Marken- und Produktpositionierung - TU Berlin
Marken- und Produktpositionierung - TU Berlin
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Volker Trommsdorff, Umut Asan, Justin Becker<br />
<strong>Marken</strong>- <strong>und</strong> <strong>Produktpositionierung</strong><br />
0. Problemstellung<br />
1. Gr<strong>und</strong>lagen<br />
1.1. Gr<strong>und</strong>begriffe der Positionierung: Qualität, Einstellung, Präferenz <strong>und</strong> Image<br />
1.2. Positionierungsanalyse<br />
1.3. Positionierungsstrategie<br />
1.4. Positionierung <strong>und</strong> Segmentierung<br />
1.5. Consideration Sets<br />
2. Methodische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
2.1. Datenbasis<br />
2.1.1. Auswahl der relevanten <strong>Marken</strong><br />
2.1.2. Bestimmung der Dimensionen<br />
2.1.3. Messung der Imageausprägungen<br />
2.2. Modellarchitektur<br />
2.2.1. Distanzmodelle<br />
2.2.2. Präferenzmodelle<br />
2.2.3. Modelle mit zusätzlichen Annahmen über das <strong>Marken</strong>wahlverhalten<br />
2.3. Statistische Verfahren<br />
2.3.1. Positionierung mit der Faktorenanalyse<br />
2.3.2. Positionierung mit der Mehrdimensionalen Skalierung (MDS)<br />
2.3.3. Positionierung mit der Conjoint-Analyse<br />
2.3.4. Statistische Verfahrenssynopse<br />
3. Positionierungsmodelle<br />
3.1. PERCEPTOR<br />
3.2. PROPOSAS<br />
3.3. HORSKY <strong>und</strong> NELSON<br />
3.4. TRINODAL<br />
3.5. DEFENDER<br />
3.6. Wettbewerbsstrukturanalyse aus Imagedaten (WISA)<br />
3.7. Tabellarischer Vergleich der Positionierungsmodelle<br />
4. Literaturverzeichnis
0. Problemstellung<br />
Produktgestaltung heißt Kombination von Produkteigenschaften. Aus Sicht des Marketing kommt<br />
es dabei primär auf die von den Konsumenten wahrgenommenen – subjektiven –<br />
Produkteigenschaften an, erst sek<strong>und</strong>är auf die technisch-objektiven Eigenschaften. Mit<br />
zunehmender technischer Homogenisierung der meisten Produktmärkte wächst dabei die<br />
Bedeutung sozio-emotionaler <strong>Marken</strong>eigenschaften, weil man <strong>Marken</strong> kaum noch mit technischen<br />
Qualitätsmerkmalen profilieren kann. Das wirtschaftliche Ziel der Produktgestaltung ist bei<br />
gegebenem Marketingbudget ein maximaler wertmäßiger Marktanteil bzw. die künftige<br />
Entwicklung der Marke antizipierend <strong>und</strong> primär aus diesem Marktanteil entstehend, der<br />
<strong>Marken</strong>wert. Der Marktanteil setzt sich aus einer Mengen- <strong>und</strong> einer Preiskomponente zusammen.<br />
Die Mengenkomponente hängt von der Bevorzugung der Marke vor den Wettbewerbermarken ab.<br />
Die Preiskomponente ebenfalls, weil die Preisbereitschaft der Konsumenten eine Funktion der<br />
Präferenzstärke ist. Somit ist die entscheidende Steuerungsgröße für den wirtschaftlichen Erfolg<br />
einer Marke, letztlich für den <strong>Marken</strong>wert, die Bevorzugung vor den Wettbewerbermarken, die<br />
"Wettbewerbspositionierung".<br />
Das Wort "<strong>Produktpositionierung</strong>" hat zwei Bedeutungen:<br />
A) Die für das Produktmanagement notwendige Abbildung des im Wettbewerb verb<strong>und</strong>enen<br />
<strong>Marken</strong>systems, d.h. der bevorzugungsrelevanten subjektiven Eigenschaften der<br />
konkurrierenden <strong>Marken</strong>.<br />
B) Die Strategien <strong>und</strong> Maßnahmen des Produktmanagement, die zu gezielten Veränderungen<br />
dieses Systems führen. Informationsgr<strong>und</strong>lage dafür ist A).<br />
Die Vorstellung, auf der fast alle Positionierungsmodelle beruhen, ist ein mehrdimensionaler<br />
Eigenschaftsraum, in dem die <strong>Marken</strong> als Positionen grafisch abgebildet werden können. Die<br />
Wettbewerbsbeziehungen der <strong>Marken</strong> untereinander werden durch ihre Lage zueinander<br />
ausgedrückt, insbesondere die Wettbewerbsintensität zwischen zwei <strong>Marken</strong> durch ihre Distanz im<br />
gemeinsamen Raum. Diese einleuchtende, aber durchaus nicht zwingende, Denkbasis der<br />
<strong>Produktpositionierung</strong> geht auf das sozialwissenschaftliche Feldmodell von LEWIN zurück, das<br />
von dem Marktpsychologen SPIEGEL (1961) auf <strong>Marken</strong> übertragen wurde. Der vorliegende<br />
Aufsatz legt zunächst begriffliche, konzeptionelle <strong>und</strong> methodische Gr<strong>und</strong>lagen der<br />
<strong>Produktpositionierung</strong> <strong>und</strong> erörtert dann einige typische Modellansätze, um schließlich den<br />
Denkansatz des gemeinsamen Positionierungsansatzes mit seinen teilweise unrealistischen<br />
2
Annahmen durch einen eigenen Ansatz der komplexen Kausalstruktur von <strong>Marken</strong>positionen zu<br />
überwinden (WISA).<br />
1. Gr<strong>und</strong>lagen<br />
1.1. Gr<strong>und</strong>begriffe der Positionierung: Qualität, Einstellung, Präferenz <strong>und</strong> Image<br />
Da diese Begriffe im Zusammenhang der <strong>Produktpositionierung</strong> eine Rolle spielen, muss ihr<br />
Sprachgebrauch geregelt werden. Aus Marketingsicht ist Qualität subjektivistisch<br />
konsumentenorientiert zu definieren. Zu den Vorstellungen, die ein Konsument von der Marke hat,<br />
gehören unter anderem auch seine Qualitätsvorstellungen. Solange es jedoch noch nicht um die<br />
operationale Umsetzung von Produktpolitik geht, z.B. durch Verbesserung einer<br />
Qualitätseigenschaft oder durch eine Werbekampagne, sondern um die strategische Stufe davor, die<br />
Positionierung, solange kann auf den Qualitätsbegriff verzichtet werden.<br />
Eine Einstellung ist die wertende Prädisposition des Konsumenten gegenüber der Marke auf der<br />
Dimension "gut – schlecht". Sie erklärt sich aus der kommunikativen <strong>und</strong> Erfahrungsgeschichte des<br />
Konsumenten in Bezug auf die Marke, <strong>und</strong> sie ist an der Ausprägung von Präferenzen,<br />
Verhaltensabsichten <strong>und</strong> Kaufverhalten beteiligt. Eine Präferenz ist eine relative Einstellung, also<br />
ein Wert der Bevorzugung einer Marke vor einer anderen (TROMMSDORFF 2002, S. 150).<br />
Ein Image ist die mehrdimensionale Struktur hinter einer Einstellung. Es besteht aus mehr oder<br />
weniger wertenden Eindrücken von der Marke, die zu einem ganzheitlichen "Bild" verb<strong>und</strong>en sind.<br />
Imageeigenschaften sind somit subjektiv, durchaus nicht voll bewusst, aber mehr oder weniger<br />
bewusst zu machen, durchaus nicht nur sprachlich kodiert, sondern auch bildhaft, episodisch,<br />
metaphorisch. Images sind nicht nur kognitiv, sondern auch emotional, erlebnisbezogen, wertend.<br />
Sie haben Einfluss auf die Einstellung <strong>und</strong> damit auf Präferenzen <strong>und</strong> das Kaufverhalten<br />
(TROMMSDORFF 2002, S. 158).<br />
Für ein gültiges Positionierungsverfahren kommt es darauf an, den Eigenschaften von Images zu<br />
entsprechen <strong>und</strong> ihre Wirkung auf Einstellungen <strong>und</strong> Präferenzen zu erfassen. Für die Umsetzung<br />
einer Positionierungsstrategie kommt es darauf an, die Position durch Qualitäts- <strong>und</strong><br />
Kommunikationsmaßnahmen gezielt zu verändern. Da unter Positionierung sowohl analytische als<br />
auch strategische Aufgaben verstanden werden, folgen hier den begrifflichen die analytischen <strong>und</strong><br />
dann die strategischen Gr<strong>und</strong>lagen.<br />
3
1.2. Positionierungsanalyse<br />
Solange die Vorstellung von einer räumlichen Abbildung der <strong>Marken</strong>images akzeptiert wird, sollen<br />
die konkurrierenden <strong>Marken</strong> auf möglichst wenigen, aber auf allen wettbewerbsrelevanten,<br />
voneinander unabhängigen Imagedimensionen abgebildet werden. Bei weniger als vier<br />
Dimensionen kann diese Abbildung in einer einzigen Grafik repräsentiert werden.<br />
Eine solche räumliche Abbildung enthält diverse Prämissen (metrische Messbarkeit,<br />
Unabhängigkeit usw.), die mit den genannten Image-Eigenschaften (teilweise unbewusst, nicht nur<br />
sprachlich usw.) nicht voll im Einklang stehen. Soweit man von diesem Problem absehen kann,<br />
geben die <strong>Marken</strong>positionen die marketingstrategisch relevanten Eigenschaften an. Ihre Lage<br />
zueinander <strong>und</strong> ihre Distanzen informieren über die Wettbewerbsverhältnisse. Je näher die <strong>Marken</strong><br />
beieinander liegen, desto ähnlicher sind ihre Images, desto austauschbarer werden sie<br />
wahrgenommen.<br />
Abbildung 1: Beispiel für die räumliche Abbildung von <strong>Marken</strong>images<br />
Genuss<br />
Für den Fall der Aufgabe der Prämissen, die eine räumliche Positionierungsanalyse erlauben, steht<br />
als Alternative die kausalgrafische Form zur Verfügung, wie sie am Schluss dieses Beitrags im<br />
Rahmen des Modells WISA erläutert wird.<br />
1.3. Positionierungsstrategie<br />
4
Von der Positionierung als Abbildung eines Marktes ist die Positionierung im Sinne von<br />
Imagegestaltung zu unterscheiden. Anlass dazu kann die Planung einer neuen Marke sein oder die<br />
wettbewerbsstrategische Veränderung der bisherigen Position der Marke. Wenn eine solche<br />
Veränderung praktisch auf einen neuen Start hinausläuft, spricht die Praxis auch vom Relaunch der<br />
