

Restaurant. Aber bitte mit ordentlich gespülten Gläsern<br />

ohne Lippenstift dran und länger als 10 Minuten bei 93°C<br />

gespültem Geschirr… <br />

— Konstantin v. Laffert<br />

Mitglied im Vorstand der Zahnärztekammer Hamburg<br />

Quelle: Hamburger Zahnärzteblatt 2/<strong>2013</strong><br />

„Anforderungen an die Hygiene bei der<br />

Aufbereitung von Medizinprodukten“<br />

zu finden auf den Internetseiten des RKI<br />

unter >„Kommissionen“, >„Empfehlungen<br />

der KRINKO“ >„Aufbereitung von Medizinprodukten“<br />

– http://bit.ly/WjJW7P<br />

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43<br />

F A C H L I C H E S


Bedeutung einer Tugendethik für die<br />

gegenwärtige Zahn-Medizin-Ethik – Teil 2:<br />

DAS FÜR DEN PATIENTEN GUTE ALS ZWECKERFÜLLUNG KLINISCHER MEDIZIN<br />

Teil 1 dieser Beitragsreihe beleuchtet das historische<br />

Paradigma der Tugendethik als ethische<br />

Richtschnur (zahn-)ärztlicher Grundhaltung. Der (zahn-)ärztliche<br />

Bekenntnisakt als moralische Selbstverpflichtung<br />

unserer Profession rückt hierbei in den Mittelpunkt. Der<br />

vorliegende Teil 2 widmet sich den Zielen und Zwecken<br />

klinischer Medizin, sowie der Bedeutung des für den<br />

Patienten Guten.<br />

Ziel und Zweck Klinischer Medizin<br />

Pellegrino definiert klinische Medizin als die Anwendung<br />

medizinischen Wissens und Könnens im persönlichen Arzt-<br />

Patienten-Verhältnis. Deren eindeutig benennbares Ziel ist<br />

eine richtige und gute Heilsentscheidung und -Maßnahme<br />

für einen konkreten Patienten. Medizinisches Wissen wird<br />

zu einem Teil der klinischen Medizin und des ärztlichen<br />

Bekenntnisses zum Beruf, wenn es hier und jetzt eingesetzt<br />

wird zur Behandlung einer konkret leidenden Person. Denn<br />

dann genau dient medizinisches Wissen der Zweck-Erfüllung<br />

klinischer Medizin, d.h. dem für den Patienten Guten.<br />

Darüber hinaus ist Klinische Medizin auch das Werkzeug,<br />

mit dessen Hilfe die öffentliche Politik in das Leben Kranker<br />

eingreift; in der Gesundheitspolitik treten klinische und<br />

soziale Medizin miteinander in Beziehung. Zweck der<br />

Sozialmedizin ist die Gesundheit einer ganzen Bevölkerungsgruppe<br />

oder der ganzen staatlichen Gemeinschaft.<br />

Die klare Unterscheidung zwischen klinischer Medizin – mit<br />

dem Hauptzweck des für den Patienten Guten – und Sozialmedizin<br />

– mit dem Hauptzweck der Gesundheit für eine<br />

Bevölkerungsgruppe – kann nicht deutlich genug betont<br />

werden. Hindernisse, um zu einem Konsens über Ziele und<br />

Zwecke der Medizin zu gelangen, entstehen, wenn diese<br />

Unterscheidungen nicht klar genug aufgezeigt werden.<br />

Pellegrino appelliert an das klassische Verständnis von den<br />

Zielen der klinischen Medizin: Der Bezug zum Guten und<br />

dem Verhältnis zwischen der Idee des Guten und der Ethik.<br />

Das Gute ist Ziel und Zweck, das telos menschlichen Tuns.<br />

„Zweck ist, wozu etwas existiert; was eine Handlung zu<br />

wirken bestimmt ist, wozu die Handlung gut ist“. Ziel und<br />

Zweck liegen also in der Natur der Dinge selbst – nicht wir<br />

44 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

erlegen den Dingen Zwecke auf. Dinge sind nicht gut, weil<br />

wir sie erstreben; vielmehr erstreben wir sie, weil sie gut<br />

sind. Das bedeutet für die Medizin: Wir als Ärzte können<br />

die Medizin auf bestimmte Ziele und Zwecke lenken; aber<br />

ob der Einsatz der Medizin dafür gut oder schlecht ist, hängt<br />

davon ab, ob der Einsatz uns den Zielen näher bringt,<br />

derentwegen die Medizin existiert.<br />

Ziele und Zwecke der Klinischen Medizin herauszuarbeiten<br />

bedeutet, Ziel und Zweck der Begegnung desjenigen, der<br />

Hilfe sucht, mit demjenigen, der Hilfe verspricht, zu definieren.<br />

Klinische Medizin ist zentriert auf das klinische Gegenüber<br />

desjenigen mit medizinischem Wissen (Arzt), und desjenigen,<br />

der dieses Wissens bedarf, um die durch Krankheit gestörte<br />

Funktion wiederherzustellen (Patient). Konkret ist für den<br />

Patienten eine Entscheidung zu treffen, die für diesen Zeitpunkt<br />

und eine überschaubare Zeit annähernd das für den<br />

Patienten Gute herbeiführen wird. In diese Entscheidung<br />

und ihre Absicherung muss der Arzt den Patienten einbeziehen.<br />

Sie ist, soweit möglich, eine gemeinsame Aufgabe.<br />

Das für den von Beschwerden Geplagten oder Kranken Gute<br />

ist das, was der Patient braucht und unmittelbar sucht:<br />

Hilfe, Zuwendung, Heilbehandlung. Sie zu gewährleisten, ist<br />

„dem Kliniker qua Kliniker aufgegeben“. Das hat er während<br />

der ärztlichen Ausbildung, wie auch aus Erfahrung gelernt;<br />

dies ist sein „Handwerk“.<br />

Insoweit wäre die Medizin eine techné, eine Kunst oder<br />

praktisches Wissen, wie etwas zu machen ist. Klinische<br />

Medizin ist aber mehr als eine techné. Sie schließt auch<br />

die Kenntnis der Gründe und Prinzipien ein, die eine gute<br />

Erfüllung der Aufgabe voraussetzt. Wäre die Medizin nur<br />

eine Kunst, würden wir sie nur danach beurteilen, in wie<br />

weit ihre technischen Leistungen ihre Zwecke erfüllen.<br />

Dann wäre der Arzt mit dem Künstler zu vergleichen; er<br />

würde beurteilt nach seiner Beherrschung von Diagnose,<br />

Therapie und Prognose. Dass er selbst ein guter Mensch<br />

sei, wäre nicht gefordert. Es genügten also die Tüchtigkeiten,<br />

die sein Kunsthandwerk verlangt. Und heute gibt es<br />

international einen zunehmenden Trend zu einer solchen<br />

Betrachtung der inzwischen in hohem Maße industrialisierten,<br />

kommerzialisierten und bürokratischen Medizin.


