KVJSaktuell 4/2010 - Kommunalverband für Jugend und Soziales ...
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KVJS aktuell Aus dem Inhalt: Flagge zeigen für Familie: Zukunftswerkstätten auf Erfolgskurs Seite 6 Entspannung auf dem Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen Seite 11 KVJS-Service: „Werkzeugkoffer“ zur Wirkungsorientierung Seite 14 Demografie: Das „kritische Jahrzehnt“ der Kinder- und Jugendhilfe hat begonnen Seite 19 4/10
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KVJS<br />
aktuell<br />
Aus dem Inhalt:<br />
Flagge zeigen <strong>für</strong> Familie:<br />
Zukunftswerkstätten auf Erfolgskurs<br />
Seite 6<br />
Entspannung auf dem Arbeitsmarkt<br />
<strong>für</strong> schwerbehinderte Menschen<br />
Seite 11<br />
KVJS-Service: „Werkzeugkoffer“<br />
zur Wirkungsorientierung<br />
Seite 14<br />
Demografie: Das „kritische Jahrzehnt“ der<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe hat begonnen<br />
Seite 19<br />
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2<br />
KVJS aktuell<br />
Dezember <strong>2010</strong><br />
Herausgeber:<br />
<strong>Kommunalverband</strong> <strong>für</strong> <strong>Jugend</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Soziales</strong> Baden-Württemberg<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
Verantwortlich:<br />
Stefan Wiegandt (wgn)<br />
Mit Beiträgen von:<br />
Gabriele Addow (add)<br />
Monika Kleusch (mok)<br />
Sylvia Rizvi (syr)<br />
Lindenspürstraße 39<br />
70176 Stuttgart<br />
Kontakt:<br />
Telefon 0711 6375-232, -206 oder -389<br />
E-Mail redaktion@kvjs.de<br />
www.kvjs.de
Dauerhafte Entlastung<br />
der Eingliederungshilfe gefordert<br />
Nach wie vor, so der Verbandsvorsitzende,<br />
zeige die Eingliederungshilfe <strong>für</strong><br />
behinderte Menschen eine „geradezu<br />
vehemente Dynamik“. So sei die Zahl der<br />
behinderten Menschen, die in Baden-<br />
Württemberg Leistungen der Eingliederungshilfe<br />
erhalten, allein von 2008 auf<br />
Ende des Jahres 2009 von 55 000 auf<br />
58 000 Personen angestiegen. Insgesamt<br />
haben die Stadt- <strong>und</strong> Landkreise im vergangenen<br />
Jahr 1,2 Milliarden Euro <strong>für</strong> die<br />
Eingliederungshilfe aufgewendet.<br />
Diese Entwicklung, führte Karl Röckinger<br />
aus, werde sich weiter fortsetzen: Zum<br />
einen, weil durch den medizinischen<br />
Fortschritt auch schwerstbehinderte<br />
Menschen eine immer höhere Lebenserwartung<br />
haben. Zum anderen hat der<br />
Deutsche B<strong>und</strong>estag vor zwei Jahren die<br />
Konvention der Vereinten Nationen über<br />
die Rechte von Menschen mit Behinderung<br />
ratifiziert. Daraus ergibt sich die<br />
Verpflichtung zur Inklusion. Das bedeutet,<br />
es müssen gemeinsame Lebensräume <strong>für</strong><br />
Menschen mit <strong>und</strong> ohne Behinderung<br />
geschaffen werden, im Kindergarten, in<br />
der Schule, in der Arbeitswelt <strong>und</strong> beim<br />
Wohnen. Welche Kosten dabei das Land,<br />
die Landkreise, die Städte <strong>und</strong> Gemeinden<br />
zu tragen haben, sei, so Röckinger,<br />
noch völlig ungeklärt. Aber: „Fakt ist: Die<br />
Kosten steigen weiter.“<br />
In dieser Situation, die dadurch verschärft<br />
wird, „dass die Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftskri-<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
„Um eine dauerhafte Entlastung der Eingliederungshilfe zu erreichen, ist die Mitfinanzierung<br />
des B<strong>und</strong>es in Form eines B<strong>und</strong>esteilhabegeldes zu fordern“, erklärte der Vorsitzende des KVJS,<br />
Landrat Karl Röckinger am 15.Dezember <strong>2010</strong> vor der Verbandsversammlung anlässlich der<br />
Verabschiedung des KVJS-Etats 2011. Dieser hat ein Gesamtvolumen von 152,2 Millionen Euro.<br />
Die Verbandsumlage verringert sich gegenüber dem Vorjahr um 12,53 Prozent.<br />
se die baden-württembergischen Kreise<br />
mit voller Wucht erfasst hat“, wie der Verbandsvorsitzende<br />
deutlich machte, könne<br />
es nicht hingenommen werden, „dass die<br />
seit Jahren geführte Diskussion über eine<br />
zu verändernde Finanzierungsgr<strong>und</strong>lage<br />
der Eingliederungshilfe keinen Millimeter<br />
vorankommt.“ Die Eingliederungshilfe<br />
sei nicht Aufgabe eines nachrangigen<br />
Hilfesystems wie der Sozialhilfe, sondern<br />
es handle sich vielmehr um eine gesamtgesellschaftliche<br />
Verpflichtung. Deshalb<br />
müsse der B<strong>und</strong> in Form eines B<strong>und</strong>esteilhabegeldes<br />
seinen Beitrag leisten.<br />
Beim KVJS gehe es darum, erläuterte<br />
Karl Röckinger, die Belastung der Verbandsmitglieder<br />
so gering wie möglich<br />
zu halten. Für den KVJS gelte als oberstes<br />
Gebot, dass die Verbandsumlage in den<br />
nächsten Jahren weitgehend stabil bleibe.<br />
Dies werde durch die Vorgabe strikter<br />
Sparsamkeit <strong>und</strong> durch die Heranziehung<br />
der Rücklage erreicht. Aus der Rücklage,<br />
die 22,6 Millionen Euro zu Beginn des<br />
Jahres 2009 enthielt, sind bereits 5,1<br />
Millionen Euro <strong>für</strong> die Finanzierung des<br />
Verwaltungshaushaltes <strong>2010</strong> entnommen<br />
worden. Für die besonders harten Krisenjahre<br />
2011 <strong>und</strong> 2012 werden jeweils acht<br />
Millionen Euro der Rücklage entnommen<br />
<strong>und</strong> <strong>für</strong> das Jahr 2013 sind die restlichen<br />
drei Millionen Euro eingeplant.<br />
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4<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
„Das entscheidenden Signal, das vom<br />
KVJS-Haushalt 2011ausgeht, ist die Tatsache,<br />
dass sich die Verbandsumlage um<br />
12,53 Prozent gegenüber dem Vorjahr<br />
verringert“, hob der KVJS-Vorsitzende hervor.<br />
Dies sei möglich durch Einsparungen<br />
bei den Personal- <strong>und</strong> Sachkosten, durch<br />
die Rücklagenentnahme sowie durch Wenigerausgaben<br />
bei den dem KVJS gesetzlich<br />
vorgegebenen Kostenerstattungen in<br />
der Sozialhilfe.<br />
Überdurchschnittliche Effizienzrendite<br />
Erneut sei es dem KVJS seit seinem<br />
Bestehen, so Röckinger, also seit 2005<br />
gelungen, „permanent eine überdurchschnittliche<br />
Effizienzrendite zu erzielen.“<br />
Sie beträgt <strong>für</strong> diesen Zeitraum bei den<br />
Personalausgaben 24,3 Prozent <strong>und</strong> bei<br />
den Sachausgaben 28,5 Prozent. „Zusammengenommen<br />
bedeutet dies, dass der<br />
KVJS von 2005 bis 2009 bei den Personal-<br />
<strong>und</strong> Sachkosten einen Einsparungseffekt<br />
in Höhe von 25,2 Prozent erreicht hat“,<br />
resümierte der Vorsitzende.<br />
Das Gesamtvolumen des von der Verbandsversammlung<br />
beschlossenen KVJS-<br />
Haushaltes 2011 beträgt 152,2 Millionen<br />
Euro. Davon entfallen 122,3 Millionen<br />
Euro auf den Verwaltungshaushalt <strong>und</strong><br />
30,1 Millionen Euro auf den Vermögenshaushalt.<br />
Die Personalausgaben mit 26,4<br />
Millionen Euro erhöhen sich gegenüber<br />
dem Jahr <strong>2010</strong> nicht, sondern sie sinken<br />
sogar geringfügig. Das Volumen des nicht<br />
umlagefinanzierten Sondervermögens<br />
Ausgleichsabgabe, mit dem die Leistungen<br />
des KVJS-Integrationsamtes <strong>für</strong><br />
schwerbehinderte Menschen finanziert<br />
werden, reduziert sich im Vergleich zum<br />
Vorjahr um vier Millionen Euro auf 87,9<br />
Millionen Euro aufgr<strong>und</strong> der Wirtschaftskrise.<br />
„Zum Glück ist die Situation nicht in<br />
der Weise dramatisch, dass Förderbereiche<br />
reduziert werden müssen“, erläuterte<br />
der Verbandsvorsitzende. Deshalb könne<br />
beispielsweise die Förderung von Integrationsprojekten<br />
nicht nur im bisherigen<br />
Umfang fortgesetzt, sondern weiter ausgebaut<br />
werden.<br />
Forschungsvorhaben des KVJS<br />
Im vergangenen Jahr beschloss die<br />
Verbandsversammlung, <strong>für</strong> Forschungsvorhaben<br />
des KVJS 450 000 Euro in den<br />
Haushalt <strong>2010</strong> aufzunehmen, wodurch<br />
der effiziente Einsatz von Finanzmitteln<br />
gesichert <strong>und</strong> wodurch verhindert wird,<br />
dass Ressourcen eingesetzt werden, die<br />
keinen Erfolg versprechen. Der Zeitplan<br />
zur Umsetzung dieser Initiative, unterrichtete<br />