Marke.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzliche strategische Alternativen der Neu- oder Repositionierung einer Marke liefern die<br />
beiden Hauptziele der Imagepositionierung: (1) Möglichst nahe ins Zentrum der Idealvorstellungen<br />
der Konsumenten bzw. eines starken Marktsegments (Marktpotenzialziel), (2) möglichst weit weg<br />
von den Positionen der Wettbewerber (Differenzierungsziel). Das Differenzierungsziel kann (2a) im<br />
Rahmen des vorliegenden Imageraumes verfolgt werden, indem man die Marke auf einer oder<br />
mehreren wettbewerbsbedeutsamen Dimensionen "wegpositioniert", aber man kann (2b) die Marke<br />
auch auf einer ganz anderen Dimension profilieren <strong>und</strong> sich damit aus dem Imageraum<br />
"herauspositionieren".<br />
Nach PUNJ <strong>und</strong> MOON (2002, S. 275) sollte eine Positionierung in zwei Phasen ablaufen. In Phase<br />
eins, der Assoziationsphase, steht die Frage, wie die eigene Marke im Set der für die Zielgruppe<br />
subjektiv überhaupt in Betracht kommenden <strong>Marken</strong> (Consideration Set) etabliert werden kann.<br />
Dies kann dadurch geschehen, dass man die eigene mit der führenden Marke in der Kategorie<br />
vergleicht <strong>und</strong> sich mit ihr verbindet (assoziiert). Erst in der folgenden Phase, bei erfolgreicher<br />
Platzierung im Consideration Set, folgt die Differenzierung. Hierbei muss die eigene Marke von<br />
den zuvor verwendeten Hilfsmarken wieder getrennt werden, um ein einzigartiges Image im Set zu<br />
erhalten.<br />
In der Assoziationsphase kann man zwei Positionierungsoptionen unterscheiden, die auf der<br />
psychologischen Kategorisierungstheorie beruhen. Das Abstraktionsmodell (Option A) schlägt vor,<br />
die Alleinstellungsmerkmale der <strong>Marken</strong> im Consideration Set zu entnehmen <strong>und</strong> daraus ein<br />
abstrahiertes neues Produkt als Vergleichsprodukt zu bilden. Das kann unter Umständen auch die<br />
Position des idealen Produktes sein. Beim Exemplarmodell (Option E) wird die beste Marke aus<br />
dem Set als Referenzmarke direkt verwendet. PUNJ <strong>und</strong> MOON (2002, S. 278 ff.) leiten empirisch<br />
fünf Bedingungen ab, nach denen die Wahl einer der beiden Optionen zu treffen ist.<br />
1. Wenn ein Produktmarkt auf der Basis eines generischen Bedürfnisses definiert ist, dann ist<br />
die Abstraktionsoption (A) der Exemplaroption (E) vorzuziehen.<br />
2. Wenn ein starker Marktführer/Wettbewerber im Markt ist, dann kommt (E) vor (A), auch<br />
5
wenn in dem Markt viel vergleichend geworden wird. Falls jedoch kein starker Marktführer<br />
vorhanden ist, kommt (A) vor (E).<br />
3. <strong>Marken</strong> mit hohem Marktanteil sollten (A) wählen, <strong>Marken</strong> mit niedrigem Marktanteil (E).<br />
4. Wenn die Marke eine Neuproduktkategorie bzw. eine Kategorie in einem frühen Stadium im<br />
Lebenszyklus betritt, dann ist (A) die bessere Option, sonst (E).<br />
5. Wenn die Marke <strong>und</strong> damit die Kommunikation auf interessierte Konsumenten bzw. auf<br />
Konsumenten mit viel Vorwissen trifft, dann sollte (A) gewählt werden.<br />
Marktpotenzialziele (1) <strong>und</strong> Differenzierungsziele (2) stehen im Konflikt, wenn auch die<br />
Wettbewerber Marktpotenzialziele verfolgen <strong>und</strong> deshalb eine Positionierung nahe dem Zentrum<br />
der Idealvorstellungen zugleich eine Positionierung bei den Wettbewerbern wäre<br />
(CARPENTER/NAKAMOTO 1989, S. 285 ff. <strong>und</strong> 1994, S. 570). Der Zielkonflikt kann auf<br />
höherer Ebene durch Marktanteilsmaximierung gelöst werden, wenn die Wirkungsbeziehungen von<br />
Distanzen zwischen einer potenziellen Position <strong>und</strong> den Wettbewerberpositionen einerseits sowie<br />
den idealen Konsumentenpositionen andererseits quantifiziert werden können. Man kann dann die<br />
Position mit dem größtmöglichen Marktanteil durch mathematische Optimierung herausfinden.<br />
Wenn man außerdem die unterschiedlichen Kosten für potenzielle Positionen ins Kalkül einbezieht,<br />
kann auch die gewinnmaximale Position geplant werden. Einige der später dargestellten Modelle<br />
gehen diesen Schritt. Schließlich kann ein Imagepositions-Optimierungsmodell unter Einbeziehung<br />
möglicher Wettbewerberaktionen <strong>und</strong> -reaktionen dynamisch gestaltet werden (vgl. ALBERS<br />
1989).<br />
In diesem Zusammenhang ist eine ausgeweitete imagestrategische Stoßrichtung (3) zu erwähnen:<br />
Umpositionierung nicht der (realen) Marke, sondern der (idealen) Vorstellungen der Konsumenten.<br />
Darauf wird aus zwei Gründen nicht weiter eingegangen. Erstens kommt der Aufwand einer<br />
solchen Veränderung der Wertvorstellungen im <strong>Marken</strong>artikelbereich selten in Frage, zweitens hat<br />
sich dieses ausgeweitete Verständnis von Positionierung in der Praxis so nicht durchgesetzt,<br />
allenfalls in der abgewandelten Form, dass die Marke ein innovatives Produkt trägt, das die<br />
Konsumentenbedürfnisse verändert.<br />
Um die Position der Marke zu verändern, kann man qualitätsorientiert-physisch oder<br />
kommunikationsorientiert-psychisch vorgehen: Entweder werden hinter den Imagedimensionen<br />
stehende Eigenschaften der Marke geändert (physische Produktdifferenzierung). Diese Strategie<br />
setzt voraus, dass die Konsumenten die physische Produktvariation auch wahrnehmen. Oder es<br />
6
können über das kommunikative Marketinginstrumentarium Eindrücke ohne objektive<br />
Produktvariation verändert werden (psychologische Produktdifferenzierung). Auf den meisten<br />
Märkten führt die zunehmende technische Produkthomogenisierung durch Ausschöpfung aller<br />
Qualitätsverbesserungsmöglichkeiten dazu, dass die relative Bedeutung der psychischen<br />
Produktdifferenzierung wächst.<br />
Die Differenzierungsstrategie (2b) auf neuen, noch atypischen Eigenschaften, also außerhalb des<br />
bisherigen Wahrnehmungsraumes, liegt nahe, wenn die Position der "besten" Marke schon besetzt<br />
oder hart umkämpft ist <strong>und</strong> eine Profilierung mit etablierten Eigenschaften nicht zu einer<br />
Erfolgspositionierung führen würde. Die Alternative heißt "Positioning" auf einer andersartigen,<br />
alleinstellenden Dimension außerhalb des herkömmlichen Imageraumes. Positioning bedeutet, die<br />
Marke mit einem einzigartigen Eindruck unverwechselbar zu machen. Dazu muss eine einfach zu<br />
verstehende neue Aussage über die Marke gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> stark penetriert werden.<br />
Positioning-Strategien (RIES/TROUT 1993) haben vier Merkmale:<br />
1. USP (Unique Selling Proposition, Konkurrenzvorteil),<br />
2. KISS (keep it short and simple),<br />
3. FIRST (als erster am Markt) <strong>und</strong><br />
4. VOICE (mit großer "Lautstärke").<br />
Positioning kann entweder "Outside-In" vorgehen: latente Bedürfnisse werden identifiziert <strong>und</strong><br />
besetzt, oder "Inside-Out": eine innovative Dimension wird kreiert <strong>und</strong> dann den Zielk<strong>und</strong>en als<br />
Bedürfnis nahe gebracht (TOMCZAK/ROOSDORP 1996, S. 29).<br />
Durch Positioning besteht auch auf homogenisierten, werblich überfluteten <strong>und</strong> gesättigten Märkten<br />
noch eine Chance zur <strong>Marken</strong>profilierung. Die zunehmende Neigung zu Positioning-Strategien<br />
bedeutet, dass die meisten Positionierungsmodelle nicht mehr zu gebrauchen sind, weil sie die<br />
Profilierung von <strong>Marken</strong> auf ihren eigenen, nicht gemeinsamen, Dimensionen ausschließen. Eine<br />
Alternative für diesen Fall bildet die am Schluss dieses Beitrags dargestellte Wettbewerbs-Image-<br />
Struktur-Analyse WISA.<br />
1.4. Positionierung <strong>und</strong> Segmentierung<br />
Marktsegmentierung bedeutet Einteilung der Zielk<strong>und</strong>en eines Marktes in Gruppen so, dass diese in<br />
sich homogen <strong>und</strong> untereinander heterogen sind. Segmentieren kann man nicht nur nach sozio-<br />
7
demografischen Eigenschaften der Zielk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nach ihren Besitz- <strong>und</strong> Verhaltensmerkmalen,<br />
sondern – für das aktive Marketing besonders interessant – auch nach Imagemerkmalen,<br />
Nutzenempfindungen (benefits), insbesondere nach den Idealvorstellungen der Zielk<strong>und</strong>en im<br />
Hinblick auf ein bestimmtes Produkt <strong>und</strong> seine <strong>Marken</strong>.<br />
<strong>Produktpositionierung</strong> <strong>und</strong> Marktsegmentierung sind also eng ineinander greifende Instrumente.<br />
Während die Positionierung die Marke als Untersuchungsobjekt im Auge hat, geht es bei der<br />
Segmentierung um den Konsumenten. Die Ausführungen zu Marktpotenzial- <strong>und</strong><br />
Differenzierungsstrategien (1.3) haben den Zusammenhang schon angesprochen:<br />
Segmentierungsüberlegungen müssen einerseits einer Positionierung vorausgehen, denn vielleicht<br />
haben unterschiedliche Segmente verschiedene Wahrnehmungen <strong>und</strong> Bedürfnisse (Real- <strong>und</strong> Ideal-<br />
Images). Eine Marktsegmentierung kann aber auch die Folge einer <strong>Produktpositionierung</strong>sstudie<br />