Eine solche Teilansicht der Medizin und ihrer Ziele bloß als<br />

eine „Kunst“ ist unhaltbar, sobald man das Arzt-Patienten-<br />

Verhältnis betrachtet. Gewiss muss der Arzt seine Kunst<br />

beherrschen; nicht minder muss er aber auch den spezifischen<br />

moralischen Anforderungen seines Ziels genügen.<br />

Die klinische Medizin kann ihre Ziele nicht erreichen, wenn<br />

sie nicht im Dienst eines umfassenden moralischen Ziels<br />

erbracht werden; und das ist das für einen konkreten<br />

Patienten Gute. Ziel und Zweck der Medizin ist das Heilen.<br />

Heilen trägt beides in sich, die technische und moralische<br />

Zielsetzung der Medizin, wenn sie im Sinne des für den<br />

Patienten Guten tätig wird. „Wo immer möglich, zielt Heilen<br />

auf die Wiederherstellung der Gesundheit, also drauf, die<br />

seelischen und physischen Brüche in der Lebensbalance<br />

einer Person rückgängig zu machen“. Ist das nicht möglich,<br />

tritt Linderung von Schmerz und Leiden, sowie die Wiederherstellung<br />

von Funktionen in den Vordergrund. Pflichtziel<br />

der Medizin und nie vernachlässigbar bleibt in jedem Fall<br />

die Sorge um den Patienten. Der (Zahn-)Arzt bedarf hierzu<br />

intellektueller und moralischer Tugenden.<br />

Das für den Patienten Gute<br />

Zur näheren Betrachtung der intellektuellen und moralischen<br />

Tugenden fordert Pellegrino, das für den Patienten Gute<br />

genauer zu differenzieren. Heilen ist ein Gut, das die<br />

ganze Person erfasst; Pellegrino spricht hier den Menschen<br />

in seiner psychosozialen, biologischen, personalen und<br />

spirituellen Dimension an, die in unterschiedlichem Grad<br />

durch Beschwerden oder Krankheit verletzt sein kann –<br />

und idealerweise jede für sich geheilt werden muss, wenn<br />

die Person als Ganze geheilt werden soll. Es werden folglich<br />

vier Ebenen benannt, auf denen Heilung erfolgt. Eine<br />

Gewichtung wird hier nicht vorgenommen; das Verhältnis<br />

der Güterebenen zueinander bleibt dem Patienten überlassen.<br />

Und deshalb darf der Kliniker ein Gut weder zu Lasten<br />

eines anderen übertreiben, noch zu dessen Gunsten<br />

vernachlässigen. Es würde die Einheit des für den Patienten<br />

Guten entstellen:<br />

Ebene 1 – das medizinisch Gute<br />

Eine Leistung der rein medizinischen Kunst. Zweck ist die<br />

Wiederherstellung physischer und psychischer Funktion,<br />

Linderung von Schmerzen und Leiden. Auf dieser Ebene<br />

hängt das für den Patienten Gute am Wissen und Können<br />

des Arztes. Das medizinisch Gute muss zudem in ein<br />

angemessenes Verhältnis mit dem für den Patienten Gute<br />

auf den anderen Ebenen gebracht werden. Was also rein<br />

medizin-technisch gut ist, kann gegen das für den Patienten<br />

Gute, wie er es selbst wahrnimmt, verstoßen und damit<br />

eben nicht gut sein.<br />

Ebene 2 – Das Gute, wie es der Patient wahrnimmt<br />

Hier sind wir mit den persönlichen Präferenzen des Patienten<br />

konfrontiert, mit seiner Wahl, seinen Wertungen, und der<br />

Art, wie er zu Leben wünscht. Einschätzungen und Wertungen<br />

sind ureigene Sache jedes Patienten und dürfen<br />

weder vom Arzt, noch von Dritten aufgedrängt werden.<br />

Sie hängen ab vom Alter, Geschlecht, Lebenssituation,<br />

Beschäftigung usw., die den Lebenslauf des jeweiligen<br />

Patienten ausmachen. Um dem Guten, wie es der Patient<br />

wahrnimmt, gerecht zu werden, muss sich das medizinisch<br />

Gute einordnen ins Ganze seines Lebensentwurfs.<br />

