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Dr. Carola Eunicke-Morell Vortrag auf dem 5. Hessischen Elternforum<br />
Die großen Technologiekonzerne haben eben nur die Produkte und, wenn's gut geht,<br />
die technische Bedienungsanleitung auf den Markt gebracht, die kulturelle, soziale<br />
Bedienungsanleitung müssen wir als Eltern, Lehrkräfte und Psychologen allererst<br />
schreiben und vertreten.<br />
In den letzten Jahren und im Nachgang zu den Pisa Ergebnissen hat sich eine ganze<br />
Reihe von schulischen und außerschulischen Initiativen zur Förderung des Lesens<br />
gegründet. Dies scheint auch bitter nötig zu sein!<br />
An dieser Stelle möchte auch ich deshalb kurz eine Lanze für das Lesen brechen,<br />
speziell für das literarische Lesen. Wichtige Hintergrundinformationen dazu finden Sie<br />
übrigens auch in der Zeit, einer Zeitschrift, die wöchentlich jedem zugänglich ist, man<br />
muss also nicht immer unbedingt auf Fachbücher oder Studien zurückgreifen.<br />
Lesen lernt man am besten durch Vorlesen, das eingebunden ist in eine Vorlesekultur<br />
(über das Gelesene zu sprechen, etc.). Das Vorlesen, wie auch das Lesen<br />
Erwachsener ist nun allerdings in dramatischem Maße rückläufig. In einer aktuellen<br />
repräsentativen Studie geben nur 50 % der Jugendlichen an, von ihren Eltern Bücher<br />
geschenkt zu bekommen. Und unter den Erwachsenen, die potentiell Bücher<br />
verschenken, hat sich in den letzten 10 Jahren die Zahl derer halbiert, die selber zum<br />
Buch gegriffen haben.<br />
Die Lesekultur wiederum gilt als der beste Prediktor für die spätere Lesekompetenz<br />
der Schülerinnen und Schüler. Ebenso wie Bücher im Haus, ein Prediktor für<br />
Schulerfolg sind und das Vorhandensein von Unterhaltungselektronik mit Schulerfolg<br />
negativ korreliert. Neben der Lesekultur in der Familie entscheiden die Erfahrungen in<br />
der Grundschule darüber, ob ein Kind ein Leser wird oder nicht.<br />
Das heißt, die Ressourcen für die Lesekompetenz unserer Kinder und Schüler liegen<br />
in uns, den vorlesenden Eltern, den vorlesenden Grundschullehrerinnen und -lehrern<br />
und in unserer eigenen Lust und Praxis am literarischen Lesen.<br />
Warum nun ist ausgerechnet diese Kompetenz so umfassend wichtig? Lesen und<br />
Schreiben ist weit mehr als reine Informationsvermittlung. Vor allem das literarische<br />
Lesen vermittelt psychologische, kognitive und soziale Kompetenzen von zentraler<br />
Bedeutung; nämlich die Fähigkeit zur Einfühlung und die Fähigkeit zum<br />
Perspektivenwechsel. Diese werden genuin im literarischen Lesen vermittelt und sind<br />
die Fundamente unserer Beziehungskompetenz, von der in meinem Beitrag immer<br />
wieder die Rede ist. Sie können eine Gegenwelt zu der präformierten Welt der<br />
Spielkonsolen herstellen.<br />
Lassen Sie mich nun nach diesem kleinen Exkurs über das Lesen wieder<br />
zurückkommen zu den Präventionsthemen an unseren Schulen.<br />
Mobbing und Internetgewalt stellen Phänomene dar, die als dysregulierte und<br />
zerstörerische Prozesse bei denen nicht nur die Opfer geschädigt, sondern auch die<br />
Täter und scheinbar passive Zuschauer in ihrer Entwicklung beschädigt werden.<br />
In extremster Form gilt dies natürlich für Amoks oder Schoolshootings, bei denen der<br />
Akteur nicht nur eine Vielzahl von Opfern tötet, sondern seine Tat in der Regel selbst<br />
nicht überlebt. In den Industrienationen haben wir in den letzten 20 Jahren eine<br />
absolute Zunahme von Schoolshootings zu verzeichnen, wenngleich insgesamt die<br />
Fallzahl nicht hoch ist. Allein in Deutschland 2002 an einem Gymnasium in Erfurt, in<br />
dem 17 Menschen getötet wurden, 2006 an einer Realschule in Emsdetten mit einem<br />
Todesopfer und mehreren Verletzten bei einem Amoklauf, im letzten Jahr 2009 der<br />
Amoklauf eines 17-jährigen in Winnenden bei dem 15 Menschen getötet und 11<br />
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