Facharbeit - Lachclub Recklinghausen

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28.04.2013 Aufrufe

Das sollte man als Kritik an jenen Witzformen verstehen, die wir heutzutage als antisemitischen Humor bezeichnen und hängt mit Freuds Witztheorie und seiner Konzeption rassistischen und antisemitischen Humors zusammen. Die Produktivität des Witzes komme dabei allerdings erst über die Rückkopplung zustande, die das Lachen verursacht: Neben Witzsubjekt und Witzobjekt bedarf es der zusammen bringenden Figur des lachenden Dritten, damit der Witz sein kathartisches Resultat* erreicht. So ist der Witz aus Freuds Perspektive als Bearbeitung der Selbst, konstitutiv* auf Mündlichkeit angewiesen. 36 3.2.2 Verhaltensformen „Was hindert euch, auf der Schnellstraße des Humors und des Lachens durchzustarten?“, so der Titel des siebten Kapitels des Buches „Humor in der Integrativen Kurzzeittherapie“, das blockie- rende Einstellungen zu Humor und Lachen thematisiert. Die Frage trifft auch genau den Kern meines nächsten Gegenstands, der Verhaltensformen von Humor. Da mein Mitreferent Jonathan Oberländer in seiner Thematik ja schon die Effekte von Humor problematisiert, versuche ich in diesem Kapitel nur noch die negative, krankhafte Seite zu beleuchten. Salameh, der Autor des oben genannten Buches, spricht in demselbigen von gravierenden Blockadehaltungen, die ver- hindern können, dass wir lachen und Humor beweisen. Dieser Beweis von Humor ist aber unbe- dingt notwendig für unser Leben in unserer Kultur. Menschen, die nicht lachen gelten als ver- klemmt und werden sozial ausgegrenzt. Mit der Ausdrucksform „Lachen“ beweisen wir also nicht nur unser Verständnis für Humor an sich sondern auch unsere soziale Kompetenz. Daher gilt es auch als krankhaftes Symptom nicht zu Lachen. Das Lachen über den Witz eines anderen, um seine positive Einstellung gegenüber dem Präsen- tanten kundzutun, ist aber auch nur eine Ausdrucksform. Einen Umschlag erfährt das Thema nämlich tatsächlich erst durch die Beachtung des Begriffs „Auslachen“. Das Auslachen ist laut Salameh ein Beispiel ungesunden Humors und kategorisiert ihn als schädlich. Sinnvoller ist es laut ihm mit Menschen zu lachen, was er im Gegensatz zum Auslachen als Beispiel einer gesun- den Haltung manifestiert und es als eine positive Spielart von Humor und Lachen kategorisiert. 37 3.2.3 Spielerisch dargestellte Formen 36 Vgl. Freud, Sigmund: a.a.O. S. 11-15 37 Vgl. Salameh, Waleed Anthony: Humor in der Integrativen Kurzzeittherapie. Stuttgart 2007. Kapitel 7 20

Unter spielerisch dargestellten Formen von Humor, versteht man die Gegenseitigkeit von Erzäh- ler und Betrachter. Denn sowohl die Präsentanten können lachend dargestellt werden, was sofort eine Form von Humor suggerieren* würde, andererseits kann die Darstellungsform an sich aber auch zum Lachen anregen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die afroamerikanischen Tanzkulturen, die um 1900 in Europa immer größer werdende Popularität erlangten und in Beziehung mit ihrer Repräsentation auf Fotografien gleich in zweifacher Hinsicht zum Anlass des Lachens wurden: Denn, wie schon oben beschrieben sind die Tänzerinnen und Tänzer einerseits selbst lachend zu sehen, während andererseits die dargestellten teils komischen Körperbewegungen und Verren- kungen die Betrachter zum Lachen anregen sollen, da sie als ungewöhnlich galten. Dieser Ambi- valenz stellte Kusser die von dem französischen Philosophen Gille Deleuze geprägte Differen- zierung zwischen dem „Lachen der Henker“ und dem „Lachen der Revolutionäre“ zur Seite: auf der einen Seite ein Lachen, das die generalisierende Funktion durch das kritische Lachen jeder Abweichung vom gegenwärtigen Zustand einer Sache übernimmt; auf der anderen Seite eines, das durch latente eigene Abweichungen von vorgegebenen Mustern subversive, unterschwellige Materie in sich vereint. Die Fotografien beinhalten beide Formen des Lachens und machen damit zugleich ihre Spannung aus. 38 3.2.4 Ereignis- oder situationsgebundene Formen Die Redaktion vom dtv-Lexikon von 1999 beschreibt in ihrem Artikel über Situationskomik den wohl populärsten Vorgang von ereignisgebundenem Humor. Sie bezeichnet sie als die Komik, die dadurch entsteht, dass „in einer veränderten Situation - weil die Beteiligten von der Ände- rung nichts wissen - im Sinn der früheren Situation gehandelt wird.“ Das zeigt auch gleich die Haupteigenschaft von Situationskomik auf: den elitären Punkt. Situationskomik ist nämlich inso- fern nur für eine bestimmte Gruppe für Personen von Bedeutung, als dass sie auch nur für dieje- nigen witzig ist, die die gemeinte Situation miterlebt haben. Nacherzählen lässt sich Situations- komik daher nur schlecht und eher selten. Was die Situationskomik letztendlich möglich macht ist der Fakt, dass der Zuschauer von An- fang an über das Missverhältnis zwischen der Ausführung und ihrem Sinn Bescheid weiß oder zumindest im Verlauf der Handlung davon erfährt. 39 3.3 Worüber lachen wir? - Versuch einer Theorie anhand eines prominenten Beispiels 38 Vgl. http://www.hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=2082&count=78 &recno=2%200&sort=datum&order=down&epoche=17; 06.09.2009 39 Vgl. dtv - Lexikon 10, Mannheim 1999, S. 53 21