Karl Röckinger die Verbandsversammlung,<br />
sei exakt eingehalten worden.<br />
Inzwischen sind diese Forschungsprojekte<br />
in Auftrag gegeben worden:<br />
• Lebensqualität <strong>und</strong> Lebenserwartung<br />
von Menschen mit wesentlicher<br />
geistiger Behinderung im Alter – eine<br />
Untersuchung zur zukünftigen Entwicklung<br />
der spezifischen demografischen<br />
Situation in Deutschland <strong>und</strong> in<br />
Baden-Württemberg,<br />
• Wirkungsanalyse des Fallmanagements<br />
in der Eingliederungshilfe,<br />
• Auswirkungen des Ausbaus der Ganztagsschulen<br />
auf die Strukturen der<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe in Baden-<br />
Württemberg,<br />
• Umsetzung des Schutzauftrags der<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe in Baden-<br />
Württemberg,<br />
• Strukturen der rechtlichen Betreuung in<br />
Baden-Württemberg <strong>und</strong> Chancen der<br />
Weiterentwicklung.<br />
Ebenfalls Positives berichtete der KVJS-<br />
Vorsitzende über die Projekte zur Weiterentwicklung<br />
der Eingliederungshilfe.<br />
Leitgedanke dieser „Bausteine zur Eingliederungshilfe“<br />
sei die Notwendigkeit, das<br />
Prinzip ambulant vor stationär durch die
Einbindung der Gesellschaft wirkungsvoll<br />
voranzubringen. Erprobt wurden die Themenschwerpunkte<br />
„Alltagsgestaltung <strong>für</strong><br />
Seniorinnen <strong>und</strong> Senioren beim Eintritt in<br />
den Ruhestand“, „Flexibilisierung von ambulanten<br />
<strong>und</strong> stationären Wohnformen“,<br />
sowie das „Selbstständigkeitstraining im<br />
häuslichen Umfeld“. Die Erprobung der<br />
Entwicklungsprojekte begann 2008 <strong>und</strong><br />
wird mit Ende des Jahres <strong>2010</strong> abgeschlossen<br />
sein. „Das Fazit“, so Vorsitzender<br />
Röckinger, „lässt sich folgendermaßen<br />
zusammenfassen: Die praxisorientierten,<br />
gemeinsam mit den Stadt- <strong>und</strong> Landkreisen<br />
entwickelten Projekte führten zu<br />
teilhabeorientierten <strong>und</strong> wirtschaftlich<br />
effizienten Ergebnissen. Diese sind auf<br />
andere Stadt- <strong>und</strong> Landkreise übertragbar<br />
<strong>und</strong> sie beschleunigen eindeutig den<br />
angestrebten Paradigmenwechsel in der<br />
Hilfe <strong>für</strong> behinderte Menschen.“<br />
Neue „Bausteine“<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
Da klar sei, dass die Träger der Eingliederungshilfe<br />
auch in den nächsten Jahren<br />
vor großen Herausforderungen stünden,<br />
seien weiterhin, so der Verbandsvorsitzende,<br />
„Lösungen gefragt, die den Paradigmenwechsel<br />
im vorgegebenen Kostenrahmen<br />
ermöglichen.“ Im KVJS-Haushalt<br />
2011 sind <strong>für</strong> neue „Bausteine in der<br />
Eingliederungshilfe“ 100 000 Euro veranschlagt.<br />
Schwerpunkte dieser Entwicklungsprojekte<br />
sind die „Inklusion von Kindern<br />
<strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>lichen mit Behinderung“,<br />
„Arbeit <strong>und</strong> Beschäftigung <strong>für</strong> Menschen<br />
mit hohem Hilfebedarf“ sowie „Menschen<br />
mit Behinderung <strong>und</strong> Migrationshintergr<strong>und</strong>“.<br />
Diese Projekte erstrecken sich<br />
über den Zeitraum <strong>2010</strong> bis 2012.<br />
wgn<br />
Anfangen, wenn das Dach noch über dem Kopf ist!<br />
„Mit neuem Mut gegen Wohnungslosigkeit<br />
<strong>und</strong> soziale Ausgrenzung“ – so lautete<br />
der Titel einer Konferenz im Rahmen<br />
des Europäischen Jahrs zur Bekämpfung<br />
von Armut <strong>und</strong> sozialer Ausgrenzung, die<br />
am 17. November in Stuttgart stattfand.<br />
Veranstaltet wurde die Fachtagung vom<br />
baden-württembergischen Sozialministerium,<br />
der Liga der freien Wohlfahrtspflege,<br />
dem KVJS sowie von Städte-, Landkreis-<br />
<strong>und</strong> Gemeindetag.<br />
In vier moderierten Fachforen wurden<br />
anhand von Praxisbeispielen die Themen<br />
Prävention, Sozialraumorientierung, Junge<br />
Wohnungslose/U25 <strong>und</strong> Teilhabe am<br />
Arbeitsleben diskutiert.<br />
Das Gesamtprogramm sowie die Referate<br />
der Tagung <strong>und</strong> die Ergebnisse der Fachforen<br />
sind im Internet unter www.wolotagung<strong>2010</strong>.de<br />
zu finden.<br />
mok<br />
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6<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
Flagge zeigen <strong>für</strong> Familie:<br />
Zukunftswerkstätten auf Erfolgskurs<br />
Eine Gemeinde muss heute konsequent auf Familienfre<strong>und</strong>lichkeit setzen, wenn sie morgen<br />
im Wettbewerb der Regionen um Fach- <strong>und</strong> Führungskräfte die Nase vorne haben möchte. Der<br />
KVJS unterstützt die kommunale Infrastrukturentwicklung <strong>für</strong> Familien bereits seit 2005 durch<br />
die „Zukunftswerkstätten Familienfre<strong>und</strong>liche Kommune“– mit durchschlagendem Erfolg: In<br />
den letzten drei Jahren hat sich die Zahl der gemeinsam mit der Familienforschung Baden-<br />
Württemberg veranstalteten Werkstätten nahezu verdreifacht.<br />
In der Gemeinde X soll eine Tauschbörse<br />
<strong>für</strong> familienunterstützende Dienstleistungen<br />
aller Art aufgebaut werden, Stadt Y<br />
liegt der Ausbau des Betreuungsangebots<br />
<strong>für</strong> Kinder im Vorschulalter am Herzen,<br />
Gemeinde Z favorisiert eine zentrale Anlaufstelle<br />
<strong>für</strong> Familien, Jung <strong>und</strong> Alt bei<br />
den Gemeinden. So unterschiedlich die<br />
Ideen <strong>und</strong> Vorhaben auch sind, haben sie<br />
dennoch einen gemeinsamen Ursprung:<br />
Sie alle sind entstanden in den Zukunftswerkstätten.<br />
40 Städte <strong>und</strong> Gemeinden<br />
– vom „Dörfle“ bis zur Großstadt – profitieren<br />
bislang von diesem Angebot vor<br />
Ort. Für 2011 sind schon acht Werkstätten<br />
im Terminkalender der zuständigen KVJS-<br />
Mitarbeiter fest verbucht, acht weitere<br />
Interessenten stehen auf der Anmeldeliste.<br />
Warum die Kommunen im Land ihr<br />
kinder- <strong>und</strong> familienfre<strong>und</strong>liches Profil<br />
schärfen wollen, liegt <strong>für</strong> Andreas Reuter<br />
vom Landesjugendamt des KVJS klar auf<br />
der Hand: „Nur attraktive Gemeinden können<br />
auf den Zuzug von jungen Familien<br />
hoffen“.<br />
Zukunftswerkstätten bündeln die Kräfte<br />
<strong>und</strong> das Know-How in der Kommune:<br />
Alle interessierten Bürger, Familien,<br />
Vertreter der Kommune <strong>und</strong> örtlichen<br />
Einrichtungen, Geschäfte <strong>und</strong> Betriebe,<br />
Kirchen, Verbände <strong>und</strong> Vereine kommen<br />
in der Auftaktveranstaltung an einem Tag<br />
zusammen, um Stärken <strong>und</strong> Schwächen<br />
der Familienfre<strong>und</strong>lichkeit vor Ort zu<br />
diskutieren <strong>und</strong> gemeinsame Handlungsansätze<br />
<strong>für</strong> eine zukunftsweisende familienfre<strong>und</strong>liche<br />
Kommunalentwicklung<br />
zu erarbeiten. Der KVJS bietet hier <strong>für</strong><br />
jede Gemeinde ein maßgeschneidertes<br />
Konzept an, das den Erfolg der Projektarbeit<br />
garantiert. Neben der Vorbereitung,<br />
Werbung <strong>und</strong> Pressearbeit werden auch<br />
Möglichkeiten der Verstetigung eines<br />
familienfre<strong>und</strong>lichen Klimas durch die<br />
Einbeziehung von bürgerschaftlichem<br />
Engagement aufgezeigt. Und: Die Ergebnisse<br />
der Zukunftswerkstatt werden im<br />
Gemeinderat der jeweiligen Kommune<br />
präsentiert – „eine wichtige Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> die Akzeptanz des gemeinsam<br />
erarbeiteten Maßnahmekatalogs“, wie<br />
Andreas Reuter deutlich macht.<br />
Hat der Gemeinderat „grünes Licht“ gegeben,<br />
geht es mit vereinten Kräften an<br />
die Umsetzung der verschiedenen Projekte.<br />
Was kann getan werden? Was ist<br />
vordringlich? Wer kann dabei helfen? sind<br />
hier die zentralen Fragen. Alle Vorhaben<br />
werden von den Mitarbeiterinnen <strong>und</strong><br />
Mitarbeitern des KVJS-Landesjugendamtes<br />
begleitet. Sie fertigen unter anderem<br />
Ausarbeitungen zu spezifischen Themen<br />
an oder stellen Initiativen aus anderen<br />
Regionen vor, die der jeweiligen Gemeinde<br />
helfen sollen, ihr Projekt auf den Weg<br />
zu bringen.