Ebene 3 – das allgemein für Menschen Gute<br />

Damit ist das Gute gemeint, in dem Aristoteles das telos<br />

des menschlichen Lebens sieht. Auf dieser Ebene geht es<br />

um das Gute, soweit es spezifisch das Menschsein betrifft:<br />

Selbsterhaltung, Wahrung der Würde der menschlichen<br />

Person, Achtung vor seiner Vernunftbegabung als Geschöpf,<br />

das seinen Zweck in sich selbst hat und niemals ein Mittel<br />

sein darf, dessen Wert unveräußerlich ist, unabhängig von<br />

Besitz, Bildung, Lebensstellung usw.<br />

Ebene 4 – Das spirituell Gute<br />

Für viele Patienten stellt die oberste Stufe des Guten ihr<br />

spirituelles Wohl dar. Das kann, muss aber nicht religiös<br />

verstanden sein. Die meisten Patienten sind von der Existenz<br />

einer spirituellen Dimension überzeugt, wie immer sie das<br />

ausdrücken mögen. Sie sehen hierin ihr oberstes Gut für<br />

sich und die anderen und bringen dafür oft größte Opfer.<br />

Der spirituelle Bereich prägt für viele den Sinn ihres Lebens.<br />

Für diese Menschen muss sich das Gute auf den drei zuvor<br />

beschriebenen Ebenen dem spirituellen Wohl unterordnen.<br />

Obschon im zahnmedizinischen Kontext eher seltener relevant,<br />

sei hier als Beispiel die Ablehnung einer Blutspende<br />

durch die Zeugen Jehovas genannt, für eine gläubige<br />

Katholikin die Abtreibung eines genetisch geschädigten<br />

Fötus, oder für einen orthodoxen Juden die Ablehnung<br />

lebensverlängernder Maßnahmen.<br />

Die Erfassung und Wahrung der Komplexität des für den<br />

Patienten Guten setzt intellektuelle und moralische Tugenden<br />

voraus. <br />

Der dritte Teil dieses Beitrages befasst sich mit moralischen und<br />

intellektuellen Tugenden, sowie deren Praxisrelevanz. Teil 1 dieser<br />

Abhandlung finden Sie bei Interesse im <strong>NZB</strong> 03/<strong>2013</strong> (S. 30f).<br />

— Dr. Peter Weißhaupt, M.Sc., Iserlohn<br />

Anmerkung der Redaktion:<br />

Literaturangaben findet der interessierte Leser auf der<br />

Homepage des <strong>NZB</strong>s (www.nzb.de) unter „Literaturlisten“.<br />

Empfehlen möchten wir unseren an der Thematik interessierten<br />

Lesern auch das Buch von Dr. Weißhaupt „Zahn-<br />

Medizin-Ethik“, erschienen im Shaker Verlag, Aachen,<br />

ISBN978-3-8440-0583-7.<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

45<br />

F A C H L I C H E S


Das war die IDS <strong>2013</strong> in Zahlen<br />

IDS <strong>2013</strong> SCHLOSS AM 16. MÄRZ IHRE PFORTEN MIT REKORDWERTEN:<br />

BESUCHER-, AUSSTELLER- UND FLÄCHENZUWACHS.<br />

An der IDS <strong>2013</strong> beteiligten sich auf einer Bruttoausstellungsfläche von<br />

150.000 m 2 (2011: 145.000 m 2 ) 2.058 Unternehmen aus 56 Ländern (2011:<br />

1.954 Unternehmen aus 58 Ländern). Darunter befanden sich 643 Aussteller<br />

und 12 zusätzlich vertretene Firmen aus Deutschland (2011: 654 Aussteller<br />

und 17 zusätzlich vertretene Firmen) sowie 1.347 Aussteller und 56 zusätzlich<br />

vertretene Unternehmen aus dem Ausland (2011: 1.250 Aussteller und 33<br />

zusätzlich vertretene Unternehmen). Der Auslandsanteil lag bei 68 Prozent<br />

(2011: 66 Prozent). Rund 125.000 Fachbesucher aus 149 Ländern kamen zur<br />

IDS (2011: 117.697 Fachbesucher aus 149 Ländern), davon rund 48 Prozent<br />

(2011: 42 Prozent) aus dem Ausland.<br />

Die nächste IDS findet statt vom 10. bis 14. März 2015. <br />

— Quelle: Pressemitteilung Kölnmesse<br />

46 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Fotos: <strong>NZB</strong>-Archiv