sein, z.B. wenn sich herausstellt, dass eine einheitliche Positionierung für den Gesamtmarkt<br />
ökonomisch unhaltbar oder psychologisch nicht durchsetzbar ist.<br />
In der Praxis der <strong>Produktpositionierung</strong> kommen Segmentierungsüberlegungen meistens vor als<br />
von vornherein segmentspezifische Analyse oder als Darstellung segmentspezifischer<br />
Idealpositionen im Positionierungsmodell. Die Segmentierung kann der Positionierung vorangehen<br />
(segmentspezifische Positionierung) oder nachfolgen (Marktsegmentierung nach Image-<br />
Idealpunkten).<br />
1.5. Consideration Sets<br />
Konsumenten berücksichtigen bei Kaufentscheidungen nicht alle am Markt verfügbaren <strong>Marken</strong> als<br />
Alternativen. Normalerweise wird nur eine kleine Teilmenge der Alternativen in Betracht gezogen.<br />
Manche <strong>Marken</strong> sind dem Konsumenten nicht bekannt, andere werden klar abgelehnt. Abbildung 2<br />
zeigt den idealisierten Prozess der <strong>Marken</strong>kategorisierung bis hin zur <strong>Marken</strong>wahl.<br />
First Choice<br />
Consideration Set Inert Set Reject Set<br />
Other Brands<br />
Available Set<br />
Awareness Set Unawareness Set<br />
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Abbildung 2: Begriffssystem der <strong>Marken</strong>kategorisierung (angelehnt an NARAYANA/MARKIN 1975)<br />
Als wichtige Arten von <strong>Marken</strong>sets können das unbewusste Set (Unawareness Set) <strong>und</strong> das<br />
bewusste Set (Awareness Set) unterschieden werden. Das Unawareness Set besteht aus der Menge<br />
der Produktalternativen, die dem Konsumenten nicht bewusst sind. Das Awareness Set ist die<br />
Menge aller zu einem bestimmten Zeitpunkt wahrgenommenen <strong>Marken</strong>alternativen einer<br />
Produktkategorie. Das Awareness Set unterteilt sich in akzeptierte (Consideration Set), indifferente<br />
(Inert Set) <strong>und</strong> abgelehnte Alternativen (Reject Set). Das Consideration Set als Teilmenge des<br />
Awareness Sets umfasst damit alle Alternativen bzw. <strong>Marken</strong>, die für einen Kauf subjektiv<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich in Frage kommen, weil man weder eine negative noch eine indifferente Einstellung<br />
hat. Die Zugehörigkeit der eigenen Marke <strong>und</strong> der Wettbewerbermarken zum Consideration Set<br />
drückt die Wettbewerbsverhältnisse auf individueller Ebene aus <strong>und</strong> dient der Zielgruppenbildung<br />
nach potenzieller <strong>Marken</strong>wahl für präferenzbildende <strong>Marken</strong>strategien innerhalb homogener<br />
Consideration Set-Segmente.<br />
2. Methodische Gr<strong>und</strong>lagen<br />
In diesem Abschnitt werden die Erhebungs- <strong>und</strong> Auswertungsmethoden vorgestellt, die typischer<br />
Weise im Rahmen einer Positionierungsstudie anfallen.<br />
2.1. Datenbasis<br />
Die wichtigsten Entscheidungen zur Erzeugung der Datenbasis für eine Positionierungsstudie sind<br />
die Auswahl der zu positionierenden <strong>Marken</strong>, die Bestimmung der relevanten<br />
Positionierungsdimensionen <strong>und</strong> die Operationalisierung dieser Dimensionen durch eine<br />
Befragung.<br />
2.1.1. Auswahl der relevanten <strong>Marken</strong><br />
Der erste Schritt ist die Ermittlung der miteinander zu positionierenden <strong>Marken</strong>. Diese Aufgabe ist<br />
identisch mit der Feststellung des "relevanten Marktes", in dem <strong>Marken</strong> miteinander konkurrieren,<br />
weil sie in der Vorstellung der Konsumenten Alternativen darstellen <strong>und</strong> weil sie auf Gr<strong>und</strong> der<br />
Vorstellung der Wettbewerber gegeneinander gerichtete Strategien repräsentieren.<br />
9
Zur Ermittlung des relevanten <strong>Marken</strong>sets kommen daher prinzipiell zwei Ansätze in Frage, der<br />
wettbewerbsorientierte <strong>und</strong> der k<strong>und</strong>enorientierte – am besten beide. Beim wettbewerbsorientierten<br />
Ansatz sind Marktexperten zu befragen, beim k<strong>und</strong>enorientierten Ansatz werden die von K<strong>und</strong>en<br />
wahrgenommenen <strong>Marken</strong>-Alternativen erhoben. Das ist zwar aufwändiger, aber theoretisch<br />
f<strong>und</strong>ierter, denn der faktische Wettbewerb wird in den Köpfen der Zielk<strong>und</strong>en festgelegt<br />
(SHOCKER/SRINIVASAN 1979, S. 164 ff.).<br />
Anerkannt <strong>und</strong> verbreitet sind Operationalisierungen des "Consideration Set" (PAULSSEN 1999, S.<br />
4 f.). Es umfasst alle <strong>Marken</strong> eines Produkts, die vom Konsumenten als Alternativen in Betracht<br />
gezogen werden. Man kann z.B. eine Marke nennen <strong>und</strong> den Befragten bitten, ähnliche bzw.<br />
Ersatz-<strong>Marken</strong> zu nennen (HERRMANN 1992, S. 41). Verzerrungen dadurch, dass Befragte dabei<br />
vielleicht nur an eine bestimmte, nicht typische Verwendungssituation denken, vermeidet der<br />
"product by uses"-Ansatz. Hier listen die Befragten zunächst alle Verwendungszwecke auf, um<br />
dann für jeden Verwendungszweck die in Frage kommenden <strong>Marken</strong> aufzuzählen.<br />
2.1.2. Bestimmung der Dimensionen<br />
Um die positionierungsrelevanten Dimensionen zu bestimmen, kann ebenfalls<br />
wettbewerbsorientiert <strong>und</strong>/oder konsumentenorientiert vorgegangen werden. Entsprechend können<br />
Experten oder Zielk<strong>und</strong>en befragt werden. Außer durch individuelle Interviews kann man<br />
Imagedimensionen durch qualitative Verfahren wie Gruppendiskussionen oder Tiefeninterviews<br />
explorieren. Außerdem können vorliegende Fakten wie Werbeaussagen ausgewertet werden.<br />
Direktes Abfragen der relevanten Imagemerkmale empfiehlt sich wegen der mangelnden<br />
Bewusstheit <strong>und</strong> aus Gründen der möglichen Antwortverzerrung weniger bei Konsumenten, eher<br />
bei Experten. Indirektes Abfragen der relevanten Imagedimensionen über Eindrücke wie<br />
Ähnlichkeiten, Präferenzen oder Substitutionsmöglichkeiten überwindet manche dieser<br />
Schwierigkeiten.<br />
Meistens muss man unter den explorierten Imagedimensionen noch selektieren, weil nicht alle<br />
verhaltens- oder marketingrelevant sind. Dazu dienen folgende Kriterien:<br />
Verhaltensrelevanz: Die Eigenschaften müssen Bedeutung für Einstellungen, Präferenzen,<br />
Kaufintentionen <strong>und</strong> Kaufverhalten haben.<br />
Instrumentalbezug: Die Eigenschaften müssen durch Marketinginstrumente beeinflussbar sein.<br />
10
Diskriminanzfähigkeit: Die Eigenschaften müssen in der Lage sein, zwischen unterschiedlich<br />
2.1.3. Messung der Imageausprägungen<br />
positionierten <strong>Marken</strong> zu differenzieren; Imagedimensionen, auf denen<br />
alle Wettbewerber gleich aussehen, sind für das Marketing unwesentlich.<br />
Die klassische Methode der quantitativen Imagemessung ist das Ratingskalenprofil. Je<br />
Imagedimension werden mehrere Items (Aussagen) formuliert <strong>und</strong> abgestuft auf Vorhandensein bei<br />
der betreffenden Marke abgefragt. Die methodischen Varianten, verhaltenstheoretischen Modelle<br />
<strong>und</strong> praktischen Probleme von Imageratings erörtert TROMMSDORFF (1975). Wie bei der<br />
Exploration imagerelevanter Eigenschaften liegen die meisten Probleme der Erhebung von<br />
Imageausprägungen in der direkten Abfrage. Auch hier liegt ein interessanter Ausweg in der<br />
indirekten Erhebung über Ähnlichkeits-, Präferenz- <strong>und</strong> Substitutionsurteile (HERRMANN 1992,<br />
S. 46).<br />
Die Verwendung von Ähnlichkeitsdaten beruht auf der Vorstellung, dass die Konsumenten bei der<br />
Abfrage von Ähnlichkeiten zwischen zwei <strong>Marken</strong> ihre wichtigsten Beurteilungskriterien zu einem<br />
Globalurteil verknüpfen. Auf die direkte Offenlegung dieser einzelnen Beurteilungsmerkmale wird<br />
verzichtet, sie werden nur indirekt durch Analyse der Ähnlichkeitsdatenstruktur erschlossen.<br />
Dasselbe gilt im Prinzip für Präferenzdaten. Nur ist hier die Urteilsbildung nicht deskriptiv, sondern<br />
evaluativ. Entsprechend haben Positionierungsmodelle auf der Basis von Präferenzdaten einen<br />
stärkeren Bezug zur <strong>Marken</strong>bewertung.<br />
Ähnlichkeiten <strong>und</strong> Präferenzen können mit dem Rangordnungsverfahren, mit Ähnlichkeits- bzw.<br />
Präferenzratings <strong>und</strong> mit der Ankerpunktmethode erhoben werden. Das Rangordnungs- <strong>und</strong> das<br />
Ratingverfahren beruhen auf Paarvergleichen, bei k <strong>Marken</strong> sind das k(k-1)/2 Ähnlichkeitsurteile,<br />
z.B. bei k=7 <strong>Marken</strong> 21 Vergleiche. Beim Rangordnungsverfahren werden <strong>Marken</strong>paare nach ihren<br />
subjektiven Ähnlichkeiten geordnet. Zur Erleichterung der Aufgabe können zuerst Gruppen von<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich ähnlichen <strong>und</strong> unähnlichen Paaren gebildet werden, die immer weiter unterteilt<br />
werden, bis eine vollständige Rangordnung entstanden ist. Das Ratingverfahren verlangt abgestufte<br />
metrische Ähnlichkeitsurteile je <strong>Marken</strong>paar anstelle von ordinalen Ähnlichkeitsurteilen. Bei der<br />