Beispiel: Zukunftswerkstatt Plochingen<br />
2008 fand beispielsweise die Zukunftswerkstatt<br />
in Plochingen (Landkreis<br />
Esslingen) statt. Mit von der Partie: 120<br />
Plochinger Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürger als<br />
Experten in eigener Sache. Gemeinsam<br />
wurden Ideen <strong>und</strong> konkrete Vorschläge<br />
erarbeitet, wie sich die Kinder-, <strong>Jugend</strong>-<br />
<strong>und</strong> Familienfre<strong>und</strong>lichkeit in ihrer Stadt<br />
weiter entwickeln lässt. Die Anliegen der<br />
<strong>Jugend</strong>lichen fanden dabei ebenso besondere<br />
Berücksichtigung wie das Thema<br />
„Zusammenleben mit Mitbürger/innen<br />
aus anderen Ländern <strong>und</strong> Kulturen“.<br />
„Das Projekt hat einen Mehrwert geschaffen,<br />
der sich sehen lassen kann“, hob<br />
Bürgermeister Frank Buß am 20. Oktober<br />
dieses Jahr auf einer Veranstaltung<br />
des Gemeinderats hervor, auf der Bilanz<br />
gezogen wurde. Zahlreiche Vorhaben<br />
sind demnach schon in die Tat umgesetzt<br />
worden, andere werden zurzeit noch<br />
optimiert. Deutlich verbessert hat sich bis<br />
heute zum Beispiel die Informations- <strong>und</strong><br />
Beratungssituation <strong>für</strong> Familien, indem<br />
inzwischen verschiedene Anlaufstellen<br />
eingerichtet sind, Sprach- <strong>und</strong> Integra-<br />
Handreichung neu aufgelegt<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
tionskurse angeboten werden <strong>und</strong> das<br />
<strong>Jugend</strong>Zentrum Plochingen als Mehrgenerationenhaus<br />
neu konzipiert worden<br />
ist.<br />
Weitere Handlungsschwerpunkte, zu<br />
denen eine Fülle von Ergebnissen zu<br />
verzeichnen ist, sind der bedarfsgerechte<br />
Ausbau der Kinderbetreuungsangebote,<br />
die Entwicklung einer „lokalen<br />
Bildungslandschaft“, die Verbesserung<br />
der Lebensqualität, die Erweiterung der<br />
Angebote <strong>für</strong> <strong>Jugend</strong>liche, Aktivitäten<br />
zur Erleichterung des Übergangs Schule/Beruf,<br />
Erarbeitung einer Konzeption<br />
zum Thema Familienermäßigungen, die<br />
Verbesserung des Zusammenlebens von<br />
Jung <strong>und</strong> Alt sowie von Bürger/innen<br />
aus verschiedenen Ländern <strong>und</strong> Kulturen<br />
<strong>und</strong> die Einrichtung einer Arbeitsgruppe<br />
„Familienfre<strong>und</strong>liches Plochingen“.<br />
„Die Bürger bleiben mit im Boot“, erklärte<br />
Bürgermeister Buß. So sei im Herbst 2011<br />
mit Unterstützung des KVJS eine zweite<br />
Veranstaltung geplant, bei der mit den<br />
Bürgerinnen <strong>und</strong> Bürgern an den Projekten<br />
gemeinsam weitergearbeitet wird.<br />
add<br />
Der KVJS hat zusammen mit dem Netzwerk Familie <strong>und</strong> der Familienforschung<br />
sowie Vertretern von Städten, Gemeinden <strong>und</strong> Landkreisen eine Handreichung<br />
„Familienfre<strong>und</strong>liche Kommune“ erstellt, die mit Hilfe von neun Handlungsfeldern<br />
die wichtigsten relevanten kommunalen Fragestellungen erfasst. Praxisorientiert<br />
können somit Kommunen, Institutionen <strong>und</strong> Organisationen mit Hilfe von über 200<br />
einzelnen Aspekten ihre jeweils lokale Familienfre<strong>und</strong>lichkeit analysieren. Die aktualisierte<br />
Auflage <strong>2010</strong> als Download im Internet unter<br />
http://www.kvjs.de/880.0.html<br />
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8<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
Von Kleinbetrieb bis Großkonzern:<br />
KVJS zeichnet Arbeitgeber aus<br />
Auch <strong>2010</strong> konnte der KVJS wieder fünf behindertenfre<strong>und</strong>liche Arbeitgeber auszeichnen.<br />
Zudem wurde erstmals eine Auszeichnung <strong>für</strong> das Betriebliche Eingliederungsmanagement<br />
(BEM) vergeben.<br />
Die Polizeidirektion Böblingen wurde mit<br />
ihrem ausgefeilten Konzept des Betrieblichen<br />
Eingliederungsmanagements, das<br />
bereits im KVJS-aktuell 2/<strong>2010</strong> vorgestellt<br />
wurde, zum ersten baden-württembergischen<br />
Preisträger in dieser Kategorie.<br />
„Seit der Einführung im Jahr 2008 konnten<br />
nahezu unglaubliche 93 Prozent der<br />
insgesamt 60 BEM-Verfahren erfolgreich<br />
abgeschlossen werden“, hob Verbandsdirektor<br />
Senator e.h. Prof. Roland Klinger<br />
in seiner Laudatio die Erfolgsquote bei<br />
der Böblinger Polizeidirektion hervor.<br />
„Das heißt, Kündigungen oder vorzeitige<br />
Zurruhesetzungen konnten vermieden<br />
werden.“<br />
Familiäre Integration<br />
Bei der Auszeichnung als behindertenfre<strong>und</strong>licher<br />
Arbeitgeber konnte der Biomarkt<br />
Roland Geist in Öhringen punkten.<br />
Drei Mitarbeiterinnen des dreizehnköpfigen<br />
Teams sind schwerbehindert. Mit<br />
5 000 verschiedenen Naturkostprodukten<br />
ist der Biomarkt Roland Geist der größte<br />
seiner Art im Hohenlohischen. Begonnen<br />
hat der Markt als Selbstvermarktung des<br />
eigenen Bio-Apfelsafts, aus dem 1993 ein<br />
ökologischer Hofladen wurde. Und der<br />
wuchs dann buchstäblich über sich hinaus:<br />
2005 wurde der 500 Quadratmeter<br />
große BioMARKT in Öhringen eröffnet.<br />
Von Anfang an war die Beschäftigung von<br />
Menschen mit Behinderung bei der Konzeption<br />
berücksichtigt worden. Anfang<br />
2007 begannen dann drei mehrfach be-<br />
hinderte Mitarbeiterinnen – unter ihnen<br />
auch die Tochter der Inhaber – zunächst<br />
als Praktikantinnen mit ihrer Tätigkeit im<br />
Biomarkt. Alle drei sind auf einen Rollstuhl<br />
angewiesen. Aufgr<strong>und</strong> ihrer Mehrfachbehinderungen<br />
war den jungen Frauen<br />
keine reguläre Berufsausbildung möglich.<br />
Sie wurden über drei Jahre hinweg durch<br />
Arbeitsassistenz gezielt <strong>für</strong> ihre Tätigkeit<br />
trainiert. Diese Aufgabe hat mittlerweile<br />
eine Mitarbeiterin des Biomarkts übernommen.<br />
Die schwerbehinderten Mitarbeiterinnen<br />
sind voll integriert <strong>und</strong> heute fest angestellt.<br />
Sie arbeiten im Backwarenverkauf,<br />
richten Snacks <strong>und</strong> belegte Brötchen her,<br />
backen Kuchen, <strong>und</strong> machen die Kassenabrechnung<br />
sowie Büro-Arbeiten. Das Trio<br />
macht auch privat gemeinsame Sache:<br />
Sie leben gemeinsam in einer ambulant<br />
betreuten Wohngemeinschaft in der Nähe<br />
ihres Arbeitsplatzes.<br />
Soziale Verantwortung bei E.G.O.<br />
Ein weiterer Preisträger des Jahres <strong>2010</strong><br />
ist die Firma E.G.O. Elektro-Gerätebau<br />
GmbH in Oberderdingen (Landkreis<br />
Karlsruhe). E.G.O. ist in vielen Produktbereichen<br />
Weltmarktführer. Das Fertigungsprogramm<br />
umfasst Kochplatten <strong>für</strong><br />
Haushaltsherde <strong>und</strong> Großküchen, Backofenbeheizungen,<br />
Regulierschalter <strong>und</strong><br />
freistrahlende Grillheizkörper.<br />
Bereits 1931 wurde der Gr<strong>und</strong>stein <strong>für</strong><br />
den Aufbau des Unternehmens in Oberderdingen<br />
gelegt. Hier ist auch heute
noch der Stammsitz der Firmengruppe.<br />
Die E.G.O Elektro-Gerätebau GmbH ist<br />
Teil der weltweit agierenden E.G.O Unternehmensgruppe<br />
mit über 6 000 Mitarbeitern.<br />
R<strong>und</strong> 1 600 Menschen arbeiten am<br />
Stammsitz in Oberderdingen <strong>und</strong> im nahe<br />
gelegenen Werk Sulzfeld.<br />
Bei der gesetzlich vorgeschriebenen<br />
Beschäftigungsquote von fünf Prozent<br />
schwerbehinderter Menschen müsste<br />
E.G.O. 80 schwerbehinderte Mitarbeiter<br />
beschäftigen, tatsächlich sind es aber 100.<br />
Verbandsdirektor Roland Klinger bescheinigte<br />
dem Unternehmen in seiner Laudatio:<br />
„Die E.G.O. Elektro-Gerätebau GmbH<br />
hat erkannt, dass schwerbehinderte Menschen<br />
wertvolle Mitarbeiter sind. Denn<br />
schwerbehinderte Menschen können auf<br />
dem richtigen Arbeitsplatz eine gute <strong>und</strong><br />
wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung<br />
erbringen!“<br />
Doch E.G.O. wurde nicht nur <strong>für</strong> die<br />
Übererfüllung der Beschäftigungsquote<br />
ausgezeichnet. Zur Quantität kommt die<br />
Qualität: „So werden Arbeitsplätze behindertengerecht<br />
ausgestattet – alleine<br />
zwölf in den letzten drei Jahren – <strong>und</strong> bei<br />
längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten<br />
von Mitarbeitern führt E.G.O. seit dem<br />
Jahr 2008 ein Betriebliches Eingliederungsmanagement<br />
durch“, lobte Klinger.<br />
Das Angebot von Praktikumsplätzen <strong>für</strong><br />
schwerbehinderte Menschen <strong>und</strong> die<br />
Vergabe von Aufträgen an Werkstätten<br />
<strong>für</strong> behinderte Menschen sind weitere<br />
Bestandteile des sozialen Engagements<br />
bei E.G.O. .<br />
Weitere Preisträger<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
Diese drei weiteren Unternehmen<br />
konnten in diesem Jahr eine Auszeichnungsurk<strong>und</strong>e<br />
entgegen nehmen: Das<br />
AWO-Seniorenzentrum in Villingen-<br />
Schwenningen stach hervor durch die<br />
Beschäftigung besonders betroffener<br />
schwerbehinderter Menschen: Zur Mitarbeiterschaft<br />
zählen ein hauswirtschaftlicher<br />
Helfer mit Down-Syndrom <strong>und</strong> eine<br />
gehörlose Alltagsbegleiterin. Das Seniorenzentrum<br />
hat diese beiden Mitarbeiter<br />
optimal eingearbeitet <strong>und</strong> den Betriebsablauf<br />