Rechtstipp<br />

Der angestellte Zahnarzt (Assistent)<br />

und seine rechtliche Außenwirkung<br />

Es besteht häufig ein Interesse des Praxisinhabers,<br />

nach außen kenntlich zu<br />

machen, dass Frau/Herr XY als Zahnärztin/Zahnarzt<br />

in seiner Praxis tätig ist. Ist die Zahnärztin/der<br />

Zahnarzt nicht als Selbständiger in der Praxis tätig,<br />

sondern angestellt, ist zu beachten, dass stets darauf<br />

hinzuweisen ist, dass Frau/Herr XY nicht Praxisinhaber,<br />

sondern nur angestellt ist.<br />

Kommt der Patient in die Praxis und lässt sich von<br />

der angestellten Zahnärztin beispielsweise behandeln,<br />

schließt der Patient nicht mit der angestellten<br />

Zahnärztin, sondern mit dem Praxisinhaber den<br />

Behandlungsvertrag ab. Diesem schuldet der Patient<br />

das Honorar, der Zahnarzt die Behandlung nach<br />

zahnmedizinischem Standard.<br />

Begeht die angestellte Zahnärztin einen Behandlungsfehler,<br />

haftet der Praxisinhaber neben der<br />

angestellten Zahnärztin. Unterläuft dem Praxisinhaber<br />

ein Fehler, haftet nur er dem Patienten für diesen<br />

Fehler.<br />

Wird in der Öffentlichkeit der Eindruck vermittelt,<br />

dass Frau/Herr XY Partner und nicht angestellte<br />

Zahnärztin/angestellter Zahnarzt ist, wird rechtlich<br />

von einer sogenannten „Scheinsozietät“ z.B. einer<br />

Schein-Gemeinschaftspraxis ausgegangen. Für die<br />

angestellte Zahnärztin/den angestellten Zahnarzt<br />

bedeutet dies, dass sie/er, weil er den Rechtsschein<br />

eines Partners in der Öffentlichkeit setzt, für Fehler<br />

und Schulden des Praxisinhabers haftet.<br />

Ein solcher Rechtsschein wird z.B. gesetzt, wenn<br />

der angestellte Zahnarzt auf dem Briefkopf mit<br />

aufgeführt wird, ohne dass auf sein Anstellungsverhältnis<br />

hingewiesen wird. Gleiches gilt für Praxisflyer<br />

und die Vorstellung der Praxis im Internet.<br />

Die niedersächsische Berufsordnung der Zahnärzte<br />

schreibt in § 18 Absatz 4 vor, dass über die<br />

Beschäftigung angestellter Zahnärzte in „öffentlichen<br />

Ankündigungen“ nur mit dem Hinweis auf<br />

das Anstellungsverhältnis informiert werden darf.<br />

Der Begriff „öffentliche Ankündigung“ ist nicht<br />

definiert. Meines Erachtens soll hierunter jede Form<br />

von öffentlicher Darstellung gemeint sein, wie z. B.<br />

Praxisflyer, Internetseite, aber auch das Praxisschild.<br />

Soll der angestellte Zahnarzt auf das Praxisschild<br />

mit aufgenommen werden, damit für die Öffentlichkeit<br />

deutlich wird, dass er in der Praxis tätig ist, so<br />

ist zugleich eindeutig und unmissverständlich für<br />

jeden Dritten erkennbar der Zusatz aufzunehmen,<br />

dass er in der Praxis im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses<br />

tätig ist.<br />

Eine eindeutige Darstellung der rechtlichen Verhältnisse<br />

liegt im Interesse des Praxisinhabers und des<br />

angestellten Zahnarztes. <br />

Wencke Boldt,<br />

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht<br />

Hildesheimer Straße 33, 30169 Hannover<br />

Tel.: 0511 8074-995, Fax: 0511 8074-997<br />

— Quelle: www.zfn-online.de<br />

© Matthias Eckert/Fotolia.com<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | F A C H L I C H E S<br />

47<br />

© vschlichting/Fotolia.com<br />

F A C H L I C H E S


Aktuelle Urteile…<br />

…AUS DER ARBEITSWELT<br />

Urlaubsgeld/Weihnachtsgeld: Nach 13 Jahren „ohne<br />

Vorbehalt“ nicht den Spieß einfach umdrehen<br />

Aus jahrelang freiwillig gezahlten Urlaubs- und Weihnachtsgeldern,<br />

die ein Arbeitgeber jeweils in Höhe<br />

eines halben Monatsgehalts ohne einen wirksamen<br />

Freiwilligkeitsvorbehalt geleistet hat, kann er nicht von<br />

einem ihm genehmen Zeitpunkt an aussteigen. Es<br />

hatte sich bereits nach der dritten Zahlung eine<br />

betriebliche Übung ergeben, die einem Rechtsanspruch<br />

gleichkam. Dass der Arbeitgeber die Zahlungen zwei<br />

Jahre lang komplett ausfallen ließ, ohne dass sich die<br />

Mitarbeiter darüber beschwerten, ändert daran nichts.<br />

Es war ihnen (wie hier einem langjährigen Beschäftigten)<br />

auch möglich, die Ansprüche für die betreffenden<br />

Jahre noch ein beziehungsweise zwei Jahre später gerichtlich<br />

geltend zu machen. Dem konnte der Arbeitgeber<br />

nicht mit der Begründung entgegen treten, durch<br />

eine „gegenläufige betriebliche Übung“ (2 Jahre lang<br />

„unbeanstandet“ keine Zahlungen) habe sich der<br />

Rechtsanspruch erledigt. (LAG Hamm, 15 Sa 1826/11)<br />

Urlaubsrecht: Spätestens nach 15 Monaten<br />

ist Schluss mit der Barabgeltung<br />

Ein Arbeitnehmer, der bei Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses<br />

mehrere Jahre lang arbeitsunfähig krank<br />

ist, kann nicht erwarten, dass er – endet sein Arbeitsverhältnis<br />

– von seinem Arbeitgeber für den gesamten<br />

Zeitraum den “nicht genommenen Urlaub” bar abgegolten<br />

bekommt. Der maximale Zeitraum beträgt 15<br />

Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres. Das bedeutet:<br />

Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit verfällt der Urlaubsanspruch,<br />

der bar abgegolten werden müsste, spätestens<br />

mit dem 31. März des übernächsten Jahres.<br />

(LAG Niedersachsen, 16 Sa 1642/10)<br />

48 F A C H L I C H E S | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

© Sandor Jackal/Fotolia.com<br />

Aktuelles aus der Rechtsprechung<br />

…AUS DEM SOZIALRECHT<br />

Krankenversicherung: „Nicht verschreibungspflichtig“<br />

hat „nicht leistungspflichtig“ zur Folge<br />

Das Bundesverfassungsgericht hält die 20<strong>04</strong> ins Sozialgesetzbuch<br />