Ankerpunktmethode wird zunächst eine der <strong>Marken</strong> als Vergleichsbasis genannt. Alle übrigen<br />
<strong>Marken</strong> müssen nach Ähnlichkeit zu dieser Marke beurteilt werden. Es folgen die Rangordnungen<br />
mit allen anderen <strong>Marken</strong>-Ankern, so dass bei k <strong>Marken</strong> k(k-1) Ähnlichkeitsurteile entstehen, also<br />
bei 7 <strong>Marken</strong> 42 Urteile. Rangordnungsverfahren <strong>und</strong> Ankerpunktmethode liefern also<br />
11
wesentlich mehr Urteile als <strong>Marken</strong> in der Studie sind. Die Urteilsred<strong>und</strong>anz ist Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
Rekonstruktion der hinter den Urteilen stehenden merkmalsweisen Eindrücke.<br />
Die Substitutionsneigung misst die Bereitschaft der Konsumenten, eine Marke durch eine andere zu<br />
ersetzen. Der Proband hat die Aufgabe, zu ihm vorgegebenen <strong>Marken</strong> substitutive <strong>Marken</strong> zu<br />
nennen (Consideration Set-Ansatz). Ergebnis ist eine Matrix mit Substitutionsdaten (BAUER 1989,<br />
S. 134f). Die Substituierbarkeit sagt etwas über die relative Attraktivität der <strong>Marken</strong> aus. Damit ist<br />
diese Methode noch einen Schritt näher am <strong>Marken</strong>wahlverhalten orientiert als es schon die<br />
Präferenzdatenmethodik gegenüber der Ähnlichkeitsdatenmethodik ist. Damit ist jedoch nichts über<br />
die praktische Qualität der Verfahren gesagt. Im Gegenteil ist die Ähnlichkeitsdaten-Positionierung<br />
am meisten verbreitet.<br />
2.2. Modellarchitektur<br />
Positionierungsmodelle spiegeln unterschiedliche Annahmen über das Zustandekommen, die<br />
Struktur <strong>und</strong> die Wirkung von Imagedaten wider. Analog zur Strukturierung der Datenbasis lässt<br />
sich die Modellarchitektur grob danach unterscheiden, ob Distanzen, Präferenzen oder<br />
Wahlentscheidungen abgebildet werden.<br />
2.2.1. Distanzmodelle<br />
Unähnlichkeit kann als Distanz abgebildet werden. Zwei <strong>Marken</strong> werden als nahegelegen<br />
positioniert, wenn sie einander ähnlich sind. Red<strong>und</strong>ante ordinale Ähnlichkeitsdaten können durch<br />
multivariate Analyseverfahren in metrische Distanzen überführt werden, die als Basis der<br />
räumlichen Positionierung zu verwenden sind. Gebräuchlichste Distanzmaße sind die beiden<br />
einfachsten Ausprägungen der Minkowski-Metrik (mit den Exponenten 2 <strong>und</strong> 1): Bei der<br />
euklidischen Metrik wird die Distanz zwischen zwei <strong>Marken</strong> durch die kürzeste Entfernung<br />
zwischen ihnen im Positionierungsraum beschrieben ("Luftlinie"). Bei der City-Block-Metrik ("um<br />
die Ecke") wird die Summe der Abstände der <strong>Marken</strong> auf jeder Dimension des<br />
Positionierungsraumes ermittelt. Es gibt keine verallgemeinerbaren Erkenntnisse über die<br />
Überlegenheit der einen oder anderen Metrik.<br />
2.2.2. Präferenzmodelle<br />
12
Positionierungsräume, die existierende <strong>Marken</strong> aus der Sicht der Konsumenten darstellen, enthalten<br />
noch keine Bewertungsinformation. Diese können prinzipiell durch die Annahme eingeführt<br />
werden, dass große Distanzen zu einer Idealposition ungünstig sind, kleine dagegen günstig. Es<br />
besteht aber auch die Möglichkeit, in den Daten steckende Evaluation zur Abbildung von<br />
Bewertung im Modell zu verwenden. Präferenzurteile erlauben dies auf internem oder externem<br />
Weg. Intern: Die erhoben Präferenzurteile werden durch Multivariatenanalyse in einen<br />
gemeinsamen Präferenzraum (joint space) überführt, in dem die Merkmalsausprägungen <strong>und</strong><br />
Präferenzen der <strong>Marken</strong> zum Ausdruck kommen. Extern: Getrennt voneinander werden<br />
Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Präferenzdaten ermittelt. Zur grafischen Darstellung von Präferenzen dienen<br />
Ideal-Repräsentationen, nämlich der Idealvektor oder der Idealpunkt.<br />
Im Idealvektormodell lassen sich Präferenzen darstellen, bei denen man annehmen kann "je mehr<br />
von einem Imagemerkmal, desto besser". Präferenzvektoren geben die Richtung der<br />
Vorziehenswürdigkeit der Merkmalskombinationen an. Die Projektion der Marke auf diesen Vektor<br />
entspricht ihrem Einstellungswert, die Abstände zwischen diesen Werten entsprechen den<br />
Präferenzen. Beim Idealpunktmodell wird eine fiktive "ideale" Marke mit positioniert. Die<br />
Einstellungswerte der <strong>Marken</strong> ergeben sich aus ihrer Distanz zum Idealpunkt, die Präferenzwerte<br />
wiederum als Differenzen von Einstellungswerten. Im Falle der Verwendung der euklidischen<br />
Distanz stellen konzentrische Kreise (bzw. Kugeln) um den Idealpunkt "Isopräferenzkurven" dar:<br />
<strong>Marken</strong> auf diesen Kurven mögen die Konsumenten gleich gern. Es ist möglich, die Dimensionen<br />
unterschiedlich zu gewichten, falls ihnen für die Einstellungs- <strong>und</strong> Präferenzbildung<br />
unterschiedliche Bedeutung zukommt.<br />
2.2.3. Modelle mit zusätzlichen Annahmen über das <strong>Marken</strong>wahlverhalten<br />
Modellansätze, die über die Positionsbeschreibungen hinaus Annahmen über die Auswirkungen auf<br />
die <strong>Marken</strong>wahl explizieren, schließen die Lücke zwischen den psychischen <strong>und</strong> den ökonomischen<br />
Kriterien <strong>und</strong> erlauben dadurch den Schritt zur betriebswirtschaftlichen Optimierung der<br />
<strong>Produktpositionierung</strong>.<br />
ALBERS (1989, S. 196f) unterscheidet single choice- <strong>und</strong> probabilistic choice-Ansätze. Beim<br />
single choice-Modell (maximum utility- oder deterministisches Modell) wird unterstellt, dass der<br />
Konsument mit Sicherheit die Marke kauft, die seinem Idealpunkt am nächsten kommt.<br />
Probabilistic choice-Ansätze gehen davon aus, dass die Kaufwahrscheinlichkeit steigt, wenn die<br />
Distanz zum Idealpunkt sinkt, aber 100% Kaufwahrscheinlichkeit erst bei vollständiger<br />
13
Übereinstimmung mit dem Idealprodukt vorliegt. Problematisch ist bei den probabilistischen<br />
Ansätzen die Schätzung des Parameters, der ausdrückt, wie schnell die Kaufwahrscheinlichkeit mit<br />
wachsender Distanz sinkt. Besonders bei häufig gekauften Konsumgütern bilden probabilistic<br />
choice-Ansätze das <strong>Marken</strong>wahlverhalten gut ab (SUDARSHAN et al.1987, S. 184).<br />
2.3. Statistische Verfahren<br />
Zur <strong>Produktpositionierung</strong> sind mehrere Multivariatenanalyseverfahren nützlich. Mit der<br />
Clusteranalyse können Zielk<strong>und</strong>en oder <strong>Marken</strong> zusammengefasst werden, mit der Faktorenanalyse<br />
können Imageitems zu Dimensionen verdichtet werden, mit der Mehrdimensionalen Skalierung <strong>und</strong><br />
der Korrespondenzanalyse können tabellierte Ähnlichkeits- oder Präferenzdaten in<br />
Dimensionswerte überführt werden, mit der Regressionsanalyse können multivariate Beziehungen<br />
zwischen Image- <strong>und</strong> Einstellungs- oder Verhaltenswerten quantifiziert werden, dasselbe gilt im<br />
Falle nichtmetrisch skalierter abhängiger Variablen für die Diskriminanzanalyse, Conjoint<br />
Measurement kann zur experimentellen Untersuchung der Beziehung zwischen kategorialen<br />
Imageausprägungen <strong>und</strong> Einstellungs- oder Präferenzwerten genutzt werden usw. (vgl.<br />
HERRMANN/HOMBURG 2000; BACKHAUS et al. 2000). Da die in diesem Artikel behandelten<br />
Positionierungsmodelle zumindest auf der Faktorenanalyse, der Mehrdimensionalen Skalierung <strong>und</strong><br />
der Conjoint-Analyse basieren, sollen diese drei Verfahren wenigstens kurz skizziert werden.<br />
2.3.1. Positionierung mit der Faktorenanalyse<br />
Ziel der Faktorenanalyse ist, eine Vielzahl von Variablen auf übergeordnete Faktoren<br />
zurückzuführen (vgl. BACKHAUS et al. 2000, S. 252 f.). Das der faktorenanalytischen<br />
Positionierung zugr<strong>und</strong>eliegende Vorgehen ist kompositionell, das heißt bei der<br />
<strong>Produktpositionierung</strong> werden viele potenziell imagerelevante Eigenschaften auf wenige<br />
Imagedimensionen verdichtet, die den Marktraum aufspannen. Im Idealfall können die Faktoren als<br />
voneinander unabhängig angenommen werden, was den Algorithmus <strong>und</strong> die Darstellung<br />
vereinfacht. Im zweiten Schritt werden die <strong>Marken</strong> entsprechend ihrer Faktorausprägungen im<br />
Marktraum positioniert. Bei der Erhebung wurden <strong>Marken</strong> anhand von Imageratings (Items)<br />
beurteilt. Nach der Verdichtung der Items zu Faktoren müssen die Image-Ausprägungen auf den<br />
Faktoren errechnet werden (Faktorenwerte). Das geschieht innerhalb der Faktorenanalyse mittels<br />
Regression.<br />
14
Ein für Positionierungsanwendungen typisches Problem der Faktorenanalyse liegt in der<br />
Vorstellung eines gemeinsamen Raumes für alle relevanten <strong>Marken</strong>, wogegen üblicherweise jede<br />
für eine Marke erhobene Datenmatrix aus Imageitems <strong>und</strong> Befragten faktorisiert wird <strong>und</strong> dann so<br />
viele verschiedene Imageräume entstehen, wie <strong>Marken</strong> in der Untersuchung sind. Die Konstruktion<br />