so organisiert, dass sie trotz ihrer<br />
Behinderung gute Arbeit leisten können.<br />
Die Schock Metallwerk GmbH in Urbach<br />
(Rems-Murr-Kreis) wurde ausgezeichnet,<br />
weil sie nicht nur über der Quote <strong>für</strong><br />
die Beschäftigung schwerbehinderter<br />
Menschen liegt, sondern auch mehrfach<br />
Praktikantenplätze <strong>für</strong> Klienten des Integrationsfachdienstes<br />
anbot, aus denen<br />
sich dann unbefristete Arbeitsverhältnisse<br />
ergaben. Besonders gut gefiel der Jury<br />
auch die Rücksicht des Unternehmens gegenüber<br />
älteren <strong>und</strong> psychisch belasteten<br />
behinderten Mitarbeitern.<br />
Das Mercedes-Benz-Werk Mannheim<br />
der Daimler AG schließlich empfahl sich<br />
<strong>für</strong> eine Ehrung durch eine Beschäftigungsquote<br />
von 8,3 Prozent <strong>und</strong> durch<br />
ein zertifiziertes Betriebliches Eingliederungsmanagement.<br />
Außerdem wurde<br />
das Werk ausgewählt, weil bereits bei der<br />
Planung neuer Fertigungen geeignete<br />
Arbeitsplätze <strong>für</strong> schwerbehinderte Menschen<br />
vorgesehen werden.<br />
mok<br />
Hintergr<strong>und</strong><br />
Der KVJS zeichnet jedes Jahr beispielhafte behindertenfre<strong>und</strong>liche Arbeitgeber aus,<br />
um deren herausragendes soziales Engagement zu würdigen <strong>und</strong> publik zu machen.<br />
Die Jury ist mit Vertretern von Gewerkschaft, Arbeitgebern, VdK <strong>und</strong> KVJS besetzt.<br />
9
10<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
Das interne Audit: KVJS checkt<br />
Qualitätsentwicklung vor Ort<br />
Das Qualitätsmanagement einer Einrichtung muss laufend auf den Prüfstand. Der KVJS unterstützt<br />
öffentliche <strong>und</strong> freie Träger der <strong>Jugend</strong>hilfe bei ihrer Qualitätsentwicklung mit der<br />
Durchführung eines internen Audits.<br />
Bewährt sich das Qualitätshandbuch in<br />
der Praxis? Werden die Schlüsselprozesse<br />
wie geplant umgesetzt? Das interne Audit<br />
gibt neue Impulse <strong>und</strong> Verbesserungsvorschläge<br />
<strong>für</strong> das Qualitätsmanagement<br />
von Einrichtungen <strong>und</strong> Diensten. Das<br />
Landesjugendamt des KVJS kann hier auf<br />
jahrelange Erfahrung zurückblicken, denn<br />
Qualitätsmanagerin Irmgard Fischer-<br />
Orthwein auditiert bereits seit 2001<br />
verschiedene Einrichtungen der <strong>Jugend</strong>hilfe<br />
wie Wohngruppen, Tagesgruppen,<br />
lebensfeldorientierte ambulante Angebote<br />
sowie Kindertageseinrichtungen.<br />
Sogar <strong>Jugend</strong>häuser waren 2009 mit von<br />
der Partie. Und der KVJS-Check kommt<br />
an in der Praxis: Das Audit habe wieder<br />
Schwung ins Qualitätsmanagement gebracht<br />
<strong>und</strong> die Sichtweise auf bestimmte<br />
Themen positiv verändert, so die einhellige<br />
Meinung der bisher „Geprüften“.<br />
Am Anfang eines jeden Audits steht<br />
zunächst die Absprache mit dem Auftraggeber<br />
darüber, welchen konkreten<br />
Nutzen die betreffende Einrichtung mit<br />
dem Audit verbindet <strong>und</strong> welche Bereiche<br />
hauptsächlich auditiert werden<br />
sollen. Anschließend sichtet <strong>Jugend</strong>hilfe-<br />
Expertin Fischer-Orthwein alle erforder-<br />
lichen Unterlagen im Qualitätsmanagementhandbuch<br />
– vom Leitbild bis zu den<br />
Regelungen <strong>für</strong> die Schlüsselprozesse,<br />
zum Beispiel der Hilfeplanung <strong>und</strong> den<br />
vorgegebenen Checklisten. Dabei wird<br />
überprüft, ob die Unterlagen im Qualitätsmanagementhandbuch<br />
mit den<br />
Forderungen des Qualitätsmanagementsystems<br />
der ISO überein stimmen. Danach<br />
beginnt die systematische <strong>und</strong> unabhängige<br />
Auditierung vor Ort: Ist das Qualitätsmanagement<br />
wirksam umgesetzt, werden<br />
die Vorgaben in der Praxis mit Leben<br />
gefüllt? Die auditierte Organisation erhält<br />
anschließend einen Auditbericht mit Hinweisen<br />
<strong>und</strong> Verbesserungsvorschlägen.<br />
Die internen KVJS-Audits sind kostenfrei<br />
<strong>und</strong> können auch als Entscheidungsgr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> eine geplante Zertifizierung<br />
genutzt werden.<br />
add<br />
Ansprechpartnerin:<br />
KVJS, Irmgard Fischer-Orthwein<br />
Lindenspürstr. 39<br />
70176 Stuttgart<br />
Telefon: 0711 6375-445<br />
Irmgard.Fischer-Orthwein@kvjs.de
Entspannung auf dem Arbeitsmarkt<br />
<strong>für</strong> schwerbehinderte Menschen<br />
Baden-Württemberg mit seiner starken<br />
Automobilbranche hatte unter der<br />
Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftskrise besonders<br />
zu leiden: 2008 stiegen die Anträge auf<br />
Zustimmung zur Kündigung schwerbehinderter<br />
Beschäftigter um 20,8 Prozent,<br />
2009 noch einmal um 35,2 Prozent auf<br />
zuletzt 4 518. Immerhin gelang es den<br />
Fachberaterinnen <strong>und</strong> Fachberatern<br />
des Integrationsamtes in 934 von 4.435<br />
abgeschlossenen Fällen den bedrohten<br />
Arbeitsplatz zu erhalten. Für <strong>2010</strong> macht<br />
sich nun eine deutliche Entspannung bemerkbar:<br />
bis zum 30. September wurden<br />
2.782 Neuanträge gestellt – ein Rückgang<br />
von knapp 20 Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahresstand.<br />
Wie aus der Leistungsbilanz 2009/10 des<br />
KVJS-Integrationsamtes weiter hervorgeht,<br />
schlägt mit einjähriger Verspätung<br />
die Krise jedoch auf das Ausgleichsabgabe-Aufkommen<br />
durch. Wurden 2009 noch<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
Nachdem die Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftskrise den Arbeitsmarkt auch <strong>für</strong> schwerbehinderte Menschen<br />
belastet hat, gingen die Neuanträge auf Zustimmung zur Kündigung schwerbehinderter<br />
Mitarbeiter bis zum 30. September <strong>2010</strong> wieder deutlich zurück.<br />
Dr. Birgit Fuchs neue Leiterin des MPD<br />
Dr. Birgit Fuchs ist vom Verbandsvorsitzenden,<br />
Landrat Karl Röckinger, die<br />
Leitung des Medizinisch-Pädagogischen<br />
Dienstes (MPD) des KVJS mit Wirkung<br />
vom 01. November <strong>2010</strong> übertragen<br />
worden. Damit ist sie die Nachfolgerin<br />
71 Millionen Euro <strong>für</strong> das Veranlagungsjahr<br />
2008 an das KVJS-Integrationsamt<br />
abgeführt, sind es bis zum Oktober <strong>2010</strong><br />
<strong>für</strong> 2009 infolge zahlreicher Entlassungen<br />
<strong>und</strong> Kurzarbeitern nur knapp 62 Millionen<br />
Euro. Bis Jahresende dürfte sich diese<br />
Summe nicht wesentlich erhöhen.<br />
883 schwerbehinderte Menschen fanden<br />
mit Hilfe der Integrationsfachdienste<br />
2009 eine neue Stelle auf dem allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt – davon 257 geistig<br />
behinderte Menschen. Zudem konnten<br />
24 seelisch behinderte Menschen aus der<br />
Werkstatt <strong>für</strong> behinderte Menschen auf<br />
den allgemeinen Arbeitsmarkt überwechseln.<br />
Durch die KVJS-Aktion 1000 wurden<br />
vom 01.01.2005 bis 31.12.2009 insgesamt<br />
1 273 Vermittlungen <strong>für</strong> geistig behinderte<br />
Menschen auf den allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt erreicht.<br />
mok<br />
von Prof. Dr. Gerhard Haas, der zum 30.<br />
Oktober <strong>2010</strong> in den Ruhestand getreten<br />
ist. Dr. Fuchs war bislang stellvertretende<br />
Leiterin des MPD. Sie hatte diese Position<br />
auch schon bis 2005 beim damaligen<br />
Landeswohlfahrtsverband inne.<br />
wgn<br />
11
12<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
Elternkompetenzen stärken:<br />
„STÄRKE“ startet durch<br />
Eltern Neugeborener bekommen über das Landesprogramm STÄRKE seit September 2008<br />
Bildungsgutscheine im Wert von 40 Euro <strong>für</strong> den Besuch von Elternbildungskursen. Familien<br />
in besonderen Lebenssituationen werden mit jeweils bis zu 500 Euro <strong>für</strong> spezielle Bildungsangebote<br />
<strong>und</strong> begleitende Hausbesuche unterstützt. Das noch bis 2013 laufende Programm mit<br />
einem Fördervolumen von jährlich vier Millionen Euro nimmt rasch Fahrt auf, wie eine vom<br />
KVJS jetzt vorgelegte Zwischenbilanz deutlich macht.<br />
Von Dezember 2008 bis November 2009<br />
wurden über 17.500 Familien erreicht <strong>und</strong><br />
insgesamt 14.624 Gutscheine eingelöst.<br />
Wie der Bericht aufzeigt, ist die Palette der<br />
Angebote umfangreich <strong>und</strong> variabel: von<br />
Gr<strong>und</strong>kursen zur Kindesentwicklung über<br />
Themenkurse <strong>für</strong> Väter in Elternzeit, zur<br />
Kinderpflege, Ernährung <strong>und</strong> Bewegung<br />
bis hin zu Kursen, die sich auch auf Geschwisterkinder<br />
erstrecken können. R<strong>und</strong><br />
3500 Familien konnten mit 500 Kursen<br />
in besonderen Lebenslagen unterstützt<br />
werden. Sie waren überwiegend auf<br />
Alleinerziehende, Eltern mit Migrationshintergr<strong>und</strong>,<br />
von Krankheit oder Behinderung<br />
betroffene Familien sowie Eltern<br />
in prekären finanziellen Verhältnissen<br />
ausgerichtet. 291 Familien wurden durch<br />
Hausbesuche zusätzlich begleitet.<br />
Vertragspartner von STÄRKE sind die<br />
Kommunalen Landesverbände, der KVJS,<br />
die Evangelischen Landeskirchen, die<br />
Katholischen (Erz-)Diözesen, die Verbände<br />
