Brandenburgisches Ärzteblatt 06/2007 - Landesärztekammer ...
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Kammerinformationen/Gesundheitspolitik<br />
Als Präsident der<br />
LÄKB verfolgte Dr.<br />
Wolter vom Präsidium<br />
aus den<br />
110. Deutschen<br />
Ärztetag. Das Brandenburgische <strong>Ärzteblatt</strong> erkundigte<br />
sich nach seiner persönlichen Einschätzung<br />
der diesjährigen Veranstaltung in Münster.<br />
1. Dr. Wolter, welche Bilanz ziehen Sie so kurz<br />
nach Ende des Ärztetages?<br />
Für mich beinhaltete der vorletzte Tag die wichtigsten<br />
Punkte mit den Wahlen des neuen Vorstandes<br />
der Bundesärztekammer und der Weiterbildungsordnung<br />
zum Thema Allgemein- und Innere Medizin.<br />
Hierbei haben wir eine gute Entscheidung getroffen,<br />
dass wir der überwiegenden Anzahl der<br />
Internisten die Möglichkeit gegeben haben, ihr<br />
Fachgebiet zu erhalten. Wie wir das schließlich in<br />
unserer brandenburgischen Kammer umsetzen,<br />
daran gilt es, in Zukunft zu arbeiten. Wir werden<br />
auf jeden Fall kein Land sein, was sich gegen den<br />
gefassten Beschluss des Ärztetages stellt. Ich habe<br />
hier Vertrauen in die Arbeit der Kammerversammlungsdelegierten,<br />
dass diese sich diesem<br />
Thema objektiv und unvoreingenommen annehmen<br />
werden.<br />
2. War es ein eher ruhiger Ärztetag?<br />
Nein, das würde ich nicht sagen. Gleich die ersten<br />
Reden in den Plenarsitzungen haben einige genutzt,<br />
sich darzustellen, weil sie im weiteren Verlauf<br />
für eine Wahl antreten wollten. Auch die Inhalte<br />
haben viele Delegierte dazu veranlasst,<br />
Position zu beziehen. Die akademischen Themen,<br />
wie Kindergesundheit und Organtransplantation,<br />
sind Problematiken, die sich in der Fortbildung<br />
wiederfinden könnten. Besonders die Organtransplantation<br />
hat viele aufgerüttelt. Gerade die demografische<br />
Veränderung in der Welt, das zunehmende<br />
Alter der Menschen, erfordert ein<br />
verstärktes Nachdenken, ob man sich als potenzieller<br />
Organspender zur Verfügung stellen würde.<br />
3. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt<br />
sagte auf der Eröffnungsveranstaltung, dass die<br />
Zusammenarbeit mit den Ärzten in Zukunft verstärkt<br />
werden soll. Wie beurteilen Sie den Inhalt<br />
ihrer Darstellungen?<br />
Wie all ihre Reden war auch die diesjährige<br />
schlecht, durchsetzt mit einigen Falschdarstellungen.<br />
So hat sie sich zum Thema Facharzt für Innere<br />
Medizin vollkommen falsch geäußert. Perspektivlos<br />
gestaltete sich die Rede, und der Wille zur<br />
Zusammenarbeit ist, wie sich aus ihren Darstellungen<br />
wiederholt zeigte, eigentlich gar nicht da.<br />
Auch wenn sie den niedergelassenen Ärzten angeblich<br />
mehr Geld verspricht und dann immer<br />
wieder betont, dass sie das aus anderen Mitteln<br />
<strong>Brandenburgisches</strong> <strong>Ärzteblatt</strong> 6/<strong>2007</strong> · 17. Jahrgang<br />
Im aktuellen Interview:<br />
Dr. Udo Wolter, Präsident der <strong>Landesärztekammer</strong> Brandenburg<br />
(LÄKB): „Den Kontakt zum gleichaltrigen Kind kann<br />
auch die besterziehende Mutter nicht ersetzen.“<br />
herausziehen muss, dann heißt das doch nur, dass<br />
aus den einen Taschen das ganze Geld genommen<br />
wird und in die anderen Taschen wieder hineinkommt<br />
- nicht nachvollziehbare Vorgänge.<br />
Prof. Hoppes Rede war gut. Er hat einige Punkte<br />
aufgezeigt, die wichtig sind - wie die Solidarität<br />
der Ärzteschaft, die wir auf jedem Ärztetag wieder<br />
einfordern, aber leider nicht erreichen. Es hat<br />
sich auch in der Tagesordnung gezeigt, dass die<br />
Differenzen der beiden großen Bereiche ambulant<br />
und stationär relativ groß sind. Es ist ausgesprochen<br />
schwierig, hier einen Kompromiss zu finden.<br />
Auf jeden Fall sollten wir aber einige Dinge gemeinsam<br />
angehen.<br />
4. Der 110. Deutsche Ärztetag war der Ärztetag<br />
nach dem Eintritt des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes.<br />
Inwiefern konnte die Ärzteschaft<br />
ihre Position dazu noch einmal verdeutlichen,<br />
vor allem im Hinblick auf die Öffentlichkeit?<br />
Hier muss man leider zugeben, dass wir das nicht<br />
geschafft haben. Das Gesetz ist insofern merkwürdig<br />
angelegt, dass mit Inkrafttreten am 1. April<br />
<strong>2007</strong> keiner von uns - weder Ärzte noch Patienten<br />
- eine fassbare Lösung an die Hand bekommen:<br />
