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Brandenburgisches Ärzteblatt 03/2010 - Landesärztekammer ...

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Dr. Renate Schuster<br />

Foto: 4iMEDIA<br />

edItorIal<br />

liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

Welche politischen Entscheidungen<br />

erwarten wir in diesem Jahr von der<br />

neuen Koalitionsregierung? Im vergangenen<br />

Jahr wurde von der SPD-Fraktion<br />

das Patientenrechtegesetz in Eckpunkten<br />

formuliert: Bei Arzthaftpflichtfällen<br />

soll die Beweislast zu Lasten der<br />

Ärzte umgekehrt werden. Ein solches<br />

Gesetz sei notwendig, denn bisher<br />

gäbe es kein zusammenhängendes<br />

Gesetzeswerk, in dem die Rechte und<br />

Pflichten zwischen Ärzten und Patienten<br />

niedergeschrieben seien. Es sei für<br />

Patienten mühsam, das notwendige<br />

Wissen zu recherchieren. Handlungsbedarf<br />

leitete die SPD aus der Forderung<br />

der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

(BAG) für Patienteninitiativen nach einer<br />

gezielten Fehlervermeidungskultur<br />

und mehr Patientensicherheit ab.<br />

Berufsordnung ist bewährter<br />

Schutz für Patienten<br />

Die Berufsordnung, die sich die deutschen<br />

Ärzte 1955 selbst gegeben haben,<br />

regelt das Verhalten der Ärzte<br />

untereinander und gegenüber den<br />

Patienten und stellt einen bewährten<br />

Schutz für Patienten dar. Regelungen<br />

zur Patientenaufklärung, zur Fortbildung,<br />

Qualitätssicherungsmaßnahmen<br />

etc. sind in den letzten Jahren konsequent<br />

weiterentwickelt worden. Vorgaben<br />

der WHO zum Fehler-Management<br />

wurden von den Berufsverbänden<br />

aufgenommen. Die Weiterbildung<br />

wird evaluiert. Diese Qualitätskontrolle<br />

der ärztlichen Arbeit und der damit<br />

verbundene Schutz von Patientenrechten<br />

(auch gegenüber Behandlungsfehlern)<br />

sind durch die Berufsordnung und<br />

die Gremien der Ärztekammer deutlich<br />

besser zu leisten, als durch die Politik.<br />

Es ist exemplarisch, dass Initiativen,<br />

welche den drohenden Zusammenbruch<br />

des Gesundheitswesens zum<br />

Schutze der Patientenversorgung verhindern<br />

sollen, von der Ärztekammer<br />

ausgehen – nicht von der Politik: So<br />

war es der BÄK-Präsident Prof. Hoppe,<br />

der auf dem letzten Ärztetag die<br />

Priorisierungsdebatte anstieß. Kaum<br />

ein Politiker hat den Mut, schmerzhafte<br />

Wahrheiten über unser zu teures<br />

4 | <strong>Brandenburgisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> 3 • <strong>2010</strong><br />

Gesundheitssystem und notwendige<br />

Regelungen im Sinne einer Priorisierung<br />

offenzulegen. Zur Sicherung der<br />

Wählergunst war es für viele Politiker<br />

convenient, den Arzt als einen kriminellen<br />

Besserverdiener zu diskreditieren,<br />

dem gegenüber die Rechte der<br />

Patienten jetzt mit der Gewalt des Gesetzes<br />

geschützt werden müssen.<br />

Das neue Gesetz würde aber dazu<br />

führen, dass die Haftpflichtversicherungsbeiträge<br />

in die Höhe schnellen<br />

und etliche Eingriffe nicht mehr angeboten<br />

werden können. Ärzte werden<br />

die Behandlung bestimmter Erkrankungen<br />

mit der Begründung ablehnen<br />

müssen, dass ihnen das finanzielle Risiko<br />

zu hoch ist und sie sich für einzelne<br />

Eingriffe die Versicherungspolicen nicht<br />

mehr leisten können. Dieser Preis ist zu<br />

hoch dafür, dass Politiker mit haltlosem<br />

Aktionismus auf Stimmenfang gehen!<br />

Eine fehlerfreie Medizin gibt es nicht.<br />

Die moderne Medizin hat zwar große<br />

Erfolge aufzuweisen, aber die immer<br />

komplexeren Behandlungsabläufe und<br />

die Unberechenbarkeit von Krankheitsverläufen<br />

machen die Medizin auch<br />

fehleranfälliger.<br />

Verbesserung der Patientenrechte<br />

stützt sich auf<br />

viele Bausteine<br />

Wollte man die durchaus berechtigte<br />

Forderung der BAG für Patienteninitiativen<br />

ehrlichen Herzens erfüllen<br />

und zum Anlass für Verbesserungen<br />

im Gesetzeswerk nehmen, dann kann<br />

die Lösung nicht in EINEM NEUEN Gesetz<br />

liegen, dass sich nur durch einen<br />

politisch wirkungsvollen Titel und die<br />

medienwirksame Verunglimpfung der<br />

Ärzteschaft auszeichnet.<br />

Eine ehrliche Verbesserung würde<br />

sich auf VIELE Bausteine verteilen:<br />

Strategien zur Fehlervermeidung gibt<br />

es schon. Diese bedürfen aber gesetzlicher<br />

Rahmenbedingungen – hier kann<br />

eine effektive Verbesserung durch die<br />

Durchsetzung des Arbeitszeitgesetzes,<br />

durch die Beseitigung der Ursachen<br />

des Ärztemangels und durch die<br />

Novellierung des §612a BGB zum Informationsschutz<br />

für Beschäftigte im<br />

Gesundheitswesen erreicht werden<br />

(Beschäftigte im Gesundheitswesen<br />

dürfen keine arbeitsrechtlichen Folgen<br />

befürchten müssen, wenn sie Gefahren<br />

und Rechtsverstöße in ihrem Arbeitsbereich<br />

melden).<br />

Mit dem Versicherungsvertragsgesetz<br />

2008 fällt das sog. Anerkennungsverbot<br />

weg. Bei einem Behandlungszwischenfall<br />

darf der Arzt nun wahrheitsgemäß<br />

einen ihm unterlaufenen Behandlungsfehler<br />

offenbaren.<br />

Unser neuer Gesundheitsminister hat<br />

einen neuen Ton der Ärzteschaft gegenüber<br />

angeschlagen. Anerkennung<br />

der ärztlichen Arbeit und Forderung<br />

nach einer neuen Kultur des Vertrauens<br />

lassen hoffen, dass das im Koalitionsvertrag<br />

vorgesehene Patientenrechtegesetz<br />

nicht verabschiedet wird.<br />

Wirkliche Verbesserungen wären an<br />

anderen Stellen notwendig und weitaus<br />

effektiver.<br />

n Ihre Renate Schuster

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