der freien Träger von Familien- <strong>und</strong> Elternbildung<br />
<strong>und</strong> die Liga der freien Wohlfahrtspflege.<br />
Der KVJS berät die örtlichen<br />
<strong>Jugend</strong>ämter <strong>und</strong> Bildungsträger, koordiniert<br />
die Programmdurchführung <strong>und</strong><br />
übernimmt die Weitergabe, Verteilung<br />
<strong>und</strong> Abrechnung der Projektgelder. Der<br />
Nachweis- <strong>und</strong> Berichtszeitraum endet<br />
<strong>für</strong> die Bildungsträger jeweils zum 30.<br />
November. Die örtlichen <strong>Jugend</strong>ämter erstatten<br />
die Kosten <strong>und</strong> rechnen ihrerseits<br />
bis zum 1. März mit dem KVJS ab. Beim<br />
KVJS werden die Verwendungsnachweise<br />
zusammengefasst. So wird deutlich, welche<br />
Angebote besonders gut ankommen<br />
<strong>und</strong> wo das Programm möglicherweise<br />
nachgebessert werden muss.<br />
Regelmäßige Regionaltreffen<br />
Eine wichtige Quelle <strong>für</strong> Weiterentwicklungen<br />
sind auch die regelmäßigen<br />
Regionaltreffen zum fachlichen Erfahrungsaustausch,<br />
die der KVJS zwölfmal<br />
im Jahr durchführt. Ein dickes Lob bekam<br />
der <strong>Kommunalverband</strong> da<strong>für</strong> vom Land<br />
zugesprochen: Hier <strong>und</strong> auch bei der<br />
Beratung der <strong>Jugend</strong>ämter habe der KVJS<br />
gute Arbeit geleistet.<br />
Um die Umsetzung des Programms weiter<br />
voranzutreiben, dürfen die <strong>Jugend</strong>ämter<br />
künftig drei Prozent der zur Verfügung<br />
stehenden STÄRKE-Mittel <strong>für</strong> Werbezwecke<br />
einsetzen. Die Freigabe dieser Gelder<br />
ist allerdings an die Bedingung geknüpft,<br />
wie der KVJS-Bericht hervorhebt, dass<br />
im <strong>Jugend</strong>amtsbezirk eine ansprechende<br />
<strong>und</strong> stets aktuelle Angebotsliste der<br />
örtlichen Kursangebote vorhanden ist,<br />
inklusive Beschreibung der Kursinhalte<br />
<strong>und</strong> entsprechende Werbung im Internet.<br />
Ebenso soll es möglich sein, Familien in<br />
nachgewiesen finanziell schwieriger Lage<br />
zu entlasten, indem ihnen die Veranstalter<br />
die Zuzahlung <strong>für</strong> Gutscheinkurse
erlassen <strong>und</strong> stattdessen auf den STÄRKE-<br />
Topf zurückzugreifen. Damit können<br />
auch Eltern mit geringem Einkommen an<br />
Verbandsdirektor Klinger Honorarprofessor<br />
2008 zeichnete ihn das baden-württembergische<br />
Wissenschaftsministerium mit<br />
der Ehrensenatorenwürde der Dualen<br />
Hochschule Baden-Württemberg aus,<br />
jetzt ist Verbandsdirektor Roland Klinger<br />
die Bezeichnung Honorarprofessor von<br />
der Hochschule <strong>für</strong> öffentliche Verwaltung<br />
<strong>und</strong> Finanzen Ludwigsburg verliehen<br />
worden.<br />
Rektor Walter Maier machte dabei in einer<br />
Akademischen Feier am 19. Oktober <strong>2010</strong><br />
deutlich, es handle sich um eine Ehrung<br />
mit „Seltenheitswert“ – bislang habe die<br />
Hochschule lediglich 16 Persönlichkeiten<br />
ausgezeichnet. Der Geehrte sei seit<br />
langem – nämlich seit 1981 – sehr erfolgreich<br />
<strong>und</strong> mit großem Engagement als<br />
Literaturhinweis<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
beliebten Kursen wie etwa dem Prager<br />
Eltern-Kind-Programm (PeKip) oder der<br />
Babymassage teilhaben.<br />
add<br />
Lehrbeauftragter <strong>für</strong> Sozialrecht an der<br />
Hochschule <strong>für</strong> öffentliche Verwaltung<br />
<strong>und</strong> Finanzen tätig. Besonders hervorzuheben<br />
sei der unmittelbare Bezug seiner<br />
Vorlesungen zur Praxis. Hinzu kämen wesentliche<br />
Beiträge von Verbandsdirektor<br />
Klinger zur Studienreform.<br />
Laudator Prof. Dr. Christian O. Steeger,<br />
Hauptgeschäftführer a. D. des Gemeindetags<br />
Baden-Württemberg, wies auf<br />
die Bedeutung der zahlreichen wissenschaftlichen<br />
Veröffentlichungen, Fachartikel<br />
<strong>und</strong> Kommentierungen von Roland<br />
Klinger hin. Besonderes Merkmal dieser<br />
Arbeiten sei, dass der Verfasser damit<br />
„politisch heiße Themen wissenschaftlich<br />
durchdrungen“ habe.<br />
wgn<br />
KVJS-Schlaglicht: „Kommunen benötigen ein B<strong>und</strong>esteilhabegeld <strong>für</strong> Menschen<br />
mit Behinderungen“, Ausgabe 5, Dezember <strong>2010</strong>.<br />
Senator e. h. Prof. Roland Klinger befasste sich in seinem Festvortrag zur Verleihung<br />
der Honorarprofessur eingehend mit einer alarmierenden Entwicklung: Die Sozialhilfe<br />
entwickelt sich zunehmend zur Reparaturwerkstatt <strong>für</strong> unterlassene oder unzureichende<br />
Strukturen <strong>und</strong> Leistungen im vorrangigen Leistungssystem. Im neuen<br />
KVJS-Schlaglicht nimmt der KVJS-Verbandsdirektor in einem Interview Stellung <strong>und</strong><br />
bietet Literaturhinweise zum Weiterlesen.<br />
Kostenlos zu beziehen beim KVJS<br />
Heide Schaible<br />
Telefon: 0711 6375-208<br />
Heide.Schaible@kvjs.de<br />
im Internet als pdf-Datei unter<br />
www.kvjs.de/publikationen/schlaglicht.html<br />
13
14<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
KVJS-Service: „Werkzeugkoffer“<br />
zur Wirkungsorientierung<br />
Wissen was wirkt – ein zentrales Anliegen in der <strong>Jugend</strong>- <strong>und</strong> Behindertenhilfe. Zur Unterstützung<br />
der wirkungsorientierten Praxis der Sozialen Arbeit hat der KVJS einen „Werkzeugkoffer“<br />
entwickelt, der jetzt im Internet geöffnet werden kann.<br />
Bei der Ausgestaltung der Sozialen Arbeit<br />
hat die angestrebte Wirkung schon immer<br />
eine Bedeutung gehabt. Doch wer sich<br />
bisher einen raschen Überblick über diese<br />
Thematik verschaffen wollte oder gezielt<br />
nach hilfreicher Lektüre suchte, verfing<br />
sich oft im Dickicht unstrukturierter<br />
Beiträge <strong>und</strong> kämpfte sich mühsam durch<br />
einen Dschungel an Praxisbeispielen.<br />
Mit dem KVJS- Werkzeugkoffer stehen<br />
hingegen gebündelte Informationen<br />
jederzeit griffbereit zur Verfügung. Er ist<br />
gut gefüllt <strong>und</strong> enthält sowohl Handreichungen<br />
<strong>und</strong> Checklisten, die der KVJS<br />
selbst konzipiert hat als auch ausgewählte<br />
Beispiele <strong>und</strong> Materialien aus der Praxis<br />
der sozialen Arbeit. „Sie sind als Anregung<br />
gedacht <strong>und</strong> können an die spezifischen<br />
Zielsetzungen <strong>und</strong> Rahmenbedingungen<br />
eines Stadt- oder Landkreises angepasst<br />
werden“, macht KVJS-Expertin Irmgard<br />
Fischer-Orthwein deutlich.<br />
Anregungen aus der Praxis<br />
Suchen Fachkräfte der <strong>Jugend</strong>hilfe etwa<br />
nach Möglichkeiten, ihre Hilfeplanung<br />
effizienter zu gestalten, lohnt es, sich über<br />
den „Stuttgarter Weg“, zu informieren<br />
oder die Beiträge zur wirkungsorientierten<br />
Qualifizierung der Hilfen zur Erziehung<br />
im Landkreis Böblingen zu lesen.<br />
Von 2008 bis 2012 fördert der KVJS innovative<br />
Projekte zur Weiterentwicklung der<br />
Behindertenhilfe. Eine Dokumentation<br />
über alle 12 erprobten Leistungsbausteine<br />
erfolgt in Kürze. Derzeit konzipieren<br />
die Stadt- <strong>und</strong> Landkreise weitere Bausteine<br />
<strong>für</strong> den „2. Bauabschnitt“.<br />
Zudem unterstützt der <strong>Kommunalverband</strong><br />
die Kreise unter anderem durch<br />
die Bereitstellung eines EDV-gestützten<br />
Erhebungsrasters zum Kostenvergleich<br />
bei einem Wechsel von stationären zu<br />
ambulanten Wohnformen.<br />
Bei der Integration in den Arbeitsmarkt<br />
stellt der KVJS thematisch anknüpfend<br />
zum Beispiel handliche Checklisten <strong>für</strong> die<br />
Durchführung von wirkungsorientierten<br />
Netzwerkkonferenzen vor. In regionalen<br />
Netzwerkkonferenzen sind alle Beteiligten<br />
vertreten, die bei der Förderung des<br />
Übergangs schwerbehinderter Menschen<br />
zum allgemeinen Arbeitsmarkt zusammenarbeiten.<br />
Seit Oktober 2009 gibt der KVJS schließlich<br />
eine neue Publikation <strong>für</strong> Fachleute<br />
heraus: Die Information „KVJS Wirkungsorientierung“<br />
erscheint zwei bis drei Mal<br />
im Jahr <strong>und</strong> vermittelt aktuelle Erfahrungen<br />
aus der Praxis, neue Fachliteratur<br />
<strong>und</strong> Veranstaltungen. Die Ausgaben 1/09<br />
sowie 2/10 <strong>und</strong> 3/10 sind im Werkzeugkoffer<br />
abgelegt.<br />
add
Der KVJS-Werkzeugkoffer wird regelmäßig aktualisiert. Beispiele <strong>und</strong> Erfahrungen<br />
aus Ihrer Praxis sind willkommen!<br />
Ansprechpartnerin:<br />
KVJS, Irmgard Fischer-Orthwein<br />
Leiterin der Arbeitsgruppe „Wirkungsorientierung“<br />
Lindenspürstr. 39<br />
70176 Stuttgart<br />
Telefon: 0711 6375-445<br />
Irmgard.Fischer-Orthwein@kvjs.de<br />
Download im Internet:<br />
www.kvjs.de/1668.0.html<br />
Integrationsfachdienst Heilbronn-Franken ist<br />
„Integrationsfachdienst des Jahres“<br />
Die Auszeichnung des KVJS als „Integra-<br />
tionsfachdienst des Jahres“ ging in diesem<br />
Jahr an den IFD Heilbronn-Franken.<br />
Seine Integrationsfachberaterinnen<br />
<strong>und</strong> –berater vermitteln <strong>und</strong> begleiten<br />
Arbeitskräfte, die trotz Behinderung<br />
leistungsfähig sind. Die Integrationsfachdienste<br />
haben im Jahr 2009 landesweit<br />
883 schwerbehinderte Menschen in<br />
