herunterladen.
herunterladen.
herunterladen.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Dr. Carola Eunicke-Morell Vortrag auf dem 5. Hessischen Elternforum<br />
Wir leben in einer Zeit, in der auf der einen Seite völlig neue Berufsbilder auf dem<br />
Hintergrund von IT-Kompetenz entstanden sind, und in der auf der anderen Seite<br />
bereits Grundschulkinder Happy Slapping Aktionen durchführen und Kinder und<br />
Jugendliche durch ihren Medienkonsum ihrem sozialen, schulischen und familiären<br />
Leben entfremdet werden. Kinder und Jugendforscher in Deutschland, wie in den USA<br />
sprechen mittlerweile von der Abschaffung der Kindheit.<br />
Sieht man sich die Verkaufszahlen von Toys R Us an, so scheinen Kinder ihre freie<br />
Zeit hauptsächlich mit Monstern und vollautomatischen Puppen zu verbringen, nicht<br />
zu sprechen von der Umzingelung durch Cross-Merchandising. Es werden ständig<br />
neue Erlebniswelten erfunden, deren Halbwertszeiten immer kürzer werden. 70 % der<br />
Lego Produkte werden jährlich ausgetauscht. Kinder werden immer früher zu Kunden<br />
gemacht, deren Eltern von Zeitmangel und schlechtem Gewissen geplagt, konzeptuell<br />
und psychisch immer weniger in der Lage sind, Grenzen zu ziehen und Alternativen<br />
anzubieten.<br />
Kinder und Jugendliche heute sind „Digital Natives“, sie verbringen zum Teil<br />
erschreckend viel Zeit nicht mehr in Beziehungen, wie wir sie noch aus unser Kinder-<br />
und Jugendzeit her kennen, sondern in virtuellen Welten mit virtuellen Spielpartnern<br />
oder zumindest Partnern, die sie nie dreidimensional gesehen, gerochen, gespürt<br />
haben, und die sie vermutlich niemals wirklich treffen werden. Es sind neue virtuelle<br />
Welten, die sich von denen der Fantasie oder des kreativen Spiels unterscheiden.<br />
Diese bilden, im Gegensatz zu den präformierten Internetspielen,<br />
entwicklungsnotwendige und entwicklungsfördernde Übergangsräume.<br />
Nun sind die neuen Medien natürlich auch ein Tor zur Welt, zur Demokratisierung von<br />
Informationen, und unsere Entwicklung von der Wissens- zur Informationsgesellschaft<br />
ist in vollem Gange – mit allen positiven und negativen Konsequenzen. Wir alle, nicht<br />
nur die Kinder und Schüler, erleben Auswirkungen der Informationstechnologie auf<br />
unser Denken, auf die Art und Weise, wie wir unsere Zeit verbringen, auf unser<br />
subjektiv erlebtes Zeitgefühl selbst, auf unser Gedächtnis und vieles mehr.<br />
Mit großer Sorge beobachten wir seit einigen Jahren gewalttätige Exzesse von Handy-<br />
und Internetkonsum bei unseren Schülern und Kindern, die mit dem Phänomen des<br />
Happy Slapping oder der Internetsucht verbunden sind. Dies haben wir in unserer<br />
Arbeitsgruppe des Landespräventionsrats zum Thema gemacht, mit dem Ziel,<br />
Schulen und Eltern in gemeinsamer Verantwortung dafür zu gewinnen, Schülerinnen<br />
und Schüler zu einem ethisch verantwortungsvollen, aufgeklärten und bewussten<br />
Umgang mit den Neuen Medien anzuhalten.<br />
Unter der Maxime: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, wurden Schulen<br />
aufgerufen, Konzepte zu entwickeln, statt Handys auszugrenzen.<br />
Für diejenigen unter Ihnen, denen der Begriff Happy Slapping neu ist: Er bezeichnet<br />
aggressive, körperliche oder seelische Handlungen gegenüber einem Opfer, die<br />
alleine aus dem Zweck betrieben werden, diese Grausamkeit mit dem Handy<br />
aufzunehmen und anschließend ins Netz zu stellen oder über Handys weiterzuleiten.<br />
Es gibt also keinen nachvollziehbaren Konflikt oder Streit als Auslöser der Prügelei<br />
oder der Zerstörung von Gegenständen, sondern allein den Wunsch, das Opfer in<br />
dieser doppelten Weise zu demütigen und sich selbst als mutigen Held zu stilisieren,<br />
der keine Grenzen kennt, also Fame zu erwerben. Laut einer aktuellen europaweiten<br />
Studie sind 1/5 aller Schülerinnen und Schüler von dem so genannten Cyberbulling,<br />
also dem Mobbing im Netz, betroffen.<br />
4