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Dr. Carola Eunicke-Morell Vortrag auf dem 5. Hessischen Elternforum<br />
neugierig und so entdeckungsfreudig, wie in den ersten Lebensmonaten und Jahren.<br />
Es geht also weniger um Förderprogramme, sondern um Vorsicht, dieses<br />
uranfängliche Neugierverhalten zu schützen. Mit Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn ihr<br />
wollt, dass eure Kinder ein Schiff bauen lernen, dann weckt in ihnen die Sehnsucht<br />
nach der Seefahrt“.<br />
Neugier und Sehnsucht nach Bindung sind also elementare Bedingungen und<br />
Voraussetzungen von Lernen und Entwicklung. Wenn jedoch Beziehungen, die „good<br />
enough“ sind, fehlen, wenn der Wunsch, wachsen zu dürfen gestört wird, durch<br />
Kleinmachen, nicht Zuhören, keine Zeit haben, zu viel fordern, zu inkonsequent sein,<br />
hat dies Auswirkungen, nicht zuletzt natürlich auch auf die schulischen Leistungen.<br />
Angst ist grundsätzlich ein schlechter Lernbegleiter, wir müssen gleichwohl<br />
annehmen, dass ca. 40 Prozent der Schüler mit Angst in die Schule gehen. Angst<br />
führt dazu, anders als bei den Gelingenserfahrungen, dass unspezifische<br />
Erregungsmuster im Gehirn aufgebaut werden und sich ausbreiten können. Es kommt<br />
so zum „Teufelskreis Lernstörungen“, die dann LRS, Dyskalkulie, ADS oder<br />
Teilleistungsstörungen genannt werden.<br />
Das Einzige, was dagegen hilft, ist Vertrauen in die eigene Kompetenz und das<br />
Zutrauen wesentlicher Bezugspersonen. Wird diese uranfängliche Sehnsucht,<br />
dazuzugehören bestärkt, stellt sie eine zentrale Ressource dar, die hilft, die Angst zu<br />
überwinden und neue Erfahrungen zu machen.<br />
In den letzten Jahrzehnten ist auch die familiäre Erziehung Gegenstand der<br />
wissenschaftlichen Untersuchung und der Ratgeberkulturen gleichermaßen geworden.<br />
In den Schulen und in den gesamten Bildungssystemen kursieren Begriffe wie<br />
Exzellenz, Kompetenz, Effizienz, Modularisierung, die aktuell viel Verwirrung stiften<br />
und bislang im schulischen und im universitären Bereich nicht das halten, was sie<br />
versprechen.<br />
Als Schulpsychologin und als Psychotherapeutin möchte ich im Schulterschluss mit<br />
den Neurowissenschaften den Stellenwert der Beziehung wieder mehr ins Blickfeld<br />
rücken. Sie erinnern sich: Beziehung und Interesse teilen, gehört zu dem Wenigen,<br />
was mehr wird, wenn man es teilt.<br />
Letzten Endes geht es doch darum, dass Familie, wie auch immer sie gestaltet ist, bei<br />
allen Problemen, Spannungen, Konflikten, die unvermeidlich sind, ein Ort der sicheren<br />
Beziehung ist und bleibt, der im Winnicott`schen Sinne „good enough“ ist.<br />
In der Folge geht es um die Fragen: Wie müssen Schulen gebaut, wie Lehrkräfte und<br />
Schulleitungen ausgebildet und gesellschaftlich gewertschätzt sein, wie die<br />
Kooperation mit Unterstützungssystemen geregelt und erleichtert, damit Schule ein<br />
Ort wird, mit dem sich alle, Schüler, Lehrkräfte, Schulleitungen, Hausmeister und<br />
Schulsekretärinnen – und nicht zuletzt auch die Eltern – identifizieren können?<br />
Damit ist nicht einer anspruchsfreien Kuschelpädagogik das Wort geredet, sondern<br />
eine lebendige Schule gemeint, die die Beziehung und Entwicklungsbedürfnisse aller<br />
berücksichtigt, ja sie zur Grundlage ihres Handelns macht und die sich als<br />
Erfahrungsraum versteht, in dem alle Lernen. Das ist kein Hexenwerk und gleichwohl<br />
unter den obwaltenden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht anstrengungsfrei<br />
und kostenneutral herzustellen.<br />
In unseren Fortbildungsveranstaltungen für die schulischen Krisenteams haben wir<br />
einige Gelingensfaktoren zusammengestellt, die helfen, Gewalt und andere<br />
Fehlentwicklungen zu vermeiden, die für die Lehrer unter Ihnen und natürlich auch für<br />
Sie als Eltern vielleicht einen Impuls darstellen können.<br />
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