Arbeits- <strong>und</strong> Ausbildungsverhältnisse des<br />
allgemeinen Arbeitsmarktes vermittelt,<br />
darunter 257 Menschen mit geistiger Behinderung.<br />
„Dabei erzielt im Landesdurchschnitt<br />
ein Integrationsfachberater r<strong>und</strong><br />
11 Vermittlungen, der ausgezeichnete IFD<br />
schaffte dagegen r<strong>und</strong> 16 Vermittlungen“,<br />
machte KVJS-Verbandsdirektor Roland<br />
Klinger deutlich.<br />
Besonders würdigte Klinger den Einsatz<br />
des ausgezeichneten IFD beim „Projekt<br />
Integrationscoach“ im Main-Tauber-Kreis:<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
„Von 2001 bis 2009 wurden 32 Schülerinnen<br />
<strong>und</strong> Schüler aus Sonderschulen <strong>für</strong><br />
Geistigbehinderte <strong>und</strong> aus Förderschulen<br />
im Rahmen dieses Projekts betreut. Davon<br />
konnten 15 Teilnehmer einen Arbeitsvertrag<br />
unterschreiben – neun wurden sogar<br />
durch die Kammern – IHK oder Handwerkskammer<br />
– qualifiziert – ein Erfolg,<br />
der nicht zuletzt durch die tatkräftige Unterstützung<br />
des Main-Tauber-Kreises <strong>und</strong><br />
der Agentur <strong>für</strong> Arbeit ermöglicht wurde.<br />
Der Integrationsfachdienst Heilbronn-<br />
Franken betreut die Landkreise Hohenlohe,<br />
Schwäbisch Hall, Main-Tauber sowie<br />
Stadt- <strong>und</strong> Landkreis Heilbronn. Seine<br />
Standorte befinden sich in Künzelsau,<br />
Heilbronn, Tauberbischofsheim <strong>und</strong><br />
Schwäbisch Hall. Träger des Integrationsfachdienstes<br />
ist der Weinsberger Hilfsverein.<br />
mok<br />
15
16<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
Neue Förderrichtlinien <strong>für</strong> Integrationsprojekte<br />
Zum 1. Januar 2011 treten neue Richtlinien des KVJS-Integrationsamtes zur Förderung von Integrationsprojekten<br />
in Kraft. Das Integrationsamt des KVJS reagiert damit auf die Entwicklungen<br />
in der Landschaft der baden-württembergischen Integrationsprojekte.<br />
Integrationsprojekte (IP) sind Integrationsunternehmen<br />
oder unselbstständige<br />
Integrationsabteilungen innerhalb von<br />
Unternehmen, die zwischen 25 <strong>und</strong> 50<br />
Prozent schwerbehinderter Menschen<br />
beschäftigen. Sie zählen zu den Unternehmen<br />
des allgemeinen Arbeitsmarktes,<br />
haben aber durch ihren hohen Anteil<br />
schwerbehinderter Mitarbeiter auch eine<br />
soziale Ausrichtung. So sollen sie vor<br />
allem auch besonders betroffene, zum<br />
Beispiel geistig behinderte Menschen<br />
beschäftigen.<br />
Modernisierung im Fokus<br />
„Die Integrationsprojekte haben sich weiterentwickelt“,<br />
erklärt Bernhard Pflaum,<br />
zuständiger Referatsleiter beim KVJS-Integrationsamt.<br />
Seit im Jahr 2001 die Integrationsprojekte<br />
neu in Sozialgesetzbuch<br />
IX – Rehabilitation <strong>und</strong> Teilhabe behinderter<br />
Menschen – aufgenommen wurden,<br />
ging es vor allen darum, den Aufbau von<br />
Integrationsprojekten zu unterstützen<br />
<strong>und</strong> zu begleiten. Mittlerweile sind die<br />
Rahmenbedingungen andere: „Die IP<br />
sind älter geworden. Früher ging es um<br />
Aufbau, nun geht es um Modernisierung“,<br />
so Pflaum.<br />
Eine Anpassung an die Entwicklung der<br />
Integrationsprojekte in den letzten Jahren<br />
ist etwa, dass die IP nach den neuen Förderrichtlinien<br />
in bestimmtem Umfang die<br />
Überlassung von Arbeitnehmern eines<br />
IP an ein Unternehmen gestattet. Zudem<br />
wurde der von den Integrationsunternehmen<br />
aufzubringende Eigenfinanzierungsanteil<br />
neu festgelegt, der sich nach dem<br />
prozentualen Anteil der schwerbehinderten<br />
Beschäftigten richtet.<br />
Derzeit gibt es in Baden-Württemberg 62<br />
Integrationsprojekte mit 1 767 Beschäftigten,<br />
davon 935 mit Behinderungen.<br />
Neuschaffungen fördert das Integrationsamt,<br />
wenn es nachweislich Bedarf <strong>für</strong><br />
diese Beschäftigungsform vor Ort gib.<br />
Oberstes Ziel bleibt die Integration in den<br />
allgemeinen Arbeitsmarkt außerhalb von<br />
Integrationsprojekten.<br />
mok<br />
Die neuen Förderrichtlinien stehen<br />
ab 1. Januar 2011 unter www.kvjs.<br />
de/50.0.html zur Verfügung.
Kinderbetreuungsangebote sind <strong>für</strong><br />
Unternehmen ein Standortfaktor<br />
„Früher war es ein Alleinstellungsmerkmal,<br />
wenn ein Arbeitgeber ein Angebot<br />
zur Betreuung von Kindern vorhielt“, sagt<br />
Manfred Schwarz. Künftig werde es als<br />
Manko wahrgenommen werden, wenn<br />
der Brötchengeber <strong>für</strong> die Kinder seiner<br />
Beschäftigten keine Betreuung anbiete.<br />
„Kliniken“, weiß Manfred Schwarz, „haben<br />
heute schon einen Wettbewerbsnachteil,<br />
wenn sie keine Kindertagesstätte haben.“<br />
Die Arbeitswelt werde nicht nur durch<br />
den Kampf der Unternehmen um die<br />
raren Fachkräfte familienfre<strong>und</strong>licher, erläutert<br />
Schwarz. Auch geänderte Förder-<br />
Regelungen <strong>für</strong> Kita-Plätze erleichterten<br />
Städten <strong>und</strong> Gemeinden die Förderung<br />
betrieblich unterstützter Kinderbetreuung.<br />
Zuschüsse anders geregelt<br />
Früher bezahlte das Land den Kommunen<br />
einen Zuschuss <strong>für</strong> jedes Kind am Wohnort<br />
der Eltern. In der Folge ging jener<br />
Nachwuchs leer aus, der am Arbeitsort<br />
der Eltern betreut wurde. Heute bezuschusst<br />
das Land Kommunen <strong>für</strong> jedes<br />
Kind, das auf ihrem Gebiet in den Kindergarten<br />
oder in den Hort geht. „Seither<br />
sind die Kommunen offener“, hat Manfred<br />
Schwarz erfahren.<br />
Ein weiterer Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> eine zunehmend<br />
familienfre<strong>und</strong>liche Personalpolitik der<br />
Arbeitgeber: Die Investition bringt nicht<br />
nur Vorteile im Wettbewerb um die ge-<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
Früher behandelten Politik <strong>und</strong> Arbeitgeber das Thema Kinderbetreuung schon mal als<br />
„Gedöns“. Diese Einschätzung hat sich gründlich geändert. „In Zeiten des Fachkräftemangels<br />
ist es vor Ort angekommen, dass die betrieblich unterstützte Kinderbetreuung ein wichtiger<br />
Standortfaktor ist“, weiß Manfred Schwarz. Er ist Leiter der KVJS-Service-Stelle „Betrieblich<br />
unterstützte Kinderbetreuung“.<br />
suchten Fachkräfte, sondern rechnet sich<br />
auch. Die Motivation der Beschäftigten<br />
steigt, wenn sie ihre Kinder gut versorgt<br />
wissen. Und die vorteilhaften Arbeitsbedingungen<br />
binden Beschäftigte langfristig<br />
an ein Unternehmen.<br />
Personaler im Bilde<br />
Auch Informationsinitiativen von Land,<br />
Kommunen oder dem KVJS bringt die<br />
betrieblich unterstützte Kinderbetreuung<br />
voran. Der KVJS zum Beispiel berät<br />
Arbeitgeber in Einzelgesprächen. Und der<br />
Verband gibt mit dem baden-württembergischen<br />
Wirtschaftsministerium den<br />
Leitfaden <strong>für</strong> Unternehmen „Betrieblich<br />
unterstützte Kinderbetreuung“ heraus. In<br />
die regelmäßig publizierten Neuauflagen<br />
gehen die aktuellsten Gesetze <strong>und</strong> neuesten<br />
Erfahrungen aus der Beratung ein.<br />
Die Folge: Immer öfter unterhält sich der<br />
KVJS-Experte Schwarz mit Personalern,<br />
die über die Gr<strong>und</strong>lagen der betrieblichen<br />
Kinderbetreuung im Bilde sind.<br />
Arbeitgeber suchen beim KVJS inzwischen<br />
zunehmend Rat in spezialisierten<br />
Detailfragen. Die Firmen schätzen die<br />
neutralen Informationen der vom umkämpften<br />
Betreuungsmarkt unabhängigen<br />
Behörde. Vom KVJS fit gemacht<br />
sehen sich die Betriebe vom KVJS in den<br />
Stand versetzt, ihre Pläne eigenständig<br />
zu realisieren. Dabei beobachtet Schwarz<br />
den Trend, dass heute Behörden <strong>und</strong><br />
Unternehmen nicht mehr selbst die Trä-<br />
17
18<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
gerschaft <strong>für</strong> einen Kindergarten oder Kita<br />
übernehmen. Sie suchen einen externen<br />
Dienstleister, zum Beispiel einen erfahrenen<br />
Wohlfahrtsverband oder einen privatgewerblichen<br />
Träger.<br />
Seit die KVJS-Servicestelle <strong>für</strong> betrieblich<br />
unterstützte Kinderbetreuung ihre Türen<br />
öffnete, haben sich fast 100 Firmen, Einrichtungsträger,<br />
Kommunen <strong>und</strong> Landkreise<br />
schriftlich <strong>und</strong> mündlich beraten<br />
lassen. „Die Bandbreite reicht von einem<br />
Gespräch bis hin zu sieben oder acht Kontakten“,<br />
sagt Manfred Schwarz. Interesse<br />
zeigten etwa Kliniken, Versicherungen,<br />
Justizvollzugsanstalten, Hochschulen, die<br />
Industrie oder Behörden. Zwar klingelten<br />
in der Wirtschaftskrise seltener die Telefone<br />
bei der KVJS-Servicestelle. Inzwischen<br />
suchen Unternehmen aber wieder deutlich<br />
öfter Rat.<br />
F<strong>und</strong>ierte Beratung<br />
Der KVJS berät beim Einrichten eigener<br />
Betriebskindertagesstätten sowie zum<br />
gesamten Spektrum der betrieblich unterstützten<br />
Kinderbetreuung. So können<br />
Unternehmen den Beschäftigten Zuschüsse<br />
<strong>für</strong> eine Kinderbetreuung gewähren.<br />
Betriebe können Tagesmütter <strong>und</strong><br />
Tagesväter finanzieren. Oder sie können<br />
<strong>für</strong> ihre Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeiter<br />
Belegplätze in bestehenden Kindertageseinrichtungen<br />