eines gemeinsamen Raumes für alle k <strong>Marken</strong> kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden: Ein<br />
Weg läuft über die Transformation der Imagewerte von "allen anderen" k-1 <strong>Marken</strong> in den<br />
Referenzraum einer Marke, der z.B. aus der Faktorenanalyse der Idealmarke oder der eigenen<br />
Marke errechnet wurde. Ein anderer Weg ist die dreimodale Faktorenanalyse, wobei neben dem<br />
Modus "Items" <strong>und</strong> "Personen" als dritter Modus "<strong>Marken</strong>" in einer simultanen Faktorenanalyse<br />
des gesamten Datenkubus geführt werden. Die Marktforschungspraxis geht bislang großzügig über<br />
dieses an sich gravierende Problem hinweg. Meistens bleibt es bei einer Faktorenanalyse für die<br />
Marke des Auftraggebers. Schon die Berechnung von Faktorwerten für eine gemeinsame<br />
Positionierung aller <strong>Marken</strong> unterbleibt in der Regel.<br />
2.3.2. Positionierung mit der Mehrdimensionalen Skalierung (MDS)<br />
Ziel der MDS ist es, aus Ähnlichkeits-, Präferenz- oder Substitutionsdaten einen möglichst nur<br />
zwei- oder dreidimensionalen Positionierungsraum zu generieren. Darin sollen die <strong>Marken</strong> so<br />
abgebildet werden, dass die erhobenen Ähnlichkeiten zwischen den <strong>Marken</strong> den Interdistanzen im<br />
Modell möglichst gut entsprechen. Zielkriterium der MDS ist die Minimierung eines Maßes<br />
(Stress) für die durchschnittliche Abweichung der empirischen Daten von den modellanalytisch<br />
rekonstruierten Daten aus der geschätzten MDS-Konfiguration (vgl. WÜHRER 2000, S. 441).<br />
Nach der Erstellung des Positionierungsraumes folgt die Interpretation der ermittelten<br />
Dimensionen. Sie kann entweder auf Basis von Expertenurteilen erfolgen oder durch weitere<br />
Fragen an die Probanden, nun direkt zu den Ausprägungen bestimmter Produkteigenschaften.<br />
Mittels eines als "Property Fitting" (PROFIT) bezeichneten optimierenden Verfahrens wird die<br />
durch die MDS ermittelte Lösungskonfiguration mit den Ergebnissen der direkten Abfrage<br />
überprüft (SCHOBERT 1979, S. 187). Ein anderes Verfahren zur Interpretation der räumlichen<br />
Darstellung ist LINMAP (LINear programming techniques for Multidimensional Analysis of<br />
Preferences) (SRINIVASAN/SHOCKER 1973).<br />
2.3.3. Positionierung mit der Conjoint-Analyse<br />
15
Mit der Conjoint-Analyse kann man Beiträge einzelner Produkteigenschaften zum subjektiven<br />
Gesamtwert (Nutzen, Einstellung, Zahlungsbereitschaft) der Marke quantitativ abschätzen. Damit<br />
ist sie auch als Instrument der <strong>Produktpositionierung</strong> anzusehen, wenngleich die Ergebnisse nicht<br />
den gleichen Aussagencharakter haben. Die Conjoint-Analyse wird in der Praxis vornehmlich für<br />
die Bestimmung optimaler Produkteigenschaften im Rahmen der Neuproduktplanung eingesetzt.<br />
Den Befragten werden in einem quasi experimentellen Untersuchungsdesign hypothetische <strong>Marken</strong><br />
in Form von unterschiedlichen Eigenschaftsbeschreibungen auf mehreren Dimensionen vorgelegt.<br />
Die Befragten müssen lediglich Präferenzurteile unter Paaren oder Triaden der vorgelegten<br />
"<strong>Marken</strong>" bilden. Das Verfahren behandelt die ordinalen Nutzenwerte aus der Befragung als<br />
abhängige Variable. Diese wird mit einer Art nichtmetrischer Varianzanalyse auf Beeinflussung<br />
durch die Eigenschaftsausprägungen untersucht. Aufgr<strong>und</strong> der Red<strong>und</strong>anz der Inputdaten können<br />
die Rangdaten in Gesamtnutzenwerte transformiert werden sowie in Teilnutzenwerte für die<br />
einzelnen Merkmalsausprägungen. Optimierungskriterium für die Schätzung der Nutzenwerte, die<br />
hinter den empirischen Rangordnungen stehen, ist die Übereinstimmung der generierten<br />
Gesamtnutzen-Ränge mit den empirischen Input-Rangwerten (vgl. TEICHERT 2000, S. 471 f.).<br />
Die Teilnutzenwerte können zu Wichtigkeitsindices der Positionierungsmerkmale aggregiert<br />
werden. Das ist eine für abzuleitende produktpolitische Maßnahmen wichtige Zusatzinformation,<br />
die über die Aussage klassischer Modelle hinausgeht. Anhand der Teilnutzenwerte lassen sich die<br />
fiktiven <strong>Marken</strong>, aber dann auch reale <strong>Marken</strong>, in einem Positionierungsraum abbilden.<br />
2.3.4. Statistische Verfahrenssynopse<br />
Alle vorgestellten Verfahren dienen der Ermittlung der Merkmale <strong>und</strong> Ausprägungen, anhand derer<br />
die Konsumenten bestimmte <strong>Marken</strong> beurteilen. Die Verfahren lösen diese Aufgabe entweder<br />
kompositionell, durch den Weg von Einzelurteilen zum Gesamturteil (so die Faktorenanalyse) oder<br />
dekompositionell, durch Auflösen eines Globalurteils in seine Bestandteile (so MDS <strong>und</strong> Conjoint<br />
Measurement). Bei der Abfrage von Globalurteilen werden keine Eigenschaften vorgegeben<br />
(indirekte Abfrage), während bei der direkten Abfrage <strong>Marken</strong> nach vorgegebenen Attributen<br />
bewertet werden. Bei der indirekten Methode werden Vergleiche zwischen je zwei oder mehreren<br />
<strong>Marken</strong> verlangt. Eine indirekte Datenabfrage entspricht der eher ganzheitlichen menschlichen<br />
Wahrnehmung besser. <strong>Marken</strong>, deren relevante Eigenschaften nur schwer anhand von Skalen zu<br />
beurteilen sind (z.B. das Verführerische eines Parfums), lassen sich besser über Globalurteile<br />
positionieren.<br />
16
Die indirekte Datenerhebung ist schwieriger, zeitaufwändiger <strong>und</strong> teurer: Die auf Ähnlichkeitsdaten<br />
(oder anderen vergleichenden Urteilen) basierenden Verfahren erfordern den Vergleich von<br />
mindestens sieben <strong>Marken</strong>. Abgesehen von dem Zeit- <strong>und</strong> Kostenaufwand übersteigt diese Anzahl<br />
der <strong>Marken</strong> oftmals das Consideration Set der Befragten. Es werden dann <strong>Marken</strong> bewertet, die<br />
subjektiv gar nicht relevant sind. Ein weiteres Problem der dekompositionellen Verfahren liegt in<br />
der Interpretation der Dimensionen. Das kann jedoch durch zusätzliche kompositionelle Verfahren<br />
(siehe 2.3.2, MDS mit Property Fitting) überw<strong>und</strong>en werden.<br />
Faktorenanalyse <br />
Multidimensionale<br />
Skalierung<br />
Conjoint-<br />
Analyse<br />
Verfahren Input Datenniveau Vorteile Nachteile<br />
komponierend Eigenschaftsbeurteilungen<br />
dekomponieren<br />
d<br />
dekomponieren<br />
d<br />
Ähnlichkeits-,<br />
Präferenz-,<br />
Verwechsl.-,<br />
Substituierbrk.daten<br />
mindestens<br />
quasi<br />
Intervallniveau<br />
mindestens<br />
binäres<br />
Ordinalniveau<br />
Rangwerte mindestens<br />
Ordinalniveau<br />
Tabelle 1: Vergleich wichtiger Statistikmethoden für die Positionierung<br />
3. Positionierungsmodelle<br />
• einfach in der<br />
Anwendung<br />
• Dimensionen<br />
interpretiert<br />
• kein Detailwissen<br />
über <strong>Marken</strong><br />
erforderlich<br />
• wie menschl.<br />
Wahrnehmung<br />
• auch fiktive<br />
<strong>Marken</strong> zu<br />
beurteilen, daher<br />
innovationsgeneigt<br />
• vorheriges Wissen<br />
über die <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />
Eigenschaften<br />
erforderlich<br />
• mindestens sieben<br />
<strong>Marken</strong><br />
• Wissen über die<br />
Eigenschaften<br />
notwendig<br />
• unrealistische<br />
<strong>Marken</strong> möglich<br />
Bevor einige ausgewählte Modelle vorgestellt werden, soll ein kurzer Überblick über größere<br />
Etappen in der Geschichte der Positionierungsmodelle gegeben werden. Die ersten Modelle<br />
basierten auf Cluster-, Diskriminanz- <strong>und</strong> Faktorenanalysen. Heute nehmen Positionierungsmodelle<br />
auf Basis der Multidimensionalen Skalierung <strong>und</strong> der Conjoint-Analyse die wichtigste Stellung ein.<br />
Die Entwicklung begann Anfang der 70er Jahre mit einer Vielzahl neuer MDS-Algorithmen.<br />
Typische Vertreter sind INDSCAL, COSPA, KYST, MULTISCAL <strong>und</strong> ALSCAL. Einer der ersten<br />
Conjoint-Algorithmen für derartige Anwendungen war ZIPMAP.<br />
Als prominenten Vertreter der ersten Modellgeneration stellen wir PERCEPTOR von URBAN<br />
(1975) dar (3.1). Aus den ersten Ansätzen ergaben sich zwei gr<strong>und</strong>sätzliche Diskussionspunkte: Die<br />
Annahmen bei der Berechnung der Kaufwahrscheinlichkeiten <strong>und</strong> die Gewinnmaximierung bei der<br />
Suche nach der optimalen <strong>Marken</strong>position. Diese Diskussion wurde in mehreren neuen Modellen<br />
17
aufgegriffen. Exemplarisch hierfür wird das Modell PROPOSAS von ALBERS (1989) vorgestellt<br />
(3.2) sowie der jüngste Ansatz dieser Forschungsrichtung von HORSKY <strong>und</strong> NELSON (1992)<br />
(3.3). Von GREEN, CAROLL <strong>und</strong> GOLDBERG (1981) wurde ein Conjoint-Modell entwickelt:<br />
POSSE ermittelt Marktanteil <strong>und</strong> Gewinn <strong>und</strong> erstellt eine Sensitivitätsanalyse.<br />
Ein ganz anderes Ziel verfolgte KEON (1983) mit der Entwicklung von TRINODAL, bei dem der<br />
Erfolg von Werbestrategien durch den Vergleich der Positionierungen des Werbeimages <strong>und</strong> der<br />