aufgenommene Regelung, dass nicht verschreibungspflichtige<br />

Arzneien aus dem Leistungskatalog der<br />

gesetzlichen Krankenversicherung herausgenommen<br />

wurden, für mit dem Grundgesetz vereinbar. Die Belastung<br />

der gesetzlich Krankenversicherten mit dadurch entstandenen<br />

Zusatzkosten stehe „in einem angemessenen Verhältnis<br />

zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel, die Kosten im<br />

Gesundheitswesen zu dämmen“. (Hier ging es um eine<br />

Patienten, dessen Atemwegserkrankung dauerhaft mit<br />

einem Medikament behandelt wurde, das nicht verschreibungspflichtig<br />

ist. Der Versicherte musste dafür monatlich<br />

28,80 € aufwenden, die von seiner Krankenkasse nicht<br />

übernommen wurden. Das Bundesverfassungsgericht stellte<br />

– wie vorher schon das Bundessozialgericht – fest: „Die<br />

gesetzlichen Krankenkassen sind nicht gehalten, alles zu<br />

leisten, was an Mitteln zur Erhaltung oder Wiederherstellung<br />

der Gesundheit verfügbar ist.“ Zumutbare Eigenleistungen<br />

könnten verlangt werden. (BVfG, 1 BvR 69/09)<br />

Rentenversicherung:<br />

Auch DDR-Bürger müssen den Stichtag akzeptieren<br />

Das Hessische Landessozialgericht hat entschieden, dass<br />

die bei der Wiedervereinigung durch die Rentenüberleitungsvorschrift<br />

eingeführte Stichtagsregelung verfassungsgemäß<br />

ist, wonach sich die Rentenberechnung ehemaliger DDR-<br />

Bürger, die am 18.05.1990 bereits in die Bundesrepublik<br />

übergesiedelt waren, nur für vor 1937 Geborene nach dem<br />

Fremdrentengesetz richtet. Im konkreten Fall ging es um<br />

einen Ingenieur, der 1947 in der DDR geboren wurde und<br />

als Betriebsleiter tätig war. Nachdem er seinerzeit einen<br />

Ausreiseantrag stellte, war er in der Folgezeit nur noch als<br />

Hilfsarbeiter tätig. Nach der Ausreise 1989 arbeitete er 20<br />

Jahre lang versicherungspflichtig in der Bundesrepublik. Bei<br />

der Berechnung seiner Altersrente bewertete die Rentenversicherung<br />

die im Beitrittsgebiet erworbenen Rentenzeiten<br />

nach tatsächlich gezahlten Beiträgen. Dagegen ging der<br />

Mann an. Seine Argumente, diese Bewertung verstoße<br />

gegen das Sozialstaatsprinzip, den Gleichheitsgrundsatz<br />

sowie die grundrechtlich geschützte Eigentumsgarantie,<br />

zogen nicht. Denn es gebe keine Rechtsgrundlage dafür,<br />

das Fremdrentenrecht für nach 1936 geborene Flüchtlinge<br />

und Übersiedler heranzuziehen. Die Wiedervereinigung habe<br />

eine Neuregelung des im Fremdrentengesetz geregelten<br />

Kriegsfolgenrechts und eine rentenrechtliche Einheit in<br />

West- und Ostdeutschland erforderlich gemacht.<br />

(Hessisches LSG, L 5 R 144/12)