buchen. Beim KVJS erhal-<br />
ten Interessierte auf Wunsch alle rechtlichen<br />
<strong>und</strong> fachlichen Informationen. Und<br />
der KVJS berät zur öffentlichen Förderung<br />
sowie zu allen Realisierungsschritten.<br />
Darüber hinaus hält der KVJS sieben kostenpflichtige<br />
Beratungsbausteine bereit.<br />
Gerne gebucht wird etwa der Baustein<br />
„Bedarfsanalyse“. Dabei ermittelt der KVJS<br />
den Betreuungsbedarf nach den Vorstellungen<br />
des Unternehmens. Der Verband<br />
berücksichtigt bei der Planung vorhandene<br />
Angebote am Ort <strong>und</strong> führt Gespräche<br />
mit der Kommune. Auch der Beratungsbaustein<br />
zum Betreuungskonzept wird<br />
von den Firmen gern bestellt.<br />
Neben der Einzelberatung informiert der<br />
KVJS auf Tagungen <strong>und</strong> Veranstaltungen,<br />
per Internet sowie mit Info-Material über<br />
das Thema.<br />
syr<br />
Ansprechpartner:<br />
KVJS-Servicestelle betrieblich unterstützte<br />
Kinderbetreuung<br />
Manfred Schwarz<br />
Telefon 0711 6375-423<br />
Manfred.Schwarz@kvjs.de<br />
Informationen <strong>und</strong> Tipps zum Weiterlesen:<br />
www.kvjs.de/betriebliche-<br />
kinderbetreuung.html
Demografie: Das „kritische Jahrzehnt“ der<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe hat begonnen<br />
Kann man sich künftig Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe<br />
überhaupt noch leisten, wenn es<br />
gleichzeitig immer mehr Alte mit Mini-Renten<br />
<strong>und</strong> pflegebedürftige Hochbetagte gibt,<br />
die der Sozialstaat unterstützen muss?<br />
Man muss sie sich künftig sogar mehr<br />
leisten als bisher. Die Analysen in unserem<br />
gerade veröffentlichten Bericht zur Kinder-<br />
<strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im demografischen<br />
Wandel zeigen, dass unter Berücksichtigung<br />
volkswirtschaftlicher <strong>und</strong> sozialpolitischer<br />
Aspekte das eben begonnene<br />
Jahrzehnt das „kritische Jahrzehnt“ der<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe wird. Bis zum<br />
Jahr 2020 haben wir noch die einmalige<br />
Chance, durch eine gezielte Förderung<br />
von jungen Menschen <strong>und</strong> Familien entscheidende<br />
Beiträge zur Zukunftssicherung<br />
des Landes zu leisten. Was wir hier in<br />
diesem Jahrzehnt unterlassen, lässt sich<br />
in den Folgejahrzehnten nicht wieder gut<br />
machen.<br />
Brauchen wir noch den Ausbau von Angeboten<br />
<strong>für</strong> unter 3-Jährige, wenn es künftig<br />
immer weniger von ihnen gibt?<br />
Zunächst muss man wissen, dass die Altersgruppe<br />
der unter 3-Jährigen, wie auch<br />
die der unter 6-Jährigen insgesamt, ihre<br />
wesentlichen demografischen Rückgänge<br />
bereits hinter sich hat. Zudem ist klar, dass<br />
die Rechtslage einen weiteren Ausbau der<br />
Angebote <strong>für</strong> die unter 3-Jährigen gebietet.<br />
Genau das ist aber auch aus dem<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
Die Bevölkerungszahl Baden-Württembergs wird sich voraussichtlich um r<strong>und</strong> 15 Prozent von<br />
10,75 Millionen Menschen 2008 auf 9,11 im Jahr 2060 reduzieren. Das entspricht etwa dem<br />
Stand von 1970 – nur mit deutlich weniger Jungen <strong>und</strong> deutlich mehr Alten als damals. Wie<br />
wirkt sich dieser demografische Wandel künftig auf die Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe aus? Monika<br />
Kleusch befragte dazu Dr. Ulrich Bürger vom Landesjugendamt des KVJS.<br />
Blickwinkel des demografischen Wandels<br />
richtig <strong>und</strong> notwendig, <strong>und</strong> zwar sowohl<br />
im Blick auf frühzeitige <strong>und</strong> umfassende<br />
Förderungsmöglichkeiten <strong>für</strong> die Kinder,<br />
die ja zu einem immer „knapperen Gut“<br />
<strong>für</strong> unsere Gesellschaft werden, als auch<br />
im Blick auf die dringend gebotenen<br />
Verbesserungen in der Vereinbarkeit von<br />
Familie, Erziehung <strong>und</strong> Beruf.<br />
Gilt diese Einschätzung nur <strong>für</strong> die Kindertagesbetreuung<br />
der unter 3-Jährigen?<br />
Nein, keineswegs. Es ist genauso wichtig,<br />
die Betreuungsmöglichkeiten <strong>für</strong> Kinder<br />
im Kindergartenalter weiter zu verbessern,<br />
wobei wir in Baden-Württemberg<br />
einen großen Nachholbedarf etwa im<br />
Bereich der Ganztagesplätze in Kindergärten<br />
haben.<br />
Was brauchen <strong>Jugend</strong>liche dringender:<br />
Ganztagesschulen oder Angebote der<br />
<strong>Jugend</strong>hilfe?<br />
Im Gr<strong>und</strong>e weist die Fragestellung in<br />
die falsche Richtung. Es ist heute unter<br />
Fachleuten unbestritten, dass die Bildung<br />
der nachwachsenden Generation weder<br />
vom System Schule noch von der Kinder-<br />
<strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe je allein gelingend<br />
gestaltet werden kann. Mehr denn je geht<br />
es angesichts der Herausforderungen<br />
im demografischen Wandel um eine von<br />
beiden Systemen gemeinsam getragene<br />
Bildungsverantwortung, die sich in<br />
19
20<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
entsprechenden Kooperationen niederschlagen<br />
muss. Das bedeutet allerdings<br />
nicht, dass beispielsweise die Angebote<br />
der Kinder- <strong>Jugend</strong>arbeit quasi im System<br />
Schule aufgehen sollten. Neben den<br />
notwendigen Kooperationen muss die<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe unbedingt auch<br />
ihren originären sozialpädagogischen<br />
Bildungsauftrag weiterhin gewährleisten,<br />
der jungen Menschen Orte eigenständiger<br />
<strong>und</strong> selbstbestimmter Erfahrungs-<br />
<strong>und</strong> Lernfelder sichert.<br />
Die Kinder aus einkommensschwachen,<br />
bildungsfernen Elternhäusern wie oft heute<br />
noch schulterzuckend ins schulische Abseits<br />
laufen zu lassen, wird sich die Gesellschaft<br />
angesichts des „knappen Gutes“ Nachwuchs<br />
nicht mehr lange leisten können. Welche<br />
Stellschrauben müsste die <strong>Jugend</strong>hilfe hier<br />
drehen?<br />
Zum einen ist es gerade <strong>für</strong> Kinder aus<br />
sozial benachteiligten Familien, aber auch<br />
<strong>für</strong> viele Kinder mit einem Migrationshintergr<strong>und</strong><br />
von entscheidender Bedeutung,<br />
dass Unterstützung <strong>und</strong> Förderung<br />
bereits frühzeitig ansetzt. Zum anderen<br />
ist es aber gleichermaßen wichtig, die<br />
weiteren Phasen des Aufwachsens durch<br />
zielgerichtete Angebote der Kinder- <strong>und</strong><br />
<strong>Jugend</strong>hilfe kontinuierlich mit zu begleiten.<br />
Es wäre deshalb falsch, die Kräfte der<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe nur auf die frühen<br />
Hilfen <strong>und</strong> die Kindertagesbetreuung<br />
zu konzentrieren. Erst in der Kontinuität<br />
der Unterstützung <strong>und</strong> Förderung liegt<br />
die zentrale Stellschraube, um benachteiligten<br />
jungen Menschen reelle Chancen<br />
auf soziale Teilhabe zu erschließen.<br />
Und nach der Schule? Lässt sich der Übergang<br />
auf den Arbeitsmarkt <strong>für</strong> Schüler von<br />
Förder- <strong>und</strong> Hauptschulen oder <strong>für</strong> schwache<br />
Realschüler künftig überhaupt noch<br />
ohne sozialpädagogische Unterstützung<br />
bewerkstelligen?<br />
Wenn es gelingt, die Förderung der jungen<br />
Menschen durch die Kinder- <strong>und</strong><br />
<strong>Jugend</strong>hilfe im eben beschriebenen Sinne<br />
zu gestalten, <strong>und</strong> wenn es darüber hinaus<br />
im schulischen Sektor gelingt, über einen<br />
Ausbau der geb<strong>und</strong>enen Ganztagesschulen<br />
die Bildungschancen gerade der<br />
bislang leistungsschwächeren Schüler<br />
strukturell zu verbessern, werden sich die<br />
von Ihnen genannten Übergangsprobleme<br />
mit Sicherheit reduzieren. Gleichwohl<br />
wird es ebenso sicher immer einen gewissen<br />
Anteil von jungen Menschen geben,<br />
die im Übergang von der Schule in den<br />
Beruf auf zielgerichtete Unterstützung<br />
durch die <strong>Jugend</strong>berufshilfe angewiesen<br />
sein werden.<br />
Die klassischen Vater-Mutter-Kind-Familien<br />
bestimmen längst nicht mehr allein das<br />
Bild. Patchwork-Familien <strong>und</strong> Familien mit<br />
nur einem Elternteil nehmen zu. Müssen sich<br />
die Angebotsformen der <strong>Jugend</strong>hilfe daran<br />
stärker orientieren?<br />
Ja, mit Sicherheit. Wir müssen zur Kenntnis<br />
nehmen, dass sich auch in Baden-<br />
Württemberg die Rahmenbedingungen<br />
des Aufwachsens in vielen Familien<br />
verändern. Zudem verlieren die traditionellen<br />
familiären Unterstützungssysteme<br />
in Gestalt von Großeltern, Onkel, Tanten<br />
<strong>und</strong> Geschwistern, auch infolge der heute<br />
als selbstverständlich erwarteten beruflichen<br />
Mobilität, tendenziell an Bedeutung.<br />
Insofern dürfte der im 12. Kinder- <strong>und</strong><br />
<strong>Jugend</strong>bericht der B<strong>und</strong>esregierung<br />
geprägte Begriff vom „Aufwachsen in<br />
öffentlicher Verantwortung“ im Sinne gut<br />
strukturierter Begleitung <strong>und</strong> Unterstützung<br />
von Eltern <strong>und</strong> jungen Menschen<br />
zukünftig noch bedeutsamer werden.<br />
Wird sich das Stadt-Land-Gefälle bei den<br />
Angeboten <strong>für</strong> Familien verstärken?