Jetzt ist das Gesetz in Kraft getreten und jetzt ändert<br />
sich auch etwas - das ist so nicht geschehen!<br />
Viele Punkte der Reform liegen in der Zukunft,<br />
wenn es dann vielleicht die Große Koalition gar<br />
nicht mehr gibt. Daran lässt sich doch erkennen,<br />
wie unakzeptabel die gesamte Vorlage ist. Wenn<br />
man Gesetze so anlegt, dass sich aus dem Gesundheitsfonds<br />
zwei völlig unterschiedliche Dinge<br />
konstruieren lassen, sprich Kopfpauschale und<br />
Bürgerversicherung, dann ist das nicht nachzuvollziehen.<br />
Daran sieht man auch, dass das Gesetz<br />
wahrscheinlich dazu dienen soll, perspektivisch<br />
die Leute für ein großdeutsches Reich zu<br />
stimulieren. Der föderalistische Gedanke wird damit<br />
immer mehr verloren gehen.<br />
5. Neben der Weiterbildungsordnung war in diesem<br />
Jahr die Kindergesundheit ein großes Thema,<br />
welches bei über 40 Wortmeldungen auf<br />
großes Interesse stieß. Wie beurteilen Sie die Resonanz<br />
und wie geht Brandenburg mit dem Thema<br />
Kindergesundheit um?<br />
Ich denke, unsere Sitzung dazu war ein Fingerzeig.<br />
Es ist erschreckend, wie die Brutalität gegenüber<br />
Kindern zugenommen hat. Mir ist nicht bekannt,<br />
ob das in früheren Zeiten vergleichsweise<br />
weniger vorgekommen ist oder ob die Dunkelziffer<br />
einfach höher war. Für die Ärzteschaft ist wichtig,<br />
dass unsere Gedanken dazu an alle Institutionen<br />
weiter getragen werden, die in irgendeiner<br />
Form mit der Kindergesundheit im Zusammenhang<br />
stehen. Positiv schätze ich auch den Gedanken<br />
der Kinderbetreuung ein. Kinder haben, im<br />
Kollektiv betreut, andere Chancen, als die, welche<br />
sich ausschließlich in der Betreuung der Mutter befinden.<br />
Den Kontakt zum gleichaltrigen Kind kann<br />
auch die besterziehende Mutter nicht ersetzen.<br />
Ein anderer wichtiger Punkt ist die Prävention von<br />
Kinderunfällen, dem wir uns speziell in Brandenburg<br />
bereits vor einigen Jahren in einem Fortbildungskongress<br />
gewidmet haben. Daraus ist<br />
schließlich der große Arbeitsbereich „Gesund aufwachsen<br />
in Brandenburg“ entstanden. Die Kammer<br />
arbeitet hier in allen Gremien und Ausschüssen<br />
mit, so dass wir die für uns wichtigen Probleme<br />
ständig diskutieren. Zudem haben wir uns in der<br />
Weiterbildung für Kinderärzte bereits verstärkt engagiert<br />
und ausreichend Weiterbildungsplätze sowohl<br />
ambulant als auch stationär geschaffen.<br />
Aber es fehlt am Engagement und auch an der Bezahlbarkeit<br />
des Ganzen, denn wir haben nach<br />
der Wende in Brandenburg erlebt, dass die Zahl<br />
der Kinderbetten in Krankenhäusern reduziert<br />
werden musste. Alles in allem kämpfen wir dagegen<br />
an, dass die Krankenhäuser immer weiter gekappt<br />
werden.<br />
6. Der Ärztetag sah des Weiteren die Wahl des<br />
neuen Vorstandes der Bundesärztekammer vor.<br />
Prof. Hoppe wurde in seiner Position als Präsident<br />
bestätigt - mit einem eindeutigen Ergebnis:<br />
202 von 241 gültigen Stimmen.<br />
Ich begrüße das klare Resultat, denn der Heeresführer<br />
muss sich auf den Hauptteil seines Heeres<br />
verlassen können. Und ein gutes Ergebnis für den<br />
Chef des Ganzen ist immer ein Hinweis darauf,<br />
dass der größte Teil der Ärzteschaft hinter ihm<br />
steht. Ich finde zudem, dass er dieses Ergebnis<br />
verdient hat und es ist auch ein Fingerzeig für die<br />
anderen. Er ist unser Mann, der uns an den entsprechenden<br />
Schaltstellen vertritt.<br />
7. Dagegen war die Wahl des ersten Vizepräsidenten<br />
mit der Entscheidung zwischen Dr. Montgomery<br />
und Dr. Jonitz spannungsgeladen.<br />
Im Prinzip sind insgesamt vier Marburger Bund-<br />
Vertreter gegeneinander angetreten. Mit Dr. Montgomery<br />
hat nach meinem Dafürhalten ein guter<br />
Mann die Stelle bekommen. Es ist wichtig, dass<br />
man perspektivisch die Führung der Ärzteschaft in<br />
der Hand behält und dass sich links und rechts<br />
vom Präsidenten Leute etablieren, die dann später<br />
die Aufgabe der Führung übernehmen können.<br />
Ich denke, die Delegierten haben in ihrer Wahl<br />
sehr gut entschieden, auch mit der zweiten Vizepräsidentin,<br />
der Allgemeinmedizinerin Dr. Goesmann.<br />
Ich begrüße ebenfalls die Wahl eines weiteren<br />
Allgemeinmediziners in den Vorstand der<br />
Bundesärztekammer. Damit ist die Ausgewogenheit<br />
der beiden großen Bereiche gegeben.<br />
Das Interview mit Dr. Udo Wolter führte<br />
Anja Jüttner [4iMEDIA].