Unter spielerisch dargestellten Formen von Humor, versteht man die Gegenseitigkeit von Erzäh-<br />

ler und Betrachter. Denn sowohl die Präsentanten können lachend dargestellt werden, was sofort<br />

eine Form von Humor suggerieren* würde, andererseits kann die Darstellungsform an sich aber<br />

auch zum Lachen anregen. Ein gutes Beispiel hierfür sind die afroamerikanischen Tanzkulturen,<br />

die um 1900 in Europa immer größer werdende Popularität erlangten und in Beziehung mit ihrer<br />

Repräsentation auf Fotografien gleich in zweifacher Hinsicht zum Anlass des Lachens wurden:<br />

Denn, wie schon oben beschrieben sind die Tänzerinnen und Tänzer einerseits selbst lachend zu<br />

sehen, während andererseits die dargestellten teils komischen Körperbewegungen und Verren-<br />

kungen die Betrachter zum Lachen anregen sollen, da sie als ungewöhnlich galten. Dieser Ambi-<br />

valenz stellte Kusser die von dem französischen Philosophen Gille Deleuze geprägte Differen-<br />

zierung zwischen dem „Lachen der Henker“ und dem „Lachen der Revolutionäre“ zur Seite: auf<br />

der einen Seite ein Lachen, das die generalisierende Funktion durch das kritische Lachen jeder<br />

Abweichung vom gegenwärtigen Zustand einer Sache übernimmt; auf der anderen Seite eines,<br />

das durch latente eigene Abweichungen von vorgegebenen Mustern subversive, unterschwellige<br />

Materie in sich vereint. Die Fotografien beinhalten beide Formen des Lachens und machen damit<br />

zugleich ihre Spannung aus. 38<br />

3.2.4 Ereignis- oder situationsgebundene Formen<br />

Die Redaktion vom dtv-Lexikon von 1999 beschreibt in ihrem Artikel über Situationskomik den<br />

wohl populärsten Vorgang von ereignisgebundenem Humor. Sie bezeichnet sie als die Komik,<br />

die dadurch entsteht, dass „in einer veränderten Situation - weil die Beteiligten von der Ände-<br />

rung nichts wissen - im Sinn der früheren Situation gehandelt wird.“ Das zeigt auch gleich die<br />

Haupteigenschaft von Situationskomik auf: den elitären Punkt. Situationskomik ist nämlich inso-<br />

fern nur für eine bestimmte Gruppe für Personen von Bedeutung, als dass sie auch nur für dieje-<br />

nigen witzig ist, die die gemeinte Situation miterlebt haben. Nacherzählen lässt sich Situations-<br />

komik daher nur schlecht und eher selten.<br />

Was die Situationskomik letztendlich möglich macht ist der Fakt, dass der Zuschauer von An-<br />

fang an über das Missverhältnis zwischen der Ausführung und ihrem Sinn Bescheid weiß oder<br />

zumindest im Verlauf der Handlung davon erfährt. 39<br />

3.3 Worüber lachen wir? - Versuch einer Theorie anhand eines prominenten Beispiels<br />

38 Vgl. http://www.hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=2082&count=78<br />

&recno=2%200&sort=datum&order=down&epoche=17; 06.09.2009<br />

39 Vgl. dtv - Lexikon 10, Mannheim 1999, S. 53<br />

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