Wenn man die Entwicklung bei den Wanderungsbewegungen<br />
der letzten Jahre<br />
verfolgt, so lässt sich, anders als noch in<br />
den 1980er <strong>und</strong> 1990er Jahren, beobachten,<br />
dass es bei älteren Menschen,<br />
aber auch bei Familien mit Kindern eine<br />
gewisse Prioritätenverschiebungen hin<br />
zu den urbaneren, städtischen Lebensräumen<br />
gibt. Das hat unter anderem auch<br />
mit der sozialen Infrastruktur, also beispielsweise<br />
den Angeboten in der Kinder-<br />
Bericht zum demografischen Wandel<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
tagesbetreuung zu tun. Insofern sind also<br />
gerade auch die Gemeinwesen in den<br />
ländlicheren Regionen gut beraten, in diesen<br />
Strukturentwicklungen aufzuholen,<br />
um darüber, so gut es geht, gegenüber<br />
den verdichteteren städtischen Räumen<br />
nicht weiter zu verlieren. Angesichts der<br />
absehbaren Umbrüche im demografischen<br />
Wandel geht es hier letztlich <strong>für</strong><br />
jede Gemeinde <strong>und</strong> Stadt um zentrale<br />
Zukunftsfragen.<br />
Von Dr. Ulrich Bürger sind beim KVJS ein ausführlicher Bericht sowie eine Kurzbroschüre<br />
zum Thema erschienen:<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im demografischen Wandel. Herausforderungen <strong>und</strong><br />
Perspektiven der Förderung <strong>und</strong> Unterstützung von jungen Menschen <strong>und</strong> deren<br />
Familien in Baden-Württemberg – Berichterstattung <strong>2010</strong>.<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im demografischen Wandel. Zusammenfassung zentraler<br />
Ergebnisse der Berichterstattung <strong>2010</strong><br />
Kostenlos zu beziehen beim KVJS<br />
Diane Geiger<br />
Telefon 0711 6375-406<br />
Diane.Geiger@kvjs.de<br />
Im Internet als pdf-Datei unter www.kvjs.de/publikationen/jugendhilfe.html<br />
21
22<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
Innovationspreis Integration <strong>für</strong> CAP-Campingplatz<br />
Der KVJS zeichnete am 20. Oktober <strong>2010</strong><br />
die gemeinnützige Integrations-GmbH<br />
„CAP Chancen-Arbeit-Perspektiven“ in<br />
Friedrichshafen mit dem „Innovationspreis<br />
Integration“ <strong>für</strong> ihren barrierefreien<br />
Campingplatz aus. Die Auszeichnung ist<br />
seitens des Beauftragten der Landesregierung<br />
<strong>für</strong> die Belange behinderter Menschen,<br />
Staatssekretär Dieter Hillebrand<br />
MdL, mit einem Preisgeld in Höhe von<br />
3 000 Euro verb<strong>und</strong>en.<br />
Mit dem „Innovationspreis Integration“<br />
würdigt der KVJS besonders erfolgreiche<br />
Integrationskonzepte <strong>für</strong> den Übergang<br />
von besonders betroffenen schwerbehinderten<br />
Menschen auf den allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt. Die Träger von „CAP Chancen-Arbeit-Perspektiven“,<br />
die Körperbehindertenförderung<br />
Neckar-Alb e. V.<br />
<strong>und</strong> der Verein <strong>für</strong> sozialpädagogisches<br />
Segeln e. V. haben 2003 den mittlerweile<br />
mehrfach ausgezeichneten Campingplatz<br />
am Ufer des Bodensees eröffnet.<br />
Mehr als vierzig Prozent der Mitarbeiter<br />
der barrierefreien Ferienanlage mit Campingplatz,<br />
Pension <strong>und</strong> Restaurant sind<br />
schwerbehindert. Überwiegend sind es<br />
ehemalige Sonderschüler oder Beschäftigte<br />
einer Werkstatt <strong>für</strong> behinderte Menschen.<br />
Das KVJS-Integrationsamt fördert<br />
den CAP-Campingplatz mit Zuschüssen<br />
zu den Investitionskosten sowie Lohnkostenzuschüssen.<br />
Verbandsdirektor Senator e.h. Prof. Roland<br />
Klinger betonte in seinem Grußwort:<br />
„Das Angebot von Ausbildungsplätzen<br />
<strong>und</strong> Praktika, der wirtschaftliche Erfolg,<br />
die vorbildliche Zusammenarbeit mit<br />
dem Integrationsfachdienst Bodensee-<br />
Oberschwaben – den wir im vergangenen<br />
Jahr als IFD des Jahres auszeichnen<br />
durften – <strong>und</strong> unserem Integrationsamt<br />
verschmelzen zu einer beeindruckenden<br />
Gesamtperformance.“<br />
mok
Publikationen – beim KVJS erschienen<br />
Schwerbehinderung <strong>und</strong> Arbeit<br />
Zeitschrift behinderte Menschen im<br />
Beruf, Ausgabe Baden-Württemberg,<br />
4/<strong>2010</strong><br />
Das Heft bietet Einblicke in die Arbeit des<br />
Integrationsamtes.<br />
Kostenlos zu beziehen beim KVJS<br />
Gisela Lüttges<br />
Telefon 0721 8107-983<br />
Gisela.Luettges@kvjs.de<br />
im Internet als pdf-Datei unter<br />
www.kvjs.de/publikationen/<br />
behinderung-<strong>und</strong>-arbeit.html<br />
Behinderung <strong>und</strong> Pflege<br />
KVJS-Schlaglicht: „Kommunen benötigen<br />
ein B<strong>und</strong>esteilhabegeld <strong>für</strong> Menschen<br />
mit Behinderungen“, Ausgabe 5,<br />
Dezember <strong>2010</strong>.<br />
Ein Interview mit KVJS-Verbandsdirektor<br />
Senator e. h. Prof. Roland Klinger zur hohen<br />
Belastung der kommunalen Kassen<br />
bei der Sozial- <strong>und</strong> Eingliederungshilfe <strong>für</strong><br />
alte <strong>und</strong> behinderte Menschen. Zudem<br />
hält die vierseitige Broschüre Literaturhinweise<br />
bereit.<br />
KVJS-Schlaglicht: Vergütungen <strong>und</strong><br />
Entgelte. Jedes Jahr wird beim Pflegesatz<br />
um vier Milliarden Euro verhandelt,<br />
Ausgabe 4, Dezember <strong>2010</strong>.<br />
Die Broschüre berichtet über die Aushandlung<br />
von Pflegesätzen – ein Dienstleistungsangebot<br />
des KVJS an die Stadt-<br />
<strong>und</strong> Landkreise.<br />
<strong>KVJSaktuell</strong> 4/<strong>2010</strong><br />
Kostenlos zu beziehen beim KVJS<br />
Heide Schaible<br />
Telefon 0711 6375-208<br />
Heide.Schaible@kvjs.de<br />
im Internet als pdf-Datei unter<br />
www.kvjs.de/publikationen/schlaglicht.<br />
html<br />
Betreuungsrecht<br />
Erscheinungsdatum: Ende Dezember.<br />
KVJS BtR-Info Betreuungsrecht Heft 4,<br />
<strong>2010</strong>.<br />
Neues aus Praxis <strong>und</strong> Rechtsprechung,<br />
Literaturtipps, Veranstaltungen, Seminare.<br />
Kostenlos zu beziehen beim KVJS<br />
Carola Dannecker<br />
Telefon 0711 6375-325<br />
Carola.Dannecker@kvjs.de<br />
Im Internet als pdf-Datei unter<br />
www.kvjs.de/publikationen/btr-info.<br />
html<br />
<strong>Jugend</strong>hilfe<br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im demographischen<br />
Wandel.<br />
Herausforderungen <strong>und</strong> Perspektiven der<br />
Förderung <strong>und</strong> Unterstützung von jungen<br />
Menschen <strong>und</strong> deren Familien in Baden-<br />
Württemberg – Berichterstattung <strong>2010</strong>.<br />
November <strong>2010</strong><br />
23
24<br />
4/<strong>2010</strong><br />
<strong>KVJSaktuell</strong><br />
Kinder- <strong>und</strong> <strong>Jugend</strong>hilfe im demographischen<br />
Wandel.<br />
Zusammenfassung zentraler Ergebnisse<br />
der Berichterstattung. November <strong>2010</strong>.<br />
Kostenlos zu beziehen beim KVJS<br />
Diane Geiger<br />
Telefon 0711 6375-406<br />
Diane.Geiger@kvjs.de<br />
Im Internet als pdf-Datei unter<br />
www.kvjs.de/publikationen/<br />
jugendhilfe.html<br />
Fachübergreifende<br />
Publikationen<br />
KVJS-info Wirkungsorientierung, Heft<br />
3, November <strong>2010</strong>.<br />
Beiträge zur Fachdiskussion <strong>für</strong> Fachleute<br />
aus der <strong>Jugend</strong>- <strong>und</strong> Sozialhilfe.<br />
Kostenlos zu beziehen beim KVJS<br />
Irmgard Fischer-Orthwein<br />
Telefon 0711 6375-445<br />
Irmgard.Fischer-Orthwein@kvjs.de