Marke untersucht wird (siehe3.4). Allen diesen Modellen war als Schwachstelle gemeinsam, dass<br />
sie die Reaktionen der Konkurrenz unberücksichtigt ließen. Mit DEFENDER wurde von HAUSER<br />
<strong>und</strong> SHUGAN (1983) ein Modell entwickelt, welches Konkurrenzreaktionen einbezieht. Dieses<br />
Modell wird unter 3.5 dargestellt. Von CARPENTER (1989) stammt die Idee, die Konkurrenz<br />
durch die Verwendung der Spieltheorie miteinzubeziehen. GREEN <strong>und</strong> KRIEGER (1989)<br />
ermöglichen mit dem auf der Conjoint-Analyse basierenden Modell SIMOPT die Betrachtung einer<br />
gesamten Produktlinie. In eine andere Richtung weiterentwickelt wurden auf der MDS beruhende<br />
Positionierungsmodelle durch GENFOLD 2. Mit diesem von DESARBO <strong>und</strong> RAO (1986)<br />
entwickelten Modell lässt sich die optimale <strong>Marken</strong>position für mehrere Marktsegmente<br />
bestimmen.<br />
Abschließend gehen wir in 3.6 auf eine neuere Entwicklung der Entscheidungsunterstützung für<br />
<strong>Produktpositionierung</strong>en auf der Basis von Kausalanalysen ein. WISA (TROMMSDORFF 2000)<br />
berücksichtigt die Einflüsse von Konkurrenz-Positionierungsmaßnahmen <strong>und</strong> die Problematik eines<br />
gemeinsamen Raumes für alle zu positionierenden <strong>Marken</strong>.<br />
3.1. PERCEPTOR<br />
Das von URBAN 1975 entwickelte Positionierungsmodell unterstützt die Bewertung <strong>und</strong><br />
Verfeinerung von Neuprodukten des täglichen Bedarfs, wird aber auch zu Zwecken des Relaunch<br />
<strong>und</strong> der Produktelimination eingesetzt. Mit Labortest- oder Testmarktdaten wird der langfristige<br />
Marktanteil der neu- oder umzupositionierenden Marke vorhergesagt. Die Positionen existierender<br />
<strong>und</strong> idealer Produkte im Marktraum werden bei PERCEPTOR wahlweise durch Faktoranalyse oder<br />
MDS ermittelt. Heterogene Wahrnehmungen der Konsumenten hinsichtlich der existierenden<br />
<strong>Marken</strong> werden durch die Bildung homogener Untergruppen, für die jeweils ein eigener<br />
Wahrnehmungsraum konstruiert wird, berücksichtigt. Differenziert wird auch nach der zuletzt<br />
gekauften Marke, dem Umfang des Consideration Set oder zeitabhängigen Variablen<br />
(NOMMENSEN 1990, S. 58).<br />
18
Gr<strong>und</strong>sätzlich beruhen die Annahmen über das <strong>Marken</strong>wahlverhalten der Konsumenten auf dem<br />
probabilistischen Ansatz. Der langfristige Marktanteil wird aus den Erstkaufwahrscheinlichkeiten<br />
<strong>und</strong> den Wiederkaufwahrscheinlichkeiten berechnet. Zur Ermittlung dieser Wahrscheinlichkeiten<br />
werden in der Testphase zwei Markträume erhoben. Während der erste Raum auf den Daten vor<br />
<strong>Marken</strong>verwendung basiert, werden die Daten für den zweiten Raum nach der Verwendung, also<br />
beim Wiederkauf, erhoben. Dabei ergibt sich die Erstkaufwahrscheinlichkeit aus der Distanz der<br />
Position des Neuproduktes zur Idealmarke im ersten Marktraummodell, multipliziert mit dem<br />
geplanten Werbedruck <strong>und</strong> der geplanten Distributionsquote. Die Wiederholkaufwahrscheinlichkeit<br />
ergibt sich aus der Wahrscheinlichkeit, beim vorangegangenen Kauf einer Wettbewerbsmarke als<br />
nächstes das Neuprodukt zu kaufen (pwn) <strong>und</strong> der Wahrscheinlichkeit das Neuprodukt nach Kauf<br />
wieder zu kaufen (pnn).<br />
Mit Hilfe von Markoff-Prozessen wird aus den ermittelten Kaufwahrscheinlichkeiten der<br />
langfristige Marktanteil für die neue Marke berechnet. Als problematisch erweisen sich die<br />
restriktiven Annahmen der Markoff-Prozesse (SCHOBERT 1979, S. 103), die zumindest teilweise<br />
durch zwei Erhebungen zu verschiedenen Zeitpunkten überw<strong>und</strong>en werden. Dadurch wird der<br />
Vergleich der geplanten mit den nach Verwendung erreichten Positionen ermöglicht. So kann die<br />
Effektivität der Marketingkonzepte <strong>und</strong> die Zufriedenheit mit der Marke ermittelt werden. Durch<br />
Online-Computersimulation lassen sich verschiedene Neuproduktkonzepte im Hinblick auf den<br />
daraus resultierenden Marktanteil überprüfen.<br />
3.2. PROPOSAS<br />
PROPOSAS ist ein 1977 von ALBERS <strong>und</strong> BROCKHOFF entwickeltes <strong>und</strong> 1989 erweitertes<br />
Modell, das die gewinnoptimale Position eines Neuproduktes ermitteln soll. Das Modell hat als<br />
Zielkriterium Gewinn- statt Absatzmaximierung, da zum einen der Preis einer Marke für<br />
Konsumenten eine präferenzbildende Produkteigenschaft darstellt, zum anderen die Produktions-<br />
<strong>und</strong> Vertriebskosten von der Position der Marke im Positionierungsraum abhängen. Deshalb<br />
werden Erlöse <strong>und</strong> zurechenbare Kosten berücksichtigt. Ausgangspunkt von PROPOSAS ist ein<br />
mittels MDS aus Ähnlichkeitsdaten ermittelter Marktraum, in dem die existierenden <strong>Marken</strong> <strong>und</strong><br />
die Idealmarken der Konsumenten abgebildet werden.<br />
In einem ersten Schritt wird in diesem subjektiven Wahrnehmungsraum der Konsumenten die<br />
absatzmaximale Position für ein Neuprodukt bestimmt. Das <strong>Marken</strong>wahlverhalten wird bei<br />
PROPOSAS mit dem single choice-Ansatz erklärt, das Distanzmodell ist die Euklidische Metrik.<br />
19
Zur Berücksichtigung der positionsabhängigen Stückdeckungsbeiträge wird ein zweiter<br />
Positionierungsraum erstellt, der "technische" Eigenschaftsraum, der Informationen über die<br />
positionsabhängigen Kosten <strong>und</strong> Erlöse einer Marke liefert (ALBERS 1989, S. 194). Zur<br />
Bestimmung der gewinnmaximierenden Position müssen die Positionierungskonzepte beider<br />
Räume nun durch eine Transformationsfunktion miteinander verknüpft werden. Eine eindeutige<br />
Zuordnung der technischen Eigenschaften zu den psychologischen Eigenschaften ist bei der<br />
Transformation nicht möglich, da hinter einer psychologischen Eigenschaft oft mehrere technische<br />
Eigenschaften stehen. Die Ermittlung der gewinnmaximierenden Position erfolgt deshalb nur<br />
approximativ. Das verwendete Approximationsverfahren scheint diese Aufgabe jedoch gut zu<br />
lösen.<br />
3.3. HORSKY <strong>und</strong> NELSON<br />
Das Modell von HORSKY <strong>und</strong> NELSON (1992) beruht auf der Annahme, dass bei der<br />
Neuproduktgestaltung gerade bei Eigenschaften, denen die Präferenzfunktion "je mehr desto<br />
besser" zu Gr<strong>und</strong>e liegt, ein Zielkonflikt zwischen Nutzenmaximierung der Konsumenten <strong>und</strong><br />
Kostenminimierung des Unternehmens besteht. Ziel dieses Modells ist daher die Ermittlung<br />
gewinnmaximierender Preis- <strong>und</strong> Eigenschaftskonzepte für hochpreisige, selten gekaufte<br />
Neuprodukte. Reaktionen der Konkurrenten auf die Neueinführung werden durch Verwendung der<br />
Spieltheorie bei Ermittlung der gewinnmaximalen Produktposition berücksichtigt.<br />
Dateninput sind zum einen Eigenschaftsbeurteilungen, zum anderen eine Präferenzrangfolge der<br />
<strong>Marken</strong>. In Abhängigkeit von den Produkteigenschaften, dem Preis <strong>und</strong> dem zur Verfügung<br />
stehenden jährlichen Einkommen wird, ähnlich wie bei der Conjoint-Analyse, eine Nutzenfunktion<br />
der Konsumenten abgeleitet. Aus der Nutzenfunktion lässt sich die Wichtigkeit der einzelnen<br />
Eigenschaften bestimmen, außerdem wird aus der Nutzenfunktion mit Hilfe des LOGIT-Ansatzes<br />
das Produktwahlverhalten geschätzt. Dabei berücksichtigt das Modell explizit die Instabilität der<br />
Präferenzstrukturen von Konsumenten: Davon ausgehend, dass in der aktuellen<br />
Entscheidungssituation der Preis wichtiger wird als in der Untersuchung angegeben, können die<br />
Probanden ihre Einschätzung durch eine Änderung der Gewichtungskoeffizienten von Eigenschaft<br />
<strong>und</strong> Preis noch einmal korrigieren (HORSKY/NELSON 1992, S. 133 ff.). Die so ermittelten<br />
Kaufwahrscheinlichkeiten werden aggregiert <strong>und</strong> der entsprechende Marktanteil geschätzt. Um zu<br />
einer gewinnmaximalen Position zu gelangen, müssen abschließend die eigenschaftsabhängigen<br />
Kosten in das Modell integriert werden. Zur Schätzung dieser Kostenfunktionen stützen sich<br />
20
HORSKY <strong>und</strong> NELSON auf Daten von im Markt befindlichen <strong>Marken</strong>.<br />
In der Integration der Kosten liegt ein Schwachpunkt des Modells: Die Schätzung der<br />
Kostenfunktion ist "volkswirtschaftlich" orientiert <strong>und</strong> wenig realitätsnah, die Verbindung von<br />
subjektiv wahrgenommenen Eigenschaften zu objektiven, umsetzbaren Eigenschaften <strong>und</strong> somit<br />
zurechenbaren Kosten ist problematisch. Die Einbeziehung der Unsicherheit bei der Erhebung von<br />
Präferenzdaten erhöht zwar die Aussagefähigkeit des Modells, aber auch die Befragungsdauer.<br />
3.4. TRINODAL<br />
Das von KEON (1983) entwickelte Modell wird generell bei der Entwicklung <strong>und</strong> Überprüfung von<br />
Werbekampagnen eingesetzt. Unterstützen soll es hauptsächlich den Repositionierungsprozess<br />
einer Marke, es wird jedoch auch bei Produktneueinführungen angewandt. TRINODAL ermöglicht<br />