Terminliches Persönliches<br />

BEZIRKSSTELLE VERDEN<br />

24.4.<strong>2013</strong><br />

Referent: Dr. med. dent. Diana Wolff,<br />

Heidelberg<br />

Thema: Faserverstärkte Kompositbrücken<br />

22.5.<strong>2013</strong><br />

Referent: Dr. Jan Behring, Hamburg<br />

Thema: Chirurgische Kronenverlängerung<br />

19.6.<strong>2013</strong><br />

Referent: Prof. Dr. Werner Geurtsen,<br />

Hannover<br />

Thema:<br />

Biokompatibilität zahnärztlicher<br />

Werkstoffe auf Kunststoffbasis<br />

28.8.<strong>2013</strong><br />

Referentin: Dr. Heidi Diamanti, Hamburg<br />

Thema: Homöopathie in der<br />

zahnärztlichen Praxis<br />

Ort: Haags Hotel Niedersachsenhof,<br />

Lindhooper Straße 97, 27283 Verden<br />

Fortbildungsreferent:<br />

Dr. Walter Schulze.<br />

Zahnärztekammer Niedersachsen /<br />

Bezirksstelle Verden, Nordstraße 5,<br />

27356 Rotenburg/W.<br />

Tel.: <strong>04</strong>261 3665, Fax: <strong>04</strong>261 4742<br />

E-Mail: drws.walter@t-online.de<br />

BEZIRKSSTELLE HANNOVER<br />

05.06.<strong>2013</strong><br />

Referent:<br />

Priv.-Doz. Dr. M. Oliver Ahlers, Hannover<br />

Thema: „Funktionsdiagnostik,<br />

Funktionstherapie und restaurative<br />

Weiterbehandlung mit repositions-<br />

Onlays und -Veneers“<br />

Ort: Hannover Congress Centrum,<br />

Theodor-Heuss-Platz 1-3,<br />

30175 Hannover<br />

Fortbildungsreferent:<br />

Dr. Kai-Petrik Worch, M.S. (USA)<br />

c/o Zahnärztekammer Niedersachsen<br />

Zeißstr. 11b, 30519 Hannover<br />

Tel.: 0511 83391-190/191<br />

Fax: 0511 83391-196<br />

E-Mail: bezhannover@zkn.de<br />

Internet: www.zkn.de<br />

„Mein Engagement soll der Kollegin und<br />

dem Kollegen und den Mitarbeitern in<br />

der Praxis nützen“<br />

DR. JOACHIM WÖMPNER WURDE 65 JAHRE JUNG<br />

Viele Referenten möchten diesen Satz 1:1<br />

umsetzen, nur Wenigen gelingt das. Zu diesen<br />

Wenigen gehört der Freund und Kollege<br />

Joachim Wömpner.<br />

Auch wenn er findet, dass Geburtstage<br />

eigentlich abgeschafft gehören, kann ich ihm<br />

diesen Gefallen nicht tun. Gerade sein Engagement<br />

für die Kollegenschaft kann nicht oft<br />

genug lobend erwähnt werden. Seit nunmehr<br />

über 20 Jahren hat er sich damit einen<br />

Namen gemacht, der weit über die Landesgrenzen<br />

von Niedersachsen hinausgeht. Die<br />

Grundlage für sein profundes Fachwissen ist<br />

in vielen Jahren im Wirtschaftlichkeitsprüfungsbereich<br />

und als Gutachter, sowohl für die vertragszahnärztliche<br />

Versorgung, wie auch für den Bereich der GOZ gewachsen.<br />

Seine langjährige Tätigkeit als ZMF-Kursleiter hat ihm immer den Blick für die<br />

Nöte und Wünsche unserer Praxismitarbeiterinnen erhalten, was sich in seinen<br />

aktuellen Vorträgen niederschlägt. Er hat mir oft gesagt: Vorträge, die für die<br />

Praxis keinen Nutzen erbringen, kann ich mir von vornherein schenken.<br />

Da ist ihm seine Frau eine wertvolle Ratgeberin, weil sie in seiner Praxis<br />

mitarbeitet und täglich sieht, wo es Probleme gibt, die sich dann in seinen<br />

Vortragstexten wiederfinden.<br />

1993 wurde er Mitglied im Vorstand der Zahnärztekammer Niedersachsen<br />

und ab 1997 bis 2005 war er Vizepräsident. Seit dem Jahr 2010 ist er Vorsitzender<br />

der Vertreterversammlung der KZVN. Er leitet die Sitzungen souverän<br />

und bemüht sich, sowohl der Mehrheits- wie der Oppositionsfraktion gleichermaßen<br />

gerecht zu werden.<br />

Beeindruckend ist die Konsequenz mit der er sich neuen Herausforderungen<br />

widmet. Sein zweites Steckenpferd, die elektronischen Medien, sind ihm<br />

dabei eine große Hilfe. Hierdurch glänzen seine professionell gestalteten<br />

Vorträge und erschließen dem Zuhörer durch seine launige Vortragsweise<br />

damit selbst trockenste Themen. Aktuell liegen ihm das Qualitätsmanagement<br />

und die Hygieneanforderungen in den Praxen ganz besonders am Herzen.<br />

Die komplizierten Vorschriften, die daraus entstehenden Ängste versucht er<br />

in seinen Vorträgen so herunterzubrechen, dass die Kursteilnehmer erkennen<br />

können, wie relativ einfach es sein kann, wenn man seine Arbeit an<br />

bestimmten Punkten systematisiert. Ich wünsche mir dieses Engagement<br />

noch lange, weil es einfach Spaß macht, mit ihm zusammenzuarbeiten.<br />

Ohne seine Familie könnte er diese Arbeit nicht leisten. Deshalb geht mein<br />

ganz besonderer Dank von dieser Stelle dorthin.<br />

Ich wünsche dem Geburtstagskind alles Gute, vor allem Gesundheit. <br />

— Dr. Jobst-W. Carl, Osnabrück<br />

Dr. Joachim Wömpner.<br />

Foto: <strong>NZB</strong>-Archiv<br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | T E R M I N L I C H E S<br />

