Ausgabe 07-08/2011 (PDF, 8364 kByte) - Landesärztekammer ...
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Zunahme der<br />
Masern-Erkrankungen seit 2010<br />
Bis zur 24. Meldewoche <strong>2011</strong> wurden im Land<br />
Brandenburg 25 Masern-Erkrankungen erfasst<br />
[1]. Die Inzidenz liegt mit 0,84 Erkrankungen<br />
pro 100.000 Einwohner schon jetzt über der<br />
des gesamten Berichtsjahres 2010 (0,60). Im<br />
Vergleich zu den Vorjahren ist seit 2010 ein<br />
deutlicher Anstieg der Masern-Erkrankungen<br />
zu verzeichnen. Waren es im Jahr 2009 noch<br />
4 Erkrankungen, darunter 3 ungeimpfte Personen,<br />
wurden im Jahr 2010 15 Erkrankungen<br />
gemeldet (alle ungeimpft) [Abb.1]. Bundesweit<br />
betrachtet liegt Brandenburg im Jahr <strong>2011</strong> nach<br />
Baden-Württemberg (Inzidenz 3,97 Erkrankungen<br />
pro 100.000 Einwohner), Berlin (2,73), Bayern<br />
(2,15), Hamburg (2,09), Hessen (1,58) und<br />
dem Saarland (1,37) an 7. Stelle.<br />
Landesweit wurden die höchsten Erkrankungszahlen<br />
aus den Gesundheitsämtern (GÄ)<br />
der Landkreise (LK) Oberhavel (11), Barnim (6)<br />
und der kreisfreien Stadt Potsdam (5) übermittelt.<br />
Je eine Masern-Erkrankung übermittelten<br />
die Landkreise Teltow-Fläming, Spree-Neiße sowie<br />
die kreisfreie Stadt Cottbus.<br />
Regionale Situation<br />
Im LK Oberhavel erkrankten 8 Personen, die<br />
im Zusammenhang mit einem Ausbruch in einer<br />
Waldorfschule in Berlin standen. Dabei handelte<br />
es sich um 6 ungeimpfte Schulkinder im Alter<br />
von 7 bis 13 Jahren, die vom 28.04. bis zum<br />
22.05. erkrankten. In drei Fällen wurden genotypische<br />
Untersuchungen am Nationalen Referenzzentrum<br />
(NRZ) für Mumps, Masern und<br />
Röteln am Robert Koch-Institut (RKI) durchgeführt.<br />
Dabei konnte der Genotyp D4 ermittelt<br />
werden. Zwei Erkrankungen resultierten aus<br />
luGV, abteIlunG GesundheIt<br />
infeKtionsschutz<br />
Infektionskrankheiten/Impfschutz/Krankenhaushygiene (Mai/Juni <strong>2011</strong> - Auszug)<br />
Familienkontakten (je eine Mutter und ein Vater,<br />
beide einmalig geimpft). Insgesamt traten<br />
in diesem Zusammenhang (Stand: 16.06.) 25<br />
Erkrankungen auf (17 in Berlin, 8 in Brandenburg).<br />
Nach Auskunft der Berliner Landesgesundheitsbehörde<br />
(LAGESO) ist der Ausbruch<br />
inzwischen als beendet anzusehen.<br />
Weiterhin berichtete der LK Oberhavel über<br />
einen familiären Ausbruch, dessen Ursprung<br />
vermutlich ebenfalls in Berlin lag. Dort erkrankten<br />
im Mai drei ungeimpfte Kinder einer Familie,<br />
die eine katholische Schule besuchten. Laboruntersuchungen<br />
fanden nicht statt. Weitere<br />
Erkrankungen sind in diesem Zusammenhang<br />
nicht aufgetreten. Aus dem LK Barnim wurden<br />
Erkrankungen von vier ungeimpften Jugendlichen<br />
bekannt, die in einem epidemiologischen<br />
Zusammenhang standen. Die Jugendlichen im<br />
Alter von 15 bis 17 Jahren erkrankten im Mai/<br />
Juni und mussten stationär behandelt werden.<br />
In allen vier Fällen erfolgte die labordiagnostische<br />
Bestätigung durch das NRZ am RKI. Eine<br />
Infektionsquelle wurde nicht gefunden.<br />
Über drei reiseassoziierte Masern-Erkrankungen<br />
(Reise nach Ägypten) berichteten die<br />
GÄ der LK Barnim (2 Fälle) und Teltow-Fläming<br />
(1 Fall). Hier erkrankten im April <strong>2011</strong> zwei ungeimpfte<br />
Brüder (20 bzw. 16 Jahre alt) sowie<br />
ein 9-jähriges ungeimpftes Mädchen. Bei allen<br />
Erkrankten erfolgte eine serologische Bestätigung,<br />
bei dem 9-jährigen Mädchen darüber hinaus<br />
die Genotypisierung (Genotyp D4).<br />
Einen weiteren reiseassoziierten Erkrankungsfall<br />