die Darstellung von Produktimagepositionen, Idealpunkten <strong>und</strong> Werbeimagepositionen in einem<br />
gemeinsamen Raum. <strong>Marken</strong>imagepositionen <strong>und</strong> Idealpunkte werden durch MDS ermittelt,<br />
Werbeimages aus Verwechslungsdaten bei anonymisierten Werbemitteln (z.B. Anzeigen).<br />
Gr<strong>und</strong>gedanke bei der Positionierung der Werbeimages ist, die Anzahl der richtigen<br />
Identifizierungen der Anzeige als Maßzahl für die Distanz zu der dazugehörigen Marke zu<br />
verwenden. Durch den direkten Vergleich dieser Werbeimages mit den Produktimages lässt sich<br />
erkennen, wann eine Repositionierung durchgeführt werden sollte, wie eine entsprechende<br />
Repositionierungsstrategie aussehen sollte <strong>und</strong> welche Zielposition angestrebt werden sollte.<br />
Wird nach der Werbekampagne eine zweite Untersuchung durchgeführt, können außerdem<br />
Veränderungen des Produktimages <strong>und</strong> somit die Wirksamkeit der eingesetzten<br />
Marketingmaßnahmen überprüft werden. Eine Erweiterung des Ansatzes erlaubt die detaillierte<br />
Analyse des Zusammenhangs von Werbe- <strong>und</strong> Produktimage <strong>und</strong> ist ein geeignetes<br />
Analyseinstrument zur Repositionierung quasi-homogener Güter (NOMMENSEN 1990, S. 1 ff.).<br />
Basierend auf dem durch TRINODAL entwickelten Marktmodell lassen sich Antworten auf<br />
folgende Fragen finden:<br />
• Ist die Marke den Konsumentenpräferenzen entsprechend positioniert?<br />
• Wird das <strong>Marken</strong>image von der Konkurrenzwerbung beeinträchtigt?<br />
• Unterstützen sich <strong>Marken</strong>- <strong>und</strong> Werbeimage?<br />
• Wie muss die Werbung geändert werden, um das <strong>Marken</strong>image bei veränderten<br />
Konsumentenpräferenzen konsistent zu halten?<br />
21
• Welche Werbekampagne erzeugt das den Konsumentenpräferenzen am nächsten kommende<br />
"Werbeimage"?<br />
Kritisiert wird an TRINODAL, dass zwar Veränderungen nach Kampagnen bewertet werden<br />
können, aber keine konkreten Handlungsanweisungen gegeben werden (DESARBO/RAO 1986,<br />
S. 3).<br />
3.5. DEFENDER<br />
Ziel des von HAUSER <strong>und</strong> SHUGAN (1983) entwickelten Modells ist, Entscheidungshilfen für den<br />
Einsatz der Marketinginstrumente als Antwort auf den Eintritt eines neuen Wettbewerbers zu<br />
geben. Aus der Analyse der Wettbewerbsstruktur werden defensive Preis-, Produkt-,<br />
Kommunikations- <strong>und</strong> Distributionsstrategien abgeleitet <strong>und</strong> deren Auswirkungen auf Marktanteil<br />
<strong>und</strong> Gewinn errechnet.<br />
DEFENDER ermittelt die Positionen existierender <strong>Marken</strong> <strong>und</strong> der neu in den Markt getretenen<br />
Wettbewerbsmarke im Marktraum mittels Faktorenanalyse. Zur Berücksichtigung des<br />
Wettbewerbsparameters Preis werden die <strong>Marken</strong> in einem sogenannten "Per-Dollar-Marktraum"<br />
positioniert. Die Raumdimensionen geben die Eigenschaftsmengen (Nutzenhöhen) an, die die<br />
Konsumenten pro Geldeinheit ("Dollar") bei dem Kauf einer bestimmten Marke zu erhalten<br />
glauben. Eine Positionsänderung der <strong>Marken</strong> kann somit über die Änderung der<br />
Eigenschaftszusammensetzung der <strong>Marken</strong> oder über eine Preisänderung erzielt werden.<br />
DEFENDER beruht auf dem Idealvektorprinzip, d.h. seine Anwendung ist auf Eigenschaften<br />
beschränkt, die dem Prinzip "je mehr (weniger), desto besser" entsprechen. Die individuelle<br />
Präferenzfunktion eines Konsumenten ist durch einen Präferenzvektor darstellbar, dessen Steigung<br />
die Wichtigkeit einzelner Eigenschaftsdimensionen angibt. Die individuellen Präferenzen werden<br />
zu einer allgemeinen Präferenzfunktion aggregiert, wodurch Marktanteils- <strong>und</strong><br />
Gewinnberechnungen möglich werden. Empirische Anwendungen des Modells zeigen, dass das<br />
Kaufverhalten auf aggregierter Ebene gut prognostiziert wird. Ableitbare Strategieempfehlungen<br />
für das Marketing sind im Verhältnis zur Realität im Markt recht schlicht..<br />
3.6. Wettbewerbsstrukturanalyse aus Imagedaten (WISA)<br />
22
Die vorgestellten Positionierungsmodelle, die sich auf klassische Positionierungsannahmen stützen,<br />
haben, gemessen am heutigen Wissen über Images <strong>und</strong> Konsumentenverhalten, gr<strong>und</strong>sätzliche<br />
Schwächen. Die Vorstellung, dass alle Wettbewerbsmarken nach denselben Kriterien beurteilt<br />
werden, entspricht nicht der Praxis des Marketing. Tatsächlich profilieren sich Wettbewerber oft<br />
auf ganz unterschiedlichen Dimensionen. Der eine versucht eine technische Innovation, der andere<br />
konditioniert seine Marke mit erotischen Emotionen, der dritte stellt den Preis heraus usw. Von<br />
einem gemeinsamen Imageraum im Wettbewerb kann in einem solchen Markt nicht die Rede sein.<br />
Wie unter 1.3 als "Positioning" beschrieben, wird der starke Wettbewerb homogener <strong>Marken</strong><br />
unterlaufen, indem die <strong>Marken</strong> psychisch vom Wettbewerb weg in eigenständige Dimensionen<br />
hinein bewegt werden.<br />
Herkömmliche Positionierungsmodelle können diese USPs nicht abbilden, weil die betreffende<br />
Imagedimension für keine andere oder nur für einige wenige andere <strong>Marken</strong> relevant ist. Die<br />
Wettbewerbsbeziehungen lassen sich jetzt nicht mehr durch einfache Distanzen im euklidischen<br />
Raum veranschaulichen. Der Wettbewerbs-Image-Struktur-Analyse (WISA) liegt ein<br />
realitätsnäheres <strong>und</strong> strategierelevanteres Konzept zur Analyse vernetzter Wettbewerbsverhältnisse<br />
zu Gr<strong>und</strong>e (TROMMSDORFF 2000, S. 347 f.; TROMMSDORFF/PAULSSEN 1999, S. 1085 f.).<br />
WISA versucht, den Bedarf an vernetzter Information für komplexe strategische Entscheidungen zu<br />
erfüllen. Dabei treten folgende Anforderungen auf:<br />
• Positioning: Image-Wettbewerbspotenziale werden nicht auf allen Imagedimensionen zugleich<br />
aufgebaut, sondern auf einer oder auf wenigen Dimensionen, die im Rahmen der Strategie dazu<br />
bestimmt wurden. Im Extremfall muss das Modell die eindimensionale <strong>Marken</strong>profilierung auf<br />
einer eigenen, einzigartigen Dimension valide abbilden können.<br />
• Wettbewerbsorientierung: Auf den ersten Blick beziehen auch traditionelle<br />
Positionierungsstudien den Wettbewerb mit ein, weil Wettbewerbermarken mitpositioniert<br />
werden. Es wird aber nicht abgebildet wie sich der Wettbewerb über Imagekampagnen<br />
abspielt. Für die strategische Planung muss über globale Wettbewerbsrelationen hinaus im<br />
einzelnen bekannt sein, welche Beziehungen zwischen bestimmten Wettbewerber-<br />
Imagemerkmalen bestehen <strong>und</strong> wie sie zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition<br />
verändert werden können.<br />
• Differenzierung: Klassische Positionierungsmodelle unterstellen, dass eine Imagedimension bei<br />
allen <strong>Marken</strong> dieselbe Relevanz hat. Statt dieser unrealistischen Annahme werden bei einer<br />
WISA alle relevanten Wettbewerbseffekte einzeln analysiert <strong>und</strong> somit in ihrer wechselseitig<br />
differenzierten Bedeutung erfasst.<br />
23
• Querwirkungen: Bei klassischen Imageanalysen beeinflussen Eigenschaften einer Marke nur<br />
die eigene Position, aber nicht den Erfolg oder Misserfolg von Wettbewerber-<strong>Marken</strong>. Eine<br />
WISA bildet dagegen auch die in der Praxis wichtigen Wettbewerbswirkungen von<br />
Imagedimensionen einer Marke auf Einstellungen, Kaufabsichten <strong>und</strong> Marktanteile einer<br />
anderen Marke ab.<br />
Abbildung 3: WISA-Modellstruktur<br />
In die WISA gehen individuelle Kaufanteile je Marke ("Unsere Wettbewerbposition") sowie<br />
Beurteilungen der imagerelevanten Eigenschaften aller Wettbewerbsmarken ein. Die Einzelitems<br />
werden mittels Faktorenanalyse zu übergeordneten Imagedimensionen zusammengefasst. Die USPs<br />
einzelner <strong>Marken</strong> können dabei von denjenigen Imagedimensionen unterschieden werden, die von<br />
mehreren oder allen Wettbewerbern beansprucht werden.<br />
Die weitere Auswertung erfolgt durch linearstrukturelle Kausalanalyse (LISREL o.ä.). Dabei<br />
werden simultan die Kausalstruktur, der Einfluss eigener <strong>und</strong> fremder Imagedimensionen auf den<br />
Marktanteil <strong>und</strong> die Operationalisierungsgüte der Imagedimensionen (die Items) geschätzt Die<br />
Pfade eines WISA-Kausalmodells können als Effektstärken interpretiert werden: Wie stark wirken<br />
bedeutsame eigene <strong>und</strong> fremde Wettbewerbspositionen auf den Marktanteil jeder Marke? Das<br />
Modell erklärt die eigenen <strong>und</strong> die von Wettbewerbern kontrollierten Erfolgspotenzial-Faktoren<br />
<strong>und</strong> deren Einflussstärken. Ergebnis ist ein bestmögliches Einflussmodell, welches das strategische<br />
Erfolgspotenzial einer Marke aus wenigen wettbewerbsentscheidenden Einflüssen eigener <strong>und</strong><br />
konkurrierender Imagemerkmale erklärt.<br />
Präferenz-Wettbewerb findet im Kopf des Konsumenten statt, der ein bestimmtes Set an <strong>Marken</strong> für<br />
relevant hält. Bei einer WISA werden zuerst die Consideration Sets erhoben. Dabei werden die<br />
subjektiv relevanten Wettbewerber einer Marke bestimmt. <strong>Marken</strong>, die bei vielen Konsumenten<br />
24
gleichzeitig im Consideration Set sind, konkurrieren direkt um Kaufanteile (<strong>und</strong> damit um<br />
Marktanteile).<br />
Die Untersuchung der Consideration Sets im Premium-Pilsmarkt lieferte für die Biermarke Beck's<br />
folgendes Ergebnis: Von 1018 Befragten haben 263 Beck's in ihrem Consideration Set. Von diesen<br />
263 Personen haben 89 auch Bitburger in ihrem Consideration Set. Für jeden dritten potenziellen<br />
Beck's-K<strong>und</strong>en kommt auch Bitburger in Frage (siehe Abbildung 4). Die Marke Veltins ist ein<br />
weniger relevanter Wettbewerber für Beck's. Nur für jeden sechsten potenziellen Beck's-K<strong>und</strong>en ist<br />
auch Veltins akzeptabel. Abbildung 4 zeigt vereinfachend nur bilaterale Consideration Sets (Beck's<br />
<strong>und</strong> jeweils eine andere Marke).<br />
Beck‘s Veltins<br />
N = 263 N = 41 N = 186<br />
Beck‘s Bitburger<br />
N = 263 N = 89 N = 260<br />
Abbildung 4: Consideration Set Schnittmengen im Premium-Pilsmarkt (PAULSSEN 1994; WEBER 1996)<br />
Die Consideration Set-Analyse ermöglicht eine wettbewerbsrelevante Segmentierung, indem<br />
Konsumenten zu Segmenten zusammengefasst werden, welche dieselben Konkurrenzmarken "im<br />
Kopf" haben. Der zwischen diesen <strong>Marken</strong> durch Positionierung auszutragende Imagewettbewerb<br />
kann somit segmentspezifisch geplant werden (simultane Segmentierung <strong>und</strong> Positionierung). So<br />
erhält man präzise Ergebnisse für die Strategieableitung, <strong>und</strong> die Datenerhebung ist dabei noch<br />
kostengünstiger als herkömmliche Imagebefragungen, denn es werden nur subjektiv relevante<br />
Images abgefragt.<br />
Nachdem die Consideration Set-Analyse die Wettbewerbsbeziehungen unter den <strong>Marken</strong> geklärt<br />
hat, analysiert die WISA kausalanalytisch den komplexen Imagewettbewerb innerhalb jedes<br />
Consideration Set-Segments. Dabei wird gemessen, welche Imagefaktoren der relevanten <strong>Marken</strong><br />
welchen Einfluss auf die Wettbewerbsposition (Marktanteil, Kaufwahrscheinlichkeit,<br />
25
Präferenzwert Kaufanteil) ausüben. Jede Analyse beschränkt sich also auf die wenigen echten<br />
Wettbewerber in einem Consideration Set-Segment.<br />
Am Beispiel des Imagewettbewerbs zwischen den <strong>Marken</strong> Beck's <strong>und</strong> Jever soll das verdeutlicht<br />
werden. In der Consideration Set-Analyse wurde Jever als relevanter Wettbewerber von Beck's<br />
identifiziert, denn für jeden vierten Beck's-Zielk<strong>und</strong>en stellt Jever eine relevante Alternative dar.<br />
Die WISA analysiert nun in einem Teilmodell den Imagewettbewerb zwischen Jever <strong>und</strong> Beck's.<br />
Genuss<br />
Beck‘s<br />
Genuss<br />
Jever<br />
Männer<br />
Beck‘s<br />
+0,75 +0,75<br />
-0,30 -0,30<br />
+0,60 +0,60<br />
-0,20 -0,20<br />
-0,25 -0,25<br />
21 %<br />
24 %<br />
Kaufabsicht – Beck‘s<br />
Nicht durch<br />
Images erklärt<br />
= 79 %<br />
Kaufabsicht - Jever<br />
Abbildung 5: WISA zwischen Beck's <strong>und</strong> Jever (vgl. PAULSSEN 1994; WEBER 1996)<br />
Als Ergebnis der Beispiels-WISA kann man zusammenfassen:<br />
Nicht durch<br />
Images erklärt<br />
= 76 %<br />
• Für Beck's sind die Imagedimensionen "Genuss" <strong>und</strong> "Männer" von Bedeutung. Jever hat<br />
mit der Imagedimension "Genuss" Einfluss.<br />
• Die Kaufabsicht von Beck's wird zu 21% durch Images erklärt, die Kaufabsicht von Jever zu<br />
24% .<br />
• Beck's beeinflusst mit seiner Imagedimension "Genuss" die eigene Kaufabsicht mäßig stark<br />
(+0,75) positiv <strong>und</strong> die von Jever schwach (-0,25) negativ. Ähnliches gilt für Jever mit seiner<br />
Imagedimension "Genuss": mäßig starker (+0,60) eigener positiver Einfluss, mittlerer (-0,30)<br />
negativer Fremdeinfluss.<br />
• Beck's kann zusätzlich mit der Imagedimension "Männer" die Kaufabsicht von Jever etwas<br />
(-0,20) negativ beeinflussen.<br />
Die Ergebnisse der WISA sind als Abbild der gegenwärtigen Marktsituation Gr<strong>und</strong>lage für die<br />
Planung der weiteren Entwicklung einer Marke. Die Analyseergebnisse könnten zur<br />
26
Strategieableitung als Input für What-if-Untersuchungen (WISA-WI) verwendet werden. Die EDV-<br />
basierte Image-Wettbewerbs-Simulation ersetzt jedoch nicht die Strategiediskussion, sondern<br />
unterstützt <strong>und</strong> versachlicht sie. Eigene potenzielle <strong>Marken</strong>strategien <strong>und</strong> mutmaßliche<br />
Wettbewerberstrategien <strong>und</strong> -reaktionen sollten in ihren künftigen Auswirkungen abgeschätzt<br />
werden können. Erfahrungen <strong>und</strong> Erwartungen des <strong>Marken</strong>management über zukünftige<br />
Wettbewerbsentwicklungen sollten als Input für die Simulation ebenso verarbeitet werden wie die<br />
WISA-Ergebnisse. Eine <strong>Marken</strong>strategie kann nicht nur bestehende Images verändern, sondern<br />
auch neue Imagedimensionen hinzufügen oder bestehende Imageausprägungen abschwächen. Die<br />
Veränderungen <strong>und</strong> ihre (zeitlich verteilten <strong>und</strong> verzögerten) Auswirkungen sollten im Sinne eines<br />
strategischen Positionierungs-Controlling (LIEBL 2003) über die Zeit hinweg verfolgt werden.<br />
Images werden vom Markt bezahlt. Es ist daher vernünftig, ein Produktimage wie ein Kapitalgut zu<br />
betrachten. Es wird auch als Goodwill bezeichnet. Laufende Investitionen in Form von<br />
Kommunikationsbudgets sind zur Erhaltung des (permanent dem Verschleiß unterliegenden)<br />
Goodwills notwendig. Wie bei anderen Investitionen führen Einzahlungen von heute über den sonst<br />
allmählich schwindenden Goodwill zu Erträgen von morgen. Goodwill-Rückgang muss vom<br />
<strong>Marken</strong>manager für die einzelnen Images berücksichtigt werden können. Simulationsstudien auf<br />
der Basis von WISA-Modellen erlauben das.<br />
3.7. Tabellarischer Vergleich der Positionierungsmodelle<br />
Modell Zielsetzung Zielkriterium<br />
PERCEPTOR Bewertung von<br />
Produktzufriedenheit<br />
<strong>und</strong> Marketingkonzepten<br />
bei<br />
Neuprodukten <strong>und</strong><br />
Relaunch<br />
PROPOSAS<br />
HORSKY/NE<br />
LSON<br />
Bestimmung eines<br />
gewinnmaximalen<br />
Produktkonzeptes<br />
Bestimmung eines<br />
gewinnmaximalen<br />
Produktkonzeptes<br />
unter Einbeziehung<br />
der Konkurrenz<br />
Marktanteil Eigenschaftsbeurteilungen<br />
oder<br />
Ähnlichkeitsurteile<br />
Gewinn Ähnlichkeitsurteile<br />
<strong>und</strong><br />
Präferenzrangreihen<br />
Gewinn Präferenzdaten<br />
<strong>und</strong><br />
Eigenschaftsbeurteilungen<br />
Dateninput Verfahren Bestimmung<br />
der Positionen<br />
Faktorenanalyse<br />
oder<br />
MDS<br />
Faktorwerte<br />
oder<br />
euklidische<br />
Distanzen<br />
MDS euklidische<br />
Distanzen<br />
Erstellung<br />
einer Nutzenfunktion,<br />
ähnlich CA,<br />
MDS <strong>und</strong><br />
Faktorenanalyse<br />
zur<br />
Interpretation<br />
Idealmodell Eigenschaftsgewichtung <br />
Idealpunktmodell <br />
Idealpunktmodell<br />
Nutzenwerte Idealvektormodell <br />
Gleichgewichtung<br />
unterschiedliche<br />
Gewichtung<br />
unterschiedliche<br />
Gewichtung<br />
BerücksichtigungKonsumentenheterogenität<br />
durch Bildung<br />
homogener<br />
Untergruppen<br />
27<br />
durch<br />
unterschiedliche<br />
Idealpunkte<br />
in der<br />
Nutzenfunktion
TRINODAL Überprüfung von<br />
Werbestrategien <strong>und</strong><br />
Unterstützung bei<br />
Repositionierung<br />
DEFENDER Marketingstrategien<br />
für existierende<br />
Produkte bei<br />
Einführung einer<br />
neuen<br />
Wettbewerbsmarke<br />
(Verteidigungsstrategien)<br />
WISA Erfassung des<br />
Einflusses (eigener<br />
<strong>und</strong> Wettbewerber-)<br />
Imagedimensionen<br />
auf den Marktanteil,<br />
Erfassung von USP-<br />
Wirkungen<br />
Minimierung<br />
der Werbediffusität <br />
Absatzmenge <br />
Ähnlichkeitsdaten,Verwechslungsdaten<br />
<strong>und</strong><br />
Präferenzdaten<br />
Eigenschaftsbeurteilungen<br />
Marktanteil Eigenschaftsbeurteilungen<br />
Tabelle 2: Tabellarischer Vergleich der Positionierungsmodelle<br />
MDS euklidische<br />
Distanzen,<br />
spezielle<br />
Distanzfunktion<br />
der<br />
Werbeimages<br />
Faktorenanalyse <br />
Faktorenanalyse,Kausalstrukturanalyse<br />
bzw.<br />
Regressionsanalyse<br />
Faktorwerte<br />
Ermittlung<br />
kausaler<br />
Zusammenhänge <br />
Idealpunktmodell <br />
Idealvektormodell<br />
keine Berücksichtigung<br />
von<br />
Idealvorstellungen <br />
Gleichgewichtung<br />
unterschiedliche<br />
Gewichtung<br />
unterschiedliche<br />
Gewichtung für<br />
jede Marke<br />
möglich<br />
28<br />
durch<br />
unterschiedliche<br />
Idealpunkte<br />
durch<br />
unterschiedliche<br />
Consideration<br />
Sets <strong>und</strong><br />
Präferenzfunktion<br />
durch Bildung<br />
homogener<br />
Untergruppen
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