49<br />

F A C H L I C H E S<br />

T E R M I N L I C H E S<br />

P E R S Ö N L I C H E S


AUSZUG AUS DER ZULASSUNGSVERORDNUNG<br />

FÜR VERTRAGSZAHNÄRZTE (ZV-Z)<br />

§ 18<br />

(1) Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. In dem<br />

Antrag ist anzugeben, für welchen Vertragszahnarztsitz<br />

und gegebenenfalls unter welcher Gebietsbezeichnung<br />

die Zulassung beantragt wird. Dem Antrag sind<br />

beizufügen<br />

a) Ein Auszug aus dem Zahnarztregister, aus dem der<br />

Tag der Approbation, der Tag der Eintragung in das<br />

Zahnarztregister und gegebenenfalls der Tag der<br />

Anerkennung des Rechts zum Führen einer bestimmten<br />

Gebietsbezeichnung hervorgehen müssen,<br />

b) Bescheinigungen über die seit der Approbation<br />

ausgeübten zahnärztlichen Tätigkeiten,<br />

c) gegebenenfalls eine Erklärung nach § 19 a Abs. 2<br />

Satz 1, mit der der aus der Zulassung folgende<br />

Versorgungsauftrag auf die Hälfte beschränkt wird.<br />

(2) Ferner sind beizufügen:<br />

1. ein Lebenslauf,<br />

2. ein polizeiliches Führungszeugnis,<br />

3. Bescheinigungen der Kassenzahnärztlichen<br />

Vereinigungen, in deren Bereich der Zahnarzt bisher<br />

niedergelassen oder zur Kassenpraxis zugelassen<br />

war, aus denen sich Ort und Dauer der bisherigen<br />

Niederlassung oder Zulassung und der Grund<br />

einer etwaigen Beendigung ergeben,<br />

4. eine Erklärung über im Zeitpunkt der Antragstellung<br />

bestehende Dienst- oder Beschäftigungsverhältnisse<br />

unter Angabe des frühestmöglichen Endes des<br />

Beschäftigungsverhältnisses,<br />

5. eine Erklärung des Zahnarztes, ob er drogen- oder<br />

alkoholabhängig ist oder innerhalb der letzten fünf<br />

Jahre gewesen ist, ob er sich innerhalb der letzten<br />

fünf Jahre einer Entziehungskur wegen Drogen- oder<br />

Alkoholabhängigkeit unterzogen hat und dass<br />

gesetzliche Hinderungsgründe der Ausübung des<br />

zahnärztlichen Berufs nicht entgegenstehen.<br />

(3) An Stelle von Urschriften können amtlich beglaubigte<br />

Abschriften beigefügt werden.<br />

(4) Können die in Absatz 1 Buchstabe b und in Absatz<br />

2 Buchstabe c bezeichneten Unterlagen nicht vorgelegt<br />

werden, so ist der nachzuweisende Sachverhalt<br />

glaubhaft zu machen.<br />

50 K Z V N | N Z B | A P R I L 2 0 1 3<br />

Niederlassungshinweise<br />

Kolleginnen und Kollegen, die sich in Niedersachsen<br />

niederlassen möchten, wenden sich bitte an die<br />

Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen,<br />

Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />

Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />

Tel. 0511 8405-323/361, E-Mail: info@kzvn.de.<br />

Antragsformulare können entweder bei der Geschäftsstelle<br />

des Zulassungsausschusses Niedersachsen<br />

angefordert oder unter www.kzvn.de als PDF-Dokument<br />

heruntergeladen werden.<br />

Bitte achten Sie darauf, bei der Einreichung der Anträge<br />

zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit sämtliche in § 18<br />

Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte (ZV-Z)<br />

aufgeführten Unterlagen beizufügen.<br />

GEMEINSAME AUSÜBUNG DER<br />

VERTRAGSZAHNÄRZTLICHEN TÄTIGKEIT<br />

(Bildung einer Berufsausübungsgemeinschaft)<br />

Bei Anträgen auf Genehmigung der gemeinsamen<br />

Ausübung der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ist<br />

grundsätzlich die Vorlage eines schriftlichen Gesellschaftsvertrages<br />

notwendig.<br />

Bitte achten Sie bei entsprechenden Anträgen darauf,<br />

den Gesellschaftsvertrag spätestens bis zum Abgabetermin<br />

bei der Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />

einzureichen.<br />

VERLEGUNGEN<br />

Nach § 24 Abs. 7 ZV-Z ist im Falle einer Verlegung des<br />

Vertragszahnarztsitzes grundsätzlich ein entsprechender<br />

Antrag an den Zulassungsausschuss zu richten. Die Verlegung<br />

ist erst möglich, wenn der Zulassungsausschuss<br />

diesem Antrag stattgegeben hat.


SITZUNGEN DES<br />

ZULASSUNGSAUSSCHUSSES<br />

NIEDERSACHSEN FÜR ZAHNÄRZTE<br />

Alle Anträge an den Zulassungsausschuss Niedersachsen<br />

sind unter Beifügung sämtlicher erforderlicher Unterlagen<br />

rechtzeitig bis zum Abgabetermin bei der<br />

Geschäftsstelle des Zulassungsausschusses<br />

Niedersachsen, Zeißstraße 11, 30519 Hannover,<br />

in Urschrift und eigenhändig unterschrieben einzureichen.<br />

Abgabe bis 14.05.<strong>2013</strong><br />

Sitzungstermin 12.06.<strong>2013</strong><br />

Abgabe bis 23.08.<strong>2013</strong><br />

Sitzungstermin 18.09.<strong>2013</strong><br />

Abgabe bis 25.10.<strong>2013</strong><br />

Sitzungstermin 20.11.<strong>2013</strong><br />

HINWEISE AUF PRAXISORTE<br />

FÜR NIEDERLASSUNGEN<br />

Fachzahnärzte für Kieferorthopädie<br />

In folgenden Planungsbereichen besteht Bedarf an<br />

Fachzahnärzten für Kieferorthopädie:<br />

Verwaltungsstelle Braunschweig<br />

Planungsbereich Landkreis Gifhorn:<br />

Der Planungsbereich Landkreis Gifhorn mit 34.412 zu<br />

versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 34,9 % versorgt.<br />

Planungsbereich Landkreis Peine:<br />

Der Planungsbereich Landkreis Peine mit 25.277 zu<br />

versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 31,6% versorgt.<br />

Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Braunschweig der KZVN,<br />