(Guadeloupe) übermittelte das GA<br />
der Stadt Potsdam. Ein 9-jähriger ungeimpfter<br />
Junge erkrankte am 02.05. Nachfolgend erkrankten<br />
die im Mai 2010 geborene und<br />
noch ungeimpfte Schwester sowie drei<br />
sogenannte „Wartezimmerkontakte“ aus<br />
einer Kinderarztpraxis. Auch diese Kinder<br />
Abb 1: Gemeldete Masern-Erkrankungen im Land Brandenburg in den Jahren 1993 – <strong>2011</strong><br />
Anzahl der Erkrankungen (absolut)<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
22<br />
13<br />
11<br />
8<br />
9 9<br />
77<br />
61<br />
12<br />
8<br />
6 5<br />
10<br />
5<br />
4 2<br />
10 7<br />
4 3<br />
Anzahl der Erkrankungen (absolut)<br />
davon ungeimpft<br />
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 20<strong>07</strong> 20<strong>08</strong> 2009 2010 <strong>2011</strong><br />
Meldejahr<br />
Quelle: LUGV, Abt. G; Datenstand: 22.06.<strong>2011</strong><br />
6 5<br />
2 2<br />
8 6<br />
9 8<br />
1 0<br />
5 4 4 3<br />
1515<br />
25 23<br />
(im Alter von 1 Jahr, 8 Monaten bzw. 9<br />
Monaten) waren ungeimpft. Davon musste<br />
ein Kind stationär behandelt werden. Die Erkrankung<br />
des Indexfalls und des stationär behandelten<br />
Kindes wurde serologisch bestätigt.<br />
Je eine Einzelerkrankung an Masern übermittelten<br />
der LK Spree-Neiße und die Stadt Cottbus.<br />
Im LK Spree-Neiße erkrankte im März <strong>2011</strong><br />
ein 8-jähriges ungeimpftes Schulkind und in<br />
Cottbus im Mai <strong>2011</strong> ein 7 Monate alter Säugling.<br />
Beide Fälle wurden serologisch bestätigt<br />
und ambulant behandelt. Eine Infektionsquelle<br />
konnte in keinem Fall ermittelt werden.<br />
Fazit<br />
Trotz umfangreicher Ermittlungen und Einleitung<br />
von Maßnahmen bei Erkrankten und<br />
Kontaktpersonen (insbesondere häusliche Absonderung,<br />
Ausschluss vom Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen,Postexpositionsprophylaxe,<br />
Impfbuchkontrollen, Aufklärung über<br />
die Erkrankung) kann das Auftreten weiterer<br />
Masern-Erkrankungen nicht immer verhindert<br />
werden. Die unverzügliche Arztmeldung an das<br />
Gesundheitsamt hat einen besonderen Stellenwert.<br />
Nur in diesen Fällen können schnell wirksame<br />
Gegenmaßnahmen eingeleitet werden.<br />
Um das WHO-Ziel der Masern-Elimination in<br />
Europa bis 2015 zu erreichen, müssen insbesondere<br />
bestehende Impflücken geschlossen<br />
werden. Dies betrifft vor allem die Gruppe der<br />
Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Reisen<br />
ins Ausland sind dabei wichtige Anlässe, um<br />
auch den MMR-Impfschutz zu vervollständigen.<br />
Auf der 2. Nationalen Impfkonferenz, die im Februar<br />
<strong>2011</strong> in Stuttgart stattfand, wurden verschiedene<br />
Lösungsansätze vorgestellt, darunter<br />
auch das Brandenburger Pilotprojekt „Pimp<br />
your life“ [2, 3]. Neben einer engeren Zusammenarbeit<br />
aller Akteure in der Impfprävention<br />
ist es auch erforderlich, Impfskeptiker besser zu<br />
überzeugen und Barrieren bei Impfungen für<br />
sozial benachteiligte Gruppen zu verringern.<br />
Quellen:<br />
1. SurvNET-RKI; , Abteilung Gesundheit im Landesamt<br />
für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz<br />
(LUGV), Datenstand: 16.06.<strong>2011</strong><br />
2. Thiesemann-Reith H (<strong>2011</strong>) Jugendliche impft<br />
man am besten im Vorschulalter. Kinderärztliche<br />
Praxis 82, 3, 192<br />
3. Landesamt für Umwelt, Gesundheit und<br />
Verbraucherschutz (<strong>2011</strong>) Neue Wege in der<br />
Impfprävention für Jugendliche. Brandenburgisches<br />
Ärzteblatt, 3, 32<br />
Brandenburgisches Ärzteblatt 7 – 8 •<strong>2011</strong> | 33