Vorsitzender: Dr. Helmut Peters, Münzstraße 9,<br />

38100 Braunschweig, Tel. 0531 13605, Fax 0531 4811315,<br />

E-Mail: braunschweig@kzvn.de<br />

Verwaltungsstelle Lüneburg<br />

Planungsbereich Landkreis Lüchow-Dannenberg:<br />

Der Planungsbereich Landkreis Lüchow-Dannenberg mit<br />

8.321 zu versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 48,1%<br />

versorgt.<br />

Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Lüneburg der KZVN,<br />

Vorsitzender: Zahnarzt Thomas Koch, Sülztorstraße 1,<br />

21335 Lüneburg, Tel. <strong>04</strong>131 732770, Fax <strong>04</strong>131 732772,<br />

E-Mail: lueneburg@kzvn.de<br />

Verwaltungsstelle Oldenburg<br />

Planungsbereich Landkreis Oldenburg:<br />

Der Planungsbereich Landkreis Oldenburg mit 25.053 zu<br />

versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 31,9% versorgt.<br />

Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Oldenburg der KZVN,<br />

Vorsitzende: Zahnärztin Silke Lange, Bloher Landstraße 24,<br />

26160 Bad Zwischenahn, Tel. <strong>04</strong>41 6990288,<br />

Fax <strong>04</strong>41 691650, E-Mail: oldenburg@kzvn.de<br />

Verwaltungsstelle Osnabrück<br />

Planungsbereich Landkreis Osnabrück:<br />

Der Planungsbereich Landkreis Osnabrück mit<br />

72.357 Einwohnern ist derzeit zu 49,8% versorgt.<br />

Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Osnabrück der KZVN,<br />

Vorsitzender: Dr. Carsten Vollmer, Lotter Straße 127,<br />

49078 Osnabrück, Tel. 0541 76099965, Fax 0541 45363,<br />

E-Mail: osnabrueck@kzvn.de<br />

Verwaltungsstelle Ostfriesland<br />

Planungsbereich Landkreis Aurich:<br />

Der Planungsbereich Landkreis Aurich mit 36.970 zu<br />

versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 43,3% versorgt.<br />

Planungsbereich Landkreis Leer:<br />

Der Planungsbereich Landkreis Leer mit 33.003 zu<br />

versorgenden Einwohnern ist derzeit zu 42,4% versorgt.<br />

Auskünfte erteilt: Verwaltungsstelle Ostfriesland der KZVN,<br />

Vorsitzender: Dr. Jörg Hendriks, Julianenburger Straße 15,<br />

26603 Aurich, Tel. <strong>04</strong>941 2655, Fax <strong>04</strong>941 68633,<br />

E-Mail: ostfriesland@kzvn.de<br />

— Stand 18.03.<strong>2013</strong><br />

A P R I L 2 0 1 3 | N Z B | K Z V N<br />

51<br />

© diego cervo/iStockphoto.com<br />

K Z V N


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Mittwoch, 26. März 2014<br />

in Hannover<br />

Nähere Infos und<br />

Anmeldung unter<br />

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www.zfn-online.de<br />

Zahnärzte für Niedersachsen e.V.<br />

Für Kleinanzeigen-Aufträge aus der<br />

zahnärztlichen Kollegenschaft<br />

verwenden Sie bitte immer das für<br />

Sie vorbereitete Auftragsformular.<br />

Das erleichtert Ihnen und uns die<br />

Abwicklung. Einfach ausfüllen und<br />

an die angegebene Nummer faxen.<br />

Ihre Zuschriften auf<br />

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Staatlicher Beratungszuschuss bei Vorlage der Voraussetzungen möglich!<br />

richten Sie bitte an:<br />

Niedersächsisches Zahnärzteblatt<br />

(<strong>NZB</strong>), c/o KZVN, Barbara Podgorski,<br />

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Zeißstraße 11, 30519 Hannover<br />

Ihr Ansprechpartner:


Ihr Kleinanzeigenauftrag<br />

Auch online möglich:<br />

www.kzvn.de im Zahnarztportal unter Publikationen/<strong>NZB</strong><br />

oder Fax: 0511 8405-262<br />

Niedersächsisches Zahnärzteblatt (<strong>NZB</strong>)<br />

c/o KZVN<br />

Barbara Podgorski<br />

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30519 Hannover<br />

Folgende Kleinanzeige bitte<br />

nur einmal<br />

in den nächsten Ausgaben<br />

veröffentlichen unter der Rubrik:<br />

Verkauf<br />

Ankauf<br />

Stellenmarkt<br />

Verschiedenes<br />

Ich ermächtige Sie hiermit, den Gesamtbetrag von dem unten genannten Konto abzubuchen.<br />

Name<br />

Straße<br />

PLZ/Ort<br />

Tel.-Nr. Fax-Nr.<br />

Kontoinhaber<br />

Bankinstitut<br />

Konto-Nr./BLZ<br />

Datum, Unterschrift des Auftraggebers<br />

Nur für Zahnärztinnen und Zahnärzte<br />

Kleinanzeigen erscheinen als fortlaufender Text ohne<br />

Hervorhebungen. Bitte tragen Sie Ihren gewünschten<br />

Text in Druckschrift gut leserlich in die unten stehenden<br />

Kästchen ein, für jeden Wortzwischenraum und jedes<br />

Satzzeichen bitte ein Feld benutzen. Die Zeilen werden<br />

im <strong>NZB</strong> veröffentlicht wie von Ihnen im Formular vorgegeben.<br />

Die Anzahl der (angefangenen) Zeilen und<br />

damit den Preis Ihrer Anzeige bestimmen Sie selbst.<br />

Bei Chiffre Anzeigen rechnen Sie zur Zeilengebühr<br />

noch die Gebühr von 10,- EUR für die Chiffre Nr.<br />

hinzu. – Für alle Kleinanzeigenaufträge ist Ihre Einzugsermächtigung<br />

für den Bankeinzug erforderlich.<br />

Annahmeschluss für Kleinanzeigen ist der<br />

17. des Vormonats vor Erscheinen der Zeitschrift.<br />

Das <strong>NZB</strong> macht Sommerpause. Es erscheint Mitte<br />

Juli eine Doppelausgabe. Das darauf folgende <strong>NZB</strong><br />

wird wieder Mitte September veröffentlicht.<br />

Raum für interne Vermerke<br />

Zeilengebühr<br />

Die Anzeige soll unter Chiffre<br />

erscheinen, Chiffregebühr 10,- EUR<br />

Die Anzeige soll auch im Internet<br />

erscheinen (www.assistentenboerse.de)<br />

Gesamtbetrag<br />

Preis je angefangene<br />

Zeile 5,20 EUR<br />

(Mindestgröße vier Zeilen,<br />

davon die 1. Zeile fett)<br />

BITTE IN<br />

BLOCKSCHRIFT<br />

20,80 €<br />

26,00 €<br />

31,20 €<br />

36,40